antivirus
autark
Hallo. ^^;
Ich wollte einfach auch mal meine Schreibkünste *räusper* präsentieren. Nun, ist halt nichts besonderes. Es wird wahrscheinlich nicht jedem gefallen, da es um eine Prostituierte geht, außerdem könnte es an ein paar Stellen etwas ekelhaft werden. Sehr weit bin ich noch nicht, hab aber das Konzept schon ausgearbeitet. Muss jetzt nur noch genug Zeit finden, den Rest niederzuschreiben. Denke - hoffe -, dass ich das aber hinbekommen werde, in nicht allzu langen Abständen einen Teil hier herein zu setzen. Ich werde auch versprechen, sie etwas länger zu halten (sofern das hier dann auch jemanden interessiert
). Jah, und wie ich es im Titel schon hab anklingen lassen, spielt das alles in einer Fantasywelt - von der man am Anfang nicht allzu viel mitbekommt. Man wird es nur an einigen Gegenständen und Bezeichnungen erkennen. Es soll mal ein Mischmasch aus der etwas moderneren Welt (weiß nicht, vielleicht in den 60ern bis 80ern bis Zukunft) und halt einer abenteuerlichen Fantasywelt werden - zumindest von den Wesen her. Na, ihr werdet's schon merken. 
So, nun aber zu der eigentlichen Geschichte.
(PS: Der Titel mag bis jetzt etwas mutig sein, denn ich weiß nicht, ob er später noch passt - aber wer weiß... ^^)
[Verunstaltung meiner schönen Präsentation.. ^^]
Autor: antivirus (also ich ^^)
Titel: Ein Schritt entfernt
Teile: weiß ich noch nicht. Aber ich denke, es werden wohl noch einige...
Genre: Fantasy (steht doch im Titel?)
Serie (Original oder Fanfiction): Original (steht auch im Titel .. <<)
Disclaimer: ALLES MEINS!
Müde räkelte sich Myle auf ihrem Bett und fuhr sich anschließend durch ihre roten, leicht gelockten Haare und stellte mit einem Seufzer fest, dass sie ihre Haare mal wieder kämmen sollte. Fast genervt riss sie die Schublade aus dem kleinen Nachtschrank um einen Kamm herauszuholen, doch dabei fiel sie ihr aus der Hand und krachend auf den Boden. Die Scharniere waren wohl kaputt, doch Geld für einen neuen Schrank hatte sie nicht. Leicht versifft war er auch, doch wer hatte schon Zeit, ständig zu putzen, wenn kurz darauf eh alles wieder dreckig war? Einen Kamm fand sie nicht, also schob sie den Gedanke beiseite.
Endlich konnte sich Myle dazu durchringen aufzustehen um wenigstens mal einen Blick in den durchgebrochenen Spiegel zu werfen. Auf dem Weg dorthin stolperte sie über leere Wasserflaschen aus Plastik und über einige Kleidungsstücke, die sie gestern Nacht quer durchs Zimmer geworfen hatte.
Im Spiegel konnte sie nicht allzu viel erkennen da er an vielen Stellen milchig war. Erneut fuhr sie sich durch die Haare und drehte sich zu ihrem Bett um – wenn man eine einzelne Matratze als Bett bezeichnen konnte.
Auf der anderen Seite des Bettes lag ein Mann. Nackt. Sein elegantes Hinterteil schimmerte zwischen der Bettdecke hervor, die zudem noch überall befleckt war. Myle würgte kurz, als sie an die vergangene Nacht dachte, doch es brachte alles nichts, es war nun mal ihr Job.
Der Mann, der im Übrigen Josseh hieß, wie er sich ihr vorgestellt hatte, schnarchte und schnarchte. Wahrscheinlich hatte er gestern einfach zu viel gesoffen. Kurz entschlossen ging Myle auf ihn zu und schüttelte ihn.
„Hey du! Du solltest langsam aufstehen!“, sagte sie und schüttelte ihn dabei nicht gerade sanft.
Gequält drehte der Mann sich um und gähnte laut. Mit den Händen rieb er sich über die Augen um sich schneller an das flackernde Licht zu gewöhnen.
Myle betrachtete ihren Freier noch mal genauer. Gestern hatte sie irgendwie nicht die Zeit dazu gehabt, außerdem ging es um das Geld und nicht um das Aussehen der Männer. Doch Myle erschrak fast, als sie ihn musterte. Der Mann war noch ziemlich jung, vielleicht Mitte zwanzig, hatte braunes kurzes Haar, welches ihm auf dem Kopf herumwuselte, dunkle Augen und auch sonst sah er recht freundlich aus, fand sie.
Doch ob er bei der Bezahlung genauso freundlich sein würde?
„Wo bin ich hier?“, fragte er verwundert, als er sich genauer umgesehen hatte und sich wohl eher in einem Rattenloch wieder fand, womit er anscheinend am wenigsten gerechnet hatte.
„Bei mir“, erklärte Myle nur knapp und hockte sich vor ihn hin.
Missbillig betrachtete Josseh Myle und schlug die Decke weg um aufzustehen, doch als er mit Entsetzen feststellen musste, das er nackt war, bedeckte er seine Blöße ganz schnell wieder und warf Myle einen fragenden Blick zu.
Diese indes zuckte nur mit den Schultern und hielt ihm die ausgestreckte Hand entgegen. Etwas entgeistert blickte Josseh in die ausgestreckte Hand und rückte langsam ein Stück zurück.
„Du meinst doch nicht etwas, dass…? Wir haben doch wohl nicht…?“ Seine Stimme wurde leicht zittrig und auch sonst wurde ihm die ganze Sache von Sekunde zu Sekunde unangenehmer. Hatten ihn seine Kollegen echt einfach mit einer Nutte weggehen lassen?
„Doch.“ Auch dieses Mal hielt Myle ihre Antwort kurz. Sie hatte Hunger und Durst und brauchte das Geld um eben diese Bedürfnisse zu stillen.
Seufzend ließ sich Josseh nach hinten fallen, doch als er die ganzen Flecken auf der Decke bemerkte, richtete er sich schnell wieder auf, stand nun endgültig auf und zog sich schnell an. Was dieses Weib bloß alles mit ihm angestellt hatte?
„Was denn?“, fragte er, als Myle auf ihn zukam, immer noch mit der ausgestreckten Hand.
„Was ist mit dem Lohn?“, fragte sie ihn.
„Jetzt soll ich dich auch noch dafür bezahlen, dass du mich vermutlich mit Aids angesteckt hast? Ich glaube, dir geht’s nicht gut!“ Josseh zeigte ihr einen Vogel und rannte aus dem Zimmer. Doch Myle wollte bezahlt werden, wie sonst sollte sie über die Runden kommen?
„Aber dir hat es doch gefallen!“, rief sie ihm hinterher. Doch Josseh konnte sie nicht mehr hören, denn er war schon am Ende des Flures angekommen und sah zu, dass er ganz schnell dieses Gebäude verließ.
Myle rannte ihm hinterher. Das wollte sie schließlich nicht auf sich sitzen lassen. Als sie die Eingangstür des Hauses passierte und draußen stand, sah sie ihn schon nicht mehr. Der Hauseingang lag zwar in einer Seitenstraße, doch es gab viele Winkel und Ecken, in denen man sich verstecken konnte. Sie mochte jetzt aber nicht überall nach ihm suchen, sie war auch nur mit einem T-Shirt und einem Slip bekleidet. Wenn ihr Vermieter sie so sehen würde, würde sie wahrscheinlich ausziehen können und das wäre ein schwerer Schlag für sie, denn wer akzeptiert schon eine Prostituierte im Haus? Also lief sie schnell wieder in ihre Wohnung.
Ärgerlich riss sie ein Poster von der Wand. Der Mann war ihr entwischt und wenn sie nicht verhungern wollte, musste sie so schnell wie möglich einen neuen Freier suchen, doch um diese Tageszeit war das nicht so einfach. Schließlich waren die meisten Männer erst abends in den Kneipen. Um diese Uhrzeit saßen bloß die alten Schlucker da, die selber kein Geld hatten.
Es half doch alles nichts. Unter den ganzen Kleiderhaufen zog sie sich ein passendes Outfit zusammen, bestehend aus einem alten Rock und einer Bluse, die nur etwas offenherzig war – um diese Uhrzeit konnte sie nicht in voller Montur aufkreuzen, denn es waren Kinder unterwegs und somit war es vom Gesetz her verboten.
Sie verließ die Seitenstraße nach links zur Hauptstraße und ging schnell an ihr entlang um ein paar Häuserblöcke weiter wieder in den dunklen Gassen zu verschwinden. Dort waren viele Kneipen, die meist gut gefüllt waren. Nervös schaute sie sich immer mal wieder um, denn wenn die Casstellar sie entdecken würden, würde sie für die nächsten Monate im Gefängnis sitzen. Und schuften für Nichts war dann auch nicht ihr Fall.
Schnell lief sie über die Straße, wurde fast von einer Kutsche mitgenommen und ein Gepeppofahrer schrie ihr hinterher, was ihr einfallen würde, ohne vorher zu gucken über die Straße zu rennen. Myle ignorierte beide. Sie hasste diese aufgeblasenen Gepeppofahrer, die immer nur an sich dachten. Außerdem hasste sie deren Gepeppo. Nur weil dieses Gerät fliegen konnte, unverschämt teuer war und fast den ganzen Fahrstreifen bedeckte, brauchte man damit nicht so angeben. Außerdem hatte heute fast jeder so ein Gepeppo.
Den Rest des Weges brachte sie rennend hinter sich und die perfekte Seitenstraße war schnell näher gekommen. Ein kleiner Schulterblick zur Sicherheit und schon verschwand sie darin. Die kleine Gasse war gesäumt von Kneipen. Fast ein kleines Paradies für Myle. Zielstrebig lief sie auf eine Kneipe zu, die ziemlich in der Mitte der Gasse lag, als sie plötzlich erschrocken zusammenfuhr. Hinter ihr wurde eine Tür aufgeschlagen und ein junges Mädchen in etwa ihrem Alter hinausgeworfen. Sie blieb auf dem Boden liegen, während die Tür der Kneipe wieder geschlossen wurde.
„Chantal!“, rief Myle, als sie ihre Freundin erkannte. Chantal war erst zarte fünfzehn, also drei Jahre jünger als Myle und auch noch nicht so lange im Geschäft. Ihr blondes schulterlanges Haar lag im Dreck der Straße, ihr Kleid war nass, wahrscheinlich vom Bier und sie selber weinte. Myle kam eilig auf sie zu und nahm sie in den Arm.
Myle fragte gar nicht, was passiert sei, denn sie wusste es schon. Es war doch immer wieder dasselbe mit ihnen. Überall wurde sie vertrieben und als Nutten beschimpft, doch wenn die Kerle ein paar Liter Bier intus hatten, waren sie für die lüsterne Gesellschaft auf einmal die schönsten Geschöpfe der Welt. Myle legte den Arm um Chantal und half ihr auf die Beine.
„Warum warst du da drin?“, wollte Myle wissen, während sie mit ihrer Bluse Chantals Tränen trocknete.
„Ich hab heute Nacht nichts verdient“, klagte Chantal und warf sich ihrer Freundin in die Arme.
„Dann haben wir wohl dasselbe Problem. Mein Kerl ist einfach abgehauen.“
Doch Myle wollte nicht länger an diesem Ort bleiben, schließlich könnte der Typ, der Chantal hinausgeworfen hatte die Casstellar informieren und dann würden die binnen Minuten hier sein. Also zog sie ihre jüngere Freundin aus der Gasse hinaus in die andere Richtung, die Myle sowieso eingeschlagen hatte. Die Seitenstraße mündete in einer weiteren dunklen Gasse und es führte anscheinend endlos so weiter, wie in einem Labyrinth, doch Myle kannte sich hier aus.
Ein paar Ecken, Kreuzungen und vielen Verwinklungen weiter hielt Myle kurz an um zu verschnaufen. Sie kannte die Methoden der Casstellar und wenn sie nur lange genug warten würden, würden schon die ersten Schnüffler um die Ecke kommen. Doch Myle wusste sich Rat und schob Chantal noch ein paar Straßen weiter, bis sie schließlich in einen kleinen Innenhof abbogen, von dort über einen Bretterstapel und ein paar Fässern schließlich auf die Dächer der Häuser gelangten. Myle ging voraus und balancierte über ein loses Brett, das über einer Gasse hing und zu einem anderen Häuserblock hinüberführte. Von dort liefen sie quer über die Dächer, bis sie vor einer kleinen Tür standen, die auf den Dachboden eines Hauses führte. Die Eigentümer nutzten die Fläche nicht, oder wussten vielleicht auch gar nicht von ihr, denn es gab kein Weg nach oben aus dem Inneren des Hauses.
Vorsichtig klopfte Myle an die kleine Tür und wartete auf ein Lebenszeichen. Der Besitzer dieser Behausung war nicht oft in seinem Heim anzutreffen, aber vielleicht hatten die beiden Mädchen heute ausnahmsweise mal Glück im Unglück.
Sie mussten lange warten, doch da hörten sie, wie von innen Kisten verschoben wurden und ein Grunzen folgte. Schließlich klickerte es an der Tür und sie ging auf. Dahinter stand ein breiter, stämmiger Mann mit zotteligem braunem Haar, der sich ducken musste, um zu sehen, wer da vor seiner Tür stand. In seiner linken Hand hielt er eine Knarre, doch als er sah, dass dort nur Myle stand, senkte er sie wieder und trat beiseite, damit die beiden reinkommen konnten.
„Schön, dich mal wieder zu sehen“, begrüßte er seine kleine Freundin.
„Ebenfalls“, seufzte Myle und plumpste auf ein Kissen, das auf dem Boden lag. „Das ist Chantal, eine Freundin von mir“, erklärte Myle rasch.
„Ah, freut mich. Ich bin Hoheb“, stellte er sich kurz vor und kramte dann aus einer Kiste drei Flaschen hervor. Bier, wie Myle feststellte und sich dabei fragte, wie man um diese Uhrzeit schon trinken konnte.
Hoheb öffnete eine Flasche und gab sie Myle, die sie auch gequält entgegen nahm, sie wollte ihren Freund jetzt nicht auf noch beleidigen, wo sie ihn doch schon so selten besuchte und zumindest könnte ihr Durst so etwas gestillt werden, auch wenn sie nicht wirklich dran glaubte.
Hoheb wollte auch Chantal eine Flasche in die Hand drücken, zog sie aber in letzter Sekunde zurück.
„Bist du…? Ich meine, darfst du überhaupt schon Alkohol?“, fragte er vorsichtig. Chantal schüttelte verlegen den Kopf, woraufhin Hoheb lachte.
„Na, auch egal. Hier gelten keine Gesetze“, grinste er und gab ihr die Flasche. Für Chantal, die dieses Getränk zum ersten Mal in den Händen hielt, war es fast eine Wohltat und als ob es schon lange zu ihrem Leben gehörte, trank sie die Flasche mit dem ersten Ansetzen fast ganz leer.
„Einen ganz schönen Zug hast du, Kleines“, höhnte der halbe Riese und setzte sich ebenfalls auf ein Kissen. „Aber, Myle, jetzt erzähl doch mal, welche Schwierigkeit dich zu mir führt? Denn ich glaube kaum, das du nur aus Spaß über die Dächer gerannt bist?“, wandte sich Hoheb wieder an Myle, die ebenfalls den ersten Zug hinter sich hatte, aber längst nicht so viel getrunken hatte wie Chantal. Myle verabscheute Bier.
„Chantal wurde aus einer Kneipe hinausgeworfen“, sagte Myle und beobachtete durch das Loch ihrer Flasche, wie sich wieder eine Schaumkrone auf dem Bier bildete.
„Hm“, machte Hoheb nur und warf einen schnellen Blick zur Tür. „Und jetzt befürchtet ihr, das die Casstellar hinter euch her sind, was?“
„Jupp“, sagte Myle und seufzte. „Zumindest werden sie Schnüffler auf uns abgerichtet haben.“
„Hach… und es lief doch jahrelang so gut.“ Hoheb stellte die Flasche auf den Boden und spähte aus einem der kleinen, verstaubten Dachfenster hinunter. Das Haus, in dem er drin wohnte, stand direkt an der Hauptstraße von Bradaccio und somit hatte man einen guten Überblick über die Straße und den dortigen Geschehnissen.
„Wann hattest du zuletzt Schwierigkeiten mit der Casstellar?“, fragte Hoheb und drehte sich wieder zu den beiden um.
„Letzten Monat war das, glaub ich. Es war aber nur, weil ich einem Typen eine Flasche über den Kopf gezogen habe“, glaubte Myle sich zu erinnern.
„Nun, da bist du denen aber nicht als Nu-… äh, Prostituierte aufgefallen, oder?“ Hoheb schaute kurz verlegen zu den beiden Mädchen, er wusste, wie sehr Myle es hasste, Nutte genannt zu werden, aber Hoheb war auch eben einer, der die Dinge gern beim Namen nannte und Myle war nun mal eine Nutte.
Myle hingegen verdrehte wegen des ‚Versprechers’ nur die Augen und verneinte die Frage. „Aber dieses Mal wird es hauptsächlich um Chantal gehen. Ich wurde von diesen Typen ja nicht gesehen – ich habe ihr nur weggeholfen. Chantal ist noch minderjährig! Hoheb, wir müssen etwas machen!“, flehte Myle und schaute Hoheb hilfesuchend an.
„Ja, aber wenn die rauskriegen, das du ihr auch noch geholfen hast, sie kennst und bla bla… du weißt dann hoffentlich auch, was auf dich zukommt, wenn du jetzt schon anfängst Minderjährige ins schmutzige Geschäft zu ziehen. Ich will dir jetzt keine moralischen Vorträge halten, denn ich denke, das weißt du selber alles – doch genau das wird dir die Casstellar erzählen und dich dafür gleich mal ein paar Jährchen in den Knast stecken. Chantal… nun, das könnte komplizierte werden.“ Hoheb seufzte und schaute auf das zierliche Mädchen, wie es da auf einer Kiste saß, die voll mit Alkohol war, selber eine Flasche trank und morgen womöglich schon tot sein könnte. Nein, nicht aufgrund des Alkohols, das sollte das geringere Problem sein. Hoheb macht sich Sorgen wegen der Casstellar.
„Ist die Casstellar wirklich so gemein? Ich hab sie so anders in Erinnerung“, meinte Chantal und träumte ihrer Vergangenheit hinterher.
„Meine Güte! Da gehörtest du ja auch noch auf die Sonnenseite des Lebens! Zu denen ist die Casstellar ja auch nett und freundlich, schließlich blechen die für deren Unterhalt und so weiter. Aber nun, Schätzchen, gehörst du auf die andere Seite und lernst halt mal die grausame Seite der Cassar kennen. Glaub mir, die sind alles andere als nett!“, schimpfte Myle und war selber überrascht, wie naiv Chantal immer noch war. Sie war doch jetzt auch kein direkter Neuling mehr, schließlich gehörte sie seit fast einem halben Jahr dazu. Aber es schien wohl zu wenig zu sein, um die Casstellar mal richtig kennen zu lernen. Myle seufzte.
„Vor allem lernst du sie richtig kennen, wenn du sie so nennst. Du liebe Zeit! Myle, sag so was nie wieder in meinem Haus!“, fluchte Hoheb, der sich Ärger mit der Casstellar genauso wenig leisten konnte wie die beiden Mädchen und Cassar war und blieb ein Schimpfwort, dass er nie wirklich in den Mund nehmen würde. Hoheb war von Beruf aus ein Schmuggler, daher auch nicht sehr beliebt und musste wegen seines Berufes diese geheime Wohnung nehmen.
„Wenn das ein Haus ist, dann wohn ich in einer Luxus-Villa!“, schnaufte Myle. „Jetzt stell dich nicht so an. Hier wird uns schon keiner gehört haben.“
„Du glaubst gar nicht, wo die überall ihre Ohren haben“, seufzte Hoheb und beruhigte sich wieder etwas. Einen Streit konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. „Aber zurück zu unserem eigentlichen Problem: Chantal.“
Hoheb legte die Stirn in Falten und schien irgendwas durchzurechnen, während Myle sich weiter das Bier hinunterzwängte, um wenigstens etwas Flüssigkeit zu bekommen.
„Eh, als Problem möchte ich aber noch nicht abgestempelt werden, ich bin schließlich kein Objekt“, grummelte Chantal beleidigt.
„Aber momentan halt unser Problem! Du wirst gesucht von der Casstellar, bist in meinem Haus und ausgebildet worden von Myle, die ebenfalls in meinem Haus ist. Ich sehe kein nicht vorhandenes Problem!“, meckerte Hoheb, der durch Chantals Beschwerde aus seiner Rechnung herausgekommen war und nun wieder von vorne beginnen musste.
Endlich, als Myle den letzten Schluck aus ihrer Flasche nahm, schien Hoheb ein Geistesblitz – oder so was – gekommen zu sein, denn er sprang auf und lief wild im Kreis herum, als ob er das fehlende Teil des Puzzles gefunden und eingesetzt hatte.
„Ich weiß!“, jubelte er. „In zwei Tagen können wir dich aus der Stadt schaffen.“ Er grinste in die Runde, Myle freute sich ebenfalls über das gute Ergebnis seines Nachdenkens, nur allein Chantal schien die Sache über den Kopf gewachsen zu sein.
„Warum soll ich denn jetzt aus der Stadt verschwinden? Was soll denn der Schwachsinn jetzt? Nur weil ich aus einer Kneipe herausgeflogen bin?“, verärgert darüber, was hier abging, warf sie ihre leere Flasche gegen die Wand. „Ich streike! Ich gehe nirgendwohin!“, rief sie und wollte aus der Tür, doch Hoheb hielt sie auf.
„Mädchen! Jetzt bleib mal auf dem Boden! Wie Myle schon gesagt hat – nur glaube ich, hast du ihr nicht richtig zugehört –, die Casstellar ist alles andere als zurückhaltend und freundlich zu kleinen Mädchen! Vor allem zu denen, die aus den Slums kommen und früh am morgen als Nutte in einer Kneipe ihr Geld verdienen wollen! Verdammt noch mal! Du gehst drauf, wenn du jetzt sorglos über die Straßen schlenderst! Glaub uns doch! So haben wir schon etliche verloren, einfach, weil sie den Regeln nicht gefolgt sind – UNSEREN Regeln! Und die sagen dir nun mal, dass du, wenn du Scheiße verbrockt hast und die Casstellar auf dem Hals hast, du dich nicht mehr in Sicherheit wiegen kannst und es besser für dich ist, die Stadt zu verlassen! Warum kapierst du das nicht?“, brüllte Hoheb. Er war außer sich, wie ein Mädchen in diesem Alter nur so naiv und dumm sein konnte und die Gesetze der Straße nicht befolgen wollte.
„Aber Myle hatte doch auch Stress mit der Casstellar! Zumindest hattet ihr das vorhin erwähnt!“, wehrte sich Chantal, ebenso laut.
„Da enttarnte man sie aber auch nicht als Nutte, sondern dachte von ihr, dass sie ein einfaches Mädchen ist aus der unteren Mittelschicht.“ Hoheb seufzte. Er kannte Chantal jetzt wirklich noch nicht lange, aber er hatte schon genug von ihr und ihrem Gelaber.
„Warst du eigentlich schon mal am Weideplatz?“, fragte Myle ruhig und sah von ihrer Flasche auf, Chantal in die Augen.
Chantal drehte sich zu ihr um und schaute sie fragend an. Hoheb hingegen ließ ein Stöhnen vernehmen. Er war leider oft genug dagewesen um zu wissen, dass ihn keine zehn Pferde mehr dorthin bewegen könnten, selbst die Casstellar könnte dies nicht. Da würde er lieber sterben…
„Nun, er ist außerhalb der Stadt, neben dem Hafen. Willst du mal dorthin?“ Myle war aufgestanden, hatte die Flasche vorsichtig auf den Boden gestellt und kam auf Chantal zu.
„Will ich dorthin?“, fragte Chantal statt zu antworten, denn sie sah diesen gefährlichen Ausdruck in Myles Augen.
„Wenn du das Ausmaß kennen lernen möchtest, was mit denen geschieht, die sich nicht an die Regeln gehalten haben – dir wir im Übrigen nur für unseren persönlichen Schutz aufgestellt haben –, dann möchtest du dorthin. Anders gesehen: Nein, dann würdest du lieber einen großen Bogen herum machen.“ Myle stand nun direkt vor Chantal und konnte ihr Angst förmlich riechen, aber auch ihre Neugierde. Sie schien tatsächlich dorthin zu wollen – was aber vielleicht auch gar nicht so schlecht war nach den gegebenen Umständen.
„Ich will mit dir dorthin“, sagte Chantal schließlich entschlossen.
Ich wollte einfach auch mal meine Schreibkünste *räusper* präsentieren. Nun, ist halt nichts besonderes. Es wird wahrscheinlich nicht jedem gefallen, da es um eine Prostituierte geht, außerdem könnte es an ein paar Stellen etwas ekelhaft werden. Sehr weit bin ich noch nicht, hab aber das Konzept schon ausgearbeitet. Muss jetzt nur noch genug Zeit finden, den Rest niederzuschreiben. Denke - hoffe -, dass ich das aber hinbekommen werde, in nicht allzu langen Abständen einen Teil hier herein zu setzen. Ich werde auch versprechen, sie etwas länger zu halten (sofern das hier dann auch jemanden interessiert


So, nun aber zu der eigentlichen Geschichte.
(PS: Der Titel mag bis jetzt etwas mutig sein, denn ich weiß nicht, ob er später noch passt - aber wer weiß... ^^)
[Verunstaltung meiner schönen Präsentation.. ^^]
Autor: antivirus (also ich ^^)
Titel: Ein Schritt entfernt
Teile: weiß ich noch nicht. Aber ich denke, es werden wohl noch einige...
Genre: Fantasy (steht doch im Titel?)
Serie (Original oder Fanfiction): Original (steht auch im Titel .. <<)
Disclaimer: ALLES MEINS!
Ein Schritt entfernt
Müde räkelte sich Myle auf ihrem Bett und fuhr sich anschließend durch ihre roten, leicht gelockten Haare und stellte mit einem Seufzer fest, dass sie ihre Haare mal wieder kämmen sollte. Fast genervt riss sie die Schublade aus dem kleinen Nachtschrank um einen Kamm herauszuholen, doch dabei fiel sie ihr aus der Hand und krachend auf den Boden. Die Scharniere waren wohl kaputt, doch Geld für einen neuen Schrank hatte sie nicht. Leicht versifft war er auch, doch wer hatte schon Zeit, ständig zu putzen, wenn kurz darauf eh alles wieder dreckig war? Einen Kamm fand sie nicht, also schob sie den Gedanke beiseite.
Endlich konnte sich Myle dazu durchringen aufzustehen um wenigstens mal einen Blick in den durchgebrochenen Spiegel zu werfen. Auf dem Weg dorthin stolperte sie über leere Wasserflaschen aus Plastik und über einige Kleidungsstücke, die sie gestern Nacht quer durchs Zimmer geworfen hatte.
Im Spiegel konnte sie nicht allzu viel erkennen da er an vielen Stellen milchig war. Erneut fuhr sie sich durch die Haare und drehte sich zu ihrem Bett um – wenn man eine einzelne Matratze als Bett bezeichnen konnte.
Auf der anderen Seite des Bettes lag ein Mann. Nackt. Sein elegantes Hinterteil schimmerte zwischen der Bettdecke hervor, die zudem noch überall befleckt war. Myle würgte kurz, als sie an die vergangene Nacht dachte, doch es brachte alles nichts, es war nun mal ihr Job.
Der Mann, der im Übrigen Josseh hieß, wie er sich ihr vorgestellt hatte, schnarchte und schnarchte. Wahrscheinlich hatte er gestern einfach zu viel gesoffen. Kurz entschlossen ging Myle auf ihn zu und schüttelte ihn.
„Hey du! Du solltest langsam aufstehen!“, sagte sie und schüttelte ihn dabei nicht gerade sanft.
Gequält drehte der Mann sich um und gähnte laut. Mit den Händen rieb er sich über die Augen um sich schneller an das flackernde Licht zu gewöhnen.
Myle betrachtete ihren Freier noch mal genauer. Gestern hatte sie irgendwie nicht die Zeit dazu gehabt, außerdem ging es um das Geld und nicht um das Aussehen der Männer. Doch Myle erschrak fast, als sie ihn musterte. Der Mann war noch ziemlich jung, vielleicht Mitte zwanzig, hatte braunes kurzes Haar, welches ihm auf dem Kopf herumwuselte, dunkle Augen und auch sonst sah er recht freundlich aus, fand sie.
Doch ob er bei der Bezahlung genauso freundlich sein würde?
„Wo bin ich hier?“, fragte er verwundert, als er sich genauer umgesehen hatte und sich wohl eher in einem Rattenloch wieder fand, womit er anscheinend am wenigsten gerechnet hatte.
„Bei mir“, erklärte Myle nur knapp und hockte sich vor ihn hin.
Missbillig betrachtete Josseh Myle und schlug die Decke weg um aufzustehen, doch als er mit Entsetzen feststellen musste, das er nackt war, bedeckte er seine Blöße ganz schnell wieder und warf Myle einen fragenden Blick zu.
Diese indes zuckte nur mit den Schultern und hielt ihm die ausgestreckte Hand entgegen. Etwas entgeistert blickte Josseh in die ausgestreckte Hand und rückte langsam ein Stück zurück.
„Du meinst doch nicht etwas, dass…? Wir haben doch wohl nicht…?“ Seine Stimme wurde leicht zittrig und auch sonst wurde ihm die ganze Sache von Sekunde zu Sekunde unangenehmer. Hatten ihn seine Kollegen echt einfach mit einer Nutte weggehen lassen?
„Doch.“ Auch dieses Mal hielt Myle ihre Antwort kurz. Sie hatte Hunger und Durst und brauchte das Geld um eben diese Bedürfnisse zu stillen.
Seufzend ließ sich Josseh nach hinten fallen, doch als er die ganzen Flecken auf der Decke bemerkte, richtete er sich schnell wieder auf, stand nun endgültig auf und zog sich schnell an. Was dieses Weib bloß alles mit ihm angestellt hatte?
„Was denn?“, fragte er, als Myle auf ihn zukam, immer noch mit der ausgestreckten Hand.
„Was ist mit dem Lohn?“, fragte sie ihn.
„Jetzt soll ich dich auch noch dafür bezahlen, dass du mich vermutlich mit Aids angesteckt hast? Ich glaube, dir geht’s nicht gut!“ Josseh zeigte ihr einen Vogel und rannte aus dem Zimmer. Doch Myle wollte bezahlt werden, wie sonst sollte sie über die Runden kommen?
„Aber dir hat es doch gefallen!“, rief sie ihm hinterher. Doch Josseh konnte sie nicht mehr hören, denn er war schon am Ende des Flures angekommen und sah zu, dass er ganz schnell dieses Gebäude verließ.
Myle rannte ihm hinterher. Das wollte sie schließlich nicht auf sich sitzen lassen. Als sie die Eingangstür des Hauses passierte und draußen stand, sah sie ihn schon nicht mehr. Der Hauseingang lag zwar in einer Seitenstraße, doch es gab viele Winkel und Ecken, in denen man sich verstecken konnte. Sie mochte jetzt aber nicht überall nach ihm suchen, sie war auch nur mit einem T-Shirt und einem Slip bekleidet. Wenn ihr Vermieter sie so sehen würde, würde sie wahrscheinlich ausziehen können und das wäre ein schwerer Schlag für sie, denn wer akzeptiert schon eine Prostituierte im Haus? Also lief sie schnell wieder in ihre Wohnung.
Ärgerlich riss sie ein Poster von der Wand. Der Mann war ihr entwischt und wenn sie nicht verhungern wollte, musste sie so schnell wie möglich einen neuen Freier suchen, doch um diese Tageszeit war das nicht so einfach. Schließlich waren die meisten Männer erst abends in den Kneipen. Um diese Uhrzeit saßen bloß die alten Schlucker da, die selber kein Geld hatten.
Es half doch alles nichts. Unter den ganzen Kleiderhaufen zog sie sich ein passendes Outfit zusammen, bestehend aus einem alten Rock und einer Bluse, die nur etwas offenherzig war – um diese Uhrzeit konnte sie nicht in voller Montur aufkreuzen, denn es waren Kinder unterwegs und somit war es vom Gesetz her verboten.
Sie verließ die Seitenstraße nach links zur Hauptstraße und ging schnell an ihr entlang um ein paar Häuserblöcke weiter wieder in den dunklen Gassen zu verschwinden. Dort waren viele Kneipen, die meist gut gefüllt waren. Nervös schaute sie sich immer mal wieder um, denn wenn die Casstellar sie entdecken würden, würde sie für die nächsten Monate im Gefängnis sitzen. Und schuften für Nichts war dann auch nicht ihr Fall.
Schnell lief sie über die Straße, wurde fast von einer Kutsche mitgenommen und ein Gepeppofahrer schrie ihr hinterher, was ihr einfallen würde, ohne vorher zu gucken über die Straße zu rennen. Myle ignorierte beide. Sie hasste diese aufgeblasenen Gepeppofahrer, die immer nur an sich dachten. Außerdem hasste sie deren Gepeppo. Nur weil dieses Gerät fliegen konnte, unverschämt teuer war und fast den ganzen Fahrstreifen bedeckte, brauchte man damit nicht so angeben. Außerdem hatte heute fast jeder so ein Gepeppo.
Den Rest des Weges brachte sie rennend hinter sich und die perfekte Seitenstraße war schnell näher gekommen. Ein kleiner Schulterblick zur Sicherheit und schon verschwand sie darin. Die kleine Gasse war gesäumt von Kneipen. Fast ein kleines Paradies für Myle. Zielstrebig lief sie auf eine Kneipe zu, die ziemlich in der Mitte der Gasse lag, als sie plötzlich erschrocken zusammenfuhr. Hinter ihr wurde eine Tür aufgeschlagen und ein junges Mädchen in etwa ihrem Alter hinausgeworfen. Sie blieb auf dem Boden liegen, während die Tür der Kneipe wieder geschlossen wurde.
„Chantal!“, rief Myle, als sie ihre Freundin erkannte. Chantal war erst zarte fünfzehn, also drei Jahre jünger als Myle und auch noch nicht so lange im Geschäft. Ihr blondes schulterlanges Haar lag im Dreck der Straße, ihr Kleid war nass, wahrscheinlich vom Bier und sie selber weinte. Myle kam eilig auf sie zu und nahm sie in den Arm.
Myle fragte gar nicht, was passiert sei, denn sie wusste es schon. Es war doch immer wieder dasselbe mit ihnen. Überall wurde sie vertrieben und als Nutten beschimpft, doch wenn die Kerle ein paar Liter Bier intus hatten, waren sie für die lüsterne Gesellschaft auf einmal die schönsten Geschöpfe der Welt. Myle legte den Arm um Chantal und half ihr auf die Beine.
„Warum warst du da drin?“, wollte Myle wissen, während sie mit ihrer Bluse Chantals Tränen trocknete.
„Ich hab heute Nacht nichts verdient“, klagte Chantal und warf sich ihrer Freundin in die Arme.
„Dann haben wir wohl dasselbe Problem. Mein Kerl ist einfach abgehauen.“
Doch Myle wollte nicht länger an diesem Ort bleiben, schließlich könnte der Typ, der Chantal hinausgeworfen hatte die Casstellar informieren und dann würden die binnen Minuten hier sein. Also zog sie ihre jüngere Freundin aus der Gasse hinaus in die andere Richtung, die Myle sowieso eingeschlagen hatte. Die Seitenstraße mündete in einer weiteren dunklen Gasse und es führte anscheinend endlos so weiter, wie in einem Labyrinth, doch Myle kannte sich hier aus.
Ein paar Ecken, Kreuzungen und vielen Verwinklungen weiter hielt Myle kurz an um zu verschnaufen. Sie kannte die Methoden der Casstellar und wenn sie nur lange genug warten würden, würden schon die ersten Schnüffler um die Ecke kommen. Doch Myle wusste sich Rat und schob Chantal noch ein paar Straßen weiter, bis sie schließlich in einen kleinen Innenhof abbogen, von dort über einen Bretterstapel und ein paar Fässern schließlich auf die Dächer der Häuser gelangten. Myle ging voraus und balancierte über ein loses Brett, das über einer Gasse hing und zu einem anderen Häuserblock hinüberführte. Von dort liefen sie quer über die Dächer, bis sie vor einer kleinen Tür standen, die auf den Dachboden eines Hauses führte. Die Eigentümer nutzten die Fläche nicht, oder wussten vielleicht auch gar nicht von ihr, denn es gab kein Weg nach oben aus dem Inneren des Hauses.
Vorsichtig klopfte Myle an die kleine Tür und wartete auf ein Lebenszeichen. Der Besitzer dieser Behausung war nicht oft in seinem Heim anzutreffen, aber vielleicht hatten die beiden Mädchen heute ausnahmsweise mal Glück im Unglück.
Sie mussten lange warten, doch da hörten sie, wie von innen Kisten verschoben wurden und ein Grunzen folgte. Schließlich klickerte es an der Tür und sie ging auf. Dahinter stand ein breiter, stämmiger Mann mit zotteligem braunem Haar, der sich ducken musste, um zu sehen, wer da vor seiner Tür stand. In seiner linken Hand hielt er eine Knarre, doch als er sah, dass dort nur Myle stand, senkte er sie wieder und trat beiseite, damit die beiden reinkommen konnten.
„Schön, dich mal wieder zu sehen“, begrüßte er seine kleine Freundin.
„Ebenfalls“, seufzte Myle und plumpste auf ein Kissen, das auf dem Boden lag. „Das ist Chantal, eine Freundin von mir“, erklärte Myle rasch.
„Ah, freut mich. Ich bin Hoheb“, stellte er sich kurz vor und kramte dann aus einer Kiste drei Flaschen hervor. Bier, wie Myle feststellte und sich dabei fragte, wie man um diese Uhrzeit schon trinken konnte.
Hoheb öffnete eine Flasche und gab sie Myle, die sie auch gequält entgegen nahm, sie wollte ihren Freund jetzt nicht auf noch beleidigen, wo sie ihn doch schon so selten besuchte und zumindest könnte ihr Durst so etwas gestillt werden, auch wenn sie nicht wirklich dran glaubte.
Hoheb wollte auch Chantal eine Flasche in die Hand drücken, zog sie aber in letzter Sekunde zurück.
„Bist du…? Ich meine, darfst du überhaupt schon Alkohol?“, fragte er vorsichtig. Chantal schüttelte verlegen den Kopf, woraufhin Hoheb lachte.
„Na, auch egal. Hier gelten keine Gesetze“, grinste er und gab ihr die Flasche. Für Chantal, die dieses Getränk zum ersten Mal in den Händen hielt, war es fast eine Wohltat und als ob es schon lange zu ihrem Leben gehörte, trank sie die Flasche mit dem ersten Ansetzen fast ganz leer.
„Einen ganz schönen Zug hast du, Kleines“, höhnte der halbe Riese und setzte sich ebenfalls auf ein Kissen. „Aber, Myle, jetzt erzähl doch mal, welche Schwierigkeit dich zu mir führt? Denn ich glaube kaum, das du nur aus Spaß über die Dächer gerannt bist?“, wandte sich Hoheb wieder an Myle, die ebenfalls den ersten Zug hinter sich hatte, aber längst nicht so viel getrunken hatte wie Chantal. Myle verabscheute Bier.
„Chantal wurde aus einer Kneipe hinausgeworfen“, sagte Myle und beobachtete durch das Loch ihrer Flasche, wie sich wieder eine Schaumkrone auf dem Bier bildete.
„Hm“, machte Hoheb nur und warf einen schnellen Blick zur Tür. „Und jetzt befürchtet ihr, das die Casstellar hinter euch her sind, was?“
„Jupp“, sagte Myle und seufzte. „Zumindest werden sie Schnüffler auf uns abgerichtet haben.“
„Hach… und es lief doch jahrelang so gut.“ Hoheb stellte die Flasche auf den Boden und spähte aus einem der kleinen, verstaubten Dachfenster hinunter. Das Haus, in dem er drin wohnte, stand direkt an der Hauptstraße von Bradaccio und somit hatte man einen guten Überblick über die Straße und den dortigen Geschehnissen.
„Wann hattest du zuletzt Schwierigkeiten mit der Casstellar?“, fragte Hoheb und drehte sich wieder zu den beiden um.
„Letzten Monat war das, glaub ich. Es war aber nur, weil ich einem Typen eine Flasche über den Kopf gezogen habe“, glaubte Myle sich zu erinnern.
„Nun, da bist du denen aber nicht als Nu-… äh, Prostituierte aufgefallen, oder?“ Hoheb schaute kurz verlegen zu den beiden Mädchen, er wusste, wie sehr Myle es hasste, Nutte genannt zu werden, aber Hoheb war auch eben einer, der die Dinge gern beim Namen nannte und Myle war nun mal eine Nutte.
Myle hingegen verdrehte wegen des ‚Versprechers’ nur die Augen und verneinte die Frage. „Aber dieses Mal wird es hauptsächlich um Chantal gehen. Ich wurde von diesen Typen ja nicht gesehen – ich habe ihr nur weggeholfen. Chantal ist noch minderjährig! Hoheb, wir müssen etwas machen!“, flehte Myle und schaute Hoheb hilfesuchend an.
„Ja, aber wenn die rauskriegen, das du ihr auch noch geholfen hast, sie kennst und bla bla… du weißt dann hoffentlich auch, was auf dich zukommt, wenn du jetzt schon anfängst Minderjährige ins schmutzige Geschäft zu ziehen. Ich will dir jetzt keine moralischen Vorträge halten, denn ich denke, das weißt du selber alles – doch genau das wird dir die Casstellar erzählen und dich dafür gleich mal ein paar Jährchen in den Knast stecken. Chantal… nun, das könnte komplizierte werden.“ Hoheb seufzte und schaute auf das zierliche Mädchen, wie es da auf einer Kiste saß, die voll mit Alkohol war, selber eine Flasche trank und morgen womöglich schon tot sein könnte. Nein, nicht aufgrund des Alkohols, das sollte das geringere Problem sein. Hoheb macht sich Sorgen wegen der Casstellar.
„Ist die Casstellar wirklich so gemein? Ich hab sie so anders in Erinnerung“, meinte Chantal und träumte ihrer Vergangenheit hinterher.
„Meine Güte! Da gehörtest du ja auch noch auf die Sonnenseite des Lebens! Zu denen ist die Casstellar ja auch nett und freundlich, schließlich blechen die für deren Unterhalt und so weiter. Aber nun, Schätzchen, gehörst du auf die andere Seite und lernst halt mal die grausame Seite der Cassar kennen. Glaub mir, die sind alles andere als nett!“, schimpfte Myle und war selber überrascht, wie naiv Chantal immer noch war. Sie war doch jetzt auch kein direkter Neuling mehr, schließlich gehörte sie seit fast einem halben Jahr dazu. Aber es schien wohl zu wenig zu sein, um die Casstellar mal richtig kennen zu lernen. Myle seufzte.
„Vor allem lernst du sie richtig kennen, wenn du sie so nennst. Du liebe Zeit! Myle, sag so was nie wieder in meinem Haus!“, fluchte Hoheb, der sich Ärger mit der Casstellar genauso wenig leisten konnte wie die beiden Mädchen und Cassar war und blieb ein Schimpfwort, dass er nie wirklich in den Mund nehmen würde. Hoheb war von Beruf aus ein Schmuggler, daher auch nicht sehr beliebt und musste wegen seines Berufes diese geheime Wohnung nehmen.
„Wenn das ein Haus ist, dann wohn ich in einer Luxus-Villa!“, schnaufte Myle. „Jetzt stell dich nicht so an. Hier wird uns schon keiner gehört haben.“
„Du glaubst gar nicht, wo die überall ihre Ohren haben“, seufzte Hoheb und beruhigte sich wieder etwas. Einen Streit konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. „Aber zurück zu unserem eigentlichen Problem: Chantal.“
Hoheb legte die Stirn in Falten und schien irgendwas durchzurechnen, während Myle sich weiter das Bier hinunterzwängte, um wenigstens etwas Flüssigkeit zu bekommen.
„Eh, als Problem möchte ich aber noch nicht abgestempelt werden, ich bin schließlich kein Objekt“, grummelte Chantal beleidigt.
„Aber momentan halt unser Problem! Du wirst gesucht von der Casstellar, bist in meinem Haus und ausgebildet worden von Myle, die ebenfalls in meinem Haus ist. Ich sehe kein nicht vorhandenes Problem!“, meckerte Hoheb, der durch Chantals Beschwerde aus seiner Rechnung herausgekommen war und nun wieder von vorne beginnen musste.
Endlich, als Myle den letzten Schluck aus ihrer Flasche nahm, schien Hoheb ein Geistesblitz – oder so was – gekommen zu sein, denn er sprang auf und lief wild im Kreis herum, als ob er das fehlende Teil des Puzzles gefunden und eingesetzt hatte.
„Ich weiß!“, jubelte er. „In zwei Tagen können wir dich aus der Stadt schaffen.“ Er grinste in die Runde, Myle freute sich ebenfalls über das gute Ergebnis seines Nachdenkens, nur allein Chantal schien die Sache über den Kopf gewachsen zu sein.
„Warum soll ich denn jetzt aus der Stadt verschwinden? Was soll denn der Schwachsinn jetzt? Nur weil ich aus einer Kneipe herausgeflogen bin?“, verärgert darüber, was hier abging, warf sie ihre leere Flasche gegen die Wand. „Ich streike! Ich gehe nirgendwohin!“, rief sie und wollte aus der Tür, doch Hoheb hielt sie auf.
„Mädchen! Jetzt bleib mal auf dem Boden! Wie Myle schon gesagt hat – nur glaube ich, hast du ihr nicht richtig zugehört –, die Casstellar ist alles andere als zurückhaltend und freundlich zu kleinen Mädchen! Vor allem zu denen, die aus den Slums kommen und früh am morgen als Nutte in einer Kneipe ihr Geld verdienen wollen! Verdammt noch mal! Du gehst drauf, wenn du jetzt sorglos über die Straßen schlenderst! Glaub uns doch! So haben wir schon etliche verloren, einfach, weil sie den Regeln nicht gefolgt sind – UNSEREN Regeln! Und die sagen dir nun mal, dass du, wenn du Scheiße verbrockt hast und die Casstellar auf dem Hals hast, du dich nicht mehr in Sicherheit wiegen kannst und es besser für dich ist, die Stadt zu verlassen! Warum kapierst du das nicht?“, brüllte Hoheb. Er war außer sich, wie ein Mädchen in diesem Alter nur so naiv und dumm sein konnte und die Gesetze der Straße nicht befolgen wollte.
„Aber Myle hatte doch auch Stress mit der Casstellar! Zumindest hattet ihr das vorhin erwähnt!“, wehrte sich Chantal, ebenso laut.
„Da enttarnte man sie aber auch nicht als Nutte, sondern dachte von ihr, dass sie ein einfaches Mädchen ist aus der unteren Mittelschicht.“ Hoheb seufzte. Er kannte Chantal jetzt wirklich noch nicht lange, aber er hatte schon genug von ihr und ihrem Gelaber.
„Warst du eigentlich schon mal am Weideplatz?“, fragte Myle ruhig und sah von ihrer Flasche auf, Chantal in die Augen.
Chantal drehte sich zu ihr um und schaute sie fragend an. Hoheb hingegen ließ ein Stöhnen vernehmen. Er war leider oft genug dagewesen um zu wissen, dass ihn keine zehn Pferde mehr dorthin bewegen könnten, selbst die Casstellar könnte dies nicht. Da würde er lieber sterben…
„Nun, er ist außerhalb der Stadt, neben dem Hafen. Willst du mal dorthin?“ Myle war aufgestanden, hatte die Flasche vorsichtig auf den Boden gestellt und kam auf Chantal zu.
„Will ich dorthin?“, fragte Chantal statt zu antworten, denn sie sah diesen gefährlichen Ausdruck in Myles Augen.
„Wenn du das Ausmaß kennen lernen möchtest, was mit denen geschieht, die sich nicht an die Regeln gehalten haben – dir wir im Übrigen nur für unseren persönlichen Schutz aufgestellt haben –, dann möchtest du dorthin. Anders gesehen: Nein, dann würdest du lieber einen großen Bogen herum machen.“ Myle stand nun direkt vor Chantal und konnte ihr Angst förmlich riechen, aber auch ihre Neugierde. Sie schien tatsächlich dorthin zu wollen – was aber vielleicht auch gar nicht so schlecht war nach den gegebenen Umständen.
„Ich will mit dir dorthin“, sagte Chantal schließlich entschlossen.