Changes [Original]

Gut. Chester kommt recht sympathisch rüber und das Verhalten deiner Charaktere bleibt immer nachvollziehbar. Und ich sag das eigentlich nach jedem Teil :dodgy:
 
*seuftz* ich finde ches richtig lieb. da hat ada glück gehabt! und der teil war natürlich sehr interessant. ich bin schon gespannt wies mit den beiden jetzt weitergehen soll...
 
Hallo zusammen!

Ich habe heute leider nicht die Zeit, auf alle eure Commies einzeln einzugehen, aber dafür, dass ihr wieder welche geschrieben habt, danke ich euch trotzdem *allemalsoknuddeltdadiesmiliesirgendwienichtfunktionieren* :D

So, dann mache ich jetzt gleich mal weiter und kann wohl nur hoffen, dass ihr diesmal wieder mehr schreiben könnt .. Wenn es mal irgendwie richtig langweilig werden sollte, sagt mir bitte Bescheid, ja?


I]Kapitel o2: Ausbruch
Akt o4
[/I]
Ich hatte nicht weiter nachgefragt, als er mir seine knappe Antwort auf die Frage nach den Medikamenten gab, obgleich sie sich selbst für mich vollkommen schwachsinnig anhörte. Aber man konnte es wohl unter den Begriff weibliche Intuition packen, dass ich dies nicht tat. Auf eine gewisse Art und Weise erinnerte mich Chester an Ruth, aus der ich auch nicht viel mehr hätte herausbekommen können. Wieso war ich nur immer mit Zimmergenossen gesegnet, die sich jede Einzelheit aus der Nase ziehen ließen?

Nachdem ich mein Frühstück in Windeseile bis auf den letzten Krümel verzehrt und mich nach einem kurzen Schielen auf Chesters Tablett davon überzeugt hatte, dass auch er nichts übrig gelassen hatte, wurde unser Zimmer von Schweigen durchflutet. Jeder saß auf seinem Bett herum und war unglaublich beschäftigt mit sich und seinen eigenen Gedanken, wobei mir jedoch ziemlich schnell langweilig wurde. Also versuchte ich so unauffällig wie möglich, den jungen Mann neben mir zu beobachten, um vielleicht etwas zu entdecken, was mir etwas Aufschlussreiches über ihn hätte erzählen können.

Mir fiel auf, dass er nicht gerade selten zu den Kapseln auf dem Nachtschrank herüberschielte. Es war ein Blick, der sehnsüchtig und verhasst zugleich wirkte. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, außer vielleicht dem, dass er es hasste, von irgendwelchen Tabletten abhängig zu sein, die ihn ruhig schlafen ließen. Immerhin kam das Medikament, wenn man so will, von unserem Geiselnehmer.
Aber sonst saß er einfach nur da und rührte sich nicht. Das schwarze Gerät an seiner rechten Schläfe blinkte monoton, verschwand ansonsten aber fast gänzlich unter seinen rabenschwarzen Haaren. Ich fragte mich, wozu es wohl gut war, obgleich ich schon eine ungefähre Ahnung davon hatte. Bei Ashton hatte ich es auch gesehen, war jedoch nicht dazu gekommen, ihn danach zu fragen. Überhaupt hatte ich keine Ahnung von der Mutation, die beide auszeichnete. Chester konnte anscheinend ziemlich heftig die Erde beben lassen, wie man noch immer an der zerstörten Kantine sehen konnte, aber worunter fiel diese Eigenschaft?

Gerade als ich Chester danach fragen wollte, stand er plötzlich auf und ging zu dem Tisch neben der Tür, um sich seine Bettwäsche zu holen und das Bett zu beziehen. Ich zögerte kurz, und stand dann auf, um ihm zu helfen. Ich griff nach dem Bezug für das Kopfkissen. „Was dagegen?“, erkundigte ich mich fragend.
Er sah kurz auf. „Nein.“ Dann schnappte er sich die Bettdecke, ließ sie auf den Boden fallen und krabbelte mit dem Laken auf das Bett herauf.
„Wozu ... wozu ist eigentlich dieses Gerät da gut?“ Ich deutete mit den Fingern an meine eigene Schläfe, obgleich Chester diese Geste nicht sehen konnte. Ich zweifelte jedoch nicht daran, das er wusste, was ich mit meinen Worten meinte.

Er hatte das Laken auf das Bett aufgezogen und machte sich nun an den Bezug für die Decke heran. „Es soll meine Fähigkeit eindämmen.“
„Soll?“
„Es dämmt meine Fähigkeit ein“, korrigierte Chester sich mit einem leichten Lächeln, das jedoch viel zu schnell wieder erstarb. „Meistens zumindest.“
Ohne es verhindern zu können, rutschte meine Augenbraue wieder in die Höhe. „Hört sich nicht besonders begeistert an“, stellte ich fest und bemerkte, wie er meinem Blick auswich. „Was hast du denn für eine Mutation, dass die Regierungsheinis es für notwendig halten, dich mit so einem kostspieligen Accessoire auszustatten?“ Ich bemühte mich um Beiläufigkeit in meiner Stimme, war jedoch nicht sicher, ob ich sie gut genug herüber brachte.

Er schwieg eine Weile, ehe er mir antwortete: „Telekinetische.“
Ich schaute ihn argwöhnisch von der Seite an. Irgendetwas an der Art, wie er mir das erklärte, passte mir nicht. Unter Telekinetik fiel ziemlich viel. Was meinte er genau? „Und deswegen brauchst du so ein Ding?“
„Es sind sehr starke Kräfte“, meinte Chester, doch es schwang kein bisschen Stolz oder Überheblichkeit mit in seiner Stimme, wie es bei Ashton der Fall gewesen war. Er warf die Bettdecke mitsamt ihrem Bezug aufs Bett, ohne sich groß die Mühe zu machen, sie ordentlich zu arrangieren.
Da er offenbar nicht vorhatte, mir seine Worte näher zu erklären, hakte ich weiter nach. „Also ... ich hab dich gesehen, wie du dieses riesige Erdbeben erzeugt hast.“ Chesters Kopf schnellte in die Höhe und er sah mich mit forschen Augen, die mich aufzufordern schienen, weiterzusprechen. Das Bettzeug war für den Moment vollkommen vergessen.

„Na ja, das unter der Kantine“, erzählte ich, und fühlte mich leicht unbehaglich unter dem festen, durchdringenden Blick. „Das musst du doch wissen. Immerhin hast du mich von einem Sturz eine Etage tiefer bewahrt.“ Seine Gesichtszüge verrieten leichte Verständnislosigkeit. „Sag bloß, du kannst dich daran nicht erinnern, das ist ja wohl lächerlich!“ Doch mit einem Male erschien es mir gar nicht mehr so abwegig, was zum Teil auch wohl an Chesters Miene lag. Es kam mir nicht so vor, als würde er schauspielen.
„Nun“, begann er zögerlich, „manchmal ... habe ich ... gewisse Aussetzer.“ Er zuckte mit einem leicht verlegenen Lächeln die Schultern, ehe er sich umwandte und die Bettdecke achtlos aufs Bett warf.
„Aussetzer?“ Es war mir nicht entgangen, dass er sich mit Absicht von mir abgewandt hatte - genau in diesem Moment. „Schon mal daran gedacht, dass die vielleicht von diesen Pillen da stammen können?“ Ich nickte zum Nachtschrank hinüber.
„Nein, bestimmt nicht.“ Er ging zu der Tasche neben der Tür und räumte die schnieke Version eines Regierungsnachthemdes in den Kleiderschrank ein.

Ich seufzte innerlich. Na schön, wenn er glaubte, dass wir hier bei der Heilsarmee gelandet waren, wollte ich ihm diesen Wunschtraum nicht kaputt machen. So abwegig fand ich den Gedanken allerdings nicht, dass man ihm vielleicht etwas in die Kapseln gemischt haben könnte. Die Frage war dann bloß, warum man so etwas tun sollte?
Doch ich erkannte bereits, dass Chester von vornherein davon ausging, dass seine Medikamente tatsächlich nichts weiter als Schlafmittel waren, was ich im Grunde auch nicht wirklich anzweifeln konnte. Sie könnten durchaus auch harmlos sein.
Dennoch hatte er mir meine Frage bezüglich seiner Kräfte auch nicht richtig beantwortet. Telekinetik, schön und gut, aber was für eine? Konnte er nur Dinge umherschieben? Nein, er konnte auch Erdbeben erzeugen, wie ich mit eigenen Augen hatte bewundern dürfen. Das merkwürdige an diesem Bild war nur, dass er damals ebenfalls dieses blinkende Teil an der Schläfe getragen hatte, das - nach Chester - seine Fähigkeiten eindämmen soll. Wieso aber war er dann trotzdem imstande, ein solches Beben zu verursachen?

Ich betrachtete mir den Rücken meines neuen Zimmergenossen, den er mir beim Einräumen seines Schrankes zugewandt hatte, und dabei schoss mir plötzlich ein Bild durch den Kopf: zwei abgrundtief schwarze Augen, die nur so vor Hass und Kälte sprühten. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich sie schon zweimal gesehen. Einmal bei Chester, als er das Erdbeben erzeugt hatte, an das er sich offensichtlich nicht mehr recht erinnerte (oder erinnern wollte?), und ein zweites Mal war mir ein Bild derselben Augen von Ruth geschickt worden. Kurz vor ihrem Tod. Die Augen ihres Mörders.

Mit geschlossenen Augen schüttelte ich den Kopf, um das aufsteigende Bild in meinem Geiste zu unterdrücken. So ein Schwachsinn! Chester sollte Ruth umgebracht haben, und nun bei mir im Zimmer wohnen, was von der Regierung angeordnet worden war? Welchen Sinn sollte das bitte schön haben? Außerdem, ich würde es eher Chesters Bruder Ashton zutrauen, dass er jemanden ermordete als ihm.
Chester war mit dem Einräumen des Schranks fertig und brachte nun sein Waschzeug ins Badezimmer. Mir warf er vorher einen kurzen Blick zu, da ich gar keinen Laut mehr von mir gab. Er lächelte kurz und ich lächelte automatisch zurück. Dann verschwand er im Bad und war dort am Räumen.
Ich warf das fertig bezogene Kopfkissen auf sein Bett.
Andererseits hatte er was von Aussetzern erzählt.
__________________________________________
to be continued ..

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
Zuletzt bearbeitet:
Chester ist wirklich sympathisch - aber die Sache mit den Aussetzern klingt schon merkwürdig... Immerhin kann das von Schizophrenie (die man ja auch mit Tabletten bekämpft...) bis zu dem Ergebnis von Experimenten alles sein. *grübel* Obwohl Schlafmittel auch abhängig machen können, wirkt Chester nicht so. Das ist wohl eher ein anderes Medikament...
 
echt toll! ches is soooo symphatisch! und wie ich shan zustimmen muss, dass mit den aussetzern klingt schon etwas spanisch... du hast doch nicht vor, chester ausflippen zu lassen, oder? :dodgy:
 
Gut. Langweilig wird es schon aufgrund deiner guten Charakterisierung nie :) Nur ist mir aufgefallen, dass du diesmal ein paar leichte Flüchtigkeitsfehler drin hattest; gegen Ende fehlte mal ein Komma und dieser Satz hier klingt auch etwas komisch:
<Wieso aber war er dann trotzdem imstande, ein solches Beben verursachen zu können?>
Imstande sein und können ist ja quasi das gleiche, es würde eigentlich reichen, wenn du sagst "imstande, ein solches Beben zu verursachen".
 
Hallo zusammen!

*grins* Zunächst sage ich mal wieder schön brav Danke für eure lieben Commies :) Die bauen einen immer so auf, dass man sich am liebsten sofort wieder hinten den Computer werfen möchte, um schnell was Neues zu schreiben ;)

@Tiara: Ja, diesmal war er länger *froi* Aber du hast schon recht, es kommt nicht drauf an, wie lang so ein commie ist *altklugdaherredet* Und außerdem ist das kein blödsinniges Geschwafel, sondern interessant zu lesen, was ihr euch für Gedanken macht ;)
@Shan'xara: Find ich gut, dass du ihn sympathisch findest :D Ich wollte ihn auf jeden Fall netter machen als Ash. Scheint, als wäre mir das gelungen ;) Was diese Tabletten angeht .. *aufTeilzeig* Das Ende lässt wohl ein wenig was voraus ahnen .. O.o
@*gato_negro*: Ich finde es klasse, dass mir Ches scheinbar so richtig gut gelungen ist :) Mal sehen, wie ich ihn sich noch entwickeln lasse ;)
@stLynx: Danke für die gute Charakterisierung :) Und die Fehler .. öhm .. können ja mal passieren .. *räusper* Das mit dem "imstande sein" geh ich gleich mal ausbessern .. *losmarschiert*
Ach nee, halt. Zunächst noch der neue Teil ;)


Kapitel o2: Ausbruch
Akt o5, Teil o1

Einmal davon abgesehen, dass ich mir unsicher über Chesters Fähigkeiten war und ob er ein kaltblütiger Mörder sein könnte oder nicht, verstand ich mich mit ihm über den Tag hinweg doch recht gut. Es war natürlich nicht leicht, sofort wieder neue Bande zu knöpfen, kaum dass der letzte Geruch von Ruth durch sämtliche Ritzen und Spalten davon gestoben war, aber wem hätte es genützt, hatten wir uns die ganze Zeit über angeschwiegen?
Der Raum, in dem wir auf unbestimmte Zeit zusammen leben mussten, war klein, ein Aus-dem-Weg-gehen also nicht möglich. Außerdem wäre es zunehmend langweiliger geworden, hätte jeder nur auf seinem Bett gesessen und Maulaffen feilgehalten. Zudem war es nicht so, dass Chester mir unsympathisch gewesen wäre. Im Gegenteil, man konnte sich sogar recht gut mit ihm unterhalten, wobei wir es vorerst jedoch vermieden, irgendwelche tiefsinnigen Gespräche zu führen. Die meiste Zeit redete ohnehin ich, wobei ich ihm von meinem Leben vor der Gefangenschaft erzählte.

Ich hatte mich nie gut mit meinen Eltern verstanden und war, sobald es mir möglich gewesen war, ausgezogen. Mit Hängen und Würgen war ich auf die Universität gekommen, hatte dort jedoch auch aufgrund Integrationsschwierigkeiten bald alles wieder hingeschmissen und war mir einer Freundin aus der High School zusammengezogen, die einen mies bezahlten Job als Kellnerin in einer der besseren Bars in einer der schlechteren Gegenden hatte. Mich konnte sie dort ebenfalls nach einigem Betteln unterbringen, und ich kann ruhigen Gewissens bestätigen: es war ein schlechtbezahlter Job.
So hatte ich dann vor mich hingelebt, war ab und zu mit ein paar Typen ausgewesen, woraus jedoch nie etwas Ernstes geworden war, war hin und wieder auf Partys mit leichteren Drogen in Kontakt gekommen und schließlich nach einigen weiteren ereignislosen Jahren hier gelandet. Es war daher wohl irgendwie verständlich, dass ich am Anfang nicht wirklich etwas gegen das hohe Interesse der Wissenschaftler an mir hatte.

Doch auch wenn ich meinen gleichförmigen Lebenslauf ohne weiteres einem fast vollkommen Fremden auftischen konnte, so schwebte trotzdem beharrlich der Schatten der Unsicherheit zwischen uns, entsprungen aus der Annahme, ich könnte dies alles ganz locker dem Mörder meiner früheren Zimmergenossin erzählen. Ich wollte es fortwährend nicht glauben, aber die Möglichkeit musste ich dennoch in Betracht ziehen. Vielleicht würde ich ihn sogar demnächst einmal fragen, obgleich ich nicht glaube, dass er mir die Wahrheit sagen würde, hätte er Ruth tatsächlich auf dem Gewissen. Aber vielleicht würde ich es erkennen, wenn er log?



Der Tag neigte sich dem Abend entgegen, jedoch verspürte ich vor der ersten gemeinsamen Nacht mit Chester keine wirkliche Panik mehr. Aus unseren Gesprächen hatte sich ergeben, dass er ganz anders war als sein Bruder, und ich befürchtete nicht, dass er sich in der Nacht plötzlich auf mich stürzen könnte.
Es sei denn, er bekommt einen Aussetzer ...
Diese Stimme in meinem Kopf wusste ich jedoch geflissentlich zu ignorieren. Dinge nicht glauben zu wollen war einfach, solange man nicht mit einem Eimer eiskalten Wassers brutal in die Wirklichkeit zurückgerissen wurde.

Ich ging ins Bad, um mir die Zähne zu putzen, während sich Chester mit meiner Erlaubnis ein wenig durch mein Buch blätterte. Er hatte vorher wohl nicht den Luxus gehabt, sich ab und zu mal ein dickes Buch von der Regierung wünschen zu können, um nicht vor Langeweile die Wände raufzulaufen. Während ich mich mittlerweile einmal wieder nach einem gemütlichen Videoabend sehnte, war er ganz begeistert von dem geschriebenen Wort.
„Hast du das schon durchgelesen?“, rief er von Schlafraum aus.
„Zweimal“, nuschelte ich mit einem Mund voller Zahnpasta zurück.
„Und, liest sich’s gut?“
Ich spülte mir den Mund aus, ehe ich antwortete: „Es gibt bessere.“ Gegen den Türrahmen, gelehnt, schaute ich ihm dabei zu, wir er mit großen Augen das Buch durchblätterte und ab und zu an einem Satz hängen blieb. „Hey, nicht von hinten lesen“, ermahnte ich ihn in einem gespielt strafenden Ton. „In meiner Nachttischschublade liegt noch ein anderes, falls dir das nicht gefällt.“ Ich nickte zu meinem Bett hinüber.
„Ach, weißt du“, er schaute zu mir auf und grinste, „im Moment würde ich mich vermutlich sogar über ein Telefonbuch freuen.“
Ich erwiderte sein Lächeln. „Dann bleib doch vorerst bei dem Roman“, schlug ich ihm vor und überlegte kurz, ehe ich meine nächsten Worte aussprach. „Du, ahm, ich müsste mal kurz auf die Toilette und ... könntest du ... “
Er unterbrach mein Gestammel und nahm mir die Arbeit ab, indem er mir leicht belustigt zunickte. „Klar, ich bleib hier, sehe und höre nichts, okay?“
Meine Antwort bestand aus einem dankbaren Lächeln. War das peinlich!

Schnell eilte ich danach auf die Toilette, ließ dabei jedoch die Tür – also den Durchgang – nicht aus den Augen, was schon fast an Paranoia grenzte. Chester hielt jedoch sein Wort und platzte nicht plötzlich ins Bad hinein, im Grunde hatte ich es jedoch auch nicht wirklich von ihm erwartet.
Ich wusch mir die Hände und kehrte anschließend in das Schlafgemach zurück. Chester hatte es sich mit meinem Buch am Kopfende seines Bettes bequem gemacht und schaute nicht einmal auf, als ich zurückkam. Mich störte es nicht. Schnurstracks spazierte ich auf mein Bett zu und legte mich mit der Absicht, zu schlafen, hinein. Ein Blick auf die Uhr, die direkt über der Zimmertür hing, sagte mir, dass es kurz vor elf Uhr war.

Chester hörte meine Bettdecke rascheln und sah nun doch von seinem (meinem) Buch auf. Er nickte auf seine Nachttischlampe. „Soll ich die ausmachen?“
„Dann siehst du ja nichts mehr“, erwiderte ich, leicht erstaunt über so viel Rücksichtnahme. „Nein, lass nur. Das bisschen Licht stört mich nicht.“
„Okay, wie du meinst.“ Er widmete sich wieder seinem Buch, während ich mich auf die andere Seite drehte und die Augen schloss.
Nach fünfzehn Minuten war ich immer noch wach.

Ich weiß nicht, woran es lag, aber ich konnte einfach nicht einschlafen. Das Licht konnte nicht die Ursache dafür sein, auf keinen Fall. Ruth hatte manchmal nachts auch noch das Licht brennen lassen, während ich mich schon zum Schlafen hingelegt hatte. Aber als ich da nun so lag, drängten sich auf einmal haufenweise Gedanken in meinen Kopf, über die ich einfach nicht einnicken konnte. Absurderweise stellte ich mir auch die Frage, wie unbequem es wohl sein muss, mit so einem schwarzen Ding an der Schläfe schlafen zu müssen, das unablässig vor sich hin blickte.

Nach einiger Zeit hörte ich plötzlich, wie Chester sein Buch zuklappte und es auf dem Nachttisch ablegte. Anschließend vernahm ich Geräusche, als stiege er aus seinem Bett. Ich lag lauschend da. Was sollte das denn jetzt werden?
Doch dann hörte ich, wie er so leise wie möglich die Schranktüren des Kleiderschranks öffnete und dort drin herumkramte. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass er vorhin noch seine Jeans und sein T-Shirt getragen hatte, und sich jetzt vermutlich in das modische Nachthemd werfen wollte.
Ich überlegte kurz - und drehte mich dann mehr in einer Kurzschlussreaktion langsam in meinem Bett herum, bemüht, so wenig mit der Decke zu rascheln, wie es denn irgend ging.

Chester hatte mich nicht bemerkt und stand mit dem Rücken zu mir vor dem Kleiderschrank. Seiner Jeans und seiner Socken hatte er sich bereits entledigt, sodass er nur noch bekleidet mit Shorts und T-Shirt vor mir stand. Doch auch das Hemd folgte alsbald der Hose und landete achtlos auf dem Boden.
Mein erster Gedanke war, was für einen attraktiven Rücken er doch hatte, aufrecht, drahtig und zu den Hüften hin schmaler werdend. Gerade so muskulös, dass es Spaß machte, ihn anzuschauen und zu beobachten, wie er sich bewegte. Beinahe bedauerte ich es, dass er mir nicht zugewandt stand.
Doch dann entdeckte ich die Narben auf seinem Rücken. Weiß schon, was von einstigen Verletzungen zeugte, die lange zurückliegen, dafür aber sehr tief die Haut verletzt haben mussten.

Stirnrunzelnd betrachtete ich mir die Narben auf dem rechten Schulterblatt und überlegte, woher sie wohl stammen könnten, wobei ich die Regierung mit ihren Wissenschaftlern jedoch ausschloss. Die Schrammen waren älter. Oder war Chester bereits so lange hier ... ?

Der graue Stoff des Nachthemdes (die Regierung hatte sich nicht die Mühe gemacht, bei der Bettbekleidung zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden) fiel über seine nackte Haut und praktisch im gleichen Moment drehte mein Zimmergenosse sich auch schon zu mir um, ehe ich auch nur die kleinste Chance gehabt hätte, mich rechtzeitig wegzudrehen.
Sein erstaunter Blick traf meinen ertappten. Ich rang mir ein verlegenes Lächeln ab. „Tja ...“
Zu meiner Verwunderung grinste er mich jedoch zurück an. „Schön was zu schauen gehabt?“
„Was? Ähm, ja, toller Rücken, und ... äh ...“ Mit einiger Verspätung brach ich meinen gestammelten Verteidigungsversuch ab, als sein Lächeln immer breiter wurde. „Was ... ist so witzig?“
„Nun“, er gab seiner Jeans und seinen am Boden liegenden Kleidern einen Schubs mit dem nackten Fuß und schob sie somit näher an den Kleiderschrank heran, wo sie einen unförmigen Haufen bildeten, „ich erinnere mich gerade an heute morgen zurück, wo eine gewisse junge Dame noch angst davor hatte, ein gewisser junger Mann könnte über sie herfallen.“
„Entschuldige“, murmelte ich zerknirscht, weil ich mich offenbar nicht an meine eigenen Spielregeln hatte halten können.
Chester machte eine wegwischende Handbewegung mit seinem Arm, immer noch deutlich amüsiert darüber, wie reumütig ich dreinschaute. „Lassen wir das.“ Er ging zu seinem Bett herüber. „Viel zu sehen, gab es wahrscheinlich eh nicht.“ Ich nickte langsam. War das eine Anspielung darauf, ob ich die Narben gesehen hatte?

Chesters kurze Pause schien meine Überlegungen zu bestätigen. Doch dann sagte er nur: „Gute Nacht.“, knipste das Licht aus und drehte sich ein wenig im Bett hin und her, bis er eine gemütliche Position gefunden hatte.
„Nacht“, murmelte ich zurück und legte mich ebenfalls wieder hin, mich in Gedanken eine Närrin schaltend, weil ich ihn durch meine Handlung vielleicht zu etwas verleiten könnte, was ich gar nicht wollte.
Im Dunkeln starrte ich zu meinem Zimmergenossen herüber, wobei mir die beiden Kapseln auf seinem Nachtschrank wieder ins Auge sprangen. Er hatte keine davon eingenommen.
______________________
to be continued ..

Nun, klingt etwas unheilvoll ..

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
Zuletzt bearbeitet:
*rofl* das is so goil! langsam werd ich neidisch auf ada :D nett, gutaussehend, rücksichts- und verständnisvoll, was kann man sich mehr wünschen, hmm??
die toilettenangelegenheit und das mit dem spannen find ich gut gelungen. ok, der ganze teil is dir super gelungen, ;) aber die stellen fand ich lustig!!!
ich will den nächsten teil!! *sabber*

gato
 
Alae!

Wie's aussieht scheint Chester kein Monster zu sein; fragt sich jetzt bloss ob er in der Nacht auch so harmlos ist, ganz besonders da er seine Pillen nicht eingenommen hat!
*schlechz* Wie kann sie es bloss mit ihm zusammen in einem Zimmer aushalten ohne schon längst als sein Bettwärmer zu dienen? Aber das kommt ja wahrscheinlich noch... .*gg*

Die letzten Teile waren mal wieder supi! Über das erste worüber ich trauern werde wenn mein Internet nicht mehr geht wird die Tatsache sein dass ich dann deine FF nicht mehr lesen kann! Sie macht süchtig... .

Atenio Kitti
 
Der Teil war wieder echt klasse ;). Chester ist nett, und Ada ist so ein richtig typisches Girlie, irgendwie... Hat Angst, dass er glotzt, aber selbst schaut sie - das fand ich echt passend. Was jetzt wohl passieren wird, da Chester die Tabletten NICHT genommen hat? Schlaftabletten hätte er sicher gern eingeworfen...
 
Hallo zusammen!

Nun, ich würde mal sagen, heute komme ich mit einer guten und einer schlechten Nachricht .. Zunächst die gute: Es gibt gleich einen neuen Teil ;) (ich hoffe doch, dass das gut ist .. O.o ).
Die schlechte ist allerdings, dass es danach erst mal längere Zeit keinen neuen Teil geben wird, da ich ohne einen Computer bin .. und das auf jeden Fall eine Woche lang .. eher länger .. :(

@*gato_negro*: Wow, wenn du schon mit Ada tauschen willst, muss dir Ches ja ziemlich gut gefallen ;) Freut mich irgendwie *breitgrins*
@Kitti: Öhm .. danke *rotwird* *froi* Ach, Ada als Bettwärmer kommt noch? Woher willst du das wissen? *fg*
@Shan'xara: Nya, ich dachte mir nur so: Ich hätte wahrscheinlich auch gelinst .. *g* Die Schlaftabletten? Nun, da gibt es schon einige Folgen .. *aufTeilverweist*
@Tiara: Stimmt, das gehört nicht alles kursiv ;) Hab's schon geändert. Und doch, das sollte unheilvoll klingen ..



Kapitel o2: Ausbruch
Akt o5, Teil o2

Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich von einem Moment auf den anderen wach, ohne genau sagen zu können, was mich denn nun genau aufgeweckt hatte. Einige Sekunden lang starrte ich verwirrt an die Decke und blinzelte ein paar Mal benommen, um wieder klar im Kopf zu werden und mich zurück in meine Umgebung einfinden zu können. Was war passiert? Ich konnte mich nicht recht in die Situation einfinden, irgendetwas stimmte nicht, als ich neben mir das laute Rascheln und Keuchen vernahm, wobei ich absolut nicht hätte sagen können, ob die Geräusche schon die ganze Zeit an mein Ohr drangen, ich sie jetzt aber erst richtig registrierte, oder nicht.
Ruckartig drehte ich den Kopf nach links, um zu Chesters Bett hinüberzusehen. Gleichzeitig beschlich mich bereits eine Ahnung, mit der ich schon eingeschlafen war.

Mein Zimmergenosse wand sich wie unter Krämpfen in seinem Bett hin und her, schlug und trat um sich, als müsste er sich gegen eine ganze Armee zur Wehr setzen. Dabei stöhnte und keuchte er vor Anstrengung und einmal glaubte ich sogar, ihn irgendetwas unverständliches Murmeln zu hören.

„Die sind gegen Schlafstörungen.“, hörte ich plötzlich in meinem Kopf und ich fragte mich, ob besagte Kapseln dieses Gebaren von Chester vielleicht verhindern sollten oder konnten, obgleich es für mich bis jetzt nur nach einem ziemlich heftigen Alptraum aussah. Nicht mehr und nicht weniger.
Dennoch hatte ich bald Mitleid mit ihm, richtete mich in meinem Bett auf und war entschlossen, Chester aufzuwecken und ihm die Medikamente aufzuschwatzen, damit er (und auch ich) ruhig weiterschlafen konnten.

Ich knipste mit einer routinierten Bewegung das Licht an, schwang meine Beine aus dem Bett und wankte noch etwas schlaftrunken zu ihm herüber, als ich glaubte zu hören, wie er den Namen seines Bruders nannte. Wenn er von dem Kerl träumt, kann es sich ja nur um einen Alptraum handeln, dachte ich leicht abfällig und streckte meine Hand aus, um ihn wachzurütteln.

Ich schrie erschrocken auf, als ich unvermittelt seinen eisenharten Griff um mein Handgelenk spürte, ohne dass ich ihn angefasst hätte. „Au!“ Aus einem reinen Reflex heraus zog ich an meinem Arm, doch daraufhin wurde der Griff um mein Gelenk nur noch fester und ich war zutiefst erschrocken über die unglaubliche Kraft, die Chester im schlafenden Zustand offenbarte. Mir trieb es beinahe die Tränen in die Augen. „Au, Chester, lass los! Du tust mir weh!“ Erneut zerrte ich an meinem Arm, während ich ihn nun mit der anderen wachrütteln wollte, doch da schlug er im Schein meiner Nachttischlampe plötzlich die Augen auf.

Ich keuchte. Mein Herz schien einen Schlag auszusetzen. Mit einem Male nagte sich die Panik ihren Weg bis hoch in meinen Hals hinauf, als ich in die zwei schwarzen Löcher blickte, in die sich Chesters Augen verwandelt hatten. Es waren genau dieselben Augen, wie die von dem Bild, das mir Ruth geschickt hatte, die gleichen, die er auch bei dem Erdbeben gehabt hatte: bodenlos, leer und kalt.
Erst jetzt bemerkte ich, dass das schwarze Gerät an seiner Schläfe zwar immer noch monoton blinkte, seinen Rhythmus jedoch um ein vielfaches erhöht hatte. Ich zitterte. Was geschah hier nur?

Meine Furcht steigerte sich noch, als Chester sich langsam in seinem Bett aufrichtete, den Blick starr geradeaus gewandt, mich jedoch immer noch nicht losließ, obgleich meine Hand bereits aufgrund der verringerten Blutzufuhr zu kribbeln schien. Bedächtig richteten sich seine starrenden Augen auf mich, was meinen Herzschlag in ein erhöhtes Tempo versetzte. Seine Augen bestanden nur aus schwarz. Keine Pupille, keine Iris, nichts Weißes. Sein Griff um mein Handgelenk verstärkte sich abermals und ich stöhnte schmerzhaft auf, unternahm einen weiteren erfolglosen Versuch, mich von ihm loszumachen. Er zog mich ungerührt näher zu sich heran, sodass ich bald nur noch Zentimeter von den zwei Abgründen seiner Augen entfernt war. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter und jede Faser meines Körpers schrie geradezu nach einer Flucht, wollte unbedingt hier weg, weg von ihm, weg von diesen Augen, die mein Innerstes erstarren ließen.

„Ihr werdet ihn nicht kriegen“, flüsterte er mir drohend und mit tiefer, hasserfüllter Stimme zu. „Ihn nicht auch noch!“ Der Schmerz in meinem Arm wurde zunehmend größer und nun lösten sich wirklich Tränen aus meinen Augen.
„Du tust mir weh“, hauchte ich kaum hörbar, da meine Stimme von der Furcht in meinem Hals gedämpft wurde. „Bitte. Lass mich los, Chester.“ Es war nur noch ein jämmerliches Piepsen, was ich über meine Lippen brachte. Seine Augen bohrten sich so tief in meine und stachen auf meinen Geist dahinter ein, dass es weh zu tun schien. Die schiere Panik wurde mit jedem meines viel zu schnellen Herzschlages durch meinen Körper gepumpt. Fort. Ich wollte nur fort von hier.

Die Luft im Zimmer vibrierte nahezu, die Raumtemperatur sank um einige Grade, als seine Augen einem Blitz gleich einen Blick bis tief hinein in meine Seele abschossen.
„I H N N I C H T A U C H N O C H!!!“, brüllte er mich an, als irgendetwas zwischen uns zu explodieren schien und ich nach hinten gegen mein Bett geschleudert wurde. Ein Glück hatte Chester meinen Arm losgelassen, denn ansonsten hätte er ihn mir vermutlich ausgerissen bei dem Griff, mit dem er ihn umklammert gehalten hatte.
Schwer atmend und angsterfüllt sah ich zu ihm auf. Das Blut rauschte unangenehm laut in meinen Ohren und irgendetwas in mir drin war dem Zerspringen nahe, wenn ich mir vorstellte, was Chester in seiner momentanen Verfassung noch alles anstellen konnte.
Doch das Bild hatte sich inzwischen wieder vollkommen verändert. Chester saß nicht mehr aufrecht da, sondern lag nun flach auf dem Rücken in seinem Bett und rang atemlos nach Luft.

Ich schluckte schwer, schniefte und wischte mit die Tränen aus dem Gesicht, als ich mich langsam aufrappelte, den beißenden Schmerz in meinem Rücken ignorierend, der von meinem Anprall an das Bett herrühren musste. Schwankend kam ich bei seinem Bett an und schaute von oben auf ihn herab, jederzeit bereit, sofort wieder zurückzuspringen, sollte er irgendeinen Trick angewandt haben. Doch meine Vorsicht erwies sich als unbegründet.
Schweiß stand Chester auf der Stirn, doch seine dunkelbraunen Augen waren wieder nur dunkelbraun und nicht mehr abgrundtief schwarz. Irritiert schwankte sein Blick im Raum hin und her, bis er mich erfasste und selbst dann brauchte er noch eine gewisse Zeit, um mich richtig zu erkennen. Er rang noch immer wie ein fast Ertrunkener nach Atem und ich befürchtete schon eine Hyperventilation, als er plötzlich wie abschließend schluckte und sich zusammenriss. Vorsichtig richtete er sich auf, sah erst mich an, schaute sich dann kurz im Zimmer um und blickte dann zurück zu mir. Er bemerkte die Tränenspuren auf meinem Gesicht und augenblicklich trat ein Ausdruck in seine Gesichtszüge, den ich nicht zu deuten vermochte. Unglauben? Hass? Besorgnis? ... Angst?

„Oh mein Gott“, murmelte er und nahm mein Gesicht vorsichtig in eine Hand. Ich ließ es zu, ohne mir Gedanken darum zu machen. Auch mich hatte das Erlebte gerade vollkommen aus der Bahn geworfen. „Was ist passiert? Was ... was habe ich ...“ - er schluckte mühsam - „... getan? Was ...“ Ich umfasste behutsam seinen Arm. Seine Haut war eiskalt, selbst im Gegensatz zu meiner.
„Nichts. Es ist nichts passiert“, beruhigte ich ihn mit leicht erstickter Stimme, der die Furcht noch anhaftete. „Nichts Schlimmes.“
Nach nicht einmal einem Augenblick hatte er mir bereits angemerkt, dass ich log, was wohl nicht zuletzt an meinen zitternden Händen lag. „Das stimmt nicht.“ Er wischte zaghaft mit dem Daumen unter meinem linken Auge entlang, wo eine feuchte Tränenspur noch deutlich sichtbar gewesen sein musste. „Sag es mir.“ Ich versuchte etwas in seinem Blick auszumachen, dass mir vielleicht erklärte, was die ganze Sache sollte, doch je länger ich suchte, je mehr bekam ich die Gewissheit, dass er tatsächlich nicht wusste, was gerade geschehen war. Zumindest nicht so wirklich, denn das sich etwas ereignet hatte, das wusste er.

„Deine ... deine Augen waren schwarz und ... und du hast mich am Arm gepackt, irgendetwas gesagt und dann ist plötzlich was explodiert, aber dann war es auch schon vorbei. Kannst du dich nicht erinnern?“ Allmählich klärte sich mein schockgefangener Geist wieder und ich wurde mir schlagartig seiner Berührung in meinem Gesicht bewusst. So behutsam wie möglich entwand ich mich ihm und sah dabei auf die Kapseln auf dem Nachtschrank. Chester folgte meinem Blick.
„Beim nächsten Mal sollte ich eine davon schlucken“, raunte er unwillig, ehe sein Blick wieder meinen suchte. „Ich habe ... dir wirklich nichts getan?“ Es war ihm sichtlich unangenehm, diese Frage zu stellen. Ich schüttelte den Kopf und schob wie beiläufig meinen gemarterten Arm hinter den Rücken. Es war zwar nichts wirklich Schlimmes, aber Chester würde sich vermutlich trotzdem mies deswegen fühlen.

Leider bemerkte er meinen Versteckversuch und mit einer schnellen Bewegung griff er nach meinem Arm, wobei ich erschrocken zusammenzuckte, wahrscheinlich in Erwartung eines weiteren >Aussetzers< von ihm. Sofort ließ Chester meinen Arm wieder los und er entschuldigte sich schuldbewusst. „Schon okay“, sagte ich ruhig.
„Zeig es mir, bitte.“
Zögernd hielt ich ihm meinen Arm hin. Ich hatte ihn mir selbst noch nicht genau betrachtet, doch als Chester ein ungläubiges Keuchen hervorbrachte, sog auch ich scharf die Luft zwischen den Zähnen ein.

Allzu deutlich war ein ganzer Handabdruck auf meinem Handgelenk sichtbar. Die Haut war rot und weiß zugleich und würde sich vielleicht sogar zu einem Bluterguss entwickeln. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass mein Arm schmerzhaft pochte und die Haut zu glühen schien, doch diese kleinen Details behielt ich wohlweißlich für mich.

„Es tut mir Leid“, flüsterte Chester, ehrlich geschockt darüber, was er angestellt hatte in einem seiner >Aussetzer<. „Es tut mir Leid“, wiederholte er und diesmal war ich mir nicht sicher, ob seine Stimme nicht doch vor Angst zitterte.
„Ist schon gut“, beteuerte ich ihm und entwand ihm meinen Arm. Chesters Blick fiel abermals auf die Kapseln auf dem Nachttisch. „Normalerweise mischen sie mir die ins Essen. Meistens jedenfalls, wenn sie denn wollen, dass ich schlafe“, erklärte er stockend. „Ich weiß nicht, warum sie mir diesmal selbst die Wahl überlassen haben, ob ich sie einnehme oder nicht.“
Ich schwieg. Darauf konnte ich ihm keine Antwort geben. Was für eine auch? Ich hatte ebenso wenig eine Ahnung, was in den Köpfen der Wissenschaftler vorging wie Chester. „Und warum sie mir zwei gebracht haben“, fuhr er leiser fort. Er schaute mich an, als erwartete er von mir eine Lösung für das Problem, doch ich konnte ihm keine geben.

Unvermittelt schwang er da plötzlich seine Beine aus dem Bett und schritt ins Badezimmer hinüber. Kurz darauf hörte ich den Wasserhahn laufen und dann kam Chester auch schon mit zwei wassergefüllten Zahnputzbechern wieder. Den einen drückte er mir in die Hand, den anderen behielt er. Obgleich ich wusste, was als nächstes kommen würde, zog ich doch fragend die Augenbrauen hoch, als er mit die eine Kapsel in die Hand legte.
„Vielleicht haben sie so etwas geahnt“, mutmaßte er und drehte die kleine weiße Kapsel zwischen den Fingern, die leicht zitterten, „und die zweite ist für dich, damit du überhaupt wieder einschlafen kannst.“ Ohne viel Federlesens warf er sich die Kapsel in den Mund und spülte sie mit einem großen Schluck aus dem Zahnputzbecher hinterher. Dann begegnete sein Blick wieder meinem. „Es tut mir wirklich aufrichtig Leid, Ada“, wiederholte er nochmal und er wirkte wahrhaft zerknirscht dabei. „Ich werde es nicht noch einmal vergessen - weder bewusst noch unbewusst.“
Ich lächelte über so viel Rücksichtnahme. „Es ist nichts passiert, Chester, ehrlich.“
„Trotzdem“, beharrte er, stellte den Becher auf seinem Nachtschrank ab und legte sich wieder ins Bett, während ich noch etwas unbeholfen mit meiner Kapsel mitten im Raum stand.
Bereits damals bemerkte ich, wie sehr sein Verhalten einer Flucht gleich kam, indem er schnellstmöglich das Schlafmittel eingeworfen hatte, um zu vergessen. Für ein paar lausige Stunden.

„Was ... habe ich eigentlich gesagt?“, fragte er mich nach einigen Minuten des Schweigens. Seine Stimme klang bereits belegt. Es musste ein sehr starkes Schlafmittel gewesen sein.
„Ich ... ich weiß nicht mehr genau“, antwortete ich und musste mich ernsthaft anstrengen, um mir seine Worte zurück ins Gedächtnis rufen zu können. Ich hatte auf so vieles geachtet, so viel empfunden, doch auf seine Worte hatte ich nicht wirklich gehört. „Du hast deinen Bruder erwähnt, glaube ich.“
„Hm-hm“, machte Chester schläfrig, wobei ich nicht so recht glaubte, dass er mich überhaupt richtig verstanden hatte.

Ich drehte mich um und setzte mich auf mein Bett, den Zahnputzbecher und die Kapsel noch immer in der Hand haltend. Einen Moment lang spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, sie zu schlucken, doch dann legte ich beides aus der Hand und auf meinem Nachtschrank ab und ließ mich ohne irgendwelche Hilfsmittel auf die Matratze zurücksinken.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich dem Schlaf auch nur annähernd nahe kam.
____________________
to be continued ..

Tja, so. Hoffentlich könnt ihr alle etwas länger warten .. *zitter*

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Teil war klasse - die Szene zwischen Ada und Chester war sehr intensiv. Und sie lässt einen schon ein wenig spekulieren, was da wohl noch vor dem Prolog passieren wird... Falls der er (wonach es im Moment aussieht) tatsächlich Ashton ist, dann dürfte ihm wohl etwas zustoßen, was Chester wohl endgültig austicken lässt *ggg*. Jedenfalls waren die Tabletten offensichtlich doch ein starkes Schlafmittel...
 
oh mann... wie kannst du nur?? ich wollte mal wieder um jeden preis wissen, wie es weiter geht, und du? und du? du hörst einfach auf!! :bawling:
na ja, jetzt zum thema:
die panik hast du, wie tiara schon gesagt hat ( mensch, wie bekommst du nur so lange beiträge hin??? O.o") so gut beschrieben, dass ich mich richtig einfühlen konnte. wie ches reagiert hat, war zu seinem charakter (oder das das wir bis jetzt kennen) passend und total rührend zu lesen (sniief, ich fand die endschuldigungen total süüß!!)
adas denkweise hat sich seit ruth ja ganz schön geändert! die nimmt ja auf einmal RÜCKSICHT auf die gefühle anderer! tickt die jetz total aus???
*grins* auf jeden fall find ich s nicht schlecht so.. :D

also, los! wo bleibt der nächste teil???

bussi gato
 
Herausragend. Beide Teile waren, vor allem auf emotionaler Ebene, sehr gelungen und haben einen wirklich mitgenommen. Ein paar kleinere Tippfehler waren zwar drin (z.B. einmal "das" statt "dass"), aber unter dem Strich hast du dir für die zwei Teile die Höchstnote redlich verdient :)
 
Alae!

Na da ist es ja... das grosse Geheimnis der Kapseln...; Chester eine Wahl zu überlassen, wie freundlich...; und wie rücksichtsvoll von den Wissenschaftlern auch an Ada's Wohl zu denken, bald werden die Mutanten ja noch wie richtige Menschen behandelt... :dodgy:
Okay, ich weiss, ich bin nicht die Autorin aber da kann trotzdem was nicht stimmen.. ich bin mir vollkommen sicher dass da was im Hinterköpfchen unseres allseitsgeliebten Sherman's rumgespuckt ist, so gut kann das ja wohl nicht mit den Schlafpillen gemeint sein! Das wäre nun doch zu nett... .

Aber natürlich war der Teil mal wieder hervorragend! Also mach weiter!
Atenio Kitti
 
Hallo zusammen!

Und frohes neues Jahr! Hoffe, ihr habt alle schön gefeiert so wie ich :)
Und um mal gleich gut zu starten, habe ich euch auch was mitgebracht *nickt* Nun, hat irgendjemand eine Vorstellung davon, was es wohl ist? Dann lasst euch überraschen ;) Kann sein, dass dieser Teil jetzt etwas aus dem Zusammenhang gerissen scheint, aber er passt da schon rein, meiner Meinung jedenfalls nach.

@Tiara: Nun, das ist der Nachteil bei einer Ich-Erzählung: Der Erzähler kann schlecht vor Ende der Geschichte sterben .. Es sei denn, man möchte es natürlich so und bringt noch ganz schnell einen Perspektivenwechsel rein .. Was quatsch ich da eigentlich für Lehrzeugs .. ? *Kopfschüttelt*
Aber es war wie immer schön, deinen Commie zu lesen - deinen langen Commie :D Danke dafür und für das Lob *froi* Warum Chester die Medikamente nicht genommen hat, habe ich mir auch so in etwa erklärt. Er will nicht davon abhängig sein und was da genau drin ist, kann er ja auch nicht wissen. Außerdem wollte er vielleicht auch überprüfen, inwieweit er selbst sich unter Kontrolle hat .. Dass er die Dinger zum Schluss doch eingeworfen hat, war Ada zuliebe ;)
@Shan'xara: Was kommt denn noch? *fg* Ich weiß noch nicht genau, ob ich die Beziehung zwischen Ada und Ches sich so entwickeln lasse, obgleich ich weiß, dass es sich im Prolog so anhört .. Aber den habe ich auch ohne ein Konzept geschrieben und das andere hat sich erst hinterher ergeben .. Aber mal schauen ;) Und danke für das Kompliment *froi*
@*gato_negro*: Schon unterwegs, schon unterwegs, ich hoffe, es hat nicht zu lange gedauert *schäm* Freut mich, dass es dir auch so gefallen hat und vielen Dank für dein Lob *froi* Und Ada soll sich in ihrem Charakter in der Tat weiterentwickeln und dazu gehört auf jeden Fall, dass sie nicht mehr so ganz egoistisch denkt .. Hoffe, ich kriege das noch hin ;)
@stLynx: O.O Wow, ich bin baff .. *ächz* Danke dir *nochmehrfroi* :D Das Grinsen bekomm ich heute auf jeden Fall nicht mehr aus meinem Gesicht. Da kann ich ja nur noch hoffen, dass ich jetzt nicht einen kopfüber Flug nach unten mache obgleich mir das vielleicht ganz gut tun würde ..
@Kitti: Die sind zu gütig, nicht? Klar verfolgen die damit irgendwelche Zwecke, aber wer weiß schon, wie es in wissenschaftlich gepolten Hirnen aussieht? *fg* Aber auch dir vielen Dank für das Lob :)

Und nach all dem Gequatsche geht es jetzt weiter ..


Kapitel o2: Ausbruch
Akt o6

Es war weiß.
Alles war weiß. Von der Decke bis zum Boden hinüber zu den Wänden. Weiß, weiß, weiß. Ich konnte keine klaren Konturen erkennen und argwöhnte daher auch, ob ich mich überhaupt in einem Raum befand. Es schien mir eher, als würde ich mitten in der Luft hängen, wäre in einem Nirgendwo einfach auf einem Fleckchen Nichts abgestellt worden.
Und ich fühlte mich so unendlich leicht. Träume ich?

Dann träumen wir das selbe.
Ich wirbelte herum, zumindest war das meine Absicht. Das Weiß war so zäh wie Teig, sodass es mir vorkam, als würde ich mich in Zeitlupe umdrehen. Brad hing in einiger Entfernung ein Stückchen über mir in der Luft. Nein, eigentlich hing er nicht. Vielmehr saß er auf einem unsichtbaren Balken und ließ die Beine baumeln.
„Brad!“, rief ich erfreut aus, ehe mir mit einiger Verspätung bewusst wurde, dass ich überhaupt nichts gesagt hatte, woraufhin er etwas hätte erwidern können. „Sag bloß, du kannst auch Gedanken lesen ...?“, fragte ich mit etwas Enttäuschung in der Stimme. Musste es denn immer einen Telepathen geben, der mir irgendwie voraus war?

Brad lachte und strich sich durch sein braunes Haar. „Also, weißt du ... keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe dich nur gehört. Vielleicht hast du deine Gedankenstimme benutzt?“
„Vielleicht hat Ruth dir private Unterrichtsstunden gegeben und mich außen vor gelassen?“, erwiderte ich mürrisch, da ich offenbar von einem dreizehnjährigen übertrumpft werden konnte. Ich bereute meine Worte jedoch augenblicklich, als ich den Schatten bemerkte, der sich über Brads Gesicht legte, kaum dass ich Ruths Namen nannte. Sein Lachen erstarb. Ärgerlich über meine eigene Grobheit und leicht verwundert über das schwere Gewicht, das sich auf mein Herz legte, sah ich entschuldigend zu Brad hoch. „Oh, Brad, es tut mir Leid. Das habe ich nicht so gemeint, ich meine, ich ...“ Ich gab es auf, ehe ich mich total verzettelte, und hoffte, mein reumütiger Blick würde Brad genügen.

„Na, das üben wir aber noch ein wenig, nicht wahr, kleine Ada?“ Ich erstarrte. Falls das hier wirklich ein Traum war, dann würde ich ihn ganz bestimmt nicht herbei träumen. Ich sah mich suchend in dem grellen Weiß um, konnte Ashtons Gestalt aber nirgendwo ausmachen. Hatte ich mich vielleicht verhört?
Brad zeigte zu mir herunter. „Dort unten steht er.“ Ich folgte seinem Fingerzeig und sah nach unten. Tatsächlich. Ashton stand gute zwei bis drei Meter unter mir, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sich nach hinten gegen eine nicht vorhandene Wand gelehnt. Unverschämt grinste er zu mir hoch, wobei ich mir zu spät meines Nachthemdes bewusst wurde.
Schnell versuchte ich es zu einer Hose zu improvisieren. Nicht, dass ich nichts darunter angehabt hätte, aber Ashtons Blick schien mir viel zu durchdringend. „Verdammt, sind wir hier im Kindergarten, oder was?!“, fauchte ich ihn wütend an und zupfte und zerrte mein Nachthemd zurecht. Wieso musste das Schicksal diesen Kerl auch ausgerechnet dort unten hin platzieren?

Ashton lachte über meinen Zorn, was mich meine ohnehin schon hohe Palme weiter hinaufjagte. „Halt die Klappe!“, blaffte ich ihn an. „Was willst du überhaupt hier?“
„Tja, das wüsste ich auch gerne“, gestand Ashton. „Glaub mir, eigentlich will ich gar nicht hier sein.“ Er sah sich kurz um. „Wo immer dieses Hier auch ist.“
„In meinem Traum!“, schnauzte ich ihn an. „Und dich will ich nicht dabei haben, also geh gefälligst wieder!“ Ich stellte mir schnell ein paar bühnenreife Abgänge vor, damit er verschwand, aber er blieb beharrlich dort unten stehen und grinste feixend zu mir hoch, als wüsste er ganz genau, auf wie viele verschiedene Arten ich ihn mir gerade wegwünschte. Grimmig gab ich es auf. Blöder Traum.

„In deinem Traum?“ Eine weitere Stimme erklang in dem alles umfassenden Weiß, wobei ich dieses Mal jedoch wesentlich erfreuter war, sie zu hören. Mit durch die zähe Masse, in der wir uns befanden, schwerfälligen Bewegungen versuchte ich, Chester zu erspähen, und entdeckte ihn schließlich schräg über mir in der selben Höhe wie Brad. „Was mache ich in deinem Traum?“
„Ches!“, rief Ashton da von unten hoch, und ich war beinahe erstaunt, so etwas wie aufrichtige Freude in seiner Stimme zu hören, als er seinen Bruder sah. Chester sah sofort nach unten. Auch seine Augen bekamen einen erfreuten Glanz, als er den anderen erblickte.
„Ash, was machst du denn hier? Wieso bist du da unten?“
„Weil die Sicht hier besser ist“, erwiderte er anzüglich, was ihm einen beißenden Blick meinerseits und einen wissenden Chesters einbrachte, der sich über diesen Charakterzug seines Bruders offenbar nicht mehr aufregte. Dann erwärmte sich der Ausdruck in seinen Augen jedoch wieder. „Wo warst du die ganze Zeit?“
„In den unteren Labors.“
„Verdammt, ich auch. Diese Arschlöcher! Aber ... hast du schon den Zaun auf dem Außenplatz gesehen? Nur ein paar mickrige Wachen und ein Zaun mit Strom - und einen Haufen begabter Mutanten, die die Hosen voll haben.“ Bei den letzten Worten fasste er mich und Brad in seinen >Haufen< mit ein. „Aber ich denke trotzdem, dass wir es schaffen könnten.“

Brad sprang lautlos (und das meine ich wörtlich) von seinem Sitzbalken herunter und stand auf einmal auf derselben Höhe wie ich. Brad keuchte überrascht auf, als hätte er gar nicht vorgehabt, so tief zu springen, doch letztendlich war ihm nichts passiert und er vergaß es schnell wieder. Stattdessen zupfte er mich am Ärmel. „Reden die von einer Flucht?“
Ich ließ ein verächtliches Schnauben ertönen. „Oh ja, von der größten Flucht des Jahrhunderts.“
„Das wird sie sein“, grummelte Ashton von unten, ehe er sich wieder an seinen Bruder wandte. „Komm runter.“ Chester sah sich kurz ein wenig hilflos um, trat dann einige Schritte nach vorne, als hoffte er wie Brad eben einfach eine Etage nach unten zu fallen, aber er blieb, wo er war.
„Wie?“ Er ließ sich in die Hocke sinken und fühlte mit den Händen über den unsichtbaren Boden, auf dem er stand. „Hier ist nichts, wovon ich runterspringen könnte.“
Ashton rollte mit den Augen. „Okay, dann komme ich eben hoch, wenn du zu unfähig bist.“ Er machte einen Schritt nach vorne, streckte die Hände aus, als wollte er nach einer Wand tasten, an der er hätte hochklettern können, und wirkte dabei wie ein schlechter Pantomime. Chester sah ihm mit einem belustigen Schimmer in den dunklen Augen zu, als er erkannte, dass auch Ashton nicht von seiner derzeitigen Position fortkommen würde.

„Ahm ...“ Ashton ließ die Hände sinken und zuckte mit den Schultern, nachdem er auch die Wand nicht ertasten konnte, an der er vorhin noch angelehnt hatte. Dann traf sein Blick unerwartet mich. „Wie wär’s mit einer Leiter, kleine Ada?“
„Wo soll ich denn jetzt eine Leiter herbekommen?“, erwiderte ich kratzbürstig und nicht im mindesten danach bestrebt, Ashton in irgendeiner Art und Weise einen Gefallen tun zu wollen. Es war Pech, dass ausgerechnet Chester sein Bruder war, denn ihm wollte ich eigentlich gerne helfen. Mir schien es, als hätten sich die beiden Brüder schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen. Zumindest nicht aus nächster Nähe.
„Eine herträumen?“, schlug er herablassend vor. „Ich dachte, es ist dein Traum.“
„Das dachte ich auch, aber vielleicht ist es auch Brads?“ Ich sah auf den Jungen neben mir herab, der fragend zu mir aufschaute. Immerhin hatte der Kleine meine Gedanken ganz zu Anfang gelesen, was wohl eher auf seinen als auf meinen Traum schließen ließ. Die Unfähigkeit der beiden Brüder zusammenzukommen, schloss sie als Träumer wohl aus, zumindest nach meiner Logik.
Aber woher wusste Brad von Chester?

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, als mir urplötzlich auffiel, wie beziehungslos diese Situation war. Da stellte sich nur eine einzige Frage: Was sollte das alles? Wer träumte sich so einen Schwachsinn zusammen?
Und dann traf mich mit einem Schlag auf einmal die Erkenntnis: kein Traum, sondern eine Simulation. Verdammt!, fluchte ich in Gedanken und wollte mich gerade an die anderen wenden, um sie zu warnen, um zu verhindern, dass sie weiter von einer Flucht sprachen, als alles plötzlich zu kribbeln anfing.
Mit misstrauisch gerunzelter Stirn bemerkte ich, wie unvermittelt ein Ruck durch das Weiß ging. Die zähe Masse wabberte und schlug Wellen wie ein unruhiges Meer, während es gleichzeitig seine Farbe von dem grellen Weiß in ein undurchsichtiges Schwarz wandelte. Brad, Chester und Ashton verschwanden so übergangslos aus meinem Gesichtfeld, als hätten sie nie existiert, und unversehens stand ich allein in einer Welt aus formlosen Schatten, in der nur ich mit klaren Konturen zu erkennen war.

Mein mulmiges Gefühl wuchs zu einem tief verwurzelten der Angst und mein Herz pochte laut in meiner Brust. „Chester?“, rief ich in die Finsternis hinein. „Brad? Ashton? Wo ... seid ihr?“ Der Klang meiner Worte wurde von der Dunkelheit so schnell verschluckt, dass sie kaum weiter als einen Meter getragen worden sein konnten. Das leichte Zittern hatte ich aber dennoch aus meiner Stimme heraus hören können.
Dann erklang plötzlich vollkommen widersinnig der Widerhall von langsamen, gemessenen Schritten, die sich mir aus dem Schwarz heraus näherten. Da ich jedoch direkt vor einer Wand zu stehen schien, konnte ich nicht erkennen, wer (oder was) dort auf mich zukam. Mein Mund wurde auf einmal staubtrocken und ich hatte Mühe, kräftig zu schlucken. Eines war klar: Das hier war eine verflucht unheimliche Simulation.

Und dann plötzlich sah ich ihn. Von einem Moment auf den anderen, als hätte er sich aus dem Nichts heraus materialisiert. Entsetzt riss ich meine Augen auf und wich instinktiv einen Schritt zurück. Mein Handgelenk begann auf einmal wieder schmerzhaft zu glühen und nachdrücklich zu pochen, als ich Chester erkannte. Die Farbe seiner Augen ließ selbst noch die Schwärze um uns herum wie ein mattes Grau erscheinen und rief eine Kälte in mir wach, die ganz langsam, Millimeter für Millimeter über meinen Körper kroch und auch noch auf die ganze Umgebung übergriff.

Unvermittelt stand er ganz dicht vor mir wie nach einem Riss in der Zeitebene, und ich konnte nicht anders, als einen unterdrückten Schreckenslaut auszustoßen und noch weiter vor ihm zurückzuweichen. Sein Blick schien mich aufzusaugen. „Bleib ihm fern.“ Ich starrte ihn aus großen Augen an, außerstande zu denken oder mich zu bewegen, geschweige denn zu sprechen. Alles an und in mir war wie stillgelegt. Trotzdem schlich sich ein verständnisloser Ausdruck in mein Gesicht, der deutlich machte - ihm deutlich machte - wie wenig ich ihn verstand.
Da schoss auf einmal seine Hand vor und mit dem Zeigefinger stieß er mir so hart vor die Brust, dass mir einen Augenblick lang die Luft wegblieb und ich Sekunden später in einen wirren Strudel hineinstürzte.

Bleib ihm fern!“
__________________
to be continued ..

Ich weiß, dass es vielleicht etwas verwirrend erscheint, aber das soll so sein.

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
*totalverwirrtist* das ganze is schon ziemlich fies verworren, irgendwie hab ich jetz total den durchblick verloren... egal, der teil war einfach wie immer super. ich hoffe die auflösung kommt im nächsten teil!
bussi
gato
 
Der Teil war genial geschrieben - die Gedankenwelt war sehr faszinierend. Ich würde jetzt mal schließen, dass Chester schizophren ist... Und dass der eine Teil seiner Persönlichkeit Ada gewarnt hat, sich dem anderen Teil zu nähern...
 
Gut. Sehr faszinierende Beschreibungen, die ich mir richtig gut auch in einem Film hätte vorstellen können. Und Ashtons Kommentar ("weil die Sicht hier besser ist") war genial :D
Am Anfang wirkte das Ganze auf mich wie so eine Art telepathische Konferenzschaltung. Da aber Ashton und Chester keine Telepathen sind (jedenfalls nicht offiziell...), müssten die dann von den anderen beiden irgendwie mit "reingezogen" worden sein...
Und dann hätte ich alternativ noch eine andere Theorie, die mir persönlich auch gut gefiele und die sich mehr auf das Ende mit Chesters ominöser Warnung bezieht: Es wäre ja denkbar, dass Ruth als Telepathin noch wesentlich mehr drauf hat, als wir schon wissen, und sich vor ihrem Tod quasi in Chesters Unterbewusstsein einklinken konnte, sodass sie nun, wo Chester schläft, irgendwie versuchen kann, Ada zu warnen.
 
Alae!

Also der Teil war natürlich gut davon abgesehen dass ich jetzt zehntausend neue Fragen hab, ungefähr eine so grosse Orientierung hab, was los ist, wie ein Fremder in meinem Zimmer(also hoffnungslos verloren). Deswegen schnell weiter machen!!

Atenio Kitti
 
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