Man spricht Deutsch

Soulrebel schrieb:
Vielleicht will fruchti auch darauf hinaus(oder auch nicht), dass durch den Verlust der "originalen" Sprache auch ein Stück der ihr inne liegenden Kultur verloren geht. Sie wird ihrer Identität, ihrer Seele beraubt. [Klingt ziemlich pathetisch, merk ich grad.] So eine durchwurstete Sprache ist doch wie ein mehliger Apfel: es liegt nicht sonderlich schön auf der Zunge.
die Kultur lebt von der Veränderung, ansonsten ist sie tot. Statische kultur ist tote kultur, die forderung nach statischer kultur ist mit dem todeswunsch der kultur gleichzusetzen.
 
Hermi schrieb:
die Kultur lebt von der Veränderung, ansonsten ist sie tot. Statische kultur ist tote kultur, die forderung nach statischer kultur ist mit dem todeswunsch der kultur gleichzusetzen.

Die Frage ist nur, ob auch die Richtung der Veränderung vertretbar ist. In dem Maße, in dem Sprache oder der der Sprache beigemessene Wert ein Indiz für die Entwicklungsrichtung ist, empfinde ich die daraus resultierende Veränderung der Kultur derzeit als eher weniger wünschenswert.
 
die "normalen" Anglizismen stören mich überhaupt nicht, nur wenn übertrieben oft Wörter gebraucht werden, deren deutsche Gegenstücke [ok, ich musste erst "analog" bei leo eingeben, um auf "Gegenstück" zu kommen, aber egal] viel geläufiger sind, nervt es mich
ansonsten finde ich Wortkreationen wie "Handy" überhaupt nicht störend und die englische Bedeutung passt dazu sehr gut, wir haben ja auch das Wort "Mobiltelefon", was kaum einer benutzt, weil "handy" eben "handier" ist

Anglizismen finde ich praktisch, dagegen haben mich bei Schiller die französischen Wörter ziemlich gestört (ich hab mich immer gefragt:"und der ist für seine tolle deutsche Sprache berühmt?" genaue Zitate kann ich nicht geben, ich bin vergesslicher als meine Oma, aber ich glaube, besonders auffällig war "Kabale und Liebe" in der Hinsicht)

ich bin also auch der Meinung, dass sprachliche Veränderungen und der Einfluss anderer Länder schon immer da waren, englisch ist vielleicht momentan im Kommen, weil es so einfach ist...

meinen Analoga eigentlich genau das gleiche wie Gegenstücke? (*von-Sprache-zwar-keine-Ahnung-aber-trotzdem-ne-Meinung-hat* :rolleyes:
 
bis auf "cool"(ich versuche, es zu vermeiden, sag es immer weniger, aber man hört es hier einfach ständig) stören mich die meisten anglizismen, die ich kenne, stark...
girl & boy kann ich nicht ausstehen (wobei girl wohl häufig verwendet wird, weil mädchen irgendwie mehr auf kleinere zutrifft, denk ich mal), zum mobiltelefon sagen hier die meisten "natel", handy kommt auch gelegentlich vor, aber da ich mobiltelefone nicht ausstehen kann und keins hab, sag ichs nie
"dissen" und ähnliche wörter hab ich nicht gekannt, musste dann auch fragen, was schlussendlich ganz witzig wurde :D (die haben doof aus der wäsche geschaut ^^)
evtl bin ich auch zu wenig in und kenne darum nicht besonders viele anglizismen... momentan fallen mir jedenfalls keine mehr ein ^^''

ah, doch, "sorry", das sag ich sogar ab und zu, allerdings hab ich für mich das schweizer "äxgüsi" entdeckt, das ist vielen sympathisch und ich finds lustig ^^ (nicht stylischer :P) sonst sage ich auch 'tschuldigung...
 
Das "schweizer" "äxgüsi"?
Fällt dir der klangliche Bezug zu "Excusez-moi!" oder dem italienischen "Scusi!" nicht auf oder spieltest du darauf an?

@fruchtoase
Goethe zieht seinen Wert aus den vermittelten Inhalten und der Benutzung der damaligen Sprache. Wer in der Sprache Goethes redet und meint, damit besonders kulturell hochstehend zu sein, ist ein jämmerlicher Anachronismus.
Wenn ich eine Telefonnummer auf einem Bierdeckel notiere (schönes Beispiel), dann tue ich das auch um der Telefonnummer, also der vermittelten Information willen. Und auch nur deswegen hebe ich den Bierdeckel auf. Es sei denn, ich verbinde einen historisch-empathischen Wert mit ihm als Zeugnis einer Geschichte, an die man sich erinnern, in die man sich hineinversetzen möchte. Aber auch das bezieht sich, wenn auch auf assoziierte, so doch auf Inhalte, nicht auf die Form des Aufbewahrten.
Ich hebe ein Andenken an eine Freundin nicht unbedingt auf, weil ich das Objekt schon immer haben wollte, sondern weil ich das Stück Geschichte, das ich mit ihr erlebte und die historische Person "Freundin" an ihm festmache.
Deswegen dupliziere ich aber dieses Geschenk nicht. Das wäre nicht dasselbe...
 
Und was fällt dir so schwer daran Sprache als abstrakten Gegenstand anzusehen den es vielleicht genauso zu bewahren gilt wie für dich persönlich vielleicht ein Erinnerungsstück?
Indem du den Bierdeckel zum potentiellen Informationsträger machst mußt du das genauso der Sprache zugestehen.
 
Nur weil sich die Umgangssprache ändert, heißt das ja noch lange nicht, dass deswegen Goethes Sprache verloren geht.
Goethes Sprache spricht heute sowieso keiner mehr, aber trotzdem ist sie nicht tot, sondern lebt in seinem Werken weiter.
Vergleichbar mit Shakespeare dessen Sprache heute auch kein Engländer mehr spricht.

Sprache ist lebendig und ich finde das gut so, meine Grosstante z.B. benutzte in ihrer Jugend französische Ausdrücke. Wir benutzen eben englische, ich seh da kein Problem drin.
 
fruchtoase schrieb:
Und was fällt dir so schwer daran Sprache als abstrakten Gegenstand anzusehen den es vielleicht genauso zu bewahren gilt wie für dich persönlich vielleicht ein Erinnerungsstück?
Indem du den Bierdeckel zum potentiellen Informationsträger machst mußt du das genauso der Sprache zugestehen.

Der Bierdeckel ist ein Informationsträger, die Sprache ein Mittel um die Information zu verstehen.
 
So einfach ist es eben nicht. Wenn ich mich, was ich z.B. mit einem Kumpel von mir oft mache, altertümlich verständige verbinde ich eben etwas mit der Art der Sprache. Die Sprache selbst, und eben nicht das gesprochene, ist dabei der Informationsträger.
 
Ich weiss ja, dass fruchty nich wollte, dass es auf die Nationalismus Schiene abdriftet, aber mir fiel ein, dass diese Idee, nämlich wirklich nur noch Deutsch zu sprechen und fremde Wörter aus der Sprache zu verbannen die Nazis auch schon hatten.
Da hies dann die Nase z.B. Gesichtsärker.

Naja jedenfalls wenn man schon so konsequent sein will und Deutsch sprechen will müsste man tatsächlich viele Wörter streichen die heute gar nicht mehr als fremd erkannt würden, einfach deswegen weil sie aufgrund der Sprachentwicklung heute Teil unserer Sprache sind und genauso läuft es heute mit den Anglizismen auch ab, sie sind nunmal mittlerweile Teil unserer Sprache und in hundert Jahren wird sich kein Schwein mehr darüber beschweren.
 
fruchtoase schrieb:
So einfach ist es eben nicht. Wenn ich mich, was ich z.B. mit einem Kumpel von mir oft mache, altertümlich verständige verbinde ich eben etwas mit der Art der Sprache. Die Sprache selbst, und eben nicht das gesprochene, ist dabei der Informationsträger.
Spiel ist Spiel. Wenn aus Spiel Ernst wird, wird aus "Gotcha" Krieg.
Fingest du ernsthaft an, mit mir bezüglich aktueller politischer Themen oder sozioökonomischer Debatten in dieser Sprache zu reden oder zu schreiben, würdest du nicht ernstgenommen. Du wärest destruktiv, weil es dir nicht um Verständigung ginge, sondern um die Bewahrung eines imaginären Konstrukts "deutsche Sprache von 1685".
Und die Sprache an sich in ihren damaligen formalen Regeln kann man durchaus als Kulturgut bewahren. Aber die stellt man ins Museum und nicht ins Wohnzimmer. Und so, wie man mal ab und zu "Ritter" spielt, holt man auch die alten Sprachkonstrukte mal hervor. Der Bierdeckel hat sentimentalen Wert, keinen Gebrauchswert. Eine Aktion zum Rauswurf der Anglizismen aus unserer Sprache wäre in etwa so, als ob man den Rauswurf der Waschmaschine zugunsten der Wäschemangel fordern wollte.
Insofern passen diese BWL-Halalis durchaus in unsere "Big Brother"-, "Gutshaus"- und "Burg"-geprägte Kulturlandschaft. Vorwärts nimmer, rückwärts immer!
Wer das ernst meint, hat ne Scheibe. Daher ist es so, wie haggis sagt:
Vielleicht macht das attraktiver für blonde Frauen (alle Implikationen inbegriffen)...
 
Entwicklung ist allerdings keineswegs immer positiv und neues setzt sich auch nicht immer durch. Es gilt hierbei sicher nicht der Grundsatz Neu = Besser. Es geht mir auch nicht darum, wie hier anscheinend tritzdem immernoch angenommen wird, die Deutsche Sprache mittels ethnischer Säuberungen von Undeutschem zu befreien sondern darum nicht unkontrolliert jeden Mist zu übernehmen. Deshalb passt auch der Vergleich mit der Waschmaschine nicht. Denn dabei implizierst du erstmal pauschal daß alles alte und bewährte automatisch rückschrittlich ist und durch jeweils Neues ersetzt werden muß.
 
Du kannst wohl kaum bestreiten, dass die alte Sprache heute genauso umständlich ist wie eine Wäschemangel.
Neue Wörter sind nicht besser, sie sind genauso gut wie die alten, es ist egal, ob ich Handy oder Mobiltelefon sage, wenn ich nur verstanden werde.
Sprache verändert sich immer, was ist dagegen zu sagen ?
 
Vor allen Dingen sagte Konter ja schon, dass die alte Sprache eben durchaus bewahrt wird im Museum, aber nich im Wohnzimmer.
Die gesprochene Sprache muss nichma zwingend besser sein, wenn sie die Mehrheit der Leute akzeptiert und besser findet reicht das doch schon aus. Man selber mag sich den Kopf raufen über manche Wortkreationen, aber das ändert nix daran, dass die Mehrheit der Leute diese Worte spricht und bestimmte Wörter verschwinden sowieso auch wieder irgendwann, oder sagt heute noch wer "freaky"?
 
Mika-chan` schrieb:
Du kannst wohl kaum bestreiten, dass die alte Sprache heute genauso umständlich ist wie eine Wäschemangel.
Neue Wörter sind nicht besser, sie sind genauso gut wie die alten, es ist egal, ob ich Handy oder Mobiltelefon sage, wenn ich nur verstanden werde.
Sprache verändert sich immer, was ist dagegen zu sagen ?

Widerspricht sich das nicht ein klein wenig? Wenn die neuen Wörter genausogut sind wie die alten wie kann dann die alte Sprache so umständlich sein wie eine Wäschemangel?
Es ist ja schön und gut daß ihr euch für eine lebendige Sprache und eine freie Sprachentwicklung einsetzt, aber meint ihr nicht daß das auch Probleme geben wird? Einheitliche Sprachstandards hat man sich ja nicht ganz ohne Grund einfallen lassen.
 
Mach mal langsam. Die alte Sprache, also die Sprache zu Goethes Zeit zB, ist heute unbrauchbar. Ich sagte ja, sie Wörter sind so gut wie die alten, wenn sie verstanden werden
Das trifft auf Handy und Mobiltelefon zu, aber nicht auf die Sprache vor 300 Jahren.
 
Ist das so? Was ist denn an der Sprache von vor 300 Jahren so unverständlich? Abgesehen von diversen Lehnwörtern die ähnlich der heutigen Situation von einigen verstanden werden und von anderen eben wieder nicht hat sich so viel da auch nicht geändert. Von der Schriftsprache mal abgesehen. Die Uniformität da muß man ja den Nazis anrechnen...
 
fruchtoase möchte gerne eine komplette Rekonstitution der historischen Sprache Goethes...
Dem setze ich entgegen, dass im Interesse des Hildebrandliedes wir doch zum Althochdeutschen zurückkehren sollten. Und wir ersetzen ausserdem diverse Franzmannwörter wie "Rendezvous" durch "Treffen mit der Absicht, sich kennenzulernen und vielleicht noch mehr...", um den semantischen Inhalt zu wahren... Deutsch muss schließlich deutsch bleiben. Hat wer eine Idee, wie man den semantischen Inhalt von "Trend" wiedergeben kann?
Hey Moment! "Semantisch" darf ich doch gar nicht verwenden.
Und "Anglizismen" auch nicht... das sind ja alles importierte Wörter... "importiert"? eingeführt!

Und lenk nicht dauernd auf Nebenkriegsschauplätze ab, fruchtoase!
Du solidarisierst dich mit Leuten, die Worte wie "Trend" oder "Handy" aus der volksdeutschen Sprache tilgen wollen. Damit versucht eine radikale, in der Beziehung vollkommen aintellektuelle, Minderheit, der Mehrheit ein virtuelles, sich lediglich durch eine Zuweisung zu Nation und Volk definierendes, Sprachkonstrukt aufzuzwingen. Genauso, wie sich Begriffe wie diverse englische Berufsbezeichnungen nicht durchsetzen werden und lediglich Fachsprache bleiben, genauso wird dieser jämmerliche Versuch von Möchtegernalternativen, sich zu profilieren, auf ganzer Linie scheitern.

3x Herbert Görgens, getarnt als Bafög-verschwendender BWL-Student ist ernsthaft zuviel. "Komm ich jetzt ins Fernsehen?"
 
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