[Kleine Anmerkung: Wir haben die Anfangsteile mit Yannick jetzt leicht überarbeitet (unter anderem eben die Perspektive geändert), inhaltlich hat sich aber nichts Grundlegendes geändert.]
@Enemy:
Das is ja total dämlich, wieso macht die das einfach? V.a. wenn ihr da ja schon Infos hattet.
Und zu welchen Ergebnissen bist du da so gekommen? (ich z.B. bei meinem Artikel zu dem, dass die Leute vom Frankfurter Flughafen nicht schmuggeln ("Nein, mir musst du da keine Fragen stellen, wir schmuggeln nicht!" [dann hat er den Hörer aufgelegt XD])
Bei Tiara war's ja auch lustig, wir sind da so ausm Schulgebäude rausgekommen, es hatte in der Nacht vorher geschneit.
T: Ich brauch noch ein Thema, wir müssen in ner Woche abgeben ...
Ich: Schau dich mal um .. wir finden schon irgendwas >_O Also, was gibt es hier so?
T: Äh .. Schnee?
Ich: Ja, tja ..
T: Vielleicht .. Kunstschnee?
(ich hab sie dann jedenfalls dazu überredet, das wirklich zu machen, und dann haben wir an einem langen Wochenende den ganzen Artikel gemacht (also recherchiert) – und unser Lehrer hatte als Recherchezeit so drei Monate vorgesehen XD"")
Mein Bruder liest eigentlich schon ziemlich viel (aber eben das, was 8jährige so lesen. Am liebsten mag er die Buchreihe "das magische Baumhaus" oder so, das is für sein Alter jedenfalls mal nicht schlecht .. hat jedenfalls nen besseren Geschmack als meine Schwester mit ihren rosa Cliquenbüchern, find ich.
Liebesgeschichten machen oft die Handlung kaputt, weil das einfach so aufgesetzt wirkt, wenn die tolle Heldin dann noch ihren superperfekten Traumprinzen treffen muss, mit dem sie natürlich zusammenkommt.
Vielleicht denken sie, bei sich selbst können sie insofern nichts verkehrt machen, als dass sie einschätzen können, wie sie selbst sich am ehesten verhalten würden? Na ja, wobei das dann ja doch oft auch vom Verhalten her ziemlich an der Realität vorbeigeht .. Wahrscheinlich ist das einfach Ausleben von Wunschträumen, wenn sie eben den gutaussehenden Hauptchara x ganz toll finden (davon hatten wir's ja auch grad erst XD), und sie daher begeistert wären, wenn x sie ebenfalls toll fände, ist das doch die perfekte Möglichkeit, das wahr zu machen. XD (Zumindest vermute ich mal, dass so was in der Art der Anreiz dazu sein wird .. Sonst fällt mir gerade auch keine andere Erklärung ein.)
Ja, kann sein, dass die etwas lang waren .. Na ja, wir lernen dazu (hoff ich) ^^" .. (Ich find jedenfalls, dass deine Comments wirklich helfen, mehr auf Zeug aufmerksam zu werden, das wir besser machen könnten. ^^)
Hm ja, vor allem sind die Gespräche doch ein Teil der Handlung, das is ja nicht entweder Handlung oder Gespräch .. Ich find eigentlich sogar, dass die nen ziemlich wichtigen Teil davon ausmachen.
Das ist ja total grauenhaft, mit den ganzen Ausrufezeichen
Gut, manchmal find ich Ausrufezeichen auch in nicht direkter Rede, sondern einfach in Gedanken ganz passend, manchmal auch passender als nen Punkt, aber doch nur dann, wenn wirklich irgendwas Ausschlaggebendes drinsteht, und nicht bei ner Landschaftsbeschreibung .. oO Ich mein, bei den Beispielsätzen da von dir, haben die bei "Sie musste sich verstecken!" oder "Wenn sie nicht schnell ein Versteck fand, würde er sie finden!" ja an sich gar nicht mal so schlecht hingepasst, aber wenn das dann im Satz vorher und hinterher auch so ist, verlieren die Dinger dann auch so langsam an Wirkung [abgesehen von der abschreckenden Wirkung auf den Leser halt). (Vielleicht hat ja die Taste mit dem Punkt auf der Tastatur des Autors geklemmt ..? ^^" Als ich mal Cola über meine gekippt hatte, gingen auch erst nur einzelne Tasten nicht mehr .. XD)
Ich hab das grundsätzliche Problem, die Aufgabenstellungen von Kunstlehrern nicht zu verstehen ..
Ich denk schon, dass das ein bisschen was aussagt, wenn einem freigestellt ist, was man malen kann .. Bei uns war ja einfach die Vorgabe, dass ne Zitrone drauf (die bei mir in die Ecke gezwängt is) und es eben sehr dynamisch sein muss. Die Lehrerin hat bei meinem Bild jedenfalls interpretiert, dass ich es nicht gerne leer mag. (horror vacui ..? oO) Und DAS stimmt ausnahmsweise mal XD""
Nicht ganz, nen ganzen Teil schreiben wir sehr selten, kommt zwar manchmal auch vor, aber meistens schreibt jeder nen halben. ^^ Etwa seit wir Ints Perspektive haben, machen wir das so, vorher waren das immer relativ kurze Abschnitte, nur ne halbe Seite oder so, und wir sind extrem schleppend vorangekommen, weil dann etwa einmal die Woche (und noch nicht mal immer das) ne halbe Seite dazukam. Das hat uns dann aber irgendwann selbst genervt, weil es eben die ganze Zeit nicht vorangegangen ist.
Na ja, lange Sätze und gehobene Sprache sind ja auch nicht gleichbedeutend, es ist ja auch nicht grad ein guter Stil, wenn man am Ende des Satzes nicht mehr weiß, womit er überhaupt angefangen hat. ^^" Aber so ganz extreme Sätze haben wir in den späteren Paulinateilen dann auch nicht mehr gemacht. (Wah, ich erinner mich grad an diesen einen mit Eetus Bart, schrecklich XD)
Ja, könnten wir eigentlich wirklich mal machen. Also gibt's diesmal eben zwei Teile. ^^
Na ja .. ja, Paulina braucht er schon. Es wäre nicht sonderlich schlimm, wenn sie aus irgendeinem Grund auf einmal nicht mehr da wäre, aber er ist sehr froh, DASS sie ihm eben vertraut. Paulina ist auf jeden Fall wichtiger als Eetu (der ist ihm eigentlich nur ein Klotz am Bein, man darf sich einfach nicht verplappern .. XD), wieso, das kommt alles noch. Nach und nach ..
Sie hat Eetu ja auch schon einiges erzählt, sie haben ja auch als sie z.B. gelaufen sind noch mehr geredet als das, was wir in den Dialogen untergebracht haben (das wär sonst einfach nur langweilig gewesen und hätte sich alles x-mal wiederholt). Aber Yannick/Int hat sie dann wirklich mehr erzählt, einfach weil er ihr nicht gleich mit so viel Ablehnung entgegengekommen ist, wenn sie so was wie 'Telefon' sagt, oder sie als Hexe bezeichnet, wenn sie was erzählt, was ihm nicht geheuer sein könnte. Außerdem war sie selbst Eetu gegenüber ja zuerst etwas misstrauisch, und Yannick ist ja einfach nur ein netter kleiner Junge (der noch dazu mehr Verständnis für ihre Probleme aufbringt als Eetu), wieso sollte man dem nicht vertrauen .. ^^"
Ja, demnächst kommt auch wieder ein Teil aus ihrer Sicht dazu. ^^ .. Aber jetzt hat erst mal Int einige Probleme ..
(jetzt ist das alles erst mal ne Zeitlang aus seiner Sicht, aber bald wechselt das wieder mehr)
Ist "beides" eine zufriedenstellende Antwort? Ne, ich hab das zuerst völlig frei gemacht und dachte mir dann irgendwann, dass da schon etwas an sinnvoller Perspektive mangelt .. Dann hab ich eben nachträglich noch nen Fluchtpunkt dazu XD""
Ist sicherlich der Baustil .. Oder die Holzverarbeitungsunternehmer waren gerade im Streik, sodass die nur noch an Glas gekommen sind ^^"
Klaar, immer doch. XD Weil Glas schließlich auch so viel billiger als Holz ist .. XD""
Vielleicht stand ein Glashersteller ja noch in Joliks' Schuld, weil er mal ein paar Übernachtungen nicht bezahlen konnte, deshalb hat er ihr ein besonders großes, schönes Fenster gemacht. *gg*
Ja, das is rotviolett. Entspricht jedenfalls meiner Definition davon .. Das sollte aber auf gar keinen Fall pink oder so aussehen, sondern eher so dunkelbordeaux mit ein bisschen mehr violett .. Mein PC zeigt das alles immer ein bisschen dunkler an, als es eigentlich ist, glaub ich, das ADB wird bei mir z.B. als ganz schwarz angezeigt (sind ja eigentlich verschiedene Grauabstufungen). Also falls das bei dir als pink oder rosa angezeigt werden sollte, stell es dir einfach ein paar Nuancen dunkler vor (ich hasse pink, insbesondere pinkfarbene Haare ..)
Och, ich sitz auch immer so da und find das ganz und gar nicht unbequem. XD
Ups, mir fällt gerade auf, dass ich ja ganz vergessen hab, die Karten da hinten anzumalen. ^^" .. und diese schwarzen Linien am vorderen Tisch hab ich auch vergessen. Kann ja mal vorkommen .. XD"
Er sieht auf jeden Fall so aus wie auf dem anderen Bild, das ich am PC gemalt hab, das hier is nur eine kleine, böse (unabsichtliche) Verunstaltung .. XD Sagen wir einfach, es ist eine Darstellung dessen, wie sich Int wahrnimmt (jaa ...... XD)
Ne, das wird nicht mein erstes, ich hab auch schon ganze 3 Bilder auf Aquarellpapier gemalt .. XD Eins davon sogar, um es demnächst hier zu posten .. Mein erstes hab ich vor nem Monat gemalt, dieses Aquarellpapier is aber echt toll, da kann man so richtig schön rumschmieren (oh ja, das mag ich ..)
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42.
Wo hatte ich mich da jetzt wieder reingeritten? Ein Weiser! Nein, wirklich, etwas Bescheuerteres hätte mir auch nicht einfallen können. Und das musste ich jetzt konsequent weiter durchziehen, wenn ich später noch mit was anderem kommen würde, würde das wohl nicht ganz so glaubwürdig rüberkommen. Nicht mal für Eetu.
Aber was konnte ich denn dafür, wenn ich unter Zeitdruck gestanden hatte?
Eetu hatte es inzwischen anscheinend geschafft, sich über den Inhalt meiner Worte im Klaren zu werden und sogar eine Antwort darauf zu formulieren. Ich musste sagen, er erstaunte mich.
"Der Weise? Von was für einem Weisen redest du, Junge?", erkundigte er sich.
Paulina hatte nur einen höchst skeptischen Gesichtsausdruck aufgesetzt. Ich konnte es ihr nicht verübeln.
"Hat sie dir das nie erzählt? Kennst du das nicht? Der Weise, der die Antworten hat! Deswegen ist es ja ein Weiser, er weiß Dinge, die sonst keiner weiß, also müssen wir zu ihm! Wenn wir Paulinas Stadt nicht vorher anders finden, mein ich." Schnell hatte ich den nötigen Enthusiasmus wiedergefunden, das passend vorzutragen.
Eetu schien sogar tatsächlich unsicher zu werden, ob er nicht vielleicht doch schon mal was von einem Weisen gehört hatte.
"Es kann sein, dass sie das erzählt hat, aber schau doch mal, es gibt so viele Geschichten ... Sie hat auch einmal im ganzen Dorf erzählt, Atigenria sei verschwunden, ganz zu schweigen von der Sache, sie hätte ganz sicher gesehen, wie sich auf der Mondlichtung ein alter Mann in Luft aufgelöst hat. Und ihre Erzählungen von den Harubatschies und das alles ... Natürlich ist es eine schöne Geschichte, dass es einen Weisen gibt, der alle Antworten kennt und deine Probleme lösen kann, aber du bist doch groß genug um zu wissen, dass das leider oft nicht mehr als Wünsche sind." Weise gesprochen. Ganz toll. Aber wie es aussah, musste ich nur ein wenig weitermachen, dafür sprach der traurige Gesichtsausdruck bei den letzten paar Worten. Außerdem war ich unglaublich erleichtert, mir mit der improvisierten Oma nicht den Fehler geleistet zu haben, eine Person zu erfinden, die Yannick vielleicht gar nicht gekannt hatte.
"Ja, aber ... Eetu! Wie kannst du sagen, dass es nicht stimmt? Wie kannst du so was sagen? Wir müssen es einfach versuchen, wir müssen Paulina doch helfen! Und ...", ich senkte den Kopf und konzentrierte mich darauf, ein paar Tränen herauszuquetschen, worin ich eigentlich schon Übung hatte, "und was ist mit meinen Eltern? Vielleicht, vielleicht kann der Weise uns helfen, sie alle wiederzufinden! Vielleicht können wir zu ihnen kommen, wenn wir es nur versuchen! Vielleicht sind wir sogar die einzigen, die sie retten können!" Ich war richtig stolz, das so theatralisch hinzubekommen.
"Yannick, bitte!" So eine sture Person aber auch. "Du weißt doch nicht, ob es da so einen Weisen gibt, und stell dir vor, wir machen den ganzen, langen Weg, und dann ist er dort gar nicht. Stell dir vor, wie enttäuscht du dann wärst, willst du das?"
Ja, Eetu. Eigentlich ist mir ziemlich egal, ob dieser Weise da ist oder nicht. Ich würde es ja eigentlich sogar eher vorziehen, so bald keinem Weisen über den Weg zu laufen, so gut war ich auf die nicht mehr unbedingt zu sprechen. Aber weiter.
"Du hast Angst, den Weg umsonst zu machen?" Mit tränenverschleiertem Blick sah ich ihm direkt in die Augen, als ich ganz ruhig weitersprach. "Davor hast du Angst? Und was ist mit den anderen? Willst du nicht einmal
versuchen, sie zu finden? Würdest du den Gedanken, einfach zu faul oder zu ängstlich dazu gewesen zu sein, leichter ertragen als einen vergeblichen Versuch? Vielleicht könntest du dein Gewissen ja mit irgendwelchen Ausreden beruhigen, aber ich würde so nicht weiterleben können. Wenn ich wüsste, dass es vielleicht einen Weg gibt, und wenn ich wüsste, dass ich diesen nicht wenigstens zu gehen versucht habe. Ich vermisse sie alle so ... Und ... Willst du etwa das Versprechen brechen, das du mir gestern Abend gegeben hast? Willst du das?
Und genauso könnte ich es nicht mit ansehen, wenn Paulina für immer als Fremde in einer fremden Umgebung leben müsste. Wenn sie nie wieder nach Hause zurück könnte, weil wir ihr nicht geholfen haben."
Immer noch blickte ich ihm fest in die Augen.
Er setzte zu sprechen an. "Yannick ..."
Ich musste mir was überlegen, ich musste handeln, schnell. - Ah, natürlich!
"Eetu. Du hast mir dein Wort gegeben. Du bist so herzlos!" Ich biss mir auf die Unterlippe und fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
In dem Moment, ich dem auf meiner Lippe metallen kühles Blut schmeckte, bemerkte ich, dass ich das Gelingen dieser Show vielleicht ein bisschen zu ernst nahm. So fest hätte ich doch nicht zubeißen müssen.
Ich riss meinen Kopf und damit meinen ganzen Körper herum und marschierte entschlossen aus dem großen Raum heraus.
"Ich beweise es euch! Meine Oma lügt nicht!" Gut, dass ich mich schon längst umgedreht hatte, denn meine schauspielerische Begabung hielt sich soweit in Grenzen, dass ich es nicht geschafft hätte, dieses Grinsen zu unterdrücken.
Ich hatte mit dieser Darbietung übrigens auch noch den angenehmen Nebeneffekt erzielt, dass das gesamte Wirtshaus jetzt miterlebt hatte, wie erbarmungslos der böse Onkel die Wünsche des hilflosen kleinen Jungen abgelehnt hatte.
Von der Wirtin ließ ich mir also erklären, wie ich zum nächsten 'Bücherhaus' kam. Statt meinen Analphabetismus in Frage zu stellen, hatte sie es dabei belassen, leicht zweifelnd zu schauen. Meine Fähigkeit zu lesen, die in diesem Gebiet etwas wirklich Außergewöhnliches war, schien das einzige zu sein, was von meinem tatsächlichen Ich nach außen dringen durfte ... Ohne Eetu die Bücher zu zeigen, würde ich es wohl kaum schaffen, ihn von meiner Weisengeschichte zu überzeugen. Außerdem war es besser, ich sagte ihnen gleich die Wahrheit, um möglichen Versprechern vorzubeugen.
Die Straße geradeaus, bis es nicht mehr weiterging, und dann rechts abbiegen. Die große violette Hütte sollte nicht zu übersehen sein.
Ich war schwach. Meine Müdigkeit machte sich an jedem einzelnen Glied bemerkbar, mein Schädel brummte. Dennoch versuchte ich, so schnell wie möglich zu laufen, da ich nicht wusste, ob mir Eetu sofort folgen würde oder erst, nachdem er seinen Krug ausgetrunken hatte.
Die Straßen waren voll von mehr oder weniger eilig herumlaufenden Leuten, die meisten allein, aber viele bahnten sich auch in kleinen Gruppen ihren Weg durch das Dörfchen.
Außerdem war um mich herum alles derart ...
bunt. Eigentlich noch nicht mal wirklich alles, lediglich sämtliche Türen und vereinzelt ganze Häuser waren in verschiedenen Farben angestrichen. Trotzdem, ich hatte ohnehin schon Kopfweh. Hätte in der ganzen Zeit, die die gehabt hatten, nicht vielleicht eine wenigstens etwas sinnvollere Religion bis hierher verbreitet werden können? Andererseits, der Rest war ja auch nicht wirklich sinnvoller. Aber gut, über Religionen konnte ich mir immer noch später Sorgen machen, jetzt war ich sowieso nur ein genervter kleiner Junge, der durch die Straßen lief und seine eigenen Fehler glatt bügeln musste, indem er planlos irgendwelche Bücher wälzen wollte, um die glaubwürdigsten Geschichten zusammenzubasteln, sodass er irgendsoeinem Nichtsnutz beweisen konnte, dass es ja doch einen Weisen gab.
Aber was blieb mir anderes übrig, als meine Forderung an Eetu und Paulina, meinetwegen einen verhältnismäßig langen Weg zurückzulegen, auf möglichst verbreitete Sagen zu stützen? Über Yannick selbst und seine Vergangenheit wusste ich nun mal überhaupt nichts ...
Nebenbei könnte ich mir stichprobenweise ein paar Geschichtsbücher aus dem Regal nehmen, um herauszufinden, ob in den letzten fünfhundert Jahren irgendetwas für mich Relevantes passiert war.
Okay, das Ende der Straße. Soweit ich wusste, musste ich jetzt rechts abbiegen.
Auf diese Wirtin war also Verlass, wunderbar, denn das lila Haus stach mit seiner Farbe so hervor, dass man es auch von weitem sofort erkannte. Einige der anderen Häuser waren zwar auch bunt, aber insgesamt waren doch die meisten dezenter gehalten, was auch wirklich verständlich war. Wer würde schon länger als ein paar Tage in einem wahnsinnig machenden Farbenchaos wohnen wollen?
Hm. Schneller. Ich versuchte, das langsame Schritttempo abzulegen und ein Stückchen zu rennen, was sich sofort als weniger gute Idee herausstellte.
Ich hielt unmittelbar an, presste meine Hand in die Seite und beugte meinen Oberkörper nach vorne, um dieses furchtbar stechende Gefühl zu vertreiben. Seitenstechen oder so, von unregelmäßigem Atmen. Also versuchte ich, langsam und bewusst ein- und auszuatmen, langsamer weiterzulaufen. War ja klar gewesen, dass das nichts nützen würde.
Dieser verdammte Körper hielt echt überhaupt nichts aus.
43.
Ich blickte auf. Das war es also, das Bücherhaus. Die Fassade war mit aufwendigen Schnitzereien geschmückt, irgendwelchen undefinierbaren, verschnörkelten Mustern und Zeichen.
Langsam drückte ich die kalte Klinke nach unten und schlich mich nach drinnen. Erst hier fiel mir auf, dass das Haus wirklich Unmengen an Fenstern besaß. Wahrscheinlich, um so wenig Kerzen wie möglich benutzen zu müssen, vielleicht hatten sie ja schon mal unliebsame Erfahrungen damit gemacht.
Für die Größe des Raums standen hier relativ viele parallele Regale dicht nebeneinander, mit für die Leute hier wahrscheinlich furchtbar vielen Büchern. Ich fragte mich sowieso, aus welchem Grund die in dieser Stadt eine Bibliothek brauchten, wo die Alphabetisierungsrate hier doch allerhöchstens fünf Prozent betrug.
Hier würde ich hoffentlich finden, was ich suchte, aber eigentlich war ich zuversichtlich.
"Junge", ertönte eine laute Männerstimme von zwischen den Regalen, als ich mich gerade dazu aufgemacht hatte, in irgendeine Richtung zu laufen, um einfach mal drauflos zu suchen. "Was willst du?", fragte die Stimme verärgert.
Klar, Kinder ohne Begleitung wurden hier sicher nicht gern gesehen.
"Ich werd schon keine Seiten ausreißen, ich versprech's." Das Blut auf meiner rauen Unterlippe schmeckte ich immer noch.
"Kontrolle ist besser." Aus dem Schatten trat ein Mann in einem dunkelgrünen Jackett, der die schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Natürlich auch ein Serep.
"Also, was willst du?", fragte er missmutig.
"Äh ... ich find mich schon selber zurecht."
"Gib mir Antwort", drängte der Mann.
"Ist ja gut. Ich such was über einen Weisen, nein, am besten über viele Weise. Also, hast du Bücher mit Sagen über weise alte Männer? Sie können auch jung sein. Frauen sind natürlich auch okay."
"Das ist ein weitgreifender Begriff, bitte ein bisschen konkreter."
War es denn
so schwer, mir einfach die Ecke mit den Sagen zu zeigen? Anscheinend schon. So konnte er nämlich nicht nachkontrollieren, ob nicht doch irgendwo eine Seite fehlte. Das hätte ja schon fast an Arbeit gegrenzt, das ging ja nicht. So was Undankbares aber auch, dieser Idiot sollte sich doch freuen, wenn hier überhaupt mal jemand vorbeikam.
"Noch genauer? Aber das ist es ja gerade, ich kenn die Sagen ja nicht, die ich such, deswegen kann ich es doch schlecht genauer sagen, oder? Und wenn ich sie schon kennen würde, müsste ich ja nicht herkommen."
"Also Sagen mit weisen Leuten. Und wofür, wenn ich fragen darf, brauchst du denn Sagen mit weisen Leuten?"
"Wie, wofür? Ich find die toll! Ich will mal alle Sagen mit Weisen kennen, und das ist das erste Mal, dass ich hier die Gelegenheit hab, in so ein großes Bücherhaus zu kommen. Wo ist denn dein Problem, wofür hast du denn ein Bücherhaus, wenn du nicht willst, dass jemand herkommt und was liest?" Warum musste das alles immer derart kompliziert sein?
"Kannst du denn überhaupt lesen? Ich sag dir was, wir haben hier keine Bilderbücher, wenn du dir bunte Bilder anschauen willst, kannst du gleich wieder gehen. Und hast du eigentlich Geld?"
Geld? Das kostete was, sich hier ein Buch einfach nur mal anzuschauen? Oder wurden die hier mittlerweile auch verkauft? Egal, denn in beiden Fällen hätte ich wohl kaum Chancen, auch nur einen Blick auf mehr als die Buchrücken zu werfen, wenn der Kerl herausfand, dass ich nicht bezahlen konnte.
Meine Tasche hatte ich intelligenterweise in meinem Zimmer liegen gelassen, was aber insofern kein Problem darstellte, als dass Eetu mir wohl sowieso gleich hinterherkommen und notfalls was für mich bezahlen würde. Nur würde er mich auch eher weniger weiter hier rumstöbern lassen, nachdem ich gerade vor seinen Augen zusammengeklappt war, also musste ich jetzt mal endlich ein paar Sagenbücher durchblättern.
"Natürlich hab ich Geld! Und ich kann sehr wohl lesen, oder seh ich aus wie ein Kleinkind?" Kein Kommentar.
"Na gut, da drüben findest du verschiedene Sagen", er wies auf ein vollgestopftes Regal, das sich am hinteren Ende des Raums an der ganzen Wand entlang zog, "aber du gehst pfleglich mit ihnen um und bleibst nicht länger, als ich es dir sage." Ja, meinetwegen.
Meine Erleichterung, ihn endlich los zu sein, hielt allerdings nicht lange an. Als er mir nicht mehr allein mit dem Blick folgen konnte, fing der Bibliothekar an, mit einem überdimensionalen Staubwedel zwischen den Regalen herumzugeistern, anscheinend, um mir möglichst unauffällig hinterher spionieren zu können. 'Kontrolle ist besser' - tz ...
Ihn nach Möglichkeit ignorierend griff ich einfach mal das erstbeste Buch aus dem Regal, blies die Staubschicht herunter und musste feststellen, dass ich es tatsächlich nicht lesen konnte. Allerdings nur ein kurzer Schreck, dann sah ich, dass die Buchstaben denen, die ich von hier kannte, gar nicht so unähnlich sahen, wie es auf den ersten Blick gewirkt hatte. In fünfhundert Jahren hatte sich vielleicht ein bisschen was an der Schrift verändert, aber es war eigentlich immer noch die gleiche. Und ich hatte das Lesen nicht verlernt.
Nach etwa zehn Versuchen hatte ich dann auch schon das erste Buch mit einem Inhaltsverzeichnis gefunden, allerdings eins über Riesenlibellen. Wenn diese Person sowieso den ganzen Tag lang nichts zu tun hatte, als sich mit den Beschäftigungen anderer zu befassen, hätte sie doch vielleicht irgendwann mal die Bücher sortieren können, oder war das zu viel verlangt? Oder vielleicht konnte er sie ja selbst nicht lesen ...
Noch etwas später wurde ich dann tatsächlich fündig. Sogar ein richtiger Weiser mit allem drum und dran, alt und so weiter. Angeblich war dieser Weise als junger und noch nicht so weiser Mann auf den höchsten Berg irgendeines Landes gestiegen, um dessen Geheimnisse zu ergründen, wofür er wegen der Höhe des Berges so lange gebraucht hatte, dass er, als er den Gipfel endlich erreicht hatte, sehr alt war und sich viele Weisheiten angesammelt hatte.
Der Schwachsinn hätte direkt von mir sein können. Aber doch richtig toll, dann war ich wahrscheinlich auch ein Weiser, so viel Zeit für nichts als nachdenken wie der da hatte ich auch gehabt. Ich schüttelte den Kopf und griff nach dem nächsten Buch.
Nachdem ich auch hier den Staub vom Titel gewischt hatte, stellte ich es sofort wieder ins Regal zurück. "Krior der Kühne" war nicht unbedingt der Name, den eine besonders weise Person für gewöhnlich trug.
Die Meilensteinsagen, die mehr als zwei der langen Regalfächer füllten, übersprang ich geflissentlich.
Immer, wenn ich meine Hände sah, wie sie diese alten Bücher durchblätterten, hatte ich im ersten Moment das Gefühl, als fehle etwas. Das Symbol auf meiner rechten Hand. Aber um ehrlich zu sein vermisste ich es kein Stück, auf jeden Fall war es nichts, was besonders viel Nostalgie in mir weckte, nicht dieses Symbol.
Aber trotz allem stimmte mich seine Bedeutung ganz schön sehnsüchtig. Nach mir selbst, nach meinem eigenen Leben.
Mein Augenmerk fiel nun auf ein besonders dickes, schweres Buch, das sich "Der alte Flinns und sein Erbe" nannte. Schon besser.
Im selben Moment, in dem ich mich nach hinten umdrehte, wandte der Mann sofort seinen Kopf wieder seinem obligatorischen Staubwedel zu, ich schenkte ihm aber keine Aufmerksamkeit mehr.
Dann wollte ich eben mal schauen, was mir der gute Flinns zu bieten hatte. Schon allein dieser Schreibstil war so grauenvoll, dass er dazu verlockte, das Buch sofort wieder zuzuklappen.
"So zog er also los, folgte dem Ruf des Alten, des Lehrers, des Weisen. Nun, da jener Knabe die vielfach verschlungenen Wege nicht kannte, schickte ihm der Meister eine Nachricht. Nahe dem Grabe des edlen Wissenden tanzten die kaum mehr grünen Blätter wilde Reigen und wurden eins in einer Botschaft, geschickt vom Paradiesischen selbst. "Folge!", sah er geschrieben. Und er tat, wie ihm geheißen. Er folgte."
Als ich ein paar weitere Seiten überflog, begriff ich langsam, worum es ging: Ein weiser Mann, vielleicht irgendein Philosoph, war schon länger tot, und seine potentiellen Anhänger kamen dann scharenweise zu seinem Grab, wo sie
'die höchste Wahrheit erfuhren'.
Eine höchste Wahrheit war schon mal ganz gut, und so ein mehr oder weniger transzendenter Kerl war für meine Zwecke auch auf jeden Fall glaubhafter als irgendsoein dahergelaufener Pseudoweiser. Aber tot sollte er lieber nicht sein.
Ich suchte weiter.
"Was wird das, wenn ich fragen darf?", hörte ich die Stimme des Bibliothekars, der kritisch auf meinen Stapel mit den sinnvollsten Weisen starrte.
"Ich such mir meine Lieblingsgeschichten raus, die will ich dann nach und nach lesen", antwortete ich strahlend.
"Was will denn ein Bengel wie du mit den Weisheiten des alten Flinns?", wollte er missfällig wissen, dabei deutete er mit dem Staubwedel auf die gestapelten Bücher.
"Ich will doch auch mal ganz weise und schlau werden!", rief ich begeistert aus.
Allerdings ohne Bart, auch wenn der mehr als achtzig Prozent deren angeblicher Weisheit ausmachte.
Der Mann bewegte sich nun ein paar Meter weiter nach rechts, um seine Spionage möglichst unauffällig zu gestalten.
Ich ließ meinen Blick über die aussortierten Bücher schweifen. Hauptsächlich Heldensagen mit männlichen Protagonisten und vereinzelt auch irgendwelche tapferen Jungfrauen.
Einer der sinnvollsten Funde war bisher die Geschichte gewesen, in der ein unsterblicher Weiser auftauchte, der schon ewig in den Bergen saß und dort einen wertvollen Schatz bewachte, weshalb er niemanden in seine Nähe ließ. Und die, die ausgezogen waren, um Nachforschungen zu erstellen (oder sich den Schatz zu holen), waren nie zurückgekehrt. Nur das Ende der ganzen Sache erschien mir für meine Zwecke nicht ganz so passend, aber ein unsterblicher Weiser war doch schon mal nicht schlecht.
Ah, und die größte Witzfigur bisher war eine Greisin gewesen, die immer dann in Höchstform kam, wenn in ihrer unmittelbaren Nähe ein gläserner Löffel fallen gelassen wurde und zersprang. Dann flitzte sie nämlich immer so lange kreuz und quer durchs Land, bis sie barfuß lief, das hieß, bis die Unterseite ihrer Schuhe durchgelaufen war.
Jedenfalls war ihr diese Sache schließlich auch zum Verhängnis geworden, in ihrer Unachtsamkeit hatte sie nämlich immer das Getreide auf den Feldern der Bauern ruiniert. Also hatte sich ein junger Bauernlehrling, der wohl viel von Schicksalsironie gehalten hatte, kurzerhand dazu entschlossen, einen gläsernen Löffel mit einer Steinschleuder tödlich ihren Kopf treffen zu lassen, während sie gerade wieder dabei gewesen war, ihren Marathon zu laufen. Angeblich wurde seitdem auch kein gläsernes Besteck mehr hergestellt, da man Angst hatte, die Greisin wolle sich womöglich rächen.
"Nimm aber bloß nicht die Bücher dort oben!", meldete sich der Bibliothekar wieder zu Wort und deutete dabei auf eine Reihe von Wälzern, die für meine Größe sowieso viel zu hoch lagen. Jetzt wusste ich, was es war, das ich in den letzten beiden Minuten so vermisst hatte.
Ich beschloss, den Mann einfach nach anderen Legenden zu fragen, es war mir auch viel zu aufwendig, jedes einzelne Buch aus dem Regal zu holen und nach etwaigen Weisen zu durchforsten. Denn es reichte eigentlich auch, wenn es ein so gebildet aussehender Mann war, der Eetu den Weisen näherbrachte.
"Ähm, kannst du mir sagen, was die bekanntesten Sagen mit Weisen sind?", fragte ich kleinlaut.
"Wieso sollte ich das einem Bengel wie dir sagen?", antwortete er desinteressiert.
"Weil auch ich ein Kunde bin." Er ging kurz in sich und schien mit sich selbst zu ringen, ob er mir nun helfen sollte oder nicht.
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Ich erinner mich gerade, dass ich in der fünften Klasse mal in die Schulbibliothek wollte, und erst war ich noch total begeistert, dass wir so was an der Schule hatten, und dann auch noch relativ groß (die in meiner Grundschule war nämlich total winzig, das war ein einzelner kleiner Raum mit ein paar Kinderbüchern). Auf einmal kommen irgendwelche Büchereiaufseher aus der Oberstufe, die meinen, ich würd nur mit Lesekarte reinkommen, die ich natürlich nicht hatte =__= Hinterher hab ich dann in Erfahrung gebracht, dass man diese dämliche Lesekarte nur fürs Ausleihen von Büchern gebraucht hat und da ansonsten jeder rein durfte, aber das nur am Rande bemerkt. [die Jacke darf man da natürlich auch nicht anbehalten, man könnte ja was in der Tasche verschwinden lassen .....]
Tja, das hat sich wohl unbewusst auf die Konzeption dieses Charas hier ausgewirkt .. XD
(und nächstes Mal sind wir hoffentlich mal wieder schneller .. XD)