Das Ungeheuer vom Greifenberg - humorvolle Märchen-Fantasy

LadyR

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Dies hier ist wieder eine meiner älteren Geschichten.
Diesmal eine Fantasystory in Märchengestalt, die nicht ganz ernst genommen werden will.

Viel Spaß beim Lesen:

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Das Ungeheuer vom Greifenberg


"Dieses Mal kann sie nicht nein sagen." König Chromir von Kaspanien sah seinen Ratgeber halb trotzig, halb flehentlich an. "Ihr selbst habt mir die Berichte vorgelesen." Er deutete mit dem vergoldeten Brieföffner auf einen Stapel Pergamentrollen. "Prinz Augil sieht gut aus und hat eine hervorragende Erziehung genossen. Er ist Meister im Bogenschießen und im Schwertkampf und ein ausgezeichneter Reiter. Ihr habt ihn mit mir begrüßt. Die Berichte sagen die Wahrheit, oder?"

Lord Trelmain, jeder nannte ihn so, obwohl niemand wusste, ob er wirklich von Adel war, blickte über den Kopf des Königs durch die verglaste Balkontüre hinaus in den Park. Er beobachtete, wie sich der hochgelobte Prinz der Sorge des Reiches näherte. Obwohl er nur Augils Rücken sah, konnte er sich ausmalen, welche Artigkeiten Augil beim Anblick Prinzessin Mirias zum Besten gab. Nur widerwillig wandte er sich dem König zu. "Die Berichte stimmen alle, Majestät. Allerdings..."

"Allerdings, was?" König Chromir klopfte mit dem Brieföffner auf die Tischplatte. "Äußert Euch genauer, Trelmain."
"Allerdings haben die Boten vergessen zu erwähnen, dass Prinz Augil sich seiner Vorzüge... hm... sagen wir mal, sehr bewusst ist."
"Ihr könnt es ruhig aussprechen. Er ist ein eingebildeter Pfau." Der König warf den Brieföffner in eine Lade. "Vielleicht merkt es Miria nicht."

"Wann ließ sich die Prinzessin jemals von einer hübschen Larve blenden, Majestät? Sie ist Eure Tochter."
Der König seufzte und lehnte sich zurück. "Womit muss ich rechnen?"

"Ich tippe auf Orkan, Majestät. Der Prinz hält sich für den besten Reiter seines Reiches."
"Der Schlossteich?"
"Das entscheidet die Prinzessin. Darf ich vorschlagen einen Heiler zu rufen und den Kammerdiener des Prinzen zu warnen?"
"Tut das."

Trelmain verbeugte sich und verließ das Arbeitszimmer des Königs. Während Chromir ihm nachsah, fragte er sich zum dreiundvierzigsten Mal, was er ohne Lord Trelmain tun würde. Ein Segen, dass sein alter Ratgeber, Graf Sergeno, Trelmain vor fünf Jahren im "Goldenen Humpen" kennengerlernt hatte. Sonst stünde er jetzt ohne Ratgeber da. Denn nur wenige Tage später war Sergeno die vereiste Schlosstreppe hinuntergestürzt. Chromir selbst hatte an seinem Sterbelager gewacht und den Greis gefragt, was ohne ihn aus dem Reich werden sollte. Graf Sergeno war schon seines Vaters Ratgeber gewesen, und im ganzen Reich gab es damals niemanden, der ihm an Klugheit und Erfahrung gleichgekommen wäre.

Daraufhin hatte Sergeno seine letzten wachen Minuten genützt und ihm von Trelmain erzählt. "Er ist etwa zehn Jahre jünger als Ihr, Majestät", hatte er gesagt, "sein Akzent ist mir fremd, aber er hat Witz und Verstand. Holt ihn ins Schloss, Ihr werdet es nicht bereuen."

Wie recht der alte Graf gehabt hatte. König Chromir bat Trelmain ins Schloss, ernannte ihn zum Lord und beschenkte ihm mit einem Landgut. Es bedurfte einiger Überredungskunst, bis Trelmain seinen neuen Status als Ratgeber des Königs akzeptierte. Niemand hatte es je gewagt, ihn nach seiner Herkunft zu fragen. Obwohl Chromir ihm voll vertraute, blieb ihm Trelmain ein Rätsel.

Der König seufzte und drehte den Sessel, sodass er das Geschehen im Park mitverfolgen konnte.

Prinzessin Miria amüsierte sich. Ihr Vater hatte Prinz Augil in den glühendsten Farben geschildert. Er sah wirklich gut aus mit den goldbraunen Locken und den grünen Augen. Seine Stimme klang weich, als er ihre Schönheit pries: "Kein Dichter kann Euren Zauber in Verse fassen. Das Gold Eures Haares beschämt die Sonne, und das Blau Eurer Augen lässt den Himmel vor Neid erblassen."

Ähnliches hatte Miria schon oft gehört. Sie wusste, dass sie aussah wie eine Prinzessin aus einem Märchenbuch. Warum hatte sie keine schiefe Nase oder eine Warze auf dem Kinn wie Lady Irene, die erste Hofdame? Dann würde der Prinz sich vielleicht vernünftig mit ihr unterhalten, anstatt leere Phrasen zu dreschen. Sie beschloss, der Sache ein Ende zu bereiten. "Prinz Augil", sagte sie und strich eine Falte aus ihrem Ärmel, "Ihr begehrt mich also zur Gemahlin?"

"Es wäre mein größtes Glück", versicherte er und blickte ihr tief in die Augen.
"Ihr wisst die Worte wohl zu setzen, Prinz. Mein Vater hat Euch von den drei Proben erzählt?"
"Der König erwähnte drei Aufgaben, die Ihr mir stellen würdet. Das ist zwar nicht üblich, aber..." Er machte eine wegwerfenden Handbewegung.

Miria stand auf und lächelte ebenso falsch wie süß. "Ich will Euch erzählen, wie es dazu kam. Meine Ururgroßmutter wurde auf eine Empfehlung des Thronrats hin gegen ihren Willen mit Kregan, dem dritten Sohn des Königs von Asbal verheiratet. Sie durchschaute seinen Charakter, doch all ihr Flehen konnte ihren Vater nicht erweichen. Kregan bestieg drei Jahre nach der Heirat den Thron. Seine erste Tat als König war, Skeylos grundlos den Krieg zu erklären. Er gewann die erste Schlacht, doch dann wendete sich das Glück, und die Soldaten von Skeylos überrannten sein Heer. Stück um Stück von Kaspanien ging verloren. Als Kregan sich endlich aufraffte, einen Friedensvertrag auszuhandeln, war von Kaspanien nur noch ein Zehntel der alten Fläche übrig. Den Rest seines kümmerlichen Lebens ertränkte Kregan im Wein, ohne sich um das Leid und die Nöte seiner Untertanen zu kümmern. Er hinterließ ein zerstörtes, von Hungersnöten und Seuchen gebeuteltes Reich und einen Sohn, der gerade erst laufen gelernt hatte. Der Thronrat ernannte meine Ururgroßmutter zur Regentin, um Kregans Sippschaft vom Thron fernzuhalten. Kregans Witwe regierte klug und umsichtig. Unter ihrer Führung ging es mit Kaspanien langsam aufwärts. Tabir, Kregans Sohn wurde mit achtzehn Jahren gekrönt. Er hatte glücklicherweise keinen der Charakterfehler seines Vaters geerbt. Kaspanien kam zu neuer Blüte, doch es wurde nie wieder so groß wie vor den Skeyloskriegen. Seiner Mutter zu Ehren erließ König Tabir das Gesetz, welches jeder Prinzessin erlaubt, ihre Freier auf die Probe zu stellen. Es hat sich bewährt. Seid Ihr bereit, die drei Aufgaben zu erfüllen?"
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Ich würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden, die mir ihre Meinung mitteilen!
 
Langsam frag ich mich, wieviele Geschichten bei dir, irgendwo unter meterdickem Staub auf alten Festplatten, die auf dem Dachboden oder im Keller in Kartons lagern, noch so rumliegen ;)
Mir hat's gefallen, die ersten Zeilen waren etwas verwirrend, das hat sich dann aber schnell gebessert und das mit den drei Prüfungen klingt interessant :)
 
die Prüfung beginnt...

Freut mich, dass es dir gefallen hat. Ich habe schon als Kind Märchen geliebt, aber es immer gehasst, dass die Prinzessin so oft nur den passiven Teil darin hatte.

Das ist in der Geschichte anderes.....

Viel Spaß mit dem nächsten Teil!

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"Jederzeit, Prinzessin."
"Seid Ihr ein guter Reiter?"
"Ihr werdet in ganz Kaspanien keinen besseren finden."
"Stolze Worte. Ihr werdet sie beweisen müssen. Bitte folgt mir zu den Ställen."
Der alte Stallmeister erwartete sie bereits. "Orkan ist gesattelt, Hoheit."
"Führt ihn heraus."
Prinz Augil erwartete einen kraftstrotzenden Hengst, mit wilden Augen und schäumendem Maul. Doch Orkan entpuppte sich als dürrer Klepper mit dünner Mähne und zerrupftem Schweif. Augil lächelte siegessicher. "Wie lange muss ich mich im Sattel halten, Prinzessin?" fragte er grinsend.
Miria nickte dem Stallmeister zu, worauf dieser ihr eine Sanduhr reichte. "Fünf Minuten. Bedingung ist, dass ihr dabei auf Gerte und Sporen verzichtet. Ihr dürft Orkan keinen Schmerz zufügen. Sollte er ein einziges Mal vor Schmerz wiehern, habt Ihr verloren." Sie trat an den Hengst heran, kraulte ihn zwischen den Ohren, was Orkan sich gern gefallen ließ.
Der Prinz hatte bei Mirias Worten die Stirn gerunzelt. Aber als er sah, wie die Prinzessin Orkan liebkoste, kam er rasch zu dem Schluss, dass der klapprige, alte Gaul kein Gegner für ihn war.
Er klopfte Okran probeweise den Hals. Kein Schnauben, kein Zähnefletschen, das Pferd war so zahm wie ein neugeborenes Lamm. Miria flüsterte ihm noch ein paar Worte zu und stellte sich neben den Stallmeister.
Der Prinz schnallte die Sporen ab und warf sie achtlos in den Sand. Er schwang sich in den Sattel und griff nach den Zügeln. Miria drehte die Sanduhr um. "Fünf Minuten, Prinz."
Das Pferd verharrte am Fleck, reglos wie ein Standbild. Der Prinz verlagerte sein Gewicht und schnalzte. Langsam setzte Orkan sich in Bewegung. Einmal, zweimal, dreimal um den Stall. Der Prinz entspannte sich und winkte Miria im Vorbeireiten zu. Die Runden begannen ihn zu langweilen. Er zog vorsichtig am Zügel und lenkte den Hengst in den Park. Plötzlich bäumte Orkan sich auf und preschte wie von Hornissen gestochen los, hinein in den Rosengarten, setzte über die Beete und galoppierte zurück zum Stall. Der Prinz wagte nicht, an den Zügeln zu reißen, so ließ er sie fahren und krallte seine Finger in Orkans Mähne. Vor Miria blieb der Hengst stehen, machte einen Katzenbuckel und schlug aus. Augil flog in hohem Bogen mitten in den dampfenden Misthaufen. Hustend und spuckend wälzte er sich aus dem Dung vor Mirias Füße. Die Prinzessin beugte sich süß lächelnd über ihn und hielt die Sanduhr vor sein Gesicht. Die letzten Körner rieselten hindurch. "Ihr habt verloren."
Mit bewundernswerter Selbstbeherrschung rappelte er sich auf, schüttelte Stroh und zerquetschte Pferdeäpfel von seiner Jacke, verbeugte sich vor Miria und stelzte davon.
Miria übergab die Sanduhr dem grinsenden Stallmeister und spazierte fröhlich summend zum Schloss zurück.

Der König starrte immer noch hinaus auf den Park, als Lord Trelmain das Arbeitszimmer betrat.
"Seid Ihr es, Trelmain?" fragte er, ohne sich umzudrehen.
"Jawohl, Sire. Es ist vorbei."
"Vorbei?" Der König stand auf und rückte den Sessel zurecht. "Ich habe den Teich nicht aus den Augen gelassen."
"Meine Vermutung erwies sich als falsch, Majestät. Orkan warf den Prinzen in den Misthaufen vor dem Pferdestall."
"Ihr Götter!" entfuhr es dem König.
"Ein Bote ist bereits unterwegs", beruhigte ihn Trelmain.
"Was habt Ihr geschrieben?"
"Das Übliche, Majestät. Wir bedauern außerordentlich, dass Prinz Augil die Werbung um Prinzessin Miria zurückgezogen hat."
"Welchen Grund habt Ihr genannt?"
"Der Prinz fühlte sich durch die Launenhaftigkeit der Prinzessin abgestoßen, wofür wir vollstes Verständnis haben."
"Gut." Der König seufzte. Es behagt es mir nicht, jedes Mal Miria die Schuld zuzuschieben, nur um die Ehre der beleidigten Bewerber zu retten. Bald wird sich kein Freier mehr finden."
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Ich hoffe, er hat euch gefallen!
 
Super !!!

Ich fand es auch immer blöd, dass die girls in den märchen viel zu kurz kommen !!!

Schreib bald weiter !!!
 
und weiter geht es...

schon zwei Leser! Das ist echt toll, danke vielmals!

Hier ist der dritte Teil, viel Spaß beim Lesen:

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Er ließ sich in den Sessel plumpsen und bedeutete Trelmain, er möge sich entfernen. Aber der graugekleidete Lord blieb stehen.
"Was gibt es denn noch?"
"Vor kurzem traf ein Bote aus der Gegend um den Greifenberg ein, Majestät. Er behauptet, ein Ungeheuer triebe dort sein Unwesen."
"Was für ein Ungeheuer?"
"Nach der Beschreibung des Mannes soll es einen schuppigen Echsenleib, Fledermausflügel und Drachenklauen haben. Sein Kopf jedoch gleiche dem eines Wolfes und es habe einen Skorpionsstachel statt einem Eidechsenschwanz."
"So etwas gibt es doch gar nicht."
"Das dachte ich auch, doch dann fand ich dieses Buch in der Schlossbibliothek." Trelmain zog ein dünnes, in schwarzes Leder gebundenes Büchlein aus der Tasche, schlug es auf und legte es vor den König auf den Tisch. Eine primitive Zeichnung bedeckte zwei ganze Seiten. Das abgebildete Untier sah genauso aus, wie Trelmain es beschrieben hatte. Ganz unten stand in verschnörkelten Lettern ein einziges Wort.
"Scordracolf", las der König laut. "Das ist wohl sein Name. Steht nichts weiter darüber in dem Buch?"
"Nein, Sire. Es enthält nur Bilder von Ungeheuern, aber keine Beschreibungen, wie sie zu bekämpfen sind."
Der König klappte das Buch zu und schob es Trelmain zu. "Bringt den Boten herein."
Trelmain trug das Buch zurück in die Bibliothek und geleitete den Boten herein. "Das ist Olvan Derig, Sire. Seinem Vater gehört der größte Hof in der Nähe des Greifenberges." Der junge Bursche verbeugte sich ruckartig. "Ma.. Majestät."
"Erzählt Uns von dem Ungeheuer."
"Mein... mein Vater hat es vor einer Woche zum ersten Mal gesehen. Es flog von Südwesten her zum Greifenberg und verschwand dort, wo der See und die Höhlen sind. Am nächsten Tag tauchte es wieder auf und flog knapp oberhalb der Baumwipfel rund um den Berg."
"Spuckt es Feuer?"
"Viel schlimmer, Majestät. Es stößt grünen Dampf aus, der stinkt wie die Pest. Lämmer und Kälber fallen tot um, alte Leuten und Kinder bekommen eitrigen Ausschlag und Atemnot. Wir trauen uns nicht mehr aus den Häusern. Der Weizen verfault und die Kartoffeln verschimmeln. Wenn das so weitergeht, müssen wir verhungern. Helft uns, Majestät. Bitte!"
"Wir werden darüber nachdenken. In der Küche bekommst du etwas zu essen. Lord Trelmain, weist ihm einen Schlafplatz zu. Morgen früh geben Wir dir eine Botschaft für deine Leute mit."
Olvan sah etwas enttäuscht aus. Offenbar hatte er auf ein schnelles Wunder gehofft. Trotzdem folgte er Lord Trelmain in die Küche.
Als der Lord zurückkehrte, stand der König vor dem Fenster. "Was glaubt Ihr, Trelmain," fragte er, "ist es eine neue List, um weniger Steuern zahlen zu müssen?"
"Nein, Sire. Olvan macht einen ehrlichen Eindruck. Außerdem habe ich bereits Boten ausgeschickt. Sie werden die Geschichte überprüfen."
"Was soll ich also unternehmen? Das Heer schicken?"
"Auf keinen Fall, Majestät. Wenn der Atem dieses Scordracolfs wirklich so giftig ist, würdet Ihr viele Soldaten verlieren, die für die Sicherung der Grenzen nötig sind. Wir haben zu viele Nachbarn, die nur auf einen Moment der Schwäche lauern, um über uns herzufallen."
"Wisst Ihr eine andere Lösung?"
"Ich habe an einen Helden gedacht."
"An einen Helden?" Der König sah ihn fragend an.
Trelmain zog eine Schriftrolle aus seinem Wams und legte sie auf den Tisch.
Der König glättete das Pergament und las halblaut vor: "An alle großen Krieger und mächtigen Zauberer. Ein Ungeheuer namens Scordracolf bedroht Kaspanien. Wer es tötet oder für immer vertreibt, erhält zum Lohn die Hand der schönen Prinzessin Miria und die Krone des Reiches."
"Ihr müsst es nur noch siegeln und unterzeichnen, Sire."
"Meine Krone als Preis? Ich weiß nicht... Und Miria wird sich auf das Gesetz meines Großvaters berufen."
"Wollt Ihr sie nicht mehr verheiraten und endlich Euren Ruhestand genießen, während Euer tüchtiger Schwiegersohn Euch die Bürde des Regierens abnimmt, Sire?"
"Doch, aber ob der Thronrat da mitspielt?" Der König schüttelte zweifelnd den Kopf.
"Ich habe mir erlaubt, die alten Gesetzesbücher durchzusehen, Majestät. Es gibt ein Gesetz, viel älter als jenes Eures Großvaters, welches besagt, dass demjenigen, der das Reich aus großer Not errettet die Hand der ältesten, heiratsfähigen Prinzessin gebührt. Und sollte der König keinen Sohn haben, gilt der Retter des Reiches als Thronerbe. Dieses Gesetz wurde niemals angewandt, aber es wurde auch niemals aufgehoben oder geändert, Sire. Es gilt immer noch."
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Ich freue mich über jeden Leser und jeden Kommentar! Danke im Voraus!
 
Hehe, der Kerl ist ja ein echter Winkeladvokat :D
"Aber laut §309 Absatz 14,2 der Straßenverkehrsordnung von 1312 dürfen Kutschen und Pferde nicht auf dem Rasen fahren bzw. laufen!" - "Aber Sire, das ist ein POLOFELD!!!" :D
Ja, mach weiter! :)
 
DANKE

für den Kommentar. Ich habe mich sehr gefreut, dass du weiter gelesen hast.

Hier der nächste Teil:
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"Aber warum Krieger und Zauberer?"
"Wir wissen nichts über das Ungeheuer, Sire. Vielleicht widersteht seine Haut jedem Schwert. Manchmal bewirkt Magie mehr, als Mut und Muskeln."
"Hmm... Und wie stellt Ihr Euch die Bezwingung des Untieres vor, Trelmain? Wir können unmöglich alle Abenteurer der umliegenden Reiche auf den Greifenberg loslassen. Kaspanien wäre im Nu mit Söldnern überschwemmt, die sich als Ungeheuerbezwinger tarnen."
"Eine Vorauslese an der Grenze, dann eskortieren Soldaten die besten Krieger hierher. Wir können Kampfspiele veranstalten. Der Sieger wird zum Greifenberg geführt, und darf es mit dem Untier aufnehmen."
"Und die Zauberer?"
"Müssen sich ebenfalls in einem Wettkampf messen. Der beste Kämpfer und der mächtigste Zauberer ziehen gemeinsam gegen den Scordracolf."
"Angenommen, sie besiegen das Ungeheuer wirklich gemeinsam. Miria kann nicht beide heiraten."
"In diesem Fall lassen wir die Prinzessin wählen. Ein Krieger strotzt in jungen Jahren vor Kraft, während Zauberer erst in hohem Alter den Zenit ihrer Macht erreichen."
"Ah... Deshalb wird sie sich auf jeden Fall für den jungen Krieger entscheiden, denkt Ihr. Ein guter Plan. Ich will keinem windigen Taschenspieler auf meinem Thron." Der König setzte seinen Namen und sein Siegel unter das Schriftstück. Lord Trelmain dankte ihm und machte sich sogleich daran, den Aufruf in allen Ländern rund um Kaspanien zu verbreiten.
Prinzessin Miria staunte nicht wenig, als ihre Hofdamen ihr zu dem Glück gratulierten zwischen dem mächtigsten Zauberer und dem stärksten Helden aller Länder wählen zu dürfen. Wutschnaubend rauschte sie ins Speisezimmer, wo Trelmain und der König gerade Muschelsuppe schlürften.
"Du bist spät", empfing sie der König und winkte einem Diener, den Teller der Prinzessin zu füllen.
Prinzessin Miria blitzte ihn an. "Wie konntet Ihr mir das antun, Vater?"
"Wovon sprichst du?" Der König griff nach dem Tablett mit den gefüllten Schnecken und zückte den zierlichen Löffel.
"Das wisst Ihr ganz genau", erwiderte Miria und schob ihren Teller achtlos beiseite. "Von meinen Hofdamen muss ich es erfahren. Ihr wollt mich an irgendeinen hirnlosen Muskelberg verschachern, nur damit Ihr mich endlich los seid und Eure verfluchten Saiblinge angeln könnt."
"Forellen, Tochter, Forellen. Saiblinge, also wirklich." Der König schüttelte sich. Er legte das leere Schneckenhaus auf das Tablett zurück und nahm einen tiefen Schluck aus dem Weinkelch. "Sei versichert, mein Wunsch, endlich in den Ruhestand zu treten, hat nichts mit der Bedrohung des Reiches zu tun."
Miria winkte ab, als der Diener ihr das Tablett mit den Schnecken präsentierte. "Welche Bedrohung?"
"Haben Eure Hofdamen Euch nichts vom Scordracolf erzählt?" fragte Lord Trelmain und ließ sich zwei Scheiben Lammbraten auf den Teller legen.
"Das Ungeheuer gibt es wirklich?" Miria bediente sich von dem Gemüse und stocherte darin herum.
"Die Boten werden es bestätigen. Wird es nicht langsam Zeit, dass Ihr weniger an Euch selbst und mehr an Eure zukünftigen Untertanen denkt, Hoheit?"
Miria würgte an ihren Karotten.
Trelmain nutzte ihre momentane Sprachlosigkeit und berichtete, was sie von Olvan über das Ungeheuer erfahren hatten.
"Du siehst, Tochter", sagte Chromir, "nur ein großer Held oder ein mächtiger Zauberer kann diesem Untier beikommen. Sie werden gemeinsam kämpfen und siegen. Danach hast Du die Wahl, wer von den beiden Dein Gemahl und mein Nachfolger wird. So ist es beschlossen."
Miria erwiderte kein Wort. Sobald der letzte Gang abgetragen worden war, erhob sie sich, knickste vor dem König, nickte Trelmain hoheitsvoll zu und rauschte hinaus.
Stunden später, im Schloss war es dunkel und still, schlich sie sich in die Bibliothek und begann, alle Bücher über Ungeheuer systematisch durchzublättern. Doch sie fand keinen Hinweis, auf ein Wesen namens Scordracolf.
"Sucht Ihr dies, Prinzessin?"
Miria fuhr herum. Lord Trelmain stand im Eingang der Bibliothek, eine Kerze in der einen und ein Buch in der anderen Hand. Er stellte die Kerze auf einen kleinen Tisch, legte das Buch daneben und klappte es auf.
Miria kam zögernd näher, beugte sich über das Bild und zeichnete den Wolfskopf mit dem Finger nach. "Mehr steht nicht drin?" fragte sie. "Nur sein Name?"
"Ja, leider. Ich habe sämtliche Werke über Ungeheuer durchgesehen. Der Scordracolf scheint sehr selten zu sein. "
"Ist er wirklich so gefährlich?"
"Laut Olvan, vergiftet sein Atem Tiere und Menschen und vernichtet das Getreide. Auch wenn er übertrieben haben sollte, ein solches Ungeheuer kann der Auslöser einer Hungersnot oder eines Krieges sein. Das Reich ist in Gefahr, Prinzessin."
"Und ich bin eine Egoistin, wenn ich mein Glück vor jenes meines Volkes stelle. Ist es das, was Ihr mir sagen wollt, Lord Trelmain?"
"Das Gesetz ist uralt, Hoheit." Trelmain ignorierte ihren bitteren Unterton. "Wer das Reich vor dem Scordracolf bewahrt, dem gebührt Eure Hand und der Thron. Es wird kein Unwürdiger sein, darauf könnt Ihr Euch verlassen." Er Schloss das Buch. "Es ist spät, Hoheit. Ihr solltet zu Bett gehen."
Miria straffte die Schultern. "Ich bin kein Kind mehr, Lord Trelmain."
"Dann benehmt Euch nicht wie eines. Trotz steht Euch nicht, Prinzessin."
Miria bedachte ihn mit einem wütenden Blick und schritt betont würdevoll aus der Bibliothek. Lord Trelmain sah ihr nach, bis sie am Ende des Ganges verschwunden war.

Am folgenden Tag kehrten die Boten zurück. Der König bestand darauf, dass Miria gemeinsam mit ihm und Trelmain die Berichte anhörte .
Das Gesicht der Prinzessin glich einer steinernen Maske, als sie den Erzählungen über verfaultes Korn, verendetes Vieh und abstoßende Krankheiten lauschte. Als der letzte Bote unter vielen Verbeugungen den Thronsaal verlassen hatte, wandte sich der König an Miria. "Nun, Tochter?"
Miria hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Dunkle Ringe lagen um ihre Augen. Dennoch schwankte ihre Stimme kein bisschen, als sie demütig den Kopf senkte und sprach: "Ich werde gehorchen, Sire."
Der König suchte ihren Blick, doch sie starrte auf ihre Fußspitzen. "Miria", er ergriff ihre Hand und drückte sie sanft. "Dein Glück bedeutet mir sehr viel, das musst du mir glauben. Wenn ich nur dein Vater wäre, ließe ich dir alle Freiheit. Aber ich bin König von Kaspanien und als solcher..." Er ließ ihre Hand los und machte eine unbestimmte Geste. "Verstehst du?"
"Ich verstehe sehr gut, Majestät. Darf ich mich in mein Zimmer zurückziehen, Sire?"
Der König seufzte hilflos. "Du darfst."
"Danke, Sire." Sie knickste und ging.
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Wie hat er euch gefallen?
 
Ich fand's wie immer gelungen. Bloß hab ich nicht ganz verstanden, was die Prinzessin mitten in der Nacht, also vermeintlich heimlich in der Bibliothek wollte... Ich mein, sich über das Ungeheuer zu informieren, ist doch nichts Schlimmes? :confused2
 
Na, St, brave Prinzessinen haben nachts in ihren Bettchen zu liegen. :rolleyes:
Mir gefällt auch diese Geschichte gut, die Idee mit dem Miesthaufen und dem Pferd das den Teufel in sich hat war genial.
Ich bin mal gespannt, ob dieser Berater nicht vielleicht ein falsches Spiel treibt, schlauer als der König ist er aufjedenfall.
Bestimmt wird die Prinzessin am Ende selber gegen das Ungeheuer kämpfen.^^
Mach weiter. :)
 
eine Prinzessin hat sich zu fügen...

... jedenfalls tun das die meisten in den Märchen.

Diese hier hat sich nur zum Schein schon geschlagen gegeben.

Hier geht es weiter und danke fürs Lesen!

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In den nächsten Tagen bekam König Chromir seine Tochter kaum zu Gesicht. Aber sie hockte nicht etwa schmollend in ihrem Zimmer, wie er glaubte.
Nachdem sie in der Bibliothek kein Glück gehabt hatte, sann sie nach einem anderen Weg, mehr über den Scordracolf zu erfahren. Da fiel ihr Dallacor ein. Er war der Schlossmagiers ihres Großvaters gewesen, bis er eines Tages in der Stadt gedankenverloren einem Bierwagen vor die Räder lief. Nach seinem unerwarteten Dahinscheiden hatte es genügend Bewerber um seine Nachfolge gegeben, doch Mirias Großvater hatte die Entscheidung immer wieder hinausgeschoben. Nach seinem Tod war die Reihe an Chromir. Mirias Vater jedoch hatte in seiner Jugend üble Erfahrungen mit Gauklern und Betrügern gemacht, und er glaubte nicht mehr an Magie. Er behauptete stets, gut ohne Schlossmagier auszukommen, und bis heute hatte ihn niemand vom Gegenteil überzeugen können.
Trotzdem hatte Chromir darauf verzichtet, Dallacors Räume zu entrümpeln. Da es keine lebenden Verwandten gab, befand sich Dallacors Habe noch vollständig im obersten Stockwerk des Nordturmes.
Dorthin zog es die Prinzessin in der zweiten Nacht nach der Rückkehr der Boten. Im Nordturm war es finster und kalt, und die Stufen schienen kein Ende zu nehmen. Im schwachen Licht ihrer kleinen Öllampe, eine Fackel wäre zu auffällig gewesen, huschten Mäuse mit empörten Quieken in ihre Löcher. Die Prinzessin hob ihren Rock höher, sodass der Saum die Treppenkanten nicht mehr streifte.
Endlich erreichte sie den letzten Absatz und verschnaufte erst einmal vor der dicken Bohlentüre, ehe sie das Schloss genauer in Augenschein nahm.
Wie erwartet, steckte der Schlüssel außen. Es gab genug Schauergeschichten darüber, was Leuten zustoßen konnte, die sich uneingeladen mit der Habe eines Zauberers beschäftigen. Und die Dienstboten im Schloss waren mindestens genauso abergläubisch wie neugierig. Miria dachte kurz an mögliche Schutzzauber, ehe sie den Schlüssel packte. Das Schloss war eingerostet, es knirschte und knackste, als Miria den Schlüssel mit aller Kraft herumdrehte. Erschrocken hielt sie den Atem an, verharrte regungslos und lauschte. Alles blieb ruhig, keine Wachen stürmten mit gezückten Schwertern die Treppe herauf.
Sie drückte die Klinke, jedoch die Türe rührte sich nicht. Erst als Miria sich mit der Schulter dagegenstemmte, schwang sie mit empörtem Knarren auf. Die Prinzessin atmete tief durch und trat ein. Staubige Spinnweben legten sich auf Mirias Gesicht. Sie wischte sie ab, hob ihre Lampe und drehte sich langsam im Kreis. Kein Blitz traf sie, keine Krallenhände faßten nach ihr. Wenn Dallacor seine Räume mit Schutzzaubern belegt hatte, dann waren sie wohl nach all den Jahren unwirksam geworden.
Der blasse Schein kroch über seltsame Glasgefäße, die durch gewundene Röhren verbunden waren und einen hohen Schrank. Miria öffnete ihn. Mottenzerfressenen Roben und Mäntel hingen an einer Stange, darüber reihten sich in einem Regal Tigel und irdene Töpfchen aneinander, ein jedes sorgfältig beschriftet. Enttäuscht Schloss Miria den Schrank wieder und leuchtete in die hinteren Ecken des Raumes. Der Lichtkreis erfasste einen Tisch, zwei Stühle und schließlich eine massige Truhe mit grün angelaufenen Messingbeschlägen. Miria wischte Staub und Mäusekot von der Tischfläche und stellte ihre Lampe so hin, dass das Licht voll auf die Truhe fiel.
Sie stemmte keuchend den schweren Deckel hoch. Bücher, die Truhe war angefüllt mit Büchern. An einigen hatten die Mäuse geknabbert, aber die meisten waren noch in lesbarem Zustand. Miria holte eines nach dem anderen heraus und versuchte, die Titel zu entziffern. Die Hälfte der Bücher war in einer ihr unverständlichen Geheimschrift geschrieben. Endlich stieß sie auf einen dicken Wälzer, in dessen Ledereinband silbern die Worte "Garlims Ungeheuerkunde" eingeprägt waren. Miria legte es auf den Tisch und blätterte es systematisch durch. Endlich, auf Seite hundertundzwölf wurde sie fündig. Drei ganze Seiten handelten vom Scordracolf. Miria prägte sich das ganze Kapitel Wort für Wort ein.
Als sie das Buch zuklappte und das Turmzimmer verließ, wusste sie was zu tun war. Es war nicht einfach, das verdreckte Nachgewand vor den Argusaugen ihrer Kammerfrau zu verstecken, aber Miria wollte sich niemandem anvertrauen. Zuviel hing vom Erfolg ihres Planes ab.
Auch in den folgenden Nächten suchte sie Dallacors Räume auf. Sie machte sich mit dem Inhalt der Tigel und Fläschchen vertraut. Aus der Schlossküche stahl sie ein Pfund Rindsfett und Knochenmehl. Im Labor verknetete sie beides mit Sulfur, getrocknetem Wermut und Tierkohle zu einem faustgroßen Ball. Dann mischte sie Melissen- und Pfefferminzöl mit Hirschhornsalz und Essig. Diese Mixtur goss sie über einen weißen Gazeschal und wickelte ihn in ein Öltuch, damit die stechenden Dämpfe nicht entweichen konnten.
Drei Tage später trafen die letzten Krieger und Magier ein, und die Wettbewerbe begannen. Miria saß neben ihrem Vater auf den Ehrenplätzen der Tribüne, die man in aller Eile errichtet hatte. Sie beobachtete die Schwertduelle und Ringkämpfe mit freundlicher, wenn auch unbeteiligter Miene. Zunächst schien es, als würde ein dunkelhäutiger Sathelkrieger den Sieg davontragen. Doch sein Gegner im letzten Duell, ein Kämpfer aus dem nördlichen Skend, erwies sich als ebenbürtig. Der Skendarier hatte die besseren Nerven und entwaffnete den Sathelkrieger mit einem gekonnten Schlag.
Der König erklärte Jedric Starkarm zum Sieger der Wettkämpfe. Der Verlierer aus der Sathelwüste stolzierte fluchend vom Platz. Jedric trat vor die Tribüne, um den ersten Preis entgegenzunehmen. Chromir musste den edelsteingeschmückten Orden an den Gürtel heften, weil Jedric weder Wams noch Hemd oder Weste trug. Während der König ihm einen prallen Beutel Goldmünzen überreichte, versuchte Miria, sich ein Urteil über ihn zu bilden. Er war ganz die Art von Held, über den Barden unzählige Strophen singen. Sein braungebrannter, muskelbepackter Körper glänzte vor Schweiß, seine wilde Mähne weißblonden Haares fiel bis zur Mitte seines Rückens hinab. Seine makellosen Zähne blitzen und seine blauen Augen funkelten.
Hinter Miria stieß ihre entfernte Kusine Jolande einen schmachtenden Seufzer aus. "Ist er nicht göttlich? Ach Miria hast du ein Glück!"
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Ich hoffe, der Teil hat euch gefallen!
 
Jo, ich denke mal, die Prinzessin wird höchstselbst das böse Monster besiegen. Dann heiratet sie sich selbst - wird wohl die Hochzeit auch beschrieben? :rolleyes: :D
Äh, ich weiche ab... Also mir hat der Teil gefallen. Ich hoffe nur, dass die Prinzessin nicht wirklich was mit diesem Muskelpaket da anfängt...
 
die Rolle einer wahren Prinzessin...

... ist in einem Märchen mit prächtigen Helden jedoch eine andere als die einer Amazone...

und so geht es weiter:
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Miria behielt ihre Meinung für sich. Sie hatte einen der Blick aufgefallen, mit denen Jedric sie gemustert hatte. Abschätzend, so wie ein Bauer auf dem Wochenmarkt eine neue Kuh begutachtet. Sie schluckte ihren Ärger hinunter und schenkte Jedric ihrer Rolle getreu ein strahlendes Lächeln.
Am nächsten Tag begannen die Wettkämpfe der Magier. Auch hier hatten sich wieder viele Zuschauer eingefunden. Zwar gab es weder Schwertgefechte noch Ringkämpfe zu sehen, aber die Magier zeigten eindrucksvoll ihr Können. Funken stoben, Feuerzungen zischten, Spieße und Dolche erschienen aus dem Nichts. Mitunter wirbelte ein Magier seinen schwächeren Gegner mit purer Gedankenkraft durch die Luft.
Zu aller Erstaunen siegte kein ehrwürdiger Weißbart, sondern ein junger Magier namens Somiel. Er war nicht viel älter als Jedric, etwa einen halben Kopf kleiner und von einer kaztenhaften Eleganz. Seine schwarzen Locken und die dunklen Augen in dem bleichhäutigen Gesicht wirkten indes nicht minder hinreißend auf die versammelte Weiblichkeit. Miria ließ sich von den Seufzern und flatternden Wimpern ihrer Hofdamen nicht beirren. Ein verächtlicher Zug hatte um seine Lippen gelegen, als er seinen Preis entgegennahm. Er schien Nicht-Magier, sie und den König eingeschlossen, für Menschen zweiter Klasse zu halten. Die Prinzessin ließ sich ihre Abneigung nicht anmerken, sondern lächelte den Magier genauso falsch und süß an, wie Jedric.
Am Abend gab es ein rauschendes Fest zu Ehren der beiden Sieger. Der König und Herzog Modwil, der vergreiste Sprecher des Thronrates hielten jeweils eine kurze Rede
Miria wartete, bis Modwil sich wieder gesetzt hatte und stand auf. "Ich möchte auch noch ein paar Worte sagen." Die versammelten Gäste sahen sie teils befremdet, teils neugierig an. Es war nicht Sitte, dass eine Prinzessin in aller Öffentlichkeit eine Rede hielt. Miria ignorierte das aufgeregte Flüstern der Höflinge. Sie hatte mit Bedacht ein Kleid gewählt, in dem sie besonders jung und hilflos wirkte.
"In den letzten Tagen", begann sie mit leiser Stimme und die Gäste hörten auf zu tuscheln, "habe ich mir überlegt, wie ich meinem geliebten Volk in der Zeit der Not am besten dienen kann. Meine Hand ist dem Sieger versprochen, doch ist das genug? In allen Märchen über mutige Helden, in allen Liedern über Ungeheuerbezwinger", sie lächelte die beiden Ehrengäste an, "gilt es, eine edle Jungfrau zu retten. Der Anblick ihrer Jungend, ihrer Schönheit, ihr Weinen und Flehen verzehnfacht die Kräfte des edlen Recken im entscheidenden Augenblick und hilft ihm zu siegen." Miria holte tief Luft und vermied es, in Richtung des Königs zu blicken. "Deshalb ist es mein Wunsch, unsere beiden Helden morgen zum Greifenberg zu begleiten. Vor der Höhle des Scordracolf wird man mich an einen Pfahl fesseln, damit ich die Helden anfeuern kann."
Einen Augenblick lang hätte man selbst das Husten einer Fliege gehört, dann brach lauter Jubel aus. Der Protest des Königs ging in den Hochrufen unter. Chromir sah seinen Berater hilfesuchend an, aber Trelmain schüttelte nur den Kopf und bedeutete dem König, sich zu beruhigen.
Aber Chormir war nicht in Stimmung für Ruhe. Solange das Bankett dauerte, hielt er sich zurück. Aber kaum hatten die Gäste den Saal verlassen, entlud sich ein Donnerwetter über Mirias Haupt. Die Prinzessin ließ seine Schimpftiraden geduldig über sich ergehen. Doch als Chromir begann, auszumalen, was Mirias selige Mutter dazu sagen würde, war es mit ihrer Beherrschung vorbei.
"Mutter wäre stolz auf mich", unterbrach sie ihn laut, "und Ihr, Vater, solltet es auch sein. Wie oft habt Ihr mir gesagt, ich solle mich eine echte Prinzessin und nicht wie ein Waschweib benehmen? Gut, Ihr habt gewonnen. Doch wo, wenn ich Euch fragen darf, ist der Platz einer Jungfrau von königlichem Geblüt, wenn ihr Held ein Ungeheuer besiegt? Jeder Barde kann Euch ein Lied davon singen. Mein Platz ist am Pfahl vor der Höhle des Scordracolf. Ich bin das Opfer, dass das Ungeheuer aus der Höhle locken wird. Eines könnt Ihr mir glauben, ich werde ein Opfer sein, wie noch kein Barde eines besungen hat." Sie raffte ihren Rock und rauschte hoheitsvoll hinaus.
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Wie hat euch der Teil gefallen?
 
DIE Lösung ist natürlich auch nicht schlecht... Ein bisschen kühn bis lebensmüde vielleicht, aber wenigstens hat die Prinzessin am Ende ihren Kopf durchgesetzt ;)
Also mir hat's wie immer gefallen.

Hm, das läuft jetzt aber nicht ganz nach dem Plan des Königs, oder? Es sollte doch ein alter Magier sein, damit auch ja kein Zauberer, sondern ein krieger seine Tochter heiratet und das Land regiert, oder?
 
und der Schluss den zweiten Kapitels

Riskant ist der Plan der Prinzessin wirklich. Das weiß nicht nur ihr Vater...

Danke für den Kommentar. Du bist echt fleißig, wenn ich die lange Liste deiner Posts in verschiedenen Geschichten sehe. Was täten viele Autoren wie ich ohne einen so treuen Leser wie dich?

Ich hoffe, es finden sich noch mehr Leute, welche Märchen mögen:

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Der König wandte sich an seinen Berater, der das Wortgefecht aus dem Hintergrund verfolgt hatte. "Was soll ich nur tun, Trelmain?"
"Ihr könnt gar nichts tun, Sire. Inzwischen weiß es der ganze Palast und morgen das ganze Reich. Wenn Ihr das edle Opfer Eurer Tochter ausschlagt, wird man Euch die Schuld geben, falls Somiel und Jedric versagen." Der König wollte auffahren, aber Trelmain machte eine beschwichtigende Geste. "Habt keine Angst Majestät. Eure Tochter weiß, was sie tut, und sie hat die besten Beschützer, die für Eure Krone zu haben sind. Das Ungeheuer ist so gut wie tot."
"Und dann?" Der König fuhr sich durch sein eisgraues Haar. "Ich kann mir nicht helfen, Trelmain, aber Jedric Starkarm scheint mir genau der Mann zu sein, der Kaspanien in den erstbesten, sinnlosen Krieg stürzt, nur um seinen Ruhm zu mehren."
"Es bestehet die Möglichkeit, dass Prinzessin Miria Somiel den Vorzug gibt."
"Ich irrte mich, als ich alle Magier für Scharlatane hielt", sagte der König nachdenklich. "Somiel verfügt über wahre Macht. Er hat mir erzählt, wie viel Zeit er in seinem Labor verbringt. All seine staubigen Bücher bedeuten ihm mehr, als das Los der Menschen um ihn herum. Würde er sich überhaupt um meine Untertanen kümmern?"
"Beide sind noch jung. Sie können lernen."
"Ich hoffe, Ihr habt recht." Der König stemmte sich aus dem Sessel und gähnte. "Begeben wir uns zur Ruhe. Das wird ein schwerer Tag für uns alle."

In dieser Nacht stieg die Prinzessin zum letzten Mal zu Dallacors Räumen hinauf. Sie durchsuchte das Labor gründlich. Auf dem Boden des Schrankes hinter einem Haufen löchriger Socken fand sie eine hölzerne Kassette. Als sie sie aufklappte, erblickte sie eine handtellergroße Kristallscheibe auf dunklem Samt. Miria nahm den Kristall heraus, drehte ihn im Licht, konnte jedoch nicht erkennen, wofür er benutzt worden war. Sie wog ihn in der Hand, während ihre Gedanken um den morgigen Tag kreisten. Sie stellte sich vor, wie der Scordracolf aus der Höhle kroch und erst den Magier, dann den Schwertkämpfer in Stücke riß. Dabei fiel ihr Blick auf den Kristall und sie erschrak. Genau die Szene, die sie sich eben in Gedanken ausgemalt hatte, war darin erschienen. Jetzt, da sie nicht mehr an den Scordracolf dachte, verblasste das Bild. Langsam legte sie den Kristall zurück in die Schatulle, Schloss sie und steckte sie ein. Guten Mutes verließ das Labor. Sie war gerüstet.
Als der Morgen anbrach, machte sie sich ihrer Opferrolle gemäß sorgfältig zurecht. Das rosa Kleid mit dem weiten Rock ließ sie jung und unschuldig erscheinen. Das Öltuch mit dem Gazeschal, die Schatulle und die Kugel aus Knochenmehl gab sie in einen Seidenbeutel, den sie an ihrem goldenen Gürtel festschnürte. So gerüstet schritt sie hinunter in die Halle, wo Trelmain auf sie wartete.
"Somiel, Jedric und Euer Vater sind im Schlosshof, Prinzessin", sagte er.
"Ich bin bereit", erwiderte sie.
"Ich wünsche Euch viel Glück Hoheit." Trelmain reichte ihr zum Abschied die Hand. Das hatte er noch nie getan, aber Miria verbarg ihr Erstaunen und legte ihre Hand in seine. Als sich ihre Handflächen berührten, spürte sie etwas Kleines, Hartes und Schloss reflexartig die Finger darum.
"Habt Dank für Eure guten Wünsche, Lord Trelmain. Würdet Ihr mich zu meinem Vater führen?"
Der Berater des Königs verneigte sich und ging voran. Miria warf einen kurzen Blick auf den Gegenstand in ihrer Hand und atmete erleichtert auf. Ein Schlüssel. Geschickt ließ sie ihn in ihren linken Ärmel gleiten. Trelmain hatte die einzige Schwachstelle ihres Plans beseitigt. Zwar hatte sie geübt, Schlösser mit einer Haarnadel zu knacken, jedoch waren ihre Erfolge nur mäßig gewesen.
Draußen auf dem Hof stand König Chromir neben den beiden Helden. Sie sahen zu, wie Soldaten den Pfahl auf einen Karren luden und mit dicken Stricken festzurrten. Als Miria hinzutrat, überreichte Chromir Somiel und Jedric je ein silbernes Horn.
"Die Soldaten werden außerhalb der Senke warten. Sobald einer von euch in das Horn stößt, ist das das Zeichen, dass ihr gesiegt habt. Meine Soldaten werden die Prinzessin losbinden und heimgeleiten."
Miria umarmte ihren Vater und ging zum Karren. Der Hauptmann half ihr hinein. Im Karren lagen genügend Kissen und Decken, sodass sie es sich auf dem Pfahl bequem machen konnte.
Der Stallmeister persönlich brachte die Pferde der Helden. Jedric schwang sich in den Sattel und zog das Schwert. "Ich werde das Ungeheuer bezwingen, so wahr ich Jedric Starkarm und der beste Krieger aller Reiche bin. Sein Kopf wird die Wand hinter meinem Thron zieren." Er steckte das Schwert ein und lenkte das braune Streitross zum Karren hinüber.
Somiel bestieg seine nervöse, schwarze Stute. Er malte ein verschlungenes Symbol in die Luft und sprach: "Die Omen stehen günstig, oh König. Bei der Macht, die mir gegeben ist, ich, Somiel, der Dunkle, werde den Scordracolf töten. Bald wird er auf dem Tisch in meinem Labor liegen und all seine Geheimnisse preisgeben." Somiel nickte dem König zu und dirigierte sein Pferd auf die andere Seite des Karrens.
Ein Soldat kletterte als Kutscher vorn auf den Karren, während seine Kameraden ihre Pferde bestiegen. Der Hauptmann salutierte vor dem König. Chromir gab den Trompetern ein Zeichen. Sie schmetterten einen Abschiedgruß in die Morgenluft. Der Soldat auf dem Kutschbock knallte mit der Peitsche und die Karrenpferde zockelten los. Eskortiert von den beiden Helden rumpelte der Karren vom Hof zum Tor hinaus, über die Zugbrücke die Straße hinunter nach Norden. Die Soldaten ritten hinterher.

Die Fahrt zum Greifenberg dauerte fast eine ganze Woche. Lord Trelmain hatte Boten vorausgeschickt und so wurden sie in jeder Herberge sogleich in die besten Räume geführt und üppig bewirtet.
Dennoch taten Miria alle Knochen weh, als sie endlich den Hof von Olvans Vater erreichten. Das neugierige Gesinde hatte sich Arbeit in der Nähe des Hauses gesucht. Olvans Eltern, beide in Festtagstracht, standen vor der Schwelle, und sahen ihnen erwartungsvoll entgegen. Miria tat ihr bestes, um von den Flecken auf ihrem Kleid und den zerzausten Haaren abzulenken. Sie lächelte freundlich, lobte den sauber gekehrten Hof und die frisch geputzten Fenster, geriet über die Blumenbeete in Entzücken und beglückwünschte den Bauern zu seinen fetten Hühnern, die im Kräutergarten Petersilie rupften.
Die Bauersleute hatten sich alle Mühe gemacht, den hohen Besuch ja nicht hungrig aus dem Haus gehen zu lassen. Geräucherter Schinken, ein ganzes Käserad, frische Brotlaibe, sahnige Butter und ein imposanter Beerenkuchen teilten sich den Tisch mit Würsten und einer riesigen Schüssel Haferbrei mit Honig.
Jedric tat sich keinen Zwang an, ein Kämpfer darf nicht vom Fleisch fallen, und langte tüchtig zu. Auch die Soldaten ließen sich nicht lange bitten, während Somiel etwas über Fettsucht murmelte und sich mit einem Klecks Haferbrei und einer Scheibe Brot begnügte. Miria musste sich zwingen, ihren gesunden Appetit gemäß ihrer Rolle als armes Opfer zu zügeln, und bat nur um ein Glas frische Milch.
Von ihrem Platz aus konnte sie durch ein Fenster direkt auf den Greifenberg blicken. Einsam erhob er sich über die Hügel. Er hatte die Form eines Kegels mit abgeschnittener Spitze. Weingärten zogen sich hinauf bis an den Rand des Schlots, aus dem einst Feuerströme geflossen waren. Der Sage nach hatte in grauer Vorzeit ein Greifenpaar das Feuer im Berg zum Erlöschen gebracht. Erkaltetes Gestein füllte den Schlot und die Greife bauten darauf ihr Nest. Aus dem Buch, welches sie in Dallacors Labor gefunden hatte, wußte Miria, dass immer der Kopf das wahre Wesen eines Ungeheuers bestimmt. Und so hatten sich die Greife trotz Löwenkörper wie echte Raubvögel betragen. Sie legten Eier und fütterten die Jungen mit Reh- und Wildschweinfleisch. Als die Menschen mehr und mehr Wald rodeten, flog die Greifenfamilie eines Tages nach Süden und kehrte niemals wieder.
Wo sie einst genistet hatten, befand sich nun ein Krater mit einem See in der Mitte. Höhlen durchzogen die schroffen Wände ringsum. Zu Zeiten von Mirias Großvater hatte man dort Sulfur abgebaut. Als Chromir seine Nachfolge antrat, waren die Vorkommen erschöpft. Die Bergleute ließen sich entweder als Weinbauern am Fuß des Greifenberges nieder oder zogen fort.

Kaum hatte Jedric das letzte Stück Schinken hinuntergeschluckt, drängte Somiel zum Aufbruch. Der Weg führte in langen Schleifen durch die Weingärten höher und höher den Berg hinauf. Am Kraterrand stiegen sie von ihren Pferden. Von hier ging es nur zu Fuß weiter. Der Hauptmann half Miria aus dem Karren. Die Soldaten luden den Pfahl ab und schleppen ihn zu viert den gewundenen Trampelpfad hinab. Mirias langes Kleid war beim Abstieg hinderlich, und so dauerte es beinahe eine Stunde, ehe sie das Ufer des Sees erreichten.
Mit einem erleichterten Seufzen ließen die Soldaten den schweren Pfahl in den Uferschlamm plumpsen. Somiel und Jedric suchten das Ufer ab, bis sie vor einer Höhlenöffnung auf die Abdrücke von großen Klauen stießen.
Die Soldaten schleiften den Pfahl bis etwa zwanzig Meter vor die Höhle und bohrten ihn mit der Spitze in den Schlamm. Der Hauptmann zog drei lange Ketten mit dazupassenden Schlössern aus einem Sack. Miria stellte sich ohne Klage mit dem Gesicht zum Pfahl, schlang die Arme in Kopfhöhe darum und überkreuzte die Handgelenke.
"Ich tu es wirklich nicht gern, Hoheit", murmelte der Hauptmann und wickelte die erste Kette um ihre Handgelenke, die zweite legte er um ihre Taille und mit der dritten wurden ihr die Füße an den Pfahl gefesselt. Er sicherte jede Kette mit einem Schloss und trat seufzend zurück.
"Ich wäre soweit. Wir warten außerhalb des Kraters auf den Ruf des Horns. Viel Glück."

Ende des 2. Teils
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Danke für die Blumen erstmal :)
Aber gute FFs les ich ja auch gerne. Womit wir beim Thema wären: Der neue Teil. Der war nämlich auch wieder gut. Ich gebe zu, den Berater des Königs hab ich bisher noch etwas unterschätzt. Dass er schlau ist, dachte ich mir, aber dass er den Plan der Prinzessin zumindest mal teilweise durchschaut hat, hätte ich nicht gedacht.
Ansonsten gab es schöne Nebeninformationen und nun geht's also in den Kampf...

Sag mal, hast du schon mal erwähnt, wie viele Kapitel deine FF hat? Und ich hab das vergessen? Ich verlier langsam den Überblick bei deinen vielen Storys :D
 
und zum letzen Kapitel

Danke für den Kommentar. Es sind drei Kapitel.

Hier beginnt das letzte:

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Das Ungeheuer vom Greifenberg
Teil 3

Die Soldaten marschierten in geschlossener Formation den Weg zurück. Miria war mit den beiden Helden allein. Sie wartete bis Somiel und Jedric ihre Herausforderungen in die Höhle riefen. Sodann bewegte sie sich so schnell es ihre Fußfesseln zuließen mit winzigen Trippelschritten um den Pfahl, dass sie schließlich mit dem Rücken zur Höhle stand.
Somiel und Jedric schrien lauter und lauter. Keine Reaktion. War das Ungeheuer ausgeflogen? Doch da antwortete ihnen wütendes Gebrüll, und der Scordracolf wälzte seinen Körper ins Freie.
Miria hatte gerade den Schlüssel aus ihrem Ärmel gefischt und mit viel Mühe das erste Schloss geöffnet. Sie schüttelte die Ketten von den Handgelenken, drehte kurz den Kopf und atmete scharf ein. Kein Bild, kein Text hatte sie auf die ungeheure Größe des Scordracolf vorbereiten können. Sein Echsenkörper war bestimmt doppelt so lang wie die Zugbrücke und der Scorpionstachel überragte den Dachgiebel einer Scheune. Die Fledermausschwingen lagen eng am Körper und die unterarmlangen Fänge blitzen in der Sonne. Miria kämpfte ihre Angst nieder und befasste sich mit dem zweiten Schloss.
Somiel und Jedric hatten sich zwischen dem Pfahl und dem Scordracolf aufgebaut. Als der Scordracolf näher kam, wich Somiel nach links aus, Jedric nach rechts. Der Zauberer murmelte eine Formel. Glutbälle schossen aus seinen Fingerspitzen. Der Scordracolf schnappte nach ihnen, und verschluckte eine Feuerkugel, die übrigen trafen seine Schuppen. Keines von beiden zeigte die erwünschte Wirkung. Das Ungeheuer schien innen und außen feuerfest zu sein.
Jetzt war Jedric am Zug, und während Miria ihre zweite Kette abwarf, hieb er mit dem Schwert auf die Wolfsschnauze ein. Doch das Fell war durch den persönlichen Zauber des Ungeheuers hart wie Stein, und die Klinge prallte ab. Der Skorpionsstachel schoss vor, und Jedric konnte sich nur durch einen Sprung in Sicherheit bringen.
Somiel wob einen neuen Zauber. Ein riesiges Netz fiel auf den Scordracolf herab. Wütend zerrte das Untier mit seinen Klauen an den magischen Strängen - vergeblich. Somiel rieb sich zufrieden die Hände. Jedric knurrte verärgert. Er wollte nicht zurückstehen und stach mit dem Schwert nach den Augen des Scordracolfs. Doch da hatten die scharfen Zähne das magische Geflecht schon zerfetzt und der Scorpionsstachel schlug Jedric die Klinge aus der Hand.
Somiel begann eilends einen dritten Spruch, doch er beendete ihn nicht mehr. Ein seltsames Rumoren drang aus dem Magen des Scordracolf. Er krümmte sich, Schloss die Augen. Eine grünliche Wolke quoll aus seinem Maul. Sie hüllte erst Solmain, dann Jedric ein, worauf die beiden würgten, an ihre Kehlen griffen und bewusstlos in den Schlamm sanken.
Miria ließ von der letzten Kette ab, öffnete den Beutel und zog das Öltuchpäckchen heraus. Sie schlug es auf, nahm den stinkenden Schal und wickelte ihn um ihr Gesicht, sodass Augen, Mund und Nase von der Gaze bedeckt waren. Keine Sekunde zu früh. Die grüne Wolke trieb auf sie zu. Sie stank fürchterlich. Miria wurde schwindlig, aber die Dämpfe des Schals verhinderten, dass sie das Bewusstsein verlor.
Sie riß sich zusammen und ging in die Knie. Der Schlüssel steckte noch im Schloss, sie drehte ihn herum und die dritte Kette fiel in den Schlamm. Sie war frei.
Als sie sich umdrehte, gewahrte sie, wie der Scordracolf die bewusstlosen Helden beschnüffelte. Mirias Zuneigung hielt sich zwar in Grenzen, dennoch wollte sie nicht riskieren, dass das Ungeheuer Jedric und Somiel zum Nachtmahl verschlang. Die Prinzessin griff erneut in ihren Beutel und holte die Kugel aus Knochenmehl heraus. Sie erinnerte sich, wie der Scordracolf Somiels Feuerkugel mit dem Maul abgefangen hatte und rief laut: "Hier, für dich!"
Der Scordracolf hob den Kopf, Miria schleuderte die Kugel in hohem Bogen auf ihn zu, er riß sein Maul weit auf, schnappte nach ihr und verschluckte sie mit einem Satz.
Es rumorte, der schuppige Rücken krümmte sich, doch keine grünes Gift folgte. Statt dessen wurde das Rumoren lauter und lauter. Es knallte. Schwarzer Rauch quoll zwischen den Wolfsfängen hervor. Der Qualm wurde zusehends dünner bis nur noch eine kleine weiße Dampfwolke übrig war. Die großen, schwefelgelben Wolfsaugen sahen Miria mit einem eigentümlichen Blick an.

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Ich freue mich auf deine Meinung! (und über die Meinung anderer Leser würde ich mich auch freuen ...)
 
Der Kampf war gut beschrieben. Ich hoffe nur, er ist jetzt nicht schon beendet, das wäre für meinen Geschmack ein wenig zu glattgelaufen. Aber zum Glück schreibe ja nicht ich dien Story, sondern du ;)
 
kein Kampf in Sicht...

Ich muss dich enttäuschen, denn beide Helden sind kampfunfähig und Miria hatte anderes im Sinn...

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Die Prinzessin schluckte. Ihre Hände bebten leicht, als sie ihren dritten Trumpf aus dem Beutel zog, die Schatulle mit dem magischen Kristall. Sie ließ den Scordracolf nicht aus den Augen, klappte den Deckel der Schatulle auf und nahm den Kristall vorsichtig heraus. Sie hielt die Scheibe dem Scordracolf entgegen. Neugierig betrachtete er das blitzenden Ding. Miria seufzte. Die Scheibe war viel zu klein, um ihr zu nützen. Plötzlich, wie als Antwort auf ihre Gedanken, begann der Kristall sanft zu glühen, wurde größer und größer. Bald konnte sie ihn nicht mehr in der Hand halten und legte ihn in den Schlamm. Er wuchs weiter bis er so groß war wie sie selbst. Dann erlosch das Glühen.
Miria berührte den Rand des Kristalls mit den Fingerspitzen. Der Scordracolf kam näher, seine Augen hingen an der blinkenden Scheibe. Miria konzentrierte sich und ein Bild erschien. Es zeigte sie selbst, wie sie bei dem Pfahl stand und den Scordracolf. Die Proportionen waren etwas verzerrt und die Details nicht ganz genau, aber es genügte. Die Prinzessin ließ das Geschehen der letzten Minuten vor ihrem geistigen Auge ablaufen. Im Kristall sah der Scordracolf wie sie ihm die Kugel zuwarf und er daraufhin schwarzen Rauch spieh, der allmählich von Wasserdampf abgelöst wurde.
Miria hob ihren Blick und sah dem Scordracolf in die Augen. "Hat es Euch gut getan? Wie fühlt Ihr Euch jetzt?" Sie wusste, dass er ihre Worte nicht verstand. Jedoch der Kristall empfing ihre Besorgnis, ihr fragendes Mitgefühl und gab es an den Scordracolf weiter.
Das Ungeheuer winselte leise, kam noch näher und senkte den Scorpionsstachel auf den Kristall herab. Miria wich ein paar Schritte zurück und ihr Bild erlosch. Kaum berührte die Spitze des Stachels die Scheibe, entstand ein neues Bild. Es hatte keine Farben, dafür feinste Grauschattierungen. Die Gestalten waren unscharf, dafür übertrug der Kristall zusätzlich ein Gemisch aus Gerüchen und Geräuschen. Von dem verwaschenen Scordracolfabbild ging ein Gefühl des Wohlbehagens und der Dankbarkeit aus. Miria konnte aufatmen, das Ungeheuer hatte begriffen, was sie getan hatte.
Der Stachel wippte zurück und das graue Bild verschwand. Jetzt war Miria wieder an der Reihe. Sie rief sich eine Landkarte ins Gedächtnis, die bis hinunter zur Feuerküste, weit jenseits der Grenzen Kaspaniens reichte. Sie schmückte das Abbild der Küste mit den berühmten wandernden Dünen, hob den Greifenberg samt See, Höhle und Scordracolf hervor und verband Berg und Küste mit einer Linie. Die winzige Scordracolffigur löste sich vom Berg und folgte der Linie bis an die Feuerküste. Miria verknüpfte das Bild mit einer bittenden Frage.
Danach machte sie dem Scordracolf Platz. Ihre Landkarte verblasste. Das Ungeheuer ersetzte sie durch ein fließendes Bild. Graue Landschaften huschten vorüber, der Wind sang unter den Flügeln und trug hundert interessante Gerüche heran. Fruchtbare Felder wichen dichten Wäldern. Darauf folgte eine schier endlose Steppenlandschaft und schließlich Sand. Eine Weite aus weißem Sand, wo die Sonne hernieder brannte, bis die Luft vor Hitze wabberte. Miria empfing das Gefühl von Sehnsucht und Zustimmung.
Der Scordacolf löste seinen Stachel vom Kristall, sah Miria noch einmal an und breitete die Fledermausflügel aus. Miria duckte sich, die Luft brauste ihr um die Ohren, Schlamm spritzte. Als sie wieder etwas erkennen konnte, war der Scordracolf bereits hoch in der Luft. Er zog noch eine Kreis über dem See, ehe er nach Südosten davonflog.
Miria blieb sitzen, bis sich ihr Herzschlag beruhigt hatte, nahm die Kristallscheibe und wünschte sie wieder klein. Sie wusch den Schlamm ab und legte sie in die Schatulle zurück. Den Schal nahm sie auch ab und steckte beides in den Beutel.
Die beiden Helden lebten, waren aber immer noch bewusstlos. Miria löste das Silberhorn von Somiels Gürtel und stieß dreimal hinein.
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Ich hoffe, der Teil war trotz fehlendem Kampf in Ordnung.
 
Ich wollte damit nur sagen, dass ich hoffte, das Viech sei noch nicht erledigt. Ist es nun zwar mehr oder weniger, aber auch egal :D
Die Lösung fand ich recht originell, wenn ich mir die Bilder, die auf dem Kristall gezeigt wurden, auch teils nicht so recht vorstellen konnte. Insgesamt aber war der Teil schön... Und nun? Heiratet sich die Prinzessin doch selbst?

PS: Dazu möchte ich was anmerken: Ich hatte geschrieben "Wird dann wohl auch die Hochzeit beschrieben?" - und meinte eigentlich was ganz anderes. Statt "Hochzeit" sollte es eigentlich "HochzeitsNACHT" heißen :rolleyes: Äh ja, ich bin weg :D
 
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