Aller Guten Dinge ...
.. ist mal ein Ende. Hier ist der letzte Teil und ich würde mich über ein paar abschließende Kommentare sehr freuen:
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„Licht! Das ist es!“, Valtier zerrte an Filias Tasche und zog die Amphore heraus. „Dunkler kann es nicht werden.“ Er reichte sie an Aradna weiter. „Brich du das Siegel und vielleicht kann dieses Licht die Dunkelheit vertreiben.“
Von den blauen Drachen waren nur noch ein paar wenige übrig. Aradna zögerte nicht lange, sie legte die Hand auf den Metallverschluss und dieser gab prompt nach, als hätte er nur darauf gewartet. Was auch immer sie erwartet hatten, dass nun geschehen würde - es kam ganz anders.
Statt einem gewaltigen Lichtstrahl oder einem tödlichen Blitz rieselte lediglich blauer Staub aus der Amphore.
Draußen über dem Meer starben die letzten der Drachen und die vier siegreichen Lords versammelten sich um Zellas Metallium. Filia streckte die Hand nach Xellos aus, der sich ein letztes Mal vor seiner alten und auch vor seiner neuen Meisterin verneigte.
„Ich sage mich von dir los, Hellglare“, sagte er laut. „Ich stehe nicht länger in deinen Diensten!“ Betont langsam kehrte er ihnen den Rücken zu und flog zu Filia zurück. Ihre goldene Seele war wie ein wärmendes Feuer in ihm. Er konnte spüren, wie sehr sie sich um ihn sorgte. Wie lange es her war, dass er damals als halbtoter Mensch von Zellas Metallium aufgegriffen und in ein Monster verwandelt worden war, wusste er nicht. Längst hatte er alle Erinnerung an diese kurze, unbedeutende Phase seiner Existenz ausgelöscht. Für ihn war es neu, etwas zu fühlen, das über amüsiertes Interesse oder kalte Grausamkeit hinausging. Wohin das führen würde, wusste er nicht, und es tat ihm leid, dass er keine Zeit mehr hatte, dem auf den Grund zu gehen. Hinter seinem Rücken sammelten die fünf finsteren Lords ihre Kraft um sie alle vier mit einem Schlag auszulöschen. Xellos hielt genau auf Filia zu. Wenn der Schlag kam, stand sie in seinem Windschatten. Sie würde überleben. Hoffentlich.
Doch dann, mit einem Schlag waren da hunderte, tausende kleiner Lichter zwischen ihm und den Filia. Sie schwirrten durch die Luft und blinkten hektisch.
Xellos schloss die Augen und krümmte sich. Der Rhythmus und die Frequenz des Lichtes bohrte sich wie glühende Nadeln in sein Hirn. Wiederum erstrahlte das schützende, goldene Licht und der bohrende Schmerz ließ nach. Irgendwie gelang es ihm, sich durch die Wolke der Glühwürmchen, denn um nichts anderes handelte es sich, zur Klippe zu retten, wo Filia nach ihm griff und sich schützend zwischen ihn und die Lichter stellte.
Das Geheul und Gewimmer der fünf Lords hingegen war fast unerträglich. Sie wanden sich in Krämpfen, schossen blindlings Angriffe auf die Käfer ab, doch da sie vor Schmerzen nicht mehr klar denken konnten, gingen diese ins Leere. Schließlich flohen sie, schossen hinaus aufs Meer. Als sie über den Überresten des Domes waren, brachen plötzlich ein paar Drachen aus dem Wasser, angeschlagen, schwer verwundet. Erst waren es nur wenige, doch dann wurden es mehr und mehr ... Sie wussten, dass sie nichts zu verlieren hatten, dass sie verloren waren. Ihr blaues Licht zog die Glühwürmchen magisch an, ja es musste Magie sein, welche die kleinen Insekten in Windeseile dorthin verfrachtete, wo sich die Drachen und die geschwächten Lords eine letztes Gefecht lieferten, in dem es keinen Sieger geben konnte. Die blinkenden Lichter verschmolzen mit dem flackernden Blau der Drachen. Die Lords setzten ihre Finsternis ein und ...
„Runter!“ Xellos warf sich über Filia, Valtier barg Aradna unter sich. Keine Sekunde zu früh. Die Gewalt der Explosion erschütterte das Raum-Zeit-Gefüge. Ein glühend roter Strudel tat sich im Himmel auf und verschlang die sterbenden Lords und Drachen. Mit einem unheimlichen Grollen schloss sich der Strudel wieder, die aufgewühlte See glättete sich und begrub die letzten Spuren der unheimlichen Schlacht.
„Ist es vorbei?“, fragte Filia und setzte sich langsam wieder auf.
„Ja, es ist vorbei.“, sagte Valiter. „Das große Volk der Meeresdrachen ist Vergangenheit.“
„Auch die Monster werden sich nicht so schnell vom Verlust der Lords erholen“, sagte Xellos. „Es wird blutige Machtkämpfe geben, jeder wird glauben, er sei berufen, diese Posten auszufüllen.“
Filia sah ihn von der Seite an. „Wäre das keine Chance für dich?“, fragte sie, ohne auf den schmerzhaften Stich zu achten, den ihr dieser Gedanke zufügte. „Du könntest einer der fünf neuen Lords werden.“
„Ich schätze, so bald kann ich mich nicht in der Hölle blicken lassen“, grinste Xellos und klopfte sich die Erde von seinem Gewand. „Es wissen zu viele, dass ich den Lords ein Dorn im Auge war. Aber ihre Handlanger werden fürs erste zuviel zu tun haben, um sich um mich zu kümmern. Bis dahin bin ich wieder bei Kräften und wer weiß, es gibt auf der Welt noch einiges, das ich nicht ausprobiert habe. Es könnte mir gefallen, für eine Weile als Mensch zu leben.“
Filia grinste zurück. „Falls du ein Dach über dem Kopf brauchst, ich kann immer zwei fleißige Hände gebrauchen.“
„So?“ Der Gedanke, sich einmal mit seiner Hände Arbeit ernähren zu müssen, war Xellos noch nie gekommen. Auf jeden Fall klang es nach Abwechslung von den ganzen Intrigen.
„Fragt sich nur, womit du dein Geschäft jetzt wieder in Schwung bringen willst“, überlegte Valtier laut. „Viel haben wir in der Höhle ja nicht gefunden.“
„Ich kann euch die Werkstatt meines Vaters öffnen“, sagte Aradna. „Dort hat er noch viele Dutzend von Gefäßen aufgestellt für die ich nie Verwendung hatte. Aber...“ sie zögerte, „ich kann sie nicht umsonst geben. Jemand“ sie sah zu Valtier hinüber, „jemand muss bleiben und mir helfen, um sie zu verdienen.“
Valtier räusperte sich und sah Filia entschuldigend an. „Macht es dir etwas aus, wenn ich ...?“
Sie schüttelte den Kopf. „Keineswegs. Du bist ja jetzt kein Baby mehr und da kann ich dich kaum zurückhalten.“ Sie war froh, dass er jemanden gefunden hatte, der seinen Beschützerinstinkt so sehr ansprach und Aradna hatte nach all der Einsamkeit ein wenig Glück mehr als verdient. „Bemerkenswert, der Zauber mit dem dein Vater die vielen Strandglühwürmchen gesammelt und in lebenden Staub verwandelt hat“, sagte Xellos zu Aradna. „Ich frage mich, woher er wusste, dass ausgerechnet diese Sorte mit ihrem Blinken uns Monster in den Wahnsinn treibt. Ihr Licht hat eine magische Komponente, die sogar bei geschlossenen Augen wirkt.“ Er schüttelte sich. „Vielleicht sollte ich mich doch in seiner Bibliothek genauer umsehen.“
„Sie steht dir jederzeit offen“, sagte Aradna ruhig.
Filias Herz sank. Offenbar wollte er nicht mit ihr kommen. Sie gingen alle zum Haus zurück. Während sich Xellos sofort auf die Bücher stürzte, half Valtier Filia, die wunderschönen Gefäße aus der Werkstatt von Aradnas Vater auf dem Wagen zu verstauen.
Am nächten Morgen verabschiedete sich Filia von den beiden und kletterte auf den Sitz.
„Willst du Xellos nicht Bescheid sagen, dass du abfährst“, fragte Aradna. „Er ist immer noch in der Bibliothek.“
„Dort kann er auch bis zum jüngsten Tag bleiben“, schnaubte Filia. „Wenn er mein Angebot nicht annehmen will, ist das seine Sache. Lebt wohl“
Sie schnalzte und das Pferd setzte sich gehorsam in Bewegung. In gemächlichem Trott entfernten sie sich von Salacia. Filia versuchte ihr bestes, sich auf ihr Geschäft und ihre beiden Helfer zu freuen. Es würde eine verdammt eintönige, langweilige Reise werden.
Plötzlich spürte sie, wie der hintere Teil des Wagens sich senkte, als hätte man etwas Schweres geladen. Sie lenkte den Wagen an den Straßenrand, zügelte das Pferd und drehte sich um. Bücher. Drei, nein vier große Kisten mit Büchern waren plötzlich zwischen den Amphoren erschienen.
„Hallo, Partner!“ Xellos saß auf einmal neben ihr. „Du hättest mir ruhig sagen können, dass du es eilig hast.“
„Was soll das?“ Sie deutete auf die Bücher.
„Ich habe sie von Aradna bekommen“, sagte Xellos. „es macht dir doch nichts aus, dein Geschäft um ein Produkt zu erweitern, oder?“
„Statt Gefäße und Keulen, nun Gefäße, Keulen und Bücher?“ Filia tat so, als müsse sie erst überlegen. „Ich schätze, das geht. Allerdings wirst du dafür natürlich einen Teil des Gewinnes abtreten müssen. Als Untermiete sozusagen.“
„Wie bitte?“
Filia lachte, als sie Xellos entgeistertes Gesicht sah.
Monster und Drachen, sie beide schienen der Vergangenheit anzugehören und so wie sie waren, würden sie sich nach und nach aufreiben und vernichten. Die Menschen waren das Versprechen der neuen Zeit. Es konnte nicht schaden, wenn Drachen und Monster mehr wie Menschen wurden.
Sie wusste zwar, dass sie Xellos nur eine Weile würde halten können. Monster blieb eben Monster. Aber vielleicht genügte diese Zeit, um etwas zu säen, das Bestand haben würde, auch dann, wenn er eines Tages wieder in die Dunkelheit zurückkehrte.
Mit dieser Hoffnung lenkte sie das Pferd auf den Weg zurück. Es ging nach Hause, und der Tag schien mit einem Mal sehr viel heller zu sein.
Ende
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Danke fürs Lesen!