Prinz Rann von Kend'ariah

Ich würde den nächsten Mod, der hier vorbeikommt, bitten, diesen Müll *nach oben zeigt* zu löschen. Das ist echt nervig.

EDIT: Danke, Vash.

Und weiter gehts auch gleich:

Okay, stimmt... Den armen Göttern fehlt die Richtung. Sowieso, eigentlich hab ich gar keinen richtigen Bösewicht. Das mit Cal tut mir leid. Ihr verkennt ihn. So ein schlechter Kerl ist er nicht, aber er ist eben auch nur ein Sterblicher, und deshalb verhält er sich so. Ich hoffe, ihr hasst ihn jetzt nicht... er ist nur wahnsinnig eifersüchtig wegen Sheryls neuer alter Bekanntschaft...

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„ ‚Du’ bist das mutigste Mädchen das ich kenne“, sagte Rann mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. „Und egal, wer oder was du einst warst, nur Sheryl zählt. Du bist Klayre, nicht Klayre ist du.“
„Mutig?“ Sheryl lachte bitter auf. „Ich war so oft feige... bin vor meiner Verantwortung und meiner Pflicht geflohen... nein, mutig bin ich nicht. Vielleicht will ich das auch gar nicht. Mut ist oft nur das Werkzeug des Todes... Die dunkle Seite hat so viele versteckte Helfer... mal ist es Zorn, mal Ruhm, aber am Ende steht immer Verderben. Wie könnte ich in einer solchen Welt mutig sein? In einer Welt, die von uns geschaffen wurde, damit sie untergeht? Was für einen Wert hat Mut?“ Sheryl schluckte trocken. Sie hielt verzweifelt die Tränen zurück und verkniff es sich krampfhaft, sich in Ranns Arme zu werfen. Jetzt fehlte ihr ihre Schwester.
„Ich war mutig, als ich mich in Cal verliebte. Ich habe ihm mein Herz geöffnet, weil er für mich da war. Das war das einzige Mal, dass ich mich zu etwas durchgerungen habe, was mein Leben verändert hat. Und ich war stolz auf mich, weil ich etwas geschafft hatte, wovor ich schreckliche Angst gehabt hatte. Und nun... ist das alles zunichte gemacht. Mein Leben als Sheryl, als die Geliebte von Cal, hat keinen Wert mehr.“
Rann wusste nicht mehr, was er darauf erwidern sollte. denn in seinem tiefsten Innern fühlte er genauso...

Cal erzählt:
Ich bin erschreckt über mich selbst. Ich dachte immer, ich wäre einer der wenigen Männer auf dieser Welt, die über solchen kleinlichen Dingen wie Neid, Eifersucht oder Hass und Zorn stehen. Ich dachte, wir Elfen wären die perfekte Rasse, vom Göttervater begünstigt, damit wir uns durchsetzen. Und so verhielt ich mich. Als wäre ich etwas besseres als die Menschen da draußen, als die Menschen in Karnegies Gruppe oder auf diesem Schiff. Mit der Nase hoch erhoben. Die Ohren verschlossen vor dem Hass, der mir entgegenschlug, weil ich Elf war. Und ich dachte, die Menschen hassten mich, weil ich Elf bin. Dabei hassten sie mich, weil sie mich wie ein Elf verhielt...
Und jetzt ist der einzige Mensch, der mir je etwas über die Menschen und ihre Denkweise beigebracht hat, weg. Ich habe Sheryl wirklich geliebt. Ich meine, ich liebe sie immer noch. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich in ihr Cheniye sah oder nicht. Sie ist wie Cheniye, aber gleichzeitig auch nicht. Vielleicht gefiel sie mir anfangs wegen ihrer Art, sich zu bewegen und wegen ihrer Haare, die genau wie die von Cheniye aussahen. Aber jetzt ist das anders... und ich weiß zuwenig von den Menschen, um zu verstehen, warum sie jetzt so weit weg von mir ist. Was habe ich getan? Was habe ich ihr gesagt? Lieben Elfen und Menschen denn nicht auf die gleiche Weise? Ist ihre Liebe zu mir anders? Hat sie mich deshalb verlassen?
Ich kenne Sherry gut genug, um zu wissen, dass sie nie zu mir zurückkehren wird. In meinem tiefsten Innern wusste ich, dass es eines Tages so weit kommen würde. Sie war nie ganz bei mir. Ein Teil von ihr war immer weit weg, wartend auf jemanden... ich weiß nicht, ob es dieser Rann ist, auf den sie gewartet hat. Aber ich wollte ihr den Frieden geben, den sie so nötig brauchte... einfach nur Ruhe und Frieden. Ich wollte, dass sie sich in meinen Armen ausruhen kann, wenn sie erschöpft ist und dass sie an meiner Schulter weinen kann, wenn sie traurig ist... ich wollte ihr Zuhause sein...
Ohne dass ich es will, hasse ich Rann. Wer immer er sein mag und wo immer er herkommt. Er ist das, was ich für Sheryl nie bedeutete: Er ist der, dem sie vertraut. Das zumindest konnte ich spüren. Ich war schroffer zu ihm, als ich wollte. Aber es sieht so aus, als wären auch wir Elfen nur Sterbliche... auch wir machen Fehler und sagen Dinge, die wir später bereuen... und besonders ich... ich kann mich nicht mehr steuern. Ich denke und sage Dinge, die mir vorher nicht einmal in den Sinn gekommen wären. Ist es die Menschenwelt, die einen so verändert? Liegt es daran, dass ich nie ein ganzer Elf war? Bin ich so menschlich, weil ich nie in Sylldale war?

„Hör zu!“ Sheryl sprang ins Klüvernetz und schrie über den Fahrtwind hinweg. „Ich habe mich entschieden!“
Rann lächelte, als er sah, wie Sheryl die Arme ausbreitete und die kühle, frische Luft einsog. Es war fast dunkel. Die Lichter des Hafens von Kara’o schienen durch die Abenddämmerung hindurch und beleuchteten das Meer schwach.
„Ich werde Karnegie helfen, den König von Kend’ariah zu stürzen!“ Das Lächeln auf Ranns Gesicht verschwand schlagartig. „Dieser Tyrann hat es nicht verdient, zu herrschen. Wenn der König entthront ist, werde ich eine Demokratie einführen... und dann... dann will ich in den Orbis! Ich will endlich mit dem Gottvater reden! Ich muss wissen, was ich einst getan habe. Und ich will meine Identität zurück!“
Sheryl drehte sich strahlend zu Rann um, der noch auf dem Schiff am Bug stand.
Rann wandte sich ab. Er wusste, dass er seinem Pflegevater nichts schuldete. Nur der Königin hatte er sein Leben zu verdanken. Trotzdem... es war nicht einfach, ihn zu verraten. Sollte er sich wirklich der Revolution anschließen?
„Wenn... wenn ihr mir versprecht, dass dem König und seiner Familie ein Exil zugesprochen wird, dann schließe ich mich euch an, Sheryl!“, schrie er laut. Sie lachte sanft.
„Du kannst wohl auch nicht loslassen... ich bin mir sicher, Karnegie wird meinen Argumenten nichts entgegenbringen. Dein ‚Vater’ wird leben!“
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Hoffe, jetzt ist einiges klarer in bezug auf Cal.
 
Zuletzt bearbeitet:
also cals erzählung hat mir sehr gut gefallen. ich weiß auch nicht wieso, aber irgendwie fand ich die richtig gut^^. jetzt hast du ihn ja eigentlich wieder ein wenig herumgerissen, damit wir ihn wieder etwas mehr mögen ...
und endlich scheint es sowas wie ein ziel zu geben: den könig zu stürzen. und rann wil mitmachen? tja, das wird bestimmt noch was^^ bin mal gespannt, wie's weitergeht ;)
 
Der Teil war super!
Der philosophische Anfang hat mir am besten gefallen, aber auch Cals Gedanken waren sehr schön, ich kann ihn jetzt schon viel besser verstehen.
Das Ende war etwas schwächer, aber auch noch gut, ich rechnete nur ständig damit, dass Sheryl da hochspringt, die Arme ausbreitet und schreit: "Ich bin der König der Welt!" :D
Nur eins noch: "Du bist Klayre, nicht Klayre ist du" ist ein schöner Satz, nur grammatikalisch nicht. "Nicht Klayre ist du" klingt nämlich seltsam, "Du bist Klayre, Klayre nicht du" ginge oder einfach: "Du bist Klayre, nicht umgekehrt."
Bewertung: 1-
 
................. da bin ich sprachlos... schön, dass euch das mal wieder gefallen hat. Ich hatte einen ziemlichen Hänger drin, ich weiß *grummel* Hatte eine echt schlechte Zeit. Okay, ich habe meine Krise einigermaßen überwunden und hoffe, das ihr das auch merkt bzw. dass sich das bemerkbar macht.

@ stLynx: Der Satz mit Klayre gefiel mir einfach sio gut, deshalb hab ich ihn geschrieben.... ich weiß, dass jedem Deutschlehrer beim Lesen die Haare zu Berge stehen würden...
Und es freut mich, dass ihr mit Cal jeztzt besser klarkommt. Er ist eben auch nur ein armer Loser und verdient eher Mitgefühl.

Übrigens: Sheryl ist die Königin der Welt, also wäre auch das berechtigt. Titanic mochte ich aber nicht, also werde ich es auch nicht einbauen :D

Hier auch gleich der nächste Teil:

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Sheryl verstummte jäh. Ihre Augen weiteten sich ungläubig, als sie erkannte, was sich vor ihren Augen abspielte.
Flammen... die Flammen verschlangen alles, was sie je besessen hatte. Kara’o brannte. Und mit Kara’o brannten auch die letzten Hoffnungen des gemeinen Volkes. Das Feuer beleuchtete das Wasser und die schreckliche Szenerie, die sich den Augen der Schiffsbesatzung eröffnete.
Sheryl schlug die Hand vor den Mund und taumelte auf das Schiff zurück. Sie warf sich in Ranns Arme, unfähig, dem schrecklichen Schauspiel zuzusehen. Ranns Blick war wie gebannt auf die Stadt gerichtet. Einst weiß, war sie nun rot wie Blut.
„Wir werden nicht in Kara’o anlegen“, sagte eine sanfte Stimme hinter Rann und Sheryl. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer sprach.
„Wer sagt das, Cal?“, fragte sie bitter.
„Isha hat es angeordnet. Es ist viel zu gefährlich. Das Schiff könnte Feuer fangen“, antwortete der Elf traurig. „Glaubst du, es ist die Königliche Garde, die das angeordnet hat?“
„Wer sonst?“, flüsterte Sheryl. Das einzige, was geblieben war, um ihr Halt in dieser Welt zu geben, war hiermit zerstört. Sie versuchte nicht mehr, die Tränen zurückzuhalten, sondern weinte hemmungslos. Rann merkte, wie sein Wams feucht wurde. Er drückte Sheryl an sich. Aber eigentlich wünschte er sich, er könnte jetzt selbst in den Armen von jemandem liegen und sich trösten lassen. Obwohl er von der Idee, den König zu stürzen, nicht überzeugt war, tat es ihm weh, zu sehen, wie eine ganze Stadt starb und hunderte Zivilisten ihr Leben ließen. Er konnte ihre Schreie hören. Er hörte die Befehle der Soldaten und das Geklirre der Schwerter, dort, wo noch Rebellen lebten. Ob sie alle entdeckt worden waren? In anderen Städten?
„Wir müssen dort hin“, hörte er plötzlich Sheryls Stimme, und sie klang wieder fest und entschlossen. „Wir werden retten, was zu retten ist!“ Und mit diesen Worten löste sie sich aus Ranns Umklammerung. Ihr Gesicht war vom Weinen gerötet, aber die Tränen waren weggewischt.
„Wie willst du das machen, Sheryl?“, rief Cal entsetzt. „Du bist nicht die Heldin aus den alten Sagen! Du bist nur ein Mensch! Ein Mensch! Das kannst du nicht machen! Du bringst dich um!“
Sheryl lächelte kalt. „Dann pass mal auf.“
Mit diesen Worten trat sie ein paar Schritte zurück. Sie lief über das Deck bis zum Steuermann. Dort begann sie, zurück zum Bug zu laufen. Sie wurde immer schneller und schneller, näherte sich dem Bug mit wahnsinniger Geschwindigkeit. Rann und Cal wichen zurück. Und dann sprang Sheryl.
Nach einer halben Ewigkeit setzte sie auf dem Kai der Stadt auf, der noch mindestens eine Meile entfernt war. Nur Cal und Rann konnten sehen, wie sie landete. Alle anderen hatten zu schlechte Augen.
Rann lachte erleichtert auf, während Cal nur ungläubig starrte. Auch der junge Mann nahm Anlauf. Ein unglaubliches Gefühl bemächtigte sich seiner, als Rann abhob und über das schwarze Meer sprang. Der harte Aufprall ließ jedes Hochgefühl jäh verschwinden. Ranns Beine fühlten sich an wie Gummi, als er auf die Holzplanken schlug. Der Schmerz ließ jedoch schnell nach und machte einem tauben Pochen Platz. So schnell er konnte, rappelte sich Rann auf und humpelte Sheryl nach, die bereits ihr Schwert (das sie auch von Isha bekommen hatte) gezogen hatte und mit weit ausgreifenden Schritten auf die Gebäude der Stadt zuschritt. Das Feuer, das auf einige Schiffe übergegriffen hatte, beleuchtete ihr Gesicht und ihre harten Gesichtszüge. Ihr Haar wehte im Wind wie Funken und ihe Schwert glänzte, als hätte es einen eigenen Willen und könnte es nicht mehr erwarten, zu kämpfen, in Blut getaucht und besudelt zu werden mit Schuld. In diesem Moment sah Rann zum ersten Mal, dass auch in Sheryl bereits viel von Klayre steckte. Denn das dort auf dem Steg, das war nicht mehr das sture, eigenwillige und unbeteiligte Mädchen, das er einst kennengelernt hatte. Das dort war Klayre und sie brannte darauf, das Schwert zu schwingen und allen Tod zu bringen, die dem König von Kend’ariah dienten. Tod und Verderben.

Eine Gruppe von Gardesoldaten kam vorbei und Sheryl warf sich in den Kampf. In wahnsiniger Wut beschrieb sie mit ihrer tödlichen Klinge weite Kreise und löschte ein Dutzend Leben aus, bis Rann ankam und sich ebenfalls einmischte. Er zog das goldene Schwert, das er von Raisha bekommen hatte. Es glühte freudig und Rann spürte, auch dieser Gegenstand hatte einen ganz eigenen Willen. Ohne Schwierigkeiten durchbohrte er einen jungen Soldaten, der sich übermütig auf ihn gestürzt hatte und verpasste einem anderen mit der Faust einen derartig harten Schlag gegen das Visier, das er einfach umkippte.
In der Zwischenzeit hatte Sheryl Tod über weitere fünf Soldaten gebracht. Die restlichen Kämpfer flohen angesichts dieser gewaltigen Übermacht. Sie wären noch viel schneller gerannt, hätten sie gewusst, wer sie wirklich war, dachte Rann und musste unwillkürlich grinsen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da habe ich ja wieder was verpasst... Cals kleiner Monolog hat mir wirklich gut gefallen, jetzt versteht man ihn besser. Manchmal benimmt man sich eben bei vollem Bewusstsein grundlos wie ein Vollidiot ;) . Nachdem in der Stadt Krieg herrscht, ist es dem Assassinen also offensichtlich nicht gelungen, die anderen Rebellen zu warnen... Und jetzt richten die Königstruppen ein Blutbad an. Gefällt mir, dass du so konsequent bist und die "Guten" auch einmal scheitern lässt...

Gewundert hat mich nur, dass Rann und Sheryl ihre göttlichen Fähigkeiten (Oder wie nennt man es sonst, wenn jemand eine Meile weit springen kann?) so schnell wiedererlangt haben und scheinbar ohne Anstrengung. Hoffentlich folgt da noch eine Erklärung... Ansonsten: Weiter so!
 
auch dieser teil war wieder klasse. die vergleiche und beschreibungen machten einem das geschriebene richtig lebendig^^
allerdings klingt das hier ein wenig merkwürdig:
Eine Gruppe von Gardesoldaten kam vorbei und Sheryl warf sich in den Kampf.
als wenn die soldaten auf einem sonntagsspaziergang wären :rolleyes: jedenfalls hört es sich für mich so an, obwohl ich jetzt auch nicht so aus dem stehgreif heraus weiß, wie man das anders schreiben könnte ... :kawaii:
ansonsten freue ich mich auf den nächsten teil :)
 
Was canola sagt, stimmt schon, und auch der Ausdruck "bis Rann ankam" klingt ein bisschen, als würde Ran da cool rumlatschen und irgendwann lässig ankommen :D
Aber ansonsten war der Teil wirklich gut. Schöne Formulierungen vor allem im Mittelteil und die Szene, in der Sheryl mit wehenden Haaren durch eine brennende Umgebung läuft, ist echt filmreif!
Bewertung: 1-
 
Weida jehts. Jetzt kommt also auch mal wieder ein anderer Gott ins Geschehen. Ich glaube nicht, dass er euch sonderlich gefällt. Wenn doch, umso besser ^_^


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Sheryl zog ihr Langschwert aus dem Rücken eines bepanzerten Soldaten. Stirnrunzelnd stellte sie fest, dass es beim Aufprall auf die Rüstung zersplittert war. Ihre Kräfte mussten bereits sehr groß sein, wenn sie ein stumpfes Schwert durch Stahl treiben konnte. Ein Kloß entstand in ihrem Hals, als ihr bewusst wurde, was das für den Getöteten bedeutete: ungleich schrecklichere Schmerzen. Sie verwarf den Gedanken ebenso schnell wie er gekommen war und sah sich nach einem anderen Schwert um.
Sie entschied sich für die schmale Klinge des Ofiziers, der die Soldaten angeführt hatte. Dann drehte sie sich zu Rann um, der pingelig damit beschäftigt war, das schöne goldene Götterschwert zu säubern. Ihm gefielen die roten Streifen darauf nicht sonderlich.
„Komm schon!“, rief Sheryl über das Gebrüll des Feuers hinweg. „Wir müssen Karnegie finden!“
„Unnötig“, sagte eine leise kalte Stimme im Rücken des Mädchens. Sie ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie kannte diese Stimme, die so ruhig klang und dennoch die Flammen und das Waffengeklirr übertönte. Sie wusste, sie hatte die Stimme schon einmal gehört. Nur wann? Wo?
Langsam und vorsichtig wandte sich Sheryl dem zu, der gesprochen hatte. Sie blickte in zwei eisblaue Augen. Das schöne Gesicht des bleichen Mannes war von kinnlangem schwarzem Haar umrahmt und die leicht geschwungenen, zu einem süffisanten Lächeln verzerrten Lippen weckten ein eigentümliches Gefühl in Sheryl.
„Karnegie ist seit vielen Stunden tot“, sagte der Mann und nahm die dunkle Kapuze von seinem Kopf. Er war in einen langen schwarzen Umhang gehüllt und das Mädchen bezweifelte, dass er je eine andere Farbe trug. Tat er auch nicht. Auch an dem Tag, an dem Yemal ihm begegnet war, hatte der Mann schwarz getragen. Davon wusste Sheryl zwar nichts, aber dieses Wissen benötigte sie auch nicht, um zu ahnen, dass hier jemand wichtiges und mächtiges vor ihr stand.
„W-was ist passiert?“, fragte sie und unterdrückte den Zorn, der in ihr hochloderte. Die Kriegsgöttin in ihr wünschte sich nichts sehnlicher, als weiterzukämpfen, aber Sheryl senkte ihr Schwert. Sie würde zuhören.
Ohne aber ihre Frage zu beachten, begann der Gott zu reden.
„Ich habe deinen Sprung gesehen und den von Odies. Beeindruckend.“ Er lächelte schwach. „Dass ihr bereits solche Fähigkeiten besitzt, obwohl ihr euch kaum erinnern könnt... ich hatte ihn falsch eingeschätzt.“ Er nickte zu Rann, der sich vorsichtig genähert und neben Sheryl gestellt hatte. „Mit deinen Talenten habe ich natürlich gerechnet, Klayre.“
Sheryl schluckte fest. Es klang so selbstverständlich... selbst Raisha hatte Sheryl nicht mit dieser Sicherheit Klayre genannt...
„Ich bin überrascht, dass du nicht wütender auf mich bist... errätst du es denn nicht?“ Auf seinem Gesicht entstand ein böses Lächeln. Er hob eine Hand und darauf erloderte ein kleines Feuer.
„Das Feuer stammt von mir... den Rest hat ein gewisser Meele erledigt...“
Klayre schrie in ihrem Innersten auf. Sheryl merkte, wie sie übernommen wurde, wie ihre Gedanken und Gefühle mit denen der Kriegsgöttin verschmolzen und wie mehr und mehr, dass was sie wollte, in den Hintergrund trat. Unter unsäglichen Schmerzen in ihrem Kopf kämpfte Sheryl gegen das schreckliche Gefühl an. Wenn sie jetzt die Kontrolle verlor... sie wagte nicht, sich auszumalen, was geschehen würde, wenn jetzt Klayres ganze Kraft in ihr erwachte... es war mehr Zerstörung, als sie jemals gesehen hatte... Dieser Gedanke gab Sheryl das Durchhaltevermögen, dem Zornausbruch standzuhalten. Langsam gewann sie die Gewalt über sich selbst zurück. Schwer atmend fokussierte sie ihr Denken wieder auf den Gott, der vor ihr stand.
„Warum?“, fragte sie schwach.
Moran lachte auf.
„Hat wohl nicht funktioniert... ich hoffte, wenn Kara’o zerstört wird und die Rebellion ein Ende nimmt, wirst du zornig genug, um deine menschliche Hülle abzulegen und wieder ganz zur Göttin zu werden. Ich vermisse dich, Klayre... wir alle vermissen dich. Es wird Zeit, dass du und Odies wieder in unseren Kreis zurückkehrt. Die Lücke, die ihr zurückgelassen habt, ist groß. Sie muss geschlossen werden. Intrigen und Machtkämpfe haben die Finsternis geschwächt und den weißen Herren die Throne über viele Welten in die Hände gespielt. Das Gleichgewicht hat sich verschoben. Wir sollten wieder ein Gegengewicht werden, findet ihr nicht auch?“
„Ja“, flüsterte Sheryl, bevor sie wusste, was sie tat. „Aber ich will nicht, dass mein Leben wertlos wird. ‚Sheryl’ wird zu Ende bringen, was sie begonnen hat, und dann kann ich meinen Platz als Göttin im Rad des Schicksals wieder einnehmen... Klayre war mutig. Sie ließ sich nicht abschrecken von Herausforderungen und ging immer ihren Weg... Auch als Sheryl habe ich diese Eigenschaften nicht verloren. Aber ich bin immer noch ein Mensch. Ich bin ein Teil dieser Welt geworden. Ich kann mein Land jetzt nicht im Stich lassen. Es gibt so viele Menschen, die mir halfen, die sich für mich geopfert haben, die für mich da waren, wenn ich sie brauchte... es wäre Verrat, wenn ich all meinen geliebten Menschen in dem Moment, in dem sie mich brauchen, nicht beistehen würde. Sie brauchen nicht Klayre... und ich weiß, dass ich mich als Klayre nie gekümmert habe um die Menschenwelten und ihre Bewohner. Aber jetzt, jetzt wo ich hier lebe, muss ich auch den Weg gehen, der mir in diesem Leben vorherbestimmt war.“
„Aber dir ist vorbestimmt, zu uns zurückzukehren! KLAYRE! Siehst du es denn nicht? Euer Fehlen wird mehr Welten zerstören als nur Kyrill! Das Gleichgewicht ist durch die Dummheit des Gottvaters schon zu weit verschoben!“ Moran gewann seine Fassung wieder. Er richtete sich zu voller Größe auf. „Wenn du wirklich die Aufgabe beenden willst, die du begonnen hast, solltest du nach Kend reisen und den König entmachten. Aber ich weiß, dass das nicht das Ende der Tyrannei sein wird. Trotz deines Wissens und deiner Macht... in manchen Dingen bist du wie ein Kind...“ Traurig umarmte Moran Sheryl. Sie spürte, wie Tränen in ihre Augen traten. Wer war das nur? Moran? Wer war noch Moran? Seine Umarmung fühlte sich an wie die Raishas, aber doch ganz anders... wer?
Rann beobachtete eifersüchtig, wie Sheryls Knie schwammig wurden. Er hatte es langsam satt, immer ignoriert zu werden. War er so ein unwichtiger Gott, dass er nicht einmal eine angemessene Begrüßung wert war? Er wusste, es war kindisch, und er wusste, es war eines Gottes, sogar eines Menschen unwürdig, aber in diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher als zu erfahren, dass es auch jemanden gab, der ihn liebt...


„Ihr seht verletzt aus, Herr“, sagte eine sanfte Stimme in Astars Rücken. Erschrocken drehte er sich um und blickte in das aufrichtig besorgte Gesicht eines blonden Mädchens. Nur langsam kehrte die Erinnerung an das Wirtshaus zurück... wer war sie? Ach... die Kellnerin?
„Wo kommst du her?“, fragte er und ächzte leise. Das Gift wirkte noch immer auf seine Nervenbahnen. Sie errötete und zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht.
„Ich folgte Euch, als ihr an der Schenke vorbeitaumeltet“, gab sie zu.
Astar lächelte, aber in Wahrheit war er wütend. Wütend auf sich selbst. Er war gesehen worden von jemandem, der keine Ahnung von Dieben hatte. Und hatte nicht einmal bemerkt, wie man ihn verfolgte. Es sah aus, als wären die Zeiten von Astar, dem Meisterdieb, vorbei.
Ohne zu fragen, griff das Mädchen Astars Arm und zerrte ihn aus seinem Versteck heraus. So schnell sie konnte, führte sie den Verletzten von der Stadtmauer weg. Vor einem herunterkommenen Haus schließlich machte sie halt. Einladend zeigte sie auf die Tür.
„Dort lebe ich mit meinen Eltern“, erklärte sie und öffnete die Tür, deren Angeln fürchterlich quietschten. Warmes Kerzenlicht umfing Astar, als er eintrat, und zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich wieder geborgen.
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Astar also auch mal wieder. Ich hoffe, der Teil gefällt euch. Übrigens, sorry... ich merke, dass ich die Kämpfe immer schnell abwürge. Das ist keine Absicht, aber der Hauptteil des Handelns meiner Personen basiert nun mal auf ihren Gedanken und Ängsten. Das Kämpfen würde mir den Handlungsstrang zerreissen, glaube ich... hoffe, euch stört’s nicht so...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe ehrlich gesagt an dieser Stelle auch gar keinen Kampf erwartet. Das ging schon in Ordnung so. Sogar sehr in Ordnung. Um nicht zu sagen: Es war ein weiterer sehr guter Teil. Dieser böse Gott ist ein bisschen klischeehaft, der böse Verführer halt, aber trotzdem gut gelungen.
Ein wenig kritisieren möchte ich nur das Ende. Sicher ist der Teil mit Astar durchaus interessant und gut geschrieben, allerdings finde ich ihn als Abschluss des Teils etwas unpassend. Er wird der Größe des vorigen Parts einfach nicht gerecht. Was ich damit sagen will: Wenn du schon einen schönen Teil schreibst, kannst du durchaus diese andere, parallele Handlung einschieben, auch ans Ende setzen, es sollte nur, find ich, ein schöner Schluss kommen, der irgendwie passt. Nun kommt als letztes, das Astar sich geborgen fühlt. Und das find ich nicht so gut, da ja das auf Rann und Sheryl nicht eben zutrifft und deren Plot den Hauptteil des Teils ausmachte.
Auch Ranns Gedanke, dass ihn keiner liebe, klingt irgendwie kindisch, nicht nach einem Gott in Menschengestalt. Man hätte z.B. schließen können, indem man Sheryls Gedanken noch mal fortgeführt hätte, etwa (sinngemäß): sie wusste, dass Molar recht hatte wg. dem Gleichgewicht der Kräfte, dass es vielleicht vernünftiger gewesen wäre, die Göttin in ihr nicht länger zurückzuhalten, aber... und dann die Argumente, die sie in diesem Leben noch festhalten... So hätte ich es wahrscheinlich gemacht.

Aber abgesehen vom Ende war's ein wirklich guter Teil :)
Bewertung: 2+
 
Also ich fand, dass das Ende des Teiles einen schönen Kontrast geboten hat... Vor allem, weil es einen von der "Götterperspektive" wieder auf die Erde geholt hat und klar macht, dass der Unterschied eigentlich nicht wirklich so groß ist... Ob Götter oder Menschen, die Empfindungen und Bedürfnisse sind doch gleich. Der Todesgott gefällt mir. Ich mag so abgründige Typen... Aber für Rann sieht es jetzt noch unwahrscheinlicher aus, dass er mit Sheryl/Klayre zusammen kommt. Moran ist schon ein anderes Kaliber als Cal... Außerdem wird es Zeit, dass der Gott des Hasses endlich mal zeigt, dass er mehr kann, als sich selbst Leid tun! Mir kommt er eher wie der Gott der ewig zurückgesetzten Kinder vor...
 
also mir hat der ganze teil gefallen, der erste, wie der letzte mit astar. und mit moran ist jetzt noch ein weiterer gott hinzugekommen, der uns häufiger begegnen wird ... oder wie?
jedenfalls wird rann es dann schwierig haben, mit sheryl zusammen zu kommen. da hat der arme ja glatt zwei konkurenten :rolleyes:
und was diesen "keiner liebt mich"-gedanken angeht: okay, er ist vielleicht etwas unglücklich formuliert, aber so abwegig ist er dann doch nicht. bisher war ja wirklich immer nur klayre im gespräch bei den göttern und ich als rann würde mir dann wohl auch solche gedanken machen ... glaube ich :kawaii:
 
Da bin ich wieder... hat das gedauert. Egal, ich hoffe, es gefällt euch.

Übrigens: Moran finde ich kein bisschen klischeehaft. Er ist weder Verführer noch abgrundtief böse. Das merkt ihr hoffdentlich auch noch. Sowieso hasse ich dieses Sxhwarz-weiß-Gemale. Ich hoffe, es wird in der Story deutlich, dass Finsternis nicht gleich blutrünstig und verdorben bedeutet. Wenn nicht, fänd ich das schade. Dann hätte ich mein Ziel verfehlt...

SDas mir Rann war wirklich unglücklich formuliert. habs etwas geändert, obwohl ich den gedanken an sich nicht abwegig finde. Er ist es gewohnt, immer bevorzugt zu werden, alle tänzeln um ihn herum und so. Und jetzt kommt die ganze Aufmerksamkeit einer jungen Frau zu. Keine adlige Herkunft, kein gar nichts, allein ihr früheres Ich ist entscheidend. Das wäre für mich auch schlimm.

Naja... jetzt gehts weiter.

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Das Mädchen zog den Dieb in die Küche. Eine dickliche ältere Frau mit schwarzem Haar, das von Grau durchzogen war, stand am Herd und werkelte an etwas herum, das auf Astar wie ein Schweinskopf wirkte, in Wirklichkeit aber wohl nur ein Rotkohl war.
Die Frau drehte sich zu dem Mädchen und ihrem Begleiter um, als diese durch die Tür plterten. Missbilligend zog sie eine Augenbraue hoch und betrachtete Astars ausgemergeltes Gesicht und seine gebeugte Haltung.
„Mama“, setzte das Mädchen an, konnte den Satz jedoch nicht beenden.
„Ich habe dir immer gesagt, du sollst deine Liebhaber nicht mit nach Hause bringen, wenn du denn welche hast!“, keifte die gerundete Frau und wedelte ärgerlich mit dem spitzen Messer, mit dem sie eben noch das Gemüse traktiert hatte.
„Aber Mama!“, rief das Mädchen erschrocken und wurde so rot wie eine Tomate. „Er ist doch nicht...“
„Schluss damit!“, schrie die Frau. „Stör mich nicht! Es gibt in diesem Haus ehrlich arbeitende Menschen! Respektiere das, auch wenn du nicht dazu gehörst!“
Geknickt drehte sich das Mädchen im Türrahmen um und führte Astar in ihr Zimmer. Der kleine Raum lag im Dachgeschoss und war von schweren Balken durchzogen. Sie wies Astar an, sich auf ihr Bett zu legen und die Rüstung abzulegen. Mit schmerzenden Gliedern schälte sich der Meisterdieb aus den schweren Eisenringen, die die Panzer der Leibgarde des Königs so effektiv machten.
Endlich war auch die letzte Schale von Astar genommen und um einige Kilo erleichtert, legte er sich auf die dünne Holzpritsche, die die Hälfte des Zimmers ausfüllte.
Das Mädchen strengte sich an, beim Anblick von Astars verschwitztem und blutdurchtränkten Hemd nicht das Gesicht zu verziehen, aber ihre Augen sprachen Bände. Astar lächelte sie sanft an.
„Du musst das nicht tun“, sagte er leise. „In wenigen Stunden werde ich ohnehin gesund sein.“
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Ich werde Euch helfen, Herr. Daran führt kein Weg vorbei.“ Sie verknotete ihre blonden Zöpfe im Nacken und knöpfte Astars Hemd auf. „Ich kann nicht viel Leid lindern... aber zumindest versuchen muss ich es.“
„Hm“, Astar seufzte auf. „Du kennst mich doch gar nicht... woher weißt du, dass ich dich nicht ins Unglück stürzen werde? Ich könnte ein Mörder sein oder ein Frauenschänder... es läuft viel Gesindel auf den Straßen herum...“
Das Mädchen lächelte verschämt. „Ich habe nicht das Gefühl, Ihr könntet in Eurer momentanen Lage über mich herfallen, Herr. Zudem bin ich nicht wehrlos...“
Sie hob ihren Rock so weit, dass man ein kleines scharfes Messer, an ihrem Knöchel festgebunden, erkennen konnte.
Astar lachte rauh auf und drehte sich ein wenig um. Er griff nach dem Dolch, den er unter seinem Hemd versteckte und zog ihn heraus.
Das Mädchen wich verschreckt zurück. Astar lächelte wieder. „Das ist ein Dolch, der dir eher helfen wird... auf seiner Klinge ist lähmendes Gift verstrichen. Nimm.“ Er hielt ihr den Griff des Dolches hin. Zögernd nahm das Mädchen die Waffe.
„Du solltest ihn sparsam verwenden. Das Gift hält nicht ewig, und die Flasche“, er zog einen kleinen Glasflacon hervor, „ist bereits halb leer.“
„Warum gebt Ihr mir das?“, fragte sie erstaunt und wog die Klinge in der Hand.
„Es wäre traurig, zu sehen, wie ein so mutiges Mädchen in der Masse untergeht. Es gehört viel dazu, einen Verletzten nicht zu ignorieren, meine Liebe.“
Sie lächelte und verlies das Zimmer. Sie schloss leise die Tür hinter sich. Nach einigen Augenblicken kehrte sie aus der Küche zurück, nun mit einer Schale heißen Wassers und einem sauberen Tuch in der Hand. Astar hörte die keifende Mutter, als seine Helferin die Tür öffnete.
„Hast du eigentlich einen Namen?“, fragte er, leicht beschämt darüber, erst so spät daran gedacht zu haben.
„Lucelle“, antwortete sie mit sanfter Stimme und tränkte das Tuch plätschernd mit heißem Wasser.

„Ich sollte eigentlich nicht hier sein“, bemerkte Moran und löste sich aus Sheryls Arm. „Es ist allen Göttern verboten worden, sich in die Belange Kyrills einzumischen, seit Odies den Gottvater aufsuchte.“
„Das war doch keine Absicht“, entschuldigte sich Rann. „Irgendwer hat mich dort hoch gebracht. Nicht, dass ich es gewollt hätte.“
„Hätte ich dich ertrinken lassen sollen?“ Moran zog die Augenbrauen hoch und setzte einen fragenden Gesichtsausdruck auf.
„Nein“, gab Rann zu. Er hatte es geahnt. Er kannte Moran... „Aber du hättest mich nicht in den Orbis tragen müssen. Es war zu anders...“
Moran lachte freundlich. „Das tut mir leid. Ich kann nicht ermessen, was ihr alles erleiden musstet. Tausend Leben voller Leid. Es war vielleicht ein Fehler, aber ich hoffte, deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen zu können. Wenn ich das nicht geschafft habe, möchte ich mich in aller Form bei dir entschuldigen.“ Der Gott des Todes verbeugte sich leicht. „Verzeih mir bitte.“
Rann lächelte gönnerhaft. „Natürlich.“
Moran wandte sich wieder Sheryl zu.
„Du solltest mir nun die Frage stellen, die dir auf dem Herzen lastet, Sheryl. Raisha liebt Spielchen, sie wird dir nichts verraten.“
Sheryl fragte: „Warum gab uns Raisha das goldene Schwert?“
Morans Gesicht erhellte sich. Er genoss es anscheinend, andere zu lehren. Er holte tief Luft und begann dann, Rann und Sheryl das Geheimnis des Götterschwertes zu enthüllen.
„Dieses heilige Schwert wurde vom Gott der Schmiede erschaffen, als der Gottvater eine passende Hülle für eure entrissenen Erinnerungen suchte. Er entschied sich für Metall und legte mächtige Banne auf das Schwert. Im Innern des Goldes ist eure Vergangenheit gefangen. Um dieses kostbare Objekt nicht der Gefahr durch andere Götter der Finsternis auszusetzen, die den Bann zu lösen versuchen könnten, verbarg der Gottvater das Schwert auf Kyrill, in Klayres Tempel. Der Boden war heilig und geradezu prädestiniert für eine derartige Nutzung.“ Moran lachte auf. „Er unterschätzte Raishas Willen, ihre Schwester wiederzubekommen. Ihr seid auf mächtige Art und Weise verbunden, du und deine Zwillingsschwester. So schaffte es Raisha zumindest, das Schwert aus dem magischen Bannkreis zu befreien. Weil ihre Kraft der Kraft Klayres ähnlich ist, konnte sie das Siegel auf deinem Boden brechen. Dann gab sie die heilige Klinge an euch weiter. Je länger das Schwert eurer Kraft ausgesetzt ist, desto schwächer wird der Bann. Erinnerungsfetzen kehren zurück. Deshalb werdet ihr immer stärker. Eure Kraft, die Kraft eurer Präsenz allein vermag den Bann zu brechen. Darum ist es wichtig, dass ihr es nie verliert.“
Moran seufzte auf.
„Die Götter des Lichtes halten sich an das Verbot, auf Kyrill zu gelangen. Trotzdem müsst ihr vorsichtig sein. Auch Menschen können Angesandte der Götter sein und sie können euch gefährlich werden, wenn ihr sie nicht erkennt. Gebt acht.“
Mit diesen Worten löste sich das Abbild Morans in Flammen auf. Zurück blieben Sheryl, Rann und eine brennende Stadt.
„Dann auf nach Kend.“ Sheryl lächelte.
Rann wusste, dass das nur Fassade war. Sheryl war zu stark, um zu zeigen, dass sie lieber bleiben und bei den Löscharbeiten helfen würde. Aber diese Welt war zum Sterben verurteilt und es war nicht das Schicksal der Kriegsgöttin, Leben zu retten.
 
OK, da wirkt Moran schon deutlich freundlicher und weniger böse. Wir haben auch endlich etwas über das Schwert und Ranns Rettung erfahren, fand ich an dieser Stelle auch passend.
Fast noch besser hat mir die Astar-Story gefallen, die Stelle vor allem, wo Astar dem Mädchen seinen Dolch gibt. Die kann ich mir gut bildlich vorstellen :)
Bewertung: 2+
 
Nun ist also klar, wer Rann gerettet hat... Persönlich bin ich irgendwie enttäuscht, ich hätte etwas Geheimnisvolleres erwartet, als nur einen gewöhnlichen Gott^^. Das ist aber keine Kritik, nur eine Anmerkung. Ansonsten war der Teil sehr schön, die Szenen zwischen Astar und dem Mädchen haben mir gut gefallen und Sheryls Zwiespalt zwischen ihrer menschlichen und ihrer göttlichen Seite finde ich auch schön.

Nach der Warnung, dass die zwei das Schwert nicht verlieren sollen, erwarte ich nun natürlich, dass genau das geschieht...
 
hmm ... der letzte satz ist schön geworden. der bezieht sich irgendwie direkt auf das, was du dem teil vorweggenommen hast. dass finsternis nicht gleich blutrünstig und so bedeutet. das erkennt man hiermit dann wohl eindeutig an sheryl^^
aber auch sonst war der teil wieder sehr gelungen und die sache mit dem schwert fügt sich gleichfalls perfekt in die handlung ein - obwohl ich shan'xara zustimmen muss: vielleicht verlieren sie es gerade nach dieser warnung ... oder es wird zerstört ... oder sie zerstören es ... aber wir werden ja sehen :D
 
Das mit dem Schwert.... naja, ihr werdets ja sehen.

Zu Morans Rettung von Rann: Ja, war unspektakulär, aber ich wollte nicht noch mehr wichtige Charaktere einbauen. Außerdem wäre mir dazu auch gar nichts Innovatives eingefallen. Sowieso verkommt meine Story immer mehr zu einer Seifenoper...

Zu den Göttern:Genau, ‚Böse’ bedeutet nicht, Menschen umzubringen. Das Problem hierbei liegt im Weltverständnis der Götter. Für sie bedeutet ein Menschenleben nichts. Es ist wertlos. darum würden auch die Hohen Herren des Lichts Menschen umbringen, um ihrem Ziel näherzukommen. Nur für Klayre und Odies bedeutet es etwas, weil es ein Teil von ihnen geworden ist.

(Übrigens: Klayre wird wie Claire ausgesprochen. Meine Schwester sagte, sie hätte das wörtlich ausgesprochen... so solls nicht sein...)


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„Sie lassen niemanden aus der Stadt heraus“, keuchte Lucelle und schnappte nach Luft. Sie war den Weg vom Tor zurück nach Hause gerannt, ohne sich eine Verschnaufpause zu gönnen. Astar lächelte ruhig.
„Danke, dass du es versucht hast.“ Sein Blick wurde nachdenklich. „Damit habe ich gerechnet, aber... ich besitze keine Brieftauben... gibt es hier einen Taubenschlag?“
Lucelle lächelte schüchtern.
„Habt Ihr so viel Gold, dass Ihr eine der verbliebenen Brieftauben kaufen könnt? Der König hat sie bereits vor Wochen alle töten lassen. Es heißt, er wolle damit verhindern, dass die Rebellen Nachrichten übermitteln.“
Astar seufzte. „Du hast den roten Drachen an meinem Oberarm sicher gesehen, oder?“
Das blonde Mädchen wurde schlagartig ernst. „Ich maß dem keine Bedeutung bei, Herr. Nur ein Drachenabbild, nichts weiter.“
Astar lachte rauh auf und fuhr sich mit der Hand über das unrasierte Kinn. Rotbraune Bartstoppeln sprossen wie Ungeziefer, aber er wagte es nicht, diese Tarnung aufzugeben.
Abrupt richtete sich Astar auf. „Ich kann nicht noch länger bleiben“ , sagte er sanft.
„Aber...“, Lucelle sprang von ihrem Bett hoch. „Ich bitte Euch! Eure Wunde ist noch nicht ausgeheilt! Drei Tage Bettruhe reichen nicht aus...“
Astar unterbrach sie mit einer Handbewegung. In seiner Stimme klang Härte mit.
„Meine Wunde war verheilt, noch bevor du mich gefunden hast, Lucelle. Und auch das Gift hätte mich nicht umgebracht. Ich bin eine Belastung und zusätzliche Gefahr für euch.“
Er sah dem Mädchen tief in die Augen. Ängstlich starrte sie ihn an.
„Ich werde nie vergessen, was du für mich getan hast, Lucelle... aber es ist zu riskant, hier zu bleiben. Für uns alle. Ich werde einen anderen Weg finden müssen.“
„Nein!“, schrie Lucelle. „Bitte! Das ist Selbstmord! Auch wenn Ihr den König verraten habt, keine Verbechen rechtfertigen solche Torheit!“
Astar seufzte noch einmal tief auf. Sie kannte das Zeichen des Drachen also doch. Wie unvernünftig. „Ich kann nicht bleiben. Es führt kein Weg daran vorbei. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, der ich nicht entfliehen kann, geschweige denn entfliehen darf.“
Er griff nach dem Mantel, den er vor zwei Tagen in Kend ‚gekauft’ hatte.
Lucelle hatte geschlafen, als sich Astar davongeschlichen und seine Flucht vorbereitet hatte.
Er warf das schmucklose Kleidungsstück über und zog es tief ins Gesicht.
„Bitte verfolge mich nicht, Lucelle. Wenn ich kann, werde ich irgendwann zurückkommen.“
Das Mädchen begann zu weinen. Er würde nicht wiederkommen, dessen war sie sich sicher.

„Das sind die Tore Kends“, sagte Rann langsam und ließ seinen Blick über das dunkle Holz gleiten, das in der Abenddämmerung rötlich schimmerte. Erinnerungen an seine Flucht wurden wach. Sein ganzes Leben war wie diesess Tor gewesen... es war ihm verschlossen geblieben. Aber nun endlich öffnete sich das Tor...
Zumindest in seiner Fantasie. In der Realität blieb es geschlossen und niemand machte auch nur Anstalten, sie hereinzulassen. Sheryl stand neben Rann und gähnte.
„Fein. Und? Worauf wartest du?“ Sie ballte die Hände zu Fäusten und deutete schlagende Bewegungen an.
„Willst du, dass man uns gleich angreift?“, fauchte Rann und dachte angestrengt nach.
Sheryl lächelte kühl. „Warum nicht? Denkst du, es macht einen Unterschied, ob wir jetzt reinplatzen oder erst in die Festung? Sie werden auf uns so und so aufmerksam. Aber ich bin müde. Beeil dich und denk schneller.“
Rann trat entschlossenen Schrittes vor. Mit wenigen harten Schlägen klopfte er an das massive Holz und wartete auf Reaktion.
Nichts.
Sheryl grinste unverschämt. „Lass mich mal.“
Sie nahm einen Schritt als Anlauf und sprang dann ohne Schwierigkeiten auf die Stadtmauer. Mitten hinein in einen Haufen gelangweilter Soldaten, die auf das Ende ihrer Schicht warteten.
„Wachablösung!“, verkündete Sheryl mit strahlendem Lächeln und zog ihr Schwert. Rann hörte von unten den entsetzten Schrei des ersten Soldaten, der fiel und sprang ebenfalls auf das Steingebäude. Er seufzte, als er sah, dass Sheryl mit den paar Männern bereits kurzen Prozess gemacht hatte und, bis auf einen, alle gestorben waren. Er steckte sein goldenes Schwert in die Schwertscheide zurück.
Dieser gebliebene Soldat stand nun Angesicht zu Angesicht der schönen jungen Frau, die mit blutverschmiertem Schwert auf ihn zeigte.
„Der da“, sagte sie ruhig. „Der hat keine Angst.“ Rann nickte. Er spürte, wie sich der junge Soldat bereit machte, zu kämpfen. Er fühlte die Anspannung die durch den Körper des Mannes lief und seinen Mut dem offensichtlichen Tod gegenüber.
Sheryl lächelte großzügig und steckte das Schwert weg. „Das wäre Verschwendung. Und unfair.“ Zu Rann gewandt: „Lass uns gehen.“
Die beiden Gefährten sprangen über die Brüstung, hinein nach Kend, der Hauptstadt Kend’ariahs. Um Sheryl Schicksal zu erfüllen.

„Sie ist langsam geworden“, gähnte Raisha gelangweilt und ließ den Spiegel sinken, in dem Sheryl sich mit Rann unterhielt. „Ich dachte, das würde lustiger.“
Moran lehnte sich gleichgültig über die Balkonbrüstung und beobachtete den Gott der Blumen beim Heckenschneiden.
„Du bist zu anspruchsvoll. Sie ist trotz allem ein Mensch.“
„Nein“, zischte Raisha und warf dem Gott des Todes einen hasserfüllten Blick zu. „Sie ist kein Mensch! Sie ist eine Göttin! Dass nicht zu verstehen... hat man dich nichts gelehrt?
Und bist du kein bisschen neugierig, kein bisschen angespannt? Ob sie das Gleichgewicht retten können?“
„Nein“, gab Moran bedenkenlos zu. „Tod wird es immer geben.“
Raisha schnaubte auf. „Wie vermessen. Es mag sein, dass du am Ende der mächtigste aller Göttlichen bist, aber auch du wirst eines Tages untergehen, nämlich wenn niemand mehr da ist, der sterben könnte. Denn der Herr des Lebens wird zu dem Zeitpunkt tot sein... und niemand gibt dir neue Macht... wir sind alle voneinander abhängig, Moran... warum verstehst du das nicht? Das Universum besteht nicht nur aus dir und Klayre... da sind noch die Herren des Lichts und der Gottvater und die Welten und das Leben...“
Moran lächelte schwach.
„Es macht mir nichts aus. Ich werde der letzte sein, der stirbt. Egal, ob es dann noch Leben gibt oder nicht. Das genügt mir...“
Raisha wandte den Kopf weg. „Du kannst mit deinem morbiden Charme wirklich jede Konversation abtöten... Entschuldige mich nun.“ Mit diesen Worten erhob sie sich aus dem Sessel am Ende des schwarz eingerichteten Salons und verschwand ohne einen weiteren Gruß. Der Spiegel blieb auf der Sitzfläche liegen und zeigte nun die aufgerissenen Augen eines Soldaten, der zum ersten und letzten Mal eine Göttin sah...

„Meinst du, wir können einfach so reinspazieren?“ Rann musterte die Wälle der Königsfeste misstrauisch. „Sie werden uns nach deinem Auftritt an der Stadtmauer zumindest erwarten.“
„Dann werden sie sterben“, erwiderte Sheryl achselzuckend. „Darum sind wir doch hier.“
Plötzlich wurde sie kräftig zur Seite gestoßen und taumelte gegen Rann.
Wütend wirbelte Sheryl herum – und sah in die Augen eines kleinen Jungen, der sich entschuldigend verbeugte und mit piepsiger Stimme sagte: „Bitte verzeiht, Mylady. Ich wollte mich nur beeilen, damit ich noch rechtzeitig zur Hinrichtung komme. Dabei übersah ich Euch leider.“ Er senkte den Kopf.
Sheryl lächelte gönnerhaft. „Es ist schon gut. Hinrichtung, sagst du?“
Rann wog den Kopf hin und her. „Wird wohl ein roter Drache sein.“ Sheryl nickte schweigend und sah zu dem kleinen schwarzhaarigen Jungen, der fieberhaft darauf wartete, weiterrennen zu können.
„Wer ist es?“, fragte sie leise.
„Ein Dieb“, antwortete der kleine Junge mit stolz geschwellter Brust. „Es heißt, er habe den König berauben wollen. Sein Name... Aster oder so ähnlich...“
Sheryl lächelte dunkel. „Danke sehr. Nun geh.“
Erleichtert, nicht zu spät zu kommen, rannte der kleine Junge weiter.
„Da sollten wir wohl auch hin“, murmelte Rann.
„Kannst du laut sagen. Wo eine Hinrichtung ist, ist der König nicht weit“, gab Sheryl zu und fiel in einen gemäßigten Laufschritt, gerade schnell genug, um den Jungen nicht aus den Augen zu verlieren.

Astar stand ruhig auf dem dreibeinigen Hocker. Die Schlinge hatte sich fest um seinen Hals gelegt und schnürte seine Kehle zu. Er hörte Lucelles Geschluchze über das empörte Geschrei der Menge hinweg. Ein Apfel traf Astar am Kopf. Er verstand es nicht. Warum verschwendeten die Bauern ihr Essen für so etwas? Es waren harte Zeiten. Warum legten sie keine Vorräte an? Sahen sie nicht die Gefahr, die ihnen von dem Regenten drohte?
Er ließ in Gedanken noch einmal seine Flucht an ihm vorbeiziehen. Wo war der Fehler gewesen? Die Verkleidung? Perfekt. Seine Wunde? Ausgeheilt. Sein Gegner? Ah, wer hatte damit rechnen können, dass er ausgerechnet den blonden Meuchelmörder treffen würde. Er hatte sogar die Tätowierung verschwinden lassen können. Mithilfe einiger Kräuter war es möglich, hautfarbene Paste anzurühren, die alles verdeckt. Aber jemand, der sein Gesicht kennt, war damit nicht zu täuschen. Astar seufzte. Ja, das war es wohl gewesen.

Sheryl beobachtete den Todgeweihten, der auf dem Podium stand. Der Marktplatz war von jeher der Platz der Toten gewesen. Hier fanden alle Hinrichtungen statt, denn der Platz war gepflastert und sehr groß. Um den Balken herum stand das Volk und schrie und trampelte, ungeduldig auf den Beginn der Vorführung. Etwas weiter hinten fand sich die erhöhte königliche Tribüne, auf der der König und seine Familie Platz nehmen würden.
Das Podest war so hoch gebaut, dass Astar die Abendröte beschien. Wenigstens würde er schön sterben, dachte Sheryl. Rann neben ihr suchte mit den Augen die königliche Tribüne auf ab.
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Hoffe, ihr fandets gut. Tut mir leid, dass ich so lahm bin.
 
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