Omega

Also der Teil hat mir wirklich gut gefallen, am besten fand ich - MICH! :D
So, nu im Ernst: Ich empfand den Kampf als nette Abwechslung, der im Nachhinein dann auch gut erklärt wurde. Kyles Auftauchen war cool und dann die Unterhaltung... Von wegen Auflösung der Squads, Versetzungen, eben so, wie man sich eine Unterhaltung zwischen hohen Offizieren irgendwie vorstellt. :)
Bewertung: 2+
 
7. Trespasser (7)

Erstmal Hi Ho ihr Lieben!

Nachdem Stöchiometrie Prüfung hinter mir liegt, bin ich ENDLICH mal wieder dazugekommen, etwas weiterzuschreiben. Hoffe, in der nächsten Zeit komme ich wieder regelmäßiger dazu, aber erstmal kommen die Kritiken fürs LQ und dann auch wieder ein G&E Teil... Ach ja... Und da soll noch einer sagen, dass wir Studenten keinen Stress haben :rolleyes:

Aber gut... kommen wir nun doch zu dem Teil selber. Wie ihr sicher schon gemerkt habt, ist dies nun schon Teil 7 des 7. Kapitels... welches noch etwas dauert... Wird ein wenig länger, dieser Abschnitt ^^" Ich persönlich freue mich schon ziemlich darauf, mich an die Arbeit für Kapitel 8 und 9 zu machen - Da es vorallem im 9 Kapitel wieder ziemlich zur Sache geht... Irre viel Ideen schwirren schon in meinen Kopf herum, die auf Umsetzung warten... Aber ich sehe schon, ich labere ein wenig zu viel herum... Viel Spaß einfach mit dem neuen Teil! :D

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Mit einem leisen und nur beschränkt wahrnehmbaren ‚Ping’ öffneten sich die Türen des Expressfahrstuhls und ein schwarzer Schatten schoss aus dem Innenraum des Beförderungsmittels nach draußen. Und stieß dabei fast mit einem der Büroangestellten zusammen, der mit einem riesigen Aktenberg auf den Armen dicht vor den metallischen Türen stand. Dieser konnte nur im letzten Moment ausweichen, verlagerte dabei allerdings sehr ungeschickt sein Gleichgewicht, woraufhin er reflexartig die Arme zum Ausgleich nach oben riss. Und durch diese Aktion nur Sekundenbruchteile später von einem dichten, weißen Papierregen eingenebelt wurde. Er Büroangestellte blickte wütend auf und sog schon Luft gierig in seine Lungen, um mit einem wütenden und vernichtenden Schrei des Protestes zu antworten, doch dann erfror er blitzartig in seinem Vorhaben. Die Farbe wich augenblicklich aus seinem Gesicht und das Kinn unter dem, immer noch zum Losbrüllen bereiten, halbgeöffneten Mund fing plötzlich leicht an zu zittern. Sein Blick hatte für einen infinitesimal kleinen Augenblick den des Colonels gekreuzt. Die schwarzen, zornigen Augen funkelten so böse und wild. Als würde man dem vierten Reiter höchstpersönlich in dessen Unheil bringenden Augen starren.
Doch Kyle reagierte nicht auf den zu Fall gebrachten Angestallten. Ohne ein Wort der Entschuldigung stürmte er einfach weiter zum anderen Ende des langen Korridors.
Vorbei an all den kleinen Büros und menschlichen Angestellten, die eifrig wie Ameisen durch die engen Gänge der Etage huschten und ihre alltägliche Arbeit erfüllten. Tatsächlich erinnerten die Obergeschoße des Hauptkomplexes vielmehr an Verwaltungsbüros großer Firmen, als an die Verwaltung einer Organisation, die ursprünglich aus dem Militär entstanden war. Und das war natürlich genauso beabsichtigt. Offiziell hatten auch mehrere Firmen in dem gewaltigen Wolkenkratzer im Herzen von L.A. ihren Hauptsitz. Rykov legte großen Wert auf die Geheimhaltung. Deswegen trugen die Angestellten der oberirdischen Levels auch zivile Kleidung – auch wenn diese in der Organisation eher verpönt war.
Kyle stach dadurch natürlich extrem aus der Menschenmasse dieses Stockwerkes heraus. Teils, da er als einziger komplett in seiner schwarzen Uniform samt dazu passenden schwarzen Beret – allerdings ohne die schützende Sonnenbrille - gekleidet war, teils, da die ungeheure Wut in ihm fast schon die Luft um ihn herum zum Brennen brachte. Und dies konnten die Menschen natürlich spüren.
Kaum zwei Minuten später stieß der Colonel die Tür zu Janet Reeses Büro mit derartiger Kraft auf, dass die schwere Holztür laut und zitternd gegen die Wand knallte und dort auch eine unverkennbare Delle hinterließ. Die Sekretärin des Generals reagierte dementsprechend. Sie machte einen kleinen Satz in die Luft und sah mit Horror in den Augen nach vorne. Blanker Terror im Blick und im Verstand, der auch nicht im Moment verging, als sie den Eindringling, welcher schnurgerade zu der gegenüberliegenden Seite des Raumes, auf die Eingangstür zum Zimmer des Generals, hinstürmte, als Colonel Kyle Langley identifizierte.

„W-was…?! Colonel! Sie dürfen da jetzt nicht rein! Der General hat eine Besprech.-…“

Ms Reese hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als die Tür zur linken ihres Schreibtisches mit der gleichen Gewalt geöffnet wurde, als nur Sekunden zuvor die zu ihrer Rechten.
Mit großen und schnellen Schritten betrat Kyle das verdunkelte Büro des Befehlshabers. Rykov hatte ihn kaum zur Kenntnis genommen, da legte Kyle bereits los. Er würde keine Zeit verschwenden. Das hatte er sich geschworen. Sein war der erste Zug.

„Sir! Ich verlange eine Erklärung! Was zum Teufel sollen diese Befehle für die Elite…“

„LANGLEY!!! WAS ERLAUBEN SIE SICH?! SEHEN SIE NICHT, DAS ICH BESCHÄFTIGT BIN???“

Der alte Mann war nur Sekundenbruchteile, nachdem Kyle mit seinen Vorwürfen begann, aus seinem großen Ledersessel gesprungen und stütze sich nun mit beiden Armen auf der Tischplatte vor sich ab. Eine Ader schwellte langsam aber sicher an seinem Hals an. Erst zu diesem Zeitpunkt bemerkte Kyle, dass er nicht alleine im Raum mit dem General war. Eher zufällig streiften seine Blicke den kleineren Ledersessel rechts vor sich, in welchem ein kleiner, kahlköpfiger Mann saß. Er trug eine dicke Brille und einen weißen Laborkittel und klammerte in seinen Armen eine dicke, braune Aktenmappe fest. Schweiß stand auf seinem ausgezehrten Gesicht. Schweiß, der nicht seit gerade eben aus seinen Poren drang. Das spürte Kyle sofort. Doch der kleine Mann war nicht von Bedeutung. Der junge Offizier hatte größere Probleme. Rykov hatte ihn unterbrochen. Mit anderen Worten: Er hatte die Konversation schon verloren. Nun galt es an Schadensbegrenzung.

„Sir… Bei allem nötigen Respekt… Aber ich habe soeben diverse Befehle für die Mitglieder der Elite Squads erfahren… Wieso lösen sie die Hunter, Claw und Dagger Squad auf? Und wieso überhaupt diese Umstrukturierungen in den Einsatzteams? Die Konstellation der Teams hatte sich doch jahrelang bewährt, Sir? Warum auf einmal diese neuen Befehle?“

General Rykov schien sich ein wenig zu beruhigen und antwortete in einem leiseren, nichtsdestotrotz scharfen Ton.

„Korrekt, Colonel. Sie haben sich jahrelang bewährt… Aber in der Zukunft müssen sie sich neuen Herausforderungen und Pflichten stellen, für welche die momentane Zusammensetzung einfach nicht passend ist… Die Elite Squads sind trainierte Einheiten zur Auffindung und Neutralisierung potentiell gefährlicher und subversiver Superiors und Superior Bewegungen. Dafür wurden sie ausgebildet… Aber nicht für die Bekämpfung rein menschlicher Feinde…“

„Rein menschlicher Feinde…? Sir, wieso sollten sie auf einmal rein menschliche Feinde haben?“

„Reden wir nicht um den heißen Brei herum, Langley… Ich weis, dass sie von der Mission in Frankreich wissen und deshalb zu mir gekommen sind. Sie wollen doch nur erfahren, warum ich Captain Yamato mit einem Team über den Teich schicke… Also gut… Ich will es versuchen ihnen zu erklären… Omega hat bis jetzt nur das Militär und die Exekutive der Vereinigten Staaten in ihren Aufgaben unterstützt. Wir sind da eingesprungen, wo die staatlichen Ordnungshüter überfordert waren… Also wenn sie es mit Wesen wie ihnen zu tun hatten… Wir hatten einen gut funktionierenden Pakt mit der Regierung, die diese Aufgaben verifizierten und besiegelten. Im Gegenzug bekamen wir Rohstoffe und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Doch die Zeiten ändern sich. Politik ändert sich. Die momentane Regierung ist nicht mehr so freizügig mit ihren Ressourcen… Daher müssen wir uns für andere Mäzenen umsehen…“

„Die Franzosen?“

„Nein. Die Europäer. Und die Asiaten. In all diesen Ländern gibt es ähnliche Probleme wie in Amerika. Probleme mit Kriminalität, Terrorismus und Gewalt. Probleme, die wir lösen können…“

„…zu einem fixen Preis, oder? Ist es das, was aus Omega geworden ist? Eine Organisation von Söldnern?“

„Und was denken sie, wird aus Omega, wenn wir kein Geld mehr zur Verfügung haben? Keine Rohstoffe mehr? Wir haben ein Ziel zu erreichen. Wir haben einen Job zu erledigen, den nur wir erledigen können. Dafür sind auch Opfer notwendig. Und wenn es eines dieser Opfer ist, einige meiner besten Männer nach Europa zu schicken, um dort ein paar Terroristen hochgehen zu lassen, dann werde ich das akzeptieren… Unsere Mission ist es, die Erde wieder zu einem friedlichen und sicheren Platz zu machen. Dafür leben wir. Dafür sterben wir. Und dafür werden Captain Yamato und seine Männer nach Europa abkommandiert… Mein Entschluss steht fest, und sie haben keinen Einfluss mehr auf ihn… Denn sie sind nicht mehr für die Elite Squads zuständig. Das ist Colonel Leechs Aufgabe. Welcher mir in dieser Entscheidung voll und ganz zugestimmt hat. Ich hoffe, ihre Frage ist damit beantwortet.“

Langsam setzte sich der Befehlshaber wieder auf den bequemen Sessel, die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt und faltete die Hände. Er begann sich wieder auf sein anderes Gegenüber, den Mann im Labormantel zu konzentrieren. Kyle warf er nur mehr einen giftigen, kurzen Blick zu.

„Und jetzt wegtreten…“

Ja. Kyle hatte diese Konversation definitiv verloren. Vermutlich sogar in dem Moment, als er den Raum betreten hatte. Aber es hatte auch etwas Positives. Zumindest hatte er nun eine Erklärung. Eine Erklärung die plausibel erschien. Wenn auch nicht die Erklärung, die er sich wünschte. Aber sie war zumindest teilweise befriedigend.
Er hatte heute eine Niederlage erfahren. Aber es war eine informative Niederlage. Nun wusste er die Gründe für die fraglichen Entscheidungen des Generals. Warum die Teams, die er von der ersten Minute aufgezogen und trainiert hatte, plötzlich auseinander gerissen wurden. Es hatte nichts mit ihm zu tun. Es war keine späte Strafe für sein Verhalten in den letzten Monaten. Es war lediglich eine Entscheidung, die getroffen werden musste. Das begriff er. Und damit konnte er auch weiterleben.
Also salutierte er vor dem alten Soldaten, nickte dem kleinen Mann mit der großen Brille noch kurz zu und drehte sich um die eigene Achse. Mit gleichmäßigen Schritten bewegte er sich zu der Tür, welche sich aber schon Zentimeter, bevor er die Türschnalle erreicht hätte, langsam und vorsichtig öffnete. Ein kleiner Frauenkopf mit schulterlangen, feuerroten Locken, einer kleinen, modischen Brille auf der Nase und einem etwas nervösen Gesichtsausdruck lugte durch den entstandenen Türspalt und begann leise zu sprechen.

„Ähh… Sir… Ihr 13 Uhr Termin ist hier… Soll ich ihn hereinbitten?“

Doch noch bevor eine Antwort von seitens des Generals kam, verschwand der Kopf auch schon blitzschnell aus dem Türspalt, welcher sich einen Moment später weit genug verbreitete, um einem großen und muskulösen Mann den Zutritt zu gewähren.
Welcher mit einem derartigen Schwung den Raum betrat, dass er fast mit Kyle zusammenstieß. Nur wenige Zentimeter trennten die Beiden voneinander. Und Kyle hatte einige endlose Sekunden lang Zeit, sich das markante Gesicht des Dreizehn-Hundert Termins einzuprägen. Ein Gesicht, welches ihn einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Nicht, weil es besonders Angst einflössend war – obwohl dies bei einem kahlen Schädel mit einer gewaltigen Narbe, die quer über das gesamte Gesicht und das linke Glasauge verlief, durchaus verständlich gewesen wäre. Nein. Es war dieses unheimliche Gefühl der Vertrautheit. Kyle kannte diesen Mann. Er hatte sein Gesicht schon einmal gesehen. Vor etlichen Jahren. Und damals auch nur für einen kurzen Moment, aber dieser Moment hatte vollkommen ausgereicht, um das Bild dieses Mannes in seinen Verstand einzubrennen. Er hatte ihn schon einmal gesehen. In einer Zelle. Welche sich in Sektor 3 von Sub Level 5 befand. Im Todestrakt. Kyle sah soeben einem Toten ins Angesicht

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Und?
 
Zuletzt bearbeitet:
Juhu, es geht weiter! Und das gleich mit einem sehr schönen Teil, der eigentlich nur einen Schönheitsfehler hat: Kyle salutiert zweimal, dreht sich zweimal um und geht zweimal zur Tür :D
Naja, sonst aber, wie gesagt, gut. Vor allem die Atmosphäre hast du gut rübergebracht.
Bewertung: 2+
 
Re: 7. Trespasser (7)

jaaah! *freu* :lol2: omegatime :D
hui, was für eine begrüßung^^
aber werden wir etwas sachlicher: einige tippfehler und vergessene Kommas sind mir aufgefallen, aber die halten sich in grenzen. ansonsten muss auch ich sagen, dass die atmosphäre, besonders bei dem gespräch zwischen Rykov und Kyle, unglaublich rübergekommen ist. lag zum teil vielleicht auch daran, dass der general sich auch einigermaßen vernünftig ausgedrückt und nicht so umgangssprachlich dahergeredet hat^^

und ich persönlich habe beim lesen sogar noch was gelernt :rolleyes:
Original geschrieben von MajinKay
für einen infinitesimal kleinen Augenblick
schönes wort. kannte ich vorher noch gar nicht :D
danke, canola^^
 
Super Teil!!

Na zumindest hat Kyle nun eine plausieble Erklährung für die Versetzung seiner alten Elite Teams nach Europa erhalten, auch wenn er es nicht verhindern kann, obwohl dies eigentlich ja schon vornherein klar war.
Und da sieht mans mal wieder, Geld regiert die Welt, selbst Omega wird im Grunde vom Gelde gesteuert.

Und was war das da für ein Toter den Kyle da zum Schluss gesehen hat? Na da scheinen sich ja noch irgendwelche Verschwörungen bei Omega zu verbergen.
 
(In Hoffnung, das Yamato bzw. Sendrik noch postet oder so ^^"]

@lynx: Uuuuaaaahhhh.... Ich wusste es! Als ich heute vor dem Posten den letzten Absatz noch etwas abgeändert habe, war ja schon klar, dass ich etwas vergesse! :bawling: narf!

@canola: Ja... Physik schult fürs Leben -.-" Klingt zwar komisch, ist aber so ^^°

@Jumper: Jepp eine Erklärung hat er - aber mal ehrlich... Ist sie zufriedenstellend? :devil (sic!)

So... jetzt noch auf einen anderen Post warten, und dann gehts auch schon weiter ^^
 
Wenn du dann weiterpostest , HIER BIN ICH^^


Ok sind wir mal ernst :dodgy:

Eigentlich wurde schon alles gesagt:
Teil wie immer gut, besonderes Schmankerl , wie du die Atmosphäre rübergebracht hast.
Achja richtig geile Erklärung^^ würde mich als Kyle auch enorm zufriden stellen

:rolleyes:

Dann mach mal mal weiter oder um es in deinen Worten zu sagen:
Lets get ready to rumble^^
 
ahh , ein neuer teil ..
ist natürlich wieder wunderbar gelungen ... bin mal gespannt für was der "3-uhr termin" gut ist ......
und wo ist die kleine cassandra abgeblieben ?
 
7. Trespasser (8)

Yepp, dann kann es ja wieder weitergehen ^^

Zum Teil selbst kann ich nicht sonderlich viel sagen, außer, dass er die Story etwas vorantreibt und das er kein zweites Mal von mir durchgelesen wurde... aber ich hoffe dennoch, dass er nicht zu schlecht geworden ist :rolleyes: So... jetzt aber mal schnell zum Teil und in den nächsten tagen gibts wieder was von G&E zu lesen... aber erstmal zu Omega :)

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„Sag mir endlich, was zur Hölle hier los ist!“

Der junge Soldat schlug fest mit seiner Faust zu. Mit einem dumpfen Knall und dem darauf folgenden Knistern von leichten elektrischen Entladungen prallte diese auch die unsichtbare Barriere des Kraftfeldes auf. Welches durch die Berührung auch wieder sichtbar wurde. Fein strukturierte bläuliche Lichtkanälchen gingen von der Auftreffstelle aus, verliefen ein alle Richtungen und wurden mit der Entfernung immer feiner und blasser. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als hätte Kyle in die Mitte eines großen Schneekristalls geschlagen, welcher aber nur wenige Sekundenbruchteile später verschwand, als der Colonel seine Faust wieder von der Lichtbarriere entfernte. Damit endete auch das ansehnliche Lichtspiel, von dem Jax allerdings nur sehr wenig mitbekommen hatte.
Denn dieser begnügte sich weiterhin damit, regungslos und geistesabwesend, auf seiner Pritsche liegend, in das Dunkel der Zimmerdecke zu starren. Die Hände dabei hinter dem Kopf verschränkt und die Augen weit offen. Der Jamaikaner schaffte es wirklich den Eindruck zu erwecken, dass für ihn der Soldat gar nicht existierte. Oder zumindest, nicht direkt neben ihm stand und schon seit etwa zehn Minuten auf ihn einredete. Jax ignorierte ihn wirklich perfekt. Kein Wunder also, dass Kyle langsam die Beherrschung verlor.

„Verdammt noch mal! Ich will endlich Antworten! Was hat dir Rhodestone gesagt?! WAS HAT ER GESAGT?!“

Wütend schlug er erneut gegen das Energiefeld, welches auf erwarteter Weise mit einem kurzen blauen Lichtblitz und elektrischen Entladungen reagierte. Kyle hatte langsam wirklich genug. Es war spät in der Nacht. Seit über 10 Stunden war er nun schon auf der Suche nach einer Erklärung. Einer Erklärung für den ‚13 Uhr Termin’.
Er hatte seinen Augen kaum getraut. Der Mann, welchen er im Büro des Generals gesehen hatte, durfte einfach nicht mehr leben. Es konnte nicht sein. Und doch hatte er ihn mit seinen eigenen Augen gesehen. War nur Zentimeter neben ihm gestanden. Aber dennoch gab es Zweifel. Zweifel an seiner Erinnerung. Zweifel, die er in den letzten Stunden endgültig beseitigt hatte. In den Stunden, in welchen er wie ein Besessener vor dem Terminal in seinem eigenen Büro gesessen war, und die Omega-Akten durchforstet hatte. Auf der Suche nach einem Bild. Nach einem Gesicht. Und schließlich war er fündig geworden. Und nun gab es wieder Zweifel. Mehr noch, als je zuvor. Zweifel an allem, was er sein ganzes Leben lang für ‚normal’ gehalten hatte. Zweifel an den Entscheidungen des Generals. Zweifel am General. Dringender denn je musste er die Antworten finden. Und wieder gab es nur eine Person, die ihm diese geben könnte. Wieder war es Jax und wieder zeigte sich dieser nur wenig kooperativ. Aber die Galgenfrist des Terroristen war schon fast abgelaufen. Wenn er ihm jetzt nicht die Antworten geben könnte, wann dann? Vermutlich nie. Und das konnte er nicht zulassen. Vielleicht entschloss sich Kyle aus diesem Grund der Verzweiflung dazu, endlich mit offenen Karten zu spielen.

„Grigori Micric… sagt dir der Name was?“

Offenbar tat er das. Jax reagierte. Deutlich sichtbar für Kyle erweiterten sich seine Pupillen und auch sein Mund öffnete sich für einen kurzen Moment. Doch dann besann sich der eiskalte Mörder wieder. Er atmete tief durch und drehte seinen Kopf leicht in Kyles Richtung. Man konnte ihm die Verwunderung gut ansehen.

„Du redest von Stalker?“

„Ja… das war sein Codename. Und ist es vielleicht immer noch. Ich habe ihn heute Nachmittag hier im Hauptquartier gesehen. Obwohl das doch eigentlich unmöglich sein dürfte… Grigori ‚Stalker’ Micric starb vor mehr als zehn Jahren durch eine tödliche Injektion… Hier… Im Omega HQ. Ich habe ihn kurz vor seiner Exekution gesehen. Wie er in seiner Zelle saß und gelassen auf den Tod wartete… Ich habe ihn nur für einen kurzen Moment gesehen, aber diese Kälte werde ich nie vergessen… Und heute Nachmittag hatte er einen Termin mit meinem Vorgesetzten. Ich war mir zunächst nicht sicher, aber nachdem ich seine Akte gefunden hatte… Er war es… Eindeutig… Was soll das, Django? Was geht hier vor? Warum rennen Verbrecher, die wir vor Jahren unschädlich gemacht haben auf einmal wieder lebendig durch diese Hallen? Rhodestone wusste doch etwas davon… Sonst wäre er nie das Risiko eingegangen, sich mit dir einzulassen. Was wusste er? Wie passt er da hinein?“

Ein breites Grinsen bildete sich auf dem Gesicht des Farbigen. Mit einer eleganten und schwungvollen Bewegung richtete er sich im Bett wieder auf und setzte sich auf das Fußende der Pritsche. So konnte er Kyle direkt in seine schwarzen Augen blicken. Das breite, diabolische Grinsen wurde immer mehr zu einem schiefen, süffisanten Lächeln. Nach einigen Momenten, in denen er seinen Triumph voll und ganz auskostete, antwortete er schließlich.

„Und sonst? Ist dir nur Stalker aufgefallen? Gibt es sonst nichts Ungewöhnliches?“

Kyle verstand den Sinn dieser Frage nicht ganz. Aber dennoch wollte er nun keinen Rückzieher mehr machen. Nun, nachdem Jax offenbar endlich zu einem konstruktiven Gespräch bereit war.

„Vielleicht. Ich wurde meinen früheren Pflichten entbunden… Und alle Vertrauten, die ich hier in der Organisation habe werden plötzlich in anderen Teilen der Welt stationiert… Der General hat zwar eine logische Erklärung dafür, aber…“

„… Du kaufst sie ihm nicht ab.“

„So ist es. Es gäbe genügend andere qualifizierte Personen, die er ebenfalls mit den Aufgaben betreuen könnte… Auch wenn es taktisch sinnvoll wäre, die Besten damit zu betrauen… Es passt einfach nicht. Ich fühle einfach, dass es nicht stimmt. Seit Rhodestones Tod habe ich das Gefühl, dass mich der General auf Distanz halten und zugleich ganz genau im Auge behalten will…“

„Natürlich will er das.“

„Was meinst du damit?“

Jax holte tief Luft und stand langsam von dem Feldbett auf. Sein Gesicht war nun wieder so ernst wie eh und je. Keine Spuren mehr von Überheblichkeit, Hohn oder Verachtung. Jax meinte es todernst.

„Ich meine, dass dich dein kleiner, lieber General-Typ ganz bewusst genauer beobachtet… Du warst Rhodestones engster Vertrauter. Damit bist du schon von Haus aus verdächtig… Und wenn euer Obermotz eines sicher nicht brauchen kann, dann einen zweiten Moralapostel und Schnüffler wie Rhodestone… Ganz sicher nicht…“

„Rhodestone hat also etwas herausgefunden… Nur was?“

„Etwas scheiß Gefährliches. Immerhin waren sie hinter ihm her.“

„… SL 6? Hat es etwas mit SL 6 zu tun?“

„Möglicherweise… Ziemlich sicher sogar…“

„Was ist SL 6 überhaupt? Erklär es mir…“

„Erklär du es mir… Erklär du mir, warum ich am Tag meiner ‚Festnahme’ innerhalb zwei Stunden in zwei komplett verschieden OPs aufgewacht bin. Erklär du mir, warum ich das erste Mal in einem dunkeln Raum mit einigen schwarz gekleideten Heinis aufgewacht bin, die gerade etwas an mir herumgeschnipselt haben und die alle ziemlich panisch geworden sin, als sie mitbekommen haben, dass ich wach bin… Und warum ich etwas später in diesem hellen OP aufgewacht bin. Mit höllischen Kopfschmerzen… Und ner stink Wut im Bauch, ganz nebenbei… Kannst du mir das erklären? Ich schätz mal, es hat was mit diesem abgefahrenen SL 6 – Labor-oder-was-auch-immer-Komplex zu tun, welcher gleich hier mal in der Nähe is…“

Nun war Kyle wirklich sprachlos. Zahlreiche Bilder huschten vor seinem inneren Auge vorbei. Bilder von dem Zusammentreffen im Korridor der Krankenstation. Von Jax mit einem blutigen Kopfverband. Dann die Bilder eines traurigen Rhodestones, der sich in die Fluten der Styx stürzte, nur um der Gefangennahme durch Leech zu entgehen. Bilder der letzten E-Mail an Kyle. Und wieder Stalker. Seine Akte. Mit dem Foto. Und dem kleinen Videomitschnitt seiner Exekution. Auf dem man ihn sterben sah. Schließlich formten sich die verschwommenen Erinnerungsfetzen wieder zu einem klaren, scharfen Bild. Dem des Terroristen vor ihm.

„Das kann doch alles nicht wahr sein… Was… was soll ich jetzt tun?“

„Wie wärs damit, Kleiner: Wirf nen Blick in SL 6 und überzeuge dich selbst davon… Wie wär der Vorschlag, huh?“

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Null Uhr. Mitternacht. Der schmale Sekundenzeiger der Analogen Omega – Dienstuhr hatte soeben die magische Datumsgrenze überschritten. Nun war es Freitag, der 12. Mai 2147. Und seit mehr als 2 Stunden saß sie nun schon hier am Boden vor Kyles Zimmer und wartete auf ihn. In ihrer linken Hand war noch der Umschlag mit der Schreckensnachricht, die sie eigentlich dazu veranlasste, zu dieser späten Stunde noch auf Kyle zu warten. Sie musste einfach mit ihm reden. Aber langsam konnte sie ihre Augen fast nicht mehr offen halten. Sie hatte schon lange keinen Schlaf mehr gefunden und in Anbetracht der Tatsache, dass sie in sechs Stunden wieder auf den Beinen sein musste für einen neuen Dienst, würde ihr Schlaf sicher ganz gut tun. Aber dennoch konnte sie nicht so einfach schlafen gehen. Unbedingt wollte sie noch einmal mit Kyle über diesen Umschlag und den darin erhaltenen Befehl sprechen. Es war sehr dringend. Jetzt, wo sie nur mehr so wenig Zeit hatten. Sie musste ihn wieder sehen. Ein letztes Mal. Vor ihrer Abreise nach Japan.

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Ah ja... Gibts schon Vorschläge, warum das Kapitel den Namen "Trespasser" trägt? :D
 
Zuletzt bearbeitet:
ups ... so langsam scheint kyles musterbild von omega richtig ins schwanken zu kommen. aber er hat dahinter ja von anfang an etwas viel edleres gesehen, als es eigentlich ist, oder?
jedenfalls ist das da ganz schön ... mysteriös ... SL 6 ... hmm ...
und mal so was formales: war alles wieder super geschrieben, ein, zwei Tippfehler, aber mehr auch nicht^^
und der letzte abschnitt hat sich doch auf cassandra bezogen, nicht? japan ... will man sie etwa auch weg von kyle bekommen? :confused2
irgendwie habe ich das gefühl, dass es immer mehr fragen zu beantworten gibt ...

und trespasser? vielleicht ist es kyle? nee ... jax? argh! vielleicht sollten andere das denken übernehmen ... :goof: :rolleyes:
danke, canola :)
 
Super Teil!!

Ein lebender Toter, geheime Operationen, Verschwörungen gegen Kyle und alles hat scheinbar irgendwie mit SL 6 zu tun.
Und sogar Jax beginnt nun mit Kyle zu reden, dann wird es wohl nun mal wirklich Zeit SL 6 einen kleinen Besuch abzustatten, aber vielleicht sollte er vorher noch zu seinem Zimmer gehen, um sich von Cassandra zu verabschieden.

Mann, Kyle wird ja wirklich von all seinen alten Kollegen und Freunden isoliert, er bleibt als einziger zurück in den USA. Naja, vielleicht will er ja Omega auch verlassen wenn er weiß was in SL 6 ist, man kann nicht wissen was sich dort alles befindet.
 
Wieder mal ein absolut gelungener Teil!!!

Ok gehen wir zum begriff trespasser über:
Ein Trespasser ist ein Rechtsverletzter , jemand der ein unbefugetr Eindringling ist.

Nun lässt sich spekulieren , wer das wohl in diesem Kapitel sein wird. Vllt. Kyle wenn er sich ohne Erlaubnis in SL6 begibt?????
Oder der Totgeglaubte , denn man könnte auch interpretieren , da er ja eigentlich tod hätte sein müssen , sei er auch ein unbefugter Eindringling.

Ich persönlich tendiere zu Kyle
 
Der Teil war schon sehr gut, allerdings fand ich es etwas komisch, dass Jax so bereitwillig auspackt. Ich hätte eher erwartet, dass er versucht, seine Infos gegen irgendetwas zu tauschen. So nach dem Motto: "Ich sag dir, was ich weiß, und wenn du herausfindest, dass Omega wirklich nicht so nett ist, wie es tut, dann lässt du mich frei" oder so...
Außerdem waren ein paar kleinere Fehler drin (einmal ein vergessenes Wort und dann zwei Fragen, nach denen Ausrufezeichen standen: "Was hat dir Rhodestone gesagt! WAS HAT ER GESAGT!")
Bewertung: 2-
 
na da bin ich ja mal gespannt was uns in sl6 erwartet !
vielleicht versuchen sie irgendwas zu entwickeln womit sie gewöhnliche menschen in superiors verwandeln können *spekulier* .. naja , eher unwahrscheinlich ;)
guter teil...
 
7. Trespasser (9)

So... Nach den Strapazen der letzten Wochen gehts auch endlich weiter... :)
Zuvor aber noch ein paar persönliche Anmerkungen von mir.
Zum Einen: Dieser Teil hat mich ziemlich lang ziemlich ausgiebig beschäftigt. Eigentlich hatte ich bereits über die Häfte fertig, merkte dann aber, dass einige Dinge einfach noch nicht zueinander passten. Also beschloss ich erstmal einen kleinen Füllteil einzuschieben, der alles etwas klarer machen sollte... Nun... aus dem "kleinen" Füllteil sind folgende ~ 3 Din A4 Seiten geworden... :dodgy:
Sie bringen zwar die Story nicht so super toll voran, aber dennoch hoffe ich mal, sie sind einigermaßen unterhaltsam.

Ach ja... nochwas

@Canola, Yamato: Ahh... Da kommen wir der Sache schon näher ^^

@Jumper: Thx für das Lob.

@Lynx: Um genau zu sein, fehlen da eher zwei Fragezeichen... Es sind rerufene Fragen ^^" Zu der ersten Amerkung sag ich hingegen erstmal gar nichts (wartet ab ^^)

@Sendrik: Ebenfalls abwarten... Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Antwort :D

So, aber jetzt wirklich weiter :)

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Er starrte nun schon seit geschlagenen fünfzehn Minuten auf die schwach beleuchtete, graue Zimmerdecke. In dieser Zeit hatte er nicht einmal geblinzelt und nun spürte er langsam, wie seine Augen zu schmerzen begannen. Es war ein pochender und stechender, immer intensiver werdender Schmerz, als ob man ihm glühende Nadelspitzen durch die Augäpfel jagen würde. Und obwohl die Pein immer größer wurde, so strebte Kyle mit aller Willenskraft danach, ihr nicht nachzugeben. Denn sie brachte eine positive Begleiterscheinung mit: Sie half ihm, seine Gedanken zu fixieren. Und das hatte er bitter nötig. Dringender als alles andere musste er endlich ein Wenig Ruhe und Ordnung in die tobenden Böen seines Verstandes bringen, die ihn wie ein hilfloses Papierschiffchen im brausenden Taifun seiner Emotionen immer und immer wieder nieder peitschten. Er war aufgewühlt. Und das zu Recht.
In den letzten 24 Stunden hatte er Dinge erfahren, Dinge gesehen, die unmöglich wahr sein konnten. Und dennoch erschienen sie ihm als wahr. Und als die Antworten auf all die Fragen, nach denen er seit Rhodestones Tod so vehement suchte. Für die er so viel riskiert hatte. Er hatte sich in seinem eigenen Quartier ein Terminal einrichten lassen, welches nicht mehr auf Stimmenbefehle reagierte, sondern nur mehr auf Tastatureingabe. Dadurch konnte er all die lästigen und verräterischen Sicherheits-Logs umgehen, welche die Stimmenkommandos mit sich brachten. Und die seine Nachforschungen hätten auffliegen lassen können. Nachforschungen, zu denen er niemals berechtigt gewesen war. Nachforschungen über Rhodestone.
Und seine wöchentlichen Besuche bei dem Jamaikaner. Natürlich stand ihm als Offizier das Recht zu, im Gefangenentrakt nach Belieben ein- und auszugehen. Aber dennoch hatte es bestimmt Misstrauen geweckt. Vor der Sache mit Rhodestone war er ein seltener Gast in Sub Level 5 gewesen.
Das alles nur für die Wahrheit.
Und was hatte es ihm eingebracht?
Er war schon lange nicht mehr der Leiter der Einsatzkommandos, und hatte somit den Job verloren, für den er sprichwörtlich geboren wurde. Dann nahm man ihn seine Squads. Er hatte alle Mitglieder der drei Elite Squads persönlich trainiert und unzählige Missionen mit ihnen gemeinsam durch gestanden. Kyle war äußerst vorsichtig mit dem Wort, aber sie waren mehr als nur seine Vertraute: Sie waren seine Freunde. Sofern er jemals welche hatte. Als Gegenzug dafür bekam er Informationen von einem kaltblütigen Mörder aufgetischt, die er nicht glauben konnte. Nicht glauben wollte. Und nun auch noch Cassandra. Der Colonel wusste nicht genau, wie er das Gefühl am besten beschreiben sollte, das er tief im Inneren empfand, als er sich an ihren Gesichtsausdruck erinnerte. Den Ausdruck, den er erst vor nicht ganz einer Stunde in ihrem Gesicht entdeckte. Als sie es ihm mitgeteilt hatte. Vermutlich war es Trauer, die er empfand, vermischt mit Wut und zugleich Hilflosigkeit. Trauer über den Abschied. Wut über die Entscheidung. Hilflosigkeit. Doch er spürte ganz genau, dass ganz tief, hinter all diesen Emotionen, noch etwas anderes war. Etwas weitaus Schlimmeres.
Leere.
Rhodestone und Cassandra waren die einzigen Lebewesen in seinem Leben, für die er mehr als nur Sympathie empfand. Rhodestone war sein Vater gewesen. Nicht biologisch gesehen - vielmehr auf einer geistigen und emotionalen Ebene, aber dennoch: Er war sein Vater. Und Cassandra? Wenn Kyle überhaupt in der Lage war, so etwas wie ‚Liebe’ zu empfinden, dann musste es das Gefühl sein, wenn er in Cassandras blaue Augen sah. Das leichte Kribbeln in seinem Magen, wenn sie sich in einem Raum mit ihm befand. Und die friedliche Wärme, die seinen Körper durchströmte, wenn sich ihr Bild vor seinem inneren Auge bildete. Cassandra war alles, was er jetzt noch hatte. Und er würde alles verlieren, wenn er noch einen Tag länger im Zweifel leben würde. In diesem Dämmerungszustand der Ungewissheit. In der Unsicherheit über den nächsten Schritt. Nein, das konnte er nicht zulassen. Noch heute Nacht würde er die Wahrheit finden. Nicht nur für sich. Vielmehr für Cassandra.
Mit diesem Gedanken sprang er vom Bett und eilte zu seinem Kleiderschrank.

*

Wie ein mächtiges Mahnmal aus geronnener Schwärze und Finsternis ragte das Omega HQ über die Dächer von Los Angeles. Ein mächtiges Gebäude, das in der Nacht noch viel größer und bedrohlicher erschien, als es in Wirklichkeit war. Wie ein stählerner Gigant, ein schwarzer Sentinel wachte es über die schlafende Stadt, die in ihrer Vergangenheit schon so viel durchmachen musste. Krieg. Hungersnot. Krankheit. Tod. Keiner der vier biblischen Reiter zog spurlos an dieser Stadt vorüber. Sie alle hinterließen ihre Spuren. In den Straßen. Den Gebäuden der Stadt. Und auch in ihrer Seele. Den Bewohnern. Doch alles änderte sich, als der schwarze Koloss, wie der sagenumwobene Phönix, aus der Asche des Krieges und des Todes auferstand und seinen schützenden Schatten über die Stadt warf. Unter der unsichtbaren Macht des stählernen Riesen erblühte die Stadt der Engel wieder zu neuem Glanz. So wie die Menschen in ihr. Obwohl sie nicht wussten, was der Titan wirklich darstellte, so erkannten sie die positiven Veränderungen, die seit seiner Fertigstellung kamen. Der Wiederaufbau der Gebäude. Die weitgehende Verminderung der Strafdelikte. Das Gefühl der Sicherheit, das er spendete. Die Menschen erkannten, dass der Wolkenkratzer über sie wachte, wie ein himmlischer Cherubim.
Und er war es, der über den Wächter wachte.
Hoch oben, in der 69te Etage des Giganten. An seinem Fenster, durch welches er die gesamte Stadt überblicken konnte. General Ivan Rykov. Oberster Befehlshaber von Omega. Gründer der vermutlich stärksten Armee, die nicht in Diensten eines Staates stand. Kriegsveteran. Mensch. Er war das Auge des Sentinels. Der wahre Wächter über diese Stadt. Und er hatte nicht mehr viel Zeit. Zeit, um seinen Lebenstraum zu erfüllen, und das Ziel der letzten dreißig Jahre zu erreichen. Langsam und fast ein wenig traurig blickte der General in die blasse Spiegelung an der Fensterscheibe. Sie zeigte einen alten Mann. Mit leicht eingefallenen Wangen und fast schon kahlem Schädel. Dunklen Ringen unter den Augen und fast genauso dunklen Altersflecken auf der Stirn und den Wangen. Dreißig Jahre. Nur zwei Worte, aber eine lange Zeit seines Lebens. So lange hatte er auf diesen Tag gewartet. Und nun stand er so kurz vor der Erfüllung seines Lebensziels. Endlich. Und dennoch gab es immer noch einige ungelöste Variabeln. Die ihm alles zunichte machen könnten. Eine davon saß gerade in Sub Level 5, Sektor 3. Aber diese Variabel war die kleinste seiner Sorgen. Immerhin würde sie sich in weniger als 24 Stunden in Wohlgefallen auflösen. Aber es gab da noch die Anderen.

„General? Ist alles in Ordnung mit ihnen?“

Aus dem Dunkel seines Büros tauchte plötzlich eine zweite Gestalt in der Reflexion an der Fensterscheibe auf. Ein viel jüngeres Gesicht. Blond, blauäugig. Mit einem gefährlichen, eiskalten Blick, wie ein gieriges und unberechenbares Raubtier. Der es trotzdem irgendwie schaffte Besorgnis zu übermitteln. Rykov zweifelte keine Sekunde an diesen Gefühlen. Dazu kannte er die Person, die sich zeitgleich mit ihm in seinem Büro befand, einfach zu gut.

„Es ist nichts, Joseph… Ich bin lediglich froh, wenn der morgige Tag vorbei ist…“

Leech nickte nur zustimmend. Danach trat er ein paar Schritte näher, sodass sein ganzer Oberkörper nun in der Reflexion zu erkennen war.

„Ich verstehe. Sie müssen das ganze aber positiv sehen: Morgen ist es dann endlich vorüber…“

„Ist es das…?“

Mit einem schwungvollen Ruck drehte sich der General um die eigene Achse und fixierte noch in der Bewegung die Augen seines Gegenübers. Welcher überrascht und ein wenig erschrocken einen zaghaften Schritt nach hinten machte. Kaum verschwand die Überraschung aus dem Gesicht des Colonels, trat an ihre Stelle auch die Verwunderung über die letzte Aussage des Oberbefehlshabers.

„Sir…?“

„Hört sich das alles nicht zu gut an, um wahr zu sein, Joseph? Dass morgen mit der Exekution des Terroristen auch endlich Rhodestones letztes Geheimnis stirbt? Und dass damit alle Gefahren beseitigt wären? Dass wir sorgenfrei und ohne weitere Komplikationen unsere Arbeit zu Ende führen können…? Es klingt so wunderbar in meinen Ohren. Und zugleich auch so unwahr. Haben wir mit Jax wirklich unser letztes Problem beseitigt?“

Leech senkte seinen Blick gen Boden. Man konnte ihm wahrlich ansehen, wie er angestrengt über diese Frage nachdenken musste. Doch nur wenige Augenblicke später schnellte sein Kopf wieder in die Höhe. Und wieder war da dieser gierige und vor allem gefährliche Ausdruck.

„Langley.“

Der General sog nachdenklich sie Luft etwas schärfer ein, bevor er zur Antwort ansetzte.

„Ich weis es nicht. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Rhodestone hatte schier unendlichen Einfluss auf ihn, und dennoch… Er war uns immer loyal ergeben. Aber wir dürfen kein Risiko eingehen. Auch wenn ich die Entscheidung nur sehr ungern treffe…“

Rykov setzte seinen Körper langsam in Gang und machte einige Schritte zu seinen Schreibtisch. Seine Blicke streiften den eingeschalteten TFT Bildschirm, auf den momentan nur der Bildschirmschoner zu sehen war. Eine Digitaluhr. Die ihn nur unsanft an etwas erinnerte. Er seufzte noch einmal leise und drehte sich dann zu Leech.

„Wie auch immer. Wir werden weiter nach Plan vorgehen. Und nun kommen Sie, Joseph… Wir müssen unseren Freunden noch einen kleinen Besuch abstatten.“

*

Langsam und gründlich betrachtete er sich noch ein letztes Mal im großen Spiegel seines Quartiers. Die schwarze Standard Uniform war einem schwarzen Rollkragenpullover und einer dazupassenden, selbstverständlich ebenfalls schwarzen, Ärmellosen Jacke mit vielen aufgenähten Taschen – in denen sich mindestens gleich viele nützliche Gegenstände befanden – gewichen. Auch das schwarze Beret bedeckte nicht mehr seinen Kopf, stattdessen hatte er nun eine noch aufgewickelte Schimaske auf, die dadurch wie eine Haube aussah. Das einzige, was er nicht verändert hatte, waren seine Beinkleider: Die robuste schwarze Hose und die festen Schuhe. Und der Beinhalfter mit seiner Dienstwaffe auf dem rechten Oberschenkel. Ganz wohl fühlte er sich nicht dabei, sich bewaffnet auf den Weg zu machen, aber eine kleine Stimme in seinem Inneren riet ihn doch dazu. Denn wer wusste schon tatsächlich, was er in SL 6 vorfinden würde – sofern dieser Level überhaupt existierte? Doch dass würde er bald herausfinden. So oder so.
Kyle drehte sich nach rechts, schnappte sich den, zuvor sorgfältig gepackten, schwarzen Rucksack und ging schnellen Schrittes durch den Ausgang seines Quartiers.
Hinaus, auf der Suche nach der Wahrheit.
Auf der Suche nach SL 6.

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Meinungen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Teil war streckenweise wirklich hervorragend. Hervorzuheben sind da vor allem die filmreife Szene mit dem General, der sich im Fenster spiegelt, und die großartigen Beschreibungen von Kyles Gefühlswelt.
Nichtsdestotrotz muss ich auch ein bisschen herummosern: Du hast mal wieder einige Male die Vorvergangenheit dreist weggelassen! Außerdem gab es ein paar Rechtschreibfehler (z.B. am Ende "Und nun kommen sie" - da muss "Sie" großgeschrieben werden), die zwar nicht wirklich störten, aber irgendwie doch ein wenig den sonst so tadellosen Gesamteindruck beflecken.
Bewertung: 1-
 
Super Teil!!

Du beschreibst Kyles Gefühlswelt wirklich genial und die Szene mit dem mächtigen Mahnmal in LA und dem General ist auch echt hervorragend.

Der ganze Teil wirkt so ein bisschen mysteriös, weil man irgendwie nichts wirklich erfährt, nur das der General fast sein Lebensziel erreicht hat und nur Kyle ihm da noch im Weg ist, aber was sein Ziel ist, davon erfährt man nicht.

Und außerdem erfährt man immernoch nicht was nun in SL 6 ist, nur das sich Kyle nun auf die nach SL 6 macht und das auch noch in Kampfkleidung mit Skimaske. Er will wohl bei seiner Suche nicht erkannt werden. :D

Insgesamt wirkt der Teil wie die Ruhe vor dem Sturm.
 
Tadelloser Teil , ganz ehrlich!!!

Nur eben nicht so story-dienlich , aber trotzdem sehr angenehm zu lesen.

Und ich lag wohl richtig mit trespasser:D
 
grade an solchen teilen kann man wirklich die klasse eines autoren erkennen , denke ich.
war wirklich grandios *beifallklatscht*
bin mal gespannt was er in sl6 findet .....
 
ja, das war meiner meinung nach auch ein klasse teil^^ besonders gut hat mir die unterhaltung zwischen leech und rykov gefallen. so richtig schön geheimnisvoll, aber auch auf jeden fall nachvollziehbar, weil rykov sich scheinbar etwas schwer tut, kyle ... aus dem weg zu räumen ...
ja, und die sache mit der beschreibung des Omega-Hauptquartiers war auch super. so kann man's auch sehen ...^^
und nun bin ich gespannt, was kyle denn so in SL 6 finden wird ... oder ob er's überhaupt findet ... ? wird er erwischt? oder nicht? spannend, spannend ...
danke, canola :)
 
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