@ Son-Sonna:

Eben. ^^
Als was arbeitest du denn? Ich genieße im Moment die freie Zeit nach dem Abi... hätte also durchaus genug Zeit, um regelmäßig zu posten. *schäm*
Yep, lass dich überraschen...
Danke, freut mich zu hören.
Dann mal weiter.
Zogara zuckte unmerklich zusammen. Wie ein ängstliches Tier sank er ein Stück herab und schielte nun wesentlich vorsichtiger als zuvor in Thees` Richtung. Silai beobachtete die Veränderung aufmerksam und ließ den Blick immer wieder zwischen dem Jungen und dem Magier schweifen. Eine merkwürdige Verbindung bestand zwischen ihnen, das spürte sie plötzlich ganz deutlich. Aber welcher Art sie war, das konnte sie nicht sagen.
Sie schwiegen sich an. Weder Thees noch Zogara sagte ein Wort, die Stille war unangenehm und doch wusste die Elfe, dass es mehr war – da lag etwas zwischen den beiden, es war greifbar nahe, jedoch für sie unerreichbar.
Eines war klar, Zogara kannte den jungen Magier nicht, aber offensichtlich wusste Thees genau, wen er vor sich hatte.
„ Thees...“, hörte sie den Jungen nachdenklich sagen, „ Thees... ich kenne deinen Namen nicht. Ich glaube, ich kenne ihn nicht...“
Zu ihrer Überraschung lachte der Magier leise und machte einen wackligen Schritt auf sie zu.
„ Das verwundert mich nicht. Es gibt noch viele Dinge, die du nicht kennst. Und vielleicht wäre es besser gewesen, wenn es dabei geblieben wäre...“
In seinen letzten Worten schwang Bedauern mit. Sein Gesicht war ernster geworden, den Stab stellte er vor seinem Körper ab und stützte sich mit beiden Händen auf ihn.
Obwohl dieser Mann sie gerettet hatte, war er ihr unheimlich. Jetzt, da die Schatten verschwunden waren, wagte sie es auch wieder, ihren Geist zu öffnen. Einen Moment lang konzentrierte sie sich auf die Aura des Magiers, dann auf seinen Geist und seine Gedanken und ihr wäre beinahe das Herz stehen geblieben, als er sie plötzlich mit einerseits belustigtem, andererseits stechendem Blick ansah.
Lass das.
Sie hörte seine Stimme in ihrem Kopf... Erschrocken taumelte sie einen Schritt zurück und blickte ihn mit großen Augen an. Der Geist eines Magiers war groß und weit fast ebenso weit wie der mancher großer Damare, Elfenmagier. Sie hatte nur vorsichtig an der Oberfläche seiner Gedanken gekratzt, eigentlich hätte er davon gar nichts merken dürfen...
Zogara dagegen schien nichts bemerkt zu haben, er war viel zu sehr in Gedanken versunken. Er schüttelte nur langsam den Kopf, sagte jedoch nichts.
„ Wohin wolltest du ihn bringen?“, meldete sich der Magier zu Wort, an Silai gewandt.
Sie brauchte eine Weile, bis sie sich wieder gefasst hatte und antworten konnte.
„ Wohin? Ich... er konnte nicht hier bleiben. Der Alte Wald – ist hier ganz in der Nähe.“
Thees schnaufte, jedoch hörte es sich nicht verächtlich an. Eher wie die Reaktion eines Lehrers auf den dummen, törichten Fehler seines Schülers.
„ Glaubst du, dort wäre er sicher gewesen?“
Silai zögerte einen Moment und sah ihn misstrauisch an.
„ Ja, das denke ich noch immer.“
Diesmal war es Thees, der zögerte. „ Bei deinen Artgenossen wäre er also sicher. Ein Mensch mit unglaublicher, magischer Macht in Zeiten wie diesen bei den Elfen des Alten Waldes – die gehören doch nichteinmal zum Rat, habe ich Recht? Ich bin sicher, du hast es gut gemeint,... ähm...“
„ Silai. Man nennt mich Silai.“
„ Silai. Ein schöner Name.“ Er lächelte. Verwirrt blickte sie ihn an, aber er begann nur wieder belustigt zu schmunzeln. Da war so ein merkwürdiges Glitzern in seinen Augen, das Silai verwirrte. Seine Freundlichkeit wirkte so echt, so unbeschwert und doch...
„ Wo hätte ich ihn sonst hinbringen sollen? Diese Schatten,“ bei dem Gedanken daran fröstelte es sie, „ waren mächtig. Die Bäume sind tot und werden nie wieder wachsen. Dasselbe hätten sie mit ihm getan.“
Thees verzog leicht das Gesicht und sah sie von der Seite her an.
„ Nun ja – “
„ Nun ja?“, echote Silai verständnislos, „ Sie sind die Verkörperung der dunkelsten Magie, die es auf dieser Welt gibt. Eben gerade sind wir nur mit deiner Hilfe dem Tode entronnen. Und du, der sich ihnen allein in den Weg gestellt hat, sagst <Nun ja>?“
„ Nun... ja.“
Silai ließ die Schultern hängen. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, trat nun Zogara einen Schritt vor und sah mit festem Blick zu Thees hinüber.
„ Du weißt den Grund,“ sprach er ausdruckslos – Silai wusste nicht, worauf er hinaus wollte.
„ Du weißt, wieso ich hier bin.“
Der Mann wusste es, das spürte Zogara. Es war ein undefinierbares Gefühl der Erkenntnis, als wäre ein dunstiger Nebelschleier von ihm genommen worden, der ihm all die Jahre den Blick auf die Welt verwehrt hatte, sodass er mit einem Mal klarer sah.
Er war nun den Antworten, die er seit Jahren suchte, nahe. Endlich... und doch, trotz des unbekannten Gefühls der Freude, das mit einem Mal in ihm aufkeimte, mischte sich etwas hinzu, das eben diese Freunde dämpfte.
Misstrauen. Ein unbestimmtes Gefühl, das mehr in seinem Unterbewusstsein vorhanden war, das ihm riet, sich vor diesem Mann fernzuhalten. Jedoch konnte er darauf nun keine Rücksicht nehmen.
„ Sag es mir. Ich will es wissen.“
Es wirkte, als wolle Thees etwas dazu sagen, er öffnete sogar schon den Mund, setzte jedoch stattdessen nur ein dünnes Lächeln auf und wandte sich ab.
Zogara verzog unwillig das Gesicht. Dieser Mann hatte nicht das Recht, sich so einfach zu drücken!
„ Sag es mir...“ Seine Stimme war kaum mehr als ein bedrohliches Flüstern.
Thees klopfte sich nicht vorhandenen Dreck von der Kleidung und drehte sich zu Silai. Nun war sein Gesicht wieder ausdruckslos, er wirkte plötzlich sehr viel älter und er sah müde aus.
„ Genessar.“ Sein Tonfall ließ keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Wortes. Silai stockte, ihre Augen wurden größer.
„ Was?“
„ Kennst du es nicht?“, wollte der Magier wissen, ohne Zogara auch nur eines Blickes zu würdigen, „ Dort wird er vorerst sicher sein.“
„ Natürlich kenne ich es, aber... dort liegt –“
„ Die Stadt der Zerdris. Ihre größte hier in den Freien Landen,“ führte er ihren Satz zuende und sah sie mit festem Blick an. Dann seufzte er, senkte für einen Moment die Augen und Silai stellte erneut eine Veränderung bei ihm fest. Nun war sein Gesicht wieder weich, das Lächeln war darauf zurückgekehrt und er sah aus wie ein Mann, der mit sich und seiner Umwelt völlig im Reinen war.
Wie kam es zu diesen plötzlichen Sinneswandlungen? Silai kam es vor, als würde sich dieser Mann ständig hinter seinem Gesichtsausdruck verstecken und gerade, wenn sie dachte, sein wahres Gesicht sehen zu können, verschwand es wieder und machte Platz für ein ebenso glaubhaftes.
Die Stadt der Zerdris – nicht im Traum wäre sie auf die Idee gekommen, Zogara dorthin zu bringen, zumal sie selbst niemals freiwillig in diese Stadt spazieren würde. Seit ewigen Zeiten waren die Elfen mit den Zerdris im Krieg, zwar war es heutzutage kein offener Krieg mehr, jedoch hielten sich beide Völker streng voneinander fern. Wenn Elfen in ihren Landen gesichtet wurden, wurden sie entweder getötet, oder, wenn sie Glück hatten, nur gefangen genommen. Es gab viele unter den Zerdris, die die Elfen hassten, und denen sie in ihrer Gefangenschaft das Leben zur Hölle machten. Im Krieg vor 203 Jahren, dem Hòdral – Krieg, was soviel bedeutete wie „ Säuberung“, waren viele gefangene Elfen mehr tot als lebendig zu ihnen zurückgekehrt. Die Zerdris hatten sie gefangen gehalten, jedoch nicht getötet. Sie war zu diesem Zeitpunkt noch sehr klein gewesen, sodass sie die Geschichten über die lebenden Toten, wie sie genannt wurden, nur vom Hörensagen kannte.
Bis auf die Knochen abgemagert seien sie zurückgekehrt, mit Verletzungen übersäht, die langen, strahlenden Haare bis auf ein paar Zentimeter abgeschnitten, die Kleider nur noch in Fetzen zu erkennen. Silai hatte keinen von ihnen je zu Gesicht gekriegt und doch war über die Jahre ein Bild des Grauens in ihren Gedanken entstanden. Und wenn sie eines wusste, dann war das, dass die Zerdris böse waren.
„ Deinem Schweigen entnehme ich, dass du damit einverstanden bist,“ hörte sie die Stimme des Magiers und schreckte aus ihren Gedanken. Er musterte sie mit seinen grünen Augen, die das Lächeln seines restlichen Gesichtes nicht teilten.
„ Und deinen Worten entnehmen ich, dass du über das Verhältnis zwischen Zerdris und Elfen nicht Bescheid weißt,“ erwiderte sie und erschrak davor, wie kühl mit einem Mal ihre Stimme klang.
Sie nahm eine Bewegung im Augenwinkel wahr – Zogara humpelte ein Stück weiter und blieb dann abrupt an derselben Stelle stehen, wie vor dem Angriff der Schatten. Zwar konnte sie ihn nur von hinten sehen, aber trotzdem bemerkte sie seine Anstrengungen, den nächsten Schritt zu tun. Und es gelang ihm auch nicht.
Thees hatte seinen Blick nicht von ihr genommen, nur sein Lächeln war mit einem Mal breiter geworden, was Silai verunsicherte. Es würde sie wundern, wenn dieser Mann nichts von dem Krieg wüsste.
„ Doch, ich weiß sehr wohl darüber Bescheid,“ grinste er, „ Besser vielleicht, als du selbst, Silai. Und deshalb glaube ich auch, dass er dort sicher ist.“
Sie zögerte, bevor sie antwortete. Er sollte mehr wissen, als sie? Woher? Wer war dieser Mann? Es fiel ihr schwer, sich zu beherrschen und nicht zu versuchen, in seinen Geist zu blicken, um einen kurzen Eindruck zu bekommen. Aber sie ahnte, dass er es sofort merken würde und das wollte sie kein zweites Mal riskieren.
„ Wieso sollte er dort sicherer sein, als bei den Elfen?“, fragte sie, blickte erneut zu Zogara, der sich noch immer abmühte, durch diese Barriere zu kommen. Das würde das nächste sein, das sie Thees fragen würde. Seine Verbindung zu Zogara war ihr völlig unverständlich, aber dass es eine Verbindung gab, war sicher.
„Du meinst den Dunkelelfen.“
Silai öffnete den Mund, klappte ihn jedoch wieder zu.
„Du weißt, dass sowohl Menschen, als auch Elfen oder Zerdris, eigentlich jedes existierende, denkende Wesen nach Macht strebt. Macht über sich selbst, über andere, über Länder und seine Bewohner. Ich bin mir sicher, dass die Elfen vorrangiges Interesse an seiner Magie hegen, auch, wenn deine Absichten vielleicht woanders lagen.“
„Was gibt dir das Recht, so zu sprechen?“, empörte sich die Elfe und trat einen Schritt zurück.
„Die Wahrheit. Denn so ist es, und das weißt du. Ich bin sicher, dass nicht nur du seine Macht gespürt hast, und bald werden auch noch andere hier sein. Bis dahin müssen wir von hier verschwinden.“
Wut stieg in ihr auf. Seine Worte verwirrten sie zutiefst, und ihre sonst so beherrschten Gesichtszüge drohten außer Kontrolle zu geraten.
„Du willst doch nicht etwa sagen, den Zerdris läge nichts an Zogaras Magie? Dass sie nicht so machtgierig seien, wie wir es deiner Meinung nach sind?“ Sie spürte, wie ihr Gesicht dunkler wurde, ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nein, sie musste sich beherrschen, sie durfte nicht so aufbrausen, nur, weil dieser Mann ihr Volk beleidigte.
„Sicher weißt du, dass die Zerdris ein Kriegervolk sind, ihnen liegt wahrhaftig nicht viel an Magie.“ Als Silai den Mund öffnete, um zu widersprechen, hob Thees die Hand und sie zögerte. „Jedoch will ich nicht behaupten, sie würden nicht versuchen, Zogaras Macht für sich zu beanspruchen. Andererseits glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass sehr viele von ihnen seinen Ausbruch bemerkt haben, denn nur die Hohen und Gelehrten von ihnen haben sich die Fähigkeit angeeignet, Magie zu spüren.“
Wieder wollte Silai sprechen, aber diesmal genügte ein Blick seinerseits, um sie zum Schweigen zu bringen.
„Außerdem herrscht Krieg zwischen ihnen und den Elfen und noch dazu sind die Zerdris nicht besonders gut auf die Menschen zu sprechen, seitdem die Drachenritter das Land unsicher machen schon gar nicht. Weder Menschen noch Elfen werden es also in nächster Zeit wagen, uns dort zu suchen. Und wenn sie dazu bereit sind, wird er bereits wieder über alle Berge sein.“
Nun blieb Silai still. Auch, wenn ihr der Gedanken nicht gefiel, musste sie doch zugeben, dass seine Worte nicht ganz sinnlos waren. Und wenn sie genauer darüber nachdachte – wieso sollte sie noch darauf beharren, ihn zu den Elfen zu bringen? Selbst für sie war dies nur eine Notlösung gewesen. Dass nicht schon Elfen vor ihr hier gewesen waren, lag einzig und allein daran, dass sie alle in den Wäldern lebten und dort seit dem Krieg mit den Menschen auch kaum noch hinaus kamen. Sie jedoch hatte sich vor einiger Zeit entschieden, die Elfen vorerst zu verlassen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Es war nicht ohne Schwierigkeiten abgelaufen und sie hatte Entscheidungen treffen müssen, die sie im Nachhinein bereute. Freundschaften waren auseinander gebrochen und Familienbande dünner geworden. Sie war beinahe zu einer Art Verräterin an ihrem Volk geworden.
Schließlich senkte sie den Kopf. Sie wollte diesen Jungen retten, und wenn es die einzige Möglichkeit war, ihn nach Genessar zu bringen, dann würde sie es auch tun.
„ In Ordnung.“, sagte sie endlich und spürte plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter. Thees blickte sie lächelnd an.
„ Du wirst es nicht bereuen. Und ich denke, du kannst bei ihnen noch viel über dein Volk lernen. Aber wir sollten jetzt los.“
Silai nickte, dann fiel ihr jedoch ein, dass das Losgehen ebenso ein Problem darstellte. Ihr Blick wanderte wieder zu Zogara, der sich nun erschöpft auf seinen Stock lehnte.
Nun fiel auch Thees` Aufmerksamkeit wieder auf den Jungen, jedoch machte er keine Anstalten, etwas zu sagen. Also übernahm Silai das Reden.
„ Du hast vorhin so geklungen, als wüsstest du, wieso Zogara nicht weitergehen kann,“ begann sie, aber Thees runzelte nur die Stirn. Etwas verwirrt sah er sie an, dann schien ihm ein Licht aufzugehen und er lachte leise auf.
„ Ach ja... Zogara. So nennt man ihn also jetzt.“
Nun war es Silai, die verwirrt war. Was sollte das nun schon wieder? Sie wurde aus diesem Menschen einfach nicht schlau...