"Bin... ich tot?"
Der Kree-jin machte eine Erfahrung, die jenseits aller Vorstellungskraft war. Seine Energie und seine 'Essenz' - oder besser gesagt: seine Seele verließen die Schranken der matriellen Welt, des Körpers aus Fleisch und Blut. Dies war es also, was der Alte die ganze Zeit meinte. Kay wurde langsam klar, warum der alte Kree-jin nie genauer erklärte, was er war. Er konnte es einfach nicht. Mit einem einzigen Gedanken konnte sich Kay an jeden Ort bringen, er konnte quer durchs Universum reisen, ohne auch nur ein bisschen Energie zu verschwenden.
Energie. Das war er. Pure, reine, absolute Energie. Dies war wohl die Betimmung aller Kree-jins.
Doch der Alte blieb ihm noch etwas schuldig: die Weisheit zu der Macht, die diese erscheinung, die seine neue Existenz mit sich brachte.
"Ja und Nein... Leben und Tod... hat für dich keine Bedeutung mehr... zumindest nicht mehr für die nächsten 1000 Jahre..."
Es war der Alte. Doch diesmal erkannte Kay keine materielle Hülle, er sah ihn in seiner wahren Gestalt: ein Wesen aus Energie. So, wie auch er ein Wesen der Energie geworden war. Kay erkannte nur mehr einen großen Ball aus Licht und Energie, aber er wußte, das dies der alte sein müsste.
"Ich bin dir noch etwas schuldig... also komm her, Kay..."
Kay wusste nicht wie er das anstellen sollte. In seiner neuen Erscheinungsform hatte er weder Beine noch einen materiellen Körper. Aber der alte sah das und daher kam er immer näher. Für einige Sekunden standen sich beide Energiebälle gegenüber. Kay wusste nicht, was als nächstes passieren würde. es war der alte, der das Wort ergriff, um ihn zu beruhigen.
"Sorge dich nicht... das hier ist erst der Beginn..."
Und dann: Ein geißender Lichtblitz. In dem Bruchteil einer Sekunde ging ein Prozess zu Ende, der schon vor Wochen, damals auf dem fremden Planeten began. Der alte übertrug den Rest seiner Energie auf Kay. All sein Wissen, all die Erinnerungen der letzten 1000 Jahre flossen innerhalb von Sekundenbruchteilen auf kay ein. Es war schmerzhaft. Kay fühlte sich, als ob sein Kopf explodieren würde. Aber dann kam es ihm ja: Er hatte ja gar keinen mehr.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, aber schließlich riss auch der größte Informationsfluss ab und alle energie, alles Wissen war von Kay absorbiert worden. De alte war indes verschwunden.
'Wahrscheinlich ist er jetzt in einer besseren Welt', dachte sich Kay, als er langsam wieder klar denken konnte. Er verstand endlich, was er war. Zu was er wurde. Und was seine Aufgabe war, in dieser Welt. In diesem Universum. Er verstand auch die vielen Begegnungen mit dem Alten und die Bilder, die er ihm vor Augen hielt. Sie alle hatten mit seiner Mission zu tun. Einer Mission, die in dieser Minute startete.
Doch Kay war noch nicht bereit. Er hatte noch eine Sache zu erledigen, bevor er sich an seine Arbeit machen konnte.
Nur einen gedanken später schwebte er über dem bewustlosen Körper von Matode im Trainingsraum.
Kay konnte nicht gehen, ohne sich vorher zu verabschieden. Von seinen Freunden.
Aber in dieser Form von reiner Energie würde ihn keiner erkennen. Er musste eine Gestalt annehmen, die Matode wiedererkennen würde. Und es brauchte wieder nur einen Gedanken, und schon verwandelte sich der Ball aus Energie wieder in ein menschenähnliches Wesen zurück. Kay stand vor Matode. Doch er war nicht mehr der selbe. Er trug die selben Klamotten wie immer, nur dass diese vollkommen weiß waren. Auch seine haare und seine Augen hatten ihre natürliche, schwarze Farbe geändert und leuchteten in einem grellen weiß. Von Kays Erscheinung schien ein inneres Leuchten auszugehen.
"Wach auf Matode."
Kaum waren die Worte im Raum verklungen, schon stieß der junge mensch seine Augen auf. Er starrte in Kays Gesicht, welcher sich mit dem Oberkörper über ihn gebeugt hatte. Horror und Erstaunen konnte er in Matodes Augen sehen. Doch Kay sprach mit ruhiger Stimme:
"Keine Angst... Ich bin kein Gespenst... Ich bin nur zu dem geworden, das ich werden sollte... Ich habe nur meine Bestimmung erfüllt... Und nun steh auf..."
Matode tat, wie ihm gesagt wurde. Er stand aus, ohne ein Wort zu sagen, aber auch ohne Kay nur eine sekunde aus den Augen zu lassen. Er versuchte ihn zu berühren, stellte aber mit Schrecken fest, dass er es nicht konnte. Anstatt Kays Arm spürte er nur einen kalten Nebel, der ihm einen Schauer über den Rücken jagte.
"Wunder dich nicht... Mein Körper ist tot, wie du bereits weist... aber ich bin es nicht... Ich lebe... wenn auch in anderer Form... Weist du... Ich bin eigentlich nur gekommen, um Lebewohl zu sagen... Ich verstehe endlich, was meine Bestimmung ist, und daher muss ich mich auf den weg machen... Das Ziel ist weit entfernt. Aber trauert nicht um mich. Wir werden uns wieder sehen. Vielleicht erst in einem anderen Leben. Aber wir sehen uns wieder. Sag Goten, wenn du ihn wiedersiehst, das es mir Leid tut, dass ich es ihm nicht persönlich sagen kann, aber die Zeit drängt. Und sag Jarden, dass es eine Ehre war, mit ihm an einer Seite zu kämpfen. Auch dir danke. Du warst ein guter und loyaler Freund... Nun ist es aber an der Zeit für mich zu gehen... Lebwohl, Matode... oder besser. Auf Wiedersehen..."
Kay verschwand genauso schnell wieder im Nichts, wie er aufgetaucht war, und ließ einen versutzen Matode zurück, der wie angewurzelt an der gleichen Stelle stand.
Aber Kay konnte nicht anders. Ein kurzer Abschied war alles, was ihm möglich war. Denn er musste sich jetzt auf die Zukunft konzentrieren. Eine Zukunft, die ihn bräuchte, und in der er eine große rolle spielen würde. Eine Zukunft, die erst wage in den Nebelschleiern der Zeit zu erkennen war. Eine Zukunft, die neue Helden und neue Monster kreieren würde. Eine Zukunft, die für ihn einen Namen hatte.
Azrael.