Danke, danke...

Nachfolgend nun der endlich letzte Teil dieser langen Szene (dürfte die bisher längste der Geschichte gewesen sein obwohl das gar nicht so geplant war...), ich hoffe, er ist mir nochmals einigermaßen gelungen...
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Nun war ich selbstverständlich irritiert. „Nicht das mich das stört, aber... Warum?“, rief ich dem Fräulein hinterher. Doch noch bevor sie antwortete ging ich selbst nach unten. Mit unschuldigem, schüchternem, vor allem aber auch ganz wirklich fröhlichem Gesichtsausdruck erwartete mich Secret inmitten der samtweichen Dunkelheit und voller Begeisterung da schwärmte sie: „Findest du nicht auch, dass es so wunderschön gerade ist? Jetzt, in diesem Augenblick?“
Selbstverständlich war es schön, so wie für lange Zeit ein jeder Moment mit ihr zusammen war. Eine gar so überschwängliche Freude wie die, von welcher Secret sprach, verspürte ich selbst jedoch nicht. Vielleicht ein wenig Nostalgie stattdessen, ob der Erinnerung an damals, an Bess, aber auch das war ein eher schwaches Gefühl, wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass auch die Gegenwart so voller Wunder war, vielleicht noch mehr sogar als die Vergangenheit. Das sollte mir weniger als ein Jahr später schon längst Gewissheit sein, aber in jenem Augenblick, da fragte ich mich nur, ob Secret nicht vielleicht doch Gefühle für meine Person zu haben schien, Gefühle, die hinaus gingen über welche, die nicht mehr waren als freundschaftlicher Natur.
„Diese Nacht ist wundervoll!“, erklärte mir die zarte Schönheit, drehte mehrere Male sich im Kreis, den Blick immerzu hinauf gerichtet zum schwarzblauen Himmel – einige Wolken waren mittlerweile aufgezogen. Unschwer konnte ich sehen, wie mitgerissen Secret war, von dem was sie gerade fühlte – und es hören, währenddessen sie dann schwärmte und auch fragte: „Und deine Geschichte, sie gefällt mir wirklich sehr! Aber warum nur lebte Bess so ganz allein an diesem Ort? Es muss doch einen Grund gegeben haben?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete ich und fühlte mich schon fast ein wenig schuldig weil ich das große Interesse nicht zu befriedigen vermochte. „Womöglich haben Alfred und ich, so direkt wie Kinder oft sind, das irgendwann sogar gefragt, aber ich glaube nicht, dass wir auch eine zufriedenstellende Antwort dann erhalten haben. Und falls da doch eine war, so haben wir sie womöglich nicht verstanden...“
Secret schien zu wissen, was ich sagen wollte – dass der Grund für das Leben in Abgeschiedenheit ein recht tragischer womöglich war. Ich erzählte weiter: „Auf jeden Fall dürften wir so ziemlich die einzigen Personen gewesen sein, die Bess einen Besuch abstatteten, die ihr Gesellschaft leisteten für einige Monate ihres Lebens. Später aber kam sogar nur noch ich allein... Alfred, er hatte seinen Eltern von unserer neuen Bekanntschaft erzählt, woraufhin ihm der Kontakt verboten worden war... Mir selbst zwar auch, das aber interessierte mich weniger und ich ging trotzdem noch dorthin. Nur für einige Wochen allerdings...“
Das überraschte Secret: „Warum?“, fragte sie. Ich indessen zögerte meine Antwort hinaus, musste mich erst selbst wieder hindurchwühlen durch die ergreifenden Gedanken und Erinnerungen und durch die vielen, vielen Fragen die in mein Bewusstsein drangen. Fräulein Spencer jedoch dachte sich noch nichts dabei und bückte sich nach einem Büschel Wollgras, welches am Rand des feuchten Weges sich befand. „Es ist so blass“, kommentierte sie, „Eigentlich ist es ja sehr schön, so filigran; aber bunte Blumen mag ich einfach lieber...“
Die Art wie sie das sagte erfüllte mich mit Freude. „Blumen, da gab es viele in Bess' Garten... Vor allem die wilden Rosen sind mir noch immer in Erinnerung“, schwärmte ich, ohne nachzudenken, ohne einzugehen auf die Frage welche Secret mir zuvor gestellt.. „Ich selbst, ich kannte diese Blumen damals nicht, als ich ihr jedoch erzählte, wie schön sie seien, da erklärte mir Bess, dass es um eine Art wilde Rosen sich handeln würde. Nun..., eigentlich war der Garten im Ganzen ein unglaublich schöner wie ich finde, so voll mit hübschen Blumen eben, jedoch auch so ganz natürlich, irgendwie allein gelassen, irgendwie auch nicht...“
„Behütet aber nicht eingeschränkt...“, warf Secret ein. „Meinst du das?“
„Das beschreibt es wohl recht gut...“
Secret lächelte. „Aber du hast vergessen meine Frage zu beantworten“, sagte sie dann und zwinkerte mir zu. „Du hast mir noch nicht gesagt, warum du Bess dann später doch nicht mehr besuchen gingst!“
Da bemerkte ich, wie ich unbewusst aber wahrscheinlich auch nicht ohne Grund das Thema gewechselt oder aber zuwenigst den Drang verspürt hatte, mich damit nicht noch weiter zu befassen. Ich dachte nach und ich seufzte....
„Was ist los?“, fragte Secret. Ein wenig besorgt sah sie jetzt aus und ich - plötzlich ganz von Trauer ergriffen - fing an zu erklären: „Es war so... Eines Abends ging ich wieder hin zu ihrem Haus, doch weder dort, noch in nächster Nähe konnte ich sie finden. Das mag sich nicht ungewöhnlich anhören und obgleich es zuvor noch nie geschehen war, machte auch ich mir kaum Gedanken... Als ich die Tage drauf dann aber wieder dorthin ging, da war das Haus nicht weniger verlassen! Selbstverständlich wurde ich nun nicht nur zunehmend traurig, sondern auch verängstigt, weshalb ich niemals für längere Zeit dort blieb und mich nur wenig umsah im Haus und im Garten... Aufgefallen, ob sich irgendetwas verändert hatte, etwas fehlte oder so, ist mir in diesen Momenten gar nichts..., abgesehen davon, dass es so still geworden war und alles so verlassen schien inmitten der Gärten. Die Bienen summten noch ihr Lied, doch Bess war einfach weg, einfach so, ohne eine Spur hinterlassen zu haben – und sei es auch nur ein kleine... Ich habe bis heute keine Ahnung was damals geschehen ist, weiß nicht warum sie verschwand und wohin...“
Meine Augen waren nun erfüllt von Feuchtigkeit und Secret, sie war verstummt, schien traurig, nachdenklich, fast bestürzt. „Das ist so..., so tragisch“, kommentierte sie und fragte mich, ob ich denn gar keine Vermutung hätte, was den Grund für das Geschehene betrifft.
„Nicht wirklich“, antwortete ich. „Es fand sich keine Spur von ihr, keiner sprach davon, auch später nicht... - ehrlich gesagt habe ich selbst nicht mehr viel an sie gedacht, dann als ich älter geworden war und die ganzen letzten fünfzehn Jahre über... Und wenn ich eine Vermutung hätte - vom selbst gewollten Weggang bis zur Ermordung ist da wohl alles möglich - dann möchte ich sie sogar für mich behalten wollen, denke ich... Tut mir Leid, dass ich mehr nicht sagen kann!“
„Ich verstehe schon...“
Vorerst sprach nun keiner von uns mehr irgendetwas, beide starrten wir in die Dunkelheit, in die Schwärze des ehrwürdigen Moores. Nach einer Weile jedoch machte Secret einen Vorschlag: „Wollen wir nicht wieder zum Haus zurückgehen?“, fragte sie.
Ich sah betrübt zu Boden. „Es tut mir Leid, wenn ich durch diese Geschichte diesen schönen Abend jetzt zerstört haben sollte..., das wollte ich nicht!“
Da zeigte Secret mir ein Lächeln, zweifellos ein ehrliches: „Mach dir darum keine Gedanken! Selbstverständlich ist das Ende deiner Bekanntschaft zu Bess ein tragisches - wobei ich gar nicht glaube, dass zwangsläufig etwas schlimmes dort passiert sein muss – aber die Schönheit dieses Abends und dieser Nacht, die ist dadurch nicht geringer geworden! Wieder einmal war es wundervoll, ganz ehrlich! Und schau dich um! Ein klein wenig heller ist es schon geworden, der Sonnenaufgang selbst ist nicht mehr fern. Jetzt, da habe ich auf keine Sache mehr Lust als darauf, mich in mein weiches, warmes Bett zu kuscheln!“ Fräulein Spencers Augen strahlten. Jetzt lächelte auch ich.
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Eine Frage an euch Leser habe ich diesmal noch die mich zuletzt nicht wenig beschäftigt hat... Ich habe mir ein Stück nochmals durchgelesen was so einige Wochen oder Monate alt war, also noch nicht ganz so lang her, da ist mir aufgefallen, dass ich nach dem Lesen gar nicht so recht wusste, was ich gelesen habe, da das alles irgendwie viel zu... naja, flüssig vonstatten ging... Daher die Frage: Liest sich die Geschichte vielleicht (möglicherweise auch nur mittlerweile) ZU flüssig? So, dass die Sätze zu sehr ineinander überleiten, es zu rund erscheint und man somit einfach "durchrutscht" ohne etwas zu verstehen? Oder habe diesen Eindruck nur ich selbst, da ich durch die unzähligen Überarbeitungen die ein jeder Abschnitt von mir vor dem Posten bekommt das Ganze praktisch auswendig kenne und eben DESWEGEN so allzu flüssig und schnell da durchkomme...? Wäre für eine Meinung sehr dankbar...
Nun einmal ein paar Worte was die Zukunft angeht...: Wer aufgepasst hat wird wissen, dass die Ankunft von Magdalena Adolfson nun unmittelbar bevorsteht, die Handlung mit ihr bzw. der nun auf den Sommer folgende Herbst wird damit der letzte große Abschnitt des ersten Teiles der Geschichte sein. Fast 90 Seiten sind es ja bisher, ich denke rund 30 dürften es noch werden, grob geschätzt... (Was bedeutet, dass die Monate des Herbstes natürlich etwas geraffter dargestellt werden als diese wenigen Tage des Sommers bisher.) Als Termin habe ich mir mal das Jahresende vorgenommen... Zuvor folgen noch zwei kleine, kurze Szenen, die eine, sofern ich sie vor der anderen einbringe, innerhalb der nächsten beiden Wochen (und wenn ich schnell genug vorankomme zudem eine über das Onlinestellen des letzten Abschnittes hinaus gehende Aktualisierung der Website), die andere, sicherlich sehr interessante, dann erst später gegen Ende des Monats, da ich für sie selbst erst noch ein paar Erfahrungen mir holen möchte...