Omega

3. Manhunt (2)

Heute mal ein wenig früher als üblich: Der neue Teil.
Muss vorab noch etwas dazu sagen:
Das Kapitel 'Manhunt' soll keine Fragen beantworten, sondern eher noch ein paar aufwerfen. Die nächsten 2 Teile (oder so) werden neben der Hauptstory auch noch der Person des Professors ein wenig Tiefe verleihen. Vielleicht sind sie daher ein wenig langweilig zu lesen (da nicht die Mörderaction vorkommt), aber sie haben alle ihren Sinn, und - versprochen - ab Kapitel 4 wirds wieder interesannter. :D
@Lynx: Hab das dumpfe Gefühl, bei dem Teil wirdst du eher ein paar Fehler finden... in puncto 'Zeiten' war ich mir manchmal nicht ganz so sicher... :dodgy:

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Fassungslos starrte der Professor einige Minuten lang auf die Leiche der jungen Frau. Wartend auf den nächsten Schuss, der auch ihn töten würde. Denn mehr konnte er einfach nicht tun. Er konnte nicht fliehen. Er konnte Omega nicht auffliegen lassen. Er konnte der Welt nicht die Wahrheit offenbaren. Es war unmöglich. Aber erst die Leiche vor ihm brachte ihn zu dieser Erkenntnis. Die tote Frau vor seinen Füßen, deren Blut gerade um seine Schuhe herumfloss, war der vierte Fehler in seinem Leben. Er hätte sie nie in diese ganze Sache hineinziehen dürfen. Sie war unschuldig. Hatte keinen blassen Schimmer von der Geschichte, die er ihr ursprünglich erzählen wollte. Und sie war noch so jung, so verdammt jung. Stand erst am Anfang ihres Lebens. Und nun war sie tot.
Eine plötzliche Übelkeit überkam den Professor. Es war auf einmal ein so grässlicher Anblick. Er konnte es nicht mehr ertragen. Also wandte er sich ab. Er kehrte dem toten Körper seinen Rücken zu und schritt langsam vorwärts. Leech bevorzugte es ja bekanntlich, seinen Opfern in den Rücken zu schießen. Nun ja, jetzt hatte er die optimale Gelegenheit.
Vor den Augen des Professors tauchten auf einmal verschiedene Bilder auf. Bilder der Vergangenheit. Bilder, von den anderen 'Fehlern', die er in seinem Leben gemacht hatte.
Wann hatte diese schreckliche Fehlerserie überhaupt angefangen? Er konnte sich nicht mehr genau an das Datum erinnern. Es musste aber sicher schon an die 29 Jahre her sein. Damals war vieles anders gewesen. Amerika hatte viele Probleme geahabt, der Wiederaufbau hatte das Land zusehends geschwächt, militante Terroristengruppen und Gangs wuchsen aus den Trümmern des zerstörten Landes und es hatte kaum Menschen gegeben, die sich dieser Bedrohung entgegenstellen wollten. Und da war er gewesen. Charles Alvin Rhodestone, Professor für Genetik an einer der angesehensten Universitäten des Landes. Oder zumindest früher Mal. Als die Universität noch gestanden hatte, und nicht in Trümmern lag. In einer Welt der Dunkelheit, in der Chaos und Kriminalität herrschen, wer braucht da schon einen Akademiker? Die Antwort auf diese Frage hatte er damals von einem Mann in Schwarz, der ungefähr gleich alt war wie er selbst erhalten. Der Mann hatte damals gesagt, dass sich die Welt von einer Minute auf die andere ändern würde, und dass nur Männer wie sie beide in der Lage seien, die Richtung zu bestimmen. Zu bestimmen, ob sich die Welt wieder in das Paradies von einst verwandeln, oder das Tor zur Hölle bleiben sollte. Natürlich hatte er die Welt von einst wiederherstellen wollen, damals war er ja noch naiv genug gewesen, um sich ein derartig hohes Ziel zu stecken. Also hatte er dem Mann vertraut. Das war ja auch nicht so schwer, immerhin war dieser der geborene Anführer. Gebildet, charismatisch und dennoch hart im Nehmen. Und so hatte er sich der Organisation des Mannes angeschlossen. Hatte diese sogar unterstützt, die 'Welt wieder zu einem sicheren Platz zu machen'. Nach einigen Jahren hatte er sogar einen passenden Namen für diese Organisation gefunden: Omega.
Omega war alles für ihn. Er hatte keine Familie mehr, sie war Jahre zuvor gestorben, mit so vielen anderen unschuldigen Opfern. Opfern des Terrors. Opfern des Chaos. In Omega hatte er wieder Halt gefunden, und die Hoffnung, dass diese Organisation stark genug sein müsste, um genau jenen Terror zu beseitigen, der jahrelang wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Menschen auf dieser Welt hing. Und würde mit dem Terror nicht auch das Chaos verschwinden? Damals hatte der Professor nur einen Traum gehabt: Die Welt zu einem bessern Platz machen. In Omega hatte er die Erfüllung dieses Traumes gesehen.
Doch irgendwann hatte er bemerkt, dass der Mann nicht nur edle Ziele verfolgte. Er war auch nur ein Mensch. Daher sehnte auch er sich nach Macht und Kontrolle. Omega sollte ihm dabei behilflich sein. Der Professor sah dieser Entwicklung nur mit Schrecken entgegen. Der Mann war in diesen Jahren sein Freund geworden, vermutlich der einzige, den er je gehabt hatte.
Sein erster Fehler war es gewesen, sich dieser gottverdammten Organisation anzuschließen. Hätte er damals doch nur 'Nein' gesagt, wie viel Leid hätte er sich und anderen ersparen können?
Plötzlich jedoch riss die Bilderserie in seinem Kopf wieder ab. Der Professor fand wieder einen Weg zurück in die Gegenwart, auf die schmutzige Straße, die er immer noch in langsamen Tempo entlangging. Und er bemerkte es. Er lebte immer noch. Kein Schuss war gefallen, kein Treffer in seinem Rücken, kein gar nichts. Entweder war Leech ein sadistischerer Bastard, als er ursprünglich glaubte, oder der Schuss kam nicht von ihm. Vielleicht nur von einem einsamen Scharfschützen, der Leech erst von dem Vorfall informieren müsste. War dies möglich? Ja, es musste einfach so sein. Ein Fünkchen Hoffnung erglimmte wieder in den Augen des alten Mannes und entzündete wieder das Feuer in ihm. Es gab wieder eine Chance, auch wenn sie nur minimal war. Leech brauchte sicher einige Zeit, bis er hier eintreffen würde. Wenn er sich wirklich beeilen würde, vielleicht könnte er schnell genug laufen, um das Dock doch noch zu erreichen? Um doch noch dieser Stadt zu entkommen?
Also lief er.
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Y' all know, what to do... :cool:
 
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Re: 3. Manhunt (2)

OK, ich such mal nach Zeitfehlern... :)

Original geschrieben von MajinKay
Hatte keinen blassen Schimmer von der Geschichte, die er ihr ursprünglich erzählen wollte.
"die er ihr ursprünglich hatte erzählen wollen."

Und sie war noch so jung, so verdammt jung. Stand erst am Anfang ihres Lebens.
Da KÖNNTE man vielleicht auch Vorvergangenheit schreiben, das hängt aber ein bisschen davon ab, worauf du dich beziehst. Also sie ist ja, obwohl tot, immer noch jung... Ist also im Zweifelsfall OK so

Wann fing diese schreckliche Fehlerserie überhaupt an?
"Wann hatte ... überhaupt angefangen."

Damals ist vieles anders gewesen.
"Damals WAR vieles anders gewesen."

Amerika hatte viele Probleme, der Wiederaufbau schwächte das Land zusehends, militante Terroristengruppen und Gangs wuchsen aus den Trümmern des zerstörten Landes und es gab kaum Menschen, die sich dieser Bedrohung entgegenstellen wollten.
Alles zurück, Vorvergangenheit ->
1. "hatte viele Probleme gehabt"
2. "hatte das Land zusehends geschwächt", oder wenn du den Prozess beschreiben willst, müsste vermutlich so eine Konstruktion her wie "war imbegriff gewesen, das Land zu schwächen" oder so...
3. "es hatte kaum Menschen gegeben"

...gewesen :p

Als die Universität noch gestanden ist, und nicht in Trümmern lag.
"...noch gestanden war" bzw., regional bedingt, "...noch gestanden hatte"

Die Antwort auf diese Frage hatte er damals von einem Mann in Schwarz, der ungefähr gleich alt war, wie er selbst erhalten.
Kein Zeitfehler, aber das Komma muss weg... Ist nur formal, stört aber irgendwie den Lesefluss etwas.

Der Mann hatte damals gesagt, dass sich die Welt von einer Minute auf die andere ändern würde, und dass nur Männer wie sie beide in der Lage wären, die Richtung zu bestimmen.
OK, nun kommt Kunjunktiv dazu, langsam komm ich auch ins Grübeln :confused2 Deine Version klingt richtig, aber möglicherweise heißt es auch "in der Lage seien," oder "i.d. Lage gewesen seien"... Hm, ich weiß es nicht :confused: Ich denk vielleicht nochmal drüber nach, wenn ich weniger müde bin. :D

Natürlich wollte er die Welt von einst wiederherstellen, damals war er ja noch naiv genug, um sich ein derartig hohes Ziel zu stecken.
1. "hatte er die ... wiederherstellen wollen"
2. "war er ja noch naiv genug gewesen"

Das war ja auch nicht so schwer, immerhin war dieser der geborene Anführer.
Eigentlich zweimal "war gewesen"

Und so schloss er sich der Organisation des Mannes an.
"hatte er sich ... angeschlossen"

Unterstützte diese sogar, die 'Welt wieder zu einem sicheren Platz zu machen'.
"Hatte diesen sogar unterstützt..."

Omega war alles für ihn.
...gewesen.

Er hatte keine Familie mehr, sie starb Jahre zuvor, mit so vielen anderen unschuldigen Opfern.
"sie war Jahre zuvor gestorben"

Damals hatte der Professor nur einen Traum:
...gehabt

In Omega sah er die Erfüllung dieses Traumes.
Ich denke mal, "hatte er... gesehen," es sei denn, das gilt immer noch, nur nachdem Omega ihn töten will, wird das vermutlich nicht mehr der Fall sein :rolleyes:

Doch irgendwann bemerkte er, dass der Mann nicht nur edle Ziele verfolgte.
"irgendwann hatte er bemerkt"

Daher sehnte auch er sich nach Macht und Kontrolle.
Eigentlich auch "hatte ... gesehnt," aber da er das ja imme noch tut (oder ist der inzwischen tot?), kann man es auch problemlos so lassen.

Der Professor sah dieser Entwicklung nur mit Schrecken entgegen.
s.o., kann vermutlich im Zweifel auch so bleiben

Der Mann ist in diesen Jahren sein Freund geworden, vermutlich der einzige, den er je hatte.
"war sein Freund geworden"
"den er je gehabt hatte"

Sein erster Fehler war es, sich dieser gottverdammten Organisation anzuschließen.
"war es gewesen," aber in gewisser Weise ist das auch so richtig, weil der Fehler ja praktisch immer noch existiert - blöde Erklärung, ich weiß :dodgy:

Plötzlich jedoch riss die Bilderserie in sein Kopf wieder ab.
"seinem Kopf" :p

der Schuss kam nicht von ihn.
"von ihm"


So, Fehleranalyse komplett.
Ich hoffe, das hilft dir für die Zukunft - oder für die Vorvergangenheit (was für ein Wortspiel, o Gott :dodgy: )...

Inhaltlich ist ja kaum was passiert, aber ich kenne diese Hintergrundinfos, die man einfach mal bringen muss, und die Infos waren wirklich gut verpackt! :)
 
3. Manhunt (3)

Ok... here is der neue Teil.

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Kalter Angstschweiß rann dem alten Mann von der Stirn. Und das, obwohl er nicht einmal genau wusste, wovor er eigentlich Angst hatte. Vor dem Tod? Vor Leech? Oder vor der Tatsache, das die Agenten ihn vielleicht lebend haben wollten? Denn warum sonst war er noch am Leben? Leech war ein Profi, demnach müsste er schon längst mit dem Kopf nach unten in der Gosse liegen. Trotzdem lebte er noch. Vielleicht war es auch nur diese Ungewissheit, die ihm so zusetzte. Es ist leichter, sich mit seinem Schicksal abzufinden, wenn man dieses kennt.
Die Flucht des alten Professors führte ihn geradewegs in eine der vielen Lagerhäuser des Hafenviertels. Er nutzte den Schutz der Schatten innerhalb des Lagerhauses um sich ein wenig auszuruhen. Und sich wieder zu orientieren. Durch die kopflose Flucht der letzten paar Minuten war er ein wenig von dem ursprünglichen Weg abgekommen. Zwar war er seinem Ziel schon näher gekommen, aber durch die andere Route musste er jetzt noch eine ungewollte Schikane passieren. Den Styx. Es war eine treffende Bezeichnung für diesen Strom. Eigentlich war es der L.A. River. Vor einigen Jahren wurde sein Verlauf künstlich verändert, seitdem durchfloss er auch dieses Gebiet. Die Menschen nannten diesen 'neuen' Strom nach dem Fluss in der griechischen Mythologie, dem Fluss zur Welt der Toten. Ein wirklich passender Name für dieses schwarze, ungezähmte Ungetüm, das quer durch L.A. floss. Der originale Styx hätte nicht furchteinflössender wirken können.
Und diesen Strom musste der alte Mann irgendwie passieren. Zaghaft und unsicher schritt er langsam wieder aus dem Lagerhaus heraus. Zwar hatte ihm diese kleine Verschnaufpause wieder zu Kraft verholfen, aber zu keiner brauchbaren Idee. Unruhig sah er sich ein wenig genauer um. Durch die dicken Nebelschwaden im Gebiet des Styx, war es kaum möglich, mehr als einhundert Meter weit zu sehen. Und dennoch glaubte der alte Mann, in einiger Entfernung so etwas wie eine Brücke ausmachen zu können. Dies könnte seine letzte Chance sein. Ein Schimmer von Freude tauchte in seinem Gesicht auf, als er näher schritt und seine Vermutung immer mehr bestätigt wurde. Ja. Es war eine Brücke. Blind vor Freunde beschleunigte der Professor seinen Gang. Die letzen Meter rannte er förmlich. Nur mehr 50 Meter. 40. 30. 25.
Der alte Mann befand sich unmittelbar vor der Brücke, da riss ihn eine unbekannte Kraft nach unten. Etwas hatte ihm an seiner linken Schulter gepackt und schleuderte ihn zu Boden. Erst als er dort auftraf, hörte er den Schuss. Das gleiche Geräusch wie zuvor bei der jungen Frau, nur weiter entfernt. Diese Kugel galt ihm. Doch der Schützte musste verfehlt haben. Er war noch am Leben und spürte keinen Schmerz. Aber dennoch fühlte er sich komisch. Ihm war so, als würde sein linker Arm zusehends tauber werden. Verwundert drehte er seinen Kopf nach links. Er erschrak bei dem Anblick.
Nein, der Schütze hatte nicht verfehlt. Ganz im Gegenteil sogar, er hatte die Schulter des alten Mannes perfekt getroffen. Ein perfekter Durchschuss. Blut spritzte aus dem ziemlich großen Loch und rann heiß und schnell zu Boden. Aber der Professor spürte keinen Schmerz. Nur eine große Müdigkeit, die ihm langsam zu überkommen vermochte. Aber noch wollte er nicht aufgeben. Langsam und mit mühen rappelte er sich wieder auf. Die rechte Hand presste er dabei ganz fest an seine Wunde. Es half sogar ein wenig. Aber nicht all zu viel. Immer noch floss ein kleines Rinnsal aus Blut seinen schlaffen linken Arm hinab und tropfte auf den Boden.
Mit einem sehr schwankenden und unsicheren Gang nahm der Alte den Weg wieder auf. Es waren ohnehin nur mehr etwa 15 Meter bis zur Brücke. Und danach? Noch einmal ca. 200 Meter, dann hatte er es geschafft. An dem Dock würde er sicher Hilfe finden. Und jemanden, der ihn hier herausbringen würde. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg. Vor allem mit einem großen Loch in der Schulter. Und Unmengen von Verfolgern im Rücken. Und trotzdem. Aufgeben wollte er jetzt noch nicht.
Endlich hatte er die rettende Brücke erreicht. Müde und kraftlos stützte er sich an ihr Geländer. Er brauchte jetzt nur ein paar Sekunden. Nur ein paar Sekunden, und er könnte weiterlaufen. Nur ein paar Sekunden Ruhe. Ein paar Sekunden, die ihm nicht vergönnt waren.

"Stehenbleiben! Keine Bewegung!"

Der Alte Mann fuhr innerlich zusammen. Er kannte diese Stimme nur allzu gut. Und obwohl er es sich hätte denken können, war er doch überrascht, ihn hier anzutreffen. Er hatte mit vielem in dieser Nacht bereits gerechnet, aber nicht mit ihm. Langsam drehte er sich zu der Stimme, die sich direkt hinter ihm befand. Und da sah er ihn. Einen jungen Mann, Mitte Zwanzig. Mit schwarzem Beret, einer schwarzen Sonnenbrille und einer teilweise verbrannten schwarzen Uniform.

"Tut mir leid, Kyle..."

Der junge Colonel erschrak, als er die Stimme seines alten Freundes wiedererkannte.
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Und?
 
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Ein paar kleinere Rechtschreibfehler, aber ansonsten war der Teil mal wieder einwandfrei! :)
Nur eines frag ich mich: Ist "Styx" bei dir nun männlich oder weiblich?
"im Gebiet der Styx" -> weiblich
"der originale Styx" -> männlich
"...eine Schikane überqueren. Der Styx." -> falsch :D Es muss entweder "Die Styx" (weiblich) bzw. "Den Styx" (männlich) heißen ;)
 
wow! :jawdrop: bin total baff, ehrlich! (auch wenn's teilweise ein wenig :facepuke: ist, aber muss wohl so sein :) ) und immer so schön lange teile! warte bitte nicht mit dem nächsten post!
 
3. Manhunt (4)

Hallo erstmal an alle meine neuen Leser! :wave:
Scheint fast so, als würde es tatsächlich was bringen, im Lit. Quartett erwähnt zu werden :sagrin::

Ok, genug der bösen Worte.
Nach meinen Kurzurlaub melde ich mich heute wieder ofiziell mit diesem Teil zurück. Er ist vielleicht ein bißchen Länger geworden (also mehr Arbeit für Lynx :D ), aber ich wollte ihn nicht unnützerweise nocheinmal aufspalten. Morgen/Übermorgen gibt es dann den 5. (und letzten) Teil des 3. Kapitels - Danach kommt... ach... lasst euch überraschen.
Jetzt aber genug geschwafelt. Viel Spass mit dem neuen Teil.

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Der alte Mann sah müde und trostlos auf den roten Punkt auf seiner Brust. Es war ein roter Punkt, wie ihn nur ein Laserpointer erzeugen würde. Der Laserpointer einer Waffe. Sein Freund visierte genau sein Herz an. Langsam hob er seinen Blick wieder und sah sein Gegenüber an. Kyle Langley. Colonel Kyle Langley. Dieser junge Mann war sein Freund. Vermutlich der einzige, den er noch hatte. Und nun standen die beiden Aug in Aug gegenüber, wie Todfeinde. Aber nur für einen Augenblick.
Nur Sekunden später verschwand der rote Punkt auf der Brust des Alten. Kyle deaktivierte den Laserstrahl und steckte seine Waffe hastig wieder zurück in den Beinhalfter. Er wusste nicht, warum der Professor hier war, oder warum er sich bei ihm entschuldigen wollte, aber eins war ihm klar: Sein Freund brauchte Hilfe. Die Schusswunde stach ihm sofort ins Auge. Und so stürzte er auf den Professor zu. Er packte ihn sanft an seinem rechten Arm und half ihm, sich zu setzten. Danach sah er sich die Wunde genauer an. Es war ein perfekter Durchschuss, ohne Zweifel. Doch etwas war seltsam an dieser Verletzung. Die Wundränder waren angeschmort. Er kannte nur eine Art von Waffe, die solche Wunden schuf. Aber er verwarf den Gedanken sofort wieder. Wieso sollte der alte Mann von einer Omega - Dienstwaffe angeschossen worden sein?
Wohl bedacht seiner Vorgehensweise kramte Kyle in seinen Taschen und fischte schließlich einen kleinen Spray heraus. Er öffnete den Verschluss und blickte dann noch einmal nachdenklich in das Gesicht des alten Mannes.

"Ähh... Professor... Das könnte jetzt ein wenig weh tun..."

Doch der Alte zeigte keine Reaktion. Überhaupt sagte er noch kein Wort, seit Kyle auf ihn zugestürmt war. Das war äußerst seltsam. Selbst für Professor Charles Rhodestone.
Kyle hingegen nahm dieses komische Verhalten nur halb wahr. Stattdessen schüttelte er den Spray und führte ihn dann zur Wunde. Sein Freund stöhnte und verzog sein Gesicht vor Schmerz, als der Colonel schlussendlich begann, die gelbliche Substanz auf die Wunde des Alten zu sprühen. Aber der Schmerz war unvermeidlich. Er gehörte einfach dazu.
Als schließlich beide Seiten der Wunde fertig besprüht waren, schritt der Soldat einen Meter zurück und betrachtete seine Erstversorgung. Sie war erfolgreich. Dieses gelbe Zeug - er konnte sich den Namen für diese Medizin noch nie merken - stoppte binnen Sekunden die Blutung. Mehr konnte er selbst auch nicht mehr tun. Aber er konnte Hilfe rufen. Wieder drückte er den versteckten Knopf auf der Sonnenbrille und aktivierte somit den Kommunikator. Doch er kam nicht dazu, einen Funkspruch an die Basis zu schicken. Der Professor hielt ihn davon ab.
Er packte Kyle an dessen rechten Bein und zerrte daran. Der Soldat blickte daraufhin wieder gen Boden und sah, wie der alte Mann den Tränen nahe war. Er kniete vor ihm und schaffte es nur mit großer Anstrengung zu sprechen.

"Nein... nicht die Basis... Bitte... Nicht..."

"Warum nicht, Professor? Dort sind Leute, die ihnen helfen können... Außerdem ist es hier zu gefährlich... Bin gerade auf der Jagd nach zwei Verdächtigen. 'Armed and Dangerous' - Wie es so schön heißt."

Der junge Soldat lächelte bei diesen Worten. Und auch überkam den trostlosen Blick des Professors ein kurzes Lächeln. Sein junger Freund hatte offenbar keine Ahnung, wen er überhaupt jagte. Das erklärte vieles. Der Gedanke, dass sie ihn schicken würden, wäre ohnehin zu albern gewesen. Kyle war sein Freund. Ein naiver Freund. Denn er glaubte immer noch an den strahlenden Glanz von Omega. Daran, dass diese Organisation für das 'Gute' eintreten würde. Wie naiv. Und dennoch war es vielleicht genau diese Naivität, die ihn bis jetzt vor dem Tod bewahrte. Kyle glaubte an das, was er tat. Er liebte seinen Job geradezu. Und wer könnte stärker sein, als jemand, der aus tiefster Überzeugung und Leidenschaft handelt?
Langsam senkte er seinen Kopf wieder und auch das kurze Lächeln in seinem Angesicht verschwand wieder. Er konnte Kyle nicht länger in die Augen sehen, ohne nicht auch den 12 Jahre alten Jungen in ihn zu sehen. Ein Junge, welcher in schwarzer Uniform und dunkler Sonnenbrille vor ihm stand, plötzlich die Hacken zusammenschlug, und angespannt vor ihm salutierte. 'Private Kyle Langley meldet sich zum Dienst, Sir!'
Und nun stand derselbe Junge vor ihm. Äußerlich war er zwar gealtert, und auch sein Geist wurde weiser mit den Jahren, aber es war immer noch der gleiche, naive Ausdruck in seinem Gesicht. Ein Ausdruck, der sagte: 'Keine Sorge, alles wird gut.' Als ob immer alles gut werden würde. Kyle kannte eben nur die Welt, die Omega ihm zeigte. Vielleicht war dies die Erklärung, warum er sich nie an Jungen wandte. Er war sich nie sicher, ob Kyle ihm die Wahrheit glauben würde. Auch jetzt war er sich immer noch unsicher.

"Ich habe keine Waffe... und auch glaube ich nicht, dass ich sonderlich gefährlich bin... Oder, Kyle...?"

Kaum waren die Worte gesagt, verschwand auch das Lächeln im Angesicht des Soldaten. Purer Horror machte sich stattdessen breit.

"Was... was meinen sie damit...?"

"Kannst du dir das nicht denken? Ich bin es, den du jagen sollst... ich bin es... ich..."

"D-das kann doch nicht sein... Professor... Aber... Aber warum?"

Verzweiflung und Panik. Mehr fühlte Kyle nicht in diesen Sekunden. Was ihm sein alter Freund gerade sagte, war unmöglich. Wieso sollte Omega einen der eigenen Leute jagen? Und wieso wurde er nicht benachrichtigt? Millionen von Fragen tauchten binnen weniger Sekunden im Geiste des Soldaten auf.
Doch es sollte nicht der alte Mann sein, der die Antworten geben würde.

"Weil er ein Verräter ist, Langley... Ganz einfach..."

Wie ein Phantom aus finsterer Nacht tauchte die Gestalt aus den dichten Nebelschwaden hinter den Beiden auf. Mit einer ruckartigen Bewegung zog der Colonel seine Waffe, drehte sich um 180 Grad und visierte instinktiv die Person an. Erst als der rote Laserpunkt das Gesicht der Gestalt ein wenig erhellte, bemerkte der Soldat, dass er die Stimme doch nur zu gut kennen sollte. Dass er ihn nur zu gut kennen sollte.
Leech.

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Lasst was von euch hören, Leute... :D
 
sag mal, gibt's nicht irgendeine regel, die verbietet, was du uns hier gerade wieder antust? gut, dann stelle ich eine auf: unterbrechen an solchen stellen ist ab sofort strikt untersagt! :D :D
außer man beeilt sich mit dem weiterschreiben... *mitdemzaunpfahlwinkt* :D
 
:eek: Spannender Teil! und außerdem sehr informativ, man erfährt viel über den Colonel, ohne dass es gleich langweilig wird. Weiter! :)
 
Also wenn der G&E-Teil auch so gut wird... :eek: Wie immer super, ich hab mal wieder nichts zu meckern und werde so meiner Lebensgrundlage entzogen :D Nein, im Ernst: War spannend, erstklassig geschrieben, fehlerfrei... Was will man mehr? :)
 
Re: 3. Manhunt (5)

Original geschrieben von MajinKay

Die Stimme des Colonels klang aufgelöst und heiser. Als würde man einem Kind zuhören, dass gerade erfahren hatte, dass der Weihnachtsmann nur eine Lüge sei.

:eek: wieder mal total gut geglückt! diesmal sogar mit gefühl! dem colnel muss wirklich viel an dem professor gelegen haben *schluchz*
und wie du manche sachen immer vergleichst! mir würde sowas gar nich einfallen! :biggthump
 
4. Asylum (1)

Und hier ist er: Der neue Teil! :D
Soviel noch zu dem Kapitel 'Asylum' gesagt: Anfangs vielleicht ein wenig lau, ändert sich später aber...
Aber urteilt selbst...

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Kapitel 4 - Asylum

"... welcher daraufhin in den L.A. River sprang und sich somit das Leben nahm. Die Leiche wurde zwar noch nicht gefunden, aber dies ist durch die enorme Strömung des Flusses und dessen Mündung im Meer nicht schwer zu erklären... Ende des Berichts... Unterzeichnet: Col. Kyle Langley... Also... Colonel Langley... entspricht dieser Bericht der Wahrheit?"

Der alte Mann legte den beschriebenen Papierbogen wieder zurück auf seinen Schreibtisch. Er stützte seine Arme mit den Ellbogen am Tisch ab und faltete seine Hände. Mit seinen dunklen, trüben und alten Augen musterte er die beiden jungen Männer, die etwa zwei Meter vom anderen Ende des Schreibtisches stramm vor ihm standen.
Zu seiner linken stand Colonel Joseph Leech. Seine Uniform saß perfekt, kein Körnchen Staub war an ihr zu erkennen. Sein blondes Haar war mit viel Gel nach hinten gekämmt. Sein Gesicht war blass und ernst, die blauen Augen wirkten leer und waren auf kein bestimmtes Ziel gerichtet.
Dann schweifte der Blick des Alten zu der Gestalt zu seiner Rechten. Zu Colonel Kyle Langley. Seine Uniform war nur mehr ansatzweise zu erkennen. Zahlreiche kleinere und größere Löcher waren wild über die Uniform verstreut. Das Hemd bestand fast nur mehr aus den Ärmeln und einigen, kleineren Stofffetzen, die diese zusammenhielten. Außerdem roch die Uniform noch verdächtig angebrannt. Das schwarze Beret des Colonels war sorgfältig zusammengefaltet in der linken Schulterschlaufe der Uniform eingefädelt. Das Haar des jungen Mannes wirkte völlig zerzaust, mindestens 30 schwarze Strähnen standen kreuz und quer, in jede Richtung deutend, vom Kopf ab. Am Kopf trug er immer noch die verspiegelte Sonnenbrille. Der Mund des Colonels öffnete sich langsam, als müsste er noch etwas überlegen, bevor er die Antwort geben könnte.

"Ja, General. Mein Bericht gibt zu hundert Prozent die Wahrheit wieder."

Er hasste es, den General zu belügen. Auch wenn die Lüge darin bestand, nicht die ganze Geschichte zu erzählen, es war dennoch eine Lüge, und sie könnte ihm eines Tages zum Verhängnis werden. Aber das kümmerte ihn wenig zu diesem Moment. Seine Blicke schwankten durch den Raum. Er war schon lange nicht mehr im Büro des Generals gewesen. Dies hatte auch einen guten Grund: Die 69te Etage besuchte man nur, wenn man entweder Mist gebaut hatte, oder wenn der General einem persönlich loben wollte. Und irgendeine Stimme im Inneren des Colonels sagte ihm, dass der zweite Fall diesmal nicht der Grund war.
Das Büro hatte sich kaum verändert, seit seinem letzten Besuch. Es war immer noch recht extravagant eingerichtet. Das Zimmer lag am Süd-Ende der Etage. Eine Wand - die im Rücken des Generals - bestand hauptsächlich aus Panzerglas und Stahlverstrebungen. Allerdings bedeutete dies nicht automatisch, dass das Zimmer immer helle erleuchtet war, ganz im Gegenteil sogar: Meist waren die Jalousien weit heruntergefahren und nur halb geöffnet, so dass nur wenig Licht ins Innere des Raumes drang. Dadurch erhielt der gesamte Raum einen düsteren und geheimnisvollen Touch. Das wenige Licht, welches aber immer noch durch die halb geöffneten Jalousien drang, schien jedem in die Augen, der direkt vor dem Schreibtisch des Generals stehen musste. Dadurch war es fast unmöglich, das Gesicht des Generals wahrzunehmen: das Gegenlicht verhinderte dies. Offenbar sollte nicht nur der Raum geheimnisvoll erscheinen, dem General sollte das gleiche Privileg zu gute werden.
Jede der drei verbleibenden Wände konnte man einem Thema zuordnen. An der Nordwand - in welcher sich auch die Eingangstür befand - hingen zahlreiche Samurai-Schwerter und Banner mit japanischen Schriftzeichen. An der Ostwand hingen zahlreiche Weltkarten, Bilder von den letzten Präsidenten, einige alte Gewehre aus längst vergangenen Tagen und natürlich die amerikanische Flagge. Die Westwand galt schließlich der Passion des alten Mannes. Zahlreiche ausgestopfte Trophäen hingen an dieser Wand, zusammen mit einigen Bildern wunderschöner Waldlandschaften.

"Verdammt noch mal, Langley! Das will ich verdammt noch mal stark hoffen... In dieser Nacht ist bereits genug schief gelaufen... Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht...? Sie hatten explizite Anweisungen, mit dem Gefangenen wieder zur Basis zurückzukehren. Und was machen sie stattdessen...? Die widersetzen sich einer strikten Anweisung, und spielen sich auf wie... wie... wie Clint Eastwood! Wir sind hier nicht im Wilden Westen, Langley!"

Nach dem ersten Satz erhob sich der General wütend von seinem Sessel. Mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt sah er als erstes ein wenig aus dem Fenster, in das erste Licht des Tages. Danach wandte er sich wieder von der Glaswand ab, kreiste ein wenig um den Colonel, wie ein gieriger Aasgeier, bis er beim letzten Satz angelangt schließlich wenige Zentimeter vor ihm stehen blieb. Kyle konnte sein Gesicht zum ersten Mal an diesem Tag gut erkennen.
Es war alt und faltig, aber immer noch sehr markant. Ein langes Gesicht, mit hoher Stirn, kleinen Augen und einem kantigen Kinn. Auf seinem Haupt waren fast keine Haare mehr vorhanden, aber er hatte dafür einen dichten, weißen Schnurrbart. Das Gesicht strotzte nur so vor Zorn und Ärger. Wütende Augen blickten in die Gläser der Sonnenbrille.

"Und nehmen sie verdammt noch mal ihre Brille ab, wenn ich mit ihnen rede."

Mit einer schnellen Handbewegung leistete der Colonel der Anweisung Folge. Seine schwarzen Augen blitzen im Gegenlicht kurz auf, als er seinen Kopf hob.

"Schon besser... Ich hoffe, sie lernen aus dieser Geschichte, und nehmen sich zukünftig ein Beispiel an Colonel Leech. Sein Verhalten gestern Nacht war geradezu vorbildlich im Vergleich zu dem Ihrigen... So... und jetzt wegtreten!"

Beim umdrehen warf Leech Kyle noch einmal einen verachtenden Blick, zusammen mit einem überlegenen Grinsen zu. Danach machten sich beide daran, das Büro zu verlassen. Kyle stoppte allerdings kurz, als er noch einmal die Stimme des Generals vernahm.

"Ach... und Langley... melden sie sich um 0800 im Besprechungszimmer... ich habe einen neuen Auftrag für Sie..."

"Um 0800, Sir? In drei Stunden?"

"Ja... Oder haben sie ein Problem damit?"

"Nein, Sir."

"Gut... Dann sehen sie zu, dass sie mir aus den Augen kommen..."

"Jawohl, Sir"

Kyle warf keinen Blick zurück, als er das Büro des alten Mannes verließ.

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Meinungen? Wünsche? Beschwerden? Anfragen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, einen Wunsch hab ich tatsächlich: Denk an die Vorvergangenheit! Der Satz "Er war schon lange nicht mehr im Büro des Generals" müsste eigentlich noch um ein "gewesen" ergänzt werden. In der jetzigen Form hat er nämlich eine ganz andere Bedeutung: Er sagt aus, dass der Colonel sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr im Büro befindet... Da heißt es aufpassen ;)
Ansonsten war's gewohnt gut.
 
ja ja, die vorvergangenheit ( :smash: ), aber sei's drum, ansonsten war der teil wieder vool cool. man kann sich das alles irgendwie total gut vorstellen.
aber eine frage hab ich (und wenn sie blöd klingt, bitte nicht lachen), aber was meinst du mit der überschrift???
 
4. Asylum (2)


:kaioken: I'M BACK! :kaioken:

Ok, ich melde mich von meiner kleinen schöpferischen Pause, die ich einfach gebraucht habe ( :dodgy: ) mit dem nächsten Teil von 'Omega' zurück. Eins noch vorweg:
@canola: Bis jetzt hab ich bei jeder meiner Überschriften ein engliches Wort oder Wortgruppe genommen, deren Bedeutung versteckt etwas mit dem Kapitel zu tun hat. Genau so ist es bei 'Asylum' ... du kannst dir ja schon mal gedanken darüber machen, was es bedeuten könnte :D
Aber jetzt, ohne weitere Umschweife zu dem neuen Teil!

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Langsam und müde schritt der Soldat durch die letzte Etage des Wolkenkratzers. Vorbei an Janet Reese, der Sekretärin des Generals, die ihr Büro direkt vor dem des Befehlshabers hatte. Vorbei an den vielen dunklen Büros der Etage, in welche in wenigen Stunden schon wieder fleißige Arbeiter sitzen würden und den ganzen Papierkram erledigen würden, der so bei Omega anfiel. Entlang dem schwach beleuchteten Gang, der direkt zu einem der drei Expresslifte führte, in welchen der Colonel dann auch entkräftet einstieg. Kaum schlossen sich die Türen, warf sich der Soldat mit einem Seufzen mit dem Rücken gegen die Liftwand, die gegenüber der automatischen Tür war und sank zu Boden. Er war müde und wollte nur mehr eins: Ruhe.

<<Bitte geben sie das Stockwerk an!>>

Die metallische Computerstimme rührte sich erst nach einigen Minuten im Lift. Sie ermahnte den Colonel daran, dass er endlich einen Etagenknopf drücken sollte, bevor der Computer ihn für bewusstlos einstufte und automatisch den Notarzt rief. Das war eines dieser neuen Sicherheitssystem. Kyle hielt es für ziemlich unnütz, aber mit dieser Meinung blieb er allein. Vermutlich, weil er als einer der Wenigen noch nie bei einen Arzt war.
Langsam erhob er sich wieder und drückte einen kleinen, roten Knopf unterhalb des Lautsprechers am Kontrolpanel. Das Schutzgitter des Lautsprechers klappte auf und man konnte neben dem eigentlichen Lautsprecher noch eine kleine, schwarze Fläche zu erkennen, die in ihm eingearbeitet war. Nachdenklich legte er seinen Daumen auf die Fläche, welche daraufhin rot zu leuchten begann. Der Laser tastete seinen Fingerabdruck ab. Kurz darauf konnte man ein kurzes Piepen vernehmen, gefolgt von der Computerstimme.

<<Seien sie gegrüßt, Colonel Langley. Wählen sie bitte eine Etage.>>

Fast schon automatisch schoss die Antwort aus ihm heraus.

"Sub-Level 4"

Ein kurzes Surren war zu hören, bevor sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte. Mit einem schnellen Tempo sauste er in die Tiefe. 56te Etage... 53te Etage... 49te... Der Lift schien immer Schneller zu werden. Dem Colonel schien das allerdings nicht im Geringsten zu berühren. Er lehnte immer noch an der Rückwand des Liftes und strich sich mit der rechten hand durch die Haare. Es war eine anstrengende Nacht für ihn. Viel war passiert. Viel, mit dem er nicht gerechnet hatte. Viel, was nicht hätte passieren sollen.
Nur kurz darauf stoppte der Fahrstuhl abrupt. Dieses schnelle Abbremsen war zwar anfangs nervig, aber mit den Jahren hatte er sich daran gewöhnt. Die Türen des Liftes öffneten sich langsam und das grelle Licht der vielen Neonröhren schien dem Colonel in die Augen. Er zwinkerte kurz, seine Sonnenbrille wollte er aber nicht auf setzen. Stattdessen presste er seine Augen zu kleinen Schlitzen zusammen und machte sich so auf den Weg durch den hell erleuchteten Gang. Die metallischen Wände des rechteckigen Korridors spiegelten das vorhandene Licht, und machten es somit noch viel unerträglicher. Kyle fragte sich, warum er überhaupt die Augen noch offen hatte. Er würde doch auch blind zu seinem Zimmer finden. Es war immerhin das Letzte in diesem Sektor. Den Korridor bis zum Ende, dann rechts. Aber er hielt die Augen trotzdem offen. Vielleicht suchte er insgeheim den stechenden Schmerz, den das Licht verursachte. Dieser hielt ihn zumindest wach.
Nach einigen Minuten war er endlich an der Metallischen, trapezförmigen Tür zu seinem Zimmer angekommen. Die Tür hatte keine Angeln oder Türschnalle, dafür war aber rechts neben der Tür, auf etwa 1,50 Meter Höhe eine Tafel angebracht.
<<Colonel Kyle Langley
U.S. Special Forces
Omega Division>>
Unter der Tafel war wieder eine kleine, schwarze Fläche. Einen Daumenabdruck später, schoss die Tür schnell und fast lautlos nach oben und verschwand in der Wand. Müde betrat der Soldat sein Quartier.

"Licht... Intensität 30..."

Ein kleines Surren verdeutlichte, dass das Kommando registriert wurde. Einige Steh- und Deckenlampen im Zimmer begannen schwach zu leuchten. Es war ein fahles, schwaches Licht. Genau richtig für seine Augen. Kyle hörte, wie die Tür sich hinter ihm wieder schloss und automatisch verriegelte. Endlich könnte er sich ein wenig ausruhen. Langsam blickte er sich noch einmal in seinem Zimmer um, bevor er sich müde in sein Feldbett warf.
Es war ein sehr individuell eingerichtetes Zimmer, dass wusste er schon immer. Anders als die Räume des restlichen Kommandostabes war seiner nicht voll geräumt mit amerikanischen Flaggen, historischen Waffen oder Büchern über Militärische Strategien. Das fensterlose Zimmer, in welchen er lebte war voll mit Regalen, in welchen sich Unmengen von Büchern und CD-Cover befanden. Die meisten von den Büchern hatte er schon mindestens zweimal gelesen. Sie alle handelten von der Welt vor dem Tag X. Vor der Katastrophe, die die Welt auf immer veränderte. Genauso die CDs. Allesamt von Bands, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts bekannt oder berühmt waren. Die Meisten von denen gab es jetzt nicht mehr. Kyle mochte diese Musik. Er mochte die Vergangenheit. Damals war vieles anders, vieles besser. Zumindest dachte er das. Außer den vielen Regalen gab es kaum mehr was in dem Zimmer. Nur mehr den obligatorischen Schreibtisch mit PC, einen Drehsessel und das armselige Feldbett, in dem er lag. Mehr brauchte er aber nicht.

"Computer, Musik!"

Seine Stimme klang sehr müde und schwach. Doch noch wollte er nicht schlafen. Er lag in seinem bett, voll angezogen mit den zerrissenen Kleidern, den Armen hinter dem Kopf verschränkt. Er wollte erst noch ein wenig grübeln.

<<Genauere Spezifikationen, Bitte.>>

"Hmm... Band: Limp Bizkit... Album: Chocolate Starfish and the hotdog flavoured water... Titel: Take A Look Around..."

Wieder war ein leises Surren zu vernehmen, bevor die Musik zu spielen begann. Schon war die E-Gitarre zu hören und die so bekannte Musik. Kyle half sie, seine Gedanken zu ordnen. Mit offenen Augen starrte er die dunkle Decke an und dachte über die Geschehnisse der letzten Nacht nach.

" All The Tensions In The World Today
All The Little Girls Fillin Up The World Today
When The Good Comes To Bad, The Bad Comes To Good
But I'm gonna live My Life Like I Should "


Was war nur passiert? Der Professor war kein Verräter. Dazu kannte er ihn zu gut. Vielleicht war er kein Heiliger, vielleicht hatte er tatsächlich etwas mitgehen lassen, aber dann brauchte es einen verdammt guten Grund. Immerhin wusste er, dass man ihm früher oder später auf die Schliche kommen würde, und dass er sich nicht vor Omega verstecken könnte. Aber warum hatte er es trotzdem getan? Was hatte er trotzdem getan?

" But Do We Always Gotta Cry
Do We Always Gotta Live Inside A Lie
Life's Just A Blast that's Movin Really Fast
Ya Better Stay On Top Or Life will Kick You In The Ass "


Er konnte es einfach nicht glauben. Immerhin war es Professor Charles Alvin Rhodestone. Charly. Einer der einzigen, die er jemals als 'Freund' bezeichnete. Vielleicht war er sogar mehr als das. Kyles Familie starb, als er noch ein kleines Baby war. Er wusste nicht, was es bedeutete, einen Vater oder eine Mutter zu haben. Und dennoch hatte er etwas, was er als 'Familie' bezeichnen konnte - Omega. Die Agenten von Omega kümmerten sich um ihn, sie bildeten ihn aus und waren auch immer da, wenn er Probleme hatte. Einer voran: Charly. Kyle wusste nicht, was es bedeutete, einen Vater zu haben, aber er dachte immer, dass ein Vater so jemand wie Charly sein müsste. Jemand, der einen zuhört. Jemand, der sich um einen sorgt. Jemand, der einfach nur da ist.

" Does Anybody Really Know The Secret
Or The Combination For This Life And Where They Keep It
It's Kinda Sad When You Don't Know The Meaning
But Everything Happens For A Reason "


Und dann sah er wieder diese schrecklichen Bilder. Den Professor, wie er in den Styx fiel. Der Anblick seines Gesichtes, als der schwarze Strom ihn verschluckte. Kyle kam es so vor, als hätte er ein Lächeln auf den Lippen. Warum? Warum nur? Warum freute sich der alte Mann darüber, in den Strom zu stürzen. Wegen Leech? Kyle wusste zwar, dass sich die beiden nie besonders Leiden konnten, aber deswegen Suizid begehen? Er hätte eine faire Verhandlung bekommen. Ein paar Jahre Gefängnis, das wäre alles gewesen. Und dennoch sprang er. Vor was fürchtete sich Charly so sehr, dass er den Tod vorzog?

"And There Aint Nothin I Could Do
Cause Life Is A Lesson, You'll Learn It When You're Through "


Langsam verstummte die Musik aus den Lautsprechern wieder. Mit einem kurzen Kommando sorgte Kyle auch dafür, dass sie vor 0700 auch nicht wieder zu spielen beginnen würde. Zu diesem Zeitpunkt musste er aufstehen. Musik war für ihn immer noch der beste Wecker.
Langsam drehte er sich zur Seite und schloss die Augen. Was auch immer passiert geschehen ist, jetzt war nicht der Zeitpunkt, um eine Antwort zu finden. Oder eine Lösung. Jetzt konnte der Colonel nur mehr eins finden.
Ein wenig Ruhe.
Schlaf.

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:eek: Super-Teil! Der Musiktext passte perfekt, nur irgendwie wär's noch schöner gewesen, es hätte sich um irgendwelche klassische Musik gehandelt ;) Also sich bei Limp Bizkit zu entspannen, find ich reichlich eigenwillig :D
 
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