Grüß Gott!
Meine erste, hier veröffentlichte Geschichte. Erwarte Kommentare.
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Einführung
Rückkehr in die Metropole
Lorenzo enstieg der alten Kutsche mit Eleganz und schob sorgsam seinen dunkeln Mantel zurecht. Es war ein frischer, sommerlicher Herbsttag, der so gar nicht an unruhiges und wildes Wetter der letzten Monate des Jahres erinnerte.
Lorenzo genoß einen kühlen Windzug, der seine Haare in sämtliche Richtungen flattern liess, und schloss dabei die Augen. Der Salzgeruch war außergewöhnlich fremd und unheimlich intensiv, zumindest hatte der junge Mann noch nie wilder und natürlicher empfunden, als er es in diesem Augenblick tat.
Das war also das berüchtigte Hafengebiet von New York. Der monotone Laut der Möwen, die beständig auf der Suche nach Nahrung über den Köpfen kreisten, passten so gar nicht in die
Peripherie der Stadt. An den Docks lagerten einige Schiffe, aus deren Bäuchen riesige Mengen an Immigranten quollen. Menschen, die sich hier eine bessere Welt erhofften und den
monarchischen Staaten des alten Europas entfliehen wollten. Wie er.
Lorenzo drehte sich zur Kutsche und griff seinen kleinen Lederkoffer aus der Kabine, warf dem alten Mann auf dem Gefährt eine Münze zu und gab zur Bestätigung einen Wink. Der Alte schaute sich die Münze genau an und offenbarte kurz seinen verfaulten Zahnbestand, was wohl ein Grinsen darstellen sollte, und preschte auch gleich davon.
Lorenzo drehte sich derweil um, um die neue Umgebung zu begutachten. Matrosen und Einwanderer quetschten sich über das marode Kopfsteinpflaster, während ein vornehmer
Bürgerschar an den Hafengebäuden entlang schlich und das Gesindel mit scharfen Blicken bewertete. Überhaupt waren alle hier hektisch. Hafenarbeiter, die Kisten mit feinen Gewürzen verluden, Schutzmänner stellten kleinen Gaunern nach und streunende Hunde und Katzen kämpften um den Abfall der am Boden lag und verfaulte.
Der junge Neuankömmling zupfte einen kleinen Stoffstreifen aus der Manteltasche, stellte die Ledertasche auf den Boden und las den Namen, der darauf geschrieben stand, halblaut mit italienischem Akzent: "Mr. Thomas
Baker". Er strich sich über die Stirn und schaute einigen hübschen Damen nach, die seine Blicke kichernd registrierten. "Wie finde ich diesen Mann hier bloß?" Lorenzo stöhnte.
Er nahm die Tasche und ging auf eine Hafenkneipe zu, an deren Tür zwei zwielichtige Gestalten standen und Lorenzo musterten. Lorenzo nickte ihnen freundlich zu, obgleich er die Fremden
nicht kannte. Beide hatten bärtige Gesichter und trugen dreckige, verwaschene Kleidung.
Er fühlte sich von den Kerlen irgendwie angezogen, da sie ihn ja in dieser Art und Weise anstarrten. Vielleicht konnten sie ihm einen nützlichen Hinweis geben, wer oder was dieser
Thomas Baker war. "Guten Tag, meine Herren", grüßte Lorenzo verlegen, als er unmittelbar vor den Männern stand. Keine Antwort. Keine Reaktion. Die Beiden schauten sich und
anschließend Lorenzo abwechselnd an, taten aber nichts, was einer Kontaktaufnahme gleichkam.
"Kennen Sie einen gewissen Mr. Thomas Baker", wandte sich Lorenzo an den bulligeren Mann, wobei sein markanter, italienischer Akzent durchschimmerte. Ein kurzes Aufblitzen in den Augen seines Gegenübers bescheinigte Lorenzo, dass der Bulle nicht sein Freund war und ihm garantiert nicht helfen wollte. Dieser hob seine Arbeitermütze vom Schädel und strich sich über das struppige rote Haar.
"Das ist O`Haras Gebiet, Italiener. Du und deinesgleichen habt hier nichts verloren.",
murrte der dürre Kumpane des Bullen, woraufhin der Stämmigere unterstützend grunzte.
Lorenzo beachtete den aggressiven Ton nicht und wollte in die Hafenspelunke eintreten, als der Dünne plötzlich den Arm ausstreckte und Lorenzo am Eintritt hinderte. "Das ist O`Haras Gebiet, ich wiederhole mich ungern.", raunte der Kleine mit kehliger, dunkler Stimme und reckte kampfeslustig sein Kinn vor."Verschwinde!"
Lorenzo ging zurück auf die breite Gasse. Er errötete leicht, hinter seiner Stirn machte sich grenzenlose Wut breit. "Unfreundliches Pack", zichte er und zog in Richtung Innenstadt.
Normalerweise würde er sich so ein Verhalten nicht bieten lassen, doch allein ein Gedanke an ein Handgemenge mit dem Bullen machte ihm Angst und liess ihn unter imaginärem Schmerz
zusammenfahren. Er musste aber auch kurz schmunzeln, denn es amüsierte ihn ungemein, den Dicken heimlich als "Bullen" zu titulieren.
Nach kurzer Zeit der Orientierungslosigkeit befand sich der Italiener samt Ledertasche in einem kleinem Winkel, welcher übelst nach Urin und Kot roch. Eigentlich nichts besonderes in einer Großstadt, doch würde das Schicksal nicht den Zufall beanspruchen, wäre die Welt viel zu öde zum Leben.
Der Salzgeruch war merklich verschwunden, auch von dem regen Menschentreiben war hier nichts zu spüren.
Unter den Fäkalgestank mischte sich ein beißender Duft. Zwiebeln!
Lorenzos Magen meldete sich mit einem Rumpeln und er griff sich instinktiv an den Bauch, um in einer reibenden Bewegung seinen Hunger zu verdeutlichen. Er ging die kleine Winkelgasse entlang,
über seinem Köpfen spannten Wäscheleinen, die mit gewaschener, bunter Wäsche überhangen waren.
In einiger Entfernung verrichtete ein abgemagerter Köter sein geschäft, was wohl für den Gestank in dieser idyllischen Siedlung verantwortlich war. Der junge Mann rümpfte die Nase und schaute den Hund abfällig an, der seinerseits ebenfalls verbittert zurückblickte und bei seinem Treiben nicht zu unterbrechen war.
Zu seiner Linken trat blitzartig eine alte Frau aus einem Kellergewölbe, das verborgen im schattigen Bereich der Häuserfront lag. Lorenzo wich erschrocken zurück, seine Tasche viel mit einem platschenden Laut auf den schmutzigen Boden. "Bei meiner Mutter"", keuchte Lorenzo, um danach aber verschmitzt zu lächeln, fügte aber leise einen italienischen Fluch hinzu, der die Lage genaustens beschrieben hatte.
"Ah, Italiener", bemerkte die alte Frau grinsend. Sie roch nach Zwiebeln. Sehr stark nach Zwiebeln.
Ihr Englisch war zudem schlecht und Lorenzo filterte einige italienische Begriffe aus einem unbedeuteten Satzanhängsel.
"Sie etwa auch?", fragte Lorenzo auf italienisch.
"Sicher, Italiener gibt es hier viele.", erwiderte die Frau in der gemeinsamen Landessprache, die sich anscheinend über den überraschten Ton in Lorenzos Stimme belustigte.
"Das freut mich. Kennen Sie einen Mr. Thomas Baker? Ich habe keine Ahnung, wo ich diesen ominösen Mann finden kann."
Die alte Dame riss bei dem Namen ungläubig die Augen auf und schlug die Hand vor den Mund, bevor sie den jungen Mann fixierte und zu stottern begann: "Lo..Lorenzo oder der Mann ohne Namen?
"Ja, man nennt mich so.", antwortete Lorenzo ernst, "Sie dürfen mich aber weiterhin Lorenzo rufen. Woher kennen sie eigentlich meinen Vornamen?"
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Einführung
Rückkehr in die Metropole
Lorenzo enstieg der alten Kutsche mit Eleganz und schob sorgsam seinen dunkeln Mantel zurecht. Es war ein frischer, sommerlicher Herbsttag, der so gar nicht an unruhiges und wildes Wetter der letzten Monate des Jahres erinnerte.
Lorenzo genoß einen kühlen Windzug, der seine Haare in sämtliche Richtungen flattern liess, und schloss dabei die Augen. Der Salzgeruch war außergewöhnlich fremd und unheimlich intensiv, zumindest hatte der junge Mann noch nie wilder und natürlicher empfunden, als er es in diesem Augenblick tat.
Das war also das berüchtigte Hafengebiet von New York. Der monotone Laut der Möwen, die beständig auf der Suche nach Nahrung über den Köpfen kreisten, passten so gar nicht in die
Peripherie der Stadt. An den Docks lagerten einige Schiffe, aus deren Bäuchen riesige Mengen an Immigranten quollen. Menschen, die sich hier eine bessere Welt erhofften und den
monarchischen Staaten des alten Europas entfliehen wollten. Wie er.
Lorenzo drehte sich zur Kutsche und griff seinen kleinen Lederkoffer aus der Kabine, warf dem alten Mann auf dem Gefährt eine Münze zu und gab zur Bestätigung einen Wink. Der Alte schaute sich die Münze genau an und offenbarte kurz seinen verfaulten Zahnbestand, was wohl ein Grinsen darstellen sollte, und preschte auch gleich davon.
Lorenzo drehte sich derweil um, um die neue Umgebung zu begutachten. Matrosen und Einwanderer quetschten sich über das marode Kopfsteinpflaster, während ein vornehmer
Bürgerschar an den Hafengebäuden entlang schlich und das Gesindel mit scharfen Blicken bewertete. Überhaupt waren alle hier hektisch. Hafenarbeiter, die Kisten mit feinen Gewürzen verluden, Schutzmänner stellten kleinen Gaunern nach und streunende Hunde und Katzen kämpften um den Abfall der am Boden lag und verfaulte.
Der junge Neuankömmling zupfte einen kleinen Stoffstreifen aus der Manteltasche, stellte die Ledertasche auf den Boden und las den Namen, der darauf geschrieben stand, halblaut mit italienischem Akzent: "Mr. Thomas
Baker". Er strich sich über die Stirn und schaute einigen hübschen Damen nach, die seine Blicke kichernd registrierten. "Wie finde ich diesen Mann hier bloß?" Lorenzo stöhnte.
Er nahm die Tasche und ging auf eine Hafenkneipe zu, an deren Tür zwei zwielichtige Gestalten standen und Lorenzo musterten. Lorenzo nickte ihnen freundlich zu, obgleich er die Fremden
nicht kannte. Beide hatten bärtige Gesichter und trugen dreckige, verwaschene Kleidung.
Er fühlte sich von den Kerlen irgendwie angezogen, da sie ihn ja in dieser Art und Weise anstarrten. Vielleicht konnten sie ihm einen nützlichen Hinweis geben, wer oder was dieser
Thomas Baker war. "Guten Tag, meine Herren", grüßte Lorenzo verlegen, als er unmittelbar vor den Männern stand. Keine Antwort. Keine Reaktion. Die Beiden schauten sich und
anschließend Lorenzo abwechselnd an, taten aber nichts, was einer Kontaktaufnahme gleichkam.
"Kennen Sie einen gewissen Mr. Thomas Baker", wandte sich Lorenzo an den bulligeren Mann, wobei sein markanter, italienischer Akzent durchschimmerte. Ein kurzes Aufblitzen in den Augen seines Gegenübers bescheinigte Lorenzo, dass der Bulle nicht sein Freund war und ihm garantiert nicht helfen wollte. Dieser hob seine Arbeitermütze vom Schädel und strich sich über das struppige rote Haar.
"Das ist O`Haras Gebiet, Italiener. Du und deinesgleichen habt hier nichts verloren.",
murrte der dürre Kumpane des Bullen, woraufhin der Stämmigere unterstützend grunzte.
Lorenzo beachtete den aggressiven Ton nicht und wollte in die Hafenspelunke eintreten, als der Dünne plötzlich den Arm ausstreckte und Lorenzo am Eintritt hinderte. "Das ist O`Haras Gebiet, ich wiederhole mich ungern.", raunte der Kleine mit kehliger, dunkler Stimme und reckte kampfeslustig sein Kinn vor."Verschwinde!"
Lorenzo ging zurück auf die breite Gasse. Er errötete leicht, hinter seiner Stirn machte sich grenzenlose Wut breit. "Unfreundliches Pack", zichte er und zog in Richtung Innenstadt.
Normalerweise würde er sich so ein Verhalten nicht bieten lassen, doch allein ein Gedanke an ein Handgemenge mit dem Bullen machte ihm Angst und liess ihn unter imaginärem Schmerz
zusammenfahren. Er musste aber auch kurz schmunzeln, denn es amüsierte ihn ungemein, den Dicken heimlich als "Bullen" zu titulieren.
Nach kurzer Zeit der Orientierungslosigkeit befand sich der Italiener samt Ledertasche in einem kleinem Winkel, welcher übelst nach Urin und Kot roch. Eigentlich nichts besonderes in einer Großstadt, doch würde das Schicksal nicht den Zufall beanspruchen, wäre die Welt viel zu öde zum Leben.
Der Salzgeruch war merklich verschwunden, auch von dem regen Menschentreiben war hier nichts zu spüren.
Unter den Fäkalgestank mischte sich ein beißender Duft. Zwiebeln!
Lorenzos Magen meldete sich mit einem Rumpeln und er griff sich instinktiv an den Bauch, um in einer reibenden Bewegung seinen Hunger zu verdeutlichen. Er ging die kleine Winkelgasse entlang,
über seinem Köpfen spannten Wäscheleinen, die mit gewaschener, bunter Wäsche überhangen waren.
In einiger Entfernung verrichtete ein abgemagerter Köter sein geschäft, was wohl für den Gestank in dieser idyllischen Siedlung verantwortlich war. Der junge Mann rümpfte die Nase und schaute den Hund abfällig an, der seinerseits ebenfalls verbittert zurückblickte und bei seinem Treiben nicht zu unterbrechen war.
Zu seiner Linken trat blitzartig eine alte Frau aus einem Kellergewölbe, das verborgen im schattigen Bereich der Häuserfront lag. Lorenzo wich erschrocken zurück, seine Tasche viel mit einem platschenden Laut auf den schmutzigen Boden. "Bei meiner Mutter"", keuchte Lorenzo, um danach aber verschmitzt zu lächeln, fügte aber leise einen italienischen Fluch hinzu, der die Lage genaustens beschrieben hatte.
"Ah, Italiener", bemerkte die alte Frau grinsend. Sie roch nach Zwiebeln. Sehr stark nach Zwiebeln.
Ihr Englisch war zudem schlecht und Lorenzo filterte einige italienische Begriffe aus einem unbedeuteten Satzanhängsel.
"Sie etwa auch?", fragte Lorenzo auf italienisch.
"Sicher, Italiener gibt es hier viele.", erwiderte die Frau in der gemeinsamen Landessprache, die sich anscheinend über den überraschten Ton in Lorenzos Stimme belustigte.
"Das freut mich. Kennen Sie einen Mr. Thomas Baker? Ich habe keine Ahnung, wo ich diesen ominösen Mann finden kann."
Die alte Dame riss bei dem Namen ungläubig die Augen auf und schlug die Hand vor den Mund, bevor sie den jungen Mann fixierte und zu stottern begann: "Lo..Lorenzo oder der Mann ohne Namen?
"Ja, man nennt mich so.", antwortete Lorenzo ernst, "Sie dürfen mich aber weiterhin Lorenzo rufen. Woher kennen sie eigentlich meinen Vornamen?"
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