LadyR
Member
Dies hier ist wieder eine meiner älteren Geschichten.
Diesmal eine Fantasystory in Märchengestalt, die nicht ganz ernst genommen werden will.
Viel Spaß beim Lesen:
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Das Ungeheuer vom Greifenberg
"Dieses Mal kann sie nicht nein sagen." König Chromir von Kaspanien sah seinen Ratgeber halb trotzig, halb flehentlich an. "Ihr selbst habt mir die Berichte vorgelesen." Er deutete mit dem vergoldeten Brieföffner auf einen Stapel Pergamentrollen. "Prinz Augil sieht gut aus und hat eine hervorragende Erziehung genossen. Er ist Meister im Bogenschießen und im Schwertkampf und ein ausgezeichneter Reiter. Ihr habt ihn mit mir begrüßt. Die Berichte sagen die Wahrheit, oder?"
Lord Trelmain, jeder nannte ihn so, obwohl niemand wusste, ob er wirklich von Adel war, blickte über den Kopf des Königs durch die verglaste Balkontüre hinaus in den Park. Er beobachtete, wie sich der hochgelobte Prinz der Sorge des Reiches näherte. Obwohl er nur Augils Rücken sah, konnte er sich ausmalen, welche Artigkeiten Augil beim Anblick Prinzessin Mirias zum Besten gab. Nur widerwillig wandte er sich dem König zu. "Die Berichte stimmen alle, Majestät. Allerdings..."
"Allerdings, was?" König Chromir klopfte mit dem Brieföffner auf die Tischplatte. "Äußert Euch genauer, Trelmain."
"Allerdings haben die Boten vergessen zu erwähnen, dass Prinz Augil sich seiner Vorzüge... hm... sagen wir mal, sehr bewusst ist."
"Ihr könnt es ruhig aussprechen. Er ist ein eingebildeter Pfau." Der König warf den Brieföffner in eine Lade. "Vielleicht merkt es Miria nicht."
"Wann ließ sich die Prinzessin jemals von einer hübschen Larve blenden, Majestät? Sie ist Eure Tochter."
Der König seufzte und lehnte sich zurück. "Womit muss ich rechnen?"
"Ich tippe auf Orkan, Majestät. Der Prinz hält sich für den besten Reiter seines Reiches."
"Der Schlossteich?"
"Das entscheidet die Prinzessin. Darf ich vorschlagen einen Heiler zu rufen und den Kammerdiener des Prinzen zu warnen?"
"Tut das."
Trelmain verbeugte sich und verließ das Arbeitszimmer des Königs. Während Chromir ihm nachsah, fragte er sich zum dreiundvierzigsten Mal, was er ohne Lord Trelmain tun würde. Ein Segen, dass sein alter Ratgeber, Graf Sergeno, Trelmain vor fünf Jahren im "Goldenen Humpen" kennengerlernt hatte. Sonst stünde er jetzt ohne Ratgeber da. Denn nur wenige Tage später war Sergeno die vereiste Schlosstreppe hinuntergestürzt. Chromir selbst hatte an seinem Sterbelager gewacht und den Greis gefragt, was ohne ihn aus dem Reich werden sollte. Graf Sergeno war schon seines Vaters Ratgeber gewesen, und im ganzen Reich gab es damals niemanden, der ihm an Klugheit und Erfahrung gleichgekommen wäre.
Daraufhin hatte Sergeno seine letzten wachen Minuten genützt und ihm von Trelmain erzählt. "Er ist etwa zehn Jahre jünger als Ihr, Majestät", hatte er gesagt, "sein Akzent ist mir fremd, aber er hat Witz und Verstand. Holt ihn ins Schloss, Ihr werdet es nicht bereuen."
Wie recht der alte Graf gehabt hatte. König Chromir bat Trelmain ins Schloss, ernannte ihn zum Lord und beschenkte ihm mit einem Landgut. Es bedurfte einiger Überredungskunst, bis Trelmain seinen neuen Status als Ratgeber des Königs akzeptierte. Niemand hatte es je gewagt, ihn nach seiner Herkunft zu fragen. Obwohl Chromir ihm voll vertraute, blieb ihm Trelmain ein Rätsel.
Der König seufzte und drehte den Sessel, sodass er das Geschehen im Park mitverfolgen konnte.
Prinzessin Miria amüsierte sich. Ihr Vater hatte Prinz Augil in den glühendsten Farben geschildert. Er sah wirklich gut aus mit den goldbraunen Locken und den grünen Augen. Seine Stimme klang weich, als er ihre Schönheit pries: "Kein Dichter kann Euren Zauber in Verse fassen. Das Gold Eures Haares beschämt die Sonne, und das Blau Eurer Augen lässt den Himmel vor Neid erblassen."
Ähnliches hatte Miria schon oft gehört. Sie wusste, dass sie aussah wie eine Prinzessin aus einem Märchenbuch. Warum hatte sie keine schiefe Nase oder eine Warze auf dem Kinn wie Lady Irene, die erste Hofdame? Dann würde der Prinz sich vielleicht vernünftig mit ihr unterhalten, anstatt leere Phrasen zu dreschen. Sie beschloss, der Sache ein Ende zu bereiten. "Prinz Augil", sagte sie und strich eine Falte aus ihrem Ärmel, "Ihr begehrt mich also zur Gemahlin?"
"Es wäre mein größtes Glück", versicherte er und blickte ihr tief in die Augen.
"Ihr wisst die Worte wohl zu setzen, Prinz. Mein Vater hat Euch von den drei Proben erzählt?"
"Der König erwähnte drei Aufgaben, die Ihr mir stellen würdet. Das ist zwar nicht üblich, aber..." Er machte eine wegwerfenden Handbewegung.
Miria stand auf und lächelte ebenso falsch wie süß. "Ich will Euch erzählen, wie es dazu kam. Meine Ururgroßmutter wurde auf eine Empfehlung des Thronrats hin gegen ihren Willen mit Kregan, dem dritten Sohn des Königs von Asbal verheiratet. Sie durchschaute seinen Charakter, doch all ihr Flehen konnte ihren Vater nicht erweichen. Kregan bestieg drei Jahre nach der Heirat den Thron. Seine erste Tat als König war, Skeylos grundlos den Krieg zu erklären. Er gewann die erste Schlacht, doch dann wendete sich das Glück, und die Soldaten von Skeylos überrannten sein Heer. Stück um Stück von Kaspanien ging verloren. Als Kregan sich endlich aufraffte, einen Friedensvertrag auszuhandeln, war von Kaspanien nur noch ein Zehntel der alten Fläche übrig. Den Rest seines kümmerlichen Lebens ertränkte Kregan im Wein, ohne sich um das Leid und die Nöte seiner Untertanen zu kümmern. Er hinterließ ein zerstörtes, von Hungersnöten und Seuchen gebeuteltes Reich und einen Sohn, der gerade erst laufen gelernt hatte. Der Thronrat ernannte meine Ururgroßmutter zur Regentin, um Kregans Sippschaft vom Thron fernzuhalten. Kregans Witwe regierte klug und umsichtig. Unter ihrer Führung ging es mit Kaspanien langsam aufwärts. Tabir, Kregans Sohn wurde mit achtzehn Jahren gekrönt. Er hatte glücklicherweise keinen der Charakterfehler seines Vaters geerbt. Kaspanien kam zu neuer Blüte, doch es wurde nie wieder so groß wie vor den Skeyloskriegen. Seiner Mutter zu Ehren erließ König Tabir das Gesetz, welches jeder Prinzessin erlaubt, ihre Freier auf die Probe zu stellen. Es hat sich bewährt. Seid Ihr bereit, die drei Aufgaben zu erfüllen?"
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Ich würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden, die mir ihre Meinung mitteilen!
Diesmal eine Fantasystory in Märchengestalt, die nicht ganz ernst genommen werden will.
Viel Spaß beim Lesen:
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Das Ungeheuer vom Greifenberg
"Dieses Mal kann sie nicht nein sagen." König Chromir von Kaspanien sah seinen Ratgeber halb trotzig, halb flehentlich an. "Ihr selbst habt mir die Berichte vorgelesen." Er deutete mit dem vergoldeten Brieföffner auf einen Stapel Pergamentrollen. "Prinz Augil sieht gut aus und hat eine hervorragende Erziehung genossen. Er ist Meister im Bogenschießen und im Schwertkampf und ein ausgezeichneter Reiter. Ihr habt ihn mit mir begrüßt. Die Berichte sagen die Wahrheit, oder?"
Lord Trelmain, jeder nannte ihn so, obwohl niemand wusste, ob er wirklich von Adel war, blickte über den Kopf des Königs durch die verglaste Balkontüre hinaus in den Park. Er beobachtete, wie sich der hochgelobte Prinz der Sorge des Reiches näherte. Obwohl er nur Augils Rücken sah, konnte er sich ausmalen, welche Artigkeiten Augil beim Anblick Prinzessin Mirias zum Besten gab. Nur widerwillig wandte er sich dem König zu. "Die Berichte stimmen alle, Majestät. Allerdings..."
"Allerdings, was?" König Chromir klopfte mit dem Brieföffner auf die Tischplatte. "Äußert Euch genauer, Trelmain."
"Allerdings haben die Boten vergessen zu erwähnen, dass Prinz Augil sich seiner Vorzüge... hm... sagen wir mal, sehr bewusst ist."
"Ihr könnt es ruhig aussprechen. Er ist ein eingebildeter Pfau." Der König warf den Brieföffner in eine Lade. "Vielleicht merkt es Miria nicht."
"Wann ließ sich die Prinzessin jemals von einer hübschen Larve blenden, Majestät? Sie ist Eure Tochter."
Der König seufzte und lehnte sich zurück. "Womit muss ich rechnen?"
"Ich tippe auf Orkan, Majestät. Der Prinz hält sich für den besten Reiter seines Reiches."
"Der Schlossteich?"
"Das entscheidet die Prinzessin. Darf ich vorschlagen einen Heiler zu rufen und den Kammerdiener des Prinzen zu warnen?"
"Tut das."
Trelmain verbeugte sich und verließ das Arbeitszimmer des Königs. Während Chromir ihm nachsah, fragte er sich zum dreiundvierzigsten Mal, was er ohne Lord Trelmain tun würde. Ein Segen, dass sein alter Ratgeber, Graf Sergeno, Trelmain vor fünf Jahren im "Goldenen Humpen" kennengerlernt hatte. Sonst stünde er jetzt ohne Ratgeber da. Denn nur wenige Tage später war Sergeno die vereiste Schlosstreppe hinuntergestürzt. Chromir selbst hatte an seinem Sterbelager gewacht und den Greis gefragt, was ohne ihn aus dem Reich werden sollte. Graf Sergeno war schon seines Vaters Ratgeber gewesen, und im ganzen Reich gab es damals niemanden, der ihm an Klugheit und Erfahrung gleichgekommen wäre.
Daraufhin hatte Sergeno seine letzten wachen Minuten genützt und ihm von Trelmain erzählt. "Er ist etwa zehn Jahre jünger als Ihr, Majestät", hatte er gesagt, "sein Akzent ist mir fremd, aber er hat Witz und Verstand. Holt ihn ins Schloss, Ihr werdet es nicht bereuen."
Wie recht der alte Graf gehabt hatte. König Chromir bat Trelmain ins Schloss, ernannte ihn zum Lord und beschenkte ihm mit einem Landgut. Es bedurfte einiger Überredungskunst, bis Trelmain seinen neuen Status als Ratgeber des Königs akzeptierte. Niemand hatte es je gewagt, ihn nach seiner Herkunft zu fragen. Obwohl Chromir ihm voll vertraute, blieb ihm Trelmain ein Rätsel.
Der König seufzte und drehte den Sessel, sodass er das Geschehen im Park mitverfolgen konnte.
Prinzessin Miria amüsierte sich. Ihr Vater hatte Prinz Augil in den glühendsten Farben geschildert. Er sah wirklich gut aus mit den goldbraunen Locken und den grünen Augen. Seine Stimme klang weich, als er ihre Schönheit pries: "Kein Dichter kann Euren Zauber in Verse fassen. Das Gold Eures Haares beschämt die Sonne, und das Blau Eurer Augen lässt den Himmel vor Neid erblassen."
Ähnliches hatte Miria schon oft gehört. Sie wusste, dass sie aussah wie eine Prinzessin aus einem Märchenbuch. Warum hatte sie keine schiefe Nase oder eine Warze auf dem Kinn wie Lady Irene, die erste Hofdame? Dann würde der Prinz sich vielleicht vernünftig mit ihr unterhalten, anstatt leere Phrasen zu dreschen. Sie beschloss, der Sache ein Ende zu bereiten. "Prinz Augil", sagte sie und strich eine Falte aus ihrem Ärmel, "Ihr begehrt mich also zur Gemahlin?"
"Es wäre mein größtes Glück", versicherte er und blickte ihr tief in die Augen.
"Ihr wisst die Worte wohl zu setzen, Prinz. Mein Vater hat Euch von den drei Proben erzählt?"
"Der König erwähnte drei Aufgaben, die Ihr mir stellen würdet. Das ist zwar nicht üblich, aber..." Er machte eine wegwerfenden Handbewegung.
Miria stand auf und lächelte ebenso falsch wie süß. "Ich will Euch erzählen, wie es dazu kam. Meine Ururgroßmutter wurde auf eine Empfehlung des Thronrats hin gegen ihren Willen mit Kregan, dem dritten Sohn des Königs von Asbal verheiratet. Sie durchschaute seinen Charakter, doch all ihr Flehen konnte ihren Vater nicht erweichen. Kregan bestieg drei Jahre nach der Heirat den Thron. Seine erste Tat als König war, Skeylos grundlos den Krieg zu erklären. Er gewann die erste Schlacht, doch dann wendete sich das Glück, und die Soldaten von Skeylos überrannten sein Heer. Stück um Stück von Kaspanien ging verloren. Als Kregan sich endlich aufraffte, einen Friedensvertrag auszuhandeln, war von Kaspanien nur noch ein Zehntel der alten Fläche übrig. Den Rest seines kümmerlichen Lebens ertränkte Kregan im Wein, ohne sich um das Leid und die Nöte seiner Untertanen zu kümmern. Er hinterließ ein zerstörtes, von Hungersnöten und Seuchen gebeuteltes Reich und einen Sohn, der gerade erst laufen gelernt hatte. Der Thronrat ernannte meine Ururgroßmutter zur Regentin, um Kregans Sippschaft vom Thron fernzuhalten. Kregans Witwe regierte klug und umsichtig. Unter ihrer Führung ging es mit Kaspanien langsam aufwärts. Tabir, Kregans Sohn wurde mit achtzehn Jahren gekrönt. Er hatte glücklicherweise keinen der Charakterfehler seines Vaters geerbt. Kaspanien kam zu neuer Blüte, doch es wurde nie wieder so groß wie vor den Skeyloskriegen. Seiner Mutter zu Ehren erließ König Tabir das Gesetz, welches jeder Prinzessin erlaubt, ihre Freier auf die Probe zu stellen. Es hat sich bewährt. Seid Ihr bereit, die drei Aufgaben zu erfüllen?"
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Ich würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden, die mir ihre Meinung mitteilen!