Original geschrieben von Haggismchaggis
Schön und weitgehend mit meiner Meinung übereinstimmend. Warum zitierst du meinen Beitrag? Die Kopplung an eine bestimmte Ideologie habe ich dem Nationalismus nicht unterstellt. Darüberhinaus hast du oben (ich nehme an, du meinst deinen vorletzten Beitrag) nur zwischen Nationalismus und Nationalsozialismus unterschieden. Und die Unterscheidung habe ich nicht verschwimmen lassen.
Naja, Bildung kann ja nie schaden.
Nach wie vor ist meine Ansicht, Nationalismus sei "erstmal rechts". Ich meine damit Nationalismus als Komponente in jeder Ideologie, in der er auftritt. Er lässt die Position einer Ideologie sowohl von Kommunismus als auch von Anarchismus wegrutschen, hinaus aus dem internationalistischen Milieu. Und wenn man die "normalen" Anarchisten und Kommunisten als das linksradikalste Volk einstufen möchte, kommt man damit nicht umhin, Nationalismus als rechtsorientierten Faktor einzustufen.
Inwieweit die Beispiele, die du nennst, wirklich über scheinsozialistische/-kommunistische Staaten mit propagandistisch-nationalistischer Ausprägung hinausgehen, sei mal dahingestellt. Um es kurz herauszustellen: Parolen und Planwirtschaft machen noch keinen Kommunismus, höchstens in seiner stalinistischen Ausprägung.
Und da bin ich mir ganz sicher, dass Karl Marx im Himmel mit einem großen Gewehr hinter'm Eingangstor sitzt und auf Ullbricht, Honecker und Stalin wartet.
gut, da muss ich grundsätzlich zustimmen, ich habe bei meinen ausführungen diesen aspekt und somit eine wichtige differenzierung fatalerweise schlichtweg übersehen. von da her gilt es somit eigentlich zwischen dem stark ideologisierten nationalismus-konstrukt und allgemeinem nationalismus zu unterscheiden. ersteres ist, wie du richtig erwähnst und auch recht schön belegst, wirklich fast ausschliesslich ein produkt rechter ideologien. allerdings klaffen zwischen realität und praktisch allen ideologien, wie du ja mit deinen beispielen am ende eigentlich gleich recht gut zeigst, eine gehörige lücke, und durch diese drängt sich dann jener nationalismus, den ich eigentlich gemeint habe, in die köpfe der menschen so ziemlich jeder politischen ausrichtung, pikanterweise oftmals sogar bei solchen, bei denen es dann eigentlich im widerspruch zu ihrer sonst gepflegten politischen ideologie steht.
wobei grundsätzlich eigentlich auch erst einmal eine exakte definition von nationalismus angebracht wäre, ich hab mich ja wie gesagt eigentlich nicht auf diesen relativ radikalen, politisierten nationalismus bezogen, sondern mehr auf einen allgemeineren, dem patriotismus relativ ähnlichen, aber sowas führt ja langsam fast zu weit, wir sind ja jetzt schon nicht unbedingt mehr beim thema des threads, genau betrachtet..
und achja, beim südamerika-beispiel dachte ich weniger an die propaganda gewisser sozialistischer staaten, venezuela liesse sich da aktuell z.b. nennen, sondern mehr an "befreiungskämpfer" wie die farc oder ezln, die ja ähnlich wie die eta zwar die wurzeln in linken ideologien haben und auch von der internationalen linken unterstützt werden, aber gleichzeitig eine in gewissem sinn stark nationalistische ausprägung haben..
Dein oben genanntes Ausländerfeindlichkeitsbeispiel ist mir übrigens nicht ganz klar. Abneigung gegen eine Volksgruppe ist etwas anderes als "Ausländerfeindlichkeit", also die Ablehnung aller Menschen, die außerhalb der Grenzen des eigenen Geburtslandes geboren wurden oder sonstwie in ein passendes Raster fallen.
Anti-Israelismus ist darüberhinaus nicht Sache "der Linken". Er ist ein Phänomen, der von der überwältigenden Mehrheit linksradikal überzeugter Menschen abgelehnt wird. Ebenso steht es mit den Anfeindungen gegen Palästinenser. Linke, abgesehen von Stalinisten und MLPs, berufen sich gern auf kompromisslose Durchsetzung von Menschenrechten. Das beißt sich mit Völkerhass. Und Spinner gibt's überall, die kann man nicht als Beispiele bringen.
das beispiel bezog sich auch nicht auf ausländerfeindlichkeit, sondern auf antisemitismus. und bei diesem ist es relativ ähnlich wie bei der erwähnten nationalismus-differentierung: diese eigentliche, überaus radikale, auf irgendwelchen wirren rassenbiologischen theorien beruhende version des antisemitismus lässt sich auch hier eigentlich nur in verbindung mit rechtsextremen ideologien wie dem nationalsozialismus finden. antisemitismus in allgemeiner form als antisemitische klischees und dieser merkwürdigen auffassung vom "juden" lässt sich hingegen eigentlich wiederum auch in unterschiedlichsten ausprägungen praktisch überall finden, paradoxerweise sogar bei solchen, die eigentlich eine anti-antisemitische haltung zu äussern versuchen, dabei aber selber dümmste antisemitische ressentiments kolportieren, bisweilen lässt sich ähnliches entgegen jeder vernunft selbst bei menschen jüdischen glaubens finden..
und bezüglich des nahost-konflikts, natürlich müsste eigentlich jeder vernünftig denkende mensch und erst recht die linken zu einer ähnlichen haltung kommen, die einen gerechten und solidarischen frieden fordert. nur ist das in der realität merkwürdigerweise überhaupt nicht der fall, es kann sich fast niemand der neigung entziehen, einer der beiden seiten den schwarzen peter zuzuschieben und die anderen zu opfern hochzustilisieren, das sieht man immer wieder bei diskussionen zu diesem thema (z.b. gerade indymedia germany) und zeigt letztendlich auch, wieso die leute vor ort sich mit einem frieden, der ja eigentlich so einfach zu erreichen wäre, so schwer tun; denn, wie sollen die es schaffen, wenn nicht einmal wir hier im neutralen europa eine sinnvolle konsenslösung zu finden fähig sind? es gibt also in der linken, besonders der radikalen, eine recht starke fraktion dieser pali-sympathisanten, die dabei schon mal bereit sind, all die religiösen extremisten und sonstigen rechtsextremen unter den palästinenser zu übersehen und stattdessen die unterdrückenden und menschenrechtsverletzenden israeli als "nazis" und ähnliches zu brandmarken. andersrum wird freilich genau so schwachsinnig "argumentiert" bzw. im prinzip reichlich hohle und undifferentierte propaganda betrieben..
Die CDU/CSU als "rechte" und die SPD als "linke" Parteien anzuführen, wundert mich auch. Das sind beides Parteien der Mitte, die derartig weit angeglichen sind, dass an ihren politischen Rändern Platz für weitere Parteien ist. Parteien der Mitte können durchaus verschiedene Positionen auch außerhalb des traditionellen Rollenmodells annehmen. Linke Parteien fangen bei den Grünen an, die SPD ist mitte-links, die CDU auch nur konservativ.
natürlich, das stimmt schon, habe das ja eigentlich auch noch etwas relativiert, wenn auch zu wenig stark. worauf ich eigentlich hinaus wollte war aber mehr, dass die spd halt doch noch eine gewisse verwurzelung in der linken und die union das selbe in der rechten hat, auch wenn das bei der parteipolitik und erst recht im wahlkampf kaum noch was zur sache tut. aber es hat ja dennoch eigentlich in beiden parteien noch so ein letztes fähnchen der aufrechten, die hin und wieder versuchen, der parteiführung auf die finger zu klopfen und sie an die parteitraditionen zu mahnen. wenn dann aber die eine partei im wahlkampf plötzlich bei gewissen themen sogar jene "fundamentalisten" der anderen seite auf deren eigenem terrain überholt mutet das schon etwas schräg an und belegt ja eigentlich das von dir gesagte, dass sich beim kampf um stimmen eigentlich die meisten der grösseren parteien längst einfach in einem sumpf der mainstream-meinungen tummeln und versuchen, als erstes die stimmung der mehrheit möglichst treffend aufzugreifen, was anderes wollte ich da nie sagen, jedenfalls bestimmt nicht, dass diese parteien noch pragmatische politik betreiben würden, aber vielleicht kams falsch rüber..