10. Fled (1)
Also denn, dann wollen wir mal ^^
Arbeit ist lustig, Arbeit ist fein, aber durch meinen momentanen Ferialjob bin ich in den letzten Wochen irgendwie zu sehr beschäftigt gewesen, als wirklich viel an dem aktuellen Teil zu schreiben... An dem langen, verdammt langen aktuellen Teil ^^"
Tja, Tatsache ist, dass nun endlich Kapitel 10 angefangen hat und ich wirklich heilfroh darüber bin ^^ Denn langsam nähert sich der zweite Handlungsstrang (nach der Einführung der Charaktere und der Welt) seinem Höhepunkt und ebnet den Weg für den dritten und auch die Story selbst wird ein wenig komplexer und tiefgründiger. Also alles, was einen Kay happy macht ^^ *gg*
Wie schon gesagt, dieser Teil ist im vergleich zum letzten ziemlich länger und beginnt einmal mehr mit einer Rückblende. Ich hoffe mal, dass ich sie diesmal besser als solche erkennbar machte ^^
Aber bevor wir starten, das altbekannte...
@Yamato: Danke sehr
Übrigens sind es in meinen Omega-Word Dokument bislang schon 199 Din-A4 Seiten, Tendenz bei jedem Teil steigend ^^" Irgendwie finde ich das lustig *gg* Und ja, jetzt werden noch die letzten Dinge geebnet und fleißg an dem Spin-Off weitergeschrieben, dass ich rechzeitig am Ende dieses Chapters mit M:OT anfangen kann ^^
@Shan: Öhem... ja, war wohl etwas konfus am Schluss, gebe ich ohne Eingeständnisse der anderen Seite zu ^^ *lol*
@Lynx: Und dabei hatte ich mich zu zusammengenommen, euch nicht aussehen zu lassen wie Gerald Departieu - Was das "mit-der-Nase-draufzustoßen" betrifft
Und ich finde eigentlich, dass jedes Posting einen Inhalt hat, der geradlinig bis expotentiell mit der Summe der geschriebenen Wörter ansteigt... Zumindest bei den meisten Usern *gg*
@Sahlene: Vielleicht habe ich das mit "Sturz des Kommandanten" ein wenig zu heftig ausgedrückt. Tatsache ist, dass Kyle nicht auf dessen unmittelbaren Tod besteht, sondern ihn erstmal als Geisel nehmen wollte, um damit aus dem Sentinel zu entkommen. Mehr dazu gibt es noch im nächsten Teil von mir. Aber die Art und weise, wie er das anstellen will, ist sicherlich durch die Droge hemmungsloser und gewaltätiger geworden, das stimmt allemal ^^
@Drakkon: Du kannst dir nicht vorstellen, was für Augen ich bekommen habe, als ich plötzlich einen neuen Leser hier im Thread erspäht habe *gg*
Insofern sag ich mal fröhlich "Hidiho" und begrüße dich hiermit ^^
Würd mich wirklich freuen, wenn du ab sofort mit an Bord bist 
@Tuara: Once again, thanks for the work ^^ Werde mich bei gelegenheit ans ausbessern machen... Und BTW tut etwas Stress auch ganz gut... Zumindest was die Motivation angeht *gg*
So, jetzt aber wirklich weiter...
Kapitel 10 - Fled
Es war eine unumstößliche Tatsache, dass eine schlechte oder verdrängte Erinnerung nur allzu ungern alleine blieb. Und obwohl ihm dieser Zusammenhang schon seit längerem klar sein müsste, war es für Jax so, als würde er ihn gerade eben aufs Neue lernen.
Denn auf einmal war er wieder dort.
An jenem Ort, der sich vor Jahren in sein Gedächtnis gebrannt hatte, und den ein Teil von ihm wohl nie verlassen könnte. Trotz alle dem, was Charlie damals getan hatte. Der Käfig würde wohl Zeit seines Lebens ein Teil von ihm bleiben.
Genauso wie auch Jesse. Er hatte sie nie vergessen.
„Alex…? Hast… hast du auch Angst…?“
Die verweinten, kastanienbraunen Augen des jungen Mädchens sahen ihn fragend an. Jesse hatte stundenlang geheult und war erst vor ein paar Minuten zur Ruhe gekommen. Doch noch immer konnte er die Bahnen, auf denen die Tränen ihr Gesicht hinuntergelaufen waren, deutlich auf ihrem dunkelbraunen Gesicht erkennen. Ihr schwarzes Haar war krause und schmutzig. Die verdammten Schweine hatten ihnen in den letzten Stunden noch nicht einmal einen Eimer Wasser gebracht, damit sie den schlimmsten Schmutz von ihren Leibern wachen konnten.
„Shhh… Jasse… Jetzt mach dir nicht ins Hemd. Wir finden hier schon nen Weg raus. Like always!“
Er lächelte, um seinen Worten mehr Kraft zu verleihen. Aber es war ein leeres, aufgesetztes Lächeln, das nur aus einem einzigen Grund die gewünschte Wirkung erzielte: Jasse war einfach noch viel zu jung, um den unterschied zwischen einem echten und einem gezwungenen Lächeln zu erkennen. Aber wie alt war sie damals überhaupt? Er selbst war vielleicht gerade einmal dreizehn gewesen, damals hatte er ja noch darauf bestanden, mit seinem zweiten Vornamen – Alexander – angesprochen zu werden. Seinen ersten Vornamen, Django, hasste er seit jeher. Aber was war nun mit Jesse? Wenn er dreizehn war, dann war sie mit Sicherheit nicht älter als sieben. Maximal acht. Und sie war ihm mittlerweile seit mehr als einem Jahr gefolgt. Besser gesagt: Er hatte sie überall mit hingeschleppt, wo er selbst hin wollte. Zum einen, weil er die Kleine mochte. Sie erinnerte ihn irgendwie an seine Schwester, deren Namen er allerdings im Laufe der Jahre vergessen hatte. Zum anderen teilten sie sich das gleiche Schicksal. Beide waren sie Außenseiter der Gesellschaft. Beide waren sie Superiors – ein Name, den er erst viele Jahre später zum ersten Mal hörte.
„Wirklich…? Aber ich hab trotzdem Angst… Was, wenn uns die schwarzen Männer wirklich mitnehmen, wie sie es gesagt haben…?“
Die kleine rückte in dem engen Käfig mit den Wänden aus Licht und Energie immer näher zu ihm und viel ihm schließlich um den Hals, wo sie wieder zu Heulen anfing. Das kleine, silberne Kreuz, welches sie an einer Kette stets um den Hals trug, fiel ihr dabei aus dem Kragen heraus und blitzte in dem grellen Licht der Käfigwände kurz auf.
„Ich hab Angst… ich hab doch solche Angst… Versprich mir, das wir hier rauskommen, Alex… Versprich mir, dass du mich beschützt… Du bist doch viel stärker als die schwarzen Männer… Versprich es mir…“
In diesem Moment loderte die sengende Flamme in seinem Inneren heißer und wütender als je in seinem Leben zuvor. Noch nie zuvor konnte er eine derartige Ernsthaftigkeit in seine Stimme legen. Ernsthaftigkeit, die ein dunkles Nachglimmern in der Luft hinterließ.
„Ich versprech’s. Wir kommen bald hier raus, und dann wird uns nie mehr wieder wer Angst einjagen können. Du wirst schon sehen, bald ist alles wieder so wie früher, Jesse. Like always…“
Kaum waren die Worte über seine Lippen gegangen, flog die Tür zu ihrem Gefängnisquartier schwungvoll auf und ein böse dreinschauender Mann in einer schwarzen Uniform trat in den Raum ein.
*
Der pochende Schmerz in seinen Schläfen wurde für einen kurzen Moment einfach zu heftig für ihn, als dass er sich noch weiter auf den Beinen hätte halten können. Innerhalb einer kurzen Sekunde, knickten ihn beide Beine weg und sein Oberkörper sackte nach vorne zusammen. Zwar konnte er mit seinem linken Arm, den er noch immer auf das eiserne Geländer der Treppe gestützt hatte, den Fall etwas bremsen, aber nur wenige Sekundenbruchteile später verließ ihm auch diese Kraft.
Schwungvoll detonierte sein Oberkörper samt Kopf auf dem harten Beton der Treppe.
Einen Moment lang war Kyle kurz davor, endgültig das Bewusstsein zu verlieren.
Im Nächsten riss ihn ein heftiger Husten- und Würgreiz wieder zurück in die schmerzhafte Wirklichkeit.
Dem Colonel kam es einige Minuten lang so vor, als müsste er seinen geschundenen Körper erst davon überzeugen, dass es nichts in seinem Magen gäbe, das er wieder heraufwürgen könnte. Jedes Gramm Nahrung, dass er in den letzten 24 Stunden zu sich genommen hatte, war von seinem Körper bereits resorbiert und in seinen einzigartigen Zellaufbau gesteckt worden. Einzig und allein das Gift
Venom floss im Moment noch durch seinen Kreislauf und seine Blutbahnen. Jenes Präparat, dessen erste Nebenwirkungen er langsam zu spüren begann. Aber immer noch nicht so stark, wie er es eigentlich vermutet hätte. Und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – spielte er insgeheim mit dem Gedanken, eine zweite Dosis zu injizieren, bevor er schließlich die letzten paar Meter zur 69ten Etage bewältigen würde.
Ohne den ausdrücklichen Befehl von seinem Verstand bekommen zu haben, begann seine linke Hand auch schon nach dem schwarzen Metallkästchen zu suchen. Und fand dieses auch recht schnell. In diesem Augenblick verstand Kyle, was er eigentlich in Begriff war zu tun und ein heftiger Schmerzimpuls, ausgehend von der rechten Schulter, durchjagte seinen Körper. Der Colonel biss seine Zähne heftig aufeinander, verkniff sich aber jeglichen noch so kleinen Schmerzensschrei.
Geschieht dir recht, was kommst du auch auf so eine idiotische Idee?
Seine innere Stimme hatte Recht. Die Idee war idiotisch. Erst seit wenigen Minuten war es ihm wieder so, als würden seine Gedanken und sein Verhalten wieder in halbwegs geregelten Bahnen verlaufen. Noch vor kurzer Zeit, während dieser
Konfrontation mit seinem alten Vertrauten, hatte nicht
er gekämpft.
Er hätte vermutlich als erstes versucht, Lynx auf anderen Weg umzustimmen. Aber stattdessen hatte
es ja regelrecht nach einem Kampf gegiert.
Verdammt, warum musste der Major auch gerade in diesem Moment auftauchen?
Aber das Ganze hatte auch eine positive Seite: Zumindest war Lynx jetzt bewusstlos und in Sicherheit, die vielen Verletzungen, die der Major ihm im Kampf zugefügt hatte, hatten seinen Stoffwechsel soweit beschleunigt, dass der vernebelnde Effekt des Venoms nun schon beinahe verschwunden war und trotzdem hatte er irgendwie das Gefühl, die letzte große Hürde vor dem General überwunden zu haben. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf kehrte seine Kraft langsam wieder zurück. Stück für Stück. Erstmal ausreichend genug, um sich aufzusetzen und seine Verletzungen genauer zu betrachten.
Wieder einmal hatten sein rechter Arm und seine Schulter den meisten Schaden davongetragen. Die zersplitterten Knochen in beiden fügten sich langsam wieder zusammen, aber noch hatten sich einige Knochenfragmente durch das Fleisch gebohrt und standen wie duzende kleine Stacheln von Schulter und Arm ab. Kyle vermutete, dass es im schlimmsten Fall noch bis zu einer Viertelstunde dauern könnte, bis sein Arm wieder einsatzbereit war. Die klaffende Wunde an seinem Rücken konnte er zwar nicht betrachten, wohl aber mit der linken Hand abtasten. Auch hier hatten sich das Fleisch und die Haut wieder regeneriert, ganz im Gegensatz zu dem schwarzen Rollkragenpullover oder der eigentlich sehr robusten, ärmellosen Einsatzjacke, die er über den Pullover angezogen hatte. Dort, wo eigentlich ein Rückenteil sein sollte, befand sich jetzt nur mehr ein klaffendes Loch im Stoff. Es grenzte eigentlich an ein wahres Wunder, dass die beiden zerschlissenen Kleidungsstücke überhaupt noch an seinem Oberkörper hielten. Aber offenbar gab es noch ein paar wenige Fasern, welche sie zusammenhielten.
Durch ein kribbelndes Gefühl in seiner rechten hand weiter motiviert, packte Kyle nach einigen weiteren Atemzügen nach dem Geländer und zog sich daran hoch. Die Welt um ihn herum hatte sich wieder aufgehört zu drehen und auch die Kraft kehrte langsam wieder in seine Gliedmaßen zurück.
Ein gutes Zeichen also.
Ein letztes Mal sog er noch tief die Luft in seine wieder regenerierten Lungen und sprintete dann weiter. Die letzten Stufen hoch, die ihn noch von der 69.ten Etage trennten.
Und von General Ivan Rykov.
*
Tatsächlich hatte er sich das letzte Stück seines Weges schwieriger vorgestellt.
Die 69.te Etage war wie leergefegt. Kein einziger Soldat mit erhobener Waffe in Sicht, nicht die geringsten Anzeichen irgendeiner letzten Verteidigungslinie. Kyle konnte noch nicht einmal die wenigen Büroangestellten ausmachen, die eigentlich um diese Zeit bereits hier sein sollten. Ein schlimmes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Das alles ging einfach
zu leicht. Hatte ihn Rykov wirklich nicht erwartet?
Langsam und vorsichtig ging er weiter vorwärts, stets darauf vorbereitet, dass im nächsten Moment irgendein Sturmtrupp aus einer der hundert Deckungsmöglichkeiten, die die kleineren Büros und Schreibstuben dieser Etage boten, herauszuspringen und das Feuer zu eröffnen. Seine Dienstwaffe, in welcher das letzte Magazin mit den letzten, nur mehr letalen, Geschossen steckte, blieb fest in seiner linken Hand. Die andere Pistole, die er vor wenigen Minuten dem bewusstlosen Major abgenommen hatte, steckte aber nach wie vor in dem rechten Beinhalfter. Sobald sein anderer Arm wieder zu gebrauchen war, würde er sie wohl ziehen. Bis dahin allerdings müsste er sich wohl einhändig gegen einen Angriff wehren.
Allerdings kam es nie zu solche einen Angriff.
Der Colonel erreichte die Tür zum Büro des Generals ohne einen Zwischenfall.
Einen tiefen Atemzug später trat er die Holztür ein und sprang mit einer geschickten Vorwärtsrolle in den Raum hinein. Kaum war er kniend zum Stillstand gekommen, schnellten seine Blicke nach links und rechts, um potentielle Gegner schnell ausfindig zu machen.
Sie fanden in dem abgedunkelten Raum aber nur einen alten Mann vor, der mit verschränkten Armen und einem steinernen Blick an seinen großen Tisch saß und den Eindringling fixierte.
„Haben Sie nicht gelernt, vor dem Betreten eines Zimmers erst mal anzuklopfen?“
Obwohl die Worte sehr sarkastisch formuliert waren, machte der eisige Tonfall jede Spur von unterschwelligem Humor zunichte. General Rykov war todernst. Aber da war er nicht der Einzige.
Mit auf den Befehlshaber gerichteter Waffe erhob sich Kyle wieder von seiner Position und trat ein paar Schritte näher.
„Was geht hier vor?“
„So wie ich das sehe, bedrohen Sie gerade ihren Kommandanten mit ihrer Dienstwaffe, der gleichen Waffe, mit der Sie vor einiger Zeit einige ihrer Kameraden sehr schwer verletzt – wenn nicht sogar getötet haben. Ihnen ist schon klar, dass auf ein solches Verhalten die Todesstrafe steht, oder etwa nicht, Langley?“
„ICH MEINE ES ERNST, RYKOV! WAS ZUR HÖLLE GEHT HIER VOR?“
Währenddessen sich das Gesicht des Colonels zu einer wütenden Fratze verzog, bildete sich auf den Antlitz des Generals nur ein müdes, überhebliches Lächeln.
„Ich nehme an, Sie meinen SL 6 Langley, oder täusche ich mich etwa?“
„Ich habe es gesehen, Rykov. Die Labore. Die OPs. Das Personal in abgeänderten Omega-Uniformen. Sogar die gottverdammten Besprechungszimmer. Warum das Ganze? Warum!? Wegen den Telepathen? Was könnte einen derartigen… Wahnsinn rechtfertigen?“
Nahezu unkontrolliert sprudelten die unzähligen Fragen aus dem Mund des Colonels. Fragen, die sich seit so langer Zeit angesammelt hatten. Und deren Antwort sich ganz allein hinter diesem Mann verstecken konnte. Der gerade mit einem leichten Kichern aus seinem ledernen Sessel stieg, Kyle den Rücken zuwandte und durch die Glasfront des großen Zimmers mit den halb geöffneten Jalousien spähte. Die ersten Sonnenstrahlen des anbrechenden Morgens brachen durch die Häuserschluchten der näheren Umgebung des Sentinels und spiegelten sich millionenfach in den gläsernen Wänden der Gebäude wieder. Nicht mehr lange und die gesamte Stadt würde wieder im gleißenden Licht eines neuen Tages erstrahlen.
„Die größte Macht, die Sie sich mit ihren begrenzten Verstand nur vorstellen können, Langley…“
Ein schneller Ruck ging durch Kyle, als sich der General plötzlich umdrehte und jegliches Anzeichen von Erheiterung von seinem Gesicht weggewischt war.
„… nicht mehr und nicht weniger. Aber das alles hat Sie nicht mehr zu interessieren… Mir war schon seit Jahren klar, dass dieser Moment irgend eines Tages kommen müsste. Der Moment, indem Sie sich endgültig für den Weg dieses alten Narren Rhodestone entscheiden würden und sich gegen mich wenden. Er hatte Sie einfach zu sehr in seiner Gewalt und zu sehr von seinen Idealen überzeugt. Sie, sein
Lieblingsprojekt. Als wäre er ihr wirklicher Vater gewesen, anstatt nur ihr Erschaffer…“
Schlagartig schnürte sich Kyles Kehle zu.
„Überrascht…? Aber ja, natürlich… Sie glaubten ja stets an die tragische Geschichte von ihren Eltern, die gestorben sind, während Sie noch ein Baby waren und nur durch gut Glück von Omega-Soldaten gerettet werden konnten, die natürlich sofort erkannten, dass Sie ein Superior sind… Waren Sie eigentlich wirklich so naiv, oder
wollten Sie ganz einfach die Story glauben? Wenn ja, macht das einen noch viel erbärmlicheren Eindruck… Wenn ich da an Joseph denke… Er war vielleicht 14, oder 15, als er nicht mehr an diese Version glaubte… Dementsprechend schnell hatte der Junge die Wahrheit über sich und seinen Bruder erfahren.“
„Bruder…?“
Ein dunkles Grinsen bildete sich wieder auf dem Gesicht des alten Mannes.
„Ja, Bruder, Langley. Rein technisch gesehen sind sie beide das nämlich. Sowohl Sie selbst, als auch Joseph entstammen ein und demselben gentechnischen Projekt, das Rhodestone in meinem Auftrag vor beinahe dreißig Jahren angefangen hatte… Aber nie die Resultate eingebracht hatte, die ich mir gewünscht hatte… Es niemals wirklich geschafft hatte…“
Die Stimme des Generals wurde leiser und sein Kopf senkte sich immer mehr gen Boden. Langsam schloss sich seine rechte Hand auch zur Faust, welche wiederum leicht zu zittern anfing. Doch keine Sekunde später schnellte der Blick des Kommandanten wieder hoch und fixierte Kyle, dessen Blick wiederum immer trüber und trüber wurde. Fast so, als würde er versuchen mit den schwarz funkelnden Diamanten, die er anstelle von normalen Augen hatte, in die Weite zu sehen. Oder in die Vergangenheit.
Joseph Leech.
Mit ihm verband Kyle mehr als nur eine flüchtige Bekanntschaft innerhalb der Organisation. Der zwei Jahre ältere Superior war in vielerlei Hinsicht verantwortlich für ein paar der schönsten Kindheitserinnerungen, die in Kyles Kopf immer noch herumspukten wie Gespenster einer
fremden Zeit. Aber Leech war genauso verantwortlich für ein paar der schlimmsten Erinnerungen, die den Colonel an manchen Tagen immer noch quälten.
Erinnerungen, an eine unbeschreibliche Grausamkeit und Brutalität, die er niemals bei seinem besten Freund vermutet hätte.
Ja, tatsächlich
bester Freund.
Vermutlich sogar
einziger Freund.
Doch alles änderte sich damals, an diesem gottverdammten Tag. Als Leech das erste Mal in seinem Leben sein wahres Gesicht gezeigt hatte und Kyle nur daneben gestanden hatte, unfähig etwas dagegen auszurichten. Der schlimmste Tag seines Lebens. Der ihn zugleich die größte Lehre seines Lebens vermittelt hatte: Du kannst nicht töten, ohne dass auch ein Teil von dir selbst stirbt.
Es gab einmal eine Zeit, als er Leech als seinen
besten Freund bezeichnet hatte.
Aber
Bruder?
Und von dir meinte Rhodestone, dass du das vermutlich einzig Positive wärst, das SL 6 je geschaffen hat... Zum Totlachen...
Es waren Jax’ Worte, die urplötzlich in seine Gedanken kamen und ihn von den abertausend anderen, lähmenden Fragen ablenkten.
Nicht viel Zeit war vergangen, seit ihn der Jamaikaner mit diesen Worten verabschiedete. Worte, die ihn erst auf die Spur von SL 6 und allen damit verbundenen Problemen brachten. Damals hatte es der Colonel für dummes, unzusammenhängendes Geschwätz gehalten. Doch nun? Hatte er es die ganze Zeit gewusst? Was hatte Jax nur von Rhodestone alles erfahren?
Vergiss nicht, wo du dich im Moment aufhältst. Du kannst ihm diese Frage später stellen, aber jetzt sieh’ erstmal zu, dass du von hier raus kommst.
Kyle erschrak, als ihm diese Erkenntnis bewusst wurde.
„DAS HAT NICHTS MIT MEINER FRAGE ZU TUN! RYKOV, WAS WOLLEN SIE VON DEN TELEPATHEN?! WAS HABEN DIE, DASS SIE…“
Der Colonel brach seine geschrieene Frage urplötzlich ab, als ihm etwas auffiel, das ihm eigentlich schon viel früher hätte auffallen sollen. General Rykov stand mit dem Rücken zu der Glasfront des riesigen Büros. Die ersten Strahlen der Sonne brachen durch die halb geöffneten Jalousien und verwandelten die gesamte Glaswand in einen riesengroßen Spiegel. Kyle konnte sich in dem halbdunklen Raum stehen sehen, genauso wie auch die gesamte Büroeinrichtung samt Schreibtisch und Ledersessel. Doch nirgends auf der gesamten Spiegelfläche konnte er eine Abbildung des Generals erkennen.
Rykov hatte kein Spiegelbild.
Also war es nicht der General, der gerade vor ihm stand und ihn mit seinen Erzählungen von allem anderen ablenkte.
Es war lediglich ein
Hologramm des Kommandanten.
Rykov hatte ihn also doch in eine Falle gelockt.
Kommies, please