Lycan
Jedi-Knight
( Entschuldigung, dass es wieder solange dauerte. Nach Weihnachten hatte ich keine große Lust und Zeit mehr und eine Weile brauchte ich Zeit, wieder richtig Lust auf Star Wars zu bekommen. Aber der Akt ist bald zuende und natürlich geht es nochmal richtig rund. Viel Spaß beim Lesen: )
Die Jalousien sperrten das Licht der untergehenden Sonne aus, tauchten den Raum in ein dunkles Rot. Bald würde es dunkel sein. Die Farbtöne und die Stille waren beruhigend. Die weichen Sessel und der flauschige, weiße Teppich schienen die Gemütlichkeit des Zimmers nur noch zu verstärken. Wärme herrschte an diesem Ort und sie hatte nichts mit der Temperatur zu tun. Diese Räumlichkeiten waren Yodas Zuhause, seit mehr als siebenhundert Jahren. Eine Harmonie schien durch den Raum und die Möbel zu strahlen, als hätten sie Yodas Ruhe und Weisheit über die Jahrhunderte in sich aufgenommen. Für Meister Yoda selbst war Meditation in seinen Räumlichkeiten so wichtig und alltäglich wie ein Bad. Hier fand er Ruhe, Gelassenheit und Antworten auf seine Fragen. Zumindest war es früher immer so gewesen. Nun jedoch konnte er stundenlang meditieren, ohne dass die Macht ihm eine Antwort auf seine Fragen gab. Keine Visionen der Zukunft, keine plötzlichen Erkenntnisse. Die Macht schwieg Meister Yoda an. Es war beunruhigend, irgendwie neu. Noch vor einigen hundert Jahren hätte diese Veränderung Panik in ihm aufsteigen lassen. Doch jetzt musste sich Yoda eben daran gewöhnen. Die Macht folgte ihrem eigenen Willen. Sie würde schon wieder mit ihm sprechen, wenn die Zeit reif war. Zumindest hoffte Yoda das. "Habt Ihr etwas gespürt, Meister Yoda?", fragte An'ya Kuro im Sessel neben ihm. "Habt Ihr erfahren, was es mit den Ereignissen im Seratool-Asteroidenfeld auf sich hat? Warum eine Sonne einfach verschwinden konnte? Hat es etwas mit dem Notruf von Kubindi zu tun?" Meister Yoda öffnete die Augen, löste sich gänzlich aus der Trance und sah das junge Mädchen zu seiner Linken traurig an, ehe er den Kopf schüttelte. "Die Macht mir nicht antwortet." An'ya Kuro biss sich auf die Unterlippe, dachte einen Moment nach. "Ich habe noch nie von verschwindenden Sonnen gelesen. Auch nicht von einem Schweigen der Macht." Ihre Stimme war wenig mehr als ein Hauchen, doch Yoda konnte sie mühelos verstehen. "Die Macht, dunkler um uns herum wird", entgegnete Yoda und fixierte die Schatten im Zimmer, die immer größer wurden, da die Sonne fast untergegangen war. "Wir werden davon beeinflusst, so wie wir es selbst beeinflussen." Nun runzelte das Mädchen die Stirn und strich sich eine lange, weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ihr meint also, es ist unsere Schuld, dass die Macht uns nicht antwortet? Was machen wir denn falsch?" Darauf hin schwieg Meister Yoda und sah auf das rotviolette Dämmerlicht hinter den Jalousien. "Unsere Schuld es vielleicht nicht ist. Nicht alles wir verstehen." Der kleine, grüne Jedi-Meister griff mit der Macht nach einem Glas mit Wasser, welches auf dem Tisch stand. Nach Stunden des Meditierens war sein Mund ganz trocken. "Die Mysterien der Macht, sich nicht in ihrer Gesamtheit uns enthüllen. Jahre braucht es, um ein Jedi zu werden. Noch viele Jahre mehr, um eins mit der Macht zu sein. Selbst für mich, es Dinge geben kann, die ich nicht begreife." Das junge Mädchen nickte verstehend. Tatsächlich verzog sich ihr Mund zu einer Andeutung eines Lächelns. "Dann habe ich noch eine Menge zu lernen", sagte sie leise. Und Meister Yoda nickte. "Ich auch, möglicherweise. Ich auch. Von verschwommenen Bildern wir uns nicht nervös machen lassen dürfen. Die Zukunft ist in ständiger Bewegung." Yoda nippte an seinem Glas, ehe er es wieder zum Tisch schweben ließ. "Die Macht kann wie ein reißender Fluss sein, auf dem man treibt. Manchmal ist es schwer, zu erkennen was einen erwartet. Und manchmal bewegt sich der Fluss zu schnell, als dass man begreifen kann, was hinter einem liegt. Früher oder später wir die Wahrheit erkennen werden." Meister Yoda lächelte sanft und sah das junge Mädchen aufmunternd an. Nach einigen Sekunden des Schweigens ergriff An'ya Kuro wieder das Wort. "Könnte es etwas mit der Prophezeiung zu tun haben? Dass ein Auserwählter der Macht das Gleichgewicht bringen wird?" Meister Yoda zuckte mit den Schultern. "Es viele Prophezeiungen und Legenden gibt. So alt, dass ihre Ursprünge im Dunkel der Zeit verloren gegangen sind. Eine dieser Geschichten erzählt von einem Wesen, so stark in der Macht, dass sie für immer zu verändern ihm bestimmt sein wird. Es gibt hunderte solcher Legenden. Wie ich schon sagte, wir werden die Wahrheit erkennen, wenn es an der Zeit ist." An'ya Kuro stellte keine weiteren Fragen, obwohl sie keine Antwort auf ihre Frage erhalten hatte.
"Nun solltest du in deine Gemächer gehen", bemerkte Meister Yoda mit einem fast jugendlichen Schmunzeln. "Dein Verstand zwar wach und reif ist, dein Körper jedoch noch immer Schlaf braucht, meine junge Schülerin." Er gestattete sich ein Kichern, als An'ya Kuro die Augen verdrehte. Doch sie gehorchte und erhob sich von ihrem Sessel. "Dann wünsche ich Euch eine gute Nacht, Meister Yoda." Sie verbeugte sich und der Jedi-Meister wünschte auch ihr eine angenehme Nachtruhe. Als das junge Mädchen den Raum verlassen hatte, glitt auch Meister Yoda von seinem Sessel und ging in Richtung seines Schlafzimmers. Doch plötzlich schien es, als würde sich sein Herz zusammenziehen. Hastig griff er nach einem kleinen Schrank in der Nähe und atmete tief durch. Seine spärlichen, grauen Haare richteten sich auf und er spürte die Nähe der Dunklen Seite. Eine Aura der Dunkelheit schien die Wärme aus dem Zimmer zu vertreiben, die Temperatur schien deutlich abzukühlen. Meister Yoda spürte die Anwesenheit von Lir. Er war hier, im Jedi-Tempel. Inmitten des Jedi-Ordens. Er konnte den Hass und die Gefahr fühlen, die von dem jungen Mann ausging. Doch als er sich näher auf Lir konzentrierte, konnte er auch Ryan spüren. Scheinbar kämpften die beiden miteinander. Aber was machte Lir hier? Wollte er sich stellen? Oder vielleicht wieder den Jedi anschließen? Die dunkle Seite der Macht, die von ihm ausging verriet, dass er aus einem anderen Grund hier war. Meister Yoda drehte sich um und wandte sich zur Tür. Er beschloss, Ryan beizustehen und Lir festzusetzen. Gerade als er den Raum halb durchquert hatte, fing der Feueralarm an, durch sämtliche Räume des Jedi-Tempels zu hallen. Das Gefühl des drohenden Unheils schien immer stärker zu werden. Wie eine eiskalte Hand, die ihn in ihrem Würgegriff hielt.
Die Fenster des Wohnzimmers erzitterten kaum merklich und Meister Yoda wandte sich zum Fenster und zog die Jalousien hoch. Im violetten Himmel der anbrechenden Nacht hingen zahlreiche Landungsschiffe, die sich dem Jedi-Tempel näherten. Sofort wusste der Jedi-Meister, dass dem Orden ein Angriff drohte. Er griff nach der Macht und schlenderte blitzschnell zur Tür und ließ sein Zimmer hinter sich. Auf dem Korridor standen bereits zahlreiche andere Jedi, aufgeschreckt vom Feueralarm oder demselben Gefühl der Gefahr. "Der Tempel angegriffen wird", sagte Meister Yoda mit lauter und doch gelassener Stimme. "Ryan wird vorerst alleine mit Lir klar kommen müssen", sagte er dann mehr zu sich selbst. "Unerwartet, Gäste zu solch später Stunde sind", meinte der Großmeister des Ordens und schritt langsam an den anderen Jedi-Meistern vorbei. "Doch es wäre unhöflich, sie warten zu lassen. Begrüßen wir unsere Besucher." Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Haupteingang des Tempels und unterwegs schlossen sich ihnen weitere Jedi-Ritter und Schüler an. Meister Yoda schickte einige Jedi-Ritter zu den anderen Eingängen des Jedi-Tempels. Und kaum hatten sie den Eingang erreicht, bot sich ihnen der schreckliche Anblick von tausenden von Kampfdroiden, die sich daran machten, den Jedi-Tempel zu umstellen. Noch immer näherten sich Landungsschiffe dem Jedi-Tempel. Etliche der kleinen Transporter waren schon gelandet und entluden die Kampfdroiden. "Gerade jetzt, wo ein Großteil von Coruscants Streitkräften nach Kubindi unterwegs ist", knurrte Lagan Neva, der neben Yoda stand und sich nun einen Überblick über die Lage verschaffte. "Vielleicht wir brauchen keine Streitkräfte", flüsterte Yoda leise und deutete mit einem Nicken auf den Fuß der großen Treppe, die zum Haupteingang hinauf führte. Zwei dunkle Gestalten machten sich nun daran die lange, breite Treppe zu erklimmen. Plötzlich hallte ein Zischen bis zu den Jedi-Rittern hinauf und zwei rot leuchtende Lichtschwertklingen wurden aktiviert. Nicht wenige der Jedi-Ritter keuchten erschrocken auf. Meister Yoda hingegen sah kurz zu den Statuen der Vier Meister, welche vor dem Eingang thronten. Dann trat er nach vorne und wartete, bis die beiden Gäste in Hörweite waren. "Turalyon und Ari Fel", begrüßte er beide ehemaligen Jedi-Schüler und neigte ein wenig den Kopf. "Unerwartet euer Besuch ist. Euer Gefühl für Etikette noch zu wünschen übrig lässt." Turalyon lächelte, als er die oberste Stufe der Treppe hinter sich gelassen hatte. "Wie schön, so empfangen zu werden, Meister Yoda. Doch bevorzuge ich nun einen anderen Namen." Er wies mit der freien Hand auf seine Begleiterin. "Darth Kreiya", stellte der ehemalige Jedi seine Partnerin vor, ehe er auf sich selber deutete. "Darth Blade. Wir sind gekommen, um ein Gespräch zu führen. Zumindest ist das der erste Punkt auf meiner Liste." Ein gespenstisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Da er keine Augenbinde mehr trug verzerrten sich die Narben über seinen Augen und als er den Kopf drehte und zu Kreiya sah, fiel den Jedi auch das klaffende Loch auf, wo einmal Turalyons linkes Ohr gewesen war.
Mit ausgestreckten Händen, den Klauen eines Katarns gleich, stürzte sich Lycan auf seinen alten Kameraden, bereit ihm an die Kehle zu gehen, seinen Hals wie einen dürren Zweig zu brechen. Doch Lycan vergaß in seiner Raserei, dass Ryan ein erfahrener und geschickter Kämpfer war. Ryan ließ die Beine versetzt hochschnellen und ließ Lycan straucheln und hob ihn über sich hinweg. Er konnte nicht rechtzeitig abbremsen und flog demnach über Ryan hinweg, drehte sich jedoch in der Luft und bremste seinen Fall, landete katzengleich auf den Füßen. Ryan sprang wieder auf die Beine und wandte sich ihm zu. Lycan zwang sich nun, tief durchzuatmen. Es sollte hier nicht um Leben und Tod gehen. Er wollte doch nur fliehen und nicht seinen besten Freund umbringen. Das war also wieder die Dunkle Seite, die finstere Verführerin die ihn mit Kraft und Stärke lockte. Doch der Preis war hoch. "Ich will dich nicht töten", sagte Lycan nun mit zitternder Stimme und streckte eine Hand aus, wie um seinen Gegner zu beschwichtigen. Ryan jedoch schüttelte mit dem Kopf. Sein Gesicht war blass und blutverschmiert. In seinen Augen lag nur noch Wachsamkeit und Entschlossenheit. "Ich falle nicht auf deine Tricks herein, Lir." Mit diesen Worten griff er an und schlug nach Lycans Gesicht. Dieser riss den Kopf zur Seite und fühlte, wie Ryans Faust knapp an seinem Gesicht vorbei sauste. Er stieß mit dem Ellenbogen nach, traf Lycan an der Stirn. Hastig rollte Lycan sich nach hinten ab, kam mit erhobenen Händen wieder hoch, als Ryan bereits zum nächsten Schlag ausholte. Die Dunkle Seite der Macht lauerte in seinem Hinterkopf, in seinen Augenwinkeln. Ein schwarzer Schatten, der nur darauf wartete, all seine Wünsche zu erfüllen. All seine Bitten zu erhören. Lycan wusste, wie einfach es wäre, einfach alle Kraft zu kanalisieren und auf seinen Gegner zu schleudern. So unglaublich einfach, einfach alle Einschränkungen von Fairness und Freundschaft zu vergessen. Schnell konnte er Ryan töten und aus dem Jedi-Tempel entkommen. Doch Lycan weigerte sich, die Dunkle Seite der Macht zu benutzen. Es war anstrengend, den Zorn niederzuringen und Ruhe zu bewahren. Er verlor den Kontakt zur Macht, war nun auf sich allein gestellt. Ryans Schlag riss seinen Kopf zur Seite und seine Unterlippe blutete noch stärker. Sofort setzte der Jedi-Ritter nach und schmetterte Lycan die Handkante gegen den Hals, schickte ihn hustend und betäubt zu Boden. "Hör auf Ryan, ich will nicht mehr", keuchte Lycan und hob erneut beide Hände, um den Jedi zu stoppen. Ryan hielt inne, sah Lycan lange an. "Gibst du auf? Kommst du mit mir zu Meister Yoda?" Und Lycan nickte. Er war nicht bereit, seinen Freund zu töten um frei zu sein. Würde er weiterkämpfen, wäre es sehr schwer, Ryan zu überwinden ohne die Dunkle Seite zu benutzen und ihn zu gefährden. Ryan packte Lycans Hand und zog ihn auf die Beine. Und in diesem Augenblick legte sich ein Schatten über Lycans Blickfeld. Ryan, die Jedi-Archive und der Tempel selbst schienen zu verschwinden und wurden durch Dunkelheit ersetzt. Lycan versank völlig in der Szenerie, die sich vor ihm auftat. Der Raum in dem er sich nun befand war dunkel, nur wenige schwache Leuchtpanelen sandten ein beruhigendes doch einschläferndes blaues Licht in die kleine Zelle. Aus irgendeinem Grund wusste er, dass er sich in den Tiefen des Jedi-Tempels befand. In einer Zelle, die für abtrünnige Jedi konstruiert worden war. Boden und Wände waren aus besonders hartem Stahl gefertigt und ein Energiefeld umgab alle sechs Seiten des Raums. Das Energiefeld neutralisierte die Macht. Er war gefangen und es gab keine Möglichkeit zu entkommen. Drei Personen näherten sich der Zellentür, die aus Transparistahl bestand und durchsichtig war. Die drei Jedi-Meister brachten ihm ein Tablett mit Nahrung. Eine Schale mit Suppe, etwas Brot und eine Karaffe mit Wasser. Sie öffneten die Tür und das Tablett wurde auf den Boden gestellt. Ohne ein Wort zu sagen verschlossen die drei Jedi die Zelle und gingen wieder fort. Lycan sah sich in seiner Zelle um. Ein kleines Bett, ein paar altertümliche Bücher zum Lesen auf einem Schreibtisch. Eine Toilette, eine Ultraschalldusche. Er hatte Hunger, beugte sich über die Suppe. Und erstarrte, als er in der dünnen Brühe sein Spiegelbild sah. Graue Haare, tiefe Falten. Eingesunkene Augen, die noch immer so traurig funkelten. Nun betrachtete er seine Hände, die runzelig und voller Altersflecken waren. Gefahr für die Gesellschaft und für die Jedi, hallten Worte in seinem Kopf. Zu instabil, zu viele gefährliche Kontakte. Überwachung schwierig bis unmöglich. Plötzlich befand sich Lycan nicht mehr in seiner Zelle, sondern in einem runden Raum, umgeben von hohen Stühlen. Dunkle Silhouetten starrten auf ihn herab. Sein Wissen darf nicht verbreitet werden. Eine Rehabilitierung ist möglich, doch unter hohem Aufwand. Lycan fühlte ihre Blicke auf sich ruhen, sie schienen ihn zu durchbohren. Wenn er gerettet werden kann, und wieder ein Jedi werden kann, lassen wir ihn wieder frei. Bis dahin... Kommt er ins Verlies! Und der Boden schien aufzubrechen und Lycan fiel in die Dunkelheit. Es erinnerte ihn an den Fall in die Tiefen von Kashyyyk. Erschocken und voller Panik schrie er auf und der Schatten vor seinen Augen verschwand. Er stieß Ryan von sich und wich vor ihm zurück. "Ryan... Hast du es auch gesehen?" Doch Ryan runzelte misstrauisch die blutende Stirn und trat auf ihn zu. "Was gesehen?" Lycan jedoch schüttelte irritiert den Kopf. "Ich muss hier weg. Wenn ich mich ergebe, sitze ich als alter Mann noch in einer Zelle tief unterm Jedi-Tempel. Ich habe es gesehen, ich hatte eine Vision!"
"Das ist doch Unsinn", sagte Ryan darauf und trat näher an ihn heran. "So lange wirst du nicht bestraft werden. Wenn du einsichtig bist gibt es sicher mildernde Umstände. Du siehst deine Fehler ja schließlich ein, nicht wahr?" Lycan nickte, doch gleichzeitig wurde ihm klar, dass Ryan die Fehler des Jedi-Ordens einfach nicht einsah, all die Nachteile nicht verstand. Das Gefühl der Loyalität und der Pflichterfüllung waren wohl doch stärker als die Freundschaft. Stärker als der gesunde Menschenverstand. "Die Macht hat mir gezeigt, was passieren wird", erklärte Lycan noch einmal. "Ich werde ewig gefangen sein. Zu gefährlich ist mein Wissen. Sie werden mich festhalten, weil ich zuviel über die Dunkle Seite weiß." Er stürzte nach vorne und packte Ryans Robe, sah ihn flehend an. "Die Macht sagt mir, dass ich gehen muss. Ich muss der Macht gehorchen. Ich kann hier nicht bleiben." Ryan lächelte, doch es reichte nicht bis zu seinen Augen. Noch immer war er wachsam und vorsichtig. "Du willst dich noch immer rausreden, was? Hab keine Angst, so schlimm wird es nicht werden." Doch Lycan ließ ihn los, stieß ihn zur Seite und stürmte auf die geschlossenen Brandschutztüren zu. Er konnte Ryan seinen Namen brüllen hören, doch es interessierte ihn nicht länger. Ryan war ein Jedi und damit an die Regeln und Moralvorstellungen des Ordens gebunden. Das Gesetz des Rats zählte. Wenn ein Sithlord und Mörder davon sprach, dass die Macht zu ihm gesprochen hatte, konnte es für einen Jedi nur eine Lüge sein, eine Vision, die nicht der Wahrheit entsprach. Die Jedi waren so von ihrem Recht überzeugt, dass die Meinung anderer sie nicht zu interessieren schien. "Ich muss hier weg. Leb wohl Ryan." Lycan kam schlitternd vor der Brandschutztür zum Stehen, sah kurz über seine Schulter zu Ryan, der etwas zu Jocasta Nu sagte und dann zu ihm sah und ihm nachrannte. Lycan musste sich beeilen. Er holte tief Luft und konzentrierte sich, benutzte aufgrund der Dringlichkeit nun doch die Dunkle Seite. Die Energien schienen ihn auszufüllen, als würden sie ihn vor innerer Stärke aufquellen lassen. So viel Stärke, so viel Macht. Ein zerstörerischer Wirbel schien in seinem Inneren zu toben. Und wieder war diese Stimme in seinem Kopf, beschrieb ihm wie einfach es doch wäre, den nervigen Jedi einfach zu zermalmen. Doch Lycan lenkte seine Energie auf ein anderes Ziel. Er holte mit der rechten Hand aus, bündelte die Dunkle Seite in seiner Hand. Mit derart verstärkter Macht und Konzentration stieß er die rechte Hand nach vorne, als schleuderte er einen unsichtbaren Ball. Die dicke, stählerne Brandschutztür wurde von einer riesigen, unsichtbaren Faust getroffen. Sie dellte sich ein, gleichzeitig war die Wucht des Machtstoßes so enorm, dass die Wände zitterten und das Krachen einem Donnerschlag gleich durch die Archive hallte. Lycan verstärkte seinen Zorn, dachte an all die Ungerechtigkeiten des Lebens, an all die schlimmen Taten, die er getan hatte. Ein schmerzhaftes Pochen erfüllte seinen Kopf, schien seinen Schädel zerbersten zu lassen. Die Brandschutztür wurde mit einem Teil des Mauerwerks komplett zerfetzt und mit einem lauten Poltern schlugen die Trümmer gegen die Wand des dahinter liegenden Korridors. Lycan lächelte zufrieden. Die Freiheit war so nahe. Doch dann legte sich ein Arm um seine Kehle und eine Hand legte sich auf seinen Brustkorb. "Du entkommst mir nicht, Lir. Du musst bestraft werden. Der Gerechtigkeit muss Genüge getan werden." Und plötzlich spürte Lycan, wie etwas mit seinem Körper geschah. Das Adrenalin, welches sein Nebennierenmark ununterbrochen freigesetzt hatte, wurde abgebaut. Sein Herzschlag verlangsamte sich, der Blutdruck normalisierte sich. Lycan wurde unendlich müde, seine Glieder wurden lahm. Was war das für eine Technik, die Ryan da benutzte? Die Augen fielen ihm zu, doch gleichzeitig wusste Lycan, dass Aufgabe Gefangenschaft nach sich ziehen würde. "Darf nicht aufgeben", lallte Lycan mit schwerer Zunge. "Tut mir leid, mein Freund." Lycan konzentrierte sich wieder auf seinen Zorn. Obwohl sein Körper erschöpft und ausgelaugt war, zwang er seinen Verstand zu arbeiten und beschwor die Dunkle Seite der Macht herauf. Kribbelnde Vibrationen durchliefen seinen Körper, als er die Wut und die Furcht in seinem Inneren bündelte und den tosenden Sturm dann auf seine Umgebung übertrug. Sturmwinde begannen, durch die Gänge der Archive zu heulen. Zuerst nur sehr schwach zerrte der Wind an ihren Haaren, an ihrer Kleidung. Doch nach wenigen Sekunden nahm die Windgeschwindigkeit zu und Lycan hörte nur noch ein Rauschen in seinen Ohren. "Was machst du?", hörte er Ryans Stimme wie aus weiter Ferne. "Hör auf damit, Lir!" Die Fenster im nordwestlichen Teil der Archive zersprangen in Millionen kleiner, regenbogenfarbener Splitter und kalte Luftmassen fauchten durch die Öffnungen. Glassplitter und Eiskristalle funkelten in der Luft, als die Temperatur schlagartig fiel. Der nasse Boden begann zu gefrieren. Noch immer brüllte Ryan etwas, doch Lycan konnte ihn nicht mehr verstehen. Der Druck von Ryans Arm um seine Kehle wurde stärker. Lycan warf den Kopf kräftig nach hinten und traf den Jedi auf die ohnehin schon blutende Nasenwurzel. Lycan konzentrierte sich weiter und er und Ryan wurden von dem starken Wind empor gehoben und begannen, zu rotieren. Lycan bekam keine Luft mehr, ignorierte diesen Umstand jedoch und steigerte die Intensität des Windes nur noch mehr. Aus allen Richtungen pfiffen Windstöße, prallten im Zentrum der Archive aufeinander und sausten durch die Gänge und gewannen dabei an Kraft und Geschwindigkeit. Die großen, stabilen Regale begannen unheilvoll zu zittern und zahlreiche Datenmodule fielen zu Boden wo sie vom Wind umher geschoben wurden. Lycans nackter Oberkörper wurde glitschig und schließlich verlor Ryan den Halt und wurde gegen eines der Regale geschmettert. Einige weitere Regale kippten um, krachten gegeneinander und zerbarsten teilweise. Lycan landete im Auge des Sturms, in der Mitte der Archive und atmete tief durch. Er verneigte sich knapp vor Ryan, ehe er sich abwandte und in Richtung des Ausgangs schlitterte.
Er hatte den halben Weg zurückgelegt, als plötzlich Jocasta Nu zwischen den Regalen hervor sprang und ihr gelbes Lichtschwert auf ihn niedersausen ließ. Lycan machte eine wegwischende Bewegung mit der rechten Hand und heftige Windstöße tosten von der Seite gegen sie, so dass sie ins Stolpern geriet und ihn verfehlte. "Ich lasse nicht zu, dass du meine Archive noch weiter demolierst", rief die junge Bibliothekarin gegen den Wind. Ihr langes, blondes Haar wurde vom Wind zerzaust als sie sich ihm entgegen stellte und gegen den Wind ankämpfte. Lycan lächelte bloß. "Ich war eigentlich im Begriff zu gehen", sagte er grimmig und richtete die Intensität des Sturms dann auf die junge Frau. Der Sturm riss sie mühelos von den Beinen, wirbelte sie durch die Luft und schleuderte sie in eines der wenigen Regale, die noch standen. Erst als ihr Körper leblos zu Boden sackte erkannte Lycan, dass er erneut die Kontrolle über sich verlor und wandte sich dem Ausgang zu. "Du bleibst hier, Lycan", donnerte plötzlich Ryans Stimme durch den Raum, lauter als der ohrenbetäubende Wind. Lycan seufzte bei diesen Worten und drehte sich zu dem Jedi-Ritter um. Ryan bewegte sich durch den Sturm auf ihn zu. Er hatte die Arme in beide Richtungen ausgestreckt und benutzte die Macht, um den Wind an sich vorbei zu lenken. Sein langes, ergrauendes Haar peitschte ihm ins Gesicht doch er blinzelte nicht einmal. Seine Augen fixierten Lycan mit etwas, was den Sithlord fast an die Wut der Dunklen Seite erinnerte. Ryans braune Jedi-Robe umflatterte ihn wie eine Gewitterwolke, doch selbst als Lycan die Wucht des Sturms gänzlich auf den Jedi lenkte vermochte es nicht ihn aufzuhalten. Dann plötzlich sprang Ryan in die Luft, benutzte sein Talent in der Macht um sich zu drehen und seinen Flug zu steuern. Er rotierte im Kreis des Zyklons und näherte sich Lycan bis auf wenige Meter, ehe er sanft zu Boden glitt. Nun lenkte Lycan gezielt die Glassplitter in Ryans Richtung. Die Robe des Jedi wurde zerfetzt und auch seiner Haut erging es nicht gut. Dazu kam die eiskalte Temperatur des Windes. "Hör auf, Ryan", rief Lycan ihm entgegen. Die klirrende Winterkälte machte seine Haut bereits taub. Lange konnte er diese Kraft nicht mehr aufrechterhalten. Er musste es schnell beenden und Ryan außer Gefecht setzen, solange er noch konnte. So griff er nach der Macht und durch den Sturm flog das Lichtschwert der Bibliothekarin in seine ausgestreckte Hand. Lycan aktivierte die gelbe Klinge und änderte die Windrichtung. Ryan hatte den Wind nun im Rücken und wurde dem Sithlord nun förmlich entgegen geschleudert. Mit eiskalter Berechnung streckte Lycan die gelbe Klinge aus, als Ryan direkt auf ihn zuflog. Der Sieg und die Freiheit waren zum Greifen nah. Doch dann wurde ihm klar, dass er seinen besten Freund töten würde. In letzter Sekunde deaktivierte er das Lichtschwert und Ryan prallte gegen ihn. Lycan fiel zu Boden und stieß sich den Kopf an einem der umgeworfenen Regale. Sofort wurde der Wind schwächer und der Sturm flaute ab. Lycan sah Sterne und sein Kopf schmerzte. Blut lief seine Stirn herab. Mühsam stand er auf und taumelte benommen auf den Ausgang zu. Dann jedoch warnte ihn ein Kräuseln in der Macht und er warf sich zur Seite, als Ryan nach ihm schlug. Er hielt einen langen, scharfen Splitter in den Händen, ein Trümmerstück von einem der Regale. "Du willst einfach nicht aufgeben", lamentierte Lycan, aktivierte das Lichtschwert und lächelte siegesgewiss. Ryan jedoch antwortete nicht sondern griff an, schlug nach Lycans Schwertarm. Lycan brauchte sein Lichtschwert nur in die richtige Richtung bewegen und sein Gegner würde sich selbst entwaffnen. Doch Ryan täuschte nur an, drehte sich nach rechts und zog die gezackte Spitze des Splitters über Lirs linke Seite. Lycan stöhnte auf, sah sofort, dass die Wunde zwar nicht tödlich war, jedoch stark blutete. Sofort setzte der Jedi nach, doch diesmal war der Sithlord schnell genug. Er brachte das Lichtschwert zwischen sich und Ryan, trennte den Splitter knapp über Ryans Händen ab und rammte ihm den Griff des Lichtschwerts unters Kinn. Ryan warf sich gegen ihn, riss ihn von den Beinen und landete mit dem Knie genau auf Lycans Magengrube, brachte ihn laut zum Aufschreien. Der Jedi umklammerte das Handgelenk von Lycans rechter Schwerthand, um das Lichtschwert von sich fernzuhalten. Gleichzeitig wollte er den Splitter nun wie einen Dolch an Lycans Kehle halten. Lycan jedoch packte Ryans Handgelenk und blockte dessen Versuche ab. Seine künstliche Hand war kräftiger und drückte brutal zu, um den Angriff des Jedi zu beenden. Gleichzeitig versuchte Lycan, sich herum zu rollen und die Oberhand zu gewinnen. Sie beide rollten umher, ohne dass einer die Oberhand gewann. Lycan rammte Ryan die Stirn auf den Nasenrücken und Ryan revanchierte sich, indem er Lycan das Knie in den Unterleib rammte. "Oh, du kämpfst ziemlich dreckig für einen Jedi", bemerkte Lycan mit schmerzverzerrter Stimme. Doch Lycan beschloss, es zu beenden. Als er wieder obenauf war, schlug er Ryans Hand kräftig auf den Boden, so dass dieser den Splitter verlor. "Es ist vorbei, Ryan. Du hast verloren." Und vielleicht war es das gelbe Leuchten des Lichtschwerts, das sich in Lycans braunen Augen spiegelte, welches den Ausschlag gegeben hatte. Vielleicht war es der Sturm, der die Archive verwüstet hatte oder der Angriff auf die junge Bibliothekarin. Doch in dem Moment wusste Ryan, was er zu tun hatte um den Sithlord aufzuhalten und für immer unschädlich zu machen. Er ließ von Lycans Schwerthand ab und packte den Sith an der Kehle. "Du warst mein Freund, Lir. Seite an Seite hieß es doch immer. Aber sieh doch, was aus dir geworden ist... Die Morde, die du begangen hast. Diese Verwüstung. Dein Hass, deine dunklen Kräfte. Ich habe keine andere Wahl." Ryans Griff wurde stärker und für einen Moment glaubte Lycan, der Jedi würde ihn erwürgen. Doch dann fühlte er eine unglaubliche Wärme um sich herum. Ein goldenes Licht ging von Ryan aus und auf Lycan über, hüllte ihn vollständig ein. "Ich fange dich mit einem Netz aus Licht", erklärte Ryan leise, einem Zauberspruch gleich. "Eine Schicht, die dich von der Macht trennt. Ich trenne die Fäden, die dich mit der Macht verbinden. Ich blende dich für die Kräfte der Macht." Und dann erst bemerkte Lycan, was Ryan vorhatte. Er zappelte, wollte sich von Ryan lösen doch er schaffte es nicht. Ryan hatte die Beine um seine Taille gelegt und hielt ihn fest, es gab kein Entrinnen. Und dann spürte er, wie seine Verbindung zur Macht zerstört wurde. Faden um Faden der ihn mit der Macht verband wurde gekappt. "Bitte, tu das nicht, Ryan!", schrie Lycan als ihm das volle Ausmaß dieser Strafe klar wurde. Die Wärme die ihn einhüllte wurde zu einer unerträglichen Hitze. Sie schien ihn zu verbrennen. Er schloss die Augen, als das goldene Licht um ihn herum blendend hell aufleuchtete. Und dann war es, als würde man ihn in ein Becken voller Eiswasser werfen. Das Licht verschwand und mit ihm die Stärke, die ihn erfüllt hatte. Kein Kräuseln in der Macht mehr. Kein verführerisches Flüstern der Dunklen Seite. Gar nichts. Nur Stille und Leere. Lycan fiel nach hinten um und erkannte, dass er die Macht nicht mehr benutzen konnte. So sehr er sich konzentrierte, so sehr er auch seinen Zorn herauf beschwor. Nichts passierte. "Es tut mir leid", sagte Ryan und kam wieder auf die Beine. "Meisterin Yaddle hat mir diese Technik beigebracht. Ein Weg, die Macht zu blockieren. Einen Gegner wie dich zu stoppen ohne Gewalt. Doch ich hätte nicht gedacht, dass diese Kraft so mächtig ist." Lycan rollte sich am Boden zusammen und begann zu schluchzen und auf seine Hände zu starren. "Blind... Ich spüre nichts mehr... Ich bin kein Sith mehr... Kein Jedi mehr..." Ryan senkte traurig den Kopf. "Hätte es einen anderen Weg gegeben, dich zu besiegen..." Doch Lycan schnitt ihm das Wort ab: "Ryan... Du hast mein Leben zerstört!" Und der anklagende Blick aus tränenerfüllten, braunen Augen war schlimmer als jener aus gelben, zornigen Augen. Die Macht hielt die Galaxis zusammen, durchdrang alles und jeden. Doch ihn nicht mehr. Es war, als hätte man Lycan ausgestoßen, als sei er fremd in diesem Universum. Kein Teil der Macht mehr. Als sei er einfach alleine. "Du hast mein Leben zerstört!", wisperte er noch einmal leise und versank in seiner Pein.
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Die Jalousien sperrten das Licht der untergehenden Sonne aus, tauchten den Raum in ein dunkles Rot. Bald würde es dunkel sein. Die Farbtöne und die Stille waren beruhigend. Die weichen Sessel und der flauschige, weiße Teppich schienen die Gemütlichkeit des Zimmers nur noch zu verstärken. Wärme herrschte an diesem Ort und sie hatte nichts mit der Temperatur zu tun. Diese Räumlichkeiten waren Yodas Zuhause, seit mehr als siebenhundert Jahren. Eine Harmonie schien durch den Raum und die Möbel zu strahlen, als hätten sie Yodas Ruhe und Weisheit über die Jahrhunderte in sich aufgenommen. Für Meister Yoda selbst war Meditation in seinen Räumlichkeiten so wichtig und alltäglich wie ein Bad. Hier fand er Ruhe, Gelassenheit und Antworten auf seine Fragen. Zumindest war es früher immer so gewesen. Nun jedoch konnte er stundenlang meditieren, ohne dass die Macht ihm eine Antwort auf seine Fragen gab. Keine Visionen der Zukunft, keine plötzlichen Erkenntnisse. Die Macht schwieg Meister Yoda an. Es war beunruhigend, irgendwie neu. Noch vor einigen hundert Jahren hätte diese Veränderung Panik in ihm aufsteigen lassen. Doch jetzt musste sich Yoda eben daran gewöhnen. Die Macht folgte ihrem eigenen Willen. Sie würde schon wieder mit ihm sprechen, wenn die Zeit reif war. Zumindest hoffte Yoda das. "Habt Ihr etwas gespürt, Meister Yoda?", fragte An'ya Kuro im Sessel neben ihm. "Habt Ihr erfahren, was es mit den Ereignissen im Seratool-Asteroidenfeld auf sich hat? Warum eine Sonne einfach verschwinden konnte? Hat es etwas mit dem Notruf von Kubindi zu tun?" Meister Yoda öffnete die Augen, löste sich gänzlich aus der Trance und sah das junge Mädchen zu seiner Linken traurig an, ehe er den Kopf schüttelte. "Die Macht mir nicht antwortet." An'ya Kuro biss sich auf die Unterlippe, dachte einen Moment nach. "Ich habe noch nie von verschwindenden Sonnen gelesen. Auch nicht von einem Schweigen der Macht." Ihre Stimme war wenig mehr als ein Hauchen, doch Yoda konnte sie mühelos verstehen. "Die Macht, dunkler um uns herum wird", entgegnete Yoda und fixierte die Schatten im Zimmer, die immer größer wurden, da die Sonne fast untergegangen war. "Wir werden davon beeinflusst, so wie wir es selbst beeinflussen." Nun runzelte das Mädchen die Stirn und strich sich eine lange, weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ihr meint also, es ist unsere Schuld, dass die Macht uns nicht antwortet? Was machen wir denn falsch?" Darauf hin schwieg Meister Yoda und sah auf das rotviolette Dämmerlicht hinter den Jalousien. "Unsere Schuld es vielleicht nicht ist. Nicht alles wir verstehen." Der kleine, grüne Jedi-Meister griff mit der Macht nach einem Glas mit Wasser, welches auf dem Tisch stand. Nach Stunden des Meditierens war sein Mund ganz trocken. "Die Mysterien der Macht, sich nicht in ihrer Gesamtheit uns enthüllen. Jahre braucht es, um ein Jedi zu werden. Noch viele Jahre mehr, um eins mit der Macht zu sein. Selbst für mich, es Dinge geben kann, die ich nicht begreife." Das junge Mädchen nickte verstehend. Tatsächlich verzog sich ihr Mund zu einer Andeutung eines Lächelns. "Dann habe ich noch eine Menge zu lernen", sagte sie leise. Und Meister Yoda nickte. "Ich auch, möglicherweise. Ich auch. Von verschwommenen Bildern wir uns nicht nervös machen lassen dürfen. Die Zukunft ist in ständiger Bewegung." Yoda nippte an seinem Glas, ehe er es wieder zum Tisch schweben ließ. "Die Macht kann wie ein reißender Fluss sein, auf dem man treibt. Manchmal ist es schwer, zu erkennen was einen erwartet. Und manchmal bewegt sich der Fluss zu schnell, als dass man begreifen kann, was hinter einem liegt. Früher oder später wir die Wahrheit erkennen werden." Meister Yoda lächelte sanft und sah das junge Mädchen aufmunternd an. Nach einigen Sekunden des Schweigens ergriff An'ya Kuro wieder das Wort. "Könnte es etwas mit der Prophezeiung zu tun haben? Dass ein Auserwählter der Macht das Gleichgewicht bringen wird?" Meister Yoda zuckte mit den Schultern. "Es viele Prophezeiungen und Legenden gibt. So alt, dass ihre Ursprünge im Dunkel der Zeit verloren gegangen sind. Eine dieser Geschichten erzählt von einem Wesen, so stark in der Macht, dass sie für immer zu verändern ihm bestimmt sein wird. Es gibt hunderte solcher Legenden. Wie ich schon sagte, wir werden die Wahrheit erkennen, wenn es an der Zeit ist." An'ya Kuro stellte keine weiteren Fragen, obwohl sie keine Antwort auf ihre Frage erhalten hatte.
"Nun solltest du in deine Gemächer gehen", bemerkte Meister Yoda mit einem fast jugendlichen Schmunzeln. "Dein Verstand zwar wach und reif ist, dein Körper jedoch noch immer Schlaf braucht, meine junge Schülerin." Er gestattete sich ein Kichern, als An'ya Kuro die Augen verdrehte. Doch sie gehorchte und erhob sich von ihrem Sessel. "Dann wünsche ich Euch eine gute Nacht, Meister Yoda." Sie verbeugte sich und der Jedi-Meister wünschte auch ihr eine angenehme Nachtruhe. Als das junge Mädchen den Raum verlassen hatte, glitt auch Meister Yoda von seinem Sessel und ging in Richtung seines Schlafzimmers. Doch plötzlich schien es, als würde sich sein Herz zusammenziehen. Hastig griff er nach einem kleinen Schrank in der Nähe und atmete tief durch. Seine spärlichen, grauen Haare richteten sich auf und er spürte die Nähe der Dunklen Seite. Eine Aura der Dunkelheit schien die Wärme aus dem Zimmer zu vertreiben, die Temperatur schien deutlich abzukühlen. Meister Yoda spürte die Anwesenheit von Lir. Er war hier, im Jedi-Tempel. Inmitten des Jedi-Ordens. Er konnte den Hass und die Gefahr fühlen, die von dem jungen Mann ausging. Doch als er sich näher auf Lir konzentrierte, konnte er auch Ryan spüren. Scheinbar kämpften die beiden miteinander. Aber was machte Lir hier? Wollte er sich stellen? Oder vielleicht wieder den Jedi anschließen? Die dunkle Seite der Macht, die von ihm ausging verriet, dass er aus einem anderen Grund hier war. Meister Yoda drehte sich um und wandte sich zur Tür. Er beschloss, Ryan beizustehen und Lir festzusetzen. Gerade als er den Raum halb durchquert hatte, fing der Feueralarm an, durch sämtliche Räume des Jedi-Tempels zu hallen. Das Gefühl des drohenden Unheils schien immer stärker zu werden. Wie eine eiskalte Hand, die ihn in ihrem Würgegriff hielt.
Die Fenster des Wohnzimmers erzitterten kaum merklich und Meister Yoda wandte sich zum Fenster und zog die Jalousien hoch. Im violetten Himmel der anbrechenden Nacht hingen zahlreiche Landungsschiffe, die sich dem Jedi-Tempel näherten. Sofort wusste der Jedi-Meister, dass dem Orden ein Angriff drohte. Er griff nach der Macht und schlenderte blitzschnell zur Tür und ließ sein Zimmer hinter sich. Auf dem Korridor standen bereits zahlreiche andere Jedi, aufgeschreckt vom Feueralarm oder demselben Gefühl der Gefahr. "Der Tempel angegriffen wird", sagte Meister Yoda mit lauter und doch gelassener Stimme. "Ryan wird vorerst alleine mit Lir klar kommen müssen", sagte er dann mehr zu sich selbst. "Unerwartet, Gäste zu solch später Stunde sind", meinte der Großmeister des Ordens und schritt langsam an den anderen Jedi-Meistern vorbei. "Doch es wäre unhöflich, sie warten zu lassen. Begrüßen wir unsere Besucher." Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Haupteingang des Tempels und unterwegs schlossen sich ihnen weitere Jedi-Ritter und Schüler an. Meister Yoda schickte einige Jedi-Ritter zu den anderen Eingängen des Jedi-Tempels. Und kaum hatten sie den Eingang erreicht, bot sich ihnen der schreckliche Anblick von tausenden von Kampfdroiden, die sich daran machten, den Jedi-Tempel zu umstellen. Noch immer näherten sich Landungsschiffe dem Jedi-Tempel. Etliche der kleinen Transporter waren schon gelandet und entluden die Kampfdroiden. "Gerade jetzt, wo ein Großteil von Coruscants Streitkräften nach Kubindi unterwegs ist", knurrte Lagan Neva, der neben Yoda stand und sich nun einen Überblick über die Lage verschaffte. "Vielleicht wir brauchen keine Streitkräfte", flüsterte Yoda leise und deutete mit einem Nicken auf den Fuß der großen Treppe, die zum Haupteingang hinauf führte. Zwei dunkle Gestalten machten sich nun daran die lange, breite Treppe zu erklimmen. Plötzlich hallte ein Zischen bis zu den Jedi-Rittern hinauf und zwei rot leuchtende Lichtschwertklingen wurden aktiviert. Nicht wenige der Jedi-Ritter keuchten erschrocken auf. Meister Yoda hingegen sah kurz zu den Statuen der Vier Meister, welche vor dem Eingang thronten. Dann trat er nach vorne und wartete, bis die beiden Gäste in Hörweite waren. "Turalyon und Ari Fel", begrüßte er beide ehemaligen Jedi-Schüler und neigte ein wenig den Kopf. "Unerwartet euer Besuch ist. Euer Gefühl für Etikette noch zu wünschen übrig lässt." Turalyon lächelte, als er die oberste Stufe der Treppe hinter sich gelassen hatte. "Wie schön, so empfangen zu werden, Meister Yoda. Doch bevorzuge ich nun einen anderen Namen." Er wies mit der freien Hand auf seine Begleiterin. "Darth Kreiya", stellte der ehemalige Jedi seine Partnerin vor, ehe er auf sich selber deutete. "Darth Blade. Wir sind gekommen, um ein Gespräch zu führen. Zumindest ist das der erste Punkt auf meiner Liste." Ein gespenstisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Da er keine Augenbinde mehr trug verzerrten sich die Narben über seinen Augen und als er den Kopf drehte und zu Kreiya sah, fiel den Jedi auch das klaffende Loch auf, wo einmal Turalyons linkes Ohr gewesen war.
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Mit ausgestreckten Händen, den Klauen eines Katarns gleich, stürzte sich Lycan auf seinen alten Kameraden, bereit ihm an die Kehle zu gehen, seinen Hals wie einen dürren Zweig zu brechen. Doch Lycan vergaß in seiner Raserei, dass Ryan ein erfahrener und geschickter Kämpfer war. Ryan ließ die Beine versetzt hochschnellen und ließ Lycan straucheln und hob ihn über sich hinweg. Er konnte nicht rechtzeitig abbremsen und flog demnach über Ryan hinweg, drehte sich jedoch in der Luft und bremste seinen Fall, landete katzengleich auf den Füßen. Ryan sprang wieder auf die Beine und wandte sich ihm zu. Lycan zwang sich nun, tief durchzuatmen. Es sollte hier nicht um Leben und Tod gehen. Er wollte doch nur fliehen und nicht seinen besten Freund umbringen. Das war also wieder die Dunkle Seite, die finstere Verführerin die ihn mit Kraft und Stärke lockte. Doch der Preis war hoch. "Ich will dich nicht töten", sagte Lycan nun mit zitternder Stimme und streckte eine Hand aus, wie um seinen Gegner zu beschwichtigen. Ryan jedoch schüttelte mit dem Kopf. Sein Gesicht war blass und blutverschmiert. In seinen Augen lag nur noch Wachsamkeit und Entschlossenheit. "Ich falle nicht auf deine Tricks herein, Lir." Mit diesen Worten griff er an und schlug nach Lycans Gesicht. Dieser riss den Kopf zur Seite und fühlte, wie Ryans Faust knapp an seinem Gesicht vorbei sauste. Er stieß mit dem Ellenbogen nach, traf Lycan an der Stirn. Hastig rollte Lycan sich nach hinten ab, kam mit erhobenen Händen wieder hoch, als Ryan bereits zum nächsten Schlag ausholte. Die Dunkle Seite der Macht lauerte in seinem Hinterkopf, in seinen Augenwinkeln. Ein schwarzer Schatten, der nur darauf wartete, all seine Wünsche zu erfüllen. All seine Bitten zu erhören. Lycan wusste, wie einfach es wäre, einfach alle Kraft zu kanalisieren und auf seinen Gegner zu schleudern. So unglaublich einfach, einfach alle Einschränkungen von Fairness und Freundschaft zu vergessen. Schnell konnte er Ryan töten und aus dem Jedi-Tempel entkommen. Doch Lycan weigerte sich, die Dunkle Seite der Macht zu benutzen. Es war anstrengend, den Zorn niederzuringen und Ruhe zu bewahren. Er verlor den Kontakt zur Macht, war nun auf sich allein gestellt. Ryans Schlag riss seinen Kopf zur Seite und seine Unterlippe blutete noch stärker. Sofort setzte der Jedi-Ritter nach und schmetterte Lycan die Handkante gegen den Hals, schickte ihn hustend und betäubt zu Boden. "Hör auf Ryan, ich will nicht mehr", keuchte Lycan und hob erneut beide Hände, um den Jedi zu stoppen. Ryan hielt inne, sah Lycan lange an. "Gibst du auf? Kommst du mit mir zu Meister Yoda?" Und Lycan nickte. Er war nicht bereit, seinen Freund zu töten um frei zu sein. Würde er weiterkämpfen, wäre es sehr schwer, Ryan zu überwinden ohne die Dunkle Seite zu benutzen und ihn zu gefährden. Ryan packte Lycans Hand und zog ihn auf die Beine. Und in diesem Augenblick legte sich ein Schatten über Lycans Blickfeld. Ryan, die Jedi-Archive und der Tempel selbst schienen zu verschwinden und wurden durch Dunkelheit ersetzt. Lycan versank völlig in der Szenerie, die sich vor ihm auftat. Der Raum in dem er sich nun befand war dunkel, nur wenige schwache Leuchtpanelen sandten ein beruhigendes doch einschläferndes blaues Licht in die kleine Zelle. Aus irgendeinem Grund wusste er, dass er sich in den Tiefen des Jedi-Tempels befand. In einer Zelle, die für abtrünnige Jedi konstruiert worden war. Boden und Wände waren aus besonders hartem Stahl gefertigt und ein Energiefeld umgab alle sechs Seiten des Raums. Das Energiefeld neutralisierte die Macht. Er war gefangen und es gab keine Möglichkeit zu entkommen. Drei Personen näherten sich der Zellentür, die aus Transparistahl bestand und durchsichtig war. Die drei Jedi-Meister brachten ihm ein Tablett mit Nahrung. Eine Schale mit Suppe, etwas Brot und eine Karaffe mit Wasser. Sie öffneten die Tür und das Tablett wurde auf den Boden gestellt. Ohne ein Wort zu sagen verschlossen die drei Jedi die Zelle und gingen wieder fort. Lycan sah sich in seiner Zelle um. Ein kleines Bett, ein paar altertümliche Bücher zum Lesen auf einem Schreibtisch. Eine Toilette, eine Ultraschalldusche. Er hatte Hunger, beugte sich über die Suppe. Und erstarrte, als er in der dünnen Brühe sein Spiegelbild sah. Graue Haare, tiefe Falten. Eingesunkene Augen, die noch immer so traurig funkelten. Nun betrachtete er seine Hände, die runzelig und voller Altersflecken waren. Gefahr für die Gesellschaft und für die Jedi, hallten Worte in seinem Kopf. Zu instabil, zu viele gefährliche Kontakte. Überwachung schwierig bis unmöglich. Plötzlich befand sich Lycan nicht mehr in seiner Zelle, sondern in einem runden Raum, umgeben von hohen Stühlen. Dunkle Silhouetten starrten auf ihn herab. Sein Wissen darf nicht verbreitet werden. Eine Rehabilitierung ist möglich, doch unter hohem Aufwand. Lycan fühlte ihre Blicke auf sich ruhen, sie schienen ihn zu durchbohren. Wenn er gerettet werden kann, und wieder ein Jedi werden kann, lassen wir ihn wieder frei. Bis dahin... Kommt er ins Verlies! Und der Boden schien aufzubrechen und Lycan fiel in die Dunkelheit. Es erinnerte ihn an den Fall in die Tiefen von Kashyyyk. Erschocken und voller Panik schrie er auf und der Schatten vor seinen Augen verschwand. Er stieß Ryan von sich und wich vor ihm zurück. "Ryan... Hast du es auch gesehen?" Doch Ryan runzelte misstrauisch die blutende Stirn und trat auf ihn zu. "Was gesehen?" Lycan jedoch schüttelte irritiert den Kopf. "Ich muss hier weg. Wenn ich mich ergebe, sitze ich als alter Mann noch in einer Zelle tief unterm Jedi-Tempel. Ich habe es gesehen, ich hatte eine Vision!"
"Das ist doch Unsinn", sagte Ryan darauf und trat näher an ihn heran. "So lange wirst du nicht bestraft werden. Wenn du einsichtig bist gibt es sicher mildernde Umstände. Du siehst deine Fehler ja schließlich ein, nicht wahr?" Lycan nickte, doch gleichzeitig wurde ihm klar, dass Ryan die Fehler des Jedi-Ordens einfach nicht einsah, all die Nachteile nicht verstand. Das Gefühl der Loyalität und der Pflichterfüllung waren wohl doch stärker als die Freundschaft. Stärker als der gesunde Menschenverstand. "Die Macht hat mir gezeigt, was passieren wird", erklärte Lycan noch einmal. "Ich werde ewig gefangen sein. Zu gefährlich ist mein Wissen. Sie werden mich festhalten, weil ich zuviel über die Dunkle Seite weiß." Er stürzte nach vorne und packte Ryans Robe, sah ihn flehend an. "Die Macht sagt mir, dass ich gehen muss. Ich muss der Macht gehorchen. Ich kann hier nicht bleiben." Ryan lächelte, doch es reichte nicht bis zu seinen Augen. Noch immer war er wachsam und vorsichtig. "Du willst dich noch immer rausreden, was? Hab keine Angst, so schlimm wird es nicht werden." Doch Lycan ließ ihn los, stieß ihn zur Seite und stürmte auf die geschlossenen Brandschutztüren zu. Er konnte Ryan seinen Namen brüllen hören, doch es interessierte ihn nicht länger. Ryan war ein Jedi und damit an die Regeln und Moralvorstellungen des Ordens gebunden. Das Gesetz des Rats zählte. Wenn ein Sithlord und Mörder davon sprach, dass die Macht zu ihm gesprochen hatte, konnte es für einen Jedi nur eine Lüge sein, eine Vision, die nicht der Wahrheit entsprach. Die Jedi waren so von ihrem Recht überzeugt, dass die Meinung anderer sie nicht zu interessieren schien. "Ich muss hier weg. Leb wohl Ryan." Lycan kam schlitternd vor der Brandschutztür zum Stehen, sah kurz über seine Schulter zu Ryan, der etwas zu Jocasta Nu sagte und dann zu ihm sah und ihm nachrannte. Lycan musste sich beeilen. Er holte tief Luft und konzentrierte sich, benutzte aufgrund der Dringlichkeit nun doch die Dunkle Seite. Die Energien schienen ihn auszufüllen, als würden sie ihn vor innerer Stärke aufquellen lassen. So viel Stärke, so viel Macht. Ein zerstörerischer Wirbel schien in seinem Inneren zu toben. Und wieder war diese Stimme in seinem Kopf, beschrieb ihm wie einfach es doch wäre, den nervigen Jedi einfach zu zermalmen. Doch Lycan lenkte seine Energie auf ein anderes Ziel. Er holte mit der rechten Hand aus, bündelte die Dunkle Seite in seiner Hand. Mit derart verstärkter Macht und Konzentration stieß er die rechte Hand nach vorne, als schleuderte er einen unsichtbaren Ball. Die dicke, stählerne Brandschutztür wurde von einer riesigen, unsichtbaren Faust getroffen. Sie dellte sich ein, gleichzeitig war die Wucht des Machtstoßes so enorm, dass die Wände zitterten und das Krachen einem Donnerschlag gleich durch die Archive hallte. Lycan verstärkte seinen Zorn, dachte an all die Ungerechtigkeiten des Lebens, an all die schlimmen Taten, die er getan hatte. Ein schmerzhaftes Pochen erfüllte seinen Kopf, schien seinen Schädel zerbersten zu lassen. Die Brandschutztür wurde mit einem Teil des Mauerwerks komplett zerfetzt und mit einem lauten Poltern schlugen die Trümmer gegen die Wand des dahinter liegenden Korridors. Lycan lächelte zufrieden. Die Freiheit war so nahe. Doch dann legte sich ein Arm um seine Kehle und eine Hand legte sich auf seinen Brustkorb. "Du entkommst mir nicht, Lir. Du musst bestraft werden. Der Gerechtigkeit muss Genüge getan werden." Und plötzlich spürte Lycan, wie etwas mit seinem Körper geschah. Das Adrenalin, welches sein Nebennierenmark ununterbrochen freigesetzt hatte, wurde abgebaut. Sein Herzschlag verlangsamte sich, der Blutdruck normalisierte sich. Lycan wurde unendlich müde, seine Glieder wurden lahm. Was war das für eine Technik, die Ryan da benutzte? Die Augen fielen ihm zu, doch gleichzeitig wusste Lycan, dass Aufgabe Gefangenschaft nach sich ziehen würde. "Darf nicht aufgeben", lallte Lycan mit schwerer Zunge. "Tut mir leid, mein Freund." Lycan konzentrierte sich wieder auf seinen Zorn. Obwohl sein Körper erschöpft und ausgelaugt war, zwang er seinen Verstand zu arbeiten und beschwor die Dunkle Seite der Macht herauf. Kribbelnde Vibrationen durchliefen seinen Körper, als er die Wut und die Furcht in seinem Inneren bündelte und den tosenden Sturm dann auf seine Umgebung übertrug. Sturmwinde begannen, durch die Gänge der Archive zu heulen. Zuerst nur sehr schwach zerrte der Wind an ihren Haaren, an ihrer Kleidung. Doch nach wenigen Sekunden nahm die Windgeschwindigkeit zu und Lycan hörte nur noch ein Rauschen in seinen Ohren. "Was machst du?", hörte er Ryans Stimme wie aus weiter Ferne. "Hör auf damit, Lir!" Die Fenster im nordwestlichen Teil der Archive zersprangen in Millionen kleiner, regenbogenfarbener Splitter und kalte Luftmassen fauchten durch die Öffnungen. Glassplitter und Eiskristalle funkelten in der Luft, als die Temperatur schlagartig fiel. Der nasse Boden begann zu gefrieren. Noch immer brüllte Ryan etwas, doch Lycan konnte ihn nicht mehr verstehen. Der Druck von Ryans Arm um seine Kehle wurde stärker. Lycan warf den Kopf kräftig nach hinten und traf den Jedi auf die ohnehin schon blutende Nasenwurzel. Lycan konzentrierte sich weiter und er und Ryan wurden von dem starken Wind empor gehoben und begannen, zu rotieren. Lycan bekam keine Luft mehr, ignorierte diesen Umstand jedoch und steigerte die Intensität des Windes nur noch mehr. Aus allen Richtungen pfiffen Windstöße, prallten im Zentrum der Archive aufeinander und sausten durch die Gänge und gewannen dabei an Kraft und Geschwindigkeit. Die großen, stabilen Regale begannen unheilvoll zu zittern und zahlreiche Datenmodule fielen zu Boden wo sie vom Wind umher geschoben wurden. Lycans nackter Oberkörper wurde glitschig und schließlich verlor Ryan den Halt und wurde gegen eines der Regale geschmettert. Einige weitere Regale kippten um, krachten gegeneinander und zerbarsten teilweise. Lycan landete im Auge des Sturms, in der Mitte der Archive und atmete tief durch. Er verneigte sich knapp vor Ryan, ehe er sich abwandte und in Richtung des Ausgangs schlitterte.
Er hatte den halben Weg zurückgelegt, als plötzlich Jocasta Nu zwischen den Regalen hervor sprang und ihr gelbes Lichtschwert auf ihn niedersausen ließ. Lycan machte eine wegwischende Bewegung mit der rechten Hand und heftige Windstöße tosten von der Seite gegen sie, so dass sie ins Stolpern geriet und ihn verfehlte. "Ich lasse nicht zu, dass du meine Archive noch weiter demolierst", rief die junge Bibliothekarin gegen den Wind. Ihr langes, blondes Haar wurde vom Wind zerzaust als sie sich ihm entgegen stellte und gegen den Wind ankämpfte. Lycan lächelte bloß. "Ich war eigentlich im Begriff zu gehen", sagte er grimmig und richtete die Intensität des Sturms dann auf die junge Frau. Der Sturm riss sie mühelos von den Beinen, wirbelte sie durch die Luft und schleuderte sie in eines der wenigen Regale, die noch standen. Erst als ihr Körper leblos zu Boden sackte erkannte Lycan, dass er erneut die Kontrolle über sich verlor und wandte sich dem Ausgang zu. "Du bleibst hier, Lycan", donnerte plötzlich Ryans Stimme durch den Raum, lauter als der ohrenbetäubende Wind. Lycan seufzte bei diesen Worten und drehte sich zu dem Jedi-Ritter um. Ryan bewegte sich durch den Sturm auf ihn zu. Er hatte die Arme in beide Richtungen ausgestreckt und benutzte die Macht, um den Wind an sich vorbei zu lenken. Sein langes, ergrauendes Haar peitschte ihm ins Gesicht doch er blinzelte nicht einmal. Seine Augen fixierten Lycan mit etwas, was den Sithlord fast an die Wut der Dunklen Seite erinnerte. Ryans braune Jedi-Robe umflatterte ihn wie eine Gewitterwolke, doch selbst als Lycan die Wucht des Sturms gänzlich auf den Jedi lenkte vermochte es nicht ihn aufzuhalten. Dann plötzlich sprang Ryan in die Luft, benutzte sein Talent in der Macht um sich zu drehen und seinen Flug zu steuern. Er rotierte im Kreis des Zyklons und näherte sich Lycan bis auf wenige Meter, ehe er sanft zu Boden glitt. Nun lenkte Lycan gezielt die Glassplitter in Ryans Richtung. Die Robe des Jedi wurde zerfetzt und auch seiner Haut erging es nicht gut. Dazu kam die eiskalte Temperatur des Windes. "Hör auf, Ryan", rief Lycan ihm entgegen. Die klirrende Winterkälte machte seine Haut bereits taub. Lange konnte er diese Kraft nicht mehr aufrechterhalten. Er musste es schnell beenden und Ryan außer Gefecht setzen, solange er noch konnte. So griff er nach der Macht und durch den Sturm flog das Lichtschwert der Bibliothekarin in seine ausgestreckte Hand. Lycan aktivierte die gelbe Klinge und änderte die Windrichtung. Ryan hatte den Wind nun im Rücken und wurde dem Sithlord nun förmlich entgegen geschleudert. Mit eiskalter Berechnung streckte Lycan die gelbe Klinge aus, als Ryan direkt auf ihn zuflog. Der Sieg und die Freiheit waren zum Greifen nah. Doch dann wurde ihm klar, dass er seinen besten Freund töten würde. In letzter Sekunde deaktivierte er das Lichtschwert und Ryan prallte gegen ihn. Lycan fiel zu Boden und stieß sich den Kopf an einem der umgeworfenen Regale. Sofort wurde der Wind schwächer und der Sturm flaute ab. Lycan sah Sterne und sein Kopf schmerzte. Blut lief seine Stirn herab. Mühsam stand er auf und taumelte benommen auf den Ausgang zu. Dann jedoch warnte ihn ein Kräuseln in der Macht und er warf sich zur Seite, als Ryan nach ihm schlug. Er hielt einen langen, scharfen Splitter in den Händen, ein Trümmerstück von einem der Regale. "Du willst einfach nicht aufgeben", lamentierte Lycan, aktivierte das Lichtschwert und lächelte siegesgewiss. Ryan jedoch antwortete nicht sondern griff an, schlug nach Lycans Schwertarm. Lycan brauchte sein Lichtschwert nur in die richtige Richtung bewegen und sein Gegner würde sich selbst entwaffnen. Doch Ryan täuschte nur an, drehte sich nach rechts und zog die gezackte Spitze des Splitters über Lirs linke Seite. Lycan stöhnte auf, sah sofort, dass die Wunde zwar nicht tödlich war, jedoch stark blutete. Sofort setzte der Jedi nach, doch diesmal war der Sithlord schnell genug. Er brachte das Lichtschwert zwischen sich und Ryan, trennte den Splitter knapp über Ryans Händen ab und rammte ihm den Griff des Lichtschwerts unters Kinn. Ryan warf sich gegen ihn, riss ihn von den Beinen und landete mit dem Knie genau auf Lycans Magengrube, brachte ihn laut zum Aufschreien. Der Jedi umklammerte das Handgelenk von Lycans rechter Schwerthand, um das Lichtschwert von sich fernzuhalten. Gleichzeitig wollte er den Splitter nun wie einen Dolch an Lycans Kehle halten. Lycan jedoch packte Ryans Handgelenk und blockte dessen Versuche ab. Seine künstliche Hand war kräftiger und drückte brutal zu, um den Angriff des Jedi zu beenden. Gleichzeitig versuchte Lycan, sich herum zu rollen und die Oberhand zu gewinnen. Sie beide rollten umher, ohne dass einer die Oberhand gewann. Lycan rammte Ryan die Stirn auf den Nasenrücken und Ryan revanchierte sich, indem er Lycan das Knie in den Unterleib rammte. "Oh, du kämpfst ziemlich dreckig für einen Jedi", bemerkte Lycan mit schmerzverzerrter Stimme. Doch Lycan beschloss, es zu beenden. Als er wieder obenauf war, schlug er Ryans Hand kräftig auf den Boden, so dass dieser den Splitter verlor. "Es ist vorbei, Ryan. Du hast verloren." Und vielleicht war es das gelbe Leuchten des Lichtschwerts, das sich in Lycans braunen Augen spiegelte, welches den Ausschlag gegeben hatte. Vielleicht war es der Sturm, der die Archive verwüstet hatte oder der Angriff auf die junge Bibliothekarin. Doch in dem Moment wusste Ryan, was er zu tun hatte um den Sithlord aufzuhalten und für immer unschädlich zu machen. Er ließ von Lycans Schwerthand ab und packte den Sith an der Kehle. "Du warst mein Freund, Lir. Seite an Seite hieß es doch immer. Aber sieh doch, was aus dir geworden ist... Die Morde, die du begangen hast. Diese Verwüstung. Dein Hass, deine dunklen Kräfte. Ich habe keine andere Wahl." Ryans Griff wurde stärker und für einen Moment glaubte Lycan, der Jedi würde ihn erwürgen. Doch dann fühlte er eine unglaubliche Wärme um sich herum. Ein goldenes Licht ging von Ryan aus und auf Lycan über, hüllte ihn vollständig ein. "Ich fange dich mit einem Netz aus Licht", erklärte Ryan leise, einem Zauberspruch gleich. "Eine Schicht, die dich von der Macht trennt. Ich trenne die Fäden, die dich mit der Macht verbinden. Ich blende dich für die Kräfte der Macht." Und dann erst bemerkte Lycan, was Ryan vorhatte. Er zappelte, wollte sich von Ryan lösen doch er schaffte es nicht. Ryan hatte die Beine um seine Taille gelegt und hielt ihn fest, es gab kein Entrinnen. Und dann spürte er, wie seine Verbindung zur Macht zerstört wurde. Faden um Faden der ihn mit der Macht verband wurde gekappt. "Bitte, tu das nicht, Ryan!", schrie Lycan als ihm das volle Ausmaß dieser Strafe klar wurde. Die Wärme die ihn einhüllte wurde zu einer unerträglichen Hitze. Sie schien ihn zu verbrennen. Er schloss die Augen, als das goldene Licht um ihn herum blendend hell aufleuchtete. Und dann war es, als würde man ihn in ein Becken voller Eiswasser werfen. Das Licht verschwand und mit ihm die Stärke, die ihn erfüllt hatte. Kein Kräuseln in der Macht mehr. Kein verführerisches Flüstern der Dunklen Seite. Gar nichts. Nur Stille und Leere. Lycan fiel nach hinten um und erkannte, dass er die Macht nicht mehr benutzen konnte. So sehr er sich konzentrierte, so sehr er auch seinen Zorn herauf beschwor. Nichts passierte. "Es tut mir leid", sagte Ryan und kam wieder auf die Beine. "Meisterin Yaddle hat mir diese Technik beigebracht. Ein Weg, die Macht zu blockieren. Einen Gegner wie dich zu stoppen ohne Gewalt. Doch ich hätte nicht gedacht, dass diese Kraft so mächtig ist." Lycan rollte sich am Boden zusammen und begann zu schluchzen und auf seine Hände zu starren. "Blind... Ich spüre nichts mehr... Ich bin kein Sith mehr... Kein Jedi mehr..." Ryan senkte traurig den Kopf. "Hätte es einen anderen Weg gegeben, dich zu besiegen..." Doch Lycan schnitt ihm das Wort ab: "Ryan... Du hast mein Leben zerstört!" Und der anklagende Blick aus tränenerfüllten, braunen Augen war schlimmer als jener aus gelben, zornigen Augen. Die Macht hielt die Galaxis zusammen, durchdrang alles und jeden. Doch ihn nicht mehr. Es war, als hätte man Lycan ausgestoßen, als sei er fremd in diesem Universum. Kein Teil der Macht mehr. Als sei er einfach alleine. "Du hast mein Leben zerstört!", wisperte er noch einmal leise und versank in seiner Pein.