LadyR
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Also hier ist sie, die Geschichte, die ich im Preview Thread erwähnte. Es ist eine romantische Abenteuergeschichte mit Humor und drei Hauptpersonen, von denen man nicht behaupten kann, dass sie viele Fans hätten (bis auf C17 vielleicht).
Die Geschichte spielt nach dem Ende von DBZ und ist nicht an GT gebunden (das nicht nicht einmal kenne).
Viel Spaß beim Lesen und ich würde mich über ein paar Kommentare sehr freuen!
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Sehnsucht öffnet alle Türen – eine DBZ-Fanfiction
„Noch einen!“ Lunch schwenkte auffordernd ihr Glas.
Der Barkeeper warf ihr einen schiefen Blick zu. „Kleine Lady, Sie hatten schon drei doppelte. Mehr vertragen Sie nicht, ohne vom Stuhl zu kippen.“
„Warte mal“, Lunch erhob sich etwas schwerfällig vom Hocker und packte den Barkeeper am Kragen. „Ich beschtimme hier, wann du ... ich meine, wann ich genug haben. Veschtanden?!“
„Ihh!“ Der Barkeeper drehte den Kopf zur Seite, um ihrer Fahne zu entgehen. Mit einem Ruck befreite er sich aus ihrem Griff und knallte ein leeres Glas vor sie hin. „Zuerst bezahlen Sie mal die Zeche für die anderen Drinks, dann sehen wir weiter.“
Die wehrhafte Blondine vor ihm, sah erst das leere Glas an, dann seine fordernd ausgestreckte Hand. „Schon ... schon gut!“, murmelte sie und nestelte an ihrem Gürtel. Zu dumm, dass sie ihre Knarre draußen beim Eingang hatte abgeben müssen. Der Beutel mit ihrer letzten Beute war schon wieder ziemlich leicht geworden. Mit Mühe knüpfte sie den Knoten auf und fischte ein paar Münzen heraus. „Ischt das genug?“ Sie ließ die Münzen auf den Tresen fallen.
Der Barkeeper stutzte. Das waren doch Sammlermünzen, die silberne Königsausgabe dazu noch. Er sah die blonde Frau an. War da nicht vor zwei Wochen erst ein Raubüberfall in aller Munde gewesen? Eine blonde Frau hatte angeblich ganz allein den Geldtransport überfallen und die sechs Wachmänner ausgeschaltet, ohne einen davon ernsthaft zu verletzen. Die Sonderprägung der silbernen Königsausgabe war damals für die große Sammlermesse mit von der Partie gewesen und wurde ebenfalls vermisst. Eigentlich hatte er es sich ja nicht vorstellen können, dass eine einzelne Frau so gerissen sein würde, aber da saß die Diebin, eine Armeslänge vor ihm und unbewaffnet. Seine Hand schloss sich um die wertvollen Sondermünzen. „Aber natürlich reicht das. Dafür gebe ich Ihnen sogar einen dreifachen.“
Lunchs Instinkte waren durch ihre lange Verbrechenslaufbahn geschärft worden, aber in dem Whisky ertränkt, schlugen sie nicht Alarm, als der Barkeeper mit einem besonders freundlichen Lächeln das Glas mehr als großzügig voll goss.
Der Kalender, der neben dem großen Spiegel hing schien sie auszulachen. Der dreizehnte Juni, wieder einmal. Lunch seufzte und kippte den harten Drink ohne mit der Wimper zu zucken in sich hinein. „Woah!“, entfuhr es ihr. „Ist ja das pure Feuer, ‘ne Extramarke, Schef?“ Vor ihren Augen begann das Gesicht des Barkeepers zu verschwimmen. „Ja, die ist nur für ganz besondere Kunden“, hörte sie ihn noch sagen. „War wohl doch ein bischchn viel...“ lallte sie noch, kippte vom Hocker auf den Boden und schlief auf der Stelle ein.
„Auf die Mischung kommt es an“, grinste der Barkeeper und griff zum Telefon. „Hallo, Polizei...?“
...........................................
Als Lunch Stunden später wieder zu sich kam, fühlte sich ihr Schädel an, als hätten Elefanten darauf Rumba getanzt. „Ohhh...“ Selbst das leise Gewimmer ihrer eigenen Stimme schnitt in ihr durch Mark und Bein. Ihr Zunge war dick und pelzig, als hätte sie jemand in Sägemehl gewälzt und als sie vorsichtig die Augen aufschlug, stach das unbarmherzige Licht der nackten Glühbirne wie tausend Nadeln. Schlafen, sie musste unbedingt noch schlafen... und wieder versank sie in wohltuender Schwärze.
„Genug gepennt, du blondes Biest!“
Platsch! Mit einem Schlag war Lunch hellwach und wischte sich das kalte Wasser aus den Augen.
„Was soll das, verdammt? So weckt man keine Dame!“
„Ich dachte nur, du willst vielleicht dein Frühstück.“
Diese Stimme kannte sie nicht und sie war auch viel zu überheblich für ihren Geschmack. Obwohl ihr Kopf noch immer höllisch weh tat, zwang sie sich, sich mit weitoffenen Augen umzusehen. Betonwände, lange Eisenstäbe, ein Holztisch, ein wackliger Stuhl, noch mehr lange Eisenstäbe, eine Pritsche... Mit einem Schlag war der Kater wie ausgelöscht.
Kerzengerade presste sich Lunch mit dem Rücken an den harten Beton und schluckte. „Wo... wie?“, krächzte sie heiser.
Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und quietschend umgedreht. Knarrend glitt die Gittertüre auf und zwei Wachebeamte traten ein. Einer trug ein Tablett, der andere hatte seine Waffe auf Lunch gerichtet.
„Du bist hier im Gefängnis der östlichen Hauptstadt. Wir haben bei dir die einzigartigen Silbermünzen gefunden, die vom Raub vor zwei Wochen stammen. Sie sind ganz frisch geprägt und nur deine Fingerabdrücke sind drauf. Leugnen ist zwecklos. Der Richter hat dich im Schnellverfahren zu 30 Jahren Kerker verurteilt.“
Lunch fiel der Kinnladen herab. „Drei... dreißig Jahre? Und das für die lumpigen Kröten, die keine zwei Wochen gereicht haben? Bei euch piepst wohl! Ich verlange den Richter zu sprechen, einen Anwalt und ich will meine Knarre zurück!“
„Hahaha...“ die beiden Wachmänner lachten aus vollem Hals. „Du bist vielleicht ulkig. Als ob jemand einer so gefährlichen Verbrecherin wie dir eine Knarre geben würde. Iss erst mal, morgen wirst du ins Frauengefängnis verlegt.“
Lunch hatte gute Lust, ihnen zu sagen, was sie mit dem Essen anfangen sollten, aber ihr Magen knurrte vernehmlich und so stand sie von der Pritsche auf und ging langsam zum Stuhl, um sich mit einem Knurren darauf fallen zu lassen. Das Frühstück erwies sich als gar nicht so übel. Immerhin hatten die offenbar nicht vor, sie verhungern zu lassen. Lunch griff nach dem Löffel und schaufelte den Haferbrei in sich hinein. Auch von dem Spiegelei mit Toast und den Bohnen in Tomantesauce ließ sie nichts übrig.
Die Kanne Kaffee war ihr sehr willkommen und auf ihre Bitte hin brachte ihr der zweite Wachmann sogar noch eine Karaffe mit Wasser, das sie in sich hinein schüttete. „Die Toilette ist da drüben. Wir sind ein sehr modernes Gefängnis, daher hat jede Zelle ihre eigene“, sagte der jüngere Wachmann stolz, als er das leere Tablett abräumte. Lunch nickte nur flüchtig und verkroch sich dann wieder auf die Pritsche. Zusammen gerollt starrte sie auf die Gitterstäbe und fragte sich, ob das dieses Mal wirklich ihr Ende sei. Und wenn, würde es überhaupt etwas ausmachen? Die Überfälle, die Diebestouren hatten seit Jahren einen schalen Geschmack. Gestern war er also wieder gewesen, der dreizehnte Juni. Wieder ein Jahr mehr, sie war wieder ein Jahr älter und er auch. Seufzend streckte sich Lunch aus, verschränkte die Hände unter dem Kopf und starrte zur Decke. Zehn Jahre. Zehn Jahre war es jetzt her, seit sie ihm durch Zufall wieder über den Weg gelaufen war. Besser gesagt ihre andere Hälfte, das Hausmütterchen Lunch. Trotzdem, im Gegenteil zu der andern Lunch, die sich an die Verbrechen der blonden Hälfte nie erinnern konnte, hatte sie Gott sei Dank alle Erinnerungen der blauhaarigen Hälfte.
Das war nicht immer so gewesen, aber in letzter Zeit erging es ihr so. Gut hatte er ausgesehen, glatzköpfig wie immer, in dem üblichen Mönchsgewand. Stark, noch immer die geballte Kraft in Person und kaum älter als damals, wo er sich von ihr abgewendet, sie einfach sitzen gelassen hatte. Obwohl, so richtig zurückgewiesen war sie sich nie vorgekommen, hatte er ja doch nicht einmal in der Zeit, als sie zusammen gewohnt hatten, das kleinste Bisschen Zuneigung erkennen lassen. Höfliche Duldung, ja, damit konnte man seine Haltung am besten beschreiben. Lunch seufzte noch tiefer. Und da war er endlich wieder vor ihr gestanden, nachdem Mr. Satan sich gerade wieder mal zum Champion hatte krönen lassen.
Sie war doch extra zu den Weltmeisterschaften gefahren, hatte sich das Geld für die sündteure Eintrittskarte zusammengestohlen, in der wagen Hoffnung er würde auch da sein. Es hatte sie gewundert, dass dieser rosa Klops, der sich Boo nannte, zwar jeden Gegner alt hatte aussehen lassen, aber nach dem laschen Schlag Satans wie ein Mehlsack umkippte. Roch verdammt nach Betrug, aber ihr konnte das egal sein. Nach der Siegerehrung hatte sie sich mit ihren Ellbogen durch die Menge gepflügt, ständig Ausschau gehalten nach einem Clownsgesicht und einem glatzköpfigen Mönch und gerade als sie die beiden weit vor sich erblickt hatte, musste der Wind ein paar lästige Pollenkörner ihr ins Gesicht blasen ... und ihre blasse Hälfte übernahm. Dass sie danach überhaupt noch an ihn heran gekommen war, konnte als kleines Wunder gelten, war doch die zahme Lunch viel zu weich, um ihr Ziel konsequent zu verfolgen. Nun, immerhin musste er ihren Ruf gehört haben, denn er hatte sich umgedreht und ihr gewunken.
Die zahme Lunch, deren Herz nicht für ihn schlug, hatte ihn ganz einfach nur freundlich angelächelt und nach dem Befinden gefragt. Ein paar nichtssagende Worte, ein paar Floskeln. Dann hatten sich ihre Wege wieder getrennt. Als der nächste Wechsel kam, waren er und Chaozu natürlich längst über alle Berge.
Zehn Jahre. Wenn sie ihn jetzt sehen würde, ob er sie wieder erkennen könnte? Zu viel Sonne, zu viel Stress und zu viele harte Drinks. Die silbernen Haare ließen sich in der blonden Mähne noch gut verbergen, aber die blauhaarige Lunch hatte das letzte Mal ernsthaft versucht, sie auszureißen weil sie aus der blauen Lockenpracht hervorstachen. Auch ihr Gesicht, Lunchs Hände tasteten über Wangen, Mundwinkel und Schläfen, auch ihr Gesicht hatte die jugendliche Glätte eingebüßt. Krähenfüße in den Augenwinkeln, Falten in den Mundwinkeln, sie hätte das Geld wohl besser in eine Schöhnheitsoperation investiert. Ob die zehn Jahre an ihm wieder ohne große Spuren vorbei gegangen waren? Wahrscheinlich.
Das Leben konnte so ungerecht sein, dass es zum Verzweifeln war. Sie, die geführchtete Diebin Lunch saß nun hinter Gitter. Eigentlich könnte sie jetzt auf den ältesten Trick zurückgreifen und mit der braven Lunch wechseln, aber ... irgendwie verspürte sie nicht den Hauch eines Wunsches, sich wieder allein durch die Weltgeschichte zu schlagen. Statt in einem Hinterhof elend zu krepieren, würde sie eben hinter Gitter vor die Hunde gehen. Wen kümmerte das schon? Ihn ganz bestimmt nicht ...
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Die Geschichte spielt nach dem Ende von DBZ und ist nicht an GT gebunden (das nicht nicht einmal kenne).
Viel Spaß beim Lesen und ich würde mich über ein paar Kommentare sehr freuen!
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Sehnsucht öffnet alle Türen – eine DBZ-Fanfiction
„Noch einen!“ Lunch schwenkte auffordernd ihr Glas.
Der Barkeeper warf ihr einen schiefen Blick zu. „Kleine Lady, Sie hatten schon drei doppelte. Mehr vertragen Sie nicht, ohne vom Stuhl zu kippen.“
„Warte mal“, Lunch erhob sich etwas schwerfällig vom Hocker und packte den Barkeeper am Kragen. „Ich beschtimme hier, wann du ... ich meine, wann ich genug haben. Veschtanden?!“
„Ihh!“ Der Barkeeper drehte den Kopf zur Seite, um ihrer Fahne zu entgehen. Mit einem Ruck befreite er sich aus ihrem Griff und knallte ein leeres Glas vor sie hin. „Zuerst bezahlen Sie mal die Zeche für die anderen Drinks, dann sehen wir weiter.“
Die wehrhafte Blondine vor ihm, sah erst das leere Glas an, dann seine fordernd ausgestreckte Hand. „Schon ... schon gut!“, murmelte sie und nestelte an ihrem Gürtel. Zu dumm, dass sie ihre Knarre draußen beim Eingang hatte abgeben müssen. Der Beutel mit ihrer letzten Beute war schon wieder ziemlich leicht geworden. Mit Mühe knüpfte sie den Knoten auf und fischte ein paar Münzen heraus. „Ischt das genug?“ Sie ließ die Münzen auf den Tresen fallen.
Der Barkeeper stutzte. Das waren doch Sammlermünzen, die silberne Königsausgabe dazu noch. Er sah die blonde Frau an. War da nicht vor zwei Wochen erst ein Raubüberfall in aller Munde gewesen? Eine blonde Frau hatte angeblich ganz allein den Geldtransport überfallen und die sechs Wachmänner ausgeschaltet, ohne einen davon ernsthaft zu verletzen. Die Sonderprägung der silbernen Königsausgabe war damals für die große Sammlermesse mit von der Partie gewesen und wurde ebenfalls vermisst. Eigentlich hatte er es sich ja nicht vorstellen können, dass eine einzelne Frau so gerissen sein würde, aber da saß die Diebin, eine Armeslänge vor ihm und unbewaffnet. Seine Hand schloss sich um die wertvollen Sondermünzen. „Aber natürlich reicht das. Dafür gebe ich Ihnen sogar einen dreifachen.“
Lunchs Instinkte waren durch ihre lange Verbrechenslaufbahn geschärft worden, aber in dem Whisky ertränkt, schlugen sie nicht Alarm, als der Barkeeper mit einem besonders freundlichen Lächeln das Glas mehr als großzügig voll goss.
Der Kalender, der neben dem großen Spiegel hing schien sie auszulachen. Der dreizehnte Juni, wieder einmal. Lunch seufzte und kippte den harten Drink ohne mit der Wimper zu zucken in sich hinein. „Woah!“, entfuhr es ihr. „Ist ja das pure Feuer, ‘ne Extramarke, Schef?“ Vor ihren Augen begann das Gesicht des Barkeepers zu verschwimmen. „Ja, die ist nur für ganz besondere Kunden“, hörte sie ihn noch sagen. „War wohl doch ein bischchn viel...“ lallte sie noch, kippte vom Hocker auf den Boden und schlief auf der Stelle ein.
„Auf die Mischung kommt es an“, grinste der Barkeeper und griff zum Telefon. „Hallo, Polizei...?“
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Als Lunch Stunden später wieder zu sich kam, fühlte sich ihr Schädel an, als hätten Elefanten darauf Rumba getanzt. „Ohhh...“ Selbst das leise Gewimmer ihrer eigenen Stimme schnitt in ihr durch Mark und Bein. Ihr Zunge war dick und pelzig, als hätte sie jemand in Sägemehl gewälzt und als sie vorsichtig die Augen aufschlug, stach das unbarmherzige Licht der nackten Glühbirne wie tausend Nadeln. Schlafen, sie musste unbedingt noch schlafen... und wieder versank sie in wohltuender Schwärze.
„Genug gepennt, du blondes Biest!“
Platsch! Mit einem Schlag war Lunch hellwach und wischte sich das kalte Wasser aus den Augen.
„Was soll das, verdammt? So weckt man keine Dame!“
„Ich dachte nur, du willst vielleicht dein Frühstück.“
Diese Stimme kannte sie nicht und sie war auch viel zu überheblich für ihren Geschmack. Obwohl ihr Kopf noch immer höllisch weh tat, zwang sie sich, sich mit weitoffenen Augen umzusehen. Betonwände, lange Eisenstäbe, ein Holztisch, ein wackliger Stuhl, noch mehr lange Eisenstäbe, eine Pritsche... Mit einem Schlag war der Kater wie ausgelöscht.
Kerzengerade presste sich Lunch mit dem Rücken an den harten Beton und schluckte. „Wo... wie?“, krächzte sie heiser.
Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und quietschend umgedreht. Knarrend glitt die Gittertüre auf und zwei Wachebeamte traten ein. Einer trug ein Tablett, der andere hatte seine Waffe auf Lunch gerichtet.
„Du bist hier im Gefängnis der östlichen Hauptstadt. Wir haben bei dir die einzigartigen Silbermünzen gefunden, die vom Raub vor zwei Wochen stammen. Sie sind ganz frisch geprägt und nur deine Fingerabdrücke sind drauf. Leugnen ist zwecklos. Der Richter hat dich im Schnellverfahren zu 30 Jahren Kerker verurteilt.“
Lunch fiel der Kinnladen herab. „Drei... dreißig Jahre? Und das für die lumpigen Kröten, die keine zwei Wochen gereicht haben? Bei euch piepst wohl! Ich verlange den Richter zu sprechen, einen Anwalt und ich will meine Knarre zurück!“
„Hahaha...“ die beiden Wachmänner lachten aus vollem Hals. „Du bist vielleicht ulkig. Als ob jemand einer so gefährlichen Verbrecherin wie dir eine Knarre geben würde. Iss erst mal, morgen wirst du ins Frauengefängnis verlegt.“
Lunch hatte gute Lust, ihnen zu sagen, was sie mit dem Essen anfangen sollten, aber ihr Magen knurrte vernehmlich und so stand sie von der Pritsche auf und ging langsam zum Stuhl, um sich mit einem Knurren darauf fallen zu lassen. Das Frühstück erwies sich als gar nicht so übel. Immerhin hatten die offenbar nicht vor, sie verhungern zu lassen. Lunch griff nach dem Löffel und schaufelte den Haferbrei in sich hinein. Auch von dem Spiegelei mit Toast und den Bohnen in Tomantesauce ließ sie nichts übrig.
Die Kanne Kaffee war ihr sehr willkommen und auf ihre Bitte hin brachte ihr der zweite Wachmann sogar noch eine Karaffe mit Wasser, das sie in sich hinein schüttete. „Die Toilette ist da drüben. Wir sind ein sehr modernes Gefängnis, daher hat jede Zelle ihre eigene“, sagte der jüngere Wachmann stolz, als er das leere Tablett abräumte. Lunch nickte nur flüchtig und verkroch sich dann wieder auf die Pritsche. Zusammen gerollt starrte sie auf die Gitterstäbe und fragte sich, ob das dieses Mal wirklich ihr Ende sei. Und wenn, würde es überhaupt etwas ausmachen? Die Überfälle, die Diebestouren hatten seit Jahren einen schalen Geschmack. Gestern war er also wieder gewesen, der dreizehnte Juni. Wieder ein Jahr mehr, sie war wieder ein Jahr älter und er auch. Seufzend streckte sich Lunch aus, verschränkte die Hände unter dem Kopf und starrte zur Decke. Zehn Jahre. Zehn Jahre war es jetzt her, seit sie ihm durch Zufall wieder über den Weg gelaufen war. Besser gesagt ihre andere Hälfte, das Hausmütterchen Lunch. Trotzdem, im Gegenteil zu der andern Lunch, die sich an die Verbrechen der blonden Hälfte nie erinnern konnte, hatte sie Gott sei Dank alle Erinnerungen der blauhaarigen Hälfte.
Das war nicht immer so gewesen, aber in letzter Zeit erging es ihr so. Gut hatte er ausgesehen, glatzköpfig wie immer, in dem üblichen Mönchsgewand. Stark, noch immer die geballte Kraft in Person und kaum älter als damals, wo er sich von ihr abgewendet, sie einfach sitzen gelassen hatte. Obwohl, so richtig zurückgewiesen war sie sich nie vorgekommen, hatte er ja doch nicht einmal in der Zeit, als sie zusammen gewohnt hatten, das kleinste Bisschen Zuneigung erkennen lassen. Höfliche Duldung, ja, damit konnte man seine Haltung am besten beschreiben. Lunch seufzte noch tiefer. Und da war er endlich wieder vor ihr gestanden, nachdem Mr. Satan sich gerade wieder mal zum Champion hatte krönen lassen.
Sie war doch extra zu den Weltmeisterschaften gefahren, hatte sich das Geld für die sündteure Eintrittskarte zusammengestohlen, in der wagen Hoffnung er würde auch da sein. Es hatte sie gewundert, dass dieser rosa Klops, der sich Boo nannte, zwar jeden Gegner alt hatte aussehen lassen, aber nach dem laschen Schlag Satans wie ein Mehlsack umkippte. Roch verdammt nach Betrug, aber ihr konnte das egal sein. Nach der Siegerehrung hatte sie sich mit ihren Ellbogen durch die Menge gepflügt, ständig Ausschau gehalten nach einem Clownsgesicht und einem glatzköpfigen Mönch und gerade als sie die beiden weit vor sich erblickt hatte, musste der Wind ein paar lästige Pollenkörner ihr ins Gesicht blasen ... und ihre blasse Hälfte übernahm. Dass sie danach überhaupt noch an ihn heran gekommen war, konnte als kleines Wunder gelten, war doch die zahme Lunch viel zu weich, um ihr Ziel konsequent zu verfolgen. Nun, immerhin musste er ihren Ruf gehört haben, denn er hatte sich umgedreht und ihr gewunken.
Die zahme Lunch, deren Herz nicht für ihn schlug, hatte ihn ganz einfach nur freundlich angelächelt und nach dem Befinden gefragt. Ein paar nichtssagende Worte, ein paar Floskeln. Dann hatten sich ihre Wege wieder getrennt. Als der nächste Wechsel kam, waren er und Chaozu natürlich längst über alle Berge.
Zehn Jahre. Wenn sie ihn jetzt sehen würde, ob er sie wieder erkennen könnte? Zu viel Sonne, zu viel Stress und zu viele harte Drinks. Die silbernen Haare ließen sich in der blonden Mähne noch gut verbergen, aber die blauhaarige Lunch hatte das letzte Mal ernsthaft versucht, sie auszureißen weil sie aus der blauen Lockenpracht hervorstachen. Auch ihr Gesicht, Lunchs Hände tasteten über Wangen, Mundwinkel und Schläfen, auch ihr Gesicht hatte die jugendliche Glätte eingebüßt. Krähenfüße in den Augenwinkeln, Falten in den Mundwinkeln, sie hätte das Geld wohl besser in eine Schöhnheitsoperation investiert. Ob die zehn Jahre an ihm wieder ohne große Spuren vorbei gegangen waren? Wahrscheinlich.
Das Leben konnte so ungerecht sein, dass es zum Verzweifeln war. Sie, die geführchtete Diebin Lunch saß nun hinter Gitter. Eigentlich könnte sie jetzt auf den ältesten Trick zurückgreifen und mit der braven Lunch wechseln, aber ... irgendwie verspürte sie nicht den Hauch eines Wunsches, sich wieder allein durch die Weltgeschichte zu schlagen. Statt in einem Hinterhof elend zu krepieren, würde sie eben hinter Gitter vor die Hunde gehen. Wen kümmerte das schon? Ihn ganz bestimmt nicht ...
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