***Secret, Shadow, Snow und Silence***

Die Reaktion von Secret war ganz interessant und, wie ich fand, durchaus realistisch... dann mach dir ma Gedanken, wies weitergeht ;)
 
Ja, stimmt. So himmlische Komplimente muss man erst mal verdauen *g*. Aber der Name Secret deutet ja schon an, dass sie wohl noch ein paar Geheimnisse verbirgt...
 
Danke wie immer für die Kommentare... Hier nun weiter:

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Im weiteren Verlauf der Nacht, währenddessen wir vor allem über die umliegende Natur und Spencers Grundstück uns unterhielten, da ließ ich noch einige weitere Bemerkungen, oftmals allzu deutliche Hinweise bezüglich meiner Liebe fallen – bald aber glaubte ich, dass Secret einfach nicht reagieren wollte. Und so bereute ich nun teils was ich gesagt, denn selbst dann, wenn sie nicht die selben Gefühle für mich haben sollte, so hätte sie die meinigen trotz allem nicht übersehen dürfen. Doch genau das tat sie und wahrscheinlich nur aus Höflichkeit, sie selbst fühlte ganz offensichtlich nicht das selbe wie ich, nicht mehr als Freundschaft, das wurde mir im weiteren Verlauf jener Nacht immer klarer. Und deshalb, um die sonst so schöne Zeit nicht zu zerstören und eben auch nicht diese Freundschaft, zum Wohle des Augenblicks sozusagen, nahm ich mir vor, mich mehr zurückzuhalten, sie weniger unter Druck zu setzen, Secret Zeit zu geben. Vielleicht hätte ich zu einem späteren Moment eine Chance, vielleicht auch dann, wenn ich es noch tagelang beharrlich weiter versuchte und wenn ich in Erfahrung brächte, was Secret sich wünschte. In dieser Nacht aber sollten meine Mühen ohne positives Ergebnis bleiben, das galt mir als sicher.

Von unserem Standpunkt aus, oben auf dem Turm, da befand sich Spencers Anwesen ziemlich genau im Nordosten. Ich konnte mir dahingehend recht sicher sein, da der Pfad den wir gegangen waren die Orientierung wirklich einfach machte. Von Secret mochte ich nun wissen, in welcher Richtung sich ihr Häuschen wohl befand. „Dort in etwa?“, fragte ich und deutete gen Osten.
„Fast...“, antwortete sie. „Ein Stückchen weiter rechts noch, tiefer drin im Wald. Warum fragst du?“
Nachdenklich antwortete ich: „Immer wenn ich dort war, glaubte ich, das alles schon einmal irgendwo gesehen zu haben.“
„Ein Déjà-vu?“
„Ja, irgendwie schon... Vor kurzem aber, da fiel mir wieder ein, woran das Häuschen mich erinnerte...“
„So? Woran?“, fragte Secret und klang schon wieder ganz aufgeregt.
„An ein Erlebnis aus meiner Kindheit“, sagte ich. „Eine Erinnerung, die mir die ganzen Jahre über immer im Gedächtnis geblieben sein muss, nur verschwommen zwar und vielleicht gar nicht einmal der Realität entsprechend, aber ob der langen Zeit, die seit dem vergangen ist, mag das wohl normal sein. Soweit ich mich erinnere ging ich noch nicht einmal zur Schule damals...“
Da unterbrachen mich ein paar verträumte Worte: „Es muss schön sein, Erinnerungen zu besitzen, die so weit zurückreichen... Siebzehn Jahre... Für mich wie eine Ewigkeit!“
Ich glaube, es wirkte ein wenig seltsam, was Secret da sagte, schließlich war auch sie selbst schon sechszehn Jahre alt und somit nicht sehr viel jünger als ich. Bevor ich sie aber darauf ansprechen konnte, da ergänzte sie: „Und doch auch wieder nicht...“, sagte sie. „Wenn man ein Leben hat, so lang wie das der Sterne, dann mag das wohl mehr nicht sein als nur ein kurzes Blinzeln.“
Wieder sahen wir auf zum Himmel. Die Positionen der kleinen Diamanten hatten sich verändert. „Weißt du, dass man weit zurück schauen kann wenn man nach oben blickt, zurück in die Vergangenheit?“
„Ja ich weiß“, antwortete sie. „Doch ist es auch nicht sehr viel anders bei davon ganz verschiedenen, sehr viel greifbareren Gegenständen. Schau dir zum Beispiel einen schönen, alten Baum an. Dann weißt du was ich meine...“
„Ja ich verstehe“, sagte ich. „Allerdings ist doch gerade die Vergänglichkeit sehr oft das, was die Dinge schön macht, meinst du nicht auch?“
Wie schon einmal an diesem Abend wirkte Secret plötzlich ganz bedrückt... „Denkst du? Was ist dann mit den Sternen?“, fragte sie jetzt, erstaunlich ernst. „Ich weiß, dass auch sie irgendwann nicht mehr sein werden, doch ist der Zeitraum bis zu diesem Punkt ein derart langer, dass man wohl schon von Ewigkeit sprechen darf... Und trotzdem sind sie wunderschön!“
„Ja, eigentlich hast du recht... - Ach, du hast mich überzeugt“, sagte ich und lächelte. Zwar hätte ich noch argumentieren können, damit, dass zwar die Sterne ewig sind, nicht aber die Nacht und der Moment, in dem man sie betrachtet (oftmals nur ein kurzer) und all dies ja doch zu einer Endlichkeit führt, aber einerseits wollte ich es nicht so genau nehmen, andererseits überraschte mich Secrets merkwürdige Stimmung und ich hielt es für klüger, ihr nicht weiter zu widersprechen. Während ich über all dies nachdachte vergingen wohl einige Sekunden und Secret wurde wieder ganz die Alte, wieder einmal ungeduldig. Plötzlich fröhlich (wobei ich nicht auszuschließen vermochte, dass mir das Mädchen nur etwas vorspielte), richtete sie folgende Aufforderung an mich: „Nun erzähl aber endlich!“, sagte sie. „Sag, was ist das für ein Erlebnis gewesen! Ich bin schon ganz gespannt... Oder hast du keine Lust?“
Ich dachte kurz nach. „Doch, doch!“, sagte ich und lächelte. Und so begann ich, mir all die spärlichen und verzerrten Erinnerungen die ich noch besaß, gegenwärtig zu machen.

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Diesmal dürfte die Fortsetzung schneller kommen, ich weiß nun wieder, wie ich weitermachen möchte...
 
Das verspricht ja ganz interessant zu werden, über die Vergangenheit des Protagonisten weiß man ja noch nicht gerade viel! Nur weiter so ;)
 
Stimmt. Und vielleicht gibt es ja dann auch ein bisschen Einblick in die allgemeine, rätselhafte Geschichte... *g*

Secrets Bemerkungen klingen komisch, so als wäre sie erst sehr jung und wüsste, dass sie nicht alt werden wird. Andererseits, wenn sie 16 Jahre alt ist, dann hat sie richtige Erinnerungen wohl an die letzten 10 Jahre - insofern ist 17 dann natürlich schon länger...
 
Also, als ich den Teil gelesen hab, klangs für mich eher so, als wäre Secret im Gegenteil schon sehr viel ÄLTER o.O
 
Tadaa..., so, hier bin ich wieder und mit mir das erste Stück eines neuen Abschnitts (der noch etwas längere Rest, der auch schon geschrieben ist, die nächsten Tage dann...)! Habe zwar irgendwie ein ein wenig ungutes Gefühl bei ihm, aber naja, eigentlich habe ich das immer, wenn so lange Abschnitte auf einmal kommen... Zuvor übrigens noch eine kleine Ergänzung zum Ende des letzten Abschnittes den ich hier gepostet habe. Viel Spaß! Hoffe es gefällt euch...

Ach und zu euren Kommentaren Secrets Alter betreffend...: Eigentlich hat eher Shanxara Recht, also nicht unbedingt damit, dass Secret jünger wäre oder nicht alt werden würde, das habe ich hiermit nicht gesagt, allerdings wollte ich zumindest erreichen, dass dieser Eindruck, also dass sie jünger ist, dort ein klein wenig entsteht (nur ein wenig, denn was Shanxara noch sagt, was die Erinnerung selbst angeht, das ist natürlich richtig). Wie stlynx' Eindruck zustande kommt, das kann ich mir allerdings auch sehr gut erklären und auch das war kein Zufall^^ Wenn euch das ganze wirklich interessiert, dann könnt ihr es ja nochmal lesen und achtet dabei mal ganz genau auf die Zeitformen... Die sind nicht ohne Grund so gewählt wie sie jeweils gewählt sind^^ Ein paar weitere Hinweise dürfte es aber auch in diesem Teil jetzt noch geben...

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Ich dachte kurz nach. „Doch, doch!“, sagte ich und lächelte. Und so begann ich, mir all die spärlichen und verzerrten Erinnerungen die ich noch besaß, gegenwärtig zu machen, fast so, wie ich es auch jetzt tue – was die Geschehnisse mit Secret, Shadow, Snow und Silence betrifft, meine ich – nur, dass selbige noch überaus präsent sind, lebendig und wohl zum allergrößten Teile auch wahrhaftig.

Die alten Bilder, die nun wieder in mein Bewusstsein drangen, schienen eine goldene Färbung zu haben..., sie waren wirr und undurchsichtig, eine Trennung zwischen dem, was ich tatsächlich erlebt hatte, dem, was ich nur geträumt, und dem, was mir irgendwann in meiner Kindheit irgendwo von irgendwem erzählte wurde, war nur schwerlich möglich. Ich erwähnte das auch Secret gegenüber und eine deutliche Spur von Faszination vermochte ich aus ihrer Stimme heraus zu hören, als sie antwortete: „Das soll uns kein Hindernis sein! Sag doch einfach was dir einfällt, sag mir alles, was du sagen möchtest – du weißt doch, wie gerade die langen Geschichten mir gefallen!“
Ich nickte. „Wenn es nun aber gar nicht stimmen wird, was ich erzähle? Womöglich ist alles nur Unsinn, nur das Ergebnis vieler Jahre der Verzerrung?“
Secret dachte nach... „Ich weiß nicht wirklich was ich dazu sagen soll... Mein eigenes Leben ist zu kurz bisher gewesen – und so anders als das deine. Ich glaube aber nicht, dass es wirklich einen Unterschied machen würde, ob das, was du erzählst und woran du dich zu erinnern glaubst wirklich auch das ist, was geschah“, sagte sie dann. „Sind nicht es nicht gerade die Erinnerungen die im Leben wirklich wichtig sind?“
„Sie erst machen den Charakter aus... Wohl war...“
Einige Sekunden verstrichen in absoluter Stille..., Stille, die unser beider Seelen wärmte, indes der Körper die zunehmende Kühle der Nacht zu spüren bekam. Ganz zaghaft unterbrochen ward die Ruhe erst, als ein sanfter Windhauch übers Land strich, durch die Wipfel der Bäume und durch das helle und das dunkle Haar, durch das von Secret, und das meine... Eingerahmt vom Glitzern der Sterne über und der Dunkelheit des Moores unter uns, begann ich zu erzählen: „Irgendwo in meinen ersten, ältesten Erinnerungen, da gibt es ein Gebäude, dass dem, welches du so sorgsam geheim hältst, seltsam ähnlich zu sein scheint... Es befand sich gar nicht weit entfernt von dem Haus, in dem ich wohnte, und wenn ich zusammen mit meiner Mutter spazieren ging, war ich wohl nicht selten schon daran vorbeigekommen. Dennoch hatte dieses Gebäude eine wirklich Bedeutung für mich nie gehabt. Als ich aber älter wurde und ich zusammen mit einem Freund mich auch ein wenig von Zuhause weg zu bewegen begann, da waren wir, während wir so spielten, irgendwie in die Nähe von jenem Ort gelangt – bestimmt nicht absichtlich denke ich, eher zufällig, ohne es auch nur bemerkt zu haben...“
„Was habt ihr damals denn gespielt?“, unterbrach Secret, ein wenig neckisch klang sie fast, als wolle sie sich lustig machen über das, was kleine Kinder tun. Doch böse meinen würde sie das selbstverständlich nie und heiter antwortete ich: „Was man als Kind, als Junge, eben so tut... Irgendwelche abenteuerlichen Rollen, irgendetwas wo man einander durch die Gegend jagt, die Natur kennen lernt, sich im tiefen Gras versteckt... Etwas, wo aus Stöcken Schwerter werden oder Revolver, wo man während eines lauen Sommerabends noch bis spät in die Dämmerung hinein versucht, als Sieger aus dem ganzen hervor zu gehen, wenn schon nicht allein, dann zumindest gemeinsam...“
Secret nickte. Ihr Blick schien wehmütig geworden... - der meine wohl auch, aber der ihre war ein wenig ungewöhnlich. Zwar wirkte sie froh wegen all den schönen Dingen, welche ich erlebt, aber auch traurig, so als hätte sie selbst nie gleiches erfahren. Dennoch - oder gerade auch aus diesem Grunde - dachte ich mir, dass es wohl am besten sei, einfach mit der Geschichte fortzufahren: „Jener Abend an dem wir zu diesem Haus gelangten war wohl auch ein Abend dieser Art... Aber nun ja, freilich war es nicht das Haus selbst, welches mich so faszinieren sollte, sondern die Person die darin wohnte!“
Nun sah mich Secret fragend an... Sie war sehr glücklich, wie mir schien. So sie denn Dinge erfuhr die neu für sie waren und interessant war sie das immer. Geschwind erzählte ich weiter: „Anfangs, da sahen wir, damit meine ich mich und meinen Freund, sie nur für einen winzig kleinen Augenblick. Dieser Augenblick aber ist einer, an welchen ich ganz genau mich zu erinnern glaube. Wir waren erschöpft vom Spielen und ruhten uns im hohen Grase aus, angelehnt an einen alten, morschen Holzzaun, als wir plötzlich das Knarren einer Tür zu hören glaubten. Auf dem Grundstück direkt hinter uns gelegen erblickten wir das Haus und sahen, wie eine Frau heraus aus dessen Dunkelheit ins Freie kam – eine wunderschöne Person war sie, das erkannte ich sofort, egal wie jung ich damals war!“

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Schön, dass der Erzähler mal ne "intensivere" Vergangenheit bekommt! Ganz schöner Teil, nur weiter so...
 
Ja, genau deswegen habe ich den Teil auch gebracht..., bzw. vor allem auch weil ich an dieser Stelle einfach was brauchte, was ich erzählen konnte und weil ich den Blick in der Vergangenheit der jetzt die Teile folgt sowieso noch "übrig" hatte, soll heißen ich hatte mal die Idee das zu schreiben, aber für eine eigene Geschichte hat es nicht so gereicht... (Wobei ich wirklich zufrieden mit der Umsetzung nicht werde..., aber naja, wenn der erste Teil von SSS&S fertig ist, dann kann ich ja auch noch mal bisschen was verbessern...)

Hier weiter!

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Als ich das gesagt, da konnte ich kaum anders, als für den Zeitraum ein'ger Augenblicke in Erinnerungen zu schwelgen... Bald aber fragte Secret, wie diese Frau denn damals ausgesehen habe. Und geradezu schwärmerisch erzählte ich: „Ihr Haar... Das außergewöhnlich Schöne an ihr war das Haar! Es war sehr lang, ein wenig länger noch als das deine und ihm ansonsten doch recht ähnlich. Auf eben so schöne Art gelockt, jedoch ein wenig wilder, struppig könnte man fast sagen – das aber klingt so negativ! Manchmal, da trug sie es offen, aber zumeist, und das gefiel mir ganz besonders, zusammengebunden von ein oder zwei bunten Schleifen. Wunderschön war auch die Farbe, rötlich-blond war es, ganz wie das Licht in jenen alten Sommerabenden... Die waren es, die unsere Besuche meist begleiteten.“
Ich sah wie Secret lächelte. Es war ein freundliches Lächeln, ganz ohne Zweifel, ein Lächeln, amüsiert, oder gerührt, oder beides, von den Erlebnissen eines kleinen Jungen, Erlebnisse, die keinesfalls vergleichbar waren mit Liebe, die das Gefühl und das Verständnis für selbige aber dennoch geprägt hatten. So zumindest vermute ich noch heute.
Ich fuhr dann fort und sagte, dass die Frau ziemlich schlank gewesen sei und relativ klein, soweit ich mich zu erinnern vermag. Ihre Haut war weich, alles andere als trocken und ihr Gesicht das war so gütig und so lebendig. Seine Züge waren weich, die Augen groß und staunend, die Lippen fast ein wenig frech... Dann aber sagte ich: „Wenn du mich nach ihrem Alter jedoch fragst, so kann ich dir nur schwerlich eine Antwort geben... Der Widerhall ihrer Stimme und der farbige Schatten, den ihr Gesicht bis heute in meinem Kopf hinterlassen hat, verraten beinah nichts darüber... Recht logisch erscheint mir allerdings eine Schätzung auf wenigstens zwanzig, höchsten aber dreißig Jahr... “
Secret wirkte äußerst nachdenklich, bedachte scheinbar ganz genau, wovon ich ihr erzählte. Schließlich fragte sie: „Lebte sie denn ganz allein an jenem Ort?“
Ich schüttelte den Kopf, nicht aber um wirkliche Verneinung auszudrücken. „Nicht nur allein“, sagte ich. „Sie lebte dort, ich möchte nicht sagen einsam, denn das war sie nicht, nicht, wenn man Einsamkeit mit Traurigkeit verbinden möchte, aber zumindest sehr abgeschieden, getrennt von der Gesellschaft. Mein Freund, er meinte, sie sei eine Hexe, oder zumindest sehe sie wie eine aus...“
Secret kicherte, war jedoch schnell wieder still, als ihr bewusst wurde, dass ich auf recht ernste Weise von alledem sprach. „Lach ruhig!“, sagte ich, versuchend, ihr klar zu machen, dass die Erinnerung, oder zumindest dieser Teil davon, keineswegs eine traurige war. Schließlich konnte auch ich selbst mich dran erfreuen. „Er hatte allen Grund dazu“, gestand ich. „Erst recht, als ich ihm erzählte, was mir meine Mutter über diese Person gesagt hatte, und über dieses Haus.“
„Was denn?“
Ich begann zu flüstern, aber eher aus Spaß denn aus Ernst: „Sie meinte, immer dann, wenn wir dran vorbei kamen, dass ich auf gar keinen Fall dort hingehen solle... Aber ich hatte mir nie sehr viel gemacht aus dieser Warnung, hatte sie als nicht wichtig angesehen, einfach deshalb, weil ich in diesen ersten Jahren meines Lebens ohnehin nie ohne die Begleitung meiner Mutter in die Nähe des besagten Ortes kam. Außerdem hatte man das Haus auch kaum sehen können, so verborgen war es hinter Büschen und Bäumen. Was ich sagen will ist, dass es keineswegs eine grundsätzlich negative Bedeutung für mich hatte, als ich und mein Freund an jenem Abend uns das erste mal dorthin verirrten... Erst als wir dann dort waren, da fielen mir die Worte meiner Mutter wieder ein und auch ich selbst bekam ein wenig Angst, wäre wohl so schnell es ging gerannt, wenn der Anblick jener Frau nicht so märchenhaft gewesen wäre, dort, im Zwielicht des lichtdurchwebten Blätterdaches, im goldgelben Schein der untergehenden Sonne...“
„Du erinnerst dich ja doch recht gut“, warf Secret zaghaft ein. „Noch vorhin meintest du, dass du kaum mehr irgendetwas wüsstest...“
„Dem war auch so!“, sagte ich. „Ich glaubte es zumindest. Aber jetzt, da ich so erzähle, da fallen mir so viele Dinge wieder ein, da fügen sie sich zusammen, die Bruchstücke meiner Erinnerung. Nichtsdestotrotz ist einer großer Teil von dem, was ich dir sage, nicht mehr als eine Vermutung, nicht mehr, als nur eine mögliche Form von dem was einmal war... “
„Ist doch in Ordnung...! Warum aber hat deine Mutter denn gemeint, dass du dorthin nicht gehen sollst, wovor genau hat sie dich gewarnt?“
„Ich kann mich nicht erinnern“, gab ich zu. „Vielleicht vor gar nichts im speziellen, das wäre durchaus möglich... Es war eben so, dass wir nicht selten an diesem Haus vorbei gingen und die Warnung sich so wohl immer wieder anbot. Und ohnehin war die ganze Gegend drumherum ein seltsamer, ein unheimlicher Ort.“
„Aus welchem Grund?“, fragte Secret.
„Lass mich die Umgebung dir beschreiben“, antwortete ich. Secret nickte zustimmend und einer besseren Vorstellung wegen schloss sie sogar die Augen...
„Das Haus meiner Familie, es befand sich an einem Hang an einem Tal, das durchflossen wurd' von einem kleinen Bach. Jenseits von diesem, da war das Ende der Stadt praktisch schon erreicht, nur noch wenige Häuser gab es dort...“
„Und auch das Haus von dem du mir erzählst?“
„Ganz recht! Abgesehen von diesem existierte auch ein großes Anwesen jenseits des Gewässers, eines, dessen früherer Glanz wohl auch zur Zeit da ich ein Kind war lange, lange schon verblasst war. Zwischen diesem und dem Bach allerdings, da befanden sich viele alte, kleine Gebäude, von denen eines jenes war, von dem ich dir erzähle. Ihnen allen gemeinsam war, dass sie von einem dicht verwachsenen, einem dunklen und verwilderten Wäldchen umgeben waren. Und, dass ein Pfad entlang an ihren morschen Zäunen und fast direkt am Bache selbst verlief... Auch dieser Pfad war die meiste Zeit des Tages kalt und dunkel und feucht... - und, wie ich mich erinnere, fast immer bevölkert von solch großen Schnecken, braun oder schwarz in der Farbe... – Es handelte sich ganz wahrhaftig nicht um einen angenehmen Platz... Aber dennoch um einen, von dem ich mich im gleichen Maße angezogen und auch abgeschreckt fühlte – und wohl auch noch heute fühlen würde. Das ist es vermutlich, was die Erinnerung in meinem Kopf so mysteriös und so ungreifbar macht. Dieser Weg und auch der angrenzende Wald, den ich damals aber noch fast nicht kannte, war nicht völlig unschön, sondern viel eher wie einem Märchen entnommen, wie ein Wald der Hexen beherbergt und alte, einsame Hütten...“
Kurz grinse ich, bald aber verlor ich mich in Gedanken: „Oder, wie ein Ort, an dem die Vergangenheit ganz greifbar scheint, an dem nichts entsteht, zumindest nichts von Menschenhand, sondern alles nur verfällt, auf eine schöne und faszinierende Art und Weise allerdings... Ich bin mir sicher, dass solcherlei Gedanken damals noch nicht in meinem Kopfe spukten, denn um wirklich ein Gefühl für Vergänglichkeit zu haben, mochte ich wohl noch viel zu jung gewesen sein. Aber... Irgendwie..., irgendetwas gefühlt, das habe ich mit Sicherheit schon damals, sonst hätte dieser Ort mich nicht so verzaubert, nicht schon, bevor ich bei diesem Haus gewesen und die Person, die darin gewohnt, kennen gelernt!“
„Ich glaube, ich verstehe dich nicht ganz... Aber die Gegend, die kann ich mir gut vorstellen!“, kommentierte Fräulein Spencer meine Beschreibung. Ich zuckte mit den Schultern und nickte ihr zu. „Soll ich fortfahren, mit dem, was im weiteren Verlauf geschah?“, fragte ich.
„Ja, sehr gern! Aber warte bitte kurz, eine Sache möchte ich noch wissen!“
„Ja?“
„Du hast mir von diesem Weg erzählt, der an dem Haus vorbei führte, und davon, dass du oftmals mit deiner Mutter dort entlang gegangen bist. Warum eigentlich, wenn der Weg so düster wirkte und das Ende der Stadt doch dort auch schon erreicht war?“
„Um an den Ort zu gelangen, der am anderen Ende des Pfades sich befand!“, antworte ich.
„Am flachen Hang jener Seite des Tales erstreckte sich eine wunderschöne, große Wiese. In meinen Erinnerungen hat auch sie eine goldene, glänzende Farbe..., wohl weil wir zumeist am Abend sie besuchten und dort spielten und zuvor erst diesen finst'ren Pfad durchqueren mussten.“
„So... Gut, jetzt verstehe ich! Doch nun erzähl schnell weiter, ich möchte wirklich sehr gern wissen, was danach geschah!“, forderte mich Secret freudig auf. Ihre Ungeduld war ich ja längst gewohnt. Ich lächelte.

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Der nächste Teil kommt..., keine Ahnung wann, da jetzt die eigentliche Handlung (also was den Rückblick angeht) folgt und da muss ich erstmal schauen, was ich da alles so reinschreibe...
 
Der Teil war wieder schön geschrieben, allerdings fand ich diesmal den altertümlichen Stil an einigen Stellen ("wurd'" und so) doch ein wenig übertrieben. Und das "Ist doch in Ordnung" passte irgendwie so gar nicht da rein...
Ansonsten frag ich mich jetzt, woher der Mann weiß, dass die Frau weiche Haut hatte?! :rolleyes:
 
*lol* Vielleicht hatte sie nicht wirklich ein Problem damit, dass ein kleiner Junge sie anfasst? ;)

Jedenfalls bin ich mal gespannt, wie das weiter geht, die Andeutungen lassen ja einiges vermuten. Aber ich weiß nicht, ob ich für den Rückblick auf Dinge, die passierten, als ich so klein war, solche Worte verwenden könnte - irgendwie sind die Eindrücke da ganz anders und weniger klar. Ok, ich bin auch älter als Christoph.
 
Danke erstmal für eure Kommentare! Ein paar kleine Änderungen habe ich auch durchgeführt, nur, weil ich zu faul war und es wie gesagt wirklich nur einige kleine sind, oben nicht extra nochmal reineditiert...

Was deine Frage mit der Haut angeht, stlynx, nun, wie man noch erfahren wird, schon im folgenden Abschnitt, sieht er sie ja nicht nur, sondern lernt sie näher kennen. Daher dürfte es keine große Sache sein, einmal mit ihr in Kontakt zu kommen, möglich gewesen wäre das zum Beispiel auch schon im folgenden Abschnitt, wie du lesen wirst.

Und an Shanxara: Ja, du könntest schon recht haben, was deine Meinung zu einer solchen Erinnerung angeht. Ich habe vor allem überlegt, wie es bei mir selbst ist und gemerkt, dass ich einige Dinge schon noch sicher weiß, oder zumindest zu wissen glaube... Schwierig zu beschreiben, eigentlich so, wie auch Christopher es schon sagte, daher will ich dazu so viel nicht noch einmal sagen. Was aber auf jeden Fall wichtig ist, ist, dass Christopher in dieser Szene Secret in aller erster Linie eine GESCHICHTE erzählt, das steht im Vordergrund, das war ja eigentlich auch der Grund für den Besuch im Wald. Es geht also nicht so sehr darum, dass es die Wahrheit ist, es gibt ja auch keinen unbedingten Grund, Secret diese Sache zu erzählen, sondern darum, dass Secret unterhalten wird. Und das Christopher sich vieler Dinge nicht sicher ist, dass sagt er ja auch häufig.

Hier zu später Stunde nun der nächste Abschnitt, zwar nicht so lang diesmal, aber dafür hat auch das Schreiben so ewig nicht gedauert... Viel Spaß dabei!

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„Wir saßen also dort, angelehnt an den Zaun, und hörten hinter uns diese Geräusche“, fuhr ich fort. „Und als wir einige Augenblicke später diese Frau dann sahen, da versuchten wir sogleich, uns im hohen Grase zu verstecken. Am Boden liegend schauten wir ganz vorsichtig durch die Latten des Zaunes hindurch in den Garten, hoffend, die fremde Person noch weiter zu erblicken, aber selbst nicht erblickt zu werden. In diesem Moment, da fiel mir nun wieder ein, was meine Mutter mir gesagt und sogleich erzählte ich es Alfred. Jetzt entbrannte...“
Da unterbrach mich Secret: „Alfred? War das der Name deines Freundes?“
„Ich habe vergessen, ihn zu erwähnen, oder? Tut mir leid... Ja, er hieß Alfred!“
Secret nickte und der mittlerweile selbst völlig von der Erinnerung ergriffene Christopher erzählte eilig weiter: „Es kam also, dass zwischen mir und Alfred eine, wohlgemerkt nur mit Flüsterstimme geführte, aber dennoch unruhige, Diskussion entbrannte – ob wir denn wieder gehen sollten, oder nicht. Bald aber war es zu spät um darüber nachzudenken, denn die Frau war uns beiden plötzlich sehr nah. Nicht mehr als zwei Meter entfernt befand sie sich und pflückte die Früchte eines dicht am Zaun befindlichen Johannisbeerstrauches. Wären wir nun aufgestanden und weggerannt, dann hätte sie uns zweifellos gesehen. Wir warteten also und hofften, dass sie uns nicht bemerken würde... Aber auf einmal, da geschah es, dass sie ganz zielstrebig zu uns herüber sah - ganz so, als habe sie uns vor langer Zeit schon gesehen. Obwohl sie wirklich freundlich lächelte und uns genauso freundlich grüßte, gerieten wir in Panik und mir sträubten sich die Haare...“
„Aber warum?“, stieß Secret ungläubig hervor.
„Nun, diese Warnung...! Und eigentlich war es auch seltsam genug, dass solch eine Person so einsam in diesem düst'ren Wald dort wohnte..., oder? Das nächste, woran ich mich erinnere, das ist ein leichter Stoß gegen meine Seite. Alfred war schon aufgestanden und wollte nun, dass ich das selbe tue – nicht um wegzurennen allerdings, sondern um uns zu zeigen und uns womöglich zu entschuldigen. Als wir nun standen, da grüßten wir schüchtern und ängstlich zurück, aber, ganz überraschend und sehr zu unserer Freude wurden wir überhaupt nicht gefragt, was wir denn hier zu suchen hätten – ganz im Gegenteil, die Frau wollte wissen, ob wir nicht Lust hätten, einige von den Johannisbeeren zu kosten. Alfred antwortete, dass wir nichts von fremden Leuten nehmen dürften, woraufhin sie meinte, dass das selbstverständlich unsere Entscheidung sei und sie uns nicht drängen möchte, jedoch habe sie die Beeren doch gerade erst gepflückt, also was soll schon damit sein...? Durch den Zaun hindurch streckte sie uns ihre schlanke Hand entgegen. Die schmalen, langen Finger waren ganz befleckt vom roten Saft einiger zerdrückter Beeren...“
„Und, habt ihr dann auch ein paar gegessen?“, fragte Secret.
„Nicht nur ein paar!“, antwortete ich grinsend. „Ich kostete zuerst und daraufhin auch Alfred und die Beeren schmeckten uns so gut, dass wir, auch wenn es einige Überwindung kostete, sogar fragten, ob wir noch ein paar mehr haben dürften. Die Frau meinte, dass das selbstverständlich kein Problem sei und so teilte sie die gepflückten Beeren gleichmäßig auf unser beider Hände auf. Ich denke, sie sah sehr, sehr glücklich aus, als sie beim Essen uns zuschaute... Währenddessen fragte sie, wie denn unsere Namen wären und woher wir kämen – sie habe nämlich nur ganz selten Besuch. Und wir nannten nun zwar unsere Vornamen und sagten, dass wir sehr weit weg nicht wohnen würden, weil wir aber immer noch ein wenig ängstlich waren, vermieden wir es, noch genauer zu werden. Alfred jedoch, der bis zu diesem Zeitpunkt sich sehr zurückhaltend verhalten hatte – obwohl er das sonst sehr viel weniger war als ich – fragte daraufhin die Frau, wie sie selbst denn heißen würde. 'Bess', antwortete sie. 'Sagt einfach Bess zu mir!'“
„Ein schöner Name, nicht?“, unterbrach Secret.
„Hm... Ja, das finde ich auch“, stimmte ich ihr zu.
„Ich mag so kurze Namen“, ergänzte sie. „Ich und meine Schwestern, wir haben, mit Ausnahme von Snow natürlich, allesamt längere!“
„Aber doch nicht weniger schöne!“, gab ich zurück. Secret grinste. „Also, was geschah dann?“, fragte sie.
„Nun, es dauerte nicht lang, da hatten wir die Beeren aufgegessen und die Frau, also Bess, sie fragte uns, ob sie denn noch ein paar mehr für uns beide pflücken solle. Ich weiß nicht, was Alfred hatte antworten wollen, aber ich, ich lehnte ohne lang nachzudenken ab und ich sagte, dass es schon zu spät sei und wir nun schnell nach Hause müssten. Das war wahrscheinlich sogar richtig... Bess tat daraufhin keinen Versuch uns noch aufzuhalten, sondern verabschiedete sich freundlich und meinte, dass wir, wenn wir denn wieder einmal Appetit hätten auf Johannisbeeren, jederzeit vorbeikommen könnten. Dann gingen wir...“

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Chrsitophers Rückblick wird noch mindestens im nächsten Abschnitt fortgesetzt, soviel kann ich schon mal sagen...
 
Dass du einmal im Text von der 1. in die 3. Person springst, war das Absicht? Wenn ja, hatte das einen tieferen Sinn? Der wäre mir dann entgangen ^^" Der Teil war an sich aber ganz nett, wenn auch nicht wirklich was passiert ist. Ein bisschen schade finde ich, dass die schöne Atmosphäre zwischen Herrn Mann und Secret in dem Teil nicht so rüberkommt.
 
Danke erstmal wieder für das Posten deiner Meinung! :)

Das war eigentlich Absicht..., weil darin aber scheinbar nicht viel Sinn zu erkennen war, sonst hättest du das ja nicht erwähnt (im Gegensatz zu anderen Stellen der Geschichte wo ich gleiches auch schon getan habe) habe ich das ganze nochmal geändert... (Wenn auch da oben nicht nochmal extra editiert.)

Was ich aber auch geändert habe und jetzt deswegen auch nochmal poste ist das Ende des obigen Abschnittes, da hab ich nämlich noch einige Zeilen ergänzt... Danach geht es dann gleich mit einem neuen Stück weiter und im Laufe der Woche jetzt gibt es dann endlich das letzte Stückchen dieser langen Szene...

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Alfred jedoch, der bis zu diesem Zeitpunkt sehr zurückhaltend sich verhalten hatte – obwohl er das sonst etwas weniger war als ich – fragte daraufhin die Frau, wie sie selbst denn heißen würde. 'Bess', antwortete sie. 'Sagt einfach Bess zu mir!'“
„Ein schöner Name, nicht?“, unterbrach Secret.
Ich stimmte ihr zu: „Ja, das finde ich auch!“
„Ich mag so kurze Namen“, ergänzte sie. „Ich und meine Schwestern, wir haben, mit Ausnahme von Snow natürlich, allesamt längere!“
„Aber doch nicht weniger schöne!“, gab ich zurück. Secret grinste, aber für einige Augenblicke, da konzentrierten sich meine Gedanken – plötzlich aufgeweckt von der Nennung ihres schönen Namens, auf Secrets Schwester, auf die eine, die fern von diesem Ort hier schlafen musste – Snow, der Schnee, das Weiß, das Schwarz..., dass ich nicht zu Gesicht bekommen sollte bis der Sommer nicht zu Ende war.
Jetzt sprach mich Secret wieder an: „Also, was geschah dann?“, fragte ihre süße Stimme.
„Nun, es dauerte nicht lang, da hatten wir die Beeren aufgegessen und die Frau, also Bess, sie fragte uns, ob sie denn noch ein paar mehr für uns beide pflücken solle. Ich weiß nicht, was Alfred hatte antworten wollen, aber ich, ich lehnte ohne lang nachzudenken ab und ich sagte, dass es schon zu spät sei und wir nun schnell nach Hause müssten. Das war wahrscheinlich sogar richtig... Bess tat daraufhin keinen Versuch uns noch aufzuhalten, sondern verabschiedete sich freundlich und meinte, dass wir, wenn wir denn wieder einmal Appetit hätten auf Johannisbeeren, jederzeit vorbeikommen könnten. Dann gingen wir...“
„Und, seid ihr irgendwann zurückgekehrt?“
„Ja natürlich!“, antwortete ich. „Von da an gingen wir sehr oft zu Bess. Sie war so freundlich zu uns, von Anfang an für uns da, obwohl sie uns kaum kannte... Ich glaube, sie verstand uns irgendwie sehr gut, konnte umgehen mit Kindern...“
„Vorhin sagtest du, sie habe abgeschieden gelebt von der Gesellschaft... Was hast du damit gemeint?“
„Nun, sie ließ sich in der Stadt praktisch niemals sehen, nur wenn es wirklich nötig war. Sie lebte allein in ihrem Haus dort, hatte nie Besuch und besuchte selbst nie irgendwen...“
„Dann ist es vielleicht gar nicht verwunderlich, dass die Leute, deine Mutter zum Beispiel, auf jene Art und Weise von ihr sprachen? Oder hast du noch erfahren müssen, dass sie Recht gehabt haben sollten mit ihren Warnungen?“
Ich schüttelte hastig den Kopf. „Nein!“, sagte ich. „Bess war wohl eine der freundlichsten und aufrichtigsten Personen die ich je habe kennen gelernt. Ich weiß, ich war damals noch ein Kind und wahrscheinlich ziemlich naiv, aber womöglich hat man als Kind sogar ein noch besseres Gefühl für solche Dinge...“
„Also keine Hexe?“, fragte Secret kichernd – und erleichtert, dass meine Erlebnisse mit jener Frau wohl keine negativen waren.
„Nein!“, antwortete ich lachend. „Und wenn, dann eine gute!“
Spencers Tochter sah mich fragend an.
„Das Innere ihres Hauses beispielsweise, das war ganz erstaunlich! Irgendwie düster war es schon, seltsam anmutend, vielleicht ein wenig surreal. So voller Farben, so voll mit kleinen Dingen die über viele Jahre sich mussten angesammelt haben. Da waren Gläser und Töpfe mit den verschiedensten Speisen - Süßigkeiten, Früchte... Da waren kleine Püppchen oder Tiere aus Stroh, bunte Teppiche auf dem Boden, derer so viele, dass sie nicht nebeneinander nur lagen sondern auch übereinander. Und die Wände, die waren durch und durch geschmückt mit Bildern und mit Zeichnungen und mit Zetteln auf denen irgendwelche Texte sich befanden. Nur was da geschrieben stand, dass konnte ich in jenem Alter selbstverständlich noch nicht wissen... Dann war da noch das kleine Bett in dem sie schlief, dass sie aber teilen musste, mit vielen, vielen Plüschtieren. Da war der Geruch der in der Luft lag, die vielen schöne Düfte... So voller Leben war das alles! So ganz anders als im Haus meiner Eltern...“
„Das hört sich schön an“, schwärmte Secret. „So schön... Ob mein Häuschen wohl auch einmal so sein wird? Oder zumindest dieser eine Raum darin?“
„Wenn du das willst bestimmt!“, antwortete ich. „Noch wirkt es ja ein wenig leer, dein normales Zimmer aber, das im Haus deines Vaters meine ich, das erinnert wohl schon jetzt ein wenig an das ihre...“
„Vielleicht auch unser Wohnzimmer, oder?“
„Hm... Ja, das auch. Das ist ebenfalls sehr gemütlich und lebendig und voller Details. Nur eben nicht so natürlich, nicht so ursprünglich wie das ihre in vielen Dingen damals war. Und um einiges größer selbstverständlich auch...“
Secret nickte interessiert. „Ich frage mich, was habt ihr eigentlich getan wenn ihr bei Bess zu Besuch gewesen seid?“
„Eigentlich gar nicht so viel, meine ich... Es gab unzählige neue und faszinierende Dinge zu entdecken. Und Bess, sie wusste so vieles zu erzählen, uns so vieles beizubringen!“
„Was zum Beispiel?“
„Über Bienen lernten wir sehr viel!“, erklärte ich lächelnd.
„Bienen?“ Secret runzelte die Stirn.
„Ja genau! Hinter ihrem Haus, da besaß sie einen Bienenstock. Der war ihr ein und alles, glaube ich... Sie liebte diese Bienen!“
Secret grinste breit. Plötzlich aber stand sie auf.
„Warte, wo gehst du hin?!“
„Nicht weg, bleib du ruhig hier!“, antwortete sie freundlich und schritt dem kleinen Treppchen hinab. Die letzten drei, vier Stufen hüpfte sie und ganz, ganz sanft erreichte sie den Boden. „Ich möchte mich nur ein wenig bewegen, ein paar Schritte gehen. Ich bin so fröhlich gerade eben!“
Nun war ich selbstverständlich irritiert. „Nicht das mich das stört, aber... Warum?“, rief ich dem Fräulein hinterher. Doch noch bevor sie antwortete ging ich selbst nach unten.

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Das Ende des Teils hat mir gefallen, kam jetzt auch ziemlich überraschend. Auch die Beschreibung von Bess' haus war gut!
 
Danke, danke... :) Nachfolgend nun der endlich letzte Teil dieser langen Szene (dürfte die bisher längste der Geschichte gewesen sein obwohl das gar nicht so geplant war...), ich hoffe, er ist mir nochmals einigermaßen gelungen...

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Nun war ich selbstverständlich irritiert. „Nicht das mich das stört, aber... Warum?“, rief ich dem Fräulein hinterher. Doch noch bevor sie antwortete ging ich selbst nach unten. Mit unschuldigem, schüchternem, vor allem aber auch ganz wirklich fröhlichem Gesichtsausdruck erwartete mich Secret inmitten der samtweichen Dunkelheit und voller Begeisterung da schwärmte sie: „Findest du nicht auch, dass es so wunderschön gerade ist? Jetzt, in diesem Augenblick?“
Selbstverständlich war es schön, so wie für lange Zeit ein jeder Moment mit ihr zusammen war. Eine gar so überschwängliche Freude wie die, von welcher Secret sprach, verspürte ich selbst jedoch nicht. Vielleicht ein wenig Nostalgie stattdessen, ob der Erinnerung an damals, an Bess, aber auch das war ein eher schwaches Gefühl, wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass auch die Gegenwart so voller Wunder war, vielleicht noch mehr sogar als die Vergangenheit. Das sollte mir weniger als ein Jahr später schon längst Gewissheit sein, aber in jenem Augenblick, da fragte ich mich nur, ob Secret nicht vielleicht doch Gefühle für meine Person zu haben schien, Gefühle, die hinaus gingen über welche, die nicht mehr waren als freundschaftlicher Natur.
„Diese Nacht ist wundervoll!“, erklärte mir die zarte Schönheit, drehte mehrere Male sich im Kreis, den Blick immerzu hinauf gerichtet zum schwarzblauen Himmel – einige Wolken waren mittlerweile aufgezogen. Unschwer konnte ich sehen, wie mitgerissen Secret war, von dem was sie gerade fühlte – und es hören, währenddessen sie dann schwärmte und auch fragte: „Und deine Geschichte, sie gefällt mir wirklich sehr! Aber warum nur lebte Bess so ganz allein an diesem Ort? Es muss doch einen Grund gegeben haben?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete ich und fühlte mich schon fast ein wenig schuldig weil ich das große Interesse nicht zu befriedigen vermochte. „Womöglich haben Alfred und ich, so direkt wie Kinder oft sind, das irgendwann sogar gefragt, aber ich glaube nicht, dass wir auch eine zufriedenstellende Antwort dann erhalten haben. Und falls da doch eine war, so haben wir sie womöglich nicht verstanden...“
Secret schien zu wissen, was ich sagen wollte – dass der Grund für das Leben in Abgeschiedenheit ein recht tragischer womöglich war. Ich erzählte weiter: „Auf jeden Fall dürften wir so ziemlich die einzigen Personen gewesen sein, die Bess einen Besuch abstatteten, die ihr Gesellschaft leisteten für einige Monate ihres Lebens. Später aber kam sogar nur noch ich allein... Alfred, er hatte seinen Eltern von unserer neuen Bekanntschaft erzählt, woraufhin ihm der Kontakt verboten worden war... Mir selbst zwar auch, das aber interessierte mich weniger und ich ging trotzdem noch dorthin. Nur für einige Wochen allerdings...“
Das überraschte Secret: „Warum?“, fragte sie. Ich indessen zögerte meine Antwort hinaus, musste mich erst selbst wieder hindurchwühlen durch die ergreifenden Gedanken und Erinnerungen und durch die vielen, vielen Fragen die in mein Bewusstsein drangen. Fräulein Spencer jedoch dachte sich noch nichts dabei und bückte sich nach einem Büschel Wollgras, welches am Rand des feuchten Weges sich befand. „Es ist so blass“, kommentierte sie, „Eigentlich ist es ja sehr schön, so filigran; aber bunte Blumen mag ich einfach lieber...“
Die Art wie sie das sagte erfüllte mich mit Freude. „Blumen, da gab es viele in Bess' Garten... Vor allem die wilden Rosen sind mir noch immer in Erinnerung“, schwärmte ich, ohne nachzudenken, ohne einzugehen auf die Frage welche Secret mir zuvor gestellt.. „Ich selbst, ich kannte diese Blumen damals nicht, als ich ihr jedoch erzählte, wie schön sie seien, da erklärte mir Bess, dass es um eine Art wilde Rosen sich handeln würde. Nun..., eigentlich war der Garten im Ganzen ein unglaublich schöner wie ich finde, so voll mit hübschen Blumen eben, jedoch auch so ganz natürlich, irgendwie allein gelassen, irgendwie auch nicht...“
„Behütet aber nicht eingeschränkt...“, warf Secret ein. „Meinst du das?“
„Das beschreibt es wohl recht gut...“
Secret lächelte. „Aber du hast vergessen meine Frage zu beantworten“, sagte sie dann und zwinkerte mir zu. „Du hast mir noch nicht gesagt, warum du Bess dann später doch nicht mehr besuchen gingst!“
Da bemerkte ich, wie ich unbewusst aber wahrscheinlich auch nicht ohne Grund das Thema gewechselt oder aber zuwenigst den Drang verspürt hatte, mich damit nicht noch weiter zu befassen. Ich dachte nach und ich seufzte....
„Was ist los?“, fragte Secret. Ein wenig besorgt sah sie jetzt aus und ich - plötzlich ganz von Trauer ergriffen - fing an zu erklären: „Es war so... Eines Abends ging ich wieder hin zu ihrem Haus, doch weder dort, noch in nächster Nähe konnte ich sie finden. Das mag sich nicht ungewöhnlich anhören und obgleich es zuvor noch nie geschehen war, machte auch ich mir kaum Gedanken... Als ich die Tage drauf dann aber wieder dorthin ging, da war das Haus nicht weniger verlassen! Selbstverständlich wurde ich nun nicht nur zunehmend traurig, sondern auch verängstigt, weshalb ich niemals für längere Zeit dort blieb und mich nur wenig umsah im Haus und im Garten... Aufgefallen, ob sich irgendetwas verändert hatte, etwas fehlte oder so, ist mir in diesen Momenten gar nichts..., abgesehen davon, dass es so still geworden war und alles so verlassen schien inmitten der Gärten. Die Bienen summten noch ihr Lied, doch Bess war einfach weg, einfach so, ohne eine Spur hinterlassen zu haben – und sei es auch nur ein kleine... Ich habe bis heute keine Ahnung was damals geschehen ist, weiß nicht warum sie verschwand und wohin...“
Meine Augen waren nun erfüllt von Feuchtigkeit und Secret, sie war verstummt, schien traurig, nachdenklich, fast bestürzt. „Das ist so..., so tragisch“, kommentierte sie und fragte mich, ob ich denn gar keine Vermutung hätte, was den Grund für das Geschehene betrifft.
„Nicht wirklich“, antwortete ich. „Es fand sich keine Spur von ihr, keiner sprach davon, auch später nicht... - ehrlich gesagt habe ich selbst nicht mehr viel an sie gedacht, dann als ich älter geworden war und die ganzen letzten fünfzehn Jahre über... Und wenn ich eine Vermutung hätte - vom selbst gewollten Weggang bis zur Ermordung ist da wohl alles möglich - dann möchte ich sie sogar für mich behalten wollen, denke ich... Tut mir Leid, dass ich mehr nicht sagen kann!“
„Ich verstehe schon...“
Vorerst sprach nun keiner von uns mehr irgendetwas, beide starrten wir in die Dunkelheit, in die Schwärze des ehrwürdigen Moores. Nach einer Weile jedoch machte Secret einen Vorschlag: „Wollen wir nicht wieder zum Haus zurückgehen?“, fragte sie.
Ich sah betrübt zu Boden. „Es tut mir Leid, wenn ich durch diese Geschichte diesen schönen Abend jetzt zerstört haben sollte..., das wollte ich nicht!“
Da zeigte Secret mir ein Lächeln, zweifellos ein ehrliches: „Mach dir darum keine Gedanken! Selbstverständlich ist das Ende deiner Bekanntschaft zu Bess ein tragisches - wobei ich gar nicht glaube, dass zwangsläufig etwas schlimmes dort passiert sein muss – aber die Schönheit dieses Abends und dieser Nacht, die ist dadurch nicht geringer geworden! Wieder einmal war es wundervoll, ganz ehrlich! Und schau dich um! Ein klein wenig heller ist es schon geworden, der Sonnenaufgang selbst ist nicht mehr fern. Jetzt, da habe ich auf keine Sache mehr Lust als darauf, mich in mein weiches, warmes Bett zu kuscheln!“ Fräulein Spencers Augen strahlten. Jetzt lächelte auch ich.

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Eine Frage an euch Leser habe ich diesmal noch die mich zuletzt nicht wenig beschäftigt hat... Ich habe mir ein Stück nochmals durchgelesen was so einige Wochen oder Monate alt war, also noch nicht ganz so lang her, da ist mir aufgefallen, dass ich nach dem Lesen gar nicht so recht wusste, was ich gelesen habe, da das alles irgendwie viel zu... naja, flüssig vonstatten ging... Daher die Frage: Liest sich die Geschichte vielleicht (möglicherweise auch nur mittlerweile) ZU flüssig? So, dass die Sätze zu sehr ineinander überleiten, es zu rund erscheint und man somit einfach "durchrutscht" ohne etwas zu verstehen? Oder habe diesen Eindruck nur ich selbst, da ich durch die unzähligen Überarbeitungen die ein jeder Abschnitt von mir vor dem Posten bekommt das Ganze praktisch auswendig kenne und eben DESWEGEN so allzu flüssig und schnell da durchkomme...? Wäre für eine Meinung sehr dankbar...

Nun einmal ein paar Worte was die Zukunft angeht...: Wer aufgepasst hat wird wissen, dass die Ankunft von Magdalena Adolfson nun unmittelbar bevorsteht, die Handlung mit ihr bzw. der nun auf den Sommer folgende Herbst wird damit der letzte große Abschnitt des ersten Teiles der Geschichte sein. Fast 90 Seiten sind es ja bisher, ich denke rund 30 dürften es noch werden, grob geschätzt... (Was bedeutet, dass die Monate des Herbstes natürlich etwas geraffter dargestellt werden als diese wenigen Tage des Sommers bisher.) Als Termin habe ich mir mal das Jahresende vorgenommen... Zuvor folgen noch zwei kleine, kurze Szenen, die eine, sofern ich sie vor der anderen einbringe, innerhalb der nächsten beiden Wochen (und wenn ich schnell genug vorankomme zudem eine über das Onlinestellen des letzten Abschnittes hinaus gehende Aktualisierung der Website), die andere, sicherlich sehr interessante, dann erst später gegen Ende des Monats, da ich für sie selbst erst noch ein paar Erfahrungen mir holen möchte...
 
Das mit dem Erfahrungen holen klingt ja interessant bis mysteriös ^^

Zum Teil: Warum Secret jetzt unbedingt ein paar Schritte wegwollte am Ende des letzten bzw. am Anfang dieses Teils, hat sich mir jetzt nicht so erschlossen... nur, um ihm die Nacht zu zeigen?! o.O Ansonsten nette Geschichte von Bess, aber so richtig berühren tut mich ihr Verschwinden nun auch wieder nicht, dafür ist sie für die Story gefühlsmäßig zu belanglos ;)

Dein Gefühl, die Flüssigkeit betreffend, hab ich auch manchmal ^^". Ich gestehe, manchmal hab ich es, dass ich den Teil lese, meinen Kommentar schreiben will, dabei etwas nachfragen will und erstmal nochmals nachlesen muss, ob das nicht doch irgendwo im Teil drinstand... Also manchmal rutscht man schon so durch. Eigentlich find ich das manchmal auch ganz angenehm, wenn man das mit schwer lesbaren anderen FFs vergleicht. Muss aber zugeben, dass ich von der sprachlichen Eleganz am Anfang mehr wahrgenommen habe als jetzt in letzterer Zeit. Von der Storyline selber verpasse ich aber dadurch, denke ich, nichts, also ich überlese dadurch womöglich die eine oder andere Detailbeschreibung, ist aber nicht so, dass ich deswegen dem Plot nicht mehr folgen könnte oder so.
Nun ist es natürlich auch so, dass die letzten Teile jetzt nicht sooooo storyvorantreibend waren und daher dazu einluden, etwas schneller drüber wegzulesen. Bei wirklich wichtigen Szenen wär das ja tragischer. Glaube aber, bei denen ist mir das zumindest bisher noch nicht passiert.
Wär auf jeden Fall die erste FF, die sich ZU flüssig lesen ließe :D
 
Geklappt hat es aber eh nicht - was wiederum auch nicht weiter wichtig ist, da der entsprechende Abschnitt etwas nach hinten gerutscht ist und vorerst mit dem völlig neu ausgedachten gleich folgendem ersetzt wurde^^

Warum Secret wegwollte...., nein, gar nicht unbedingt wegen der Nacht, sondern einfach aus der Lust heraus sich in ihrer Freude ein klein wenig zu bewegen.

Was deine Antwort auf meine Frage nach dem Lesefluss angeht...: Vielen Dank erst mal dafür, war sehr informativ! Ich werde wohl versuchen, mich in nächster Zeit wieder ein wenig mehr anzustrengen - nur eben nicht in Sachen des Perfektionismus sondern eher der Kreativität (der sprachlichen meine ich, nicht der inhaltlichen, was die angeht sehe ich für den Rest des ersten Teiles eigentlich keine großen Probleme auf mich zukommen). Das mir das mit dem folgenden Teil wirklich schon gelungen ist, das bezweifle ich da ich erstens nicht wirklich darüber nachgedacht habe und zweitens, naja, ich will nicht sagen, dass ich ihn einfach so dahin geschrieben habe, das nicht, aber naja... Der Inhalt dürfte aber hoffentlich ein guter Ersatz für die fehlende sprachliche Kreativität sein..., so zumindest meine Meinung. Also viel Spaß!

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Als ich an diesem Morgen dann zu Bett ging, da träumte ich einen seltsamen, jedoch außergewöhnlich bewegenden und schönen Traum...
Mir war, als liefe ich durch einen in tiefste Dunkelheit getauchten Wald. Selbst für eine Sommernacht war es erstaunlich heiß, kein Wind wehte und ich schwitze, hatte mein Hemd wohl aus diesem Grunde ausgezogen. Hohe, verzaubert wirkende Bäume türmten sich zu beiden Seiten auf und ihre Wipfel verdeckten immerzu den Blick hinauf zum dunklen Himmel. Neben mir ging Secret daher. Meine rechte Hand hielt ihre linke, aber dennoch schien das Fräulein Angst zu haben, sah sich immer wieder um nach allen Seiten.
Es dauerte jedoch nicht lang, da erreichten wir den Rand des Waldes, ein wenig frischer war es dort, und wir kamen an, an einer hohen Klippe. Vorsichtig sahen wir hinab auf die ruhig dahin rauschenden Wellen eines dunkelblauen Meeres und als ich wieder aufblickte, da erhob sich am fernen Horizont soeben der Halbmond. Es war ein abnehmender wie ich glaube, und aufgrund seiner geringen Höhe am Firmament war sein Licht noch ganz gelb und daher ungewöhnlich warm. Wir setzten uns das Schauspiel seines Aufstiegs zu beobachten, Secret lehnte sich an meine Brust und ich schloss meine Arme um die ihre...
Ganz plötzlich aber erinnerte ich mich an irgendeine Sache, etwas, das mir wirklich wichtig schien. Ich musste Secret etwas zeigen und um das zu tun knöpfte ich den rechten Ärmel meines Hemds auf, welches ich nun plötzlich wieder trug, und schob ihn nach hinten. Zum Vorschein kam ein völlig mit Verband umwickelter Arm, was mich im Traume zwar kein bisschen überraschte, jedoch seltsame Schuldgefühle in mir hervorzurufen schien.
Secret aber, sie war plötzlich zu Silence geworden und diese war so schön wie nie zuvor. Sie setzte sich mir gegenüber und sah mich erst traurig, dann mit sich entschuldigenden Blicken an – währenddessen sie selbst den Ärmel an ihrem linken Arm nach hinten schob. Inständig hoffte ich, dasselbe wie bei mir dort nicht sehen zu müssen, dann aber kam es doch zum Vorschein. Und auf einmal, da schienen wir einander mehr verbunden als irgendwann zuvor. Uns mit melancholischen und völlig resignierenden Blicken in die Augen sehend legten wir unser beider Arme, die Unterseiten nach oben gewendet, aneinander – so endete der Traum.
Es war wundersam, dass ich dessen Abschluss selbst im Schlafe nicht zu erklären vermochte. Meist erscheint für den Träumer ja anfangs alles logisch und erst wenn er erwacht beginnt er dann zu fragen und erkennt die Widersprüche. Dieser Traum, er gab mir viele Dinge mit auf meinen Weg, brachte Vorstellungen und Gefühle an die Oberfläche die mir vorher nicht bewusst gewesen waren. Er sorgte dafür, dass Silence mir nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte und dafür, dass ich plötzlich ausgeglichen und zufrieden war und wohl gerade deshalb so voller Energie für neue Taten.

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PS: Deutungen des Traumes wären mir sehr willkommen!^^
PPS: Shanxara, liest du gar nicht mehr? Fände ich sehr schade... :(
 
Bevor ich das am Ende vergesse: Shan hat sich auch bei meiner FF ewig nicht blicken lassen, anscheinend ist sie derzeit praktisch nie im ADB.

Zum Teil: War ganz lustig, immer, wenn man denkt: Hä, Moment, da ist ein Logikfehler!, liest man weiter und im nächsten Satz merkt der Träumer das auch ^^. Wirklich ungewöhnlich an dem Traum fand ich "nur" das Ende mit den verbundenen Unterarmen. Ich würde mal raten, es könnte was mit einer Tätowierung dort zu tun haben... eine, die beide haben, und die Erkennungszeichen für irgendetwas Negatives ist... aber andererseits erscheint mir das jetzt, wo ich drüber nachdenke, doch eher unwahrscheinlich ^^". Vielleicht auch ne Wunde, die sie sich gemeinsam zugezogen haben - aber dann hätte der Mann ja wissen müssen, dass Silence die Verletzung auch hat... hm, mal sehen ;)
 
Ahja..., okay..., dann weiß ich ja Bescheid und hoffe, dass das nicht von Dauer sein wird!^^

Zum Traum ein paar wenige Worte...: Ich dachte mir, der Sommer geht zuende, jetzt bräuchte die Geschichte eigentlich noch einen 'Sommernachtstraum'. Einige Zeit lang fiel mir nicht wirklich etwas ein, dann aber träumte ich selbst einen Traum, dem das Ende des oben aufgeschriebenen entliehen ist. Was das Geschehene bedeutet, da bin ich selbst drüber am Grübeln...^^

Nun aber weiter mit einem Teil, der zu großen Teilen einmal ziemlich flüssig von der Hand ging und viel Spaß beim Schreiben bereitete - ich hoffe, es macht auch Spaß ihn zu lesen.

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Am nun folgenden Tag jedoch, ich glaube, es war der erste des Septembers, ein Montag, da sah ich Silence vorerst nicht. Weil Secret und ich so lang wach geblieben waren und sich Spencer, sofern ich meine ohnehin wenigen Aufgaben zu seiner Zufriedenheit erfüllte, nicht daran störte, zu welcher Zeit ich sie erfüllte, erwachte ich erst gen Mittag. Sofort als ich nach unten ging, traf ich auf ihn, der wohl gerade im Begriff war, sich in das Dorf zu begeben.
„Guten Morgen!“, grüßte ich höflich.
Er erschien mir an diesem Tag sogleich ganz besonders gut gelaunt und erwiderte: „Oh, guten Morgen, Christopher! Schön Sie zu sehen! - Ich weiß, Sie sind vermutlich gerade erst aufgestanden..., aber dennoch möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht Lust auf einen kleinen Ausflug haben?“
Ich überlegte kurz, hatte eigentlich vor, so bald wie möglich Silence zu sehen, dachte mir dann aber, dass es vielleicht so falsch gar nicht sein würde, nach einem solch gefühlsgeladenen Traum damit noch ein wenig zu warten. Und da die leider ziemlich seltene Gesellschaft von Abraham ohnehin eine immer sehr angenehme war, fragte ich nach: „Wohin soll es denn gehen?“
„Ins Dorf, der dortigen Schule einen kleinen Besuch abstatten!“
Ich sah ihn fragend an. Er lächelte.
„Wenn Sie möchten erkläre ich Ihnen die Angelegenheit auf den Weg dorthin? Nur lassen Sie sich bitte nicht zu viel Zeit, ich bin selbst schon fast ein wenig in Eile und muss mich wirklich gleich auf den Weg machen!“
Ich nickte, entschloss mich also mit ihm zu gehen und holte meinen Mantel – in den Stunden seit dem Ende des nächtlichen Ausflugs mit Secret war es nämlich merklich kühler und ein wenig regnerischer geworden. Nun, mit Beginn des neuen Monats, da schien der Herbst den Sommer ablösen zu wollen und mit eleganten, im Wind wehenden, schwarzen Mänteln machten wir uns auf den Weg in das Dorf. Vor dem Eingang des Hauses begegneten wir noch kurz Secret. Zwar grüßten wir einander sehr freundlich, jedoch fiel mir auf, dass meine Gefühle der Verliebtheit mindestens vorübergehend durch die Gedanken an Silence aber wohl auch ob der Enttäuschung über den Mangel an Erwiderung verschwunden oder geschwächt schienen. Das verwirrte mich und machte mich auch irgendwie traurig – der einzige Trost war mir, dass zumindest sie darüber nicht enttäuscht sein dürfte, eher im Gegenteil.

Schon wenig später begann mir Spencer zu erzählen, was ich Ihnen gegenüber vor langer Zeit bereits kurz erwähnt habe. Seit nunmehr schon drei Jahren unterstütze er die Schule des Dorfes auf vielfältige Weise, einerseits finanziell, andererseits als Teil der Leitung des Hauses. Das schien mir seltsam, schließlich besuchten seine Töchter selbige nicht.
„Warum tun Sie das?“, fragte ich. „Warum, wenn Sie Ihre Töchter doch daheim unterrichten?“
„Mit meinen Töchtern hat das wenig zu tun“, antwortete er. „Möglicherweise werde ich auch sie irgendwann dorthin schicken, das aber ist noch völlig offen. Nein, die Gründe für die Unterstützung sind andere! Ich selbst, ich hatte Zeit meines Lebens keine Probleme mich zu verwirklichen und den Dingen nachzugehen die mich interessierten. Es mag sich altbekannt anhören, aber die Kinder und was aus ihnen wird, das liegt mir sehr am Herzen. Ich glaube, dass die gewohnte Art des Unterrichts für viele Schüler nicht die optimale ist und hoffe mit meinen Ideen ein wenig zur Verbesserung beitragen zu können. Und wenn nicht, so werde ich gezeigt haben, was man lieber nicht tun sollte!“, sagte er und lachte. „Was in jedem Fall bleiben wird, das ist die nicht zu vernachlässigende finanzielle Hilfe“, fuhr er fort. „Wenn man solch große Mengen an Geld besitzt wie ich, einerseits bedingt durch meine Abstammung, andererseits und mittlerweile auch zum größten Teil durch meine Arbeit, so sollte man all das, was man selbst sinnvoll gar nicht verwenden könnte doch für Projekte zur Verfügung stellen die einem selbst als wichtig erscheinen. Für mich sind das die Schule und die Kirche, eigentlich das ganze Dorf, welches ich in mein Herz geschlossen habe, in den gut vier Jahren die ich mittlerweile hier lebe.“
Ich nickte und ich war glücklich über den, der mein Arbeitgeber war. Von nicht wenigen Personen in ähnlicher Position war immerzu zu hören, dass sie an sich selbst nur dachten, doch Spencer, er war ein wirklich guter und korrekter Mensch. Es schien mir mittlerweile fast wie eine Ehre, für ihn arbeiten zu dürfen und so, wie der größte Teil der Bewohner des Dorfes auf mich reagierte, war es das wohl wirklich. Dabei war ich ja eigentlich nicht mehr als ein Dienstmädchen, eines, das hin und wieder ein wenig malt und zeichnet...
Nochmals meldete Spencer sich zu Wort: „Selbstverständlich ist es so, dass ein zufriedenes Dorf und eine glückliche Jugend auch mich selbst zufrieden und glücklich machen, schließlich bin ich es, der sehr gern für lange Zeit hier leben möchte. Und unter uns gesagt und um wirklich ehrlich zu sein, sollte ich erwähnen, dass der Erwerb eines guten Ansehens und das Ziel, eine beliebte und bekannte Persönlichkeit zu sein bei all dem ganz genauso eine Rolle spielt!“ Er sagte das auf eine sehr lockere Art und Weise und fast schon wie ein Scherz klang es, als er augenzwinkernd hinzufügte: „Die Schule, sie trägt mittlerweile meinen Namen, das habe ich dann schon verlangt oder besser gesagt - den Vorschlag unterstützt!“
In Wahrheit, das wusste ich mittlerweile und das versteckte er eigentlich auch nicht, meinte er es wirklich ernst, wenn er sagte, dass das all das genauso ein Aspekt unter vielen war. Wer aber sollte ihm das noch verdenken?
Und was dann geschah, als wir das große, alte Schulgebäude, welches direkt am Marktplatz sich befand, also gar nicht weit von dem Gasthaus entfernt in welchem ich einige Wochen zuvor meine erste Nacht im Ort verbrachte, das zeigte sowieso, wie geliebt und gemocht der Schriftsteller in K... wirklich war: Gleich als Spencer das Gebäude betrat (es war gerade Pause) erntete er (und auch ich) vielerlei interessierte, vorerst schüchterne Blicke von den jüngeren Kinder. Als deren Lehrer dann ebenfalls Spencers Anwesenheit bemerkten und sich zu ihm hin begaben, da war das wie ein Startschuss für die Kleinen. Sofort umringten sie Sir Abraham Thomas und mich, grüßten ihn freudig und stellten ihn vielerlei Fragen – und mich fragten sie, wer ich denn überhaupt sei. Ich genoss das alles sehr, mochte Kinder schon immer und freute mich, einige neue Leute kennen zu lernen und selbst ein Teil des Dorflebens sein zu können. Da Spencer wohl eine gewisse Zeit zu tun haben würde, schlug er mir dann später vor, mich derweil doch noch ein wenig mit den Kindern zu beschäftigen, wenn ich Lust haben sollte, ihnen vielleicht ein, zwei Stunden Kunstunterricht zu geben, sie würden sich über die Abwechslung sicherlich freuen. Das tat ich dann tatsächlich und, was soll ich sagen, ich hatte sehr viel Spaß dabei!
„Ich hätte Lehrer werden sollen“, meinte ich scherzhaft, als wir uns ein paar Stunden später auf dem Rückweg befanden. Lehrer, so wie Magdalena Adolfson – drei Tage später kam sie endlich an.

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Der Vollständigkeit halber noch eine kleine Anmerkung, den entsprechenden Fehler habe ich hier im Forum nämlich nicht extra korrigiert: Zu Beginn des Gespräches zwischen Spencer und Christopher über Magdalena und über einige religiöse Dinge, ist schon eine Weile her das ganze, da steht, dass es am 2. September stattgefunden hätte, das habe ich geändert in 30. August - ehemals waren nämlich zwischendem Teil und Magdalenas Auftreten nicht so viele andere Abschnitte geplant.
 
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