Lycan
Jedi-Knight
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In den vergangenen zwei Stunden hatte Lir ausgiebig mit dem Vizekönig gesprochen. Durch die transparente Trennwand hindurch hatte Lir dem Neimoidianer einige der Routen gezeigt. Sehen alleine half jedoch nicht viel, denn die Koordinaten waren es, die zählten.
Lir hatte die geheimen Hyperraumrouten in den Datenbanken von Salin Tzetts Organisation gefunden. Einst gehörten diese Routen den Hutten, die sie zum Schmuggel benutzt hatten. Doch mit der Übernahme verschiedener Welten gelangte dieses Wissen in die Hände von Salin Tzett. Und weil dieser Verbündete gut brauchen konnte, hatte er Lir zu den Neimoidianern geschickt, um die Handelsföderation zumindest teilweise auf die Seite von Salin Tzetts freien Welten zu ziehen. Lir hatte sich an Salin Tzett gewand, weil er nicht wusste, wohin er sonst gehen sollte. Zu den Jedi konnte und wollte er noch nicht zurückkehren. Sie würden ihn bei seiner Suche nach Wissen behindern, würden es nicht verstehen. Er benutzte die Dunkle Seite. Damit würden die Jedi ihn auf jeden Fall davon jagen. Und noch dazu hatte er damals seinen Mitschüler angegriffen und Befehle des Jedi-Rats missachtet. Deshalb hatte Lir beschlossen, Salin Tzett aufzusuchen. Er hatte eine Gegenleistung eingefordert und daraus war eine vorübergehende Partnerschaft entstanden. Lir würde finanzielle Mittel bekommen, um frei zu sein. Er hatte ein hochmodifiziertes Raumschiff bekommen und hatte noch genug Geld übrig, um eine ganze Weile unabhängig leben zu können. Und Salin Tzett hatte einen effizienten, mächtigen Verbündeten gewonnen, der ihm bei seinem Streben nach Freiheit half. Lir hatte nicht vor, ewig für Salin Tzett zu arbeiten. Doch Geld zu haben war wichtig. Und deshalb würde er sich ein Stück vom großen Kuchen sichern. "Diese Hyperraumrouten sind schneller als die Hydianische Straße und die Corellianische Route. Die Routen, die ich anzubieten habe reichen von Geonosis über Tatooine, Nar Shaddaa, Da Soocha über Roche, Ord Mantell bis nach Coruscant. Eine ideale Möglichkeit, Welten abseits der Republik zu versorgen." Lir hielt den Holo-Projektor hoch, so dass der Vizekönig die Route sehen konnte. "Die Koordinaten führen sicher an Sternen, Supernovae und schwarzen Löchern vorbei", erklärte Lir und zeigte dann eine andere Route an. "Diese Route reicht von Naboo über Malastare, Thyferra, N'Zoth, dann von Coruscant durch die Kernwelten bis nach Onderon, über Ruusan bis nach Bothawui." Lir machte eine Pause, damit der Vizekönig sich das auf der Zunge zergehen lassen konnte. "Routen durch die Kernwelten sind wertvoll, nicht wahr? Schwarze Löcher, Strahlungsfelder von enormer Stärke. Doch diese Routen sind perfekt. Und ich habe noch ein paar andere." Vizekönig Kash war begeistert. Lir konnte es spüren. Die Habgier und das Streben nach Profit waren selbst durch die Trennwand fast riechbar. "Wie viel wollt Ihr für diese Koordinaten haben?", fragte der Vizekönig und rieb sich die Hände, ein Zeichen von Nervosität. Lir lächelte und schüttelte den Kopf. "Ein fester Betrag wäre fast beleidigend für Salin Tzett. Und für mich ebenfalls. Nett wäre eine monatliche Gegenleistung. Als Zeichen unserer langfristigen Zusammenarbeit." Lir lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah, wie der Vizekönig nachdachte. "Was hindert euch daran, die Routen nicht noch jemandem zu verkaufen?" Lir zuckte mit den Schultern. "Es geht uns nicht nur um Geld, sondern um Verbündete. Die Handelsföderation hat Geld und militärische Mittel, die für Salin Tzett nützlich sind. Gleichzeitig seid ihr Freidenker. Ihr mögt die Republik nicht sonderlich, stimmt's?" Der Vizekönig nickte zustimmend.
"Sie versteuern unsere Routen und rauben uns einen großen Teil unseres Gewinns. Sie wollten uns sogar unsere Flotte verbieten." Der Vizekönig schlug mit einer Faust auf den Tisch. Lir neigte den Kopf. "Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenhalten, um vor der Republik zu bestehen. Eine Hand wäscht die andere. Ihr bekommt nicht nur die Routen von uns, sondern auch unsere Unterstützung bei...gewissen Dingen, die niemals ans Licht kommen sollten." Er grinste vielsagend und der Vizekönig gönnte sich ein Lächeln. "Ihr wollt uns also nützlich sein?", fragte er neugierig. Lir nickte. Er hatte zwar Salin Tzett als Verbündeten, doch war er auch vorsichtig, sollte sich dieser je gegen ihn wenden. Deshalb war Lir wichtig, dass sein Besuch auf Neimoidia besonders erfolgreich war. "Ich bin ein gefährlicher Mann, Hoheit", meinte Lir leise. "Ich kann eine nützliche Waffe sein. Und für eine gewisse Bezahlung stehe ich der Handelsföderation genau so zur Verfügung wie meinem Geschäftspartner Salin Tzett." Der König lachte, was sich aus dem Mund eines Neimoidianers grauenhaft anhörte. "Und wie soll diese Bezahlung aussehen?" Lir lächelte süffisant. "Sagen wir 30.000 Kredits im Monat. Ich bin es wert, glauben Sie mir. Wobei das Geld für die Handelsföderation wohl mehr als entbehrlich ist." Der Vizekönig grinste. "Was, wenn ich dich umbringen lasse und mir die Hyperraumrouten einfach nehme?", fragte er mit einem bedrohlichen Unterton. Lir spannte sich an und breitete die Hände aus. "Nur zu. Versuchen Sie es, Hoheit. Und überzeugen Sie sich von meinen Fähigkeiten." Der Vizekönig lachte und hob eine Hand. Und sofort bewegten sich die Kampfdroiden, die um Lir herum standen. Sie machten Anstalten, ihre Arme zu heben und ihre Blastergewehre auf ihn zu richten. Doch Lir benutzte die Macht und hielt sie davon ab, drückte ihre Arme nieder. Die Droiden zappelten und für den Vizekönig würde es so aussehen, als würden sie nicht gehorchen. Lir war vorsichtig, denn er wollte nicht enthüllen, dass die Macht mit ihm war. Er zog einen Leuchtstab vom Gürtel. Dann führte er ihn an den Mund. "Feuer", sagte er in ein nicht vorhandenes Mikrophon. Dann benutzte er die Macht und drehte die Droiden auf ihren Füßen in Richtung der transparenten Trennwand. Der Vizekönig japste erschrocken und wich zurück, sichtlich verwirrt. Lir ließ die Kampfdroiden ihre Arme heben. "Oder soll ich es lieber selber machen?", fragte er und zog seine Ryyk-Klinge. Er holte mit der schweren Klinge aus, sprang dann auf die Trennwand zu und schlug zu. Die Klinge donnerte gegen das verstärkte Sicherheitsglas. Der Aufschlag auf die Trennwand tat Lir in den Armen weh. Das Glas vibrierte ein wenig, doch es zerbrach nicht, denn es war hart wie Stahl. Der König atmete erleichtert auf, doch dann benutzte Lir die Macht, um das Glas auf mikroskopisch kleiner Ebene zu verändern. Er veränderte die Struktur der Trennwand, verschob die Atome und Moleküle. Mit der Macht drückte Lir ein wenig gegen die Wand und das Material zerbrach in tausend Stücke. Der Vizekönig schrie entsetzt auf, als Lir nun auf seiner Seite des Raums war. Seine Leibwache aus Kampfdroiden hob die Blastergewehre, doch wieder hinderte Lir sie am Feuern, indem er ihre Fingergelenke festhielt und gleichzeitig den Leuchtstab hochhielt. Sollte der Vizekönig ruhig glauben, es sei irgendein hochtechnisches Gerät. "Bitte, tut mir nichts", jammerte Vizekönig Kash und Lir steckte die Ryyk-Klinge und den Leuchtstab weg, ehe er dem Vizekönig wieder auf die Beine half und ihm etwas Staub vom Gewand wischte. "Sind Sie von meinen Fähigkeiten überzeugt, Hoheit?", fragte Lir freundlich. Und als der Neimoidianer eifrig nickte, grinste er zufrieden.
"Also ist unsere Zusammenarbeit besiegelt?", fragte Lir noch einmal, als er mit dem Vizekönig inzwischen in einer piekfeinen, dekorierten Lounge saß und gemeinsam mit dem Neimoidianer leckeres Obst und teueren Wein genoss. Vor eventuellen Giften fürchtete sich Lir nicht. Dank der Macht konnte er selbst die gefährlichsten Gifte neutralisieren. Der Neimoidianer nickte. "Ihr und Salin Tzett habt unsere Unterstützung. Wir werden noch ein paar Handelsverträge ausarbeiten, später. Wenn es erforderlich ist, bekommt ihr finanzielle oder militärische Mittel von uns zur Verfügung gestellt." Lir hörte ihm gut zu und nickte. "Der Handel und die Routen dürfte ein guter Ausgleich sein", meinte Lir und nippte an seinem Weinglas. "Und noch dazu könnt Ihr meine Dienste in Anspruch nehmen. Für den lächerlichen Preis von 30.000 Kredits." Doch dann schwand Lirs Lächeln und er sah den Vizekönig ernst an. "Ich hoffe, wir können uns aufeinander verlassen. Es wäre bedauerlich, wenn unsere Vereinbahrung ein Ende finden würde." Lir gab dem Vizekönig zu verstehen, dass er keine Fehler machen durfte. Neimoidianer waren gierig und verräterisch. Doch wenn die Handelsföderation ihn und Salin Tzett betrog, dann würde Lir den Vizekönig finden. Und dann würde er ihm seine wahren Fähigkeiten zeigen. "Natürlich können wir uns aufeinander verlassen", antwortete Vizekönig Kash hastig. "Das ist der Beginn einer wunderbaren Partnerschaft." Lir nickte und reichte dem Vizekönig den Datenstick mit den Hyperraumrouten. "So sehe ich das auch", entgegnete Lir und leerte sein Weinglas. "Und keine Sorge: Wenn die Route nicht mehr exklusiv wäre, würde sie ihren Wert verlieren. Salin Tzett und ich würden niemals riskieren, die Partnerschaft mit der Handelsföderation aufs Spiel zu setzen." Der Vizekönig lachte zufrieden. "Gut, gut. Sagt mir noch bitte, Talmont..." Er beugte sich zu Lir. "Woher habt Ihr eigentlich euer merkwürdiges Gerät und euer enormes Können?" Lir lächelte. "Berufsgeheimnis", meinte er leise. "Mein Gerät ist einzigartig. Und mein Können wohl auch." Sie grinsten sich an, als plötzlich ein Diener des Vizekönigs in die Lounge kam und Kash etwas ins Ohr flüsterte. Lir machte sich nicht die Mühe, zuzuhören. Er sah sich in der Lounge um. Sie war reich verziert und luxuriös ausgestattet. Die Liegen waren mit Samt überzogen. So war es also, frei zu sein. Lir genoss die Erfahrungen, die er in den letzten beiden Monaten seit seinem Entkommen von Kashyyyk gemacht hatte. Er konnte machen, was er wollte. Er war frei. Doch gleichzeitig vermisste er seine Freunde und seinen Bruder. Sollte er vielleicht doch versuchen, eines Tages zu den Jedi zurück zu kehren? Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als der Vizekönig ihn ansprach: "Sagt mir, Talmont. Seid Ihr bereit für eine kleine Mission? Um unsere Zusammenarbeit zu unterstützen?" Lir nickte. Er hatte Zeit und sein Auftrag hier war erledigt. "Gerne, vorausgesetzt, die Bezahlung findet im Voraus statt. Worum geht es?" Der Vizekönig grinste verschlagen. "Bacta ist die Wundermedizin schlechthin, nicht wahr? Die blaue Flüssigkeit heilt so gut wie jede Verletzung. Gegen Bacta ist die Kolto-Salbe von uns nur halb so gut." Der König lachte und seine roten Augen funkelten. "Doch jetzt nicht mehr. Ein paar Geschäftspartner der Handelsföderation haben die Herstellungsanlangen von Bacta auf Thyferra sabotiert. Bacta wird knapp und unser Verkauf von Kolto wird in enorme Höhen steigen. Doch fürchte ich, dass man der Handelsföderation auf die Schliche kommen könnte." Kash reichte Lir einen Datenblock mit mehreren Daten zu verschiedenen Personen. "Das sind die Söldner, die den Auftrag erledigt haben. Tötet Sie. Die Spuren sollen nicht mehr zur Handelsföderation führen." Lir steckte den Datenblock ein und stand von seiner Liege auf. "In Ordnung. Die paar Herrschaften sind kein Problem. Ich melde mich." Lir verließ die Lounge und ließ sich zu seinem Schiff bringen. Er hatte auf Thyferra etwas zu erledigen.