Hallo, ich bins wieder (ups, Doppelpost...). Hier zur Abwechslung mal wieder so ein Teil, in dem eigentlich nicht viel passiert. Eigentlich. natürlich gibt es auch auch riesig große Enthüllungen. Fehlt nur noch, das in Wahrheit alle miteinander verwandt sind, dann hätte ich die perfekte Seifenoper...
Hier jedenfalls der neue Teil:
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Kapitel 15) Namen
Er wirkte auf mich wie ein Kind. Ein unwissendes, nichts ahnendes Kind, völlig unvorbereitet auf das, was es zu tun gezwungen werden sollte. Und obwohl ich die Verantwortung für den Stein aus reinstem Egoismus forderte, weil ich nicht bereit war, mein Schicksal kampflos herzugeben, so hatte ich doch Mitleid mit diesem Jungen, der aus seinem ganz normalen Leben in diese Gefahr hineinkatapultiert worden war, ohne es auch nur zu ahnen. Und wieder einmal blickte ich zum Himmel und fragte mich, warum der Eine Gott Spaß an solch grausamen Spielen hatte...
Es war Abend geworden. Schwere Dunkelheit lag über dem Rastplatz, den Jin gewählt hatte. Ein Stück von der Straße entfernt, im Wald verborgen, eine kleine Lichtung ausgepolstert mit sanft nach Wald duftenden Nadeln, von der aus man die Sterne beobachten konnte. Aurièn hatte gesagt, das sei wichtig. Jin verstand nichts von Magie, aber genug von dem Mädchen, um zu wissen, dass sie nicht scherzte. Ernsthafte grüne Augen voller Wissen und Arroganz starrten sie an und die Frau war nicht stark genug, diesem Blick, der bis in ihre Vergangenheit und dahinter reichte, standzuhalten.
„Was wollt Ihr von mir?“, fragte Kyrren trotzig und presste sich ein Stück blutigen Stoffes an die Stirn. Dass die Wunde schon längst aufgehört hatte zu bluten, störte ihn dabei nicht sonderlich. Dann schon eher die Tatsache, dass er nicht einmal eine Decke bekommen hatte und auf dem nackten, nur dünn mit Nadeln und Moos bedeckten Boden, erbärmlich fror.
Aurièn verzog den Mund abfällig. „Ganz einfach, Kleiner.“ Sie beugte sich etwas vor, sodass das Lagerfeuer, das sich zwischen den beiden befand und rot und flackernd aufloderte, ihr Gesicht dramatisch beleuchtete. „Ich bin der Mensch, der aufpasst, dass du den wertvollsten Besitz unseres Landes auch entsprechend behandelst.“
Sie schüttelte ihr Haar, dass es nach hinten über ihren Rücken fiel. Die kunstvoll angerichteten Locken gehörten schon lange der Vergangenheit an. Jetzt besaß Aurièn goldene Fransen, die sich leicht kräuselten, wenn sie feucht wurden. Das nahm der Geste einiges an Eleganz.
„Und jetzt sag nicht, du hättest ihn verkauft“, fügte sie drohend hinzu und verengte die Augen zu Schlitzen, als Kyrren nur ahnungslos mit den Schultern zuckte.
„Na?“
„N-nein“, Kyrren fiel es schwer, nicht zu stottern. Seine Gesichtsmuskeln zuckten unkontrolliert, während er versuchte, Herr seiner Angst zu werden. „Ich habe ihn noch...“
„Das will ich dir auch geraten haben“, brummte Jin. „Dem Ding hinterherzujagen macht wenig Spaß.“
Aurièn nickte zustimmend, zu erleichtert, um ihre boshafte, verärgerte Maske aufrecht zu erhalten. Stattdessen setzte sie nun die Maske der Autorität auf. „Ich sehe mich hiermit als Besitzerin des Auserwählten. Das heißt, der Elf kann rauskommen und mit mir um meinen Besitz kämpfen.“
„Du schwingst Reden“, piepste ein kleiner, braun gefleckter Vogel mit schwarzen Knopfaugen, löste sich aus der Dunkelheit einer Baumkrone und flatterte mit wenigen Flügelschlägen elegant zu Boden. Ein flüsterndes Zischeln in der Luft kündete von der Magie, die angewandt wurde. Aurièn als einzige spürte die Verdichtung der Macht und die damit verbundene Verwandlung des Vögelchens in den majestätischen Elfen.
Er hatte irgendwann zwischen der Teleportation und seiner Rückverwandlung die Kleidung gewechselt. Statt eines weißen Mönchskittels trug er nun eine moosgrüne Tunika über einem weißen Leinenhemd, verbunden mit einer roten Schärpe. Seine Kinderfüßchen steckten in weichen Wildlederschuhen. Der Elf trug keine Waffe, was besonders Jin negativ auffiel. So viel Selbstvertrauen zeugte von echtem Können.
„Es ist Sitte bei meinem Volk“, sprach er würdevoll in die Nacht hinein, „vor einem Kampf seinen Namen zu nennen. Ich bin Ellien.“ Er verzog den Mund zu einem Lächeln, das in dem Gesicht jedes anderen schön gewesen wäre, doch in Kombination mit diesen bösartig glänzenden grünen Augen wirkte es furchteregend.
Aurièn spürte, wie sich Kyrren, von dem sie sich inzwischen abgewandt hatte, anspannte. Dabei war er wohl der einzige, der keine Angst haben musste, wie sie in einem Anfall von Ironie feststellte.
„Wie ist dein Name?“
Aurièn erhob sich, richtete sich zu voller Größe auf und reckte erhaben das Kinn. Sie öffnete den Mund, ihre vollen roten Lippen, und setzte zu einer Antwort an. Einer Antwort, die sie niemals geben würde. Niemals geben konnte.
Der Elf war klug, sehr klug. Der Kampf hatte schon längst begonnen. Die Stille war so gespannt wie eine Bogensehne, als Ellien sie durchbrach.
„Nicht besser als ein Tier“, lachte der blonde Junge. „Namenlos! Ich war ein Vögelchen, doch vogelfrei bist nur du! Kein Name, an den du dich binden kannst. Kein Name, auf den du dich stützen kannst. Nicht einmal ein Name, den du nennen kannst! Namenlos bist du geboren und namenlos wirst du sterben, denn der einzige Name, den du je besessen hast, führt jetzt er!“
Mit diesen Worten richtete er seine schlanken weißen Finger anklagend und zugleich belustigt auf Kyrren.
„Wovon redet der?“, fragte der Junge und rutschte auf dem Boden ein wenig zurück.
Aurièn seufzte. „Er redet von dir. Von Aurion.“
Der Kaiser lächelte liebevoll und strich mit den langen schlanken Fingern über den goldenen Rahmen des Spiegels des Sehens, in dessen Bild ein blondes Mädchen niedergeschlagen die Schultern hängen ließ. „Ich kann es fast fühlen. Ihre Hoffnungslosigkeit, ihre Trauer. Ihre Angst, ohne Namen und ohne Bestimmung keine Daseinsberechtigung mehr zu haben.“ Er warf sein langes braunes Haar in einer majestätischen Bewegung zurück. „Ich hätte niemals gedacht, dass er so grausam sein würde. Fast schon erschreckend, nicht wahr? Hundert Jahre Einsamkeit, selbst gewählt. Hingebungsvolle Pflichterfüllung. Er hat sogar die Höhle dekoriert. Die ganze Zeit dachte ich, für einen Elfen seien hundert Jahre eine lachhafte Zeitspanne, doch wenn man ihn nun so sieht, scheint er um Jahrtausende gealtert.“
„Ihr sprecht wahr, mein Herr. Doch, wenn Ihr das seht, warum muss ich Euch dann darauf hinweisen, dass Ellien sie möglicherweise töten wird? Ihr wollt das doch sicher nicht? Wäre es dann nicht Zeit, einzuschreiten?“ Die junge Frau beugte ehrerbietig den Kopf und wappnete sich auf eine bissige Bemerkung, die angesichts dieser Frechheit unausweichlich folgen musste.
Der Kaiser jedoch schlug nur einmal zustimmend die Augen nieder.
Die Dienerin hob den Kopf und betrachtete einen Moment lang unverwandt die majestätische Gestalt ihres Herrschers, der noch immer wie gebannt auf das Schauspiel im Inneren des Spiegels starrte. Als es nicht schien, als hätte er noch etwas hinzuzufügen, empfahl sie sich. „Ganz wie Ihr beliebt, mein Gebieter. Ich werde ihm eine Nachricht zukommen lassen.“
„Und... noch etwas.“ Er wandte den Kopf, um sie im Mondlicht besser sehen zu können. Seine Augen blieben an ihrem Ohrschmuck hängen, der aus mehreren goldenen Ringen bestand, die kunstvoll zu einem Ornament verflochten waren und sich von ihrem schwarzen Haar deutlich abhoben.
„Ja, mein Herr?“ Sie spürte, wie sie unter dem durchdringenden Blick ihres Herrschers errötete.
„Du solltest deine Erscheinung auffrischen. Deine Ohren beginnen, spitz zuzulaufen.“
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HA!!! Damit habt ihr nicht gerechnet, oder? Der Kaiser ist in echt also an der Verschwörung beteiligt. Als wer, dürfte einfach zu erraten sein. Wie? Warum? Das kommt später.
Übrigens: Soweit ich das sagen kann, ist es völlig logisch, zwar nicht unbedingt als zwingende Schlussfolgerung, aber in der Konsequenz nicht unwahrscheinlich ( <- Hä? )
Jedenfalls ist es somit erwiesen, dass die Falle auf jeden Fall zuschnappen muss. Es sei denn...
Danke für’s lesen jedenfalls. Bye

Sahlene