Als Kortas die Worte Sklavin wieder so niederträchtig aussprach und seine Augen zu leuchten begannen, bekam sie es doch mit der Angst zu tun. Doch dann war es schon zu spät. Alles um sie herum begann sich zu drehen, eine dichte Dunkelheit griff um sich und hüllte sie ein. Es war, als würde sie schweben, doch dann plötzlich lichtete sich die Dunkelheit und sie sah auf eine dämmernde Lichtung. Sie kannte diesen Ort, obwohl sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Etwas sagte ihr, dass sie ihn kannte, es kam ihr so vertraut hier vor. Dann sah sie diesen Mann, groß, breit gebaut, muskulös, schwarze Haare und dunkle Augen. Er schien wegen etwas sehr verärgert, er rief einen Namen und sah sich suchend um. Erst jetzt verstand sie, was er rief. „Aladrya!“ Aladrya.. das war der Name ihrer Mutter! Sie ging langsam aus dem Schatten heraus und beobachtete den Mann, wie er weiter den Namen schrie. „Aladrya! Wo bist du, du Dreckshure! Denkst du, du kannst dich vor mir verstecken?!“ Sie hielt vor Schreck den Atem an und sah sich ebenfalls um. Der Mann kam immer näher, doch er schien sie nicht zu sehen. Dann hörte sie ein Rascheln und ein ängstliches Schluchzen. Doch nicht nur sie hatte es gehört. Der Mann horchte auf und kam in großen Schritten auf sie zu. Sie sah geschockt zu der jungen Frau, die nicht viel älter als sie selbst war. Jetzt wo sie sie ansah, bemerkte sie diese Ähnlichkeit. Ihre Mutter sah aus wie ihr Ebenbild.. nur vom Schmerz durchfressen und ihr Gesicht schon so zerstört von Sorge und Pein, dass sie erschrak. Jetzt packte der Mann sie grob an den Händen und drückte die zitternde Frau zu Boden. „Wo ist sie?!“, schrie er sie an und sie zuckte zusammen. „Du wirst sie niemals finden, niemals!! Dafür habe ich gesorgt!“ Filia sah schockiert weg, als der Mann sie offen ins Gesicht schlug. „Filia wird in Frieden aufwachsen, du wirst sie nicht bekommen!“ Ein weiterer Schlag folgte. „Halt den Mund! Du gehörst mir! Du bist mein Eigentum.. und somit auch alles was aus dir entspringt!“ Die Worte waren für sie wie ein Schlag ins Gesicht.. Nein! Das ist nicht real! Das ist nicht real! „Und sie ist meine Tochter! Gib sie mir zurück!“ Mit starrem Blick sah sie auf den Mann, der gerade diese Worte ausgesprochen hatte, die sie nicht mal zu denken wagte. Das ist.. mein Vater? Alle Emotionen drehten sich wie verrückt, sie sank auf die Knie und sah gebannt zu, wie dieser Mann sich an seiner Mutter zu schaffen machte. Sie schrie wie am Spieß, doch sie konnte nicht wegsehen. Sie konnte nicht übersehen was für eine Freude es ihm bereitete sie leiden zu sehen. Sie sah nicht mal das Messer aufblitzen, sah nicht auf welch grausame Weise er ihr das Leben nahm. Sie war wie erstarrt und zitterte am ganzen Laib. Plötzlich erhob sich der Mann, von Aladrya war kein Ton mehr zu hören. Jetzt kam ihr Vater auf sie zu und als er zur Seite trat konnte sie die schrecklich entstellte Leiche ihrer Mutter sehen. Ihr Atem ging schnell und sie sah panisch zu ihm auf, dem Mörder ihrer Mutter, ihr Vater.. „Komm her meine kleine Filia..“, sagte er mit einem irren Grinsen auf den Lippen. „Komm, komm zu mir meine Tochter..“ Da spürte sie, wie sie plötzlich auf dem Boden gefesselt war. Sie konnte sich nicht mehr rühren, irgendetwas hatte sich um ihre Beine geschlungen. „Du kannst nicht davon laufen.. hast du denn schon vergessen? Du bist mein Eigentum.. mein Besitz.. meine Filia..“ Auf einmal begann das Gesicht ihres Vaters sich zu wandeln, auch sein Körper wandelte sich.. „Kortas..“, keuchte sie und kniff ihre Augen zusammen. Sie ruckte wie wild an ihren Beinen, doch die Fesseln hielten wie Eisen an ihren Knöcheln fest. Ich habe das selbe Schicksal wie meine Mutter.. Werde ich auch auf so grausame Weise sterben müssen? Sie gab ihr Leben um meines zu retten. Sie war noch so jung.. Als sie ihre Augen wieder aufriss war Kortas wieder verschwunden und das Ebenbild ihres Vaters erschien wieder vor ihr. Er zückte das blutverschmierte Messer und beugte sich zu ihr runter. „Du kannst nicht entfliehen.. das Schicksal holte sie, so wie es dich holen wird..“ Da setzten die Schmerzen ein, das Messer bohrte sich in ihr Fleisch und führte seine Linie ihren Arm entlang. Sie schrie, schrie, wie ihre Mutter es getan hatte. Weinte die Tränen, die ihre Mutter geweint hatte. Spürte diese Leere, die ihre Mutter verspürt hatte.. Stundenlang unterzog er sie dieser Folter, bis sie merkte, dass ihre Kraft schwand und alles dunkel wurde. Ihre Lebensenergie wurde ihr entzogen, außer ihrer Kontrolle. Dann kam sie wieder zurück, etwas rief sie zurück, ob es die Schmerzen waren, oder etwas anderes, das konnte sie nicht beurteilen. Und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sie an diesem Abend starb..
Zitternd und völlig von Verstand wachte Filia am nächsten Morgen in ihrem Bett auf. Doch sie war nicht wach, sie schlief jedoch auch nicht. Ihre Augen waren offen, starr an die Decke gerichtet. Ihr Körper zitterte und ihre Glieder zuckten ab und an zusammen, als wäre sie noch nicht zurück. Sie bekam nichts von der Außenwelt mit, innerlich war sie noch gefangen in dieser Welt in der sie diese Nacht so viele Male auf grausamste Weise gestorben war..