Das Siegel

Was du nur hast? Der Teil war doch klasse! Besonders als Aurién vor diesen Menschenmassen stand! Ich freue mich schon auf die nächsten zehn Kapitel!:D
 
Gut. Nur gegen Ende hat mich gestört, dass zweimal recht kurz hintereinander der eher ungewöhnliche Ausdrücke "gewahr werden" vorkam. Sonst war es nicht besonders spannend, aber nicht uninteressant.
 
Nicht schlecht *g*... Aurièns persönliches Alphabet beginnt wohl mit "i" - für Ich... Die Beschreibung der Situation war sehr schön, vor allem die Reaktion der Menschen... Wenn die wüssten, was für ein arrogantes Miststück ihnen da den Frieden bringen soll...

PS: Ich habe zufällig gerade Zugriff auf nen Compi, daher melde ich mich mal einfach...^^
 
Jetzt mal der nächste Teil. Es ist beabsichtigt, dass Aurièn so ein widerliches Weib ist ^_^ Damit sie keiner mag.

------------------------------------------------------------------------------

Kapitel 4) Die Segnung Teil 2

Den einen der beiden erkannte Aurièn sofort. Es war der Hohepriester, das Oberhaupt der Kirche von Kairion. Er trug einen langen goldenen Stab und einen schlichten goldenen Stirnreif, die Insignien seiner Herrschaft über die Religion. Sein weißes Gewand, das von einem vergoldeten Gürtel zusammengehalten wurde, war ansonsten schlicht. Sein Haar war fast ebenso weiß wie seine Kleidung und harmonierte auf eigentümliche Weise mit seiner ganzen Erscheinung. Gütige, wasserblaue Augen zwinkerten ihr schelmisch zu, als der Mann seine von Gicht gekrümmte Hand ausstreckte und ihre Stirn berührte. Er murmelte ein paar Segenssprüche auf Alt-Kairionisch, die Aurièn nur schwer verstand, und zog seine Hand dann mühsam zurück.
Ihr Blick wanderte von dem Hohepriester zum dritten Herrscher des Triumvirats, der einzigen Frau, die eine derartig wichtige Funktion im Reich übernahm: Die Lordmagierin. Sie war die Vorsitzende der Magiergilde von Kairion und hatte damit und durch ihre Kräfte indirekt größere Macht als der Kaiser und der Hohepriester.
Die Frau, deren langes schwarzes Haar ihr in weichen Wellen über den Rücken fiel, beugte sich zu dem Mädchen vor und hängte ihr ein goldenes Amulett, in das ein blauer Stein eingefasst war, um.
„Möge es dich schützen“
Aurièn lächelte zaghaft angesichts der gütigen Macht, die diese Frau verströmte und griff vorsichtig nach dem Anhänger. Ihre Hand umschloss kaltes Metall. Nur der blaue Stein, der, wie sie zufrieden festgestellt hatte, gut zu ihrer Augenfarbe passte, pulsierte in eigenartiger Wärme. Das Mädchen zweifelte nicht einen Moment an der schützenden Kraft des Amuletts. Dennoch fühlte sie einen zornigen Stich in ihrem Herzen, so als hielte man sie nicht für fähig, sich selbst zu verteidigen.
Dann war da noch die Frage, wer in Kairion so dumm wäre, die Auserwählte anzugreifen, die immerhin für das Wohl des ganzen Landes lebte und danach strebte, den Frieden endgültig zu besiegeln.
Aurièn winkte noch einmal der Menge zu, dann wandte sie sich, begleitet von den Herrschern des Triumvirats und dem nervösen Berater des Kaisers, zum Gehen. Mit großen, ausgreifenden Schritten trat die Auserwählte wieder in den kühlen Schatten des großen Steingebäudes. Sie riss ihren Umhang von den Schultern und warf in achtlos auf den gefliesten Boden, wo er zusammengeknüllt liegenblieb.
Der Berater des Kaisers rümpfte die lange Nase angesichts dieser Respektlosigkeit, hütete sich aber, etwas zu erwidern und so noch Aurièns Zorn heraufzubeschwören. Stattdessen schluckte er seinen Ärger herunter und griff mit vollendeter Höflichkeit nach dem Arm des Mädchens.
„Erlaubt mir, Euch in Eure Gemächer zu geleiten, Herrin“, bot er beflissen an und verbeugte sich im Gehen. Aurièn lächelte herablassend.
„Ich danke Euch, doch ich glaube, ich finde den Weg allein. Sorgt Ihr nur dafür, dass mein Pferd um Mitternacht bereitsteht.“
Sie entwand sich aus dem Griff des Mannes, der beschämt errötete und verbeugte sich tief vor dem Kaiser, dem Hohepriester und der Lordmagierin.
„Ich danke Euch für Euren Segen.“ Sie hob den Kopf und sah dem Kaiser direkt in sein gutaussehendes Gesicht. „Schon bald werdet Ihr den Heiligen Stein in Händen halten“, erklärte sie siegesgewiss und lächelte entwaffnend.
„Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet... Ich werde mich auf den Aufbruch vorbereiten.“
Mit diesen charmant vorgetragenen Worten wandte sich Aurièn zum Gehen. Kaum, dass sie in einem der von der Großen Halle abzweigenden Gänge verschwunden war, verfiel sie in einen trabenden Schritt, der ihre Vorfreude auf das vor ihr Liegende verriet.
Fast hätte sie zu singen begonnen, doch eine Dienerin, die direkt vor ihr aus einer der ebenhölzernen Türen zu Seiten des Ganges trat, hielt sie im letzten Moment davon ab. Die Auserwählte hatte ein Gesicht zu wahren, wie man ihr so oft gepredigt hatte.
Sie hatte nicht vor, dasselbe vor einer unwürdigen Schlampe zu verlieren, die zu nichts besserem gut war als zum Waschen ihrer schmutzigen Wäsche. Niemals.

-----------------------------------------------------------

Das war wenig. Der nächste wird unter Umständen länger. unter Umständen.

Bye
Danke für's lesen
 
Ich kann Aurièn wirklich nicht ausstehen. Bleibt die so arrogant, oder wird sie evtl. doch noch nett?

Zum Teil: Du hast Aurièns gefühle sehr schön beschrieben, und dass sie fast zu singen angefangen hätte, hat mich sehr verwundert.
 
Gut. Vor allem der kurze Einblick in das Herrschaftssystem hat mir gefallen. Dass allerdings Aurièn plötzlich singen will, fand ich auch überraschend bis unlogisch.
 
Das Aurién wegen einer Dienerin gleich so ausrastet?!
Durch die letzten beide Teil wurde mir die Auserwählte immer unsympatischer. Ich glaub wenn du so weiter schreibst mag ich sie wirklich nicht mehr!;)
Aber der Teil war trotzdem spitze!:D
 
Aurièn ist wirklich konsequent darin, sich unserer Sympathien zu berauben... Speziell die Reaktion auf die Dienerin war doch sehr *********mäßig... Bin gespannt, wann sie auf der Nase landen wird - und ob dann noch irgend jemand zu ihr stehen will...
 
Schade, dass ihr das nicht erkannt habt. Meiner Meinung nach passt Aurièns Singen da perfekt rein. Es ist Ausdruck ihres sprunghaften Charakters, den ich schon in der Hiro-Story angedeutet habe. Ein falsches Wort, und Aurièn ist deine größte Feindin. Gleichzeitig kann sie dir aber im nächsten Moment schon wieder vergeben. Es mag zwar seltsam wirken, aber so ist sie nun einmal. Da kann ich jetzt auch nichts mehr dran ändern. Dass ihr sie nicht mögt, kann ich nur allzu gut nachvollziehen. Ich persönlich liebe sie geradezu für ihre Unnachgiebigkeit und ihre Standhaftigkeit, was ihre Überzeugungen angeht. Da lässt sie sich nicht reinreden. Ihr Charakter allgemein ist allerdings... übel. Rücksichtslos, unnahbar, gleichgültig, unfreundlich und schamlos lügend. So habe ich sie erschaffen, und so wird sie auch bleiben. Freundet euch schon mal mit der Vorstellung an, dass sie noch viel Mist bauen wird, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht...

Übrgígens: Die Story ist genau verkehrt herum konzipiert. Während Aurièns Motive relativ edel sind, wenn auch nicht nur, ist ihr Charakter grässlich. Später werdet ihr dann einige Charas kennenlernen, die beispielsweise ohne Schuldgefühle morden, aber dafür supernett wirken. Zumindest auf mich. mal sehen, wie ihr das dann seht.


Und jetzt mal der nächste Teil.

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Kapitel 5) Unvollendete Magie

Eine Treppe höher befanden sich die Gemächer der Auserwählten. Sie hatte sie, nachdem sie es ausdrücklich gefordert hatte, selbst eingerichtet. Nun harmonierten in den großen weiten Räumen vor allem Beige- und Weinrottöne. Aurièn hatte eine Affinität zu solchen warmen Farben und dies schlug sich auch in ihrer Kleiderordnung nieder. Niemals in ihrem Leben hatte das Mädchen Silberschmuck getragen und reines Weiß verabscheute sie vor allem anderen.
Skeptiker behaupteten, ihre Leidenschaft für Rot und Gold wiese auf Blutgier und Maßlosigkeit hin, doch der Großteil der Bevölkerung lachte über diese Verleumdungen ebensolaut wie Aurièn.
Das Mädchen ließ sich gelangweilt in einen schweren dunklen Sessel fallen, der in einer Ecke ihres ersten Raumes stand. Sie schlang die Arme um ihre Knie und wippte hin und her.
Heute nacht also würde sie den behüteten Palast verlassen und die wahre Welt betreten, ungeschützt und allein. Das Gefühl, das sie überkam, war vertraut für Aurièn. Sie hatte, anders als so viele, den Moment nicht vergessen, in dem man sie dem Schutz der Mutter entrissen und in die kalte Wirklichkeit geschleudert hatte. Der Gedanke daran jagte ihr noch immer kalte Schauer über den Rücken und ließ sie sich innerlich verkrampfen. Auch wenn es schwer war, es sich einzugestehen, so hatte Aurièn doch Angst. Nicht vor ihrer Aufgabe. Sie war überzeugt, sie würde den Schutzstein finden. Aber vor dem ersten freien Schritt, den sie tun würde. Unbeeinflusst von anderen einfach frei zu sein, das war ein Gefühl, welches dem Mädchen bis zum heutigen Tage versagt geblieben war.
Dann wiederum freute sie sich mehr als alles andere darauf, ihre Aufgabe endlich zu erfüllen und als die Retterin des Reiches in die Kaiserstadt zurückzukehren...

Sie war eingeschlafen über ihren Gedanken, hatte es sogar versäumt, ihre steife Kleidung auszuziehen. Als Aurièn die Augen schläfrig öffnete, hatte sie Druckstellen der vergoldeten Knöpfe am ganzen Körper. Freilich konnte sie davon nichts erkennen, denn tiefschwarze Nacht umgab das Mädchen. Sie erhob sich aus ihrem Sessel und trat wackelig, vorsichtig darauf bedacht, nirgendwo gegenzustoßen, ans Fenster. Die Sterne funkelten hell am Himmel und tauchten einen Teil des Gartens, auf den sie einen fabelhaften Ausblick hatte, mit schwachem weißem Licht. Aurièn seufzte.
„Nacht“, sagte sie mit ihrer dunklen, weichen Stimme in die Stille ihres Zimmers hinein. Fast hätte sie gewüsncht, jemand würde ihr antworten. Doch da war niemand. Aurièn war wieder allein. Sie erinnerte sich daran, wie sie, als sie kleiner gewesen war, einen der Geisterseher gefragt hatte, warum sie allein gehen müsste. Er hatte mit freundlicher Stimme gesagt, in der Prophezeiung wäre kein Wort gefallen, das auf einen Begleiter hingewiesen hätte. Würde sie heute nacht also nicht allein fortgehen, bestand die Gefahr, dass ihr Begleiter auf der Reise starb oder sie verließ. Dieses Risiko wollte man nicht eingehen und so reiste sie von Anfang an allein. Natürlich bestärkte Aurièn das nur in ihrem Glauben, dass ihr Weg vorherbestimmt war und das ihr gelingen würde, was sie begann.
Aurièn griff nach einem der goldenen Kerzenhalter, die auf einer dunkelbraunen Kommode neben dem Fenster standen. Es war am Fenster hell genug, dass das Licht der Sterne den Raum so beleuchtete, dass sie keinen der Leuchter umstieß. Sie umfasste das kalte Metall mit der linken Hand und sprach ein leises magisches Wort in Alt-Kairionisch. Es blieb dunkel. Aurièn fluchte unfein und versuchte es noch einmal. Wieder nichts. War sie zu aufgeregt, um ein paar Kerzen anzuzünden?
Dann eben nicht, sagte sie sich trotzig und begann, sich im Schein der Himmelslichter umzuziehen. Sie schälte sich aus ihrer steifen, unbequemen Tracht und ließ Schicht für Schicht ihrer Kleidung achtlos auf den Boden fallen.
Als sie endlich aus ihren rotgoldenen Sachen geschlüpft war, trat sie an die Kommode. Sie zog die oberste Schublade hervor und wühlte darin so lange, bis sie endlich fand, was sie gesucht hatte: Ihre neue Kleidung.
Aurièn zog eine braune Hose mit Gürtel hervor, die um die Knie recht pludrig geschnitten war. Weiterhin lagen in der Schublade ein Paar bereits benutzter Wildlederstiefel mit vergoldeten Schnallen, ein halbärmeliges Wams aus dunkelgrünem Stoff, der sich wunderbar an die Haut anschmiegte, ein Paar Handschuhe aus weichem Leder und ein brauner Umhang, der ebenfalls deutliche Gebrauchsspuren zeigte.
Alles in allem eine wunderbare Tarnung, stellte Aurièn befriedigt fest und begann, die Sachen anzulegen. Ein paar Mal vertat sie sich dabei, denn die Dunkelheit machte ihr trotz ihrer guten Nachtsicht ein wenig zu schaffen.
Ein weiterer Versuch, die Kerzen zu entflammen, schlug fehl. Sie wusste nicht, was sie falsch machte, doch ihr war völlig klar, sollte sie auch in der Welt dort draußen vor dem Palast versagen, würde sie nicht lange überleben. Nimm dich zusammen, Aurièn, sagte sich das Mädchen energisch. Keine Verwendung für Zweifel.
Schließlich war sie vollständig angezogen und bewunderte ihre dunkle Silhouette in einem goldenen Handspiegel. Sie band ihre Haare mit einem dunkelgrünen Satinband, ihrem einzigen wahrlich wertvollen Kleidungsstück, zusammen und zog sich dann die Kapuze ihres Umhangs darüber. Jetzt war sie bereit. Sie warf einen abschätzenden Blick zum Himmel, sah den Mond bereits hoch stehen und kam zu dem Schluss, sie sei zu spät. Gemütlich schlenderte sie die Treppen herab, bis sie im Garten des Kaiserpalastes stand. Sie beschleunigte ihren Schritt nun, sich dessen bewusst, dass der Kaiser nicht gerne wartete, und rannte fast über den weichen Kies, der unter ihren Stiefeln angenehm knirschte.

-----------------------------------------

Kommies bitte....

Bye und danke für's Lesen
 
Hey, ist das ein Service! Hier kriegt man die Interpretation gratis oben drauf :D

Zum Teil:
Gut. Schön ruhig, die Beschreibungen haben mir gefallen, wenn sie auch, was die Kleidung anging, für meinen Geschmack fast schon wieder etwas zu ausufernd waren.
 
Der Teil war spitze! Irgendwie mag ich Aurièn jetzt wieder mehr! Du hast sie in dem teil sehr viel netter beschrieben als in den andern!:)
 
Ein netter Teil. Immerhin hat Aurièn wenigstens Stil^^ - das An- und Umziehen war allerdings ein wenig zu ausführlich für meinen Geschmack... Dass sie die Kerzen nicht anzünden konnte, lässt allerdings auf Unheil schließen... Ich sehe Ärger am Horizont^^.
 
Der eine Absatz war zuviel? Na schön. In Zukunft dürft ihr euch dann selbst ausdenken, was die Leute tragen. :D nein, im Ernst: Warum war das zuviel? Ich möchte, dass ihr euch meine Charas bildlich vorstellen könnt. Und da ist die Beschreibung eben etwas ausführlicher. Vielleicht zeichne ich die Klamotten nächstens einfach und pack’s dann in den Anhang...

@Faris: Nett? :grin: naja. Mal sehen...

Noch was: Ich habe die Kapitelaufteilung ein bisschen verändert, weil sie immer so kurz waren. Ist ja nicht so das wahre. Darum gibt’s jetzt den zweiten (ganz kurzen) Teil des vormals 6. Kapitels und dann geht’s mit dem nun 4. Kapitel weiter. ^_^

-----------------------------------------------------

Am Tor des Hinteren Gartens, dem Hinterausgang aus dem Palast, der nur selten genutzt und fast nie von Ranken und Kletterpflanzen befreit wurde, warteten der Kaiser und sein Berater.
Aurién kam vor dem Herrscher des Reiches zum Stehen, verbeugte sich nachlässig und griff dann nach den Zügeln des großen schwarzen Pferdes, das der Berater mit einigen Mühen festhielt.
„Ruhig“, flüsterte sie dem edlen Tier zu.
Der Hengst hörte auf zu stampfen. Er senkte den großen Kopf und ließ sich von Aurièn den Mähnenansatz kraulen.
Sie warf einen Blick auf das Gepäck, das man bereits auf dem Rücken des Pferdes festgeschnallt hatte.
„Nicht allzuviel“, gab der Kaiser zu, als der das verächtliche Funkeln in den Augen der Auserwählten bemerkte. „Aber Ihr wollt doch nicht auffallen.“
„Um keinen Preis“, versicherte Aurièn übertrieben zustimmend und lächelte spöttisch.
Der Kaiser hob fragend eine Augenbraue und das Mädchen errötete leicht. Trotz all ihrer Verachtung für das Menschenvolk konnte sie die Existenz bestimmter Personen, die in der Lage waren, selbst sie in Verlegenheit zu bringen, nicht ganz leugnen.
Sie setzte einen Fuß in den Steigbügel des alten, abgewetzten Sattels und schwang sich auf den Rücken des Pferdes.
„Mein Schwert?“, fragte sie.
„Im Gepäck“, antwortete der Berater beflissen und krümmte den Rücken zu einer leichten Verbeugung. „Ebenso wie Euer Bogen und ein Köcher mit Pfeilen.“
„Gut“, erwiderte Aurièn, aus ihrem Mund ein fast unverschämtes Lob.
Der Kaiser und sein Berater verbeugten sich so tief und ehrerbietig vor dem Mädchen auf ihrem Pferd, dass kein Zweifel bestand, sie war wichtiger. Als alles andere.
„Lebt wohl. Möge der Wind Euch Nachricht von meinem Erfolg zutragen.“
Mit diesen Worten wendete sie das Pferd und stieß ihre Absätze in die Flanken des Tiers. Es stob davon und trug seine Reiterin dem Ende ihres Weges entgegen.

„Ach, Aurièn“, seufzte der alte Mann und schüttelte den Kopf sanft. Er saß wieder im Garten der Weisheit, doch selbst dessen nächtliche Schönheit konnte den von Trauer erfüllten Geist des Meisters nicht ablenken.
„Was haben wir dir angetan... du bist noch lange nicht bereit, eine solche Aufgabe zu bewältigen. Noch lange nicht...“
„Sie ist stark und schön“, sagte Hiro, der dem Lehrmeister gegenüber saß, und legte den Kopf fragend schief. „Warum sollte sie den Schutzstein nicht finden? Ich kenne nichts, was sie aufhalten könnte, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat.“
Der grauhaarige Mann lächelte sanft. „Das ist die Aurièn, die du kennst, mein junger Freund. Aber Aurièn ist auch sturköpfig und uneinsichtig. Es wird ihr schwer fallen, dort draußen zu leben, wo alles auf Kompromisse hinausläuft. Sie ist niemals bereit gewesen, Eingeständnisse zu machen oder auf etwas zu verzichten. Wir haben aus ihr einen unausstehlichen Menschen gemacht, der sich so viel auf seine Stellung einbildet, dass er sein wahres Ziel vergisst. Sie will den Stein doch nur finden, weil es ihre Bestimmung ist. Sie verschwendet keinen Gedanken darauf, für wen sie das Ganze wirklich tut. Das Volk Kairions ist ihr egal. Hast du sie dir denn niemals kritisch angesehen?“
Hiro errötete. „N-nein... ich hätte nie gewagt, sie zu kritisieren.“
„Das dachte ich mir“, sagte der Alte und massierte sich angespannt die Stirn. „Aber es gibt sehr wohl Dinge, die die Auserwählte besiegen können. Und eines davon ist sie selbst.“

------------------------

Ich freue mich über jeden Kommentar... Bye. Danke für’s Lesen
 
Ich weiß nicht, mich hat das einfach nur so an all die FFs erinnert, wo die Heldinnen sich mehr für ihre Kleidung interessieren als dafür, dass sie gerade im Palast des Teufels persönlich sitzen^^...

Zum Teil: *g* Der Kaiser kann sie also durchaus aus der FAssung bringen ;)... Dass Aurien selbst ihr schlimmster Feind ist, war zwar weder überraschend noch originell - andererseits sollte es doch auch mal ausgesprochen werden...
 
Gut. Mir hat der Dialog am Ende gefallen, auch wenn er nicht so furchtbar originell war. Der Anfang war auch ganz nett, die Charakterzüge kamen wie immer gut rüber, so richtig passiert ist aber da nichts.
 
Genau. Originell vielleicht nicht, aber es muss schon irgendwen geben, der zumindest sieht, dass unsere junge ‚Heldin’ in Kürze über ihre eigenen Beine stolpern wird...^_^

Und: Ich muss mich ganz doll bei euch bedanken. Ich liebe meine Leser! In diesem Thread gibt es tatsächlich die perfekte Mischung! Kritiker, die mich auf meine Fehler hinweisen und Leute, die mich enthusiastisch immer wieder aufbauen... herrlich! Danke, dass es euch gibt! Danke, danke! Und ich werde mich auch bemühen, allen beiden Gruppen zumindest guten Lesestoff zu bieten.

Hier weiter. Mit der Einführung meiner nächsten Hauptfigur.

----------------------------------------------------------------------

Kapitel 4) Ziellos

„Der Wind führte mich in die Irre... Ich vermag seine Worte nicht mehr zu hören. Was ist es, was mein Herz zu Stein erstarren lässt?“

Aurièn stöhnte auf. Wieder war der angebliche Fluss, der an dieser Stelle die Straße keruzte, nur ein dünnes Rinnsal schlammigen Wassers. Sie beschloss, ihren Durst zu ertragen und das nächste Gewässer zu suchen. Das Mädchen warf einen abschätzenden Blick auf die Karte von Kairion, die man ihr mitgegeben hatte und versuchte, den ihr nächsten Wasserlauf zu finden.
Das nächste Gewässer war mindestens einen Tagesritt entfernt. Sie stieg von Missak, ihrem schwarzen Hengst, ab und blickte missmutig in das leere Flussbett herab.
Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als sich mit dem schlammigen, nach Algen riechenden Wasser zu begnügen.
„Das solltet Ihr nicht trinken, Mylady.“
Aurièn drehte sich gelassen um und suchte mit den Augen die Umgebung nach der Frau ab, die eben mit sanfter Stimme gesprochen hatte. An der anderen Seite des gepflasterten Weges kletterte eine hübsche junge Frau die Böschung herauf.
Sie trug wildlederne Hosen und ein dunkelbraunes, zum Teil zerrissenes Hemd, das mit eingetrockneten Blutflecken besudelt war. Die Frau, die weit älter als Aurièn sein musste, aber dennoch keinerlei Alterserscheinungen zeigte, lächelte wissend und strich sich ihr langes nachtschwarzes Haar aus dem Gesicht.
Ihre tiefen grünen Augen blitzten belustigt auf, als Aurièn näher trat.
„Eine Meile den Fluss hoch liegt ein zerfetzter, verrotteter Hirschkadaver im Wasser und vergiftet den geamten Fluss. Ich komme gerade von dort. Falls ihr nicht sterben möchtet, solltet ihr Euren Durst für eine Weile vergessen.“
„So“, erwiderte Aurièn, darum bemüht, der jungen Frau, die sich ganz offenbar für etwas besseres hielt, nicht ihre Bestimmung und ihren Rang entgegenzuhalten. „Danke für diesen Rat. Ich werde ihn mir zu Herzen nehmen.“
Die schwarzhaarige Frau lächelte wieder, doch diesmal lagen nicht nur hämische Freude, sondern auch eine Spur von versteckter Zufriedenheit in ihren Augen.
Als wäre Aurièn ein Köder, den sie ausgelegt hatte.
„Dann wünsche ich Euch eine gute Reise. Möge der Wind Euch wohlbehalten an Euer Ziel bringen.“ Die Schwarzhaarige hob die Hand zum Gruß.
Aurièn verbeugte sich leicht und stieg dann wieder auf Missak auf. Sie drückte ihre Absätze unsanft in die Flanken des schönen Tiers und der Hengst setzte langsam einen Fuss vor den anderen. Sie vermied es sorgfältig, zurückzuschauen.
Das Mädchen war wütend. Drei Tage lang ritt sie schon durch die Provinz Men, auf der Suche nach Gerüchten über seltsame Vorkommnisse, Orakel und Prophezeihungen oder Dämonen. Die meisten Menschen hatten in ihrem Leben noch nie einen wahren Dämonen erblickt, aber erzählten von mindestens dreien, denen sie angeblich die Stirn geboten hätten. In Wahrheit war das, was die Menschen vollmundig als Dämonenwerk bezeichneten oft nichts anderes als Naturgewalt, Elfenzauber oder, noch banaler, bloße Einbildung. Es machte das Mädchen wütend, wenn ihr Dorfleute aufgeregt von ihren schrecklichen Erlebnissen berichteten, und, wenn sie das Ganze dann näher besah, beichteten, dass sie sich auch nicht sicher wären. Das war ihr auf ihrem Weg bisher zwei Mal geschehen, und jede Minute, die sie mit diesen unwichtigen Personen vergeudet hatte, tat ihr in der Seele weh. Es wäre so viel einfacher, wenn sie zeigen dürfte, dass sie die Auserwählte ist, oder zumindest Helfer hätte, die für sie nach Gerüchten horchten, aber die Priester und Lehrer, die sich ja ach so große Sorgen um sie machten, hatten selbstverständlich auf ihrer Lügengeschichte und ihrer Deutung der blöden Prophezeiung bestanden.
„Ich bin eine verarmte Kaufmannstochter aus der Provinz Karn, der nördlichsten der drei Provinzen Kairions, war in der Kaiserstadt in Men, um einen geeigneten Ehemann zu finden, und kehre nun unverrichteter Dinge wieder zurück. Ich bin zu arm, um mir eine Eskorte zu leisten und besitze offiziell nicht einmal ein Schwert. Zu mehr als zu einem schlecht geschärften Dolch reichen meine Mittel nicht. Ich bin wehrlos. Kommt und holt mich“, sagte sie tonlos und versuchte, den Karn-Akzent, den sie sich mühevoll antrainiert hatte, so deutlich wie möglich zu sprechen. Eine schreckliche Sprache in ihren Augen... barbarisch und provinzalisch. Die Sprache des niederen Pöbels.
Aurièn sackte im Sattel zusammen. Was für eine dumme Geschichte. Es machte so wenig Sinn. Kairion hatte keine Feinde. Wer sollte Interesse daran haben, die Auserwählte zu töten oder daran zu hindern, den Schutzstein des Landes zu beschaffen?
Nein, ihr drohte keine Gefahr. Von niemandem.

Jin lächelte ihr undurchsichtiges Lächeln. Sie hatte keine Gefühle mehr, die sie irgendjemandem hätte zeigen können, also lächelte sie und erweckte den Anschein, als wäre sie mit allem zufrieden, als liefe alles ganz so, wie sie es sich erhoffte.
Leider täuschte dieses Lächeln gewaltig. Jin war in Schwierigkeiten, so großen, dass sie das junge Mädchen, das ihr auf der Straße so überraschend über den Weg gelaufen war, beinahe um Hilfe angefleht hatte. Tatsächlich aber hatte der gleichgültige Blick der blondgelockten Schönheit sie im letzten Moment davon abgehalten, etwas so dummes und würdeloses zu tun. Sie würde das auf die altmodische Art lösen müssen. Schwert ziehen, auf die Feinde losgehen und ein Blutbad anrichten, wie es seit den Zeiten der Großen Elfenkriege keines mehr gegeben hatte. Der Gedanke jagte ihr kalte Schauer den Rücken herunter, die sie sich nicht erklären konnte. Sie hatte so viel getötet, so viel unwiederbringlich zerstört und so schreckliche Dinge getan, dass diese Schlacht nur eine weitere, unbedeutende Kleinigkeit in ihrem Leben war, etwas, auf dass sie später mit Gleichgültigkeit zurückblicken würde. Sollte sie die Gelegenheit dazu jemals bekommen. Noch war sie im Wald, zusammen mit mindestens sieben anderen Schwertkämpfern und möglichwerweise noch drei Verletzten. Jin konnte sich nicht erinnern, so sehr sie sich auch anstrengte und ihr Hirn zermarterte. Sie wusste nicht mehr, ob sie im ersten Kampf dem am Boden liegenden Mann wirklich den Kopf abgeschlagen hatte oder ob sie ihn verschont hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie einem Feind tatsächlich Gnade gewährt hatte, dass ihr kriegerisches Selbst tatsächlich das Schwert gesenkt hatte, aber in ihrer augenblicklichen Lage rechnete die Frau lieber mit allem.
Also musste sie mit mindestens sieben Gegnern rechnen und möglicherweise sogar noch mehr, sollten die Männer ihre Verletzungen als leicht empfinden. Und dabei wollte sie nicht kämpfen. Nicht die Bestie in ihrem Inneren aus ihrem Schlummer wecken.
Jin seufzte auf und duckte sich tiefer ins Unterholz, das den Waldboden weitflächig bedeckte.
Sie folgte der Straße erst, seit sie das junge Mädchen getroffen hatte. Vorher war sie den Fluss abwärts geflüchtet. Auf seltsame Art beruhigte sie die Nähe der blonden Reiterin. Fast hätte sie laut aufgelacht. Es war erschreckend, dass sie, obwohl sie glaubte, all ihre Gefühle abgetötet zu haben, als sie mit ihrer Arbeit begann, nun so etwas wie Angst oder Unwohlsein empfinden konnte.
Die junge Frau warf einen Blick hinunter auf die Straße. Inzwischen hatte sich der vormals höher als der Wald liegende Weg nach unten verlagert, sodass Aurièn zu beiden Seiten von von Gras bewachsenen Hängen umgeben war. Der perfekte Ort für einen Hinterhalt. Sie schien all das nicht zu kümmern. In der Provinz Men hatte es noch nie Räuberbanden gegeben. Bis jetzt.
Jin beobachtete das junge Mädchen, das sich offenbar keine Gedanken um mögliche Gefahren machte. Vielleicht hatten Elijahs Männer genug Anstand, das Mädchen in Ruhe zu lassen. Sie glaubte es nicht. Sie waren zu mehreren, sie war allein und hübsch. Nein, dieses Kind würden sie nicht unbehelligt davonkommen lassen.
Seltsam, dass Jin sich darum sorgte, dass dem Mädchen etwas zustoßen könnte. Sie hatte doch mit ihr nichts zu schaffen. Elijahs Bluthunden würde sie nicht viel erzählen können und verantwortlich für sie war die Frau auch nicht. Und obwohl Jin der unnachgiebige, kalte Blick der Reiterin nicht entgangen war, als sie ihr das Leben gerettet hatte, fühlte sie sich schmerzhaft verpflichtet, aufzupassen, das Kind nicht zu gefährden. Dass sie das Mädchen schon durch ihre Anwesenheit in Gefahr brachte, erkannte Jin nicht.
Wenn Jin die Männer nicht tötete, würde das junge Mädchen in ihre Gewalt geraten. Und sie wollte sich lieber nicht vorstellen, was sie ihr antun würden. Schreckliche Dinge, die in Jin den Wunsch weckten, sich zu übergeben. Diese Hunde! Ja, dreckige, stinkende Hunde waren sie, geleitet von Begierden und Instinkten. Nicht besser als primitive Tiere. Sie waren es nicht wert, zu leben. Sie mussten sterben. Dann wäre nicht nur sie, sondern auch das Mädchen gerettet. Sie musste einfach die Männer töten. Das verlangte ihr Gewissen von ihr.
Jins Lächeln kehrte zurück in ihr blasses Gesicht, als sie den Kampfschrei in ihrem Rücken hörte. Jeder Angreifer war willkommen, um sie von ihren trüben Gedanken anbzulenken. Sie ließ die Bestie frei.

-------------------------------------------------------------

Meine zweite, nein, eigentlich dritte Hauptfigur. Ich liebe sie! Jin hat einen komplizierten Charakter, aber ich hoffe, ich werde ihn gut rüberbringen. Sie ist eine Blenderin, wisst ihr? Sie sieht, was sie sehen will und zeigt, was sie zeigen will. Aber ich zweifle nicht daran, dass sie irgendwann jemand auftauen wird :)

Apropos... euch ist sicher aufgefallen, dass die Gedankengänge ziemlich unordentlich waren und zumindest mich teilweise echt verwirrten. Das war schwer und ich würde gerne behaupten, es wäre Teil ihres Charas, so verschlungen zu denken, aber leider... war es nur ein Versehen. So bin ich sweatdrop Blöd bis zum geht-nicht-mehr... verzeiht mir das bitte und macht mich deshalb nicht fertig :D

Danke für’s Lesen ^_^ Ich hoffe, wir hören beim nächsten Teil voneinander :wavey: Bye
 
Zuletzt bearbeitet:
Jin gefällt mir. Allerdings wundert es mich doch, warum sie Aurién retten will... Die hat schließlich nicht mal Danke gesagt. Allerdings erinnert sie mich doch ziemlich an Sheryl - und das zusammentreffen ist recht ähnlich wie das von Sheryl mit Rann - den hat sie ja auch vor Räubern gerettet ;)...
 
Gut. Die Einführung des neuen Charakters ist gelungen. Wenn ich, am Rande bemerkt, auch nicht so recht verstehe, wie ein toter Hirsch Wasser so verseucht, das man dran stirbt. Nagut, vielleicht war er krank. Wurscht.
Jin selbst gefällt mir bisher auch recht gut. Mitunter waren die Gedankengänge allerdings durchaus etwas verwirrend. Und dafür, dass sie Aurien retten will, hätte man auch eine schönere, einleuchtendere Begründung finden können, z.B. dass sie nur die Männer töten will und deshalb sozusagen nur auf deren Angriff wartet oder so...
 
Zurück
Oben Unten