Prinz Rann von Kend'ariah

Sahlene

Sinful Hypocrite...
So! Meine erste richtige Geschichte ^^. Naja, das soll eine Fantasy-Story werden. Alaso, schreibt mir hin, wie ihr's findet. Und sorry, dass es noch nicht so spannend losgeht. Das kommt noch. Na denn: Bitte sehr!



Prolog:
Das Schloss war noch in tiefen Nebel getaucht, als Prinz Rann sein Pferd sattelte. Die Kälte machte auch vor einem Mitglied des Königshauses nicht halt, und so fror er erbärmlich. Hin und wieder zog er den dicken Pelzmantel etwas fester zusammen, doch auch das half nicht viel. Weiße Wolken stieben aus den Nüstern des Pferdes, als er die weiße Stute langsam über den gepflasterten Hof führte. Die auf dem Stein klappernden Hufe zerrissen die Stille und bei jedem Geräusch zuckte der Junge zusammen. Schließlich wurde es ihm zuviel. Er wirbelte herum und sah dem Pferd direkt in die Augen. „Schhhhhh!“, flüsterte er aufgebracht. „Willst du denn das ganze Schloss aufwecken?“
Schuldbewusst senkte das Tier den Kopf. Zufrieden drehte sich der Prinz um und führte die Stute weiter. Sie trat nun vorsichtiger auf. Vor den beiden taten sich die Nebel auf. Das große Tor, ein riesiges Bollwerk gegen die Angriffe der Feinde, hob sich majestätisch von der grauen Mauer ab. Die Tür war aus mehreren verschiedenen Holzarten gebaut, der wichtigste Bestandteil jedoch waren die Worte gewesen, die das Holz segneten. Der größte (und wahrscheinlich älteste) Magier des gesamten Königreiches war eigens hierher gereist, um diese Verteidigungsanlage mit seinen Zaubern zu schützen. Nun, so glaubte man am Hof, war die Festung nicht mehr einnehmbar. Sie hatten sogar die aufgestellten Wachen eingespart. Niemand bewachte mehr die Burg. Das hübsche braungebrannte Gesicht des Prinzen verzog sich zu einer Grimasse. Rann weinte. Er warf einen letzten bedauernden Blick auf den Eingang zum Nord-Wohnturm, wo seine Eltern schliefen, dann öffnete er den kleinen Seitenausgang, der in das Tor eingearbeitet war. Er konnte nur von innen geöffnet werden und war dazu bestimmt, Reisende einzulassen, ohne das gesamte gewaltige Tor in Bewegung setzen zu müssen. Er ächzte ein wenig, als er die schwere Tür aufschob. Er führte seine Stute hindurch, dann schloss er die Tür hinter sich. „Mutter, Vater, Freunde, lebt wohl...“ Er drehte der Wallanlage den Rücken zu. Eine letzte Träne kullerte seine Wange hinab. Ärgerlich wischte er sie weg. „Benimm dich nicht wie ein Kind. Du bist ein Prinz.“
Schnell und elegant schwang er sich auf sein Pferd. Die Stute schnaubte aufgeregt. Er gab ihr die Sporen. In leichtem Trab ritt er über den schlammigen Weg ins Tal hinab. Bald waren die letzten Zinnen seiner Heimat hinter den Baumwipfeln verschwunden. Erleichtert begann Rann sein neues Leben.


So, fertig. Na dann. Schreibt mir, wie ihr's fandet :D Ich hoffe sehr, es gibt auch Lob...
 
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also mein erster gedanke:der Pferdeflüsterer oO
aber is ganz gut geworden der anfang...sag ma ein bisschen mehr über die umgebung das man sich das vielleciht besser vorstellen kann.....
rechtschreibfehler hab ich jetzt keine entdeckt, aber die seh ich ebi mir auch nich XD
 
Für den Anfang schon mal nicht schlecht, natürlich nicht übermäßig spektakulär, aber das kann ja dann noch kommen. Fehler gab's kaum, mir ist nur "Feine" (richtig: "Feinde") in Erinnerung geblieben.
 
Danke sehr ^^

Stimmt, 'Feinde' soll's heißen. Aber wozu gibt es schließlich "edit"...

Was das Spannende etc. angeht, kommt alles noch...


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Warme Lichtstrahlen fielen auf Ranns Gesicht. Er schmatzte im Schlaf, zog seinen Mantel automatisch etwas enger und drehte sich auf die andere Seite. Der Kiefernwald, der das Schloss des Herrschers kilometerweit umgab, war erfüllt vom schwerenDuft der Kiefernnadeln und der Boden war von feuchtem grünen Moos bedeckt. Der perfekte Ort, um zu schlafen, dachte der Prinz glücklich und verlor sich wieder in seinen Träumen.
Der heiße Atem seiner Stute schließlich war es, der Rann dazu brachte, sich zu bewegen. Er schlug mit einer Hand schwerfällig nach dem Kopf des Tieres, das ihn gestört hatte. „Hör auf, mich zu belästigen“, murmelte er. Wenige Minuten später stand er dann aber doch auf. Er hatte vor, an diesem Tag noch bis ans Meer zu gelangen. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und Rann schätzte, es wäre ungefähr Mittagszeit. „Zu lange geschlafen“, sagte Rann zu sich selbst. Nun galt es, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Er sammelte seine Ausrüstung ein, die er über den Waldboden verstreut hatte. Die beiden Taschen, die am Sattel seines Reittiers befestigt waren, füllten sich schnell. Geschickt zurrte Rann letztendlich die Decke, auf der er die Nacht verbracht hatte, am Sattel fest.
Er überprüfte, so wie ihm sein Reitlehrer es beigebracht hatte, noch einmal alle Gurte auf ihre Unversehrtheit. Dann saß er auf und lenkte seine Stute gen Meer.
Am frühen Abend bemerkte Rann zum ersten Mal, dass er das Wichtigste in seinem Unternehmen vergessen hatte. Sein Magen begann nämlich schrecklich zu knurren. Vorher hatte er vor Aufregung nicht einmal daran gedacht, irgendetwas zu essen. Nun allerdings meldete sich sein Bauch protestierend zu Wort und rumorte schrecklich.
Rann hielt seine Stute an einer durch Felsen geschützten Stelle an und saß ab. Wütend auf sich selbst ließ er das Tier frei laufen. Es war gut erzogen. Nachdem es sich an Gras gütlich getan hatte, würde es brav hier an den Felsen zurückkehren. Dann machte sich Rann selbst auf die Suche nach etwas Essbarem. Als sich der Himmel dunkel verfärbte, hatte Rann vier Nüsse und einige wenige Beeren gefunden. Auch Durst quälte ihn. Er verfluchte seine Dummheit. Von Schwindelgefühlen geplagt, wankte Rann zurück in Richtung der Felsformation, bei der er die Nacht verbringen wollte. Schließlich erreichte er kraftlos, müde und hungrig die Steine. Und erstarrte.
Ein Feuer war unter dem Felsüberhang angezündet worden und saftiges Fleisch an einem Spieß schmorte darüber. Alarmiert warf sich der Junge auf den Boden und verbarg sich hinter einem dichten Büschel Moos. Seine stahlgrauen Augen suchten hektisch die Umgebung ab auf der Suche nach denjenigen, die diese Stelle als Unterschlupf auserkoren hatten. Es war nicht gut, wenn man ihn fand. Die Nachricht eines hübschen braunhaarigen Jungen mit stahlgrauen Augen, der gepflegte Haut und saubere Fingernägel hatte und sich alleine im Wald umhertrieb, würde ohne Umwege an den Königshof gelangen. Und Rann wusste, was das bedeutete: Hunderte Krieger, die diesen Wald solange nach ihm absuchen würden, bis sie ihn gefunden hatten. Plötzlich rissen ihn Geräusche aus den Gedanken. Das stumpfe Hämmern der Hufe mehrerer Pferde näherte sich Rann von rechts. Um den Felsen herum ritten drei Männer. Sie sahen alle drei sehr ungepflegt aus und hatten lange Bärte und einen grimmigen Gesichtsausdruck. Räuber, schoss es dem Prinzen durch den Kopf. In dem Moment fiel ihm etwas Unangenehmes auf: Die Männer hatten vier Pferde dabei. Das vierte war zwar reiterlos, aber eindeutig vor kurzem noch geritten worden. Es war gesattelt, hatte Zaumzeug angelegt und an den Flanken baumelten mehrere kleine Säcke. Das bedeutete, dass ein vierter Räuber hier noch irgendwo sein musste, ohne dass Rann ihn sah. „Verdammt“, murmelte er fast unhörbar.
„Du sagst es, Kleiner“, lachte eine tiefe Stimme hinter ihm. Erschreckt drehte sich Rann um. Der Mann war kahl und hatte einige verfaulte Zähne im Mund. Er lachte noch einmal dröhnend und grausam, dann versetzte er dem Jungen mit der Faust einen schweren Schlag ins Gesicht. Rann stöhnte auf. Ihm wurde schnell schwarz vor Augen. Das letzte, was er für lange Zeit hörte, war das höhnische Gelächter der Wegelagerer. Und dabei hätte ich so gerne das Meer gesehen...
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Hm, immer noch nicht so wirklich spannend. *fleh* Gebt mir noch etwas Zeit, bitte. Noch wisst ihr ja gar nicht, worum's eigentlich geht... :D
 
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Das sollen seine letzten Gedanken sein, bevor er das Bewusstsein verliert. Ich hab's jetzt kursiv gemacht, damit man das besser erkennt.

So. Hier auch gleich der nächste Teil:

Ich hatte nämlich eine kreative Phase. Falls irgendwer sich nicht von dem lahmen Anfang abschrecken ließ, sollte er sich hierüber freuen. Dieser Teil gefällt mir nämlich. Ich mag Gespräche.

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Mit schmerzendem Kopf wachte Rann auf. Er nahm seine Umgebung nur undeutlich wahr. Das Feuer war ausgebrannt und glimmte nur noch vor sich hin. Aus einer Ecke schnarchten zwei Männer. Die anderen beiden saßen in der Dunkelheit, hielten Wache und unterhielten sich leise.Aus einem Impuls heraus wollte er sich die Augen reiben. Seine Hände bewegten sich nicht, aber der Junge spürte nun deutlich die Fesseln, die ihm die Handgelenke aufscheuerten. Er seufzte laut auf. Das war eine äußerst verfahrene Situation. Bei dem Geräusch drehte sich einer der beiden Verbrecher um. Er entblößte seine gelben Zähne bei einem breiten Grinsen.
„Hochwohlgeboren sind also aufgewacht. Habt Ihr gut geschlafen, Prinz?“, fragte er zufrieden.
„Woher weißt du...“, rief Rann erschrocken.
„Aber, aber, nicht so schreien“, sagte der zweite der Männer. „Wir wollen doch unsere Kameraden nicht aufwecken, oder?“
Der andere nickte zustimmend. „Das wäre schade. Sie haben den Schlaf dringend nötig. Nun zu dir. Für wie doof hältst du uns?“ Rann fühlte, wie sich ein Kloß in seiner Kehle bildete. „Du hast saubere Haare, geschnittene Fingernägel, weiße Zähne. So einer wie du ist nicht aus der Unterschicht. Und dieser hübsche Ring da an deinem Finger...“ Der Mann deutete auf Ranns rechte Hand. Dieser stöhnte auf. Wie hatte er so dumm sein können... Das Siegel des Herrschers von Kend’ariah war doch jedem, vom Bettler bis zum Kaufmann, bekannt...
„Das Zeichen des Zweitgeborenen. Dein Vater, die Königin und dein großer Bruder werden sich schreckliche Sorgen machen“, lachte der Mann. Der andere redete weiter: „Es ist unsere Pflicht als Bürger, den Prinzen zurück zu seinen Eltern zu bringen. Aber... dafür erwarten wir natürlich etwas...“
Sie wollten ein Lösegeld. Rann schloss die Augen. Das gäbe einen Ärger, wenn er wieder Zuhause war...
„Er will nicht mehr“, sagte einer der beiden. „Schade“, meinte der andere, „aber lassen wir ihn doch schlafen. Morgen früh werden wir ihn schließlich laufen lassen müssen. Da muss er ausgeruht sein. Sonst behindert er uns nur.“
„Diese Mühen kann ich euch gerne abnehmen“, lachte plötzlich eine helle weibliche Stimme aus der Dunkelheit. Eine Person trat aus der Finsternis in das schwache Licht der Glut. Sie trug in ihrer Hand ein Langschwert. Ihr Gesicht wurde von einem langen Schal verdeckt, aber ihre Augen schienen vor Mordgier zu glühen. Die beiden Räuber wichen zurück. Sie beide zogen ihre Schwerter aus den langen Scheiden, die an ihrem Gürtel baumelten. Einer schrie: „Frey! Kemmen! Wacht auf! Wir haben Besuch!“ Die beiden Gestalten, die bis dahin regungslos unter dem Felsenüberhang gelegen hatten, warfen beinahe zeitgleich ihre Decken weg und griffen nach ihren Schwertern.
Rann sah atmelos zu. Die Frau (er hatte die Stimme eindeutig identifiziert) sah sich nun vier kampferprobten, kräftigen Männern gegenüber. Und sie wich nicht einen Schritt. Im Gegenteil: Ohne Vorwarnung holte sie kräftig aus und hieb einem der Kerle mit einem gut gezielten Schlag den Kopf ab. Fassungslos starrte der andere auf das Gesicht seines Freundes, das auf den Boden rollte. Diesen Augenblick nutzte die Frau, um auch ihm das Lebenslicht auszulöschen. Der Schwertstreich kam so schnell, dass ihm Rann mit den Augen nicht folgen konnte. Röchelnd und seinen Bauch haltend brach der Mann zusammen. Rann schloss angewidert die Augen, als ihm klar wurde, was der Räuber da festhielt: Seinen Körperinhalt.
Nun lösten sich endlich Frey und Kemmen aus ihrer Erstarrung. Entschlossen stürzten sie sich auf die verhüllte Gestalt. Unbeeindruckt wich diese beiden aus. Frey starb, nachdem ihm die Frau sein eigenes Schwert entwendet und zwischen die Schulterblätter gestoßen hatte. Kemmen hingegen hatte nicht auf die andere Hand seiner Gegnerin geachtet. So war ihm das Wurfmesser entgangen, dass jetzt in seinem Herzen steckte.
Die Frau murmelte etwas, dass Rann nicht verstehen konnte. Für ihn klang es wie ein Segen, aber er war nicht sicher. Es hätte ebensogut ein Fluch sein können.
Nun drehte sie sich ihm zu. Sie entledigte sich ihrer blutverschmierten Handschuhe und wischte ihr Schwert an der Hose eines ihrer Opfer ab. Nachdem es wieder unter ihrem langen Mantel verborgen war, schlug sie die Kapuze zurück.
Es war ein Mädchen!, stellte Rann überrascht fest. Sie musste etwa 16 Jahre alt sein, nicht älter als er!
„D-danke“, stammelte er, als er sich an seine gute Erziehung erinnerte. „Ihr habt mich wohl gerettet...“
„Schweig!“, fuhr sie ihn an. Ihr Gesicht war wunderschön, umrahmt von bleichem, fast weißem Haar, wirkte es zerbrechlich wie das einer Puppe. Und sie hatte eben vier Gegner allein, ganz ohne Hilfe besiegt. Sie erschien Rann immer unwirklicher.
„Ich habe höchstens dein erbärmliches Leben unwesentlich verlängert. Und ich bezweifle, dass du mir dafür noch dankbar sein wirst, wenn du schwach, alt und unbeweglich in deinem Zimmer sitzt, kaum sprechen kannst und von allen wegen deines zerfurchten, faltigen Gesichtes und deiner ansteckenden Krankheit gemieden wirst.“
Rann erschrak. Solche schrecklichen Worte aus dem Mund dieses wunderschönen Mädchens zu hören!
Sie zog ihr Wurfmesser aus dem Körper von Kemmen und wischte es sauber. Dann zerschnitt sie unsanft Ranns Fesseln. Er beäugte seine Retterin misstrauisch, als er seine wunden Handgelenke rieb. Sie schmerzten stark. Rann erinnerte sich an die Medizin, die in einer seiner Taschen verstaut war. Dummerweise war sein Pferd nicht wieder aufgetaucht.
Das Mädchen wandte sich von ihm ab und durchsuchte die Taschen der Toten.
„Ihr... ihr wollt diese Menschen doch nicht etwa bestehlen, oder?“, fragte der Junge schockiert. Sie blickte nicht auf, sondern suchte weiter. Nach kurzer Zeit hatte sie alle vier Leichen auf Wertgegenstände untersucht. Ein kleiner Haufen Geschmeide und Gold- und Silbermünzen türmte sich auf dem Boden auf. Ungerührt steckte sie sich die Sachen in eine ihrer Manteltaschen.
Dann legte sie noch etwas Holz aufs Feuer, rollte die Leichen an die Seite und holte aus einer der Satteltaschen der Wegelagerer etwas gepökeltes Fleisch. Sie setzte sich ans Feuer und aß. Rann würdigte sie keines Blickes mehr.
Schließlich wurde es ihm zuviel. Seine namenslose Retterin schien gar nicht an seiner Rettung interessiert gewesen zu sein. „Warum habt ihr die Räuber getötet?“, traute er sich letztendlich zu fragen.
Sie blickte ihn aus ihren tiefgrünen Augen an. Keine Gefühlsregung war in ihrem Gesicht zu lesen, als sie ihm doch antwortete: „Ich brauchte ihre Vorräte und ihr Geld.“ Dann lächelte sie hämisch. „Ist das verwerflich?“
Rann schluckte. „Habt ihr denn keine Ehre?“, fragte er ängstlich und verunsichert. Er wusste absolut nicht, was er von dieser jungen Frau zu erwarten hatte.
Diese Frage schien sie zu ärgern. Eine steile Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen und sie verzog den Mund.
„Ehre?“, fragte sie scharf. „Ehre? Was kann ich mir von Ehre kaufen? Kann ich davon satt werden? Wird sie mein Leben besser schützen als ein gut ausbalanciertes Schwert? Ich sage dir etwas, Prinz: Wenn du auf deiner Ehre bestehst, wirst du schneller sterben als ein Kalb inmitten einem Rudel Wölfe. Wenn du hier draußen überleben willst, solltest du die veralteten Vorstellungen, die man am Hofe vertritt, so schnell wie möglich los werden. Hier, in der Wirklichkeit, bist du ein Niemand. Du bist ein unerfahrener Bengel, der sich als Held aufspielen will. Dein Titel gilt nichts, wenn du nicht kämpfen kannst und wenn du Skrupel hast, deine Gegner zu töten, bevor sie dich töten. Du bist nicht der Prinz. Du bist nur die Beute.“
Damit wandte sie ihr Gesicht wieder von ihm ab. Es war vor Zorn gerötet und ihre Augen glitzerten gefährlich. Rann verkroch sich weit weg von ihr in eine Ecke. Sein Magen knurrte schmerzhaft. Noch immer hatte er nichts gegessen, aber er hatte zu viel Angst vor diesem Mädchen, um sie um etwas zu essen zu bitten.
„Ihr Götter“, murmelte er. „Wo habt ihr mich da hineingezogen?“ Er brauchte all seine Willenskraft, um nicht zu weinen. Ein 17-jähriger Prinz, sagte er sich immer wieder, du bist ein 17-jähriger Prinz. Prinzen weinen nicht, schon gar nicht, wenn sie fast erwachsen sind.
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So, ich hoffe, ihr findet das Ganze jetzt etwas spannender. Da kommt natürlich noch so einiges. lest also weiter ^^
 
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Hm, interessant... Vor allem der längere Teil, den das Mädel am Ende sagt, klingt gut, schön formuliert. Zwar irgendwie seltsam, dass sich das gemeine Fußvolk so gehoben und metaphorisch ausdrückt, aber es klingt trotzdem besser :)
 
hey, du hast ja einen super schreibstil! der ist wirklich gut! und die ff an sich hört sich auch ganz interessant an. die charaktere sind gut gewählt: der wohl behütete prinz und das verbitterte mädchen aus dem volk! :D bin mal gespannt, wie das noch so weitergeht ;)
 
Danke, danke ^^

Ihr solltet euch nicht wundern, dass Rann das Mädchen siezt, obwohl sie ihn duzt. Er hatte eine gute Erziehung, und sie hat keinen Respekt vor ihm. :D
Noch etwas: Die Story spielt natürlich nicht auf der Erde. Daher müssten theoretisch Jahre, Tage, Stunden etc. anders definiert sein. Die Umrechnerei spare ich mir aber, okay? Nehmen wir also einfach an, dieser Planet ist zufällig in einem unserem Sonnensystem identischen Kreislauf platziert. Das macht es viel simpler für alle (besonders für mich).


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Urplötzlich hob das Mädchen den Kopf. „Wie dumm von mir. Es wäre schlecht, wenn der Sohn des Königs in meiner Gesellschaft verhungert.“ Sie riss ihm ein Stück des Fleisches ab und warf es ihm zu. Rann fing es auf und begann sofort, daran zu knabbern. Es schmeckte widerlich salzig und war viel zu kalt, um wirklichen Geschmack zu entwickeln, aber daran ließ sich der Junge nicht stören. „Du solltest nicht so schnell essen“, bemerkte das Mädchen gleichgültig. Rann hörte nicht auf sie. Nach kurzer Zeit war von dem Fleisch nur noch ein Knochen übrig. Das Mädchen warf ihm eine Flasche aus gebranntem Ton zu. Rann trank das Gebräu gierig und dankbar, ohne auf seinen Geschmack zu achten.
Sie lächelte schief, als er die Flasche wieder absetzte.
„Das ist Wein“, sagte sie. „Bist du sicher, dass du so viel verträgst?“
„Ssssssssssssssssssssssicher“, lallte Rann und rollte mit den Augen. Dann kippte er nach hinten um. Wenige Minuten später begann er zu schnarchen.
„Na, den wäre ich erstmal los“, murmelte das Mädchen und begann, ihre Sachen wieder einzupacken. Dann legte auch sie sich nieder, um auszuruhen.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie aufstand. Der Waldboden war von Tautropfen bedeckt, die das fahle Licht reflektierten. Der Himmel hatte eine hellgraue Farbe, war aber wolkenlos. Es würde ein schöner Tag werden.
Sie sortierte die Gegenstände aus den Satteltaschen der Räuber. Die Dinge, für die sie Verwendung hatte, wanderten schnurstracks in ihr Bündel. Die Pferde zäumte sie, bis auf eines, ab und ließ sie weglaufen. Dem übriggegbliebenen legte sie Fußfesseln an, sodass es nicht schnell traben konnte.
Schlussendlich holte sie eine kleine Flöte aus ihrer Tasche. Sie war fein gearbeitet und mit kleinen Schnitzereien versehen. Sie setzte das Musikinstrument an die Lippen und begann zu spielen. Die Musik hallte durch den Wald und brachte die Luft zum Virbirieren. Nachdem sie das Stück beendet hatte, setzte sie sich zurück unter den Felsüberhang. Eine halbe Stunde später erkannte sie die vertraute Stimme ihres eigenen Pferdes.
Dann stand der Hengst, der ein erdfarbenes Fell und eine schwarze Mähne hatte, endlich vor ihr. Sie umarmte seinen Hals und streichelte ihn liebevoll.
„Hallo, mein Großer“, flüsterte sie. „Shen, wir sollten uns auf den Weg machen.“
Das Pferd warf erwartungsvoll den Kopf hoch. Sie stieg gerade auf, als Rann aufwachte.
Als er erkannte, was sie da tat, wurde er hektisch. Er kämpfte sich aus der Decke und lief auf das Pferd und seine Reiterin zu.
„Was tut Ihr da, Mylady“, rief er entsetzt.
Sie verdrehte genervt die Augen. „Du bist ganz schön schwer von Begriff“, antwortete sie gehässig. „Natürlich verschwinde ich!“
„Aber warum?“, fragte Rann überrascht.
„Damit ich weg bin, bevor ich zu deiner Aufpasserin werde. Ich möchte nicht dabei sein, wenn du erkennst, dass dein Traum vom unabhängigen Leben an dir selbst scheitert.“ Mit diesen Worten wendete sie ihr Pferd. Shen ging langsam den weg, der vom Schloss weg führte, entlang.
„Wartet!“, schrie Rann verzweifelt. „Bitte wartet!“
Noch einmal drehte sie ihm ihr Gesicht zu. „Ich will und werde dir nicht helfen“, stellte sie fest. „Versuche nicht, mich umzustimmen. Das müsste schon ein sehr guter Grund sein, der mich dazu bringt, dir noch mehr zu helfen. Dreh dich um“, sagte sie und zeigte mit der Hand auf das Pferd, das noch da stand und friedlich graste. „Es hat alles dabei, was du brauchst. Wenn du mehr Hilfe willst, solltest du beten. Vielleicht können die Götter aus dir einen Menschen machen, der eine Chance aufs Überleben hat. Ich kann es nicht.“
„Bitte!“, flehte Rann trotzdem. „Ich brauche jemanden, der mir beisteht! Ich kann diese Aufgabe nicht alleine bewältigen! Bitte! Ich gebe Euch Gold, Schmuck, Ländereien, alles was Ihr wollt! Nur bitte helft mir!“ er sank auf die Knie. „Ich kann das nicht alleine!“
„Ich dachte, du hättest Angst vor mir. Warum willst du plötzlich meine Begleitung?“, fragte sie leicht amüsiert.
Wie hat sie das gemerkt? War es so offensichtlich?
Rann verbarg sein Gesicht mit den Händen.
„Ich weiß“, sagte er. „Ich bin erbärmlich und ich hatte Angst vor dir. Ihr seid stark. Und ich bin schwach.“ Er sah sie wieder an. „Aber ich kann stark sein! Wenn Ihr mir dabei helft!“
Das Mädchen seufzte. „Meinetwegen“, sagte sie und zuckte mit den Schultern. „Aber ich will kein Geld, keinen Besitz.“ Fragend sah Rann sie an. „Ich will ein Abenteuer.“ Das Mädchen lächelte. „Sag mir, welche Aufgabe du hast, und ich will dir helfen, sie zu überleben. Es ist lange her, dass ich etwas erlebt habe.“
Rann lächelte erleichtert. „Danke“, sagte er. „Das ist sehr gnädig.“
„Red’ nicht solchen Unsinn!“, fuhr sie ihn an. „Das mache ich nicht, weil ich so nett bin. Es ist nur aus einer Laune heraus.“
„In Ordnung“, murmelte Rann beschwichtigend. „Dann sagt mir zumindest, wie Ihr heißt.“
Sie legte den Kopf schief. „Sheryl“, sagte sie schließlich. „Einfach Sheryl.“
„Hallo, Sheryl“, sagte Rann. „Es ist mir eine Ehre, Eure Bekanntschaft zu machen.“
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Das mit der Flöte haben sicher schon viele vor mir geschrieben. Aber ich fand es irgendwie schön, dass sich ein Mensch und ein Tier mithilfe der Musik verständigen können. Und pfeifen ist so banal...
Sooooooooooooooooo... dass Rann und Sheryl zusammen weiterreiten, war wahrscheinlich allen klar. Ich hoffe, der Rest überrascht euch dann doch ein wenig mehr. Das sehen wir dann.
 
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wieder super teil! das mit der flöte? ach, kam bisher nur einmal vor :D - jedenfalls hab ich's nur einmal gelesen :dodgy: . wie auch immer. die zwei sind irgendwie n witziges gespann, aber er als mann so unterwürfig in so einer welt? klingt n bisschen seltsam, aber vielleicht ist er schlicht und einfach nur ein feigling^^! bin mal gespannt, wie's weitergeht! ;)
 
@canola: Na, der Prinz ist vermutlich lieber unterwürfig als tot ;)

Zum Teil: War wieder mal sehr schön, die Flöterei war auch gut. Rechtschreibungs-technisch musst du drauf achten, dass die Anreden wie "Euch", wenn sie sich nur auf eine Person beziehen, ja sehr, sehr unterwürfige Anreden sind, und man sie daher großschreibt ("Euch", "Euer", "Ihr")...
 
Rann hat doch Angst!

Er ist schließlich total unerfahren, was die wirkliche Welt angeht. Er will einfach überleben, und dazu gehört halt, dass er Sheryl gehorcht. Schließlich wurde er am Königshofe nicht unbedingt Survival-Training im Wald gelehrt...

Er kommt aus einem luxuriösen Leben und alles stürmt auf ihn ein... Ich denke, da würdet ihr auch lieber auf so eine autoritäre Person wie Sheryl hören, oder?

Argh! Ich muss schon wieder "editieren". Eigentlich hasse ich sowas... aber ich antworte immer, bevor ich den nächsten Teil fertig habe. Schön blöd... Icke wieda ma! (Das ist berlinerisch^^ Ihr dürft dreimal raten, wo ich herkomme *g*) Viel Spaß beim Lesen, kann ich da nur noch sagen...

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„Was habe ich nur getan!“, seufzte Sheryl. „Und jetzt nimm dieses Pferd dort und komm endlich her! Ich möchte aufbrechen, solange die Sonne noch nicht aufgegangen ist.“
Rann beeilte sich, die Anweisungen zu befolgen.
„Ich hatte auch ein Pferd“, begann er, während er seine Sachen zusammensuchte. „Aber es ist verschwunden.“
„Das ist Pech. Nun wirst du wohl dieses hier nehmen müssen. Hast du ein Schwert?“
Rann beschloss, Sheryl jetzt auch zu duzen. Er machte sich ja zum Narren!
„Ich hatte es bei meinem Pferd“, antwortete er.
„Schön blöd. Das allerwichtigste ist deine Waffe“, erklärte sie ihm. „Du musst sie immer dabei haben. Wie willst du dich denn sonst verteidigen?“
Rann zuckte mit den Schultern und machte einen hilflosen Gesichtsausdruck.
Sheryl stieg ab und ging zu den Räubern. Sie sammelte die Schwerter der Männer zusammen. Von den vier Schwertern wählte sie ein Langschwert mit schmaler Klinge aus. Es lag einigermaßen leicht in der Hand und hatte einen gut gearbeiteten Griff. Sie steckte es zurück in die Schwertscheide und gab es Rann. „Damit wirst du kämpfen.“
Rann band es sich sofort an den Gürtel.
Plötzlich wurde Sheryl nachdenklich. „Du willst nicht, dass man dich erkennt, oder?“
Rann schüttelte leicht den Kopf. „Damit wäre meine Mission gescheitert.“
Sheryl ging um alle vier Leichen herum. Dann blieb sie vor Freys Körper stehen. Frey war groß und schmal gewesen und hatte braune Haare in ungefähr Ranns Haarlänge gehabt.
Sie nahm einen kleinen Dolch (Rann fragte sich, was noch so unter ihrem Mantel verborgen war.) und begann, Freys Gesicht zu bearbeiten. Als sie fertig war, sah man statt eines Gesichts nur noch eine Masse Fleisch und weiße Knochen hervorblitzen. Er war unkenntlich.
„Zieh deine Sachen aus“, forderte Sheryl Rann auf.
„Was?“, keuchte Rann ungläubig. „Das kannst du doch nicht...“
„Und ob ich das kann“, antwortete das Mädchen ungerührt.
„Na schön“, murrte Rann. „Aber dreh’ dich um!“, befahl er.
„Als ob mich dein Körper interessierte...“, murmelte Sheryl verärgert und begann ihrerseits, Frey auszuziehen. Sie warf ihm mit geschlossenen Augen die Sachen zu.
Rann schrie erstickt auf. „Nein! Diese schmutzigen, blutigen Sachen kann ich... das kann ich nicht tragen! Sheryl!“
Sheryl lachte kurz auf. „Mach schon, Feigling! Was glaubst du, wie deine Sachen aussehen werden, wenn wir fünf Tage geritten sind?“
Rann warf ihr einen bitteren Blick zu und vergewisserte sich, dass ihre Augen immer noch geschlossen waren. Dann zog er mit vor Ekel verzogenem Gesicht Freys Kleider an.
Währenddessen bekam Frey ein königliches Totenkleid.
Zum guten Schluss verlangte das Mädchen von Rann seinen Siegelring. Unwillig händigte er ihn ihr aus. Nun war Frey der tote Königssohn. An seiner rechten Hand funkelte der rubinbesetzte Ring mit dem Zeichen des zweiten Sohnes des Herrschers von Kend’ariah.
Rann wandte entsetzt den Blick ab. Man würde ihn für tot halten. Seine Eltern würden trauern und dieser schmutzige Räuber würde in einer königlichen Gruft beigesetzt werden.
„Lass uns gehen“, sagte Sheryl. Rann nickte entschlossen.
Die beiden saßen nun endlich auf. Als die Pferde angaloppierten, sprach Sheryl Rann auf seine Aufgabe an.
„Was ist das also für eine Aufgabe?“
Rann schüttelte den Kopf. „Das erzähle ich dir, wenn du mich so sehr brauchst, dass du mich nicht hintergehen wirst“, sagte er, und ein hochmütiger Ton schwang in seiner Stimme mit.
„Das ist nicht unklug“, sagte Sheryl, „aber ich nehme an, dass tust du nur, weil ich ein einfaches Mädchen bin. Wäre ich eine Prinzessin, würdest du prahlen und versuchen, mein Herz mit deinen erfundenen Geschichten über deine Heldentaten und deine ‚Aufgabe’ zu gewinnen.“ Sie wandte das Gesicht von ihm ab und gab vor, im Wald Ausschau nach Gefahr zu halten.
Rann indes suchte nach Worten, um sich zu rechtfertigen. Es gab keine. Sheryl hatte Recht.

Nach einer langen Zeit des Schweigens ergriff Sheryl wieder das Wort.
„Du wirst zumindest wissen, wohin du ungefähr willst, oder? Ich muss doch wissen, wohin wir reiten.“
„Am Meer liegt diese Hafenstadt, von der aus auch Schiffe zu den Äußeren Inseln fahren“, erklärte rann. „Sie heißt Kara’o del mair’, soweit ich weiß. Dort müssen wir ein Schiff nehmen.“
Sheryl lächelte geheimnisvoll. „Kara’o del mair... dort wollte ich sowieso hin.“
Rann wunderte sich zwar, fragte aber lieber nicht nach, was genau sie damit gemeint hatte. Sheryl würde nicht antworten. Es brannte ihm auf der Zunge, Sheryl nach ihrem Leben, ihren Eltern, ihrer Herkunft und des Grundes für ihren Aufenthalt hie rin der Nähe des Schlosses zu fragen, aber er wagte nicht, sie so persönliche Dinge zu fragen, wenn sie sich kaum kannten. Vielleicht würde sie eines Tages beginnen, ihm zu vertrauen und darauf von alleine zu sprechen kommen. Leider glaubte Rann nicht, dass dieser Tag je kommen würde.

Die Reise nach Kara’o, wie die Stadt vereinfacht genannt wurde, dauerte sieben Tage. In dieser Zeit lernte der junge Prinz von Sheryl viel über die Natur und das Überleben in ihr. Sein Respekt vor diesem zarten Mädchen wuchs ins schier Unermessliche.

Und dann, endlich, standen Sheryl und Rann vor den Mauern der größten und wichtigsten Hafenstadt des ganzen Landes. Das Stadttor (es war wegen der vielen Menschen, die ein und aus strömten, geöffnet) war aus feinstem Holz geschnitzt und wirkte fast so beeindruckend wie die Tore der Herrscherfeste. Die Stadtmauer war schneeweiß und gepflegt. Man sah selbst von außen, dass diese Stadt einfach unglaublich reich war.
„Vater sollte die Steuern in dieser Region erhöhen, wenn die Leute genug Geld haben, um die Wälle zu putzen“, murmelte Rann, als sie durch das Tor ritten.
Sheryls Mundwinkel zuckten, als sie dies hörte, aber sie beherrschte sich merklich und wies Rann nicht zurecht.
Die Straßen der Stadt waren von buntem Treiben erfüllt. Überall standen Händler und boten ihre Waren feil. Ihr Gebrüll hallte durch die engen Gassen und schuf eine angenehm geschäftige, aber nicht hektische Atmosphäre. Das besondere an dieser Stadt war nicht nur ihre günstige Lage: Kara’o lag nahe an den Äußeren Inseln, deren Bewohner für ihr handwerkliches Geschick berühmt waren. Außerdem gab es praktisch keine Untiefen in der näheren Umgebung.
Das wirklich besondere war, dass Kara’o weiß war. Alles Häuser waren aus dem für diese Gegend typischen weißen Sandstein erbaut. Dadurch wirkte Kara’o hell, freundlich und einladend und hatte einen eigenen, sich abhebenden Charakter.
Sheryl liebte diese Stadt. Es war wie ihr zweites Zuhause. Hier hatte sie viele Freunde und Bekannte. Hier verbrachte sie die Tage, an denen sie auf ihn wartete. Auf ihn. Auf ihn, der fast nie Zeit für sie hatte. Auf ihn, der ihr so viel bedeutete.
Ranns Frage riss Sheryl aus ihren eigenen, traurigen Gedanken.
„Weißt du, wo es zum Hafen geht?“, fragte er und schaute orientierungslos in mehrere Richtungen. Sheryl brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, wo sie war.
Dann antwortete sie in der ihr eigenen forschen Art: „Natürlich weiß ich das! Aber wir gehen jetzt nicht zum Hafen. Ich will mich ausruhen!“
Rann zuckte leicht zusammen, obwohl er diese Ausbrüche inzwischen gewöhnt war.
Warum will sie sich ausruhen? Sie ist doch sonst nie müde oder erschöpft...
Nach einem kurzen Ritt durch die Stadt erreichte das ungleiche Gespann den Gasthof „Zur klingenden Münze“. Ein sehr bezeichnender Name. Es war eine billige Spelunke, in der man für eine Goldmünze das beste Zimmer mit Frühstück und Abendessen für eine ganze Woche bekam.
Jeder, dem etwas an seiner Gesundheit lag, aß dort allerdings nichts. Das einzige, was zumindest äußerlich nicht gesundheitsschädigend wirkte, war das Bier. Das war auch der fast einzige Grund, aus dem das Lokal so beliebt war.
Sheryl stieß die Tür auf. Der Geruch, der Rann in die Nase stieg, ließ ihn fast umkippen. Zum Glück beherrschte er sich. Es wäre für einen Prinzen zu peinlich, vor einem Haufen betrunkener Matrosen in Ohnmacht zu fallen, erinnerte sich Rann immer wieder, um nicht die Willenskraft zu verlieren.
Sheryl begrüßte den Wirt wie einen alten Freund. Er war ein etwas beleibter Mann mit einem schwarzen Schnurrbart, der fast bis zu seinem Bauchnabel reichte. Dafür hatte er sonst keine Haare auf dem Kopf (außer den Augenbrauen und den Wimpern natürlich). Er war braungebrannt und wirkte auf Rann mit seinen vielen Narben auf den muskulösen Unterarmen wie ein Pirat.
„Na, alter Seebär!“, rief Sheryl durch den ganzen Raum. „Willst du mich nicht begrüßen, mein lieber Yarin?“
Ein paar Leute drehten sich um, aber die meisten interessierten sich nicht für das hübsche Mädchen und den verstört blickenden Jungen.
„Ah, ich sehe!“, rief Yarin zurück, der hinter der Theke stand. „Wenn das nicht Sherry ist!“
Sie ging zu ihm und versetzte ihm einen scherzhaften Schlag in den Bauch. „Du sollst mich doch nicht Sherry nennen!“, lachte sie. Dann wurde ihr Ton etwas leiser. „Ich bin hier, um das Besteck für die große Feier abzuholen“, sagte sie und blickte sich unruhig um. Zu Rann gewandt, sagte sie: „Setz dich irgendwo hin, ich komme gleich nach. Ich muss mich um meine Privatsachen kümmern.“
Rann wollte protestieren, aber er verkniff es sich, als er Sheryls ernsten Blick sah.
Der Wirt hingegen nickte verschwörerisch. „Es ist bereits angekommen. Erstklassige Qualität. Ist der Junge dort ein weiterer Küchenjunge?“
Sheryl schüttelte den Kopf. „Er ist der Ehrengast.“
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So, ich hoffe, das Ganze kommt euch jetzt etwas interessanter vor. Seid gespannt, was als nächstes kommt. Ich bin noch lange nicht fertig. ciao


Uh, war das wieder viel... Manchmal stürmt es so auf mich ein... tss...tss... ganz dicht bin ich schon nicht wirklich...
 
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okay, überredet, es ist nicht merkwürdig, sondern gerechtfertigt, was rann da tut, akzeptiert.
:D nun zum teil:
1. boah! mega lang!
2. boah! die stadt war so super beschrieben, dass ich sie mir richtig vorstellen konnte! (ich will jetzt mal nicht behaupten, dass ich die händler in meinem geiste gehört habe^^)
3. das gerede zwischende dem wirt und sheryl verstehe ich nicht so ganz, also folgt daraus....
... 4. schreib weiter! :D
 
^_^ freut mich, dass ich euch endlich verwirren konnte. Dieses Gespräch war mir von Anfang an vorgeschwebt, und ich war echt froh, es endlich schreiben zu können (genauso wie das erste Gespräch von „Sherry“ und Rann). Ich weiß nicht, warum, aber ich stelle mir Sheryl wie eine kleine Raubkatze vor, wenn sie Sherry genannt wird *hihi*. Irgendwie fand ich das süß. Es ist wohl noch ein Überbleibsel aus Kindertagen, obwohl sie es wahrscheinlich schon immer gehasst hat.
Jetzt aber weiter. Mein blödes Gelaber muss sich ja keiner anhören...

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Yarin schob den roten Vorhang hinter der Theke zurück. Sheryl und der Mann verschwanden dahinter, während Rann sich mit leichtem Ekel an einem der Tische niederließ. Unruhig wartete er darauf, dass Sheryl zurückkam.
Ungefähr eine halbe Stunde später kam sie hinter dem Vorhang wieder hervor. Sie wirkte angespannt, beunruhigt und sehr ernst. Sheryl ging zu seinem Tisch. Rann hatte nichts getrunken. Sie zog verwundert eine Augenbraue hoch und sagte:
„Ich habe für uns hier zwei Zimmer gemietet.“ Sie drückte ihm einen Schlüssel mit einer kleinen eingravierten Nummer in die Hand. „Morgen werden wir uns um ein Schiff kümmern. Ich hoffe, wenn wir mit dem Kapitän sprechen, wirst du dich entschieden haben, ob du mich in das Reiseziel einweihst.“
Rann nickte. „Sicher“, sagte er, obwohl er sich ganz und gar nicht sicher war. Inzwischen bereute er seinen Entschluss, Hilfe von Sheryl anzunehmen (besser gesagt: zu erflehen) schon fast. Sie war nicht vertrauenerweckender geworden, obwohl sie jetzt schon länger zusammen unterwegs waren.
„Und jetzt komm hoch!“, befahl das Mädchen. „Wir werden noch einen Spaziergang machen.“
„Wohin?“, fragte Rann erstaunt und stand auf. Sheryl lächelte geheimnisvoll und sagte nur: „Das ist eine Überraschung.“
Der Prinz spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht ins Gesicht stieg. Was hat sie damit gemeint? Doch nicht etwa...
Das Mädchen drehte sich von ihm weg, um ihr spöttisches Lächeln zu verbergen. Dann packte sie seinen Arm und zog ihn auf die Straße. Der Abend war angebrochen, und die wunderschönen weißen Gemäuer schimmerten orangerot. Aber Rann hatte keine Zeit, die Schönheit zu bewundern.
Sheryl zog den Jungen haltlos und ohne sich irgendetwas anzusehen, durch die Straßen. Er stolperte, mehr getragen als gelaufen, hintendrein.
Plötzlich blieb sie stehen. Rann stürzte gegen ihren Rücken. Sie hielt ihn fest und drehte ihn so, dass er in die Gasse sehen konnte, vor der sie standen.
Und was er sah, erschreckte Rann zutiefst: Es war das Elend. Die enge Straße roch fürchterlich nach Verfaultem und Exkrementen. Einige Leute drängten sich nebeneinander und durchsuchten den Müll nach Essbarem. Hier und da schrieen hungrige Kinder. Die Menschen trugen zum Teil nur zerfetzte Lendenschurze, so arm waren sie. Kein einziger unter ihnen hatte saubere Haare oder irgendeinen erkennbaren Besitz außer dem, was sie am Körper trugen.
Sheryl ging um Rann herum und sah ihm in die Augen. „Und du sagst, diese Stadt bräuchte höhere Steuern“, zischte sie. „So etwas kann nur jemand sagen, der keine Ahnung hat!“
Mit diesen Worten wandte sie sich um und stürmte davon. Erschüttert blieb Rann stehen. Er kannte Bettler. Auch auf seinem Schloss hatte es Arme gegeben, aber... sie waren reich im Vergleich zu diesen hier.
Rann fühlte sich leer und schuldig, als er sich auf den Weg zurück zu der Kneipe machte. Er kannte den Weg nicht. Einige hilfsbereite Menschen schließlich zeigten ihm die richtige Richtung. Als er endlich ankam, war er müde und wollte nur noch schlafen, das Gesehene vergessen. Erschöpft kramte er den Schlüssel heraus und schloss sein Zimmer auf. Schnell schälte er sich in dem dunklen Zimmer aus seinen Sachen.
Dann ließ er sich auf sein Bett fallen. Nach wenigen Augenblicken schlie er bereits fest.
Sheryl erhob sich aus dem Sessel, der in einer Ecke stand. Sie öffnete Ranns Tür und ging hinaus. Leise schloss sie sie hinter sich und ließ das Schloss einrasten.
In der Gästehalle wartete Yarin. „Er schläft tief und fest. Ein langer, ausgiebiger Spaziergang ist eben fast genauso wirkungsvoll wie etwas Schlafmittel im Bier.“ Dabei warf sie ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
Yarin hob abwehrend die Hände. „Ich hatte es Felix aufgetragen, aber... du kennst doch diese jungen Burschen. Er muss es einfach vergessen haben. Und der junge Prinz wollte nichts trinken.“
Sheryl zuckte die Schultern. „Nun, jedenfalls dürfte er nach dem Marsch bis morgen Mittag schlafen. Das reicht völlig.“
Der dicke Wirt nickte zufrieden. „Die Vorbereitungen für die Feiern sind bereits in vollem Gange. Bald kann serviert werden. Und nun“, sagte er und lächelte wissend, „bringe ich dich zum Chefkoch.“
Die beiden traten auf die verdunkelte Straße. Sheryl war froh, dass man nur Umrisse erkennen konnten, denn ihre Wangen glühten.
Endlich, endlich würde sie ihn wiedersehen. Ihn...
Niemand beachtete die beiden verhüllten Gestalten, die die Straßen von Kara’o durchstreiften. Ihr Weg führte die beiden durch die Armenviertel der Stadt. Nach einem langen Marsch hielten die beiden vor einer großen Lagerhalle. Sie war von innen erleuchtet, allerdings waren alle Fenster verhangen. Yarin klopfte an eine der großen Holztüren.
„Wer ist da?“, ertönte eine Stimme von innen.
„Die Retter dieses Landes!“, antwortete Yarin gedämpft.
Für einen Augenblick war von innen nichts zu hören, dann jedoch öffnete sich quietschend und knarrend das Tor.
Die beiden traten ein. Der Wächter musterte sie kurz. Dann wies er sie an, weiterzugehen. Hinter Yarin und Sheryl schlossen sich die Türen wieder.

Am nächsten Morgen war Sheryl müde und unausgeschlafen, hatte dafür aber gute Laune. Erstaunt stellte Rann fest, dass sie ihn anlächelte, als er die Treppe von den Gästezimmern herunterkam. Er setzte sich an einen Tisch und wurde sogleich von Sheryl bedient. Sie hatte ihren langen Mantel, der alles verbarg, gegen eine erdfarbene Hose, lederne Stiefel und eine dunkelgrüne Bluse getauscht und sah jetzt mehr wie eine Frau aus als vorher.
„Hier ist dein Frühstück“, sagte sie freundlich und stellte ihm einen Teller mit Schwarzbrot und Früchten und ein Glas Milch hin.
„D-danke“, stammelte Rann. Gestern war sie noch ganz anders... Was ist nur passiert?
„Wenn du gegessen hat, sollten wir uns auf die Suche nach einem Schiff machen, das uns zu den Äußeren Inseln bringt.“
„Woher weißt du, dass wir dahin müssen?“, fragte Rann und verschluckte sich fast.
Sheryl legte den Kopf schief und beobachtete ihn belustigt. „Warum sonst sollten wir ein Schiff in Kara’o chartern? Woandershin hätten wir auch von jedem anderen Hafen aus gekonnt, oder?“
„Hmmmm, stimmt eigentlich...“, gab Rann zu.
„Na, siehst du. Und jetzt iss gefälligst.“
In dem Moment kam Yarin hinter dem Tresen hervor.
„Das Besteck kann verladen werden“, sagte er zufrieden. „Du musst es nur noch mitnehmen.“
„Gut“, lachte Sheryl. „Dann steht unserem Fest ja nichts mehr im Wege.“

Gegen frühen Mittag brachen Sheryl und der Prinz auf, um sich um ein Schiff zu kümmern
Sie gingen zu Fuß. Die Pferde würden in dem Gedränge nur Schwierigkeiten bereiten.
„Überlass das Reden besser mir!“, befahl Sheryl, als sie am Kai standen. Überall waren Matrosen mit dem Beladen und Ausladen von Frachtern beschäftigt. Es waren samt und sonders echte Kolosse. Rann war froh, dass Sheryl redete. Er hatte keine Lust, einen kleinen Fehler in den Verhandlungen zu machen, um danach nur noch Brei zu sein.
Sheryl entschied sich für einen gepflegt aussehenden Zweimaster, der den schönen Namen „Seejungfrau“ trug. Das war zwar nicht sehr einfallsreich, aber passend. Das Schiff war lang, schmal und hatte als Galeonsfigur eine Nixe. Außerdem hatte es eine schöne blaugrüne Farbe und meeresblaue Segel. Rann fand das einfach nur schön, für Sheryl aber bedeutete das etwas ganz anderes.
Das war ein Schmugglerschiff. Und somit genau das richtige, um ihre Fracht zu transportieren. Entschlossen schritt sie die Planke hinauf und stieg an Bord. Ein großer Matrose stellte sich vor sie. „Was wollt Ihr?“, fragte er barsch.
Sheryl lächelte sanft. „Ich möchte etwas schmuggeln. Bringt mich zum Kapitän.“
Der Matrose verlor schlagartig alle Farbe im Gesicht, verbeugte sich und murmelte etwas entschuldigendes.
„Ist schon gut“, beruhigte ihn das Mädchen. „Ihr konntet nicht wissen, dass ich über euch informiert bin. Nun geht.“
Der Matrose verschwand kurz und kam dann mit einem großen drahtigen Mann wieder. Er sah gepflegt aus, hatte kurze hellblonde Haare und einen Schnauzer. Sein Gesicht war braungebrannt und das einzige Helle darin waren seine meeresblauen Augen.
„Unsere neue Kundin, wie es aussieht?“, fragte er höflich und begrüßte Sheryl mit einem galanten Handkuss.
„So sieht es aus“, antwortete Sheryl ebenso höflich. „Ich möchte, dass Ihr mich, einen weiteren Passagier und vier Kisten voller... Ware... transportiert.“
Verständnisvoll nickte der Mann. „Bei uns seid Ihr in guten Händen, Mylady.“
„Daran habe ich keinen Zweifel. Denn ich zahle gut.“
„Ihr werdet mir immer sympathischer“, gab der Kapitän zu und lachte laut.
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Puh! war ja wieder hammermäßig viel... Meine arme Tastatur. So wie ich da immer raufhämmer'...

Also, machen wir Schluss für heute. Euch ist immer noch nichts klar? Pech *g*. Kommt alles noch. Aber paar Geheimnisse muss ich doch ungelöst lassen, oder? Zumindest vorerst. Damit ihr auch ja weiterlest... Übrigens, ihr solltet euch merken, was Sheryl und Yarin so quatschen. Damit ihr, wenn ich es erkläre, auch versteht, wovon sie da redeten.
 
Hui, das war echt viel :eek:
Aber gut war's auch.

So, wie war das? Besteck, Feier, Schmuggeln. Hm... Und ein Chefkoch, der sonstwo wohnt... Also Yarin und Sheryl gehören zu ner Schmuglerbande, denk ich, der Koch hängt da vermutlich mit drin, entweder geschäftlich oder "privat" :rolleyes:
Hm, ich denke, ich kann mir alles merken. Zumindest, wenn du nicht ZU lange wartest mit dem Weiterschreiben (<-- Anspielung ;) )
 
Schmugglerbande? Tjaaa, weist alles daraufhin, hm? Aber es gibt ja noch mehr Möglichkeiten... Inwieweit das richtig oder falsch ist, sage ich lieber nicht. Sonst liest keiner mehr weiter...

So. Jetzt kommt also endlich etwas Bewegung in die Story. Ich hoffe, ihr mögt Sheryl, obwohl sie etwas anders ist, als man anfangs dachte...

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Sheryl erzählt:
Wir tauschten noch einige Höflichkeitsformeln aus und feilschten um den Preis. Der Kapitän war ein harter Brocken, aber letztlich einigten wir uns auf einen annehmbaren Preis. Rann war wenig begeistert, als er davon erfuhr. Er tobte, 3000 Golddublonen seien unangemessen und der Mann sei ein Betrüger. Mit meinem üblichen kalten, herablassenden Lächeln speiste ich ih ab und gab ihm zu verstehen, er habe wieder mal keine Ahnung. Eigentlich tat es mir leid, ihn danach so niedergeschlagen zu sehen, aber ich konnte nicht mein wahres Gesicht zeigen. Ich konnte ihm nicht meine andere Seite zeigen, die sich danach sehnte, geliebt und im Arm gehalten zu werden. Ich wollte ihm nicht zeigen, dass all mein herablassendes Gehabe nur Selbstschutz war. Dass ich in Wahrheit schwach war und ängstlich und nicht alleine sein wollte. Aber ich wusste genau, wenn ich es ihm zeige, würde er mich nicht mehr ernst nehmen und mich auslachen. Nein, ich musste weiterhin die unnahbare, kalte, ernste Sheryl sein. Eines Tages würde ich mich vielleicht jemandem öffnen, ohne Angst zu haben, verletzt zu werden. Aber das würde nicht Rann sein. Das wäre Cal...
Nachdem sich Rann beruhigt hatte, kehrten wir zurück zu Yarin. Wir packten unsere Sachen zusammen. Mein alter Freund hatte inzwischen Träger bestellt. Zusammen mit den fünf Männern trugen wir unsere gesamte Habe zurück zum Hafen. Unsere Pferde ließen wir bei Yarin. Er würde sich um sie kümmern, bis wir zurück waren. Ich hatte allerdings das Gefühl, dass wir dann nur noch ein Pferd brauchen würden. Der Kapitän des Schiffes, Alain Akkara d'Ayl war sein Name, begrüßte mich herzlich und besah Rann mit einer Mischung aus Eifersucht und Misstrauen. Ich wusste weshalb. Ich war mir meiner Schönheit immer bewusst gewesen. Ich wusste, wie ich auf Männer wirkte und hasste es. Alle sahen in mir nur dieses hübsche Mädchen, von dem sie gerne wüssten, wie es im Bett war. Ich hatte versucht, mir meine Haare abzuschneiden, um wie ein Junge auszusehen. Dann würde ich nicht verletzt werden, dachte ich. Meine Mutter aber hatte es bemerkt und mich daran gehindert, diese schrecklichen Haare zu vernichten. Dafür hasste ich auch sie. Ich weiß nicht warum, aber sie erinnern mich an etwas, oder an jemanden. Ich kann nicht in den Spiegel sehen, ohne zu weinen. Denn ich habe etwas Wichtiges vergessen. Etwas sehr wichtiges, und meine Haare sind der Schlüssel dazu. Der Schlüssel zu meiner Erinnerung. Das macht mich traurig. Was bin ich für ein Mensch, der sich selbst hasst und sein Schönheit verflucht. Ich bin so anders, so unnormal...
Es hatte lange gedauert, bis ein Mann mich hatte überzeugen können, dass er nur mich liebte und nicht meine reine Haut und mein glänzendes Haar. Aber, wenn er mich jetzt verletzen wollte, wäre ich nur wieder die gefühllose Sheryl. Ich wäre nicht traurig oder verzweifelt, zumindest nicht äußerlich. Ich würde es mit einem arroganten Lächeln hinnehmen und so tun, als wäre es mir egal, obwohl ich in Wahrheit nur weinen wollteNun, jedenfalls, nachdem unsere Sachen verladen waren, legten wir auch sofort ab. Es war bereits abends und wir hatten es alle eilig, voranzukommen. Der Kapitän erhielt den ersten Teil seines Lohns. Ich hatte darauf bestanden, ihm bei Abfahrt 1000 und bei Ankunft 2000 Golddublonen zu zahlen. Ich traute ihm nicht wirklich. Aber es musste sein. Rann musste dringend auf die Äußeren Inseln und auch ich hatte dort wichtige Geschäfte zu erledigen...

Einer der Matrosen brachte Sheryl und Rann in das Innere des Schiffes. Er öffnete eine der schweren Türen und führte die beiden in einen großen, edel eingerichteten Raum. Rote Vorhänge hingen vor dem Fenster, das direkt im Heck lag. Man konnte noch die Lichter der weißen Stadt sehen, die jedoch langsam in der Dunkelheit verschwanden. Rann schrie erstickt auf. Alarmiert fuhr Sheryl herum.
Mit zitternder Hand deutete Rann auf die Schlafgelegenheit in dem pompösen Raum.
„Ein Doppelbett“, ächzte er. Sheryl seufzte auf. Auch das noch. Aber für jedes Problem gab es eine Lösung.
„Dann wirst du für die Dauer unserer Fahrt wohl auf dem Boden schlafen müssen“, sagte sie ungerührt. Rann fasste sich. Er nickte kaum merklich. Schade eigentlich... Sowas gehörte sich nicht.
Es klopfte an der Tür. Die beiden drehten sich um. „Herein“, sagte Sheryl sanft. Ein Matrose kam herein. Er verbeugte sich vor Sheryl, wurde leicht rot, und verkündete: „Der Kaptän würde sich darüber freuen, wenn Mylady sich an seinen Abendmahlstisch begeben würden.“
Sheryls Mundwinkel zuckten und ihr Blick verhärtete sich. Genauso sanft wie vorher antwortete sie: „Ihr könnt dem Kapitän ausrichten, dass ich mich über seine Einladung sehr freue, es aber vorzöge, mich nun auszuruhen. Meine Reise war sehr lang und anstrengend.“
Der Mann verbeugte sich noch einmal. „Sehr wohl, Mylady.“ Dann schloss er die Tür wieder hinter sich.
„Spinner“, murmelte Sheryl kaum hörbar. „Rann...“
„Ja?“
„Erzähl mir von deiner Aufgabe. Jetzt ist die Zeit dafür.“
„Wolltest du dich nicht ausruhen?“
Sheryls Schultern sackten ab. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte sie ungläubig. „Ich habe gelogen. Dachtest du, ich will mit dem Kerl essen? Ich hab’ mit dir schon genug zu tun.“
„Schon gut“, beschwichtigte Rann sie und hob die Hände. „Mein Aufgabe also...“
„Fang an!“
„Also gut. Alles begann damit, dass ich eine Vision hatte.“ Rann setzte sich an einen Tisch, der im Raum stand. Er bedeutete Sheryl, sich auch zu setzen. Dann erzählte er weiter. „Ich sah den Untergang des Königreiches. Zu der Zeit regierte aber nicht mein Vater. Ich war es. Und das wiederum bedeutet: Mein großer Bruder, der in der Erbfolge vor mir kommt, muss, genau wie mein Vater, gestorben sein. Nun, jedenfalls darbten die Menschen unter meiner Führung. Hunger und Armut und Unfrieden breiteten sich aus. Und ich tat nichts. Das hat mich sehr bewegt. Ich dachte nie daran, dass ich König werden könnte, weißt du? Daher habe ich mich nie für Politik interessiert. Und plötzlich bereiteten mich die Götter darauf vor, dass ich eines Tages auf dem Thron sitzen würde und mein Volk im Stich lassen würde.“
Sheryl unterbrach ihn. „Und du glaubst das einfach so? Vielleicht war es nur ein Traum.“
„Es war anders als ein Traum. Mir erschien eine Göttin. Ich weiß nicht, wer es war. Aber sie war gut. Gleißendes weißes Licht, Haare so strahlend und glänzend wie Kristall, Haut glatt wie geschliffener Stein. Es muss eine Göttin gewesen sein. Sie sagte mir, das wäre meine Zukunft. Aber es gäbe eine Alternative. Eine Alternative zu all dem Leid. Ich müsste es lernen.“
„Was lernen?“
„König zu sein. Die richtige Einstellung, Menschenverstand, Güte, Mildtätigkeit, aber auch Gerchtigkeit und Unbarmherzigkeit. Ich muss lernen, ein König zu sein. Und dazu gibt es nur einen Weg. Das ist meine Aufgabe.“
„Nämlich?“, fragte Sheryl, die nun neugierig geworden war.
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Hoffe, ihr seid auch neugierig geworden. Eigentlich eine blöde Stelle, um Schluss zu machen, aber ich habe keine Zeit mehr. ciao
 
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