Der Mann ohne Namen

Gear

Das Zahnrad
Grüß Gott!

Meine erste, hier veröffentlichte Geschichte. Erwarte Kommentare.
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Einführung
Rückkehr in die Metropole

Lorenzo enstieg der alten Kutsche mit Eleganz und schob sorgsam seinen dunkeln Mantel zurecht. Es war ein frischer, sommerlicher Herbsttag, der so gar nicht an unruhiges und wildes Wetter der letzten Monate des Jahres erinnerte.
Lorenzo genoß einen kühlen Windzug, der seine Haare in sämtliche Richtungen flattern liess, und schloss dabei die Augen. Der Salzgeruch war außergewöhnlich fremd und unheimlich intensiv, zumindest hatte der junge Mann noch nie wilder und natürlicher empfunden, als er es in diesem Augenblick tat.
Das war also das berüchtigte Hafengebiet von New York. Der monotone Laut der Möwen, die beständig auf der Suche nach Nahrung über den Köpfen kreisten, passten so gar nicht in die
Peripherie der Stadt. An den Docks lagerten einige Schiffe, aus deren Bäuchen riesige Mengen an Immigranten quollen. Menschen, die sich hier eine bessere Welt erhofften und den
monarchischen Staaten des alten Europas entfliehen wollten. Wie er.
Lorenzo drehte sich zur Kutsche und griff seinen kleinen Lederkoffer aus der Kabine, warf dem alten Mann auf dem Gefährt eine Münze zu und gab zur Bestätigung einen Wink. Der Alte schaute sich die Münze genau an und offenbarte kurz seinen verfaulten Zahnbestand, was wohl ein Grinsen darstellen sollte, und preschte auch gleich davon.
Lorenzo drehte sich derweil um, um die neue Umgebung zu begutachten. Matrosen und Einwanderer quetschten sich über das marode Kopfsteinpflaster, während ein vornehmer
Bürgerschar an den Hafengebäuden entlang schlich und das Gesindel mit scharfen Blicken bewertete. Überhaupt waren alle hier hektisch. Hafenarbeiter, die Kisten mit feinen Gewürzen verluden, Schutzmänner stellten kleinen Gaunern nach und streunende Hunde und Katzen kämpften um den Abfall der am Boden lag und verfaulte.

Der junge Neuankömmling zupfte einen kleinen Stoffstreifen aus der Manteltasche, stellte die Ledertasche auf den Boden und las den Namen, der darauf geschrieben stand, halblaut mit italienischem Akzent: "Mr. Thomas
Baker". Er strich sich über die Stirn und schaute einigen hübschen Damen nach, die seine Blicke kichernd registrierten. "Wie finde ich diesen Mann hier bloß?" Lorenzo stöhnte.
Er nahm die Tasche und ging auf eine Hafenkneipe zu, an deren Tür zwei zwielichtige Gestalten standen und Lorenzo musterten. Lorenzo nickte ihnen freundlich zu, obgleich er die Fremden
nicht kannte. Beide hatten bärtige Gesichter und trugen dreckige, verwaschene Kleidung.
Er fühlte sich von den Kerlen irgendwie angezogen, da sie ihn ja in dieser Art und Weise anstarrten. Vielleicht konnten sie ihm einen nützlichen Hinweis geben, wer oder was dieser
Thomas Baker war. "Guten Tag, meine Herren", grüßte Lorenzo verlegen, als er unmittelbar vor den Männern stand. Keine Antwort. Keine Reaktion. Die Beiden schauten sich und
anschließend Lorenzo abwechselnd an, taten aber nichts, was einer Kontaktaufnahme gleichkam.
"Kennen Sie einen gewissen Mr. Thomas Baker", wandte sich Lorenzo an den bulligeren Mann, wobei sein markanter, italienischer Akzent durchschimmerte. Ein kurzes Aufblitzen in den Augen seines Gegenübers bescheinigte Lorenzo, dass der Bulle nicht sein Freund war und ihm garantiert nicht helfen wollte. Dieser hob seine Arbeitermütze vom Schädel und strich sich über das struppige rote Haar.
"Das ist O`Haras Gebiet, Italiener. Du und deinesgleichen habt hier nichts verloren.",
murrte der dürre Kumpane des Bullen, woraufhin der Stämmigere unterstützend grunzte.
Lorenzo beachtete den aggressiven Ton nicht und wollte in die Hafenspelunke eintreten, als der Dünne plötzlich den Arm ausstreckte und Lorenzo am Eintritt hinderte. "Das ist O`Haras Gebiet, ich wiederhole mich ungern.", raunte der Kleine mit kehliger, dunkler Stimme und reckte kampfeslustig sein Kinn vor."Verschwinde!"

Lorenzo ging zurück auf die breite Gasse. Er errötete leicht, hinter seiner Stirn machte sich grenzenlose Wut breit. "Unfreundliches Pack", zichte er und zog in Richtung Innenstadt.
Normalerweise würde er sich so ein Verhalten nicht bieten lassen, doch allein ein Gedanke an ein Handgemenge mit dem Bullen machte ihm Angst und liess ihn unter imaginärem Schmerz
zusammenfahren. Er musste aber auch kurz schmunzeln, denn es amüsierte ihn ungemein, den Dicken heimlich als "Bullen" zu titulieren.
Nach kurzer Zeit der Orientierungslosigkeit befand sich der Italiener samt Ledertasche in einem kleinem Winkel, welcher übelst nach Urin und Kot roch. Eigentlich nichts besonderes in einer Großstadt, doch würde das Schicksal nicht den Zufall beanspruchen, wäre die Welt viel zu öde zum Leben.
Der Salzgeruch war merklich verschwunden, auch von dem regen Menschentreiben war hier nichts zu spüren.
Unter den Fäkalgestank mischte sich ein beißender Duft. Zwiebeln!
Lorenzos Magen meldete sich mit einem Rumpeln und er griff sich instinktiv an den Bauch, um in einer reibenden Bewegung seinen Hunger zu verdeutlichen. Er ging die kleine Winkelgasse entlang,
über seinem Köpfen spannten Wäscheleinen, die mit gewaschener, bunter Wäsche überhangen waren.
In einiger Entfernung verrichtete ein abgemagerter Köter sein geschäft, was wohl für den Gestank in dieser idyllischen Siedlung verantwortlich war. Der junge Mann rümpfte die Nase und schaute den Hund abfällig an, der seinerseits ebenfalls verbittert zurückblickte und bei seinem Treiben nicht zu unterbrechen war.

Zu seiner Linken trat blitzartig eine alte Frau aus einem Kellergewölbe, das verborgen im schattigen Bereich der Häuserfront lag. Lorenzo wich erschrocken zurück, seine Tasche viel mit einem platschenden Laut auf den schmutzigen Boden. "Bei meiner Mutter"", keuchte Lorenzo, um danach aber verschmitzt zu lächeln, fügte aber leise einen italienischen Fluch hinzu, der die Lage genaustens beschrieben hatte.
"Ah, Italiener", bemerkte die alte Frau grinsend. Sie roch nach Zwiebeln. Sehr stark nach Zwiebeln.
Ihr Englisch war zudem schlecht und Lorenzo filterte einige italienische Begriffe aus einem unbedeuteten Satzanhängsel.
"Sie etwa auch?", fragte Lorenzo auf italienisch.
"Sicher, Italiener gibt es hier viele.", erwiderte die Frau in der gemeinsamen Landessprache, die sich anscheinend über den überraschten Ton in Lorenzos Stimme belustigte.
"Das freut mich. Kennen Sie einen Mr. Thomas Baker? Ich habe keine Ahnung, wo ich diesen ominösen Mann finden kann."
Die alte Dame riss bei dem Namen ungläubig die Augen auf und schlug die Hand vor den Mund, bevor sie den jungen Mann fixierte und zu stottern begann: "Lo..Lorenzo oder der Mann ohne Namen?
"Ja, man nennt mich so.", antwortete Lorenzo ernst, "Sie dürfen mich aber weiterhin Lorenzo rufen. Woher kennen sie eigentlich meinen Vornamen?"

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Zuletzt bearbeitet:
Hm, also der Anfang klingt schon mal gut. Das erinnert mich irgendwie an "Gangs of New York" (dabei hab ich den Film noch gar nicht gesehen). Ein paar Schreibfehler sind mir aufgefallen, z. B. zichte er. Es wird "zischte" geschrieben. Aber ansonsten finde ich es bisher recht interessant. Ich will mehr über Lorenzo erfahren, also mach weiter...
 
Das klingt schon mal ziemlich mysteriös und damit interessant, weil man weder weiß, was es mit Lorenzo auf sich hat, noch wer der Herr Baker ist und warum er ihn sucht und woher er den Koffer hat... Vielversprechend!
Auch der Stil und die Rechtschreibung waren gut soweit.
Bewertung: 2
 
Zu Nalee: Danke für den Hinweis. War ein Flüchtigkeitsfeher, passiert mir öfters wenn ich unkonzentriert arbeite.

Zu StLynx: Ebenfalls Dank für den Kommentar und die anschließende Bewertung.

Zum nachfolgenden Teil:

1. Von der Länge bitte nicht abschrecken lassen

2. Es wird nur ansatzweise erklärt, wieso Baker nach Lorenzo schickt. Nicht das es jetzt zur Auffassung kommt, dies sei der einzige plausible Grund. Das soll sich alles später aus dem Kontext heraus erklären lassen.

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"Man hört hier viel. Die Arbeiter haben nicht viele Helden in ihren Reihen und deine Geschichte
hat sich sehr schnell herumgesprochen", antwortete die alte Dame, die sich unsicher umblickte und
sehr leise sprach.
"Dann muss da ein Missverständnis vorliegen.", stammelte Lorenzo, dessen Ruf ihm offensichtlich
vorausgeeilt war, "Alles war damals mehr oder weniger ein Versehen."
Die Frau stutzte ungläubig und es schien, als hätte Lorenzo ihr Weltbild umgekrempelt.
Er war ihr eine Antwort schuldig.
"Ich hatte den Kaufmann damals niedergeknüppelt und seine Geldtasche eingesteckt, die er
zur Bank tragen wollte. Das ist richtig, doch hatte ich nicht aus Fürsorge und Solidarität den Armen
die Silbermünzen hingeworfen, sondern vielmehr aus Zwang. Einige Polizisten waren mir auf den
Fersen und sie sind es immernoch, um meine Tat zu verschleiern hatte ich törichterweise das Geld
einigen Arbeitern gegeben und die Stadt verlassen. Man kannte nur meinen Vornamen.
Es war gewiss kein revolutionärer Akt gegen das Bürgertum, sondern unglaublicher Zufall."
Die Alte hörte ruhig und andächtig zu, als Lorenzo seine vermeintliche Geschichte korrigierte,
anschließend wirkte sie aber sehr bedrückt und traurig.
"Kommen Sie, Mr. Lorenzo. Ich bringe Sie zu Thomas. Er wird sich Ihre Geschichte gerne
anhören.", meinte die alte Frau, aus deren Worten die Niedergeschlagenheit mühelos
herauszulesen war.

Das Haus des Gesuchten befand sich nur wenige Blocks weiter. Lorenzo erkannte die Umgebung
wieder. Little Italy. Es hatte sich viel verändert seit seinem Fortgang. Die Stadt war gewachsen
und hatte neuerdings auch eine Freiheitsstatue und eine imposante Brücke vorzuweisen. Außerdem
tummelten sich noch mehr Menschen auf den Straßen
als zuvor, New York war längst eine Metropole geworden.
"Hier wohnt Mr. Baker.", pustete die Frau und gestikulierte wild. Der Marsch hatte sie doch arg
mitgenommen.
Sie wies mit der rechten Hand auf ein villenartiges Gebäude, welches überhaupt nicht
in das Viertel passte. Schwere, rostige Eisengitter versperrten den Zugang zum Hof, die Mauern
selbst waren von anmutigem, saftig grünem Efeu überzogen.
"Ich danke Ihnen, Madame..", setzte Lorenzo an, wurde aber freundlich von der Dame unterbrochen.
"Maria. Sie wissen wo sie mich finden, wenn sie etwas brauchen." Die letzten Worte hatte sie auf
italienisch geäußert. Lorenzo schaute dem verschwindenden Umriss der kleinen Frau noch
unzählige Minuten nach. War es richtig gewesen, der Frau die Wahrheit zu erzählen?

Lorenzo betätigte die merkwürdige Klingelvorrichtung des Hauses. Man hatte eine Glocke montiert,
mit welcher durch einen rauhen Strick gebimmelt werden musste.
Der Glockenton war schrill und laut, Lorenzo sah sich beschämt um und zog den Kopf ein.
Schon bald erschien ein dürrer Hauswirtschafter am Tor, gekleidet in schönes schwarzes Frack.
Sein Gesicht war eingefallen und er hatte leichte, französische Züge, die teilweise arrogant, aber
auch vornehm und höflich wirkten.
"Ja, bitte?", näselte der Diener.
"Ich muss zu Mr. Thomas Baker."
"Bedaure, Mr. Baker muss noch arbeiten. Ich kann Sie nicht zu ihm lassen.", erklärte der Mann und
drehte dem Besucher den Rücken zu.
"Er schickt nach mir. Er hat mir diesen Stofffetzen zukommen lassen.", rechtfertige sich Lorenzo
hysterisch. Waren alle Mühen umsonst? Die beschwerliche Reise und die schwierige Rückkehr in
die Stadt gaben ihm Antrieb und Überzeugungskraft. "Schauen Sie sich diesen Fetzen an!"
Der Diener überflog die Daten, die auf dem Stoffstück niedergeschrieben waren, schnell und meinte
dann mit zynischem Unterton: "Was glauben Sie, wie viele Thomas Baker in New York wohnen? Eine
Adresse wurde ebenfalls nicht angegeben. Tut mir Leid, Mister.."
"Lorenzo. Meinen Nachnamen gebe ich nicht bekannt."
Der Hauswitschafter hielt in seiner Bewegung inne, fixierte Lorenzo kurz und öfnnete dann mit einem
großen Schlüssel die Pforte. "Sagen Sie doch gleich wer Sie sind. Wir haben Sie erwartet."

Lorenzo nahm den Lederkoffer in die Hand und ging dankbar in den Hof des Gebäudekomplexes.
Einige Äpfel lagen verstreut auf dem Boden und in der Ferne kläffte ein Hund, woraufhin mehrere Tiere
in den Gesang einstimmten und ein albernes Konzert gaben.
Mittlerweile hatte sich auch der Diener in Bewegung gesetzt und Lorenzo in die pompöse Villa geführt.
Die Inneneinrichtung war teils kitschig, teils extravagant. Ozeangroße Teppische verloren sich in den
großen Räumen des Hauses, überall blühten Blumen und es hingen ästhetische Bilder an der Wand, die
eine altmodische Stimmung erzeugten.
Der Blickfang war aber ein weißer Flügel, der in einem Nebenzimmer des Foyers stand.
Lorenzos Gesicht deformierte sich zu einer Maske der Überraschung und des Erstaunens, was der
Diener sofort bemerkte und kommentierte: "Schön, nicht wahr? Mr. Baker spielt gerne Piano.
Sie finden Mr. Baker übrigens im oberen Stock in seinem Büro. Ist nicht zu verfehlen. Und rühren Sie
ja nichts an!
". Den letzten Satz hatte der Butler sehr gestochen gesprochen. Lorenzo
würde sich hüten, gegen das Verbot zu verstoßen.

Das Büro war tatsächlich nicht zu verfehlen. Am Ende des Ganges des oberen Stockwerkes ragte eine
massive Holztür hervor, die fast zu kolossal wirkte. Vor ihr standen zwei "Gorillas", die die Hände
überkreuz vor dem Geniatalbereich hielten. Sie trugen anders als die Gestalten auf Ellis Island keine
Arbeitskleidung, sondern modisch geschnittene Anzüge. Skurriles Bild.
Der Korridor war spürlich beleuchtet. Das dämmrige Licht wurde von dem roten Boden verstärkt und von
der Holzwand nur leicht reflektiert. Zudem roch es künstlich und die Luft war stickig.
Einer der beiden Gorillas ging Lorenzo zu tastete ihn nach Waffen ab, während der Andere seinen
Koffer durchstöberte, aber fundlos sein Werk beendete und kurz in den dahinter liegenden Raum eintrat.
Er kam kurze Zeit später wieder aus dem Zimmer und nickte leicht. Lorenzo ging
durch die Tür.

Es war ein simpel eingerichtetes Arbeitszimmer, nicht zu vergleichen mit dem übrigen Equipage der
Villa. Hinter einem schlichten Schreibtisch und schiefen Papiertürmen saß ein kleiner Mann mit Brille,
der freudig-erwartend lächelte, als er Lorenzo ins Gesicht schaute.
"Der Mann ohne Namen, nehme ich an.", grüsste Thomas Baker euphorisch.
Lorenzo nickte und erwiderte kühl: "Ich habe Ihre Nachricht erhalten. Wie in Gottes Namen haben
Sie mich gefunden?"
Baker stand langsam auf und strich sich die faltige Hose glatt. "Ihr Bruder hat ausgepackt. Für
ein wenig Geld wird selbst der Zurückhaltenste redefreudig. Er ist leider an seiner Syphilis gestorben.
Die Polizei hat die Ermittlungen eingestellt, der Täter konnte nie gefasst werden."
"Baker redete plötzlich sehr ernst daher und Lorenzo fühlte sich von ihm eines Verbrechens
angeklagt. Der Verlust seines Bruders schmerzte sehr, doch er würde ihn wiedersehen, im Paradies,
das wusste er.
Irgendwie fühlte er sich schuldig. Lorenzo nahm sich einen Stuhl und setzte sich. Das Polster war
angenehm weich und bot ihm dennoch den nötigen Halt, den er jetzt brauchte.
"Ein Getränk, Lorenzo?"
Lorenzo lehnte kopfschüttelnd ab und vergrub das Gesicht in den Händen:"Warum haben Sie mich
hergeholt, Mr. Baker?". Tränen kullerten über seine Wangen.
"Nun Lorenzo, wir sind uns beide darüber bewusst, was Du vor vier Jahren gemacht hast. Du hast den
revolutionären Funken in unseren proletarischen Herzen gezündet.", fabulierte Baker und schaute
nachdenklich aus dem Fenster. "Die Menschen hoffen und setzen auf Dich. Little Italy braucht Männer wie Dich.
Ich brauche Dich!"
"Sie missverstehen die Lage. Alles ist ein großes Missverständnis. Ich habe damals so gehandelt,
weil mir die Polizei auf den Fersen war. Ich wollte Beweismittel vernichten.", erörterte Lorenzo
ruhig.
Baker schüttelte den Kopf: "Keine falsche Bescheidenheit. Sie sind ein Held und deshalb biete ich
Ihnen an, für die Menschen, für dieses Gebiet, für mich zu arbeiten. Er spielte mit einer goldenen
Taschenuhr und seine Worte zeigten, dass er keinen Widerspruch duldete.
"Aber, ich..äh..", haspelte Lorenzo und wollte sich schnell korrigieren, als Baker ihm aber das Wort
mit einer oberlehrerhaften Geste abschnitt.
"Sie wohnen fortan bei Paulie. Es ist gleich um die nächste Ecke, Alfred wird Ihnen den Weg weisen.
Näheres über ihre Arbeit erfahren Sie am heutigen Abend im Foyer. Ich erwarte Sie und Paulie in
angemessener, adretter Garderobe. Und nun gehen Sie, Mann ohne Namen, meine Zeit ist äußerst
begrenzt."

Lorenzo verließ den Raum und versank sofort in eine muntere Gedankenwelt, die ihm vorgaukelte,
dass die Arbeit für Baker nicht einmal so schlecht wäre. Er gewöhnte sich an diesen Gedanken.

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Ich werde es irgendwann im Laufe der nächsten Tage korrigieren, ich habe momentan keinerlei Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hm, ich finde, du hast einen sehr detaillierten Schreibstil. Sprich, du beschreibst alles so, das man es sich genau vorstellen kann. Das gefällt mir, denn auch "Kleinigkeiten" können wichtig für eine Geschichte sein.
Ich würde nur zu gern wissen, warum Baker nach Lorenzo geschickt hat. Die Reaktion des letzteren fand ich allerdings etwas übertrieben. Also die Stelle:


Warum haben Sie mich
hergeholt, Mr. Baker?". Tränen kullerten über seine Wangen.

Ist es wirklich so schlimm für Lorenzo dort zu sein?

Ansonsten will ich natürlich wissen, wer Paulie ist. Und was genau Lorenzo denn nun eigentlich tun soll....
 
Danke für den Kommentar und das Lob.

1. Lorenzo weint, weil sein Bruder verstorben ist. Ist vielleicht zu verwirrend geschrieben oder zu ungeordnet.

2. Lorenzo ist aufgrund des Vorfalls in seiner Vergangenheit ein Held für das gebeutelte Proletariat. Er hat einen reichen Kaufmann niedergeknüppelt und das Geld gezwungenermaßen an die Armen verteilt. "Robin Hood" der Neuzeit. Baker will den vermeintlichen Helden für seine Zwecke instrumentalisieren, obgleich Lorenzo nun aus Fürsorge gehandelt hat oder es eher eine Notlösung war.
Die Zwecke werden von mir noch im weiteren Verlauf erläutert.
 
1. Ach so, also weinte er um den Bruder. An sowas hatte ich auch schon gedacht, aber ich war mir nicht ganz sicher ^^".

2. all right. Wann kommt der nächste Teil *neugierig frag*?
 
(Hoffentlich bekomme ich jetzt keine Verwarnung wegen Spamms. :D)

Morgen wird der nächste Teil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erscheinen.
 
Der Teil war gut, hatte allerdings schon einige Rechtschreibfehler, darunter ein irgendwie "verkrüppelter" Ausdruck: "gekleidet in schönes schwarzes Frack"...
Ansonsten waren vor allem die sehr detaillierten Beschreibungen schön.
Bewertung: 2-
 
zu StLynx: In der Tat, da habe ich mal wieder geschlampt. Danke für den Hinweis und den Kommentar.


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Paulie lag auf einem breiten Bett und hatte einen Roman von Chesnatt in der Hand. Scheinbar
hatte er sich so sehr in das umfangreiche Schriftstück vertieft, dass er den Eintritt Lorenzos
nicht bemerkt hatte. Merkwürdigerweise war die Tür nicht verschlossen gewesen, so konnte
Lorenzo unbemerkt in die Wohnung eindringen. Das Appartment war relativ einfach eingerichtet.
Kein Vergleich zur Bakers-Villa. Die Wohnung wirkte schmutzig, es roch sehr stark nach billiger
Zigarette und es war eindeutig zu heiß hier.

Lorenzo räusperte sich und klopfte an den maroden Tührrahmen. Einige Holzsplitter segelten auf
den Boden.
Paulie seinerseits schreckte sofort hoch und saß innerhalb einer Sekunde aufrecht auf der Matratze. Bevor er
überhaupt realisierte, wer vor ihm stand, hechtete er nach vorne zu seinem biederen
Nachttischlein und zog mit zittrigen Händen die Schublade heraus.
"Du musst Paulie sein.", beschwichtigte Lorenzo, "Baker schickt mich, ich soll hier wohnen!"
Paulie hielt in seiner Bewegung inne und schaute Lorenzo mit aufgerissenem Mund an.
"Keine Angst, hätte ich Dich töten wollen, wäre es längst geschehen.", reagierte der Italiener,
"Ich bin schließlich der Mann ohne Namen." Es sollte theatralisch und völlig überzogen klingen.
Tat es aber nicht und Lorenzo hätte sich gerne an Ort und Stelle selbst geohrfeigt.
Paulie stand langsam mit auf, er wirkte wie eine Maschine. Dabei richtete er seine tiefblauen Augen
auf Lorenzos Gesicht und zog sich seine unfeinen Arbeiterhosen zurecht. Dann schnellte
er plötzlich vor und gab Lorenzo die Hand. Nicht das er sie einmal schüttelte, im Gegenteil,
er wollte nicht aufhören und stammelte unverständliche Satzbrocken, in denen nur "Ehre" und
"Stolz" herauszuhören waren.

"Ist schon gut, Junge, kannst' mich auch Lorenzo nennen."
"Danke, Lo..Lorenzo. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Man sagt, der Mann ohne Namen wäre
größer als ein Bär und geschmeidiger als ein Gepard. Er soll damals alle Schutzmänner von
Queens und Harlem verprügelt haben..."
Lorenzo unterbrach ihn rüde: "Siehst Du vor dir nun einen Bären oder einen Geparden?"
Paulie ging einen Schritt zurück und stand fast wie ein Schuljunge vor Lorenzo.
"Verzeihung, Mister. Wenn Thomas sagt, dass sie hier wohnen sollen, so werde ich Ihrem
Glück nicht im Wege stehen.", entschuldigte sich der junge Paulie gekränkt.
"Kopf hoch, Freund, so habe ich das auch nicht gemeint. Wir sollen übrigens am späten Abend in die Villa kommen."
Lorenzo pochte auf Wiedergutmachung.
"Ich zeige Ihnen den Schlafraum", schluckte Paulie kurz und lief zügig in ein kleines Zimmer der
räumlichen Wohnung. Lorenzo nahm den Lederkoffer und folgte ihm, rief ihm aber lässig hinterher, dass er auch
"Du" zu ihm sagen könne.

Loenzo ruhte nur wenige Stunden. Paulie hatte sich sich nach dem mittaglichen Disput zurückgezogen
und Lorenzo nutzte die Gelegenheit um über Gott und die Welt zu sinnen.Irgendwie war es schön als
Mann ohne Namen Aufsehen zu erregen. Jetzt war er jemand.


Paulie klopfte an die Zimmertür. "Lorenzo, bist Du fertig?"
Dieser hatte sichtlich Mühe gegen den erholsamen Schlaf zu kämpfen und presste sich in
das harte Gestell des Klappbettes und log: "Ja, ich komme."
Eigentlich war es eine Notlüge, denn er war ja auch hundemüde.
Allerdings verwarf er die wohligen Gedanken an Nachtruhe relativ schnell wieder und schlenderte zu seinem
Lederkoffer, der wie ein treuer Gefährte in einer Ecke des Zimmers stand. Er kramte seinen Sonntags-
anzug aus den unteren Schichten des Gepäcks und kratzte sich am Kopf. Die Schüssel Wasser,
die er auf einer Kommode seines Schlafzimmers entdeckte kam wie gerufen.
Seine Haut war ausgetrocknet und er roch übel.
Mit Elan tauchte er seinen Schädel in das Element und atmete ruhig-kontrolliert. Er liebte diesen
Vorgang, es war fast wie ein Ritual, welches er allmorgendlich vollzog. Er schnitt noch einige Grimassen
vor dem verschmierten Spiegel, bevor in den schwarzen Anzug schlüpfte. Normalerweise wurde dieser
zu feierlichen Anlässen getragen oder für die wöchentlichen Messen, die er stets in einem Vorort besuchte.
Vielleicht war heute auch ein feierlicher Anlass. Wer weiss was der Abend noch bringt?
Mit diesen Gedanken löschte Lorenzo die Zimmerlampe und verliess den Raum.

Lorenzo fühlte sich in seiner Haut unwohl, als sie in voller Montur, sprich Anzüge, durch das Elends- und
Einwandererviertel liefen. Auch Paulie, der sich für einen weißen Anzug entschied, blickte sich ständig
nervös um. Niemand sprach ein Wort.
Die knisternde Spannung löste sich erst, als Alfred das vertraute Portal zum Villenhof öffnete und die
Gäste schleunigst hereinbat, um es dann wieder zu verschließen.
Merkwürdige Prozedur. Alles lief von selbst, ohne das irgendjemand etwas sagen musste.
Selbst Alfred unterließ bissige und spöttische Anmerkungen, führte die Besucher schnell zum Eingang.
Danach verschwand er wie ein Schatten in der nächtlichen Dunkelheit. Einzig
das Klimpern und Klirren einiger Töpfe liessen erkennen, dass er noch in der Umgebung war.
Vom Fluchen ganz zu schweigen.

Baker tat persönlich die Tür zum Nebenraum auf. Er hatte die Gäste kommen hören und liess
es sich nicht nehmen, einen übertriebenen Empfang vorzubereiten.
"Tag, Paulie, alter Junge.", grüßte Baker freundlich und umarmte diesen innig. Paulie, der sich danach
keuchend zur Seite wandte, sah dann aber sichtlich amüsiert dem selben Begrüßungsprozedere zu,
welches Baker auch Lorenzo entgegenbrachte.
Lorenzo bemerkte, dass alle Tischlampen des unteren Stocks brannten und dass das stille Nebenzimmer
durch das göttliche Licht eines Kronleuchters festlich durchströmt wurde. Alles wirkte abenteuerlich
und wunderbar schön. Es glitzerte und funkelte an allen Ecken und Enden. Alfred musste wirklich hart
gearbeitet haben.
Baker führte die Ankömmlinge anschließend in den hübschen Flügelsaal., in welchem wiederrum einige Gestalten
auf dem edlen Sofa saßen und dem wilden Feuer im Prunkkamin zusahen.
Erst als Paulie das Zimmer betrat und vzurückhaltend grüßte, hoben einige Männer der Schickeria
den Kopf um den Gruß gelangweilt zu erwidern..
Baker liess es sich ebenfalls nicht nehmen, hoch aufrecht den Saal zu betreten und mit angeschwollener
Brust das Wort zu ergreifen: "Meine Herren, ich möchte ihnen jemand vorstellen." Er machte einen
ruckartigen Ausfallschritt und deutete mit beiden Händen auf den überraschten Lorenzo. "Dies ist unser
sehnlichst erwarteter Lorenzo, der Mann ohne Namen."
Ein Raunen ging durch die Menge, zwei Männer erhoben sich sogar, um Lorenzo in Augenschein zu nehmen.
Baker machte eine Handbewegung und sprach mit überschwenglicher, überschlagender Stimme:
"Mögen die Spiele beginnen."

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War vielleicht nicht ganz so detailliert wie erwartet oder erwünscht. Aber ich wollte das erste Kapitelchen zum Abschluss bringen und euch nicht unnötig langweilen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich fand die Detailfülle war OK. Schön war vor allem der Abschluss des Teils, sprich der letzte Satz, der erzeugt Spannung und klingt auch noch gut :) Aber auch sonst war der Teil gut, wenn auch in der Mitte nicht so viel passiert ist.
Bewertung: 2+
 
Habe umkompositioniert und aus dem ursprünglich ersten Beitrag eine Einführung gemacht.
Der folgende Abschnitt ist demnach das erste Kapitel.

Noch etwas ist anzumerken: Die auftretenden Person stehen in keinerlei Verbindung zu Menschen, die leben oder gelebt haben. Alles ist rein fiktiver Natur entsprungen, Ähnlichkeiten zu reell existierenden Persönlichkeiten sind unbeabsichtigt und zufällig.
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Kapitel 1
Der Teufelskreis - Oder wie alles anfing



Thomas Baker setzte sich, zündete sich fast beiläufig eine Zigarre an und winkte Paulie auf das schöne
Sofa mit den wuchtigen Armlehnen. Allem Anschein nach war es sehr tief gepolstert, denn
Paulie versank fast in den Fluten des Stoffs und musste seine Sitzhaltung mit einer kraftvollen
Bewegung korrigieren.
"Nun Lorenzo, es gibt Wichtiges zu klären", sagte Baker mit nervösem Lächeln an den jungen Italiener
gerichtet. "Du hast sicher einige Fragen, dass kann ich verstehen, doch möchte ich Dir erst
unseren kleinen Zirkel vorstellen." Baker war sehr angespannt und versuchte seine Unsicherheit
mit einem Augenzwinkern zu tuschieren. Er schaute kurz auf seine Taschenuhr und blickte dann
aber in den kleinen Kreis, der ungeduldig auf dem Mobiliar saß.
"Das ist James Montero, Kleinunternehmer.", verkündete Baker und deutete auf einen kleinen
Mann mit italienischen Zügen, welcher nach der Vorstellung aufstand und eine Verbeugung
vortäuschte.
"Neben James sitzt Michael Moreone, Du kannst Gitarren-Mickey zu ihm sagen." Auch Moreone, Italiener,
erhob sich flüchtig und beobachtete mit starrem Blick die edle Runde.
"Dann haben wir in unserem Kreis den tüchtigen Danny, er ist Barkeeper und versteht es, einen
vorzüglichen Schweinebraten zu kochen." Ein rundlicher Mann mit grauem Haar hob die Hand und
lachte meckernd, wodurch er die anerkennenden Worte Bakers zu relativieren versuchte.
"Um die Runde zum Abschluss zu bringen, möchte ich Dir noch von Vito erzählen. Vito ist
mein Geschäftspartner. Die Baker-Company arbeitet mit seinem Unternehmen zusammen. Er
subventioniert uns."
Vito, völlig in schwarz gekleidet, nahm seinen Hut vom Kopf und lächelte offen. Die Anderen des
Zirkel taten es ihm gleich und alle warteten auf Worte Lorenzos, der respektvoll vor den genannten
Personen stand und nach den angemessensten Umschreibungen suchte.

"Mein Name ist Lorenzo. Es freut mich, mit vielen großartigen Personen
Bekanntschaft zu schließen und für Mr.Baker zu arbeiten. Meine Herren, es ist mir eine Ehre und
eine Selbstverständlichkeit.", entfuhr es Lorenzo selbstsicher und er strich sich durch das nasse,
schwarze Haar. Nach wenigen Sekunden der Stille begann Thomas Baker zu applaudieren um
die Anspannung zu vertreiben. Die Anderen setzten zögernd ein, was allerdings schon bald in
einen frenetischen Jubel ausbrach. Ein wenig übertrieben.
Baker, der mittlerweile vor den Kamin getreten war, machte eine beruhigende Bewegung und sprach
mit lauter, starker Stimme: "Wir sind nun vollzählig, doch möchte ich Lorenzo Antworten auf seine
Fragen nicht ersparen." Der Beifallssturm hört abrupt auf und die Männer kehrten zur gewohnten
Ernsthaftigkeit zurück, die sie nur eine Minute zuvor abgelegt hatten.
"Die Lage für Little Italy ist bedrohlich. Die Unterwelt hat sich gespalten und ist in kleine Cliquen
zerfallen, während O`Haras Einflussgebiet immer größer wird. Man munkelt, dass Florentinas
Kneipe schon Schutzgeld entrichtet. Er ist schon nach Little Italy vorgedrungen, reichen ihm denn
das Hafengebiet und Queens nicht schon?"
Vito setzte nun auch ein: "Deshalb sind wir hier. Wir haben einflussreiche Männer, euch, eingeladen
um die Reconquista anzutreten und O`Hara den Hintern zu versohlen." Vito verzog bei dem
Namen angewidert den Mund und krächzte einen Fluch.
"Sehr richtig. Wir werden bevorzugt im Untergrund agieren. Wer ist bereit, die Menschen von dem
Iren zu befreien?", fragte Baker entschlossen in die Runde und ballte die Hand zur Faust, was ihm
noch mehr Ausdruckeinbrachte.
Moreone bestätigte seine Teilnahme. "Meine Gitarre wird die Abschiedsmelodie spielen, wenn
wir seinen irischen Kopf verpacken und zurück nach Irland schicken." Paulie musste kichern
und auch Dannys Bauch erbebte unter schockartigen Lachanfällen. Beide stimmten der Rückeroberung
zu, nur Montero enthielt sich bei der Abstimmung, was Baker unmutig zur Kenntnis nahm.
"Da ich meine Company nur ungern der Unterwelt preisgebe, würde ich vorschlagen, das wir
uns bei Danny in der Kneipe treffen und uns dort über Künftiges beraten."
Danny, der Tränen lachte, stimmte dem Anliegen Bakers zu und erwähnte in einem kreischendem
Laut, dass er einen "Büroraum" zur Verfügung stellen könne.
"Lorenzo, ich müsste unter vier Augen mit Dir sprechen.", wandte sich Baker in einer ruhigen Minute
zu dem Genannten.

Nachdem sich die neue Gesellschaft verabschiedet hatte, gingen Paulie, der noch anwesend war,
Lorenzo und Baker in das Büro. Die Uhr zeigte kurz nach Mitternacht und eine bedrückende Stimmung
machte sich im Anwesen breit. Alfred hatte sich sicherlich schon zur Ruhe gelegt, die er Lorenzos
Meinung nach verdient hatte.
Baker nahm hinter dem Schreibtisch Platz und legte einige Schreibutensilien zur Seite. Seine Nobel-
lampe erzeugte schwaches, grünlich-schimmerndes Licht.
"Thomas", begann Lorenzo leise, "ich weiss nicht ob ich der Richtige bin für so ein Unterfangen."
Lorenzo hatte schon seit Beginn leichte Bedenken und als Baker das Geheimnis gelüftet hatte, kam
es ihm vor, als hätte man ihm einen Schlag in den Unterleib verpasst.
"Lorenzo liegt richtig", mischte sich Paulie ein. "Ich bin vielleicht ein Freund der Familie, doch
bin ich nicht einflussreich."
Baker faltete seine kleinen Hände und verzog das Gesicht zu einer verständnislosen Maske.
"Schwätzt nicht so einen Unsinn. Lorenzo, Du bist hier bekannt. Die Leute haben Respekt vor Dir.
Sie vergessen nicht, deshalb brauchen wir dich. Sie werden sehen, dass sich ein Held für ihr
Wohl engagiert. Deshalb habe ich Dich geholt. Für Little Italy." Baker klang verzweifelt und Lorenzo
spürte, dass er die Wahrheit sprach. Natürlich brauchte er Lorenzo hauptsächlich für sich.
Paulie wollte irritiert widersprechen, wurde von Baker aber harsch unterbrochen.
"Paulie, ich dulde keine Widerrede. hast Du vergessen, dass wir Dich groß gezogen haben? Vito
war wie ein Vater für Dich und sein Geld hast Du gerne genommen. Ich erwarte mehr Respekt und
Achtung vor unserer Arbeit."
Paulie bejahte knapp und senkte den Kopf. Er spielte mit seinen Fingern.
"Wir sehen uns morgen bei Danny. Paulie, Du kennst den Weg."

Lorenzo war sich im Unklaren darüber, wie ein Mensch so schnell zum Helden glorifiziert werden konnte.
Der Kaufmann wurde von ihm niedergeknüppelt und ist wahrscheinlich an den Folgen der Schädelverletzung
gestorben. Eine revolutionäre Tat war dies kaum. Nichts womit man sich rühmen könnte. Oder
hatte er etwas verpasst?


Er würde bei passender Gelegenheit Paulie fragen, was denn eigentlich seit seinem Gang ins Exil
vorgefallen war.

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Ich freue mich über jeden Kommentar.
 
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Gut, jetzt gibt's wieder ein paar Personen mehr. Ich hoffe, ich kann mir alle Namen merken. Schön ist aber vor allem, dass ich endlich weiß, warum Lorenzo da ist... Mafia, Bandenkriege... Klingt sehr interessant :)
Von der Fehler / Kuriositäten-Front: "eine Verbeugung
vortäuschte" - er TAT SO, als würde er sich verbeugen? :D
Bewertung: 2
 
Endlich hat man ein wenig mehr erfahren, warum Lorenzo geholt wurde. Dieser Baker scheint mir ein Typ zu sein, der über Leichen geht...huh, Bandenkriege, wer weiß, welche Rolle Lorenzo da noch spielen wird...
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieser Baker ist nur das kleinere Übel :D
Danke übrigens für die Kommentare, meine Leserschaft wächst zwar nicht gerade exponenntiell, ich schreibe aber tapfer weiter.

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Der folgende Tag war bei weitem nicht so schön. Die Sonne hatte sich hinter einem öden, grauen
Wolkenband verkrochen und überließ dem eisigen Wind das Spielfeld.

Paulie war schon seit geraumer Zeit wach und hatte ein kleines englisches Frühstück zubereitet.
Lorenzos Magen meldete sich mit Genugtuung bei diesem zauberhaften Anblick. Er war immerhin
erst aufgestanden, somit erachtete er die Wortmeldung seines Verdaungstraktes als
natürlich und schlüssig.
Er setzte sich an den kleinen Tisch, auf dem die verlockende Mahlzeit stand. Paulie, der
ebenfalls am Tisch saß, hatte die Zeitung aufgeschlagen und dadurch sein Gesicht verdeckt,
dennoch grüßte er mit einer freundlichen Stimme.
Lorenzo nahm stattdessen wortlos einen der Semmel und schnitt, oder besser, er operierte
an jenem herum, bevor er letztendlich zögernd das Wort ergriff:
"Paulie, ich muss dich etwas Wichtiges fragen."
"Schieß los, Kumpel!", antwortete Paulie reflexartig, obwohl doch eine Spur Langeweile heraus-
zulesen war.
"Ich war schon seit vier Jahre nicht mehr in der Stadt, ich bin untergetaucht, was ist denn
alles passiert? Der Trubel um meine Person wird ja immer kurioser."
Kurze Zeit Stille, dann nahm Paulie die New York Times herunter und schaute Lorenzo fragend
ins Gesicht. "Bitte?"
"Ich meine es so, wie ich es gesagt habe", bekräftigte Lorenz seinen Wissensdurst.
"Was soll schon gewesen sein?", sagte Paulie und blickte wieder in seine Tagesausgabe der Times,
"Kurz nach Deinem Verschwinden ist auch die Tat in Vergessenheit geraten. Erst diese
Arbeiterprotestbewegung "Proletarische Freiheit", denke ich mal, hat den Überfall als revolutionären Akt ein-
gestuft und Dich zu dem gemacht, der Du jetzt bist. Der Mann ohne Namen. Für die Arbeiter war
es ein Schritt in Richtung Akzeptanz, für die Bürger New Yorks ein Zeichen des drohenden
Umsturzes. Held und Bösewicht, um es pauschal auszudrücken." Paulie deutete auf einen
kleinen Comicstrip in der Times, auf welchem ein Polizist einen erkennbaren Gauner in die Flucht
schlägt.
Doch Lorenzo wollte sich nicht amüsieren, ihm war der Appetit gründlich vergangen.

Am späten Vormittag brachen Paulie und Lorenzo in Arbeitskleidung, also schicken Anzügen,
zum befohlenen Treffpunkt auf. "Soletti`s Bar".
Der Weg war tatsächlich nicht weit und in Little Italy war zu diesem Zeitpunkt kaum jemand auf
den Straßen. Die Arbeiter tummelten sich am Hafen oder in Unternehmen, die Frauen durchsuchten
die unzähligen Straßenmärkte und die Kinder waren entweder in der Schule oder in fremden Häusern,
um die Besitzer dieser Gebäude ein wenig zu "erleichtern".
Vereinzelt kam den Beiden eine Kutsche entgegen oder ein hupendes Auto.
Die Fahrzeuge waren sehr populär. Erstaunlich modern.
Lorenzo faszinierte sich für diese Technik und schaute den wenigen Exemplaren freudig hinterher, in
der Hoffnung irgendwann mal damit zu fahren.

Die Bar wirkte schon aus einiger Entfernung wie ein antiker Tempel, den man in einer Blockhütten-
siedlung errichtet hatte. Ein grüner Schriftzug Soletti`s zierte die
mächtigen Fensterscheiben des Hauses und über den schönen Blumenstöcken hatte man italienische
Flaggen anbringen lassen.
Die Innenausstattung war auch sehenswert. Schön gestaltete Sitzmöglichkeiten, ausgezeichnete
Sitzgarnituren und eine beachtliche Weinsammlung liessen das Herz eines jeden Gastes Purzelbäume
schlagen.

Danny kam hinter dem Tresen hervorgestürmt. Er wischte sich hastig die Hände an seiner
verschmierten Schürze ab und begrüßte seine Besucher mit einem Handschlag.
"Der Boss wartet hinten", flüsterte er, denn er wollte die Aufmerksamkeit der übrigen Gäste
nicht auf die kleine Gruppe lenken. Er drehte seinen bulligen Kopf zu einer unscheinbaren
Tür in einer Ecke des Raumes und bestätigte den Durchgang durch ein angedeutetes
Augenzwinkern.
"Danke, Danny!", grinste Paulie und klopfte dem freudig strahlenden Wirt auf die Schulter. Die
Welt war in Ordnung.

Im Hintergrund lief Ragtime, eine sonderbare, sehr zeitgemäße Musikrichtung, die eigentlich
nicht in dieses Gebiet gehörte. Danny hörte sie immer.


Der Hinterraum der Kneipe war ebenso schick wie die eigentliche Kneipe. In dem Zimmer
roch es stark nach Zigarre, ein Indiz für Bakers Anwesenheit.
Tatsächlich saß dieser auch an einer Tafel, mit den anderen Bekannten des vorherigen
Abends. Moreone klimperte auf einer alten Laute und versuchte eine sizilianische Atmosphäre
zu schaffen, was ihm aber nur teilweise gelang. Selbst Vito war anwesend. Er hatte am
Kopf der Tafel Platz genommen, so hatte es Lorenzo auch erwartet.
Einzig Mortone war nicht hier. Von ihm fehlte jede Spur, Lorenzo konnte ihn im Kreis nicht ausmachen.
Dafür aber einen besonders hochgestochenen Italiener, der in weißem Anzug zwischen Vito und
Baker saß und vornehm eine Zigarette rauchte.
"Hallo Jungs, schön euch zu sehen." Bakers Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton, der
zwischen Arroganz und Freundschaft lag.
"Wo ist Mortone?", wollte Lorenzo wissen.
"Jimmy Mortone ist leider verstorben. Er ist auf dem Heimweg zusammengebrochen. Das
Unternehmen leitet fortan sein Sohn Dino." Baker lächelte bei diesen Worten und legte
dem jungen Herrn neben sich die Hand auf die Schulter. Das musste Dino sein. Ein kalter
Mensch, er verzog keine Miene, selbst dann nicht, als Baker von dem Tod seines Vaters sprach.
"Dino erweist sich als so freundlich, unsere Gemeinschaft zu unterstützen. Als Gegenleistung
bringen wir ihm die Kunden etwas näher", mischte sich nun auch Vito in die Unterhaltung ein.
"Und diese Kontaktaufnahme sollen wir zustandebringen?", fragte Paulie unsicher.
"Nein, darum wird sich Mickey kümmern. Wir haben einige willige Arbeiter angeheuert, die
heiß auf Kohle sind. Mickey wird sie führen. ", erklärte Baker abgeklärt.
Vito fuhr fort: "Ihr löscht Connor aus Little Italy, er ist ein irischer Spitzel, der ab und an
Schutzgelder eintreibt. Er hat ein Appartment im südlichen Viertel Little Italies. Fragt
euch am besten auf der Straße durch."
Lorenzo nickte und wollte auf dem Absatz kehrt machen, als Vito zwei Koffer auf den
Tisch knallte. "Jungs, ihr wollt doch nicht etwa unbewaffnet dorthin?"
"Wa..Was wir sollen ihn umlegen?", keuchte Paulie erschrocken und zog die erstaunten Blicke der Runde
auf sich.
Lorenzo nahm zügig beide Koffer, drückte den leichteren der beiden in Paulies Hand
und forderte ihn durch einen raschen aber intensiven Augenkontakt auf, den Raum zu verlassen.

"Willst Du etwa auch auf dem Heimweg zusammenbrechen?, murmelte Lorenzo ernst, als
sie wieder auf der Straße angekommen waren. "Lass uns unseren Job machen."

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Na, ob Mortone zusammengebrochen ist, ist doch eher fraglich. Und Lorenzo scheint derselben Meinung zu sein.
Mir ein paar Schreibfehler aufgefallen, aber ansonsten all right. Sag mal, ziehen die beiden jetzt wirklich los und bringen jemanden um :eek: ??

Irgendwie kann ich mir Lorenzo (noch) nicht als kaltblütigen Mörder vorstellen, für mich wirkt er einfach nicht danach. Mal sehen, in welche Richtung sich das ganze noch entwickelt....
 
Was nicht ist, kann ja noch werden ;)
Nein, Spaß beiseite. Ich will nicht zuviel vorwegnehmen.

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Connor öffnete die marode Tür seiner Wohnung und blickte verwirrt in das Gesicht Paulies.
Er war nur mit einem verdreckten Unterhemd bekleidet und hatte vermutlich erst gegessen.
Anders ließen sich die Schmutzflecken auf dem Hemd nicht erklären. Connor war ein
untersetzter Mann mittleren Alters und hatte braunes Haar. Sein Gesicht ähnelte dem eines
Fisches.
"Was ist?", brummte der Kerl unfreundlich.
"Connor?", fragte Paulie unbeeindruckt der imposanten Situation.
"Jimmy, wer ist das?", ertönte eine weibliche Stimme aus dem Zimmer, Connor drehte sich kurz
um und brüllte genervt, dass die **** ihr Maul halten solle. Danach fixierte er wieder
Paulie. "Ja, ich bin Ray Connor."
"Vito schickt Ihnen Grüße.", fiel Lorenzo seinem Freund ins Wort und öffnete anschließend
den schweren Lederkoffer.
Der Inhalt war für Connor ebenso verblüffend wie für Lorenzo. Ein silberner Colt ragte aus einer
kleinen Halterung. Er hatte irgendetwas Nostalgisches und Außergwöhnliches.
Noch ehe Connor die Tür zuschlagen konnte, war Paulie schon eingetreten und presste den
Fettwanst an die rauhe Wand.
Lorenzo stellte sich lässig neben den Iren und drückte den Lauf des Colts an dessen Schädel.
"Ich könnte Dir einfach das Licht ausblasen.", sagte Lorenzo langsam und nachdenklich mit sanfter
Stimme.

Ihm tat der dicke Kerl leid, er konnte es einfach nicht übers Herz, abzudrücken und einem
Menschen das Leben zu nehmen. Zugegeben, er hatte es schon mal getan, aber auch damals
lag es sicherlich nicht in seiner Absicht.


Paulie wurde unruhig."Waum zögerst Du?"
"Wenn ich deinen fetten Irenhintern in unserem Gebiet nochmal sehe, dann verpasse ich
ihm eine Ladung Kugeln.". Lorenzo wandte sich weiterhin an Connor, den Bedenken Paulies
schenkte er keine Beachtung.
"Verschwinde jetzt."
Connor schaute desorientiert in Lorenzos Augen, schob diesen ungehobelt zur Seite und rannte in
das stinkende Treppenhaus. Auf den oberen Stufen angekommen, krallte sich Connor ans
Geländer kicherte kurz, um dann aber laut zu schreien und dann wie von einer Hummel gestochen,
wegzurennen.
"Bist Du bescheuert?", fauchte Paulie."Der rennt bestimmt zu O`Hara."
"Und wenn schon.", entgegnete Lorenzo."Das ist unser Gebiet, was will O´Hara tun?"
"Keine Ahnung, aber Vito wird nicht mit unserer Arbeit zufrieden sein."
"Ich kann nichts dafür, dass Connor geflohen ist.", lächelte Lorenzo und zündete sich eine Zigarette
an und schaute der jungen Dame hinterher, die gerade den Flur verließ. Sie beachtete die
Beiden kaum und verschwand ebenso schnell wieder im Treppenhaus.
Paulie klopfte seinem Kameraden auf den Oberarm und schüttelte lachend und zugleich fassungs-
los den Kopf. "Du bist mir einer."

Die Sonne kam nun endlich aus ihrem Versteck und kitzelte Lorenzo an der Nase, welches dieser
belustigt registrierte. Er war stolz, denn er hatte sich vor einer Entmenschlichung beschützt.
Anders Paulie. Dieser wurde von Unbehagen geschüttelt und hatte vor allem Angst vor den Iren,
die als kaltblütig und rachesüchtig galten.
Sie setzten sich auf eine Bank, welche in der Nähe der Docks an einer Promenade errichtet wurde
und eine herrliche Aussicht auf den Fluss. Weit weg von der Mulberry Street. Weit weg von der
Lower East Side.
"Lorenzo, glaubst Du, dass es einen Krieg geben wird?"
"Nein.", antwortete der Italiener knapp.
"O´Hara ist bestimmt sauer."
"Wieso sollte er? Wir haben nur einen kleinen Teil des ursprünglich italienischen Einflussgebietes
zurückgewonnen. Er hat noch mehr als genug."
Paulie stotterte. "Der Boss..was ist wenn der Boss auch mehr will?"
Lorenzo hob einen Stein auf, betastete ihn kurz und warf ihn in das Wasser. Eine frische Brise umwehte
die beiden leicht und verzog sich dann wieder in die Vergessenheit.
Paulie schlug sich mit der flachen Hand auf sein Bein und fluchte. "Wir hätten diesen Connor ausknipsen
sollen."
"Ob Tot oder lebendig, er ist keine Gefahr."
"Wir haben ihm gesagt, dass uns Vito schickt."
Lorenzo kratzte sich am Kinn und meinte dann mit gleichgültiger Stimme: "Entweder Italiener oder Jude".
Mehr Auswahl hätte O`Hara bei der Tätersuche sowieso nicht gehabt. Mach Dir mal nicht ins Hemd."
Paulie nickte kurz und richtete seine blauen Augen auf das Wasser, welches den Sonnenschein
wiederspiegelte. Dann nahm er eine Münze in die Hand und warf sie in die Luft. Lorenzo konnte über diese
kleinen Albernheiten nur den Kopf schütteln.

Jemand tippte Lorenzo auf die Schulter. Erst unmerklich und ganz leicht. Dann wurde es fast zu
einer Schlagabfolge.
Lorenzo stand entgeistert auf und wollte wütend reagieren, als die Zeit stillzustehen schien. Er blickte
in das Antlitz Connors, der grinsend zwischen zwei riesigen Kälbern an Männern herausschaute.

"Paulie, ich glaube wir haben Ärger."

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Die teile waren vor allem sehr stimmungsvoll, auch kannnich se ´mir gut i m filmmvorstellen. Waren zwar teils auch sehr klischeehaft, hat mich aber kaum gestzört.
 
Diese Geschichte wird von mir eingestellt.

Ist zwar schade, aber ich führe es auf das gewaltige Desinteresse zurück. Ich hoffe, ich konnte den wenigen Lesern eine kleine Freude damit bereiten.
Aber ein Leser am Ende ist nicht erfreulich, wobei ich sagen muss, dass ich mich stets auf stLynx Kommentare und Bewertungen gefreut habe.

Nur eines kann ich versprechen: Ich komme wieder.

(mit einer anspruchsvolleren Geschichte)


Gear
 
Oh, das find ich sehr schade! Du hast das Feeling immer ziemlich gut rübergebracht. Dir fehlte vielleicht nur das richtige Marketing ;) - bzw. die Geduld, am Anfang erstmal auf die Reaktionen einiger Leser zu warten. Die meisten sind nämlich zu faul, mehrere Posts aufzuholen...
Ich werde jedenfalls sicher auch deine nächste FF verfolgen.
 
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