Sinnflut [shonen-ai]

SnowWhite

Mensch
Hallo zusammen!

Also, wie es aussieht, präsentiere ich euch heute mal den Anfang meiner neuen Geschichte. Wie im Titel vermerkt und nein, das ist kein Rechtschreibfehler, ich meine nicht die Sintflut .. -.-“, ist es eine Shonen-ai und da sag ich am besten gleich dazu, dass es meine erste FF dieser Richtung ist .. *puh* vielleicht bin ich deswegen ein wenig .. nervös .. ^_^;
Aber, lange Rede gar kein Sinn, meine Betaleserin Hilda hat mich immer so lieb aufgebaut und motiviert, dass ich sie jetzt endlich hier reinstelle :) Danke schön dafür, Hilda :remybussi
Nya, viel mehr gibt es auch erst mal nicht dazu zu sagen, außer dass die Charaktere wie die Idee selbst mal wieder ganz allein meinem Hirn entsprungen sind .. XD Klauen ist daher verboten!
Viel Spaß beim Lesen^^


– Sinnflut –
by SnowWhite


Prolog
Ununterbrochen starrte ich auf die Uhr, die vor mir an der Wand hing. Es schien mir, als wäre das Ticken des fortschreitenden Sekundenzeigers wie ein überdimensionales Echo in meinen Ohren, obgleich ich den Ton bei den vielen Nebengeräuschen gar nicht hören konnte. Aber eigentlich hörte ich gar nichts. Nur meinen Herzschlag. Im selben Takt, wie die Sekunden dahinkrochen, pumpte es mühsam das Leben weiter durch meine Adern, während ich wartete.

Warten.

Ein harmloses Wort mit einer schrecklichen Bedeutung. Wie lange noch? Wie lange schon? Ich wusste es nicht, sah nur den Sekundenzeiger unaufhaltsam weiter kriechen, hörte mein Herz unaufhaltsam weiter schlagen. Eine bleierne Schwere hatte sich über mich gelegt, die die vorhergegangene, nervöse Sorge abgelöst hatte. Schon lange hatte ich keine Kraft mehr, um unruhig in dem Wartezimmer auf und ab zu gehen, keinen Mut mehr, um jede vorbeigehende Krankenschwester um Antwort anzuflehen. Sie sagten mir doch nichts, wussten vielleicht auch nichts. Nichts, nichts, nichts. Die Leere in meinem Kopf war auch ein einziges Nichts, unterbrochen von den schmerzenden Gefühlen in meiner Brust. Schuld kämpfte mit Angst, focht gegen Panik, rang mit Verzweiflung – und doch verschwand alles hinter einer gewaltigen Welle der Hilflosigkeit.
Ich konnte nichts tun. Ich konnte einfach nichts tun, um zu helfen.
Ich konnte nur... warten.
Mittlerweile kam es mir ohnehin so vor, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes getan – warum also nicht noch etwas länger... warten? Man wartet doch auf alles... sogar auf den Tod.

Ich war so erschrocken von meinen eigenen Gedanken, dass ich unwillkürlich zusammenfuhr. War ich denn total verrückt?! Wie konnte ich jetzt, in dieser Situation, solche Gedanken zulassen?!
Da ich merkte, wie ich zunehmend wahnsinniger wurde, je länger ich untätig und grübelnd auf dem Plastikstuhl sitzen blieb, stand ich etwas schwerfällig auf. Leicht erstaunt stellte ich fest, dass alle meine Glieder schmerzten; ich hatte wohl doch schon länger gewartet, als ich angenommen hatte. Kurz streckte ich mich etwas, konnte jedoch nicht meinen ganzen Körper aus seiner Erstarrung befreien. Tief drinnen in mir blieb ein Teil bewegungslos. Er wartete immer noch und würde auch noch warten, bis das schlimmste eingetroffen sein würde, ganz gleich, was ich mit meinem Körper anstellen würde.

Die Angst drückte sich bei diesen Gedanken schlagartig wieder meinen Hals hoch und ich schloss mit zitternden Lidern die Augen, als könnte ich so meine unkontrollierbare Gedankenflut stoppen. Es war ein kläglicher Versuch, meine Furcht zu bannen. Vielleicht konnte mir ja ein Kaffee helfen...
Lustlos schlürfte ich zu dem Automaten im Flur hinüber, einige Meter von den unbequemen Plastikstühlen entfernt, auf denen ich schon viel zu lange hatte warten müssen. Wenn wenigstens irgendjemand eine halbwegs beruhigende Nachricht für mich gehabt hätte... oder überhaupt eine Nachricht... irgendwas... nur irgendetwas.

Taub für das ratternde Geräusch des Automaten sah ich teilnahmslos zu, wie die braune Flüssigkeit dampfend in einen Plastikbecher floss, konnte mich jedoch erst nach einigen, starren Minuten dazu überreden, meine Hand nach ihm auszustrecken. Ich wusste, er hätte heiß sein müssen, er hätte nach Kaffee duften müssen, aber wenn er das tat, so nahm ich es nicht wahr und es war mir auch gleichgültig.

Zurück bei meinem Stuhl angekommen, ließ ich mich langsam darauf sinken, hatte nun wieder die Uhr vor Augen; die Zeit schien kein bisschen weiter gewandert zu sein. Ich stieß ein nur halb unterdrücktes Seufzen aus und stellte den Kaffeebecher auf den Zeitschriftentisch neben mich ab, um ihn dort erst einmal für die nächste Zeit zu vergessen. Dabei fiel mein Blick auf eine Krankenschwester, die in Begleitung eines Arztes den Flur entlang kam. Beide hatten einen Ausdruck auf ihren Gesichtern, dass sich mein Herz augenblicklich qualvoll zusammenzog. Nein, konnte ich nur fassungslos denken. Nein. Nein. Nein. Nein, nein, nein.

Mit großen, angsterfüllten Augen blickte ich ihnen entgegen, den Kopf wie leergefegt, während sich ein unwillkürliches Zittern meines Körpers bemächtigte, Kälte sich meine Seele hoch fraß. Ich wusste nicht, ob ich wollte, dass sie die Strecke bis zu mir jemals zurücklegten.

Und dann gingen sie an mir vorbei, um auf zwei Frauen ein paar Stühle weiter zuzugehen, Mutter und Tochter dem Anschein nach. Im ersten Moment konnte ich es gar nicht glauben, konnte es nicht fassen, dass sie nicht zu mir unterwegs gewesen waren, doch wirkliche Erleichterung wollte sich nicht bei mir einstellen. Das lag nicht zuletzt daran, dass ich sehen konnte, wie der Arzt leise ein paar begütigende Worte zu den beiden Frauen sprach, die sie erst erstarren ließen, dann jedoch das vollkommene Chaos in ihnen auslöste. Die Jüngere schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich schluchzend von dem Arzt und der Krankenschwester ab, während die Ältere der beiden eine Hand langsam an den Mund hob und wie in Trance den Kopf zu schütteln begann, indes ihre Augen bereits verräterisch glitzerten.

Eilig wandte ich den Blick ab, konnte es nicht ertragen, wie sich meine schlimmsten Befürchtungen auf ihren Gesichtszügen abzuzeichnen begannen, während ich noch hoffnungsvoll am Warten war.
Aber ich hatte bereits zu viel mitangesehen.
Was, wenn die nächste Nachricht für mich war? Die nächste schlechte Nachricht... ?
„Oh Gott...“, entfuhr es mir heiser, als ich für den Bruchteil einer Sekunde eine Voraussicht von dem schrecklichen Gefühl spüren konnte, das lauernd darauf wartete, mich anzufallen, sobald es passiert war. Sobald man mir mitteilen würde, was man eben den beiden Frauen gesagt hatte... dass es endgültig vorbei war.

Diese Ahnung war so entsetzlich, dass ich unter ihr einfach zusammenzubrechen drohte. Verzweifelt schloss ich erneut die Augen und zog meine Füße auf die Sitzfläche hoch, um mein Gesicht in den Knien verbergen zu können. Unsichtbare Furcht schnürte mir mit erstaunlicher Kraft die Kehle zu, als ich die ersten Tränen über meine Wangen laufen fühlte. Der Schmerz in meinem Herzen war so unendlich groß bei dem bloßen Gedanken daran, ihn für immer zu verlieren, dass ich es einfach nicht mehr aushielt.
Wenn er wirklich starb...
Ich konnte den Satz nicht zu Ende führen. Ich konnte nicht denken. Ich konnte nur... hoffen und... beten.
Und das war so wenig.
__________________
to be continued ..

Danke für’s Lesen,
- SnowWhite
 
Hi! ^^
Wie versprochen lese ich deine neue Geschichte von anfang an mit und ich muss sagen, dass der Prolog schon eine echte Gänsehaut bei mir ausgelöst hat. Oo Es war einfach nur toll geschrieben, wie man es aber schon von 'Changes' her kennt. ;)

Was soll ich sagen? Ich bin sprachlos. ^^ Ich nehme einfach mal an, dass der Prolog wieder ein Vorgriff ist, oder? Ich meine, weil er ja am Ende auftaucht. OO Ach, ich lass mich einfach überraschen. Jedenfalls hast du die Gefühle von jaah, den Namen bräuchte man jetzt, den du gewitzterweise wieder mal nicht erwähnt hast ^^; dem .. Protagonisten wirklich gut rübergebracht und man konnte sich gleich in den Jungen eindenken. Jedenfalls finde ich ihn bis jetzt noch nícht zu weiblich .. XD Der Wahnsinn, der ihn befällt, ist wirklich gut beschrieben - und langsam glaube ich, dass ich mich wiederhole. Jedenfalls wars ein guter Anfang. *lechz*

Ich sag mal nicht mehr sondern warte geduldig auf den nächsten Teil .. ^^;
 
na dann bin ich doch auch mit von der Partie;)
und ich muss sagen, ich musste ersteinmal tief durchatmen, nach dem ich deinen Prolog gelesen habe.
*g* ich gestehe, dass ich solche Anfänge einfach liebe, man wird in eine Geschichte hineingezogen, weiß zwar nicht was passiert ist, aber dennoch leidet man mit dem noch unbekanttem Protagonisten.
Als ich das gelesen habe, war mein erster Gedanke, dass ich sowas hoffentlich nie erleben muss. Du hast die Gefühle deines (ich gehe jetzt mla davon aus das er männlich ist;) ) Protagonisten unglaublich fesselnd und nahe rübergebracht. Die Situation, als der Arzt und Krankenschwester auf ihn zukommen und dann doch an ihm vorbei laufen, war ... *puh* und als er dann den Schmerz in den Gesichtern der beiden Frauen sieht und er selbst dieses Gefühl spüren muss...
Du hast da mein absolutes Mitgefühl geweckt.
Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll *g*
Dein Schreibstil ist einfach ein Traum und ich bin sehr gespannt wie sich die Geschichte entwickeln wird!

lg wölfin
 
Der Anfang ist wirklich gut - genauso wie bei Changes landet man gleich mitten in der Story und kann sich den Kopf zerbrechen, was hier los ist. Die Gefühle des Protagonisten hast du ganz toll geschildert, das konnte man gut nachvollziehen, vor allem die Szene mit den Frauen...
 
Ich natürlich auch! *g*
Ich bin ja so froh das ich deine Geschichte gleich (fast) Gefunden hab.
Und du fängst schon wider so düster an.
Ich hasse Krankenhäuser.
Als Kleinkind war ich da jedes Jahr drin. Um meinen Vater zu besuchen.
Es gebt nichts kälteres wie Krankenhäuser.
Du hast die Stimmung gut rüber gebracht.
Erst hab ich gedacht die Person (männlich oder weidlich?) Wäre seibert im Krankenhaus und ist schwer krank. Oder wacht über einen kranken der nicht bei Bewusstsein ist.

Kann es sein das es ein schweres Unglück passiert ist. Und schon ein paar Menschen um gekommen sind?
Nun ich denke du wirst uns es mit den nächsten Teilen sagen, in dem du weine rückblende machst.
 
Und, wie versprochen, ich bin auch da ^_^

Toller Prolog, ehrlich. Emotional, diese Szene mit den Frauen und wie sie auf den Protagonisten wirkt... echt gut in Szene gesetzt.

Ich bin jetzt nicht gerade Shonen-ai-Fan, das sage ich gleich vorweg. Mit gefällt gut, dass du in das Geschehen sofort einsteigst, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass du uns das ganze Oh-mein-Gott-ich-fühle-mich-als-Man-zu-einem-Mann-hingezogen(!!!) ersparst. Naja, ich lass mich überraschen. Jedenfalls ein echt guter Anfang.

Schön weiterschreiben.

Bye, Sahlene
 
Hallo zusammen!

Wah .. ! *froi* So viele liebe Commies gleich nach dem ersten Teil *strahl* Danke schön euch allen :knuddel:

@Mopzi: Ja *grins* Du hast es versprochen und ich freue mich, dass du trotz des ganz anderen Themas mitliest *nickt* Öhm .. den Namen .. ja, den habe ich euch mal wieder vorenthalten, aber das wird jetzt geklärt *smile* Und du hast Recht: Der Prolog war wieder einmal ein Vorgriff man merkt’s vielleicht: ich steh da drauf -.-“ (genauso wie auf die unverständlichen Einstiege .. XD“)

@einsame Wölfin: Danke schön :) Ich liebe diese Anfänge auch unheimlich und es macht mir einen riesigen Spaß, sie zu schreiben *nickt* Jap, der Protagonist ist männlich boah, wie hast du das denn herausbekommen .. ? OO *grins* Freut mich, wenn ich die Situation so beschrieben habe, dass du dich gut in sie hineindenken und mit ihm mitfühlen konntest *froi* Das ist alles, was ich möchte *nickt*

@Shan’xara: :) Schön, dass du auch wieder mitliest – und dass es dir bis jetzt gefällt natürlich. Nya, das mit dem Prolog wie schon zuvor gesagt .. so was liebe ich einfach *nickt* Vielleicht regt der nächste Teil ja schon zu Spekulationen an ..

@Westlights13: *strahl* Ja, mich freut es auch, dass du die Story gleich gefunden hast :D und mitliest *nickt* Hn, Krankenhäuser mag ich auch nicht *nö* und wenn ich bei dir dieses Gefühl wachrufen konnte offenbar keine sehr schöne Erinnerung .. :(, hab ich mit dem Teil erreicht, was ich wollte. Ja, die Person ist männlich ;) Aber sie wacht nicht über jemanden obwohl ich mir das auch zuerst überlegt hatte XD, sondern wartet – noch viel schlimmer *schauder* Und ein Unglück? Hey, glaubst du, dass ich dazu was sage .. ? *pfeift* :D

@Sahlene: Und noch ein bekanntes Gesicht :) Umso mehr freut es mich, dass du mitliest, wo du das Thema offensichtlich nicht besonders gut leiden kannst, Versprechen hin oder her was mich nicht interessiert, lese ich auch nicht .. ^_^; Öhm .. der „Oh-Gott-ich-fühle-mich-als-Mann-zu-einem-Mann-hingezogen“-Kram .. hn, nun, den erspare ich euch tatsächlich^^ Und zwar indem die beiden bei mir schon zueinander gefunden haben .. Oo“ obwohl Hilda von mir eine Rückblende mit dem Kennenlernen der beiden verlangt *lacht*

Ein weiteres Dankeschön geht wieder an Hilda ( :remybussi ), die erneut betagelesen und alle Zweifel zerstreut hat *smile*


Kapitel o1: Probleme
Akt o1
Teil o1

„Auf die Plätze – fertig – los!“
Kaum war der Pfiff aus der Trillerpfeife ertönt, tauchten die angespannten Körper der fünf Schwimmer mit lauten Platschgeräuschen in das Wasserbecken ein. Gleich darauf erschienen sie wieder an der Oberfläche und arbeiteten sich mit kräftigen Kraulzügen durch das Wasser bis zum Rand der Bahn und wieder zurück. Wassertropfen spritzten auf, flogen in alle Richtungen davon und die riesige Schwimmhalle war erfüllt mit dem widerhallenden Echo ihrer eintauchenden Arme und dem aufgewühlten Nass. Begeisterte Rufe der wenigen, anwesenden Zuschauer wurden laut, als ihr Favorit sich an die Spitze setzte, begleitet von dem enttäuschten Aufstöhnen derer, die jemand anderen bevorzugten.
Und dabei handelte es sich hierbei nur um ein einfaches Training.

Ich nahm all diese Eindrücke in mich auf, ohne mich ihrer bewusst zu werden. Sie waren schon zu einem Teil der Szenerie geworden, sodass es mich eher hätte aufhorchen lassen, wären sie nicht da gewesen. Meine ganze Aufmerksamkeit war jedoch ohnehin von etwas ganz anderem gefesselt. Oder besser gesagt: von jemand anderem.
Zwischen all den vorwärtsstrebenden Schwimmern und dem bewegten Wasser unterschied er sich mit der weißen Schwimmkappe und der Schwimmbrille eigentlich von keinem der jungen Männer, obgleich er andererseits in all seinen Bewegungen einzigartig war. Dennoch wusste ich ganz genau, dass es Jason war, der sich dort im Becken langsam aber sicher die zweite Position erkämpfte. Ein Kribbeln durchfuhr mich allein schon, wenn ich ihn ansah, ohne zu wissen, dass er es war. Beinahe möchte ich sagen, dass etwas in mir auf ihn reagierte und mich sofort erkennen ließ, dass er es war.
Und hatte ich das einmal erkannt, war der Anblick von ihm, wie er sich geschmeidig durch die Wassermassen zog einfach nur noch unglaublich. Wie sollte ich mich da auf das Randgeschehen um mich herum konzentrieren? Wie könnte mich da noch das Geschwätz anderer Zuschauer fesseln?

Ganz unvermittelt packte mich jemand an der Schulter und ich fuhr erschrocken und ganz aus meinen Gedanken gerissen zusammen. „Mann, Lee, bist du taub, oder was?“ Schwungvoll ließ Amber sich neben mir auf der Zuschauertribüne nieder, wobei ihr anscheinend endlos langes, blondes Haar wild durch die Luft sauste. Da half selbst der geflochtene Zopf nicht mehr viel, weil er sich größtenteils mal wieder aufgelöst hatte und die Strähnen wirr daraus hervor hingen.
Ich hatte gar keine Gelegenheit, ihr irgendetwas zu erwidern – wobei ich allerdings auch nicht so genau gewusst hätte, was – , da hatte sie ihren Blick schon auf die Schwimmbahnen gerichtet und ein wissendes Grinsen tauchte auf ihrem ovalen Gesicht auf. „Ach so, natürlich.“ Feixend stieß sie mich mit ihrem Ellbogen an und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. „Jason schwimmt ja, nicht?“ Sie betonte seinen Namen auf so subtile Weise, dass selbst noch der letzte Idiot ihre Anspielung verstanden hätte.

Ich ersparte mir erneut ein Nicken und eine Antwort, da ich beides ohnehin nicht schnell genug hätte ausführen können, als sie schon weitersprach: „Weswegen solltest du sonst auch hier sitzen? Also, los, sag schon, auf welcher Bahn schwimmt er?“ Die erste Frage, die sie mir stellte, auf die ich ihr auch eine Antwort geben konnte, es sogar sollte. Anstatt mich jedoch stundenlang stur zu stellen – was bei Amber, nebenbei gesagt, ohnehin nur schwer möglich war – , machte ich es mir leicht und fügte mich einfach.
„Auf der vierten.“ Ich widerstand dem Drang, mit dem Finger auf ihn zu zeigen, da diese Geste doch zu besitzergreifend ausgesehen hätte. Sogar ein leichtes Aufseufzen verbot ich mir. Amber war dazu einfach allzu interpretationsfreudig. Ich mochte sie, keine Frage. Es war auch schwer, sie nicht zu mögen, besonders, wenn man zusammen in dem sprichwörtlichen Sandkasten gespielt hatte. Allerdings hatte selbst sie so Seiten an sich, die mir auf die Nerven gingen. Eine davon war zum Beispiel, dass sie diese offenkundige Begeisterung für Jason und mich entwickelt hatte. Manchmal war das ja ganz witzig, aber im Moment empfand ich das eher als störend. Konnte sie nicht einfach wieder gehen und mich hier alleine sitzen und träumen lassen?

„Aaaahhh!“, machte Amber, obgleich ich bezweifelte, dass sie ihn erkannt hatte. Für sie mussten alle Schwimmer gleich aussehen. „Wofür trainieren sie denn diesmal? Steht demnächst wieder ein Wettkampf oder so an?“
Noch so ein Charakterzug an ihr, der mir gerade nur lästig war. Sie zwang mich immer zum Reden. Egal, ob wir alleine waren oder uns in einer größeren Gruppe unter mehreren Menschen befanden, ständig kam sie mit irgendwelchen banalen Fragen daher, um mich zum Kommunizieren anzuregen. Ich schwieg lieber, so war ich eben. Aber besonders jetzt, wo ich nichts weiter tun wollte, als mich vollkommen schwärmerisch einer ausgiebigen Betrachtung meines Freundes zu widmen, musste ich nicht unbedingt ein Gespräch beginnen, gleichgültig mit wem.

Aber als sie schon fragend ihren Blick von der Schwimmbahn auf mich richtete und ich ihr fast schon ansehen konnte, dass sie die Frage gleich noch mal mit einigen Bemerkungen bezüglich Jason wiederholen würde, ergab ich mich erneut.
„Am Samstag treten sie gegen die Richardson High an“, erklärte ich knapp, ließ mich aber von ihrem ungeduldigen Blick, der eindeutig nach mehr Informationen verlangte, erweichen. „Der Coach hat ihnen daher seit der letzten Woche Extratraining vorgeschrieben, das sie, wie du siehst, jetzt gerade ausführen. Jason...“ Ich zögerte kurz, ob ich die nächsten Worte wirklich sagen sollte, entschied mich dann jedoch dafür. Anders würde Amber ohnehin so lange nachhaken, bis mir die Ohren klingelten, also konnte ich es ihr auch ohne diese Folter sagen. „Jason ist seit letztem Montag immer noch nach der Schule hier und trainiert.“
„Und hat kaum Zeit für dich“, setzte Amber den Satz fort, kaum, dass ich ihn beendet hatte.

Genauso hatte ich mir das gedacht, dass sie sich wieder ihren Teil dazu denken würde. Nun, vielleicht lag sie damit nicht so falsch. Jasons Zeit war seit dem Extratraining natürlich knapper geworden, aber das war doch auch vollkommen verständlich. Dass ich mich da vollkommen grundlos ein wenig vernachlässigt fühlte, musste ich Amber ja nicht gleich auch noch auf die Nase binden, vor allen Dingen, da es im Grunde lächerlich war. Es war schließlich nicht Jasons Schuld, dass er so viel zu tun hatte. Wenn der Wettkampf vorbei war, würde alles wieder beim Alten sein, wozu sich also unnötig aufregen?
Dass der zweite Grund meiner Anwesenheit hier bei seinem Training aus reinem egoistischen Eigennutz war, verschwieg ich ihr lieber auch, obgleich sie das vielleicht vom Thema Jason und mich hätte abbringen können. Andererseits hätte sie dann wieder was Neues gefunden, worüber es sich zu unterhalten galt. Es war sicher interessant, zu erfahren, warum ich mich nicht so bald zu Hause blicken lassen wollte.

„Das wollte ich damit eigentlich nicht sagen“, bemerkte ich, ohne sie anzusehen, weil meine Augen auf Jason fokussiert waren. Wenn es schon nicht meine phantasierenden Gedanken konnten...
Amber neben mir schnaubte verächtlich. „Wenn ich immer nur nach dem ginge, was du >eigentlich sagen wolltest<, müsste ich dich ins Irrenhaus schicken“, erklärte sie trocken. „Oder dich zu einem neuen Heiligen ernennen lassen. Ich habe ganz einfach zwischen den Zeilen gelesen.“
Innerlich rollte ich mit den Augen. Wenn ich immer nach dem gehen würde, was Amber zwischen den Zeilen anderer Leute Gespräche herausgelesen hatte, wäre ich mit Sicherheit der Chefkoch unserer Gerüchteküche. Manchmal konnte sie mit ihrer weiblichen, zwischen den Zeilen lesenden Intuition vielleicht Recht haben, aber dagegen überwog doch leider die extrem hohe Fehlerquote ihrer Interpretationen.

Da ich ihr das jedoch nicht ins Gesicht sagen wollte und keine andere passende Erwiderung auf ihre Worte fand, verfiel ich erneut in Schweigen. Ich machte mir bezüglich unseres ins Stocken geratenen Gesprächs keine großartigen Sorgen; Amber würde schon früh genug wieder den Mund aufmachen, wenn ihr die Stille zu langweilig wurde. Aber solange dies noch nicht der Fall war, konnte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Jason richten.

Die Schwimmer waren mittlerweile auf dem Rückweg zum Startblock und Jason hatte sich hartnäckig auf der zweiten Position gehalten, schaffte es aber offensichtlich nicht, den ersten einzuholen. Dafür schwammen der dritte und vierte Schwimmer gefährlich nahe hinter ihm. Stumm drückte ich ihm die Daumen. Auch wenn es nur Training war, war Jason verbissen ehrgeizig und konnte – zumindest, wenn es um das Schwimmen ging – nur schlecht Niederlagen einstecken.
Ich fand zwar nicht, dass der zweite Platz einem Versagen gleich kam, aber Jason erwiderte daraufhin meistens nur, dass es auch nicht der erste war. Schlimmer war es allerdings, wenn er von fünf Startern auf dem vierten landete – und die reinste Katastrophe, wenn er letzter wurde. Zum Glück hatte ich das erst ein Mal mitbekommen müssen, da Jason normalerweise ein sehr guter Schwimmer war. An diesem einen Tag damals hatte er die Nacht vorher allerdings ziemlich heftig durchgefeiert und gar nicht darauf geachtet, dass er am nächsten Tag zum Training musste. Ich kann nur sagen, dass es unendlich schwer gewesen war, ihn in seiner damaligen Stimmung wieder halbwegs aufzubauen. Nun, zumindest hatte er aus diesem Fehler gelernt und seitdem nie wieder vor einem Training die Nacht durchgemacht oder zu viel getrunken.

„Na ja, das ist ja auch nicht so wichtig“, nahm Amber nach einigen Augenblicken den Faden wieder auf. „Der eigentliche Grund, warum ich hier bin – und dich offensichtlich nerve – ist, dass ich Probleme in Mathe habe. Und da habe ich natürlich sofort an dich gedacht!“ Ihrer Stimme war zu entnehmen, dass sie ein breites Strahlen auf dem Gesicht hatte. Ich wandte mich ihr allerdings noch immer nicht zu, da Jason gerade um eine knappe Sekunde Vorsprung vor dem dritten Schwimmer am Rand anschlug. Erleichterung durchflutete mich augenblicklich.

Amber stieß mich an, sodass ich ihr meinen Blick zuwenden musste. „Hast du mich gehört, Lee? Ich brauche Hilfe.“ Wahrscheinlich war es der leicht verzweifelte Unterton hinter ihrer Bitte oder aber ihre eindringlichen blauen Augen, die mich ergeben aufseufzen ließen. Mir wurde schon mehrmals gesagt, dass ich viel zu leicht zu erweichen war, aber wie sollte man denn gegen einen ernsthaft gemeinten Hilfegesuch ankommen, der einem mit dem personifizierten Hundeblick von der besten Freundin entgegengebracht wurde? Hm? Wie? Nur Jason hatte demgegenüber Vorrang.
„Ist gut, ich helfe dir“, sagte ich schließlich und lächelte sie aufrichtig an. „Ich kann schließlich nicht riskieren, dass du die Prüfungen nicht mit mir zusammen schaffst.“
Sie grinste zurück, wobei ich den Stein, der ihr vom Herzen fiel, fast hören konnte. Offenbar hatte sie Angst, dass ich sie über Jason hinweg vollkommen vergessen könnte. „Das ist genau der Lee, den ich kenne.“ Sie nickte glücklich und strich sich eifrig eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Also, wie sieht’s aus? Wann fangen wir an? Gleich heute? Du wirst bei mir leider bei Null anfangen müssen, das kann ich dir gleich schon garantieren.“

Ein leichtes Schuldgefühl durchzuckte mich. „Ähm... heute wollte ich eigentlich noch zu Jason.“ Sie hätte einen Oscar dafür verdient, dass ihr nicht der kleinste Muskel entgleiste. Vorrausgesetzt, es wurden nicht ihre Augen gezeigt. „Oh, Amber, es tut mir Leid“, beeilte ich mich, ihr zu versichern, da ich es hasste, wenn sie meinetwegen enttäuscht war. Nicht nur sie, bei allen breitete sich dieses miese Gefühl in mir aus, das mich mich ganz schäbig fühlen ließ. Vielleicht einmal abgesehen von meinen Eltern, obgleich mich die ganze Angelegenheit auch mehr oder weniger fertig machte. Doch das stand jetzt nicht im Vordergrund.

„Du hast es vorhin doch selbst gesagt, er ist viel trainieren“, versuchte ich zu erklären und wand mich bei den nächsten Worten ein wenig, doch es war Amber und daher ging es wohl. „Außerhalb der Schule sehen wir uns kaum noch und haben nur wenig Zeit für einander. Ich... er... fehlt mir schon.“ Es war ein wenig schwierig für mich, ihr meine Gefühlslage so offen ins Gesicht zu sagen, doch es erschien mir nur angemessen, sie bei diesen Worten anzuschauen. Ich wollte nicht, dass sie sich vernachlässigt fühlte, sondern den Grund für meine Absage verstand.

Ein winziger Moment verging, in dem sie sich offenbar sammelte, denn als sie sprach, war sie wieder gewohnt unbeschwert. Für jeden anderen zumindest. Ich war jedoch schon zu lange mit ihr befreundet, um das verräterische Blitzen in ihren Augen, die etwas zu hastigen Bewegungen ihrer Hände nicht zu bemerken. Ihre Niedergeschlagenheit traf mich schwer und für den Augenblick konnte ich sogar jeden Gedanken an Jason aus meinem Kopf vertreiben.
„Hey, das ist doch klar. Ich meine, das verstehe ich sogar“, sagte sie und fuhrwerkte mit ihren Händen wie ein wütender Maler mit dem Pinsel durch die Luft. Nur dass aus ihren Gesten nicht die geringste Wut sprach, sondern sie sie vielmehr dazu benutzte, um über ihre Enttäuschung hinwegzudeuten. Wahrscheinlich verstand sie meinen Beweggrund sogar wirklich, aber sie konnte schließlich nichts für ihre Gefühle. Ich auch nicht. Wer konnte das schon?

„Also“, sie wandte sich zum Gehen, „sagst du mir Bescheid, wenn du Zeit für mich hast?“ Sie betonte die letzten Worte stärker, als nötig gewesen wäre. „Du kannst mich auch anrufen – falls wir uns in der Schule nicht über den Weg laufen sollten.“ Noch ein Hieb, der mir zu Unrecht versetzt wurde, der aber dennoch schmerzte.
„Amber –“, setzte ich an, um sie mit weiteren Floskeln zu besänftigen, doch sie fuhr mir dazwischen, indem sie euphorisch ausrief: „Jason! Ich hab dich schwimmen gesehen, du warst großartig!“ Wie ihr diese Lüge direkt nach unserem Gespräch so einfach über die Lippen kam, konnte ich nicht verstehen. Mit Sicherheit hatte sie sich mit ganz anderen Dingen beschäftigt, als ihn beim Kraulen zu beobachten.
Trotzdem erreichte sie mit ihrem Ausruf, dass ich mich von ihr abwandte und Jason entgegenblickte, der mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht und mit Abertausenden von kleinen Wassertropfen bedeckt auf uns zukam. Die weiße Badekappe hatte er sich von den nassen, rabenschwarzen Haaren gezogen, sodass sie wild in alle möglichen Richtungen von seinem Kopf zu fliehen versuchten. Zusammen mit der Schwimmbrille hielt er sie in den Händen, während er sonst nur noch die schwarze Badehose mit dem weißen Emblem der Oxford High trug.

Es war der unpassendste Zeitpunkt überhaupt, doch ich konnte nichts dafür, dass mir sein Anblick ein wohliges Kribbeln im Bauch bescherte und ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte. Alles in mir schien mich geradezu dazu zu drängen, aufzuspringen und ihn in die Arme zu schließen, aber ich wusste mich zu beherrschen. So eine Reaktion wäre mehr als unpassend gewesen, nicht nur, weil Amber immer noch geknickt bei uns stand, sondern auch, weil jeder in der Schwimmhalle meinen Freudensausbruch mitbekommen hätte. Dass wir zwei Männer waren, hielt mich dahingegen weniger zurück. So war das eben, Punkt.

Jason kam bei uns an und richtete seine dunklen Augen nach einem kurzen, intensiven Blick in meine Richtung zunächst auf Amber. „Danke. Wahrscheinlich kann man noch einiges verbessern, aber für ein Training war es wohl wirklich nicht schlecht.“
Amber nickte bestätigend. „Sag ich ja.“ Dann warf sie mir einen flüchtigen Blick zu, ehe sie Jason vielsagend zuzwinkerte. „Na denn, ich werd’ euch zwei jetzt mal alleine lassen. Wir sehen uns morgen.“ Und damit hob sie kurz ihre Hand zu einem angedeuteten Winken und ging dann viel zu eiligen Schrittes die Zuschauertribüne entlang.
„Amber... !“, rief ich ihr nicht schnell genug nach, doch sie drehte sich gar nicht mehr zu mir um. Für einen Moment wuchs der Drang, ihr nachzulaufen, zu einem unwiderstehlichen an, doch andererseits konnte ich Jason nicht einfach so hier stehen lassen und eigentlich... wollte ich das jetzt gerade auch nicht... Amber möge mir das verzeihen...
__________
to be continued ..

Hui, ganz schön lang der Teil, wie ich gerade feststelle n.n Wenn es zu lang ist, sagt mir Bescheid, dann kürze ich sie etwas, da fast alle so lang sein werden .. Immerhin ist das hier Alltagsbeschreibung .. OO“ wer hat jetzt verstanden, was ich damit sagen wollte .. ?

Danke für’s Lesen,
- SnowWhite
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallöchen...

Erstmal ein großes DANKESCHÖN dafür, dass dein Protagonist mit seinem Schwulsein offenbar so gut klarkommt. Ich hasse es, wie in jeder zweiten Shonen-ai-FF der Hauptcharakter erst ewig lange grübeln und zweifeln muss, bevor er kapiert, dass er ganz einfach schwul ist.

Lee gefällt mir ganz gut. Er wirkt einfach sehr ehrlich und echt. Jason... mal abgesehen davon, dass ich mir vorstelle, dass er einen Wahnsinnsbauch hat und einen tollen Rücken, kennt man ihn ja nicht, dazu also dann später etwas. Und Amber mag ich auch sehr. Sie scheint ein Mensch zu sein, der sich Kummer oder Sorgen nicht gerne anmerken lässt. Das ist zumindest meine Interpretation... (vermutlich hat sie Familienprobleme... sie wäre zumindest der Prototyp eines Menschen, der seine Gefühle durch Gehabe zu verbergen sucht).

Die Beschreibungen waren wie immer toll, der Stil Hammer... Wie du es schaffst, sogar eine Schwimmhalle so atmosphärisch darzustellen... phew.

Also, ich werde jedenfalls weiterlesen, Versprechen hin und her, einfach nur, weil ich deine Geschichte bis jetzt echt gut finde. Und vielleicht schaffst du es ja, einem mir eher unsympathischen Thema so gute Seiten abzugewinnen, dass ich zum Shonen-ai-Fan mutiere...
Das glaube ich zwar eher nicht, aber zumindest versuchen kann man's ja. Ich bin immerhon offen für alles : )

Das von mir, bye
Sahlene
 
Huhu! ^^

Also der Teil hat mir auch wieder sehr gut gefallen. Lee kam sehr gut rüber - er hat mir gefallen. Er hat irgendwie den Eindruck erweckt, als ob er so ein Typ ist, der es allen immer recht machen muss. Jedenfalls ist mir das so aufgefallen, weil er sich so um Amber sorgt - gut, sie ist ja auch seine beste Freundin. Amber hat mir auch gefallen. ^^ Ich denke auch, wie Sahlene, dass sie sich ihre Gefühle, ob Trauer, Enttäuschung oder sonst was halt nicht gerne anmerken lässt. Es müssen vielleicht nicht gleich Familienprobleme sein ( was ich mir aber dennoch auch vorstellen könnte ), sondern einfach, dass sie vielleicht von anderen nicht so verstanden wird .. oder so?
Bei Jason musste ich jetzt notgedrungen an irgendson Baseballkaptain denken, wie man ihn aus amerikanischen Filmen kennt. :D Auch wenn er ein Schwimmer ist. ^^ Egal, ich weiß auch nicht, wie ich so sowas komme. XD

Dein Stil war natürlich wieder echt gut - und wie schon erwähnt ( ^^; - ich laber echt Sahlene nach :rolleyes: ) hat es mich auch echt gewundert, wie man eine Schwimmhalle so toll atmosphärisch beschreiben kann, dass man sich fast wie zu Hause auf dem Sofa fühlt :D Ich bin halt nicht gerne in Schwimmhallen, aber in deiner beschriebenen wäre ich jetzt gern XDD" - vor allem wegen den Kerlen .. -.-" .. XD

Und nein, der Teil war nicht zu lang - auf keinen Fall. ;)
 
Ich befürchte ich laufe ebenfalls Gefahr mit meinen Worten, die der anderen zu wiederholen *g*
Mir hat der Teil ausgesprochen gut gefallen.
Man kennt jetzt einige der Protagonisten, was das alles etwas klarer gemacht hat.
Amber hat mir sehr gut gefallen. Ihre charakterisierung ist dir wirklich gut gelungen und man sieht auch, das Lee und Amber ein sehr tiefes freundschaftliches Verhältnis haben und sie sich beide sehr gut kennen.
Das Gespräch der beiden war auch sehr gut gemacht. An manchen Stellen musste ich richtig grinsen und es hat sich dann allmälich in ein ernstere Richtung entwickelt, wo man auch schon sehen kann, dass sich Amber eben etwas vernachlässigt fühlt und Lee mit seinem schlechten Gewissen zu kämpfen hat. Das schöne an der Situation war, dass man sich in beide total gut hineinversetzten konnte.
Du hast es sogar geschafft, dass ich mich geistig in der Schwimmhalle wohl fühlte (ich bekomm da immer Kopfweh) und Jason sah ich bildlich durch das Becken kraulen.
Also was will man mehr*g*
Die Länge ist ürbrignes absolut in Ordnung!

ich freue mich sehr auf den nächsten Teil
lg wölfin
 
Oh, je!
Ich kann dir nichts Neues zu diesen Kapitel schreiben.
Wurde alles schon gemacht. *g*
Aber auf die Katastrophe zurück zu kommen.
Ich Dummerchen hab den Titel deiner Story vergessen. Und der sagt doch schon aus was da wohl passiert ist.
 
Das Kapitel hat mir echt gut gefallen - Lee kommt gut rüber, Amber auch (es freut mich, dass du eine vernünftige weibliche Protagonistin hast, obwohl es eine Shonen-Ai-Geschichte ist...) Bin mal gespannt, wie es weiter gehen wird...
 
Hallo zusammen!

*grins* Also, es freut mich riesig, dass ihr alle oder fast .. so begeistert von meiner Schwimmhallenbeschreibung seid :lol2: *nickt* Nya, um das Lob ein wenig zu mindern: Vielleicht hab ich das deshalb einigermaßen atmosphärisch rüberbringen können, weil ich selber schwimme .. OO Von daher verstehe ich auch nicht so ganz, was ihr alle gegen Schwimmhallen habt :D na schön, bei dem Wetter, was derzeit draußen herrscht .. *ächz* Nö, da wäre ich auch nicht so gerne in einer Schwimmhalle .. *grins*
Danke schön für eure lieben Commies! :knuddel:

@Sahlene: *lacht* Bei Jason haben wir ja fast das selbe Bild vor Augen :naughty: Schön, dass dir Amber und Lee bis jetzt gefallen, wobei du mit deiner Interpretation schon nach dem ersten Auftreten von ihr .. *blinzel* gar nicht so falsch liegst .. Aber .. dieser Charakterzug zieht sich, glaube ich, sowieso etwas durch die Geschichte .. *drop* .. hängt mit der Gesellschaft zusammen .. *pfeift* immer diese Andeutungen .. *rolleyes* Nun, falls du wirklich zum Shonen-ai-Fan mutieren solltest .. hn, willkommen im Club^^ *lächelt*

@Mopzi: Huh, was ihr alle so interpretationsfreudig mit Amber umgeht^^ Finde ich aber schön, weil sie euch dann offenbar ziemlich real vorkommt *nickt* Lee rückt da ja fast in den Hintergrund .. öhm, wenn er das Ganze nicht erzählen würde, versteht sich *smile* Jason ein Baseballkapitän? Wodurch zeichnet sich denn ein solcher aus? Nya, ich weiß auch nicht so genau, warum ich ausgerechnet Schwimmen als Sportart gewählt habe .. wahrscheinlich, weil ich mich damit besser auskenne als mit Baseball .. XD - und weil die Kerle da weniger an haben .. *grins* Öhm, das ist natürlich nur zu Lees Vorteil .. n.n

@einsame Wölfin: Schön, wenn es auch dir gefallen hat^^ *froi* Und das man sich in die beiden - trotz der einseitigen Sichtweise - gut hineinversetzen konnte, freut mich natürlich noch mehr *nickt* Das freundschaftliche Verhältnis der zwei ist auch ziemlich wichtig von daher .. wiederhole ich mich jetzt mal und sage: .. dass ich mich freue, auch das hinbekommen zu haben :) Hey, und wenn du ebenfalls ein Bild von Jason im Kopf hattest auweia, der Junge hatte noch gar keinen richtigen Auftritt .. XD", bin ich nur noch rundum zufrieden *smile*

@Westlights13: Wah .. ! Jetzt ist es doch passiert .. Ich weiß, dass die Worte gleich klingen, aber ich meine mit der Überschrift nicht die >Sintflut< mit den ganzen Überschwemmungen hn, obwohl man auch DAS wegen Jasons Sportart denken könnte .. *drop*, sondern tatsächlich die >Sinnflut<. Also, öhm, eine Flut von .. Sinnen .. :dodgy: Nein, keine Ahnung, was ich genau damit meine, aber der Schriftzug stand auf irgendeinem Werbeprospekt drauf geb's ja zu, so kreativ bin ich nicht .. -.-" und hat meiner ursprünglichen Idee um Lee und Jason erst den richtigen Anstoß gegeben *nickt* Im Nachhinein gesehen ich kann das sagen, ich weiß ja, wo ich hin will ..^_^;, passt der Titel aber, denke ich, ganz gut^^ also sorry, wenn du hier so etwas wie eine riesige Katastrophe à la >The Day After Tomorrow< erwartest, aber das gibt es nicht .. :(

@Shan'xara: *grins* Mich freut es auch, dass ich eine weibliche Person in einer fast Hauptrolle habe^^ und dass sie dir obendrein auch gefällt *lächelt* Müsste ich in der ganzen Geschichte nur Kerle auftreten lassen .. hui, da hätte ich echt meine Probleme mit ^_^; Schließlich verstehe ich die kein bisschen .. :dodgy:

@Tiara: Hey, schön, dass du auch wieder was schreibst :) Und natürlich ich wiederhole mich auch nur *seufz* freut es mich, dass es dir bis jetzt auch gefällt, obwohl es, wie schon mehrmals zuvor gesagt, shonen-ai ist^^ Dass mit der anderen Erzählweise trotz der Ich-Erzählung macht mich dabei ganz besonders .. hn, stolz^^ Ich hatte nämlich auch gedacht, dass das eventuell ein Problem werden könnte ich bin einfach noch immer zu sehr in Ada drin .. XD, aber wenn es anders ist .. *froi* Uh-uh .. Kommafehler .. hn .. du findest echt alles n.n Und das, obwohl der Teil sogar betagelesen war .. Nya, trotzdem danke dafür^^

Einen besonderen Dank geht diesmal auch wieder an Hilda ( :remybussi ), meine Betaleserin^^

So, und da ihr alle nix gegen die Länge gesagt habt, geht's hier jetzt munter weiter:

Kapitel o1: Probleme
Akt o1
Teil o2

Im nächsten Moment verschwendete ich allerdings keinen weiteren Gedanken mehr an Amber, da ich mich zurück an Jason wandte. Alles schien neben ihm zu verblassen, machte meinen Kopf völlig leer und ließ nur noch mein Herz sprechen.
Schwärmerisch ließ ich meinen Blick an ihm entlang wandern, obgleich seine bloße Anwesenheit mich schon ganz schwummerig im Kopf machte. Die breiten Schultern hatte er zweifellos von dem vielen Schwimmtraining, wobei sein Oberkörper zu den Hüften hin schmaler wurde. Natürlich war er sehr drahtig gebaut, sah dabei jedoch nicht wie ein schrankähnlicher Türsteher aus, sondern viel mehr so, dass man ihm gerne bei seinen Bewegungen zuschaute.
Es war schwer, ein verträumtes Seufzen zu unterdrücken.

„Hey, ich hätte gar nicht erwartet, dass du herkommst“, sagte er und riss mich damit unwissentlich aus meinen Phantasien heraus. „Du hättest doch nicht die ganze Zeit hier sitzen müssen. Obwohl ich mich darüber natürlich freue.“
„Ich sehe dir eben gerne bei körperlichen Betätigungen zu“, erwiderte ich und genoss die Tiefe seiner dunkelbraunen Augen auf mir, das, was in ihnen geschrieben stand. „Schade nur, dass man im Wasser so wenig von dir sieht.“ Das brachte ihn zum Lachen, während ich - nicht zum ersten Mal - über mich staunte. So was konnte ich nur zu Jason sagen, ohne dabei rot wie eine überreife Tomate zu werden und ins Stammeln zu verfallen.

Spontan beugte er sich da auf einmal vor, sodass sein Gesicht mit den ausdrucksstarken Zügen nur Millimeter von meinem entfernt war. Mein Herz geriet unvermittelt ins Stolpern. Beinahe albern, was für heftige Reaktionen er immer noch in mir hervorrufen konnte...
„Besser so?“, fragte er mit einem leisen Schmunzeln und lehnte sich noch ein Stückchen weiter vor. Weich legte er seine Lippen auf meine und fuhr mit der Zunge geschickt zwischen sie, während seine nassen Haarsträhnen mich im Gesicht kitzelten und Wassertropfen auf meiner Kleidung landeten.
Ich bemerkte es nicht einmal richtig, sondern erwiderte nur bereitwillig seine bestimmten Aufforderungen, den Kuss zu erwidern. Alles löste sich in dem berauschenden Nebel der Gefühle auf, den er in mir wach rufen konnte und der alles hinter einer Mauer der Bedeutungslosigkeit verschwinden ließ. Heißes Verlangen nach ihm baute sich stattdessen schmerzlich in mir auf, hervorgerufen durch die lange Trennung, die wir hinter uns hatten. Es tat so gut, ihn zu küssen. Nach so langer Zeit endlich wieder das von ihm zu fühlen, was auch einsam eingeschlossen in mir geruht hatte. Nichts hatte sich verändert, aber die Gefühle erwidert zu sehen, machte alles viel schöner und ließ seine Zuneigung noch stärker erscheinen.

Sein Mund wurde fordernder und leidenschaftlicher und gleich darauf spürte ich seine Hand an meiner Wange. Wie von weit entfernt hörte ich mich sehnsüchtig in den Kuss hineinstöhnen - und besann mich bei diesem Laut, wo wir uns eigentlich befanden.

Etwas widerwillig, aber ernsthaft beendete ich den Kuss und legte ihm eine Hand auf die nackte Brust, um ihn auf Abstand zu halten... vielleicht auch, um mich auf Abstand zu halten. Aber Tatsache war immer noch, dass wir uns in einer - wenn auch nicht ganz gefüllten - so doch zumindest besetzten Schwimmhalle aufhielten.
„Du bist nass“, erklärte ich ihm, als er mich fragend anblickte, und strich mir zur Untermauerung meiner Aussage einige Wasserspuren aus dem Gesicht.

Ihn schien das nicht im mindesten zu stören. „Na und?“ Er wollte sich wieder vorbeugen, doch ich verstärkte den Druck meiner Hand auf seinen Oberkörper. Sein Herz spürte ich dabei deutlich unter der feuchten Haut schlagen, die sich gut anfühlte. Viel zu gut. Energisch unterdrückte ich die Hitze, die bei diesem Gedanken in mir aufsteigen wollte.
„Nichts >na und<“, blieb ich hartnäckig. „Ich habe keine Klamotten in der Umkleide liegen.“
„Lee.“ Er versenkte seine dunklen Augen in den meinen, sodass ich das Gefühl hatte, er müsste direkt bis auf den Grund meiner Seele blicken. Ein angenehmes Gefühl - aber nur bei ihm. „Für dich würde ich sogar mein letztes Hemd geben.“ In seinen Augen blitzte es belustigt und verliebt zugleich auf, indes er mir sanft mit dem Daumen übers Gesicht strich.
Ein ergebenes Seufzen entfuhr mir und als er sich erneut meinem Mund näherte, war mein Widerstand gebrochen und ich ließ es zu, dass er mich noch einmal so erregend küsste.

„JASON!“, donnerte in diesem Augenblick die Stimme seines Coachs wie ein Gewitter durch die Schwimmhalle. Erschrocken fuhr ich zusammen und wurde mir ein weiteres Mal bewusst, dass wir nicht allein waren und dass uns jetzt auch noch ausgerechnet Jasons Trainer gesehen hatte. Ich möchte zwar nicht behaupten, dass der Mann nichts von der sexuellen Neigung seines Schwimmers wusste, aber wer weiß? Vielleicht hatte er was gegen Schwule und würde Jason aus reiner Bosheit noch mehr Training aufbrummen? Oder - noch schlimmer - er würde ihn für den Wettkampf gegen die Richardson sperren?

Mit diesen Gedanken wollte ich mich eiligst von ihm losmachen, doch Jason hielt mich zu meinem leichten Entsetzen mit beiden Händen bestimmt fest. Himmel, er musste Coach Greenspan nun doch nicht auch noch mit voller Absicht zur Weißglut treiben! „Jason“, sagte ich und legte meine Finger um seine Handgelenke, „du wurdest gerufen.“ Ich sah bittend in seine dunklen Augen, die unmittelbar vor mir waren. „Besser, du machst ihn nicht wütend.“
„Ach was“, winkte er leichthin ab und funkelte mich belustigt an. „Ich werde ja wohl noch meinen Freund küssen dürfen, oder? Entspann dich, Lee.“ Seine Lippen strichen federleicht über meine, erweckten auf diese Weise erneut eine unglaubliche Sehnsucht in mir. Alles in mir schrie danach, ihn an mich zu reißen, ihn zu umarmen, ihm ganz nahe zu sein. Doch obgleich ich es nicht sah, konnte ich mir dennoch sicher sein, dass bei dem Ausruf des Coachs auch die übrigen Zuschauer auf uns aufmerksam geworden waren.

„Jason...“, murmelte ich beinahe etwas flehentlich, da ich nicht wusste, wie lange das Gefühl des Unwohlseins das der Liebe noch überwiegen würde.
Mit einem unterdrückten Aufseufzen lehnte er sich etwas zurück und ließ seine Hände von meinen Wangen zum Hals wandern. „Wartest du vorne am Eingang auf mich?“
Die unbemerkte Anspannung in mir löste sich augenblicklich in ein Nichts auf. „Sicher“, lächelte ich, erleichtert über seine eingelenkte Rücksichtnahme.

JASON!!!“, polterte ein weiterer Ausruf Coach Greenspans einem zornigen Unwetter gleich durch die Halle und erschütterte fast sogar das inzwischen beruhigte Wasser. Diesmal zuckte sogar Jason unmerklich zusammen, als wenn er sich erst jetzt bewusst werden würde, was es eventuell für Konsequenzen für ihn haben könnte, wenn der Trainer ihm missgestimmt war. Trotzdem brachte er es fertig, genervt mit den Augen zu rollen und sich, ausgesprochen gelassen, zurück zu dem Lehrer und seiner restlichen Schwimmgruppe zu bewegen. Selbst von der Zuschauertribüne konnte ich allerdings das wutverzerrte Gesicht des Coachs erkennen.

Er hatte noch nie besonders sympathisch auf mich gewirkt, aber mit dem Blick konnte er wirklich Monster niederstrecken. Jeden Tag mehrere Stunden mit ihm verbringen zu müssen und sich irgendwelche Befehle und Übungen entgegenbrüllen zu lassen, musste ungeheuer nervenaufreibend sein. Ich fragte mich, wie Jason das immer durchstand. Nun, wobei immer vielleicht nicht korrekt war. Es gab immerhin auch Tage, an denen Coach Greenspan grundlos mit jedem Schwimmer schimpfte und man ihm einfach gar nichts recht machen konnte. Das sagte Jason zumindest, wenn er völlig fertig von einem Training nach Hause kam und wir uns anschließend noch trafen.

Albernes Gekicher von meiner linken Seite riss mich aus meinen Gedankengängen und ich wandte kurz den Kopf, um einen flüchtigen Blick hinüberzuwerfen. Eine Gruppe von Schülern hatte sich dort zusammengerückt niedergelassen - einige von denen, die begeistert gejohlt oder enttäuscht gemurrt hatten, als die Schwimmer noch auf den Bahnen gewesen waren. Die Verursacher des Kicherns waren schnell ausgemacht. Es waren ausnahmslos die Mädchen, wohingegen die Jungen eine eher angewiderte Miene machten.

Und sie sahen alle mich an.

Sofort spürte ich, wie mein Gesicht ganz heiß wurde. Natürlich meinten sie mich. Wen auch wohl sonst? Es hatte schließlich gerade niemand Anderes, Männliches seinen männlichen Freund vor Publikum geküsst. Und das so leidenschaftlich. So leidenschaftlich, dass mir ein Stöhnen entwichen war...

Ich würgte den Kloß in meinem Hals hinunter und sah eilig beiseite, während ich gleichzeitig meine Schultasche und die Jacke, die ich beim Eintreten in die Schwimmhalle ausgezogen hatte, zusammenraffte und mich hastig durch die Zuschauerbänke zum Ausgang schob.
In meinem Rücken hörte sich das Gekicher beängstigend laut an, da half es auch nicht viel, dass ich mich nach Kräften bemühte, es zu ignorieren. Rasch schob ich mich durch die Tür auf mittlerer Höhe der Tribüne, die sich - zusammen mit der Tür ganz oben - extra wegen der Zuschauer hier befand, damit sie nicht immer mit ihren Straßenschuhen quer durch die Halle spazierten.

Mit einem Klicken fiel sie ins Schloss und schottete das Gelächter im Gegenzug für beruhigende Stille vor mir ab. Ich gestattete mir einen kurzen Moment Pause, in dem ich mich mit geschlossenen Augen so lange an die Tür lehnte, bis ich das Gefühl hatte, wieder einigermaßen wie ein Mensch und nicht mehr wie eine rotgeschaltete Ampel auszusehen. Es ging erstaunlich schnell. Doch dafür hatten sich die Gesichter der anderen offenbar in mein Gedächtnis eingebrannt. Mist! Wieso war es denn für jeden ein Problem, wenn sich zwei Menschen liebten, hm? Dem Coach war es nicht recht, diesen dämlichen Hühnern da drinnen nicht, meinen Eltern nicht... !

Ein gereizter Laut entfuhr mir. Vielleicht sollte ich nicht unbedingt irgendwelche dummen Gedanken daran verschwenden, wenn ich mich eigentlich auf das Treffen mit Jason gleich freuen sollte. Wir hatten uns so lange Zeit nicht gesehen, da musste ich nicht gleich bei unserem ersten, längeren Treff seit Ewigkeiten mit einer miesen Laune erscheinen.
Also riss ich mich zusammen und verdrängte alle unliebsamen Gedanken aus meinem Kopf, damit nur noch für Jason Platz war; das war sowieso am angenehmsten.

Entschlossen stieß ich mich von der Tür ab, schwang mir die Schultasche über die Schulter und ging den Weg außen um die Schwimmhalle herum. Zum Glück hatte ich einen Augenblick erwischt, in dem es einmal kurz aufgehört hatte zu regnen. Trotzdem stand das Wasser in jeder Unebenheit im Boden in Pfützen auf der Straße und im Rinnstein. Der kühle Wind, der einem sonst den Regen erbarmungslos ins Gesicht schlug, ließ mich nun nur frösteln. Unangenehm zerrte er an meinem Haar und der Kleidung. Dafür roch es jedoch schön... sauber und gereinigt, als hätte der Niederschlag alles aus der Luft herausgewaschen, um sie uns nun ganz unverfälscht zu präsentieren.

Ich mochte den Geruch, auch wenn ich das Wetter dazu nicht besonders liebte. Zumindest dann nicht, wenn ich gezwungen war, mich längere Zeit draußen aufzuhalten oder wenn ich mich draußen aufhalten wollte. Aber wenn ich mich drinnen aufhalten konnte - vorzugsweise mit Jason - war es unglaublich gemütlich, wenn der Regen leise an das Fenster prasselte und man selbst mit dem Freund im Warmen sitzen konnte.
Ich malte mir bereits aus, wie es nachher wohl bei ihm zu Hause wäre, als ich vorne die Schwimmhalle wieder betrat und mich dort auf eine Bank setzte, um auf Jason zu warten. Das dürfte nicht mehr allzu lange dauern. Selbst das Extratraining musste schließlich mal ein Ende haben.




Aber ich hatte noch eine gute Dreiviertelstunde zu warten gehabt, bis Jason endlich aus der Jungenumkleidekabine schritt, die große Sporttasche über seiner Schulter hin und her schwingend. Meine Laune war in der Zeit, zugegeben, ein wenig gefallen, da ich letztlich meine Gedanken nicht mehr standhaft davon überzeugen konnte, mich mit dem Chaos namens Eltern in Ruhe zu lassen.
Offensichtlich musste man mir das genau am Gesicht ablesen können, denn Jason hob schon auf dem Weg zu mir beschwichtigend die Hände in die Höhe.
„Es tut mir Leid“, entschuldigte er sich sogleich und seine dunklen Augen sahen mich aufrichtig an. Allein das entschädigte mich schon zur Hälfte für das lange Warten. „Coach Greenspan hat einfach nicht genug bekommen können.“ Er rollte genervt mit den Augen, während wir uns schon Richtung Tür wandten. „Am Wochenende ist der Wettkampf und wir schwimmen wie die Schnecken und Richardson wird sich kaputtlachen und keine Ahnung, was er noch alles zu maulen hatte. - Es tut mir ehrlich Leid, Lee. Ich konnte nichts dafür. Ich musste ihn praktisch anflehen, dass ich endlich gehen darf.“

Wer könnte ihm bei so einer Rede noch lange böse sein? Außerdem war es tatsächlich nicht seine Schuld, das wusste ich ja. Trotzdem war da dieses hässliche Gefühl in mir, das sich protestierend an die Oberfläche drängen wollte. Ich unterdrückte es energisch. Jason war jetzt hier, oder nicht?
„Ist schon okay“, winkte ich ab und sah noch oben in den wolkenverhangenen Himmel, als ich einige Tropfen auf dem Gesicht spüren konnte. „Vielleicht sollten wir uns aber jetzt beeilen, bevor es wieder richtig zu regnen anfängt.“ Er nickte mir zu, griff dann spontan nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger.

Eine schlichte, einfache Geste der Zuneigung. Mir verursachte sie ein Herzklopfen, das beängstigend war. Das ich aber gleichzeitig so willkommen hieß, dass es alle Bedenken in den Hintergrund drängte. Ich wusste, dass ich ihm viel zu viel gab, als bereits jetzt in meiner Situation gut sein konnte. Aber es ging nicht anders. Es ging... nicht weniger...
Er blieb stehen. „Du bist mir nicht mehr böse?“ Er sah mich um Verzeihung flehend an, was gar nicht mehr nötig gewesen wäre. Dennoch erwiderte ich den Blick mit der gleichen Intensität.
„Ich war dir nie böse“, erwiderte ich, was vermutlich mehr der Wahrheit entsprach, als ich wissen konnte.
„Hm. Gut.“ Er lächelte und legte ein gespielt ernsthaftes Gesicht auf. „Also, Lee, wärst du dann so nett, mich heute nach Hause zum Abendessen zu begleiten, damit ich dich meinen Eltern vorstellen kann?“

Unwillkürlich entlockte mir das ein Grinsen und gleichzeitig entspannte es die Situation ein wenig. „Hör bloß auf damit. Deine Eltern kaufen wahrscheinlich schon aus reiner Voraussicht immer für eine Person mehr mit ein, so häufig wie ich bei euch bin.“
„Nun, sie werden sich trotzdem freuen, dich zu sehen.“ Er ließ meine Hand nicht los, als er sich wieder in Bewegung setzte. „Gehen wir lieber, bevor die anderen alles weggefuttert haben. Ich sterbe fast vor Hunger.“
Ich entzog sie ihm nicht, da vermutlich nur wenig Leute auf der Straße unterwegs sein dürften bei dem Wetter. Zudem war es mir gerade ein Stück weit egal geworden, was etwaige Passanten ansonsten gedacht hätten; dafür tat mir die Wärme seiner Hand viel zu gut.
________________________________
to be continued ..

Hn-hn .. ^_^;;

Danke fürs Lesen,
- SnowWhite
 
Das war ja sehr interessant - aber auch irgendwie unvernünftig von Jason, so zu provozieren... Warum er das wohl gemacht hat? Dafür, dass du angeblich keine Kerle verstehst, hast du Lees Überlegungen aber echt gut beschrieben ;). Bin mal gespannt, was Lees Eltern da zu dem ganzen Kuddelmuddel beitragen - die scheinen ja nicht sehr hilfreich zu sein *lol*...
 
Nun, irgendwie ist es gut dass es keine Sintflut mit Wasser ist. *g*
Sondern eine Sintflut der Sinne und Gefühle.
Was aber oft auch schlimmer ist und in einer Katastrophe enden kan.
Zum Teil;
Er ist wie immer gut geschrieben.
Jason hat mit seinen Gefühlen zu Lee keine Probleme sie den anderen zu zeigen.
Aber Lee hat es nicht so einfach.Und das wird wohl an seine Eltern und deren Auffassung, über Schwule legen (ich denke du weist was ich meine hab keine Lust das jetzt ausführlich zu erklären. *g* )
 
Hn ^_^ Wieder ein echt netter Teil.

Jason kann man sich inzwischen sehr gut vorstellen. Und es ist eben doch wahr, dass die besten Männer schwul sind (*seufz*). Ich persönlich mag ihn jedenfalls, er hat eine ziemlich gewinnende Art. Obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob jemand so selbstbewusstes wirklich gerade mit Lee zusammen wäre, der mir im Vergleich dazu irgendwie kümmerlich vorkommt. Naja... vielleicht ist es ja gerade dieses Gegensätzliche, was die beiden zusammenbrachte : ) Das überlass ich dir...

Stilistisch wieder mal brillant, das muss man eigentlich schon gar nicht mehr dazu sagen...

Das dann erstmal von mir, bin gespannt, wie es weitergeht. Ach ja... heißer Kuss ^_^ Da wünscht man sich doch beinahe (was heißt hier beinahe :sweatdrop: ) an Lees Stelle ;)

bye, Sahlene :wavey:
 
Wenn ich faul wäre, würde ich jetzt sagen, ich schließe mich den obigen Leuten an .. :sweatdrop .. und hey, ich BIN faul. *g*

Aber gut, sag ich noch was .. Oo hm.
Nya, was Amber angeht .. ich denke, dass es doch eigentlich voll ok ist, wenn man soviel in die sogenannten Nebencharas interpretiert, denn dadurch kommen sie doch auch irgendwie noch besser zum Vorschein - und ich finde immer, die Nebencharas bauen die Geschichte viel mit auf. Warum ich an ein Baseballkaptäin gedacht habe? OO Hm, weiß nicht, es kam mir einfach nur so in den Sinn. <<" Tolle Erklärung, was? XD Sag schon .. Ich finde Schwimmen auch nicht schlecht. OO Nein, ganz im Gegenteil .. :D *den kerlen hinterher lechz* ^^; ähm, nya ..

Vielleicht noch was zum Teil .. ~.~"
Also er war natürlich wieder echt gut geschrieben ich liebe deinen Schreibstil einfach *g* und beschrieben. Tja, hm, Oó eigentlich kann ich mich wirklich nur noch anschließen. Die Reaktionen von Lee und Jason fand ich gut beschrieben ( natürlich auch der Kuss XD ). Das mit den Leuten, die nachher über ihn kichern fand ich auch gut dargestellt - weil's leider ja auch so ist. ;_;
Jasons' Verhalten seinem Trainer gegenüber fand ich zwar auch ein wenig .. wie soll ich sagen .. arrogant? Ich denke, man sollte schon auf seinen Trainer hören, auch wenn der einem zum 1000sten Mal sagt, was er denkt .. bla, ich hab ja keine Ahnung, was der will. Oo Klar, Jason wird davon genervt sein, aber er könnte ja auch rausgeworfen werden, wenn er nicht gehorcht?! OO; Aber vielleicht ist das ja wirklich so eine Masche von ihm. ^^;
Hm, dann schnell weiter. XD
Jetzt ist es doch noch etwas mehr als gewollt geworden .__."
Und auf die PN antworte ich frühestens heute abend, wenn nicht erst morgen. Sorry. Aber irgendwie fühl ich mich grad so überfordert. ;_; .. Oo
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo zusammen!

Also, als ich diesen Teil geschrieben habe, war es draußen eindeutig zu heiß .. XD Aber was red ich da, ihr bildet euch hoffentlich .. OO“ eure eigene Meinung dazu^^
Danke schön für eure lieben Commies! :knuddel:

@Shan’xara: Hn, so richtig provozierend sollte des eigentlich nicht rüber kommen n.n Es war mehr als eine Art Darstellung gedacht, wie Jason und wie Lee mit ihrer Beziehung umgehen .. *drop* Aber seine Eltern .. wah .. ! Vor dem Teil graut es mir jetzt schon .. x.x Freut mich, dass Lee trotz meiner Bedenken .. und seine Gedankengänge gut ersichtlich waren *nickt* *froi* meine Befürchtung ist immer, ich mache ihn zu .. weiblich .. ._.

@Westlights13: *puh* Gut, genau so ist es *nickt* Für Jason ist es ganz normal, seine Umwelt an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen. Für Lee nicht .. *nö* Und *juhu* stimmt. Das liegt zum Teil zu einem sehr großen Teil .. an seinen Eltern :)

@Sahlene: Ja, ich hab mir das so gedacht, dass es .. zumindest ein wenig .. *drop* .. mit der Gegensätzlichkeit zu tun hat, weshalb die zwei zusammen sind. Vielleicht werden im Verlauf der Story so, wie ich mir das zumindest denke .. ^_^;; ja noch mehr Gründe klarer erkennbar oder wir hätten hier ein typisches Beispiel von >Botschaft nicht gut rüber gebracht< :dodgy: *lacht* Du wünschst dich an Lees Stelle? *grins*

@Tiara: Nya, aber ich hoffe doch, dass du dich mit der Zeit auch irgendwie mit Lee anfreunden wirst *nickt* Arghs .. diese Fehler .. x.x Mit dem Satz hast du natürlich Recht .. Zur Verteidigung meiner Beta sag ich allerdings, dass die Änderung auf meinem Mist nach dem Korrigieren gewachsen ist *smile* Hn, wie das mit Jasons Verhalten da nun so recht gemeint war, hab ich ja schon bei Shan’xara was geschrieben. Vielleicht war es doch so im Nachhinein und nach reichlich Überzeugungsarbeit meiner Leser .. OO etwas provokativ und .. unvernünftig von Jason .. Nya .. kommt nicht wieder vor^^ hoff ich .. *drop*

@Mopzi: *nickt* Klar ist das gut, wenn die Nebencharas auch echt erscheinen. Da hab ich auch absolut überhaupt nix dagegen, wenn ihr euch gedanklich .. n.n mit ihnen beschäftigt *nö* Ah-ja, beim Schwimmen die Kerle anglotzen .. macht .. süchtig .. :goof: nö, das gehörte hier jetzt nicht so wirklich her .. ^_^;; Ach ja, zu Jasons Verhalten stand oben ja schon mehr .. *seufz* Aber ich kann dich beruhigen: Er wird nicht vom Trainer aus dem Team geschmissen *nö* das würde die Autorin niemals zulassen^^ *grins* Aber schön, wenn es dir gefallen hat .. so der .. Teil .. und .. so häh? Und hey, das macht doch nix, wenn du dazu verleitet wirst, mehr zu schreiben, als du eigentlich willst :D und das mit der PM ist noch viel weniger schlimm *nickt* Meine Antwort wird wohl auch etwas auf sich warten lassen .. *arghs*

Und zum Schluss geht ein besonderer Dank natürlich wieder an Hilda! :remybussi


Kapitel o1: Probleme
Akt o2
Teil o1

Es stimmte, dass man das Haus der Familie Cline schon fast als mein zweites Heim bezeichnen konnte, wenn man die letzten anderthalb Wochen nicht dazu rechnete, versteht sich, da ich während dieser Zeit schließlich nicht einmal Jason hatte sehen können, falls wir nicht irgendeinen Kurs zusammen gehabt hatten. Aber seit ich mit ihm zusammen gekommen war, hatte es mit seiner Familie die wenigeren Probleme bezüglich der Homosexualität ihres Sohnes gegeben. Das lag nicht zuletzt natürlich daran, dass Jasons Coming-out zu der Zeit schon etwas hinter ihm lag, während meins praktisch an dem Tag stattgefunden hatte, als mir klar geworden war, was ich für ihn empfand.

Während Jasons Eltern mich, den neuen Freund ihres Sohnes, vorbehaltlos mit nahezu offenen Armen empfangen hatten, sogar unbändig neugierig gewesen waren, wie ich mich innerlich schmunzelnd zurückerinnerte, hätten ihn meine dahingegen fast mit einem Baseballschläger zur Tür hinausgeprügelt – bildlich gesprochen. Es ist daher verständlich, dass wir uns häufiger in seinem Haus aufhielten als bei mir, so schmerzlich diese Wahrheit auch sein mag. Aber selbst nach den knappen zwei Monaten, die wir nun schon zusammen waren, hatten sie sich nicht an die neue Situation gewöhnen können. Ich versuchte, es damit zu entschuldigen, dass Seth sie bereits in dieser Richtung enttäuscht hatte, aber andererseits hatte ich es mittlerweile satt, ständig neue Ausreden für ihr intolerantes Verhalten zu finden.

„Hey, Lee, gib mir mal bitte die Kartoffeln“, bat mich Patrick, der ältere Bruder von Jason, und deutete auf die dampfende Schüssel neben mir. Aus meinen Gedanken gerissen, reichte ich ihm die weiße Porzellanschüssel rüber, indes er schon wieder ganz in ein Gespräch vertieft war. Patrick sah Jason ziemlich ähnlich, hatte die gleichen, schwarzen Haare und die gleichen dunklen Augen, obgleich mir die von Jason trotzdem besser gefielen. Sie waren... noch dunkler. Vielleicht lag es aber auch nur an dem Blick, der immer in ihnen lag, wenn er mich ansah und den Patrick natürlich nicht hatte.
Dennoch konnte ich auch nicht erkennen, dass es ihn in irgendeiner Art und Weise störte, dass sein jüngerer Bruder schwul war. Auch mir gegenüber war er ganz normal.

Neben ihm saß Stacy, das jüngste Familienmitglied der Clines, und erzählte munter drauf los, was ihr heute alles so widerfahren war, während ihre Mutter ihr ernsthaft zuhörte, ab und zu nickte oder belustigt auflachte. Am anderen Tischende saß Jasons Vater, von dem die beiden Söhne unübersehbar das schwarze Haar und die dunklen Augen geerbt hatten.
Patrick fachsimpelte gerade mit ihm über irgendwelche Taktiken beim Footballspielen und beide begeisterten sich so sehr dafür, dass ihre Augen zu leuchten anfingen, während sie wild in der Luft herumgestikulierten.

Es war ein unglaubliches Bild für mich, das, obgleich ich es schon öfters hatte mit ansehen dürfen, mir jedes Mal wieder wie ein Wunder erschien. Wenn bei uns am Tisch geredet wurde, dann um den anderen darauf hinzuweisen, dass er mit krummem Rücken da saß oder dass doch bitte einmal irgendeine Schüssel herumgereicht werden sollte.
Vielleicht sollte ich Jasons Zuhause nicht als mein zweites Heim bezeichnen, sondern als mein einziges. So, wie es bei uns zuging, war es schwer, es mit einem Ort in Verbindung zu bringen, an dem man sich geborgen fühlen konnte. Und hier... hier schien das... ganz normal zu sein.

„Sind wieder sehr lebhaft heute“, raunte mir Jason von seinem Platz neben mir zu und schob die ungeliebten Erbsen von einem Tellerrand zum anderen, in der Hoffnung, sie würden dann einfach plötzlich verschwinden. „Wir können nach oben gehen, wenn du dich unwohl fühlst.“
Unwohl? Sicher war ich nicht so gesprächig wie auch nur ein einzelner aus seiner Familie, aber die Bedeutung von >sich unwohl< fühlen, lag meiner Meinung nach Kilometer weit entfernt von dem Gefühl, das ich hatte, wenn ich seine Geschwister und Eltern beobachten konnte. Um ehrlich zu sein, machte es mir Spaß, sie zu beobachten. Es stellte sich dabei zwar ein leichtes Bedauern bei mir ein, dass es so nie bei mir Zuhause sein würde, aber darüber konnte ich leicht hinwegsehen. Immerhin gab es solche Haushalte überhaupt in Amerika; das war doch schon mal ein Trost an sich.
Ich hatte eben Pech gehabt.

Ich schüttelte auf sein Angebot hin den Kopf. „Nein, es macht mir nichts aus. Deine Familie ist einzigartig.“
Er stieß einen halb amüsierten, halb entnervten Laut aus. „Dann verbring mal dein ganzes Leben mit ihnen...“ Ich wusste, dass er es nicht so meinte, wie er es sagte. Er liebte seine Eltern, Patrick und Stacy, auch wenn er es aus Rücksicht auf mich vielleicht nicht direkt sagte. Aber ich konnte es ihm auch nicht verdenken. Wer würde sich nicht glücklich schätzen, hätte er so eine Familie?

Ich sah ihm noch einige Sekunden dabei zu, wie er die Erbsen weiterhin über seinen Teller kullern ließ, schließlich drei oder vier mit der Gabel platt drückte und verstohlen mit der Soße verrührte. Kurzerhand langte ich mit meiner Gabel zu ihm hinüber. „Das kann man ja nicht mit ansehen“, murmelte ich undeutlich, stapelte eilig einen Berg Erbsen auf meine Gabel, bevor die anderen mit ihren eifrigen Gesprächen fertig waren. Er hätte das Gemüse genauso gut liegen lassen können, dafür hätte ihm auch niemand den Kopf abgebissen. Allerhöchstens hätte es einen schrägen Blick und eine kurze Anmerkung darüber gegeben, dass Sportler ihre Vitamine, Proteine und noch jede Menge andere Wirkstoffe brauchten.

Ich ließ die Erbsen in meinem Mund verschwinden und Jason lächelte mich dankbar an.
„Wenn du so auf Erbsen stehst, Lee, kannst du meine auch haben“, hörte ich Stacy, die mir schräg gegenüber saß, grinsend sagen. Ich schluckte. Oh. Mist. Das war wohl doch nicht so unauffällig vonstatten gegangen, wie ich es gerne gehabt hätte. Meine Wangen wurden unwillkürlich heiß.
„Tja...“, machte ich und zuckte etwas hilflos mit den Schultern, da mir nichts Passenderes als Erwiderung einfallen wollte. Jasons jüngere Schwester fing daraufhin hell und fröhlich zu lachen an.
„Mann, bist du süß, wenn du rot wirst.“ Auch das noch. Warum nur waren alle Clines mit einem Selbstbewusstsein ausgestattet, dem man nichts entgegen zu setzen hatte?

Langsam begann ich doch, mich ein wenig unwohl zu fühlen, nicht zuletzt, da ich auf einmal die Blicke aller am Tisch auf mir fühlen konnte. Vielleicht hätte ich Jasons Angebot eben, nach oben zu gehen, doch annehmen sollen.
Stacy deutete mit der Gabel auf ihren Teller. „Also, hm? Was ist nun? Interesse an noch ein paar mehr Erbsen?“ Mrs. Cline sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen nach einer Erklärung verlangend an, woraufhin Stacy ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. „Entschuldige, Mom, du kochst wirklich phantastisch, aber ich hasse nun mal Erbsen.“
„Ich auch!“, meldete sich Patrick da zu Wort, auf dessen Teller die Erbsen versuchten, sich unter dem Salat zu verstecken, und sah mich erwartungsvoll an. „Also, wenn du willst...“

„Nix da“, mischte sich Jason jetzt ebenfalls ein, wobei er mir unbewusst beruhigend über den Arm strich. Dann griff er jedoch bestimmt nach meiner Hand, was mir einerseits auf Grund der Anwesenheit seiner Familie noch mehr die Röte ins Gesicht trieb, mich andererseits aber gleich viel sicherer fühlen ließ. Ich wusste jedoch trotzdem nicht so recht, wohin ich schauen sollte. „Bringt doch eure eigenen Freunde mit, wenn ihr euer Essen nicht mögt.“ Seine Berührung wurde fester. „Lee ist nicht dafür zuständig, eure Erbsen zu vertilgen.“ Mein Herzschlag geriet unvermittelt ins Stolpern, als er mich an der Hand zu sich rüber zog. Leichtes Entsetzen machte sich in mir breit. Oh nein, er würde doch nicht...

Bevor ich in irgendeiner Art und Weise protestieren konnte, waren seine warmen Lippen bereits auf meinen und seine hungrige Zunge in meinem Mund. Wieder hatte ich dieser geschickten Verführung nichts entgegen zu setzen und anstatt mich weiter zu verkrampfen, ließ ich es einfach zu und erwiderte zögerlich den Kuss.
Stacy stieß ein begeistertes Johlen aus und ihr Bruder Patrick fiel mit einem anfeuernden Pfiff in den Applaus ein. „Du liebe Zeit, ich komme mir vor wie im Zoo“, lachte Mrs. Cline, offenbar nicht im Mindesten verärgert darüber, was ihr Sohn am Tisch so trieb. Zumindest konnte ich das aus ihrer Stimme nicht heraushören, denn ansehen konnte ich sie gerade nicht.

Langsam löste sich Jason wieder von mir, sah mich jedoch noch einige Zeit lang mit blitzenden Augen an, die sich vor Verlangen noch um einiges verdunkelt hatten. Ich spürte mein Herz bis zum Hals schlagen, war unfähig, auch nur eine einzige Silbe über die Lippen zu bringen. Er schaffte es einfach immer wieder, mich vollkommen durcheinander zu bringen. „Gehen wir hoch?“, murmelte er an meinem Mund. Ich beschränkte mich aufs Nicken und ließ mich von ihm hochziehen, als er aufstand. An seine grinsende Familie meinte er betont höflich: „Wenn ihr uns jetzt bitte entschuldigen würdet, wir ziehen uns nach oben zurück.“

Stacy grinste ihn unverschämt breit an. „Klar. Lee wird sicherlich etwas Anderes als Erbsen zu vertilgen haben.“ Für einen Moment war ich so geschockt von ihrer unverblümten Offenheit, dass ich nicht anders konnte, als sie mit aufgerissenen Augen anzustarren. Himmel, wo war nur das nächstbeste Loch, in das ich mich verkriechen konnte? Mein Kopf war schon wieder so heiß geworden, dass ich problemlos das ganze Stadtviertel hätte beheizen können.
Ich hätte nicht erwartet, dass es noch peinlicher werden könnte.

„Sorry, Stacy, aber Lee liegt leider unten und wird heute nur genießen. Bis dann.“ Jason winkte seiner versammelten Familie lächelnd zu, die ihn jetzt vermutlich gerade so entgeistert anstarrte, wie ich Stacy gerade noch angesehen hatte. Dann jedoch platzte ein unglaublicher Lachanfall aus Patrick heraus, dicht gefolgt von Stacys und selbst seine Eltern schienen miteinander um die Wette zu grinsen.
Ich wusste nicht, ob ich Jason dankbar sein sollte, dass er mich endlich aus der Küche rauszog oder ob ich ihm eine reinschlagen sollte. Nun, letzteres war eindeutig nicht meine Art, also war ich ihm in den ersten Sekunden erst einmal nur dankbar, da ich vor Verlegenheit ein absolut klägliches Bild abgegeben haben musste. Konnte es denn sein, dass man vor seinen Eltern und Geschwistern so ungeniert über sein Sexualleben plauderte? Mein Gott, meine Eltern würden... würden... gleichzeitig mit einem Herzschlag, einem Schock und einem komatösen Anfall hintenüber schlagen...!

Oben in Jasons Zimmer angekommen, warf ich die Tür ungewollt laut ins Schloss und wetterte, zerrissen von Verlegenheit und Demütigung, gleich drauf los: „Sag mal, was sollte denn das? Ich... ich kann’s gar nicht fassen, dass wir gerade beim... beim Abendessen darüber gesprochen haben, wie wir... wir... nun, darüber halt! Vor deinen Eltern und vor Patrick und Stacy! Gott, was denken die jetzt wohl? Wie soll ich mich ihnen gegenüber denn jetzt verhalten? Himmel, Jason, was sollte das?“ Ich hasste es, wenn mir die Worte fehlten und ich ins Stammeln verfiel. Ich redete ohnehin nie häufig oder viel, aber wenn ich bei einer meiner seltenen, längeren Reden auch noch ins Stocken geriet, wollte ich am liebsten laut aufschreien, so wütend war ich dann auf mich.

Im Moment allerdings richtete sich meine Wut eher auf den jungen Mann vor mir, der, die Hände in den Hosentaschen vergraben, mich abwartend ansah. Und nichts sagte. „Was? Willst du... dich darüber jetzt ausschweigen, oder wie?“, fügte ich ärgerlich hintendrein, wobei der meiste Zorn bereits wieder verflogen war. Das schlimmste, was auf einen unkontrollierten Wutanfall folgen konnte, war ein Gegenüber, der einen so gelassen anblickte, als sei man ein kleines Kind, das alles falsch verstanden hatte und mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt werden musste. Bereits jetzt, keine Minute nach meinem kleinen Ausbruch, fühlte ich mich vollkommen lächerlich.

„Lee.“ Jason legte leicht den Kopf schräg und sah mir lange in die Augen, was zwangsläufig zur Folge hatte, dass ich mich noch schäbiger fühlte, und mich darüber hinaus unbehaglich zu fragen begann, ob ich nicht völlig grundlos überreagiert hatte.
„Wo liegt dein Problem?“, fragte er sanft und nicht im mindesten verärgert. Offenbar wollte er wirklich wissen, warum ich mich so aufregte. Und das gerade an einem Tag, wo er nicht von morgens bis abends in der Schwimmhalle trainierte. Eigentlich hatte ich mich doch gar nicht mit ihm streiten wollen, sondern wollte nur einfach den Abend genießen.
„Ach, ich... ich weiß auch nicht... nirgendwo...“, winkte ich wenig überzeugend ab und sah zu Boden. Ich verhielt mich so kindisch...

Jason überbrückte die Entfernung zwischen uns mit zwei großen Schritten, legte ruhig eine Hand unter mein Kinn und hob es vorsichtig an. „Es tut mir Leid, wenn ich dich gerade verletzt habe“, sagte er so ehrlich, dass ich ihm am liebsten sofort um den Hals gefallen wäre, vergeben und vergessen. „Weißt du, ich habe nicht daran gedacht, dass es dir eventuell... unangenehm sein könnte. Bei uns ist das eben so, da macht keiner den anderen nieder oder so.“ Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Du hättest letztens mal hören soll, wie Pat von seinem Abenteuer mit einer der Cherleaderinnen erzählt hat, hui.“ Das Lächeln wurde breiter. „Pop hat ihm anschließend noch von seiner wilden Jugend erzählt, und glaub mir, da kannst du froh sein, nicht dabei gewesen zu sein.“ Er zwinkerte mir verschwörerisch zu, ehe er wieder ernst wurde. „Ich weiß, dass du... und sei mir deswegen jetzt bitte nicht böse, ich weiß, dass du dieses... Zeigen von Zuneigung in der Öffentlichkeit nicht magst. Nächstes Mal denke ich dran, versprochen. Stacy hat mich nur so provoziert.“ Er lehnte seine Stirn sachte gegen meine und versenkte die dunklen Augen in mir. „Okay?“

Ich schluckte trocken, um den Kloß aus meinem Hals zu bekommen, erwiderte den Blick aber offen, sodass er genau sehen konnte, wie es in mir aussah. Ja, vielleicht hatte er mich damit verletzt... irgendwie... Ich war so etwas nicht gewohnt. Bei uns zu Haus gab es das nicht – Seth zählte da nicht zu. Das mag vielleicht auch an der unterschiedlichen Gesellschaftsschicht liegen, in der wir uns bewegten, aber weder außerhalb noch im Haus hatte es jemals diese offen gezeigte Liebe gegeben oder diese Aufrichtigkeit, was bestimmte Themen anbelangte. Und würde es auch nie geben. Natürlich hatte Jason es nicht böse gemeint. Es lag an mir. An meinem Umfeld.

Ich schloss kurz die Augen, da ich spürte, wie sich viel mehr in meinen Blick drängen wollte, und nickte leicht. „Okay“, flüsterte ich heiser, sah ihn wieder an. „Ich gewöhne mich schon noch daran. Immerhin will ich nicht, dass wir uns jedes Mal deswegen streiten“, fügte ich leicht lächelnd hinzu.
„Will ich auch nicht“, stimmte er mir zu und drehte leicht den Kopf, um mich voller Zärtlichkeit auf den Mund zu küssen. Sehnsüchtig öffnete ich meine Lippen für ihn und schlang die Arme um seinen Hals, während seine Hände warm auf meinen Hüften ruhten.
Ich konnte mir nicht helfen, aber wenn wir alleine waren, gefiel mir das alles einfach viel besser. Vielleicht auch, weil ich dann mehr aus mir herausgehen konnte. Aber mir war auch so, als empfand ich dann alles viel intensiver.
Meine Gefühle, seine Liebe, ihn.

Seine Hände wanderten über meinen Rücken, drückten mich fester gegen ihn, ließen mein Verlangen nach ihm schlagartig heiß hoch kochen. Leidenschaftlich vertiefte ich den Kuss, umschlängelte seine Zunge fordernder, bis ihm ein lustvolles Stöhnen entwich.
Gott, es tat so gut, ihn endlich wieder so zu halten, so zu spüren. Ich hatte gar nicht gewusst, wie sehr er mir wirklich gefehlt hatte in der Zeit, in der er ununterbrochen beim Training gewesen war. Der Gedanke daran, ihn jemals wieder loszulassen, war in diesem Moment so schrecklich, dass er mein Herz zusätzlich springen ließ.

Jason jedoch dachte im Moment nicht im entferntesten daran, sondern dirigierte mich während des Kusses zielsicher zu seinem Bett hinüber, wo wir uns etwas ungelenk niederließen. Dort angekommen, mussten wir uns aber doch voneinander lösen. Wir sahen uns schwer atmend an, ehe seine Lippen erneut auf meine trafen. Langsam schob er sich über mich und drückte mich sanft in die Kissen. Ganz kurz flackerte der Gedanke in mir auf, dass er nicht abgeschlossen hatte, was mir kurzzeitig ehrliche Angst einflößte. Aber es war schwierig, ihn darauf hinzuweisen, denn als er von meinem Mund abließ, knabberte er sich liebkosend an meinem Kinn entlang, strich mit federleichten Lippen über die weiche Haut am Hals und wirbelte in meinem Kopf alles durcheinander. Ein Stöhnen entfuhr mir und ich konnte nur wenig aussagekräftig auf die Tür deuten.
„Sie kommen nicht rein“, murmelte er, ohne seine Zärtlichkeiten zu unterbrechen.
Ich glaubte ihm.
______________
to be continued ..

OO”

Danke fürs Lesen,
- SnowWhite
 
*wow*
Himmel was soll ich sagen ich bin platt.
Der Teil war einfach nur köstlich vom Anfang bis zum Schluß.
Man hat jetzt etwas mehr über Lees Familiensituation erfahren, auch wenn immer noch nicht alles, so weiß man jetzt zumindest, das da einiges nicht so schön läuft wie bei Jason.
Jasons Familie hast du auch einfach klasse beschrieben, man konnte sich die Familienmitglieder gleich vorstellen und man hat sie liebgewonnen.
Das es Lee liebt die Leute einfach nur zu beobachten und selbst gar nicht so viel zu sagen macht ihn mir noch sympathischer, ich mache das genauso *g*
Ab den Erbsen hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht, das imme rbreiter wurde und bei Jasons Abschlußworten musste ich einfach nur noch Lachen.
Diese Szene ist dir einfach meisterhaft gelungen!
Der kleine Streit danach war auch sehr gut beschrieben, Lees ganze Gedanken kamen sehr gut rüber und im Endeffekt kann er Jason ja doch nicht widerstehen.
Und der Kuss war natürlich auch wieder mal mitreißend beschrieben.
Was soll ich noch sagen?
Ich will das nächste Kap. und freue mich schon jetzt total darauf!

:knuddel:
lg wölfin
 
Ich weiß nicht, so unnormal fand ich Lees Verhalten nicht *g*. Eher Jason ;). Aber die Familie war wirklich schön und anschaulich beschrieben, und kam sehr nett herüber. Vor allem die aufgezeigten Kontraste zu Lees Family...
 
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