Good And Evil - Feuerstrom

*den Staub vom Thread blas*

Ihr werdet's nicht glauben, aber ich habe soeben allen Ernstes doch noch mal einen neuen Teil geschrieben. Wirklich zufrieden bin ich nicht damit, das mag auch daran liegen, dass die Phase, in der ich damals mit G&E angefangen hab (d.h. als ich all das zum ersten Mal geschrieben hab) schon so lange her ist.
Um aber mal zu testen, ob überhaupt noch Interesse da ist, hier also der versprochene neue Teil.

VIRGO SAGA - KAPITEL 7 "AM RANDE DER NIEDERLAGE" - TEIL 2

Endlich hatte Tucana ihre Schwester gefunden! Und, wie es schien, in allerletzter Sekunde, denn die Frau, die da vor ihr stand und ihr Leben bedrohte, musste wohl diese Virgo sein. So weit, so gut. Aber der schwierige Teil stand erst noch bevor. Tucana war so damit beschäftigt gewesen, sich um Crux zu sorgen, dass sie sich gar keine Gedanken darüber gemacht hatte, was sie nun, da sie sie gefunden hatte, tun sollte. Nein, natürlich wusste sie, was sie zu tun hatte: Sie musste diese böse Dämonin im Kampf besiegen und dann töten. Ja, genau, das würde sie tun.

Instinktiv ballte das Mädchen die Fäuste und spannte ihre Muskeln an, ihren entschlossenen Blick trotzig auf das Höllenwesen gerichtet, das sie endlich auch bemerkt zu haben schien. Allerdings machte es nicht den Eindruck, als schlotterten ihm vor Angst schon die Knie. Bitte, sollte es doch Tucana ruhig unterschätzen!

Die musste aber schon zugeben, dass sie nicht wirklich wusste, wie sie sich zu verhalten hatte. Zwar hatte sie Crux oft (und meist heimlich) beim Training zugesehen, aber ihre Schwester hatte ein nahezu übernatürliches Talent dafür gezeigt, sie immer aus allen ernsthaften Kämpfen herauszuhalten. Sie hatte ihr sogar verboten, Kampfsport zu treiben, um jede Gefahr von vorneherein abzuwenden, um das Risiko, dass Tucana doch eines Tages gegen einen Dämon würde antreten wollen, auf null zu reduzieren. Als Resultat davon mangelte es der Jugendlichen nun doch ein wenig an Erfahrung. Genau genommen hatte sie überhaupt noch nie gekämpft. Aber so schwer konnte das ja nicht sein!

Auf Virgos Gesicht war mittlerweile ein hinterhältiges Lächeln erschienen, während sie das Messer, mit dem sie eben noch Crux zu töten gedroht hatte, in der Hand wog. Ein kampflustiges Schnauben, wie das eines Tieres, entwich ihr. Ihre Körperhaltung hingegen sprach eine ganze andere Sprache: Sie schien beinahe gelassen, ihre Arme hingen an ihr herunter, ihren Kopf hielt sie schief und grinste blöd. Vermutlich rechnete sie nicht damit, dass Tucana ein solches Naturtalent war, was das Kämpfen anging. Kein Wunder, das wusste ja auch niemand außer Tucana selbst. Und auch sie wusste es eher aus einem Gefühl heraus als aufgrund entsprechender Erlebnisse.
Jedenfalls galt es jetzt, diese Nachlässigkeit der Dämonin auch auszunutzen. Zwar hatte Tucana eigentlich keine Ahnung, wie sie so eine koordinierte Attacke starten sollte, aber eines war klar: Solange sie so weit – ungefähr zehn Meter, schätzte sie – von ihrer Gegnerin entfernt war, konnte sie nicht angreifen. Also rannte sie kurzerhand auf ihre Kontrahentin zu, die keinerlei Reaktion zeigte, und als sie nah genug war, holte sie aus und schlug zu.
Der Fausthieb traf Virgo am Brustkorb und ließ sie nach hinten taumeln. Ohne zu zögern, setzte Tucana nach, schlug immer wieder zu, so schnell sie konnte, und die Hiebe prasselten nur so auf Bauch und Brust ihrer Feindin ein, die überhaupt keine Chance hatte, sich zu wehren, zu sehr überraschte sie die unmenschliche Geschwindigkeit des Mädchens.

Ein finaler Streich brachte die Dämonin endgültig aus dem Gleichgewicht, und sie wäre wohl umgefallen, hätte nicht dicht hinter ihr ein Baum gestanden, gegen dessen Stamm sie sich lehnen konnte. Das Messer fiel ihr aus den – vermutlich vor Schmerz und Erschöpfung – zitternden Fingern. Doch auch Tucana atmete schwer. Sie war diese Form der körperlichen Anstrengung einfach nicht gewöhnt. Aber es lief ja ganz gut, sogar besser, als sie selbst es erwartet hatte. Nur ein Problem hatte sie: Weil sie sich vor Aquila hatte davonstehlen und so sehr darauf achten müssen, keine verdächtigen Geräusche zu erzeugen, hatte sie ganz vergessen, dass sie ja ein Messer oder eine ähnliche Stichwaffe brauchte, um einen Dämon zu töten. So war sie nun nicht imstande, das Duell zu beenden. Zum Glück hatte ja ihre Widersacherin ein Messer, und noch dazu hatte sie es eben fallen lassen. Die Frage war bloß: Wie kam Tucana da heran, ohne dass Virgo sie überraschen konnte?

Mit drohend erhobenen Fäusten kam die Jugendliche näher, versuchte dabei, mit zuckenden Handbewegungen deutlich zu machen, dass die Dämonin zur Seite treten solle, wenn sie am Leben bleiben wolle. Doch die rührte sich nicht vom Fleck, sondern keuchte immer noch, hielt sich mit einer Hand den Oberkörper und bedachte Tucana mit bösen Blicken. Vielleicht waren Dämonen ja zu dumm, diese Handzeichen zu verstehen. Oder Virgo war einfach zu fertig, um sich überhaupt noch zu bewegen, und fürchtete, ohne den stützenden Baumstamm umzufallen. Ja, so musste es sein.

Ohne ihre Opponentin aus den Augen zu lassen, bewegte sich Tucana langsam auf das Messer zu, bis sie unmittelbar daneben stand. Ihr Herz schlug schnell und hart, Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn, weniger vor Erschöpfung als vor Nervosität. Immerhin befand sie sich gerade direkt neben einer Dämonin! Die sich zwar die Wunden leckte, aber das machte sie ja nicht weniger gefährlich. Im Fernsehen hatte sie einmal gesehen, wie ein Mann sich in einem Käfig mit wilden Raubtieren bewegt hatte, er hatte die Bestien nie unbeobachtet gelassen und sich nur sehr vorsichtig fortbewegt, um sie nicht zu provozieren. Genau so verhielt sie sich nun auch, um diese Bestie nicht zum Angriff zu verleiten. Langsam ging sie in die Hocke, um die Waffe aufzuheben. Erst wollte sie mit der Hand danach tasten, doch dann fiel ihr ein, dass sie dabei womöglich in die scharfe Klinge greifen und sich verletzen würde, also sah sie kurz im Augenwinkel zu Boden, um das Messer ausfindig zu machen. Das dauerte höchstens eine halbe Sekunde. Viel zu lang.

Tucana spürte auf einmal einen mächtigen Schlag gegen den Kopf, dann flog sie durch die Luft, alles drehte sich, sie kam auf, überschlug sich mehrmals auf dem Waldboden, hatte den Geschmack von Erde im Mund, und nur einen Augenblick später war alles um sie dunkel.
 
Das war aber schon ein bisschen übertrieben, dass Tucana auf einmal Virgo fast besiegt nachdem Crux und Fornax da total gescheitert sind... Aber vielleicht hat die Gelegenheit ja ausgereicht, damit Crux wieder auf die Füße kommt...
 
@Tiara: Ja, sicher wollte ich das schon mit dem letzten Teil testen, aber der lag ja auch schon wieder 5 Monate zurück...

Was Tucanas Kraft angeht: Einmal war der letzte Teil natürlich aus ihrer Sicht erzählt und daher entsprechend subjektiv gefärbt, d.h. in Wirklichkeit wird sie nicht so stark sein, wie sie selbst denkt. Andererseits ist sie aber schon stärker, als alle anderen denken. Stimmt schon, dass das etwas klischeehaft ist, es ist jedoch auch storytechnisch notwendig (dazu später mehr ;) ).

VIRGO SAGA - KAPITEL 7 "AM RANDE DER NIEDERLAGE" - TEIL 3

Aquila konnte kaum glauben, was sich da vor ihren Augen abspielte. Sie war dem Pfad aus abgebrochenen Ästen und zertrampelten Pflanzen durch das Gestrüpp bis zu einer Lichtung gefolgt, und auf dieser hatte sie, wie sie es befürchtet hatte, sowohl Virgo als auch Tucana gefunden. Und dann war alles ganz schnell gegangen. Erst hatte sie entsetzt festgestellt, dass Crux am Boden lag und sich nicht mehr wehren zu können schien. Dann hatte Tucana auf einmal die Dämonin angegriffen, und zwar in einem Tempo, das jedem Sprinter Ehre gemacht hätte, und war dabei nicht, wie Aquila erwartet hatte, sofort getötet worden, sondern hatte ihrer Gegnerin im Gegenteil sogar mehrere Schläge versetzt. Und kaum, dass Aquila Hoffnung geschöpft hatte, hatte sich Virgo das Mädchen auch schon mit einem einzigen, präzisen Hieb doch noch vom Hals geschafft.

Die junge Frau brauchte eine Weile, um all das zu verarbeiten. Doch die hatte sie nicht. Sie wusste nicht, woher Crux‘ Schwester diese Geschwindigkeit, diese Stärke plötzlich genommen hatte, sie wusste nicht, ob sie – nur für einen kleinen Moment – gar eine echte Chance gehabt hatte, Virgo zu bezwingen, oder ob diese lediglich überrascht gewesen war ob des Eingreifens eines Teenagers, oder ob sie womöglich nur mit ihr gespielt hatte. Nur eines wusste Aquila mit Sicherheit: Crux lag am Boden, Tucana lag am Boden, und Fornax lag vermutlich – ihn konnte sie in der Eile nicht ausmachen – auch am Boden. Kurz: Jeder, der die Dämonin hätte besiegen können (und auch manche, die es wohl nicht gekonnt hätte), war bereits gescheitert. Nun gab es nur noch einen Menschen, der sie davon abhalten konnte, alle drei eiskalt zu ermorden (wenn sie nicht Fornax schon ermordet hatte!), und das war Aquila selbst.

Sie hatte noch nie gekämpft. Und sie bezweifelte irgendwie, dass sie wie Tucana mit einem Mal eine völlig ungekannte Kraft entwickeln würde. Dennoch gab es einen Weg, Virgo auszuschalten: Magie.
Aquila wusste, dass sie dies tun konnte. Sie hatte es immer gewusst. Sie konnte zaubern, davon war sie stets überzeugt gewesen. Auch wenn der Rest der Welt sie deswegen belächelt hatte. Sie hätte versuchen können, es ihnen zu demonstrieren, doch sie hatte sich nie getraut. Zum einen, weil sie nicht wusste, wie gefährlich diese Magie war, zum anderen... weil sie sich nicht blamieren wollte, sollte es doch nicht funktionieren. Herrgott, sie hatte es eben noch nie probiert! Es war doch möglich, dass es beim ersten Versuch nicht klappte, obwohl sie grundsätzlich zum Zaubern in der Lage war!
Aquila war bewusst, wie lächerlich sich das anhören musste. Deshalb hatte sie auch kaum jemandem von ihrem Glauben, nein, von ihrem Wissen erzählt. Nur Crux, ihre beste Freundin, und deren engste Bekannte wussten davon. Und natürlich Aquilas Mutter, Pavo. Sie alle hatten ihre Überzeugung akzeptiert (nun ja, wenigstens hatte sie keiner offen ausgelacht), jedoch bestimmt nur, weil sie sie gut kannten. Ein Fremder wäre sicherlich weniger tolerant gewesen.

Aquila gebot sich selbst Einhalt. Für solche Überlegungen hatte sie keine Zeit. Sie musste es nun versuchen! Warum denn auch nicht? Sie hatte ja nichts zu verlieren! Wenn sie Erfolg haben würde, würde sie damit das Leben ihrer Freunde retten. Wenn nicht, würden sie sterben. Aber das würden sie auch, wenn sie es nicht versuchen würde. Denn eine andere Möglichkeit, ihnen zu helfen, besaß Aquila nicht.
Instinktiv hob sie die Hände, breitete die Arme aus und hob den Blick zum klaren Nachthimmel. Dann konzentrierte sie sich. Sie wusste nicht genau, worauf und wie und warum, aber sie konzentrierte sich, und versuchte, die Natur zu zwingen, ihr zu gehorchen.
Nichts geschah.
Sie atmete noch einmal tief durch und schloss die Augen, kniff sie immer fester zusammen, spannte ihre Muskeln immer stärker an, während sie immer und immer wieder versuchte, den Zauber durchzuführen, von dem sie nicht einmal wusste, wie sie ihn denn durchführen sollte.
Wieder geschah nichts.

Sie öffnete die Lider und schielte durch die vielen Zweige der Bäume, die ihr als Versteck dienten, hinüber zu Virgo. Offenbar überlegte sie noch, wen sie als erstes töten sollte, oder sie grübelte darüber nach, wie ihr eine Jugendliche so hatte zusetzen können. Egal, Hauptsache, sie brachte noch niemanden um!
Aquila machte mehrere tiefe Atemzüge und versuchte, sich zu beruhigen. Anspannung half nichts, die machte sie nur nervös! Sie musste ganz locker bleiben. Aber das sagte sich so einfach, wenn es um Leben oder Tod ging! Wieder schloss sie die Augen und streckte fast flehend die Arme zum Himmel, konzentrierte sich nur auf die Geräusche der Nacht, auf die Nacht selbst, auf ihre unmittelbare Umwelt, als könnte sie so mit ihr verschmelzen und sie steuern. Doch statt eines ungewöhnlichen Geräusches, eines, das beim erfolgreichen Anwenden von Magie hätte entstehen können, ertönte auf einmal ein anderes, weitaus weniger willkommenes: Schritte im Gras. Jemand ging über die Lichtung. Und Aquila wusste nur zu gut, dass das niemand von ihren Freunden (wobei sie in diesem Fall Fornax dazuzählte, obwohl sie ihn nicht kannte, denn wer gegen Dämonen kämpfte, konnte kein ganz so böser Mensch sein) war. Nein, es war Virgo, und sie legte gerade die wenigen Meter zurück, die sie von Crux trennten.

Aquila konnte nicht länger mit geschlossenen Lidern zum Himmel starren. Sie musste einfach wissen, was dort geschah. Virgo hatte Crux inzwischen erreicht, das Messer, das ihr heruntergefallen war, wieder in der Hand, und sah auf ihre Feindin herab.
Nein! Das durfte nicht passieren! Sie durfte sie nicht töten! Zitternd starrte Aquila auf die Lichtung, aber sie wagte es nicht, sich selbst in einen hoffnungslosen Kampf zu stürzen und so ihr Leben auch noch zu verwirken, sie war auch gar nicht imstande dazu, sie stand nur wie angewurzelt da. Warum hatte bloß ihr Zauber nicht funktioniert? Warum nur hatte sie nicht früher schon einmal geübt? Bestimmt hätte sie Crux dann jetzt das Leben retten können und hätte nicht ihr Ende mit ansehen müssen! Sie schluckte. Konnte sie denn gar nichts tun? Sie wollte sich die Augen zuhalten, wollte diese Gräueltat nicht sehen, doch ihre Hände gehorchten ihr nicht, waren, wie ihr ganzer Körper, wie versteinert.

Ein Donner grollte. Ein Gewitter zog auf. Wollte das Schicksal Crux‘ Tod denn nun auch noch mit dem passenden Ambiente in Szene setzen? Eine dunkle Wolke schob sich vor den Mond und es wurde noch finsterer, als es ohnehin schon war, jedoch fiel kein Tropfen Regen. Stattdessen erleuchtete ein Blitz die unheilvolle Szenerie.
Virgo war von alledem natürlich vollkommen unbeeindruckt. Zu sehr kostete sie ihren Sieg gerade aus. Doch leider hatte sie auch davon anscheinend langsam genug, denn sie schien es nun vollenden, schien Crux nun wirklich töten zu wollen. Mit einem Kriegsschrei, wie ihn nur die Kehlen von Dämonen zu produzieren vermochten, erhob sie die Klinge als Zeichen ihres Sieges und als Drohung zugleich in die Luft, um sie in der nächsten Sekunde tief in das Fleisch der hilflos am Boden Liegenden zu stoßen.

Es war das perfekte Bild des Triumphes. Die Dämonin des Feuerstroms stand aufrecht, ihre Macht herausschreiend, in der tiefen Dunkelheit, vor ihr das zum Tode verurteilte Opfer, das sich vergeblich gewehrt hatte, über ihr die Gewitterwolken, die das Unheil symbolisierten, das sie selbst brachte, und dazu ein greller Blitz, der genau in dem Augenblick, in dem sie das Messer wie eine Trophäe emporhob, die Nacht durchschnitt, erhellte, und den Moment so für die Ewigkeit festzuhalten schien. In diesem einen Moment war der Triumph perfekt, nichts und niemand vermochte die Macht der Dämonin zu erschüttern. Doch der Triumph währte nur diesen Moment.
Der Blitz fand die metallene Klinge, fraß sich seinen Weg durch Virgos Körper zu der zweiten Klinge, die noch in ihm steckte, kurz riss die Dämonin im Schock die Augen auf, kurz spürte sie den Schmerz, dann fielen beide Messer zu Boden. Den Staub, der von jener Untoten blieb, wurde vom Wind davongetragen.

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Ich werde das Gefühl nicht los, dass meine Teile etwas länger geworden sind...
 
Wow, das war ja ein ganz schön krasser Effekt für eine Anfängerin... Andererseits ist Virgo jetzt immerhin besiegt - und Crux sollte wohl besser an Teamarbeit zu glauben anfangen ;).
 
So, gestern bin ich endlich mal dazu gekommen, weiter zu schreiben, daher hier also der neue Teil, der, wenn ich mich nicht ganz vertue, der letzte dieser Saga sein sollte...

VIRGO SAGA - KAPITEL 7 "AM RANDE DER NIEDERLAGE" - TEIL 4

Wie gebannt starrte Crux auf die bloße Klinge, die wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht lag. War das eben wirklich geschehen oder fantasierte sie nur? Es war schwer, sich damit abzufinden, gleich sterben zu müssen, aber auf einmal erschien es ihr fast noch schwieriger, wirklich zu glauben, dass man doch überleben würde.
Noch immer begriff sie nicht, wer oder was sie gerettet hatte. Ein einfacher Blitz? Oder doch so etwas wie eine himmlische Macht, die über sie wachte? Wie verschwindend gering war die Wahrscheinlichkeit dafür, hier, auf einer Lichtung mitten im Wald, umgeben von hohen Bäumen, die weitaus bessere Ziele boten, vom Blitz getroffen zu werden? Noch dazu bloß Momente, bevor das Opfer zum tödlichen Stich ansetzen konnte?

Crux‘ Blick löste sich von dem Messer und schweifte ziellos umher. Sie wusste einfach nicht, was soeben geschehen war, – oder vermochte es nicht zu realisieren –, und sie war auch viel zu müde, um darüber nachzudenken. Eigentlich war das das Einzige, das sie nun noch fühlte, da der Anflug von Todesangst vorübergezogen war: Müdigkeit. Ihr Körper schrie nach Schlaf, und sie hatte keine andere Wahl, als ihm zu geben, was er verlangte.
Kurz blieb ihr Blick an Tucana hängen, die regungslos am Boden lag. Normalerweise wäre sie sofort aufgesprungen, um zu sehen, ob es ihr gut ging, ob sie wenigstens noch lebte, aber auch dazu fehlte ihr die Kraft. Sie konnte nur hoffen, dass mit ihrer Schwester alles in Ordnung war.

Beinahe ehrfürchtig schaute Crux dann zum Himmel empor, zu ihrem unsichtbaren Retter irgendwo dort droben. Die errettenden Gewitterwolken hatten sich schon wieder verzogen, ohne auch nur einen weiteren Blitz auf die Erde niederfahren zu lassen, und das fahle Mondlicht fiel weich auf die am Boden liegende.
Crux wusste, dass es alles andere als eine gute Idee war, hier und jetzt einzuschlafen. Es war nachts und sie befanden sich in einem Wald, in dem Dämonen herumstreunten. Mit etwas Pech würden sie ein paar Untote schlafend, wehrlos vorfinden, und sie alle würden den nächsten Morgen nie erleben, egal, ob sie nur Stunden vorher noch Virgo, einem Mitglied des Feuerstroms, getrotzt hatten. In diesem Falle, der so unwahrscheinlich nicht war, würden sie nichts mehr von ihrer Tapferkeit haben. Die Welt jedoch war von einem mächtigen Dämon und damit von einer Gefahr erlöst.
Und es spielte ohnehin keine Rolle, ob es eine gute Idee war oder nicht, einzuschlafen. Crux hatte gar keine Wahl, als dem unbändig werdenden Verlangen ihres erschöpften Körpers nachzugeben.

Doch gerade, als sie ihren Augen gestatten wollte, sich zu schließen, vernahm sie Schritte hinter sich. Jemand näherte sich ihr. Vielleicht war es Fornax, der überlebt und wieder Kraft gesammelt hatte. Vielleicht war es aber auch jemand... etwas anderes. Ein Dämon, womöglich gar einer der beiden anderen, die zum Feuerstrom gehörten und immer noch frei herumlaufen mussten.

„Crux!“
Der Klang ihrer Stimme ließ alle Befürchtungen aus Crux fahren. Da war keine Furcht, keine Panik in Aquilas Stimme, sondern höchstens Sorge um eine verwundete Freundin, und vor allem Erleichterung.
„Aquila“, murmelte die Angesprochene schwach, um der anderen zu zeigen, dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging.
„Hast du das gesehen?“, platzte Aquila heraus, gleich nachdem sie sich vom Gesundheitszustand ihrer Freundin überzeugt hatte. „Meine magischen Kräfte haben diese Dämonin geradezu zerfetzt!“

Sie klang ehrlich begeistert. Doch Crux vermochte diese Emotionen gerade nicht zu teilen. Sie hatte keine Kraft, um darüber nachzudenken, ob Aquila Recht hatte, ob wirklich sie dieses Unwetter ausgelöst hatte, oder ob alles nur ein Zufall gewesen war, und schon gar nicht war sie imstande, mit ihrer Freundin darüber zu diskutieren. Also nickte sie nur und flüsterte: „Gut gemacht.“ Erst beim Reden fiel ihr auf, wie schwach sie tatsächlich war. Jedes Wort musste sie mit Nachdruck durch ihre Kehle pressen, weil es sich sonst schlicht geweigert hätte, ihren Mund zu verlassen. „Du“, brachte sie mit Mühen hervor, „du musst hier wegbringen!“
Für einen Augenblick schien Aquila enttäuscht darüber, dass die Dämonenjägerin nicht mehr Interesse zeigte, sich nicht so euphorisch mit ihr über ihre endlich aufgedeckten Fähigkeiten freute, aber dann begriff sie wohl doch, dass Crux zu nichts dergleichen in der Lage war. „Ich kümmere mich darum“, sagte sie eifrig und brachte ein aufmunterndes Lächeln zustande.

Wieder nickte Crux müde, dann ließ sie endlich die Lider zufallen. Das Gefühl, dass eine gute Freundin bei ihr war und auf sie aufpassen würde, war unglaublich beruhigend, und es fiel ihr gleich viel leichter, sich in die Ohnmacht fallen zu lassen. Zwar hatte sie keine Ahnung, ob Aquila wirklich über Zauberkräfte oder etwas in der Art verfügte, ob sie im Fall eines dämonischen Überfalls dazu fähig sein würde, die drei Bewusstlosen und sich selbst zu beschützen, doch darüber dachte sie auch gar nicht nach. Einzig die Tatsache, dass sie nun da war, zählte. Woher sie gekommen war und wohin sie gehen würde, war unbedeutend.
 
Ja, sehr schön beschrieben... Und ich schätze, als Nächstes müssen da wohl ein paar Dinge geklärt werden - Tucana und ihre Fähigkeiten, Aquila und die Zauberei, Fornax... ;)
 
@Tiara: Danke für die Hinweise wg. der Fehler!

So, ich hab auch wieder mal nen neuen Teil fabriziert...

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 1

Aquila hatte ihre Augen geschlossen, um sich besser konzentrieren zu können. Sie konnte geradezu fühlen, wie die magischen Energien ihren Körper durchflossen (oder bildete sie sich das nur ein?), aber es gelang ihr einfach nicht, noch einmal ein Gewitter heraufzubeschwören, wie sie es vor zwei Wochen getan hatte. Vielleicht lag es einfach daran, dass es nur unter freiem Himmel funktionierte und sich Aquila in ihrem Zimmer befand. Aber hinausgehen konnte sie jetzt nicht, immerhin war es schon nach Mitternacht, und draußen waren sicher wieder unzählige Dämonen unterwegs.

Allmählich kamen ihre leichte Zweifel, ob wirklich sie den Blitz, der Virgo vernichtet hatte, hervorgerufen hatte, oder ob nicht doch alles nur ein sehr glücklicher Zufall gewesen war. Doch diese Zweifel wischte sie wie immer entschlossen davon. So viele Jahre lang hatte sie stets gewusst, dass sie eine Art Hexe war, nur hatte sie niemanden davon überzeugen können, und jetzt, da ihre Kräfte endlich einmal zutage getreten waren, durfte nicht ausgerechnet sie selbst sie anzweifeln.
Gerade wollte sie einen weiteren Versuch starten, da erklang eine freundliche Stimme von der Tür her: „Aquila, es ist schon spät.“

Die Angesprochene drehte sich um und brachte ein schwaches Lächeln zustande. „Ich weiß“, erwiderte sie, „aber es ist sehr wichtig für mich, dass ich diesen Zauber noch einmal zustande bekomme.“
„Ich weiß“, lautete die kurze Antwort. Es kam kein „Aber“. Jeder normale Mensch hätte Aquila womöglich für verrückt erklärt, doch Pavo war anders. Sie war verständnisvoll, ruhig, freundlich, kurz: Sie war eine Mutter, wie man sie sich nur wünschen konnte.
Und sie war für ihr Alter noch erstaunlich fit. Wie viele 82-Jährige waren denn um diese Zeit noch wach? Als sie Aquila zur Welt gebracht hatte, war sie ganze 66 Jahre alt gewesen! Manchmal war ihr das hohe Alter ihrer Mutter ein wenig merkwürdig vorgekommen, wenn sie andere Kinder mit ihren 30-jährigen Eltern gesehen hatte, aber inzwischen störte sie das überhaupt nicht mehr. Immerhin hatte Pavo in ihrem langen Leben auch viele nützliche Erfahrungen gesammelt, die sie an ihre Tochter weitergeben konnte.

In letzter Zeit allerdings machte sich Aquila ein wenig Sorgen um sie. Nicht nur, dass ihr Gesicht immer stärker vom Alter gezeichnet war, dass ihre einst strahlend blauen Augen einen gräulichen Ton annahmen, ihre ganze Gestalt immer weiter zu schrumpfen schien und ihr Gang immer gebückter wurde, auch ihre sonst so schlauen und wichtigen Hinweise waren zuletzt zu einer abstrusen Mischung aus Rätsel und... Unsinn verkommen.
So hatte sie Aquila zum Beispiel von einer Auserwählten erzählt, die über große Macht verfügte und Dämonen bekämpfte. Das war zwar schön und gut, doch warum erzählte sie ihr das? Welchen Nutzen sollte Aquila daraus ziehen? Und weil Pavo zudem nicht verraten wollte, woher sie all das wusste, hatte es ganz den Anschein, als wären ihr die echten Weisheiten ausgegangen, als erzählte sie nun nur noch freie erfundene Geschichten, um ihre Tochter zu unterhalten.

Und dann dieser Spruch, den sie der 18-Jährigen seit einigen Wochen bei jeder Gelegenheit um die Ohren gehauen hatte: „Hüte dich nicht vor dem Wolf, er ist dein verlorener Bruder.“ Aquila wusste immer noch nicht, was sie damit eigentlich sagen wollte. Von allen mäßigen Metaphern befreit, bedeutete das doch, sie solle sich nicht vor dem Bösen in Acht nehmen, sondern es als verlorenen Bruder, als etwas Essenzielles, das sie einst verloren hatte, ansehen. Was, zum Teufel, versuchte sie ihr damit klarzumachen? Wollte sie sie „dem Bösen“ (was auch immer das sein sollte) in die Arme treiben? Sollte sie jetzt hinausgehen und wehrlose Passanten überfallen, oder was? Es war ihr einfach nur ein Rätsel, und natürlich sah sich ihre Mutter nicht genötigt, sie endlich über den Sinn ihrer Worte – sofern der überhaupt existierte – aufzuklären.

Vermutlich war es auch für Pavo nicht gerade einfach, Aquila allein aufzuziehen. Ihren Vater hatte die Hexe (in spe) niemals kennen gelernt. Und ihre Mutter sprach nie über ihn. Vermutlich war es keine besonders glückliche Beziehung gewesen zwischen den beiden.

„Ich mache gleich Schluss“, sagte Aquila, durch den erwartungsvollen Blick Pavos aus ihren Gedanken gerissen, und lächelte.
„Danke“, entgegnete die andere ehrlich, „ich möchte nämlich doch allmählich schlafen.“ Sie wandte sich zum Gehen und Aquila bemerkte erst jetzt, dass sie bereits ein Nachthemd trug. Dann jedoch hielt Pavo noch einmal inne, drehte sich wieder um und flüsterte: „Du wirst es schaffen, Aquila.“ Ihre Tochter musste kurz überlegen, um zu verstehen, dass sie sich auf den Zauber bezog. „Das weiß ich“, endete Pavo. Und Aquila wusste, dass sie es ehrlich meinte.
 
Och nein. Ausgerechnet du bringst da jetzt auch so einen Prophezeiungskram hinein? ;)Was die Auserwählte betrifft: dürfen wir sie Buffy nennen? :D Die Geschichte mit dem Bruder würde ich eher sehr wörtlich nehmen ;)...
 
Ich bin doch ein wenig überrascht, dass ihr überrascht seid ;) Ihr habt doch das Lynx Special gelesen und müsstet doch von daher wissen, was es mit der Auserwählten auf sich hat...

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 2

Langsam ging Tucana durch die Korridore des Krankenhauses. Es befand sich in Daheko, der nächsten größeren Stadt, denn in ihrem Heimatdorf selbst gab es nur eine kleine Arztpraxis. Sie mochte keine Krankenhäuser, man kam sich in ihnen immer gleich so... krank vor. Aber sie war ja auch nicht zum Spaß hier, sondern um Fornax zu besuchen, der sich hier von seinen Verletzungen erholte.

Dabei hatte er nicht nur offen gezeigt, wie wenig auch er von Krankenhäusern hielt, sondern auch, dass er über Besuche ebenfalls nicht besonders erfreut war. Dennoch: Manchmal war es sogar recht angenehm, eine Weile in einem Raum zu verbringen, in dem eisiges Schweigen herrschte.

Es gab mehrere Gründe dafür, dass Tucana so empfand. Einer der wichtigsten war auf jeden Fall, dass sie durch ihren Besuch hier die Gelegenheit hatte, dem Alltag zu Hause zu entfliehen. Jeden Tag war es dasselbe: Morgens war sie in der Schule, den Rest des Tages verbrachte sie mit denselben Personen wie in den letzten Jahren, mit Crux, Sculptor und Aquila, manchmal mit Pyxis, doch sie empfand ihre Gesellschaft momentan nicht als angenehm. Sie empfand ihre Reaktion nicht als angenehm, die Reaktion auf jene Nacht, in der Tucana Virgo bekämpft hatte (und das recht gut, fand sie).

Reaktion? Nun, eigentlich gab es keine Reaktion. Alle waren genau so wie immer. Und das war es, was Tucana so störte. Offenbar versuchten sie, das, was in dieser Nacht geschehen war, unter den Teppich zu kehren! Tucana hatte zum ersten Mal in ihrem Leben richtig gekämpft! Für sie war das ein wichtiger Moment gewesen, die Grundlage dafür, dass sie jetzt als Kämpferin erstgenommen werden konnte. Doch was taten die anderen? Sie taten so, als hätte es diesen Moment niemals gegeben!

Vielleicht war das auch ein Grund dafür, dass sie Fornax' Gesellschaft eher ertrug. Zwar lobpreiste er sie auch nicht für ihren Einsatz, aber bei ihm war das etwas anderes: Er war bewusstlos gewesen, er hatte Tucanas großen Auftritt ja gar nicht sehen können. Somit war er quasi entlastet.

Und es gab noch etwas, das sie zu Fornax trieb, etwas, das wohl eine Form von Respekt war. Obwohl sie den Mann eigentlich nicht kannte, erschien er ihr doch wie eine Art Idol. Er sagte, was er dachte, auch, wenn es andere vielleicht vor den Kopf stieß. Er hatte schon beim ersten Besuch, als auch Crux dabei gewesen war, deutlich gemacht, dass er auf weitere verzichtete. Natürlich war es Tucanas Schwester seitdem nicht mehr in den Sinn gekommen, einen weiteren Versuch zu unternehmen. Fornax hatte kein Interesse daran, die Menschen, mit denen zusammen er Virgo bekämpft hatte, kennen zu lernen, und es war ihm auch egal, was sie von ihm dachten.

Das imponierte Tucana. Gerne wäre sie auch dazu in der Lage gewesen. Gerne hätte sie Crux offen gesagt, dass sie verdammt nochmal kein kleines Kind mehr war, das beschützt werden musste, und dass sie nun endlich selbst eine Kampfsportlerin und Dämonenjägerin werden wollte, wie sie es war. Gerne hätte sie es einfach getan, hätte sie einfach hinausgehen und kämpfen wollen, aber leider war sie im Gegensatz zu Fornax nicht derart frei. Sie war an Crux gebunden, sie brauchte ja ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen, ganz abgesehen von der emotionalen Abhängigkeit. Nein, sie hing an Crux und wollte und konnte es sich nicht mit ihr verscherzen. Aber sie wünschte sich, sie hätte es gekonnt.

So blieb ihr nur, sich nachts, wenn Crux auf ihrer Patrouille war und ausnahmsweise weder Aquila noch Sculptor als Babysitter zurückgelassen hatte, in den Trainingsraum ihrer Schwester zu schleichen und wenigstens etwas an den Geräten zu üben. Das war besser als nichts, aber keineswegs ein Ersatz für das, zu dem sie sich eigentlich berechtigt sah. Der Kampf gegen Virgo war so etwas wie ihre Feuertaufe gewesen, sie hatte bestanden, nun musste es ihr doch erlaubt sein, endlich ihrer Schwester nachzueifern und eine ernsthafte Kämpferin zu werden!

Seufzend hielt Tucana an. Ohne es zu merken, war sie schon bei der Tür, hinter der Fornax' Krankenzimmer lag, angekommen. Sie wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Nun gut, sie würde die Tür öffnen und sich ein paar Stunden mit Fornax anschweigen und die Ruhe genießen. Aber was dann? Es würde ihr letzter Besuch sein, das war sicher, denn morgen würde Fornax aller Voraussicht nach entlassen werden. Eigentlich war das ja eine gute Nachricht. Nicht nur, dass das bedeutete, dass es ihm inzwischen wieder recht gut gehen musste, es hieß auch, dass sich Tucana nicht mehr durch Krankenhäuser würde quälen und auch die Busfahrt nach Daheko nicht mehr würde bezahlen müssen. Aber leider wusste sie nicht, was Fornax tun würde, sobald er hier herauskommen würde. Würde er in seinen Heimatort zurückkehren? Wenn ja, würde sie ihn womöglich niemals wiedersehen. Vielleicht würde er ja auch in der Gegend bleiben, um auch die anderen beiden Dämonen, die zum Feuerstrom gehörten, zu töten.

Natürlich hätte sie Fornax nach seinen Plänen fragen können, doch sie hätte keine Antwort zu erwarten gehabt. Nicht nur, weil er ihr keine Rechenschaft schuldig war und es ihr allein deshalb nicht sagen würde, sondern auch, weil er selbst sich noch nicht sicher war.

Nachdem sie, in Gedanken versunken, bestimmt mehrere Minuten vor der geschlossenen Tür gestanden hatte, fasste sie sich endlich ein Herz, drückte leise die Klinke hinunter und trat ein, und die kalte, ohrenbetäubende Stille schrie ihr entgegen.
 
Der letzte Satz war irgendwie komisch *g*. Sonst war das Kapitel schön beschrieben, es wundert mich allerdings schon, dass die anderen gar nicht auf Tucanas Aktion reagiert haben - nicht einmal mit ihr geschimpft haben?!?
 
Aaaalso, erstmal eine Erklärung dafür, dass mit Tucana nicht geschimpft wurde: Die müssen halt alle selbst erstmal mit dieser Situation zurechtkommen, ich meine, das kleine Schwesterchen prügelt sich mit Dämonen, von denen gleich zwei mächtige noch irgendwo rumrennen, und Fornax liegt ja auch immer noch im Krankenhaus... Nun ja, alles, sagen wir mal, ungewohnt ;)

@Tiara: Sculptor ist Crux' Freund, und Pyxis ist dieser Wissenschaftler/Gelehrte, der immer etwas weltfremd umherwandelt...
Allerdings weiß ich nicht recht, wie du das mit der Distanz meinst... Im letzten Teil wurden ja Tucanas Gedanken beschrieben und insofern aus ihrer Perspektive und ohne große erzählerische Distanz zu ihr - oder wie meintest du das? :confused2 *auf Leitung steh*

So, den nächsten Teil hab ich schon vor ner Weile geschrieben, dafür kann ich mich im Moment einfach mal wieder nicht recht aufraffen, weiterzuschreiben, weil der nächste zu schreibende Teil recht schwierig für mich wird (zu schreiben, mein ich), fürchte ich... mal sehen, wann ich mich selbst zum Weitermachen zwingen kann.

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 3

Crux bemühte sich, die Haustür so leise wie möglich aufzuschließen. Drinnen brannte kein Licht mehr, also waren die anderen wohl schon schlafen gegangen.

Sie gähnte schon beim Gedanken an ihr warmes Bett. Nicht, dass es draußen kalt gewesen wäre, im Gegenteil, es herrschten selbst um diese Zeit noch recht angenehme Temperaturen, doch die Patrouillen strengten sie in letzter Zeit einfach wesentlich mehr an als noch vor wenigen Wochen. Physisch, weil mit Virgo auch einige relativ starke Dämonen durch den Höllenschlund auf die Erde gelangt waren, die ganz wild darauf zu sein schienen, sich mit Crux anzulegen, vor allem aber auch mental. Denn ihr ging einfach nicht aus dem Kopf, dass irgendwo noch zwei weitere Dämonen vom Kaliber einer Virgo lauerten, womöglich gar noch stärkere. Sie konnte nicht wissen, wo sich die übrigen Mitglieder des Feuerstroms befanden; vielleicht hielten sie sich ganz in der Nähe auf und warteten nur auf einen Fehler, um sie anzufallen, vielleicht waren sie jedoch auch schon längst viele Kilometer entfernt und bedrohten das Leben wehrloser Unschuldiger. Und vielleicht würde es zu spät sein, wenn Crux es herausfinden würde.

Mit einem müden Kopfschütteln versuchte die junge Frau, diese Gedanken zu verdrängen. Sorgfältig verschloss sie die Tür hinter sich, was sich im Dunkeln etwas schwierig gestaltete. Trotzdem hatte sie es sich angewöhnt, sich nach ihrer allabendlichen Rückkehr zurechtzufinden, ohne Licht zu machen und so womöglich Tucana zu wecken, die in ihrem jungen Alter den Schlaf doch besonders brauchte (auch wenn sie selbst das manchmal anders sah).

Langsam, um sich nicht zu stoßen, und leise, um niemanden aufzuwecken, schlich Crux durch den Flur in Richtung ihres Zimmers, als sie ein Geräusch vernahm. Eines, das nicht von ihr stammte, und das auch kein Schnarchen war, keines, das man zu dieser Uhrzeit häufig in Wohnungen hörte. Und es kam anscheinend aus dem Wohnzimmer!

Sofort schossen Crux Bilder durch den Kopf. Sie stellte sich vor, wie Sculptor und Tucana tot am Boden lagen, umgeben von einer riesigen Blutlache, und um sie herum eine Horde Dämonen, die nun auf ihr nächstes Opfer wartete. Zwar war ihr bewusst, dass diese Möglichkeit unwahrscheinlich war, weil die Untoten sich ja eher wie Tiere verhielten als wie Menschen und anscheinend gar nicht über so etwas wie Verstand verfügten, doch andererseits hatte diese Regel auf Virgo nicht zugetroffen. War doch denkbar, dass die anderen beide Feuerstromdämonen nun direkt hinter dieser Tür in ihrem Wohnzimmer hockten und Tucanas toten Körper begafften!

Crux' Herz schlug schneller. So sehr sie auch versuchte, sich diese Thesen auszureden, denn wie hätten die zwei Todesboten denn ins Haus gelangen sollen, so etwas wie eine Befürchtung blieb doch zurück. Ganz vorsichtig berührte sie sacht die Türklinke und atmete noch einmal tief durch. Dann, mit einem Ruck, riss sie die Tür auf und sprang, zu allem bereit und auf einen Kampf vorbereitet, ins Zimmer. Und sah...

Pyxis. Der am Tisch saß und mit Werkzeug herumhantierte. Crux wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Einerseits war sie erleichtert, dass nicht wirklich etwas Schlimmes passiert war, aber andererseits: Was zum Teufel machte Pyxis mitten in der Nacht allein in ihrem Wohnzimmer?

Resolut schlug sie auf den Lichtschalter – die Sorge um Tucanas Schlaf war vorerst vergessen – und erhellte den Raum so im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Schlag. Erst dadurch wurde Pyxis auf sie aufmerksam und wandte sich ihr zu.

"Oh, Crux", sagte er beiläufig, "hallo. Ist es etwa schon dunkel?"

"Dunkel?", fragte sie ungläubig. "Es ist zwei Uhr nachts!"

"Ach so... Ja, das erklärt vieles", gab Pyxis zur Antwort. Und leiser, mehr zu sich selbst, fügte er hinzu: "Zum Beispiel, warum Sculptor mir seit Stunden nicht mehr antwortet..."

Crux schüttelte den Kopf. Nicht zu fassen! Aber so kannte sie den Wissenschaftler ja, immer ein wenig verplant und realitätsfremd... "Also", setzte sie noch einmal an, "was tust du in meinem Wohnzimmer?"

Er sah erst sie an, als bräuchte er eine Weile, um die Frage zu verstehen, dann schaute er vor sich auf den Tisch, als müsste er sich selbst erst einmal erinnern, was er denn hier tat, danach erst antwortete er: "Basteln."

"Basteln", wiederholte Crux irritiert und musste unwillkürlich grinsen. "Und darf man fragen, was du um zwei Uhr nachts in meinem Wohnzimmer bastelst?"

"Ein Geschenk", entgegnete Pyxis, diesmal recht prompt, und stand auch schon auf. Mit einer fahrig wirkenden Geste, die man auch als schnelles Herumwedeln mit der Hand beschreiben konnte, deutete er ihr an, näherzutreten.

Immer verwunderter kam Crux an den Tisch heran und sah auf die Platte hinunter. Da lag ein kleines Gerät mit einem Display. Es sah sehr... tja... sehr unscheinbar aus. Als sie keine Anstalten machte, es zu nehmen, griff Pyxis selbst danach und drückte es Crux in die Hand. "Hier, bitte!", sagte er dazu.

Crux starrte ihn kurz an. Hätte sie ihn nicht gekannt, hätte sie vermutlich einige Minuten in dieser Position verweilt, so hatte sie sich etwas schneller wieder gefangen. "Danke", brachte sie endlich hervor. Als ihre erwartungsvollen Blicke keine Wirkung zeigten, fragte sie nach einer längeren Pause: "Und was ist es?"

"Oh, natürlich", sagte Pyxis schnell, "Entschuldigung." Es war ihm wohl gerade eingefallen, dass nicht jeder automatisch wusste, was er sich bei seinen Erfindungen gedacht hatte. Er entriss ihr das Gerät so schnell, wie er es ihr gegeben hatte, drückte auf einen Knopf – auf den einzigen, den das Ding hatte – und richtete es dann auf Crux. Sie hoffte nur, dass das keine Waffe war, dem Gelehrten war es sonst durchaus zuzutrauen, sie zur Demonstration abzufeuern, weil er vergessen hatte, dass Menschen an sich verwundbar waren.

"Hier, siehst du?", sagte er zu Crux' Erleichterung stattdessen und gab ihr das Gerät zurück. Der kleine Bildschirm zeigte nun eine große "450" an.

"Ja, ich sehe", erwiderte sie zögerlich. "Und was sagt mir das?"

"450 Pyxis!", erklärte der Wissenschaftler sichtlich erfreut.

"Pyxis?", wiederholte Crux, jetzt noch irritierter – noch vor wenigen Augenblicken hätte sie das kaum für möglich gehalten.

"Ich habe die Maßeinheit nach mir benannt", gab Pyxis zurück und wurde etwas rot. Dann: wieder Schweigen.

Die junge Frau seufzte laut. "Und dieses ‚Pyxis' ist jetzt also eine Maßeinheit für was?"

"Ach so, ja", erinnerte sich der andere daran, dass er das ja auch noch erklären musste. "Entschuldige. Also, wie wir wissen, sondert jeder Körper Energie ab. Wärme, usw. Er gibt aber auch schwache andere Energien ab, je nachdem, wie stark derjenige ist. Verstanden?"

"Nein", antwortete Crux ehrlich und runzelte zum Beleg die Stirn.

"Also", setzte Pyxis neu an und grinste kurz verlegen, "laienhaft ausgedrückt: Je stärker eine Person ist, desto mehr Energie..." Als er sah, dass Crux ihn immer noch verständnislos ansah, brach er ab und sah wohl ein, dass sie für langatmige Erklärungen zu müde war. Stattdessen endete er mit: "...desto höher ist der angezeigte Wert. Du musst das Gerät nur auf einen Gegner richten, den Knopf drücken, und schon weißt du, wie stark er ist. Gut, was?" Er lachte kurz auf. Dann wurde er plötzlich hektisch, als hätte er etwas Wichtiges vergessen. Mit einem Handgriff hatte er den Apparat wieder an sich genommen und drückte mehrmals auf dem einen Knopf herum. "Es hat sogar einen Alarm-Modus, der automatisch Alarm gibt, wenn eine besonders starke Kraft in der Nähe ist!"

Kaum hatte er den Satz beendet, ertönte ein lautes Geheule. Crux hätte nicht vermutet, dass ein so kleines Gerät so laut sein konnte. Nun, Sculptor und Tucana wohl auch nicht. Aber sie würden es bald erfahren. Denn von oben hörte man schon ein empörtes "Ruhe da unten!" von einer sensiblen kleinen Schwester, die sich in ihrem Schönheitsschlaf empfindlich gestört sah. So viel also zum Thema "niemanden aufwecken"!

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Ich hoffe, die paar Comedy-Elemente kamen gut rüber... Um nochmal mit dem Finger drauf zu zeigen: Die Stelle "und sie sah..." soll nebenbei eine Anspielung auf diese unsägliche Unsitte manch eines FF-Autors sein, einen Teil so zu beenden ("doch es war..." - Fortsetzung folgt...), auf dieses Pseudo-Spannungs-Erzeuge ;)
Und nebenbei, ich find, ich hab mich geschickt um eine Erklärung für die Funktionsweise dieses Geräts gedrückt :D Das ist jetzt ein Problem, dass ich hab, weil ich ja schon am 2. Band (dem "Feuerstrom"-Nachfolger) gewerkelt habe: Da kommen dann ein paar Erklärungen von wegen dieser Energieabgaben, aber darauf kann ich mich ja jetzt noch nicht beziehen - und wenn ich jetzt damit anfange, ist es im 2. Band nur noch Wiederholung (Jaja, Lebe is hart!)
Ähm ja, Meinungen sind natürlich immer noch erwünscht (auch wenn ich euch vorher hier zutexte :rolleyes: )!
 
Jup, die Comedy kam rüber, aber eher gezwungen, vor allem, weil der Kontrast zu Crux hysterischem Verhalten da am Anfang so groß ist... Wenn der Feuerstrom in ihr Haus eingedrungen wäre, dann wäre da jetzt wohl alles kurz und klein geschlagen... Der Energiemesser erinnert mich irgendwie an Scouter *G* - inklusive dem Gepiepse...
 
@Tiara: Naja, sie denkt sich halt, dass die Dämonen auch durch den Höllenschlund gekommen sein werden, weil sie stärker sind als die, die sie sonst so bekämpft hat, und Virgo ja auch ein paar starke Dämonen um sich versammelt hatte.
Von wegen "Wie sollten sie ins Haus gelangt sein": Vor allem will sich ja Crux mit dem Satz selbst beruhigen. Normalerweise gelangen Dämonen schon deshalb nicht in Häuser, weil sie sich ja nur von ihren Instinkten leiten lassen und deshalb z.B. die Dunkelheit beleuchteten Häusern vorziehen und auch nicht den Verstand haben, eine Tür aufzubrechen o.Ä. (wie gesagt, rein triebgesteuert eben) - nur trifft das ja auf den Feuerstrom offenbar nicht so ganz zu (s. Virgo).

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 4

Der Mond stand hoch am Himmel und spiegelte sich auf der regennassen Fahrbahn, auf der zu dieser Zeit kein Auto mehr verkehrte. Abgesehen vom Mond war es eine sehr dunkle Nacht, kein Stern war zu sehen, und auch das große, helle Rund dort oben war zu einer kleinen Sichel zusammengeschmolzen.

Es waren Nächte wie diese, in denen Dämonen besonders gerne unterwegs waren. Die Finsternis war ihr Verbündeter, die Nacht ihre Heimat. Und so war es nicht weiter verwunderlich, dass ein einzelner Dämon durch das Gebüsch schlich, von einem Schatten zum nächsten, jedoch zielstrebig auf ein bestimmtes Gebäude zu.

Der Balkon des Wohnhauses zeigte zum Garten, und wie durch einen glücklichen Zufall stand die Balkontür offen, als erwartete die Bewohnerin diesen nächtlichen Besuch. Womöglich tat sie das sogar wirklich.

Geschickt klammerte sich der Untote mit Hilfe seiner Klauen an der Außenwand fest, aus der einzelne Mauersteine glücklicherweise hervorstanden, und langsam arbeitete er sich hinauf. Für einige Minuten befand er sich in einer Position, die weitaus Aufsehen erregender gewesen wäre, denn Dämonen kletterten normalerweise keine Wände empor, um gezielt in ein bestimmtes Haus zu gelangen. Dieser hier war eine Ausnahme.

Mit einem letzten, erschöpften Zug überwand er das Geländer und landete auf dem Balkon. Die Vorhänge vor der Tür wehten still im sachten Wind, bevor er sie vorsichtig zur Seite schob und in das dahinter liegende Zimmer trat, in dem eine alte Frau in ihrem Bett ruhte. Pavo hatte sich verändert, seit er sie zuletzt gesehen hatte. Sie war älter geworden, wie es Menschen nun einmal taten.

Ganz vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, trat er näher, und berührte sie an der Schulter. Fast gelassen schlug sie die Augen auf und richtete sich wortlos auf. Die Gestalt vor ihr mochte dämonisch sein, doch sie war ihr auch vertraut.

Ohne ein Wort zu sprechen, erhob sich Pavo, und dann umarmten sich die beiden. Fast eine Minute lang lagen sie sich in den Armen, und es war nichts zu hören als der Wind, der durch die Vorhänge strich.

"Ich habe dich vermisst", brachte der Dämon schließlich hervor.

"Ich dich auch", antwortete die Menschenfrau. Sie ließ ihn los und betrachtete ihn kurz glücklich, danach wurde sie ernst. "Was tust du hier, Dorado?"

"Ich musste dich sehen", entgegnete er und lächelte sanft.

"Du weißt, wie gefährlich es geworden ist", erwiderte sie besorgt, "seit sie wieder hier sind."

"Ihretwegen bin ich hier!" Dorados Stimme war nun ebenfalls ernst geworden. Er sah Pavo noch einmal an, bevor er den Blick betrübt senkte. "Lupus hat von ihrer Ankunft erfahren. Er ist losgezogen, um Draco zu dienen, so wie ich es einst tat. Wahrscheinlich glaubt er, in meine Fußstapfen treten zu müssen." Er machte eine Pause und schürzte die Lippen. "Glaub' mir, ich habe alles versucht, um ihm das auszureden, aber er wollte nicht auf mich hören!"

"Mach' dir keine Vorwürfe", erwiderte Pavo und strich dem Dämon über die Wange, "ich hatte befürchtet, dass dieser Tag kommen würde." Noch einmal sah sie Dorado lange an. Sie konnte kaum fassen, dass er nach all den Jahren wieder leibhaftig vor ihr stand. "Aber warum bist du gekommen? Wir können doch nichts für ihn tun. Lupus muss diese Sache selbst überstehen."

"Ich weiß", sagte ihr Gegenüber. "Ich dachte nur, du solltest es wissen."

"Du hättest nicht dein Leben deswegen aufs Spiel setzen sollen", widersprach sie seufzend, "du weißt, dass Draco nicht erfreut wäre, erführe er davon!"

"Sie hat Recht!", unterbrach auf einmal eine Stimme die traute Zweisamkeit. Gleichzeitig fuhren beide Liebenden herum und erblickten Draco, der in der Balkontür stand und die zwei mit einem ernsten und zugleich wütenden Blick musterte. "Sie hat Recht", wiederholte das Mitglied des Feuerstroms erneut, "ich bin nicht erfreut!"
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Remember Dorado? Den müsstet ihr eigentlich schon vom Lynx Special her kennen...
 
Ein bisschen klingelt es, aber wer das jetzt genau ist, das weiß ich nicht mehr... War jedenfalls eine sehr seltsame Szene - und ein bisschen Buffy-mäßig, wenn auf einmal ein Dämon anfängt, so menschlich zu sein *G*, bisher waren die ja bei dir sehr eindeutig böse...
 
@Beide: Ihr habts ja ein Gedächtnis wie ein Sieb (nur mit größeren Löchern) :D Ne, im Ernst, dann rufe ich noch mal ins Gedächtnis: Dorado war ein älterer Dämon, eine Art Berater der Triade/des Feuerstroms.
@Shan: Ich glaube, ich habs schon mal erklärt, jedenfalls sind doch die 3 Feuerstromheinis im Gegensatz zu Otto Normaldämon mit VERSTAND gesegnet :rolleyes: - deshalb auch fähig, sich irgendwie annähernd zivilisiert zu benehmen.
@Tiara: Pavo ist Aquilas Mutter :dodgy:

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 5

Gemeinsam gingen Crux und Aquila durch die Straßen des Dorfes. Es war schön gewesen, sich mal wieder einen Abend einfach zu unterhalten. Dafür hatten sie in letzter Zeit viel zu selten Gelegenheit gehabt! Aber über das nette Gespräch war es doch recht spät und damit dunkel geworden und deshalb hatte Crux beschlossen, ihre Freundin lieber nach Hause zu bringen. In der Finsternis war es schließlich gefährlich. Das wusste sie besser als jede andere.

Die Schritte der beiden hallten durch die leeren Gassen. Vor allem Aquilas hochhackige Schuhe erzeugten Klackgeräusche auf den noch regennassen Straßen.

"Wir müssen das unbedingt demnächst wiederholen!", sagte Crux, als sie sich allmählich dem Haus näherten, in dem Aquila mit ihrer Mutter lebte.

"Machen wir!", stimmte die Angesprochene zu und lachte fröhlich. Ja, ausgelassene Fröhlichkeit war etwas, das sie beide zuletzt nicht im Überfluss erfahren hatten. Seit sie Virgo begegnet waren, schwebte ständig die Bedrohung durch die unbekannten anderen beiden Feuerstromdämonen über ihnen wie eine dunkle Gewitterwolke.

"Also, gute Nacht", verabschiedete sich die Dämonenjägerin, als sie um die letzte Ecke bogen, "und ruf' mich einfach an, wenn du..." Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment ertönte ein leises Heulen.

Aufgeregt griff sie in ihre Jackentasche und holte das Gerät hervor, das Pyxis ihr vor ein paar Tagen geschenkt hatte. Sie hatte ihn überzeugen können, den Alarm leiser einzustellen, weil sie sonst vielleicht vor starken Dämonen gewarnt, andererseits aber auch von ihren Mitbürgern, die sich unsanft aus ihrem Schlaf gerissen gesehen hätten, in der Luft zerfetzt worden wäre. Und genau dieser Alarm war nun erstmals losgegangen!

"Was heißt das?", fragte Aquila nervös. "Was ist los?"

"Irgendjemand Starkes ist in der Nähe", erwiderte Crux in aller Kürze und sah sich bereits um, ohne jedoch etwas Ungewöhnliches zu entdecken. Sie versuchte, mit dem Apparat in alle Richtungen zu deuten und dort eine Kraft auszumachen, doch auch damit vermochte sie die Quelle der Energie nicht zu lokalisieren. Nur ihre Größe: 750 Pyxis.

750! In Worten: Siebenhundertfünfzig. Erst jetzt wurde Crux klar, wie viel das eigentlich war! Sie erinnerte sich noch gut, dass bei ihr selbst bei Pyxis' Vorführung lediglich 450 Pyxis gemessen worden waren! Das bedeutete, wer auch immer diese Energie ausstrahlte, er war noch stärker als sie (vorausgesetzt, diese verrückte Erfindung funktionierte so, wie sie es sollte) – und wer außer Draco oder Hydra, den letzten verbliebenen Überbleibseln des Feuerstroms, konnte das sein?

Endlich nahm sie im Augenwinkel eine Bewegung wahr. Eine Gestalt huschte am Ende der Straße entlang und verschwand. Schnell drehte sich Crux dorthin um und drückte den Knopf. Kurz leuchtete abermals die "750" auf, bevor das Wesen außer Reichweite war.

Crux benötigte eine Weile, um zu realisieren, was das bedeutete. Sie hatte immer gewusst, dass die zwei mächtigen Dämonen irgendwo da draußen waren, und sie hatte immer befürchtet, dass "da draußen" in diesem Dorf war, doch sich tatsächlich mit dieser Macht konfrontiert zu sehen, das war noch etwas anderes.

Was also sollte sie jetzt tun? Nun, da gab es eigentlich wenig zu überlegen. Crux hatte es zu ihrer Berufung gemacht, die Einwohner dieser Dorfes vor dämonischen Bedrohungen zu schützen – ob die es ihr nun dankten oder nicht –, und die Reste des Feuerstroms waren die Bedrohung überhaupt! Sie konnte sich nicht vor der Konfrontation mit ihnen drücken – und besser, sie bestimmte Ort und Zeit! "Ich werde den Dämon verfolgen!", beschloss sie.

Erst jetzt, da sie etwas sagte, schien Aquila aus einer Art Schockzustand erwacht zu sein. "Äh... äh, ja, tu das", sagte sie schnell, sah dann verwirrt umher, um im nächsten Moment mit offenem Mund geradeaus zu starren. Anscheinend war sie noch dabei, sich das Geschehene bewusst zu machen. Crux sah sie kurz besorgt an. Sie konnte ihre Freundin ja nicht mitten in der Nacht hier draußen auf offener Straße stehen lassen! "Oh mein Gott!", entfuhr es der Hexe plötzlich. "Mutter!"

Crux konnte den Gedankensprung nicht ganz nachvollziehen. "Was?" Als Aquila nicht antwortete, sondern stattdessen aufgeregt zu ihrer Haustür lief und in ihrer Eile, aufzuschließen, erst einmal den Schlüssel fallen ließ, fragte sie nochmals nach: "Was ist mit deiner Mutter?"

"Du hast doch gesagt, da sei ein starker Dämon in der Nähe gewesen!", entgegnete die Angesprochene atemlos. "Womöglich hat er ihr etwas angetan!"

Crux hielt das für äußerst unwahrscheinlich. Was hätte denn ein Mitglied des Feuerstroms, einer der drei (nun ja, nun der zwei) mächtigsten Dämonen überhaupt, ausgerechnet von Pavo wollen sollen? Denn solange sich die alte Frau nicht gerade zu einem Nachtspaziergang aufgemacht hatte, hätte es schon einen besonderen Grund dafür geben müssen, sie aufzusuchen und ihr ein Leid zuzufügen.

Doch so unwahrscheinlich es war, dass Pavo tatsächlich in Gefahr oder verletzt war, so willkommen war es Crux doch, dass Aquila auf diese Art und Weise ihren Trancezustand überwunden hatte und sich endlich ins Gebäude begab. "Also gut", sagte sie ihr eindringlich, damit sie auch in ihrer Angst um ihre Mutter alles mitbekam, "sieh nach ihr! Und wenn du das gemacht hast, ruf' bitte Sculptor an! Ich lasse dir Pyxis' Gerät hier, damit könnt ihr mich hoffentlich aufspüren! Ich versuche solange, den Dämon zu verfolgen!"

Crux steckte Aquila die Maschine in die Tasche. Ihre Freundin reagierte nicht auf ihre Anweisungen, doch dazu war sie vermutlich momentan gar nicht imstande. Hoffentlich würde sie sich noch an ihre Worte erinnern, wenn sie sich erst einmal beruhigt haben und wenn ihre Furcht um das Wohl Pavos verflogen sein würde. Crux selbst konnte ja kaum nachvollziehen, wie sich Aquila gerade fühlen musste, denn sie selbst hatte ja schon viel zu lange keine Mutter mehr. Auch wenn sie daran jetzt nicht allzu intensiv denken wollte, so nahm sie einen Aspekt doch mit in die zu erwartende Schlacht: Es waren Dämonen gewesen, die ihr ihre Eltern genommen hatten, und sie war es ihren Eltern und dem Andenken an sie schuldig, auch diese dämonische Bedrohung auszulöschen.
 
Das war jetzt ein bisschen vorhersehbar... *lol* Ganz ehrlich, das mit dem Gerät erinnert mich irgendwie so verdammt an DBZ... Bin ja mal gespannt, was Aquila da findet ;).
 
So, es folgt nun der letzte Teil des Kapitels, ein ziemlich langer, und zwar der, der mir wie angekündigt sehr schwer gefallen ist... Ich fürchte, das merkt man auch an einigen Stellen :( Aber naja, lest selbst...

DRACO SAGA - KAPITEL 1 "EIN HINTERHÄLTIGES VERBRECHEN" - TEIL 6

"Mama?", rief Aquila so laut sie es vermochte. So laut sie es sich traute. Denn wenn ihr nun niemand antwortete, konnte das immer noch daran liegen, dass sie einfach zu leise gesprochen hatte. Schließlich war Pavo ja schon alt und ihr Gehör hatte nachgelassen.

Sie war alt. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, wurde ihr wieder bewusst, warum sie so sehr um ihre Mutter besorgt war. Natürlich war wohl jeder um seine Mutter besorgt, doch in diesem speziellen Fall hatte die bloße Anwesenheit eines starken Dämons in der selben Straße ausgereicht, um Aquila in große Besorgnis, gar Angst zu versetzen. Denn sie wusste: Pavo konnte sich im Falle eines Angriffs nicht wehren.

Logisch betrachtet spielte das keine Rolle. Dieser ominöse Dämon war stärker als Crux, es gab wohl nur wenige Menschen in diesem Dorf, die sich gegen ihn hätten zur Wehr setzen können, egal, wie alt sie nun waren. Pavo hätte im Notfall auch keine Chance gehabt, wäre sie vierzig oder fünfzig Jahre jünger gewesen.

Aber all das spielte für Aquila in diesen Momenten keine Rolle. "Mama?", rief sie noch einmal, jetzt lauter, ohne eine Antwort zu erhalten. Die Jacke hatte sie bereits achtlos in die Ecke geschmissen, immerhin hatte sie noch daran gedacht, die Tür ins Schloss fallen zu lassen, um nicht jedem Untoten freien Einlass zum Haus zu gewähren, und nun hastete sie die Treppe empor.

Furcht kroch in ihr hoch. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was sie tun sollte, wenn Pavo... nein, das konnte sie sich nicht einmal ausmalen! Eilig legte sie die letzten Meter zurück. Ihr Atem ging schnell, mehr von der Anspannung als der Anstrengung, und dann drückte sie die Klinke hinunter und stieß die Tür auf.

Das erste, das ihr auffiel, war, dass es kalt war. Dann entdeckte sie den Grund: die offene Balkontür. Und für den Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich tatsächlich, wie Pavo so unvorsichtig hatte sein können, diese offen zu lassen. Kurioserweise erst danach fiel ihr Blick auf das leere Bett. Und auf den Körper daneben.

Für einen Augenblick glaubte Aquila, ihr Herz höre auf zu schlagen. Die Angst hatte sie beinahe aufgefressen, doch nun drohte etwas viel Mächtigeres, viel Bösartigeres ihren Platz einzunehmen: die Gewissheit. Wo Angst war, war auch Hoffnung. Wo keine Hoffnung mehr war, war der Tod.

Aquila benötigte Minuten, so schien es ihr, bis sie sich endlich aus ihrer Starre lösen konnte und zu Pavo hinüberlief. Sie beugte sich über sie, sah das klaffende Loch in der Brust, aus dem ein Strom aus rotem Blut lief. Ihre langen, ergrauten Haare, die sie sich zum Schlafen immer hochsteckte, fielen zerzaust über ihre Schultern. Der Mund stand ihr leicht geöffnet, die Augen sahen leblos geradeaus.

Wieder verbrachte Aquila eine Ewigkeit in Trance. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihre frühesten Erinnerungen an ihre Mutter, wie sie damals von ihr durch ein Kaufhaus getragen wurde... Aquila war so aufgeregt gewesen an diesem Tag. Es war das erste Mal gewesen, dass sie ihr Heimatdorf verließ. Es gab so viele Menschen überall, und irgendwie war es beängstigend. Zum Glück hatte sie ja ihre Mama, die sie beschützte...

Mit einem Mal fiel sie auf die Knie und die Tränen, die in ihrem Schock wie erfroren gewesen zu sein schienen, brachen aus ihr heraus und tropften auf den blanken Holzboden. Mit zitternden Fingern berührte sie Pavo am rechten Arm, streichelte ihr sacht darüber, und nahm regungslos zur Kenntnis, wie ihr Blick immer tränenverschleierter wurde. Sie hatte ihre Mutter schon ewig gekannt. Das mochte ja an sich nichts Besonderes sein, aber für sie war es das. Sie hatte keinen Vater, sie hatte keine Familie, sie hatte nur Pavo. Das war schon immer so gewesen. Sie war die einzige gewesen, auf die sich Aquila immer hatte verlassen können, die immer zu ihr gestanden hatte. Wie damals, als der große, schwarze Hund sie angefallen hatte, und Pavo trotz ihres schon damals reifen Alters es geschafft hatte, ihn von ihr herunterzubekommen. Vier, fünf Jahre mochte Aquila damals gewesen sein. Sie hatte geweint, vor Schock und Schmerz, und dabei hatte ihr der Wauwau bloß ein paar Schürfwunden zugefügt und nicht mal gebissen. Die folgenden Tage kümmerte sich Mama ganz lieb um sie. Wie eigentlich ihr ganzes Leben lang.

"Aquila..."

"Ja, Mama?", erwiderte die Angesprochene der Vision ihrer Mutter.

"Dein Vater... war hier", sagte Pavo schwach. Und erst an der Schwäche der Stimme erkannte Aquila, dass sie nicht halluzinierte. Ihre Mutter sprach tatsächlich zu ihr! Schlagartig war Aquila wieder im Hier und Jetzt, bloß wusste sie nicht, was zu tun war. Entgeistert starrte sie auf den Körper vor ihr und fragte sich kurz, ob sie sich das nicht doch nur eingebildet hatte, dann rief sie: "Halte durch! Ich rufe einen Krankenwagen!"

Sie war bereits aufgesprungen, als ihre Mutter sie leise zurückhielt: "Nein..." Irritiert drehte sich Aquila wieder zu ihr um und kniete sich neben sie, die Tränen kamen ihr erneut. "Nein", wiederholte Pavo, und es schien sie alle Kraft zu kosten, diese wenigen Worte zu formulieren, "für mich ist es zu spät..."

"Sag so etwas nicht!", flehte Aquila geradezu, aber ihre Mutter schnitt ihr mit einem schwachen Schütteln des Kopfes das Wort ab.

"Hör' mir jetzt genau zu", flüsterte die Sterbende und kniff die Augen zu, als könnte sie den Schmerz so vorübergehend ausblenden, "erinnerst du dich an die Auserwählte?"

Aquila hatte keine Ahnung, wieso das nun so wichtig war, und sie brauchte einige Minuten, um gedanklich vom Tod ihrer Mutter auf eine alte Erzählung von ihr umzuschwenken, dann erwiderte sie: "Ja... Ja, natürlich erinnere ich mich. Du hast mir von ihr erzählt!"

Pavo nickte schwerfällig. Dann raunte sie: "Es ist Crux."

Aquila vermochte in der Kürze der Zeit, die ihnen noch blieb, nicht zu verstehen, was das bedeutete. Fast reflexartig wandte sie ein: "Aber...", unterbrach sich dann jedoch selbst, denn Pavo hätte ihr diese Information wohl kaum kurz vor ihrem Tod anvertraut, wenn sie sich deren Wahrheitsgehalt nicht sicher gewesen wäre.

"Aquila", fuhr Pavo fort, "dein... Vater... war hier." Die Worte kamen nun in größeren Abständen über ihre trockenen Lippen. "Er... ist... war... ein Dämon..."

Für Aquilas Verstand ging nun alles zu schnell. Sie hatte nicht einmal angefangen, den Tod Pavos zu verarbeiten, da wurde sie schon mit Dingen konfrontiert, die für sich allein genommen schon schockiert genug gewesen wären. Der Gedankensprung zu ihrem Vater war so plötzlich gekommen, dass sie nur langsam nachvollziehen konnte, was ihre Mutter gerade gesagt hatte. Er war hier gewesen? Einfach so? Es war klar, dass Pavo ihr nun keine ausschweifenden Informationen geben konnte, aber was sollte das heißen, er sei hier gewesen? Verdammt, sie hatte ihn noch nie in ihrem Leben gesehen! Und nun das? "Er war hier"? Wieso? Wieso erst jetzt? Wieso jetzt nicht mehr?

Und erst danach, da sie langsam begriff, dass dies kein Scherz und kein Traum war und ihr Vater – warum auch immer – plötzlich aufgetaucht sein musste, registrierte sie den kurzen Nachsatz. "Ein Dämon?", entfuhr es ihr, bestimmt mehrere Sekunden, nachdem Pavo es ausgesprochen hatte. "Was... was soll das heißen? Was bedeutet das?" Aquilas Gedanken rasten, kreisten wie wild herum, kamen aber zu keinem bestimmten Punkt. "Hat er dir das angetan?"

"Nein...", entgegnete ihre Mutter. "Draco..."

"Er hieß Draco?", fragte Aquila, skeptisch, ob sie das richtig verstanden hatte. Pavo schüttelte andeutungsweise den Kopf. "Ähm... Draco hat dir das angetan?!", versuchte sie es erneut. Diesmal nickte Pavo.

Dann waren ihre Sorgen also gerechtfertigt gewesen! Das kam ihr erst jetzt in den Sinn – bislang hatte sie nicht die Nerven gehabt, sich zu fragen, wer denn nun für den Tod ihrer Mutter verantwortlich war, aber die Stärke des Dämons draußen hatte ja schon darauf hingedeutet, dass er zum Feuerstrom gehörte, und Aquila erinnerte sich dunkel daran, dass einer der drei Dämonen, die dazu gehörten, Draco hieß.

"Dein... Vater...", riss sie Pavo aus ihren Gedanken.

Ja, genau! Was war denn eigentlich mit ihm? Aquila war von der Vielzahl an Informationen und der Situation selbst derart überfordert, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Wenn ihr Vater – warum auch immer – hier gewesen war und Draco die alte Frau getötet hatte – was war dann aus Aquilas Vater geworden? War er zuvor schon gegangen? War er etwa auch verletzt? Oder hatte er Pavo verraten, wo er doch ein Dämon war?

Da klingelte es in ihr. Was hatte Pavo doch genau gesagt? "Er war ein Dämon"? Sollte das bedeuten...?

Anscheinend sagte ihr Blick genug, denn die Augen ihrer Mutter wanderten zur Seite. Aquila folgte ihrem Blick und bemerkte Spuren von braunem Staub auf dem Fußboden. Das Zeug, das von Dämonen übrig blieb.

Die Erkenntnis erschlug sie beinahe. Ihr Vater, den sie nie gekannt hatte und der wie aus dem Nichts in ihr Leben getreten war... getreten wäre... vielleicht... nun, dieser Vater – er war tot! Draco hatte ihm vermutlich ebenfalls ein Loch in die Brust geschossen (oder wie auch immer er es hineinbekommen hatte)! Ihn hatte er schon auf dem Gewissen, und Pavo würde gleich hinzukommen! Bei dem Gedanken daran wurden Aquilas Augen wieder feucht.

"Dorado...", raunte Pavo mit letzter Kraft.

"Dorado?", wiederholte Aquila und dachte nach, was damit gemeint war. Ihrer Mutter entwich ein letztes Stöhnen. Fast panisch starrte Aquila sie an. "Was soll das heißen?", fragte sie. Pavo durfte doch nicht sterben, ohne dass ihre Tochter das letzte, was sie ihr gesagt hatte, überhaupt verstanden hatte! Doch scheinbar war die Sterbende zu langen Erklärungen nicht mehr imstande. Also blieb Aquila nichts anderes übrig, als zu raten, solange die andere ihr wenigstens noch durch irgendein Zeichen zeigen konnte, ob sie richtig lag. "Dorado... Irgendetwas mit dem Feuerstrom?" Keine Reaktion. "Noch ein Dämon? Dracos Helfer?" Pavos Gesicht verzog sich vor Schmerz, doch sonst zeigte sie keine Regung. "Mein Vater?"

Pavo zwinkerte deutlich. Das war es also – ihr Vater hatte Dorado geheißen! "Er hieß Dorado", folgerte sie noch einmal laut, "mein Vater hieß Dorado!" Pavo zwinkerte nicht erneut. "Nicht?", fragte Aquila irritiert. Hatte sie die Geste ihrer Mutter etwa falsch gedeutet?

Und erst dann stellte sie fest, dass die Frau vor ihr nicht nur nicht zwinkerte. Sie atmete auch nicht mehr. Aquila wich die letzte Farbe aus dem Gesicht. Sie vermochte nur noch fassungslos auf die Leiche zu starren, und dann, nach wenigen Sekunden der vollkommenen, toten Stille, legte sie den Kopf auf den Bauch ihrer Mutter und weinte leise in die Nacht hinein, und der Wind, der durch die Balkontür leise hereinkroch, fuhr verlockend durch das lose, weiße Haar, und lud Pavo ein, ihn zu begleiten... in das unentdeckte Land, von dessen Grenzen kein Wanderer je zurückkehrte.
 
Der Teil war sehr gut - zwar nicht überraschend (ja, klar, Crux ist die Auserwählte... Haben wir das nicht alle geahnt?), aber schön geschrieben. Dorado ist Aquilas Vater? dAs war allerdings eine Überraschung - seit wann können Untote Kinder zeugen? Hä?
 
*Staub wegpust*
Ich muss gestehen, weitergeschrieben hab ich immer noch nicht. Ein (ziemlich kurzer) Teil liegt aber noch auf meiner Festplatte rum, und irgendwie muss es ja mal weitergehen, gell?

@Tiara: Ja, das mit dem Wau Wau... ach, ich tu mich halt schwer mit solchen Teilen (vermutlich weißt du inzwischen eh nicht mehr, worum's in dem Teil ging ;) )... Der Schlusssatz ist übrigens, so nahe das angesichts seiner puren Lächerlichkeit liegen mag, nicht einmal von mir, sondern geklaut von so nem Heini,... ehm... wie hieß der noch gleich?! Scheekspir, oder so. :)

@Shan: Bei MIR können Untote Kinder kriegen, bäh! Sind ja wohl MEINE Untoten! ;)

Generell: Ja, dass Crux die Auserwählte ist, IST ein Klischee. Aber andererseits auch irgendwie die Grundlage der gesamten Geschichte... insofern wär's nun schwer geworden, das noch nachträglich zu ändern. ;)

DRACO SAGA - KAPITEL 2 "FREUND ODER FEIND?" - TEIL 1

Crux war ein wenig außer Atem, als sie anhielt und sich umsah. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie dem Dämon dicht auf den Fersen war, doch nun hatte sie ihn aus den Augen verloren.

Er hatte sie in ein Viertel des Dorfes geführt, in dem sie sich nur selten aufhielt. Es gab für gewöhnlich auch keinen Grund dafür, sich hier aufzuhalten, denn diese Gegend war größtenteils verlassen. Vor vielen Jahren, als Crux noch klein gewesen war, hatte man hier irgendetwas hergestellt – sie erinnerte sich nicht einmal mehr daran, was –, doch dann hatten nach und nach alle Fabriken geschlossen und die Arbeiter waren in die Stadt gezogen.

Deshalb war die Dämonenjägerin nun von heruntergekommenen Fertigungshallen, alten Lagerräumen, verlassenen Arbeiterwohnungen und aufgegebenen Fabriken umgeben. Seit kein Mensch mehr hier arbeitete, wohnte auch niemand mehr hier, und somit gab es hier niemanden, den Crux auf ihren Rundgängen hätte beschützen können – daher auch keinen Grund, hierher zu kommen.

Nun hätte man glauben können, dass es gerade deshalb hier nur so von Dämonen und anderen Unholden wimmelte, aber dem war nicht so. Und wenn man genauer darüber nachdachte, war das auch nur logisch: Dämonen jagten Menschen, und Menschen gab es hier keine.

Aus diesen Gründen waren die Straßen, deren Beleuchtung schon seit Ewigkeiten aus Kostengründen abgeschaltet war, fast vollkommen leer, wenn man von herumliegendem Gerümpel absah. Nicht einmal Obdachlose oder Bettler hielt es hier, denn es gab ja niemanden, den sie hätten anbetteln können.

Das brachte Crux zu der großen Frage: Was, zum Teufel, wollte dann der Dämon, den sie verfolgte, hier? Hatte er sie bemerkt und sie nur in ein Gebiet lotsen wollen, in dem er sich gut verstecken konnte? Nun, das war wohl eher unwahrscheinlich. Wenn dieser Untote auch nur annähernd das gleiche Selbstvertrauen besaß wie Virgo, dann floh er nicht vor ihr, und verstecken tat er sich schon gar nicht. Hätte er sie bemerkt, hätte er sie vermutlich gestellt und bekämpft. Stark genug wäre er dazu schließlich gewesen.

Aber irgendeinen Grund musste er doch haben, sie hierher zu führen! Schließlich schienen die Dämonen des Feuerstroms im Gegensatz zu all den "gewöhnlichen" Dämonen über so etwas wie Intelligenz zu verfügen und nicht ausschließlich ihren Trieben zu folgen.

Crux ging ein Licht auf. Vielleicht hatte sie nicht alle Konsequenzen dieses Unterschiedes bedacht! Sie ging immer noch von der Vorstellung aus, dass dies ein Dämon war, der in ein Gebiet gelaufen war, in dem sich normalerweise keine Dämonen aufhielten. Aber dies war ja kein einfacher Dämon, es war einer, der sich gar nicht unbedingt wie ein solcher verhielt!

Wenn sie also einmal alle ihre Erfahrungswerte außen vor ließ, was konnte der Untote dann hier wollen? Wenn er sie nicht bemerkt hatte, wovon auszugehen war, denn er hatte sie ja bislang nicht angegriffen, dann musste er sowieso vorgehabt haben, sich in dieses Viertel zurückzuziehen. Was gab es hier, weshalb es sich lohnte, ausgerechnet hierher...

Aber natürlich! Es gab hier nichts weiter als leerstehende Gebäude! Und das war die Lösung! Vermutlich nutzte der Feuerstrom – oder wenigstens dieses eine Mitglied – eines der umstehenden Bauwerke als Unterschlupf! Der Dämon an sich zog zwar die Dunkelheit eines Parks oder Waldes vor, lungerte gelegentlich auch in finsteren Gassen herum, aber wenn dieser nicht von dem Drang kontrolliert wurde, ständig auf menschliche Opfer zu lauern, dann war es ihm sicher auch möglich, sich ein geschützteres Versteck oder eine sicherere Operationsbasis auszusuchen.

Crux hatte inzwischen etwas verschnauft und sah sich suchend um. Es galt nun nur noch herauszufinden, welches dieser Gebäude das war, in dem sich das Wesen, das sie verfolgte, aufhielt. Es blieb ihr also wohl nichts anderes übrig, als eines nach dem anderen abzuklappern.
 
Die überlegungen da waren doch etwas seltsam - warum sollten nicht auch die nicht so intelligenten Dämonen sich in dem Gebiet einen Unterschlupf suchen? Auch Raubtiere haben sichere Baue und sooo weit ist die Gegend da auch nicht weg... Und dann: Warum kommt Crux nicht auf die Idee, dass der Dämon sie dahin lockt, um sie ohne Einmischung fertig machen zu können? ;)
 
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