Danke für die Kommentare. Hier ist der nächste Abschnitt, ich hoffe, er ist nicht zu lang geworden:
Der Abt des Klosters des Zornigen Drachen schreckte aus dem Schlaf hoch, als der Boden unter seinem Bett zu zittern begann. „Ein Erdbeben?“ Schlaftrunken kletterte er aus dem Bett und wankte auf dem unsicheren Boden zum Fenster. Nur mit Mühe gelang es ihm, das hohe, schmale Fenster zu öffnen und einen Blick nach draußen zu werfen. Seltsam, die alten Pinien, welche den Weg zum Kloster säumten, standen völlig ruhig.
„Herr Abt, Herr Abt!“ Jemand hämmerte wie wild an seine Türe. Der alte, gebeugte Mann warf seine orange Kutte über und zog den Riegel zurück.
„Was ist da los?“, fragte er. Noch ehe einer der Mönche, welche sich vor seiner Türe versammelt hatten, etwas sagen konnte, fegte ein unheilvoller Windstoß durch den Gang. Bleich und Grau im Gesicht, drängten sich die Mönche noch enger zusammen. Der Abt kniff die buschigen Brauen zusammen und seine dunklen Augen suchten im Halbdunkel des Ganges nach der Ursache dieser negativen Strömung, welche seinen Mönchen so zusetzte.
Eine hochgewachsene Gestalt schälte sich aus dem Schatten, ein dumpfroter Schimmer umgab ihn. „Hanakir?“ Der Abt machte einen Schritt auf den jungen Mönch zu.
„Nein, geht nicht näher!“ Einer der älteren Mönche hielt ihn zurück. „Das ist nicht mehr Hanakir...“
Der Angesprochene legte den Kopf in den Nacken und lachte. Dem Abt lief es kalt über den Rücken. Das war nicht eine Stimme, das waren viele in einer ... und nicht eine davon war menschlich .....
„Wer oder was bist du?“, verlangte er zu wissen und stellte sich vor seine Mönche. „Wer hat dich gerufen?“
„Der schwächliche Narr hat gedacht, UNS benutzen zu können“, kam es aus Hanakirs Mund. „Doch nun werden WIR ihn benutzen bis WIR einen besseren Körper gefunden haben. Seine Erinnerung zeigte UNS, dass sich die Stärksten bald unweit von hier auf einem Turnier messen werden. Diese Gelegenheit, jenen Körper zu erlangen, mit dem WIR die Herrschaft über diese Welt dem schwächlichen Gott entreißen können, der über sie gebietet.“
„Legion...“, es war nicht klar, welcher der Mönche zuerst den gefürchteten Namen aussprach, aber sie alle wiederholten ihn flüsternd. „Legion...“
Der, der ehemals Hanakir gewesen war, nickte mit breitem Grinsen. „Erkennt was ich bin, fürchtet mich und unterwerft euch mir!“
Die zitternden Mönche wichen weiter und weiter zurück. Einige umklammerten verzweifelt ihre Ketten mit den polierten, hölzernen Perlen, geflüsterte Gebete wurden laut und lauter. Der Abt selbst hatte sich breitbeinig vor dem Fleisch gewordenen Unheil aufgebaut und rezitierte mit hallender Stimme heilige Worte. Die Aura des alten Mannes begann schwach, golden zu leuchten je inniger die Mönche beteten desto stärker wurde das Licht, das sie bald alle umstrahlte.
Die Legion in Hanakirs Hülle stand spöttisch lächelnd vor ihnen und der verächtlich zuckender Mund bewies, was die Verkörperung es Bösen von dem letzten, verzweifelten Aufbäumen der Klosterbewohner hielt. Doch so lächerlich waren ihre Gebete nicht. Ausgehend vom Abt leckte eine Zunge goldenen Lichts über den Fußboden.
Hanakir hob den Fuß und wollte sie zertreten, doch kaum kam seine düstere Aura mit jener hellen in Berührung, sprühten zornige Funken und mit einem Schmerzenslaut sprang Hanakir zurück. „Ihr lächerlichen Würmer, ihr wagt es mir, der Legion der Finsternis Unbehagen zu bereiten.“ Er hob beide Hände und streckte die Handflächen der Gruppe der Betenden entgegen. „Dafür zertrete ich euch!“ Ein breiter Lichtstrahl von der Farbe getrockneten Blutes zuckte auf die Mönche zu. Sie packten ihre Ketten fester, schlossen die Augen und beteten mit aller Kraft. Ihre vereinte Aura strahlte und der gierige Strahl prallte von dieser Wand aus Licht ab. Mit einem Schrei tiefster Wut, lenkte Hanakir den Strahl an die Decke und mit einem dumpfen Donnern brach das ganze Gewölbe in sich zusammen. War das Licht der Mönche auch ein Schutz gegen die finstere Macht an sich, so war es kein Schild, welcher Mauersteine und Balken aufzuhalten vermochte. Sie wurden allesamt unter Mörtel, Stein und Holz begraben und die Wolke aus Staub schluckte ihre verzweifelten Schmerzensschreie, die dann auch bald verstummten. Nur das Lachen der Legion hallte durch die Überreste des Klosters...
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„So, das wäre der letzte“, seufzte Chichi und legte die Nadel mit dem Küchengarn zur Seite. Seit dem frühesten Morgen war sie mit ihren Helfern bei der Arbeit. Heute war endlich der große Tag. Jedes Kin und jeder Greis hatte eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Dennoch blieb die Hauptarbeit an ihr hängen.
„Kann ich los?“, fragte eines der Mädchen und sah hinauf zur Küchenuhr. „Ich muss mich noch für die Modenschau herrichten.“
„Als ob du viel Chancen hättest“, spöttelte ein anderes. „Wenn Ririka wieder in einem ihrer teuren Fummel auftaucht siehst du daneben wie eine Vogelscheuche aus.“ Die anderen lachten und die Angesprochene streckte ihnen die Zunge heraus. „Als ob ihr bessere Chancen hättet. Schon die Jahre zuvor hat Ririka immer und immer wieder den meisten Applaus und die meisten Blumen bekommen. Es ist einfach sinnlos, gegen sie antreten zu wollen.“ Die anderen Frauen nickten. „Also, ich will trotzdem mitmachen, auch wenn ich gegen Ririka wie ein Mauerblümchen wirke. Man hat sonst kaum Gelegenheit, mal ein richtig schönes Kleid zu tragen und sich nobel herzurichten.“
Da war was dran und so wehrte es ihr niemand, als sie die Hände wusch und die Küche verließ.
„Wie ist es mit dir, Chichi?“, fragte Tama und sah sie an. „Du bist die hübscheste hier und du hättest sicher eine Chance.“
„Genau!“, hieb eine andere Frau in die gleiche Kerbe. „So was hübsches wie dich, hatte unser Dorf schon lange nicht mehr. Du solltest die Männer mal reden hören. Du hast nicht nur dem Doktor den Kopf verdreht.“
„Dem Doktor?“ Chichi sah erstaunt hoch und fing dabei Tamas Blick auf. Ihr entging auch nicht der Schatten, der trotz des Lächelns über das Gesicht der jungen Frau glitt. Aha. So standen die Dinge also. „Ich finde, dass ihr lieber Tama gut zureden solltet. Immerhin ist sie eine aus diesem Dorf und außerdem nicht weniger hübsch als Ririka.“
„Ich?“ Tama wurde knallrot im Gesicht. „Aber ich ...“
„Doch, da hat Chichi nicht unrecht“, sagte die eine Frau entschieden. „Wir haben ganz vergessen, dass aus dem Küken ein Schwan geworden ist.“
„Aber ich habe doch nichts anzuziehen... und meine Haare....“ Tama wehrte sich so gut sie konnte.
„Das mit dem Kleid überlass nur mir“, machte Chichi der Diskussion ein Ende. „Ihr kommt hier soweit ohne mich zurecht, oder?“
Die Helferinnen nickten. „Aber klar doch, ist ja alles vorbereitet.“
„Und ich sorge für den Rest“, erklang Sumiras Stimme vom Eingang her. „Auf der Festwiese sind wir so gut wie fertig mit den Aufbauten. Mein Mann wacht über das Buffet, damit keiner der Dorfleute heimlich nascht.“
Chichi bedankte sich und packte die noch immer widerstrebende Tama bei der Hand. „Wenn du deinem Doktor zeigen willst, dass du eine Frau und kein Kind mehr bist“, sagte sie halblaut zu ihr, dann must du mithelfen.“ Sogleich sträubte sich Tama viel weniger und als sie vor Chichis Zimmer angekommen waren und diese sich zu ihr umdrehte, griff Tama nach Chichis Hand.
„Chichi, denkst du wirklich ... er ... er wird mich endlich sehen, richtig ansehen?“ Sie fasste nach ihrem dicken Zopf und der unsichere Blick in ihren hellgrauen Augen rief in Chichi mütterliche Gefühle wach.
„Und ob!“, bekräftigte Chichi, schloss ihre Zimmertüre auf und schubste Tama hinein. „Erst einmal wirst du dich duschen und dir die Haare waschen. Ich schaue in der Zwischenzeit durch, was ich an Kleidern habe und wenn du fertig bist, verpasse ich dir einen neuen Schnitt.“
Eine gute halbe Stunde später trafen sich graue und dunkle Augen im Spiegel. „Hast du sowas schon öfter gemacht?“, fragte Tama zweifelnd, als Chichi entschlossen die Schere zückte und eine der nassen Braunen Strähnen zwischen die Finger klemmte. „Ich habe zwei Söhne und wir hatten nie viel Geld“, sagte Chichi mit einem ermutigendem Lächeln, „also bin ich ihre Friseuse gewesen.“
„Aha...“, Tama klang nicht sonderlich überzeugt, aber die Ältere ließ ihr keine Zeit, sich weitere Gedanken zu machen. Eine Strähne nach der anderen musste dran glauben und unter Tamas besorgten Blicken häuften sich die braunen Spitzen auf dem Fußboden. Endlich, es schien eine Ewigkeit gedauert zu haben, trat Chichi einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. „Das hätten wir“, sagte sie und legte die Schere zur Seite, um nach Bürste und Föhn zu greifen. „Jetzt noch der letzte Schliff.“
Tama starrte in den Spiegel ohne mehr wahrzunehmen, als ihr etwas blasses Gesicht mit den übergroßen, grauen Augen. Weitere Minuten verstrichen, dann verstummte das Summen des Föhns. „Jetzt schau dich an!“, forderte Chichi und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Mit einem tiefen Atemzug, hob Tama den Blick , wich etwas vom Spiegel zurück, um sich mit mehr Distanz zu sehen und schluckte. „Das ... das bin ich?“ Sie hob die Hand und die junge Frau im Spiegel mit den etwas mehr als Schulterlangen, weich fallenden braunen Locken tat dasselbe.
„Nächster Schritt ist das Kleid“, sagte Chichi und verbarg nur ungenügend ihre Genugtuung und Freude über Tamas Staunen. Als sie den Kleiderschrank öffnete, fiel gleich ihr erster Blick auf jenes Kleid, das sie sich in einem Anfall von überschäumender Freude über ihre neue Jugend gekauft hatte. Nicht dass es ihr normaler Stil war, aber es hatte ihr einfach gefallen. Ein etwas trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie das Kleid herausnahm und Tama unters Kinn hielt. „Wir haben die gleiche Größe, es wird dir stehen.“
„Aber...aber...“, Tamas Hand strich über die honiggoldene Seide. „Das ist bestimmt irre teuer gewesen, wenn es schmutzig wird oder einen Riss bekommt...“
„Dann wird es gereinigt und genäht“, sagte Chichi mit ihrem Sinn fürs Praktische. „Ich hoffe nur, dass dir auch die Schuhe passen.“
Eine gute halbe Stunde später, längst hatten sich am Fuß der Treppe alle versammelt, die gerade nichts zu tun hatten, ging die Zimmertüre auf und Chichi trat heraus, eine wunderschöne Tama an der Hand führend. „Jetzt zier dich nicht so!“
Ein Raunen ging durch die Gruppe und Sumira wischte sich ein paar Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln. Eilends brachte sie einen weit fallenden, grauen Umhang mit Kapuze, der das Kleid und die Frisur bis zum großen Auftritt schützen würde. Zufrieden übergab Chichi Tama der Obhut ihrer Mutter und lief zurück ins Zimmer um sich für ihre eigene Aufgabe zurecht zu machen.
Auf der Wiese rings um den Ring herrschte bereits ein dichtes Gedränge, die Gäste warteten auf die Modenschau, die ihnen wie jedes Jahr das Warten auf das eigentliche Turnier verkürzen würde. Wetten wurden abgeschlossen, wer wohl dieses Jahr die meisten Blumen und den meisten Applaus bekommen würde.
„Du bist bestimmt die allerschönste“, sagte Oob und sah seine Mutter bewundernd an. Ririka strich den Rock ihres dunkelblauen Kleides glatt und lächelte. „Danke, mein Sohn, aber es sind jede Menge hübscher Mädchen da, die viel jünger sind als ich. Bestimmt bin ich nicht die schönste von allen...“ Bei diesen Worten schielte sie zu Goku hinüber, der nur ein paar Schritte entfernt an seiner Krawatte zerrte. Am liebsten wäre er wie immer in seinem Kampfanzug gekommen, aber Ririka hatte ihn so lange gedrängt bis er sich widerstrebend in den Anzug und das Hemd hatte zwängen lassen, das sie für ihn besorgt hatte.
Da er für dererlei Dinge keinen Blick hatte, fiel ihm nicht auf, dass die Farbe seines Anzuges genau dieselbe war wie die des Kleides und dass Oob denselben Anzug ein paar Größen kleiner trug. Auf jeden Fremden machten die drei auf den ersten Blick das perfekte Bild einer harmonischen Familie. Zu Ririkas Leidwesen schien Goku ihr sorgfältig gemachtes Äußeres nicht wahrzunehmen. Sein Blick wanderte in freundlicher Gleichgültigkeit über ihre glänzenden Haare, die bemalten Lippen und mit Rouge betonten Wangenknochen. „Du siehst nett aus“, sagte er und Ririka packte den Griff ihres Sonnenschirmes fester. Sie hatte Stunden damit zugebracht, sich auf das Vorteilhafteste zu stylen alles, was er dazu zu sagen hatte, war „nett“.
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Danke fürs Lesen!