Changes [Original]

Hallo zusammen!
Da melde ich mich auch mal wieder.. :kawaii:

@Mila: Kurz, aber wie immer nett :) Danke dir.
@canola & stLynx: Arghs, was soll ich da jetzt zu meiner Verteidigung sagen? .. sweatdrop Aber auch euch danke dafür, dass es euch trotzdem gefallen hat :)
@Rei_Ayanami: Hey, ein neues Gesicht, hallo! :wave: Freut mich, dass es dir gefällt und du auch mitliest :)

So, und mein neues Teilchen für euch. Mal kurz was dazu: ein wenig Aufklärung muss doch sein, oder? Ja *nickt*, finde ich auch. Trotzdem sind solche Teile immer irgendwie.. aufklärend :rofl: . Bildet euch selbst eine Meinung:


Kapitel o1: Entbehrlich
Akt o5

Ruth duschte extrem lange, aber das war mir nur recht. Ich hätte sie vermutlich nur wieder angezankt, wenn sie mit mir im selben Raum gesessen hätte. Einfach so, aus Kränkung heraus. Ruth stellte mich mit Absicht vor Rätsel, die ich gefälligst zu lösen hatte, und außerdem erschien mir ihre ständige Gelassenheit mittlerweile doch verhöhnend und berechnend. Nichts mit Sachlichkeit.

Sie hatte in einigen Punkten zwar recht, ich war – auf eine verquere Art und Weise – stolz darauf gewesen, die erste und einzige Telepathin in einer von der Regierung geleiteten Forschungsanlage zu sein, als ich vor vier Monaten hierher kam, aber deswegen brauchte sie mich noch lange nicht so zu behandeln! Ich meine, wer genießt es denn nicht, die vollkommene Aufmerksamkeit hoher Wissenschaftler zu bekommen?
In Anbetracht der Tatsache, dass sie mich gegen meinen Willen hier festhielten (und uns – mich – seit neuestem offenbar für entbehrlich hielten), war meine Euphorie zwar etwas gedämpft gewesen, aber richtig schlimm hatte ich es die erste Woche noch nicht gefunden.
Das kam erst, als ich erfahren hatte, dass man mich draußen in der Welt >tot gemacht< hatte und dass ich offiziell – jedenfalls so offiziell wie möglich – ein Forschungsobjekt der Regierung war, der Regierung also praktisch gehörte.
Und das schlimmste daran war: Ich konnte nicht einmal was dafür.

Die Mutationen, weswegen wir alle überhaupt hier waren, kamen nämlich nur zustande, weil unsere Eltern vor und während der Schwangerschaft eine bestimmte Droge konsumiert hatten, die die Gene irgendwie mutieren ließ. Das Problem an der ganzen Sache war nur, dass diese Droge extrem tödlich war und manche Junkies schon nach dem einmaligen Ausprobieren starben. Normalerweise gab es auch für die betroffenen Babys nur eine minimale Überlebenschance und von den zwanzig aus hundert Säuglingen, die drogensüchtige Eltern hatten, starben bereits neun direkt nach der Geburt. Weitere acht wiesen schwerwiegende, mitunter tödliche Behinderungen auf und in der Regel starben zwei von diesen zwanzig aufgrund der Nachlässigkeit mancher Eltern oder weil diese ihr Kind plötzlich doch nicht mehr wollten und eigenhändig töteten.
Und das eine Kind, welches noch übrig blieb, besaß mutierte Gene und hatte irgendeine Fähigkeit vorzuweisen, die diese Wandlung nach sich zog.

Meine war, wie gesagt, Telepathie. Allerdings war ich, wo ich doch schon mal das Eine aus zwanzig war, das überlebt hatte, von meiner Mutation sehr enttäuscht gewesen. Ich hätte viel lieber wie Ruth Feuer erschaffen wollen, da ich mit Telepathie wirklich nur die Gespräche im Geist verband. Allerdings war Telepathie unter den durchgekommen Wandlungen eine Rarität und von daher war ich auf eine andere Art gesehen, schon stolz gewesen, als sich die Wissenschaftler die erste Woche über ausschließlich mit mir beschäftigt hatten.
Dann ließ ihr Interesse an mir jedoch nach, obschon ich mir keinen Grund dafür erklären konnte. Jetzt hatte ich einen: Geistgespräche war nicht alles, was Telepathen konnten. Die Wissenschaftler waren schlichtweg enttäuscht von mir gewesen.
Aber, was konnte ich denn noch?

Meine Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem aufgeschlagenen Buch auf meinen Knien zu, mit dem ich in der letzten Viertelstunde jedoch nicht wirklich weitergekommen war. Dafür war ich mit meinen Gedanken einfach nicht richtig beisammen und ständig las ich lustlos nur einen einzigen Satz (>Er lief ihr hastig hinterher, um sie noch zu erreichen. Er lief ihr hastig hinterher, um sie noch zu erreichen. Er lief ihr hastig hinterher, um sie noch zu erreichen. Er lief ...<). Ein leises Schluchzen unterbrach mich jedoch und ich sah von meiner überaus fesselnden Lektüre auf. Papier wurde von der Klopapierrolle abgerissen und ich hörte Ruth, wie sie sich bemühte, leise die Nase zu schnäuzen. Offenbar war ihr Billy wieder in den Sinn gekommen.

Billy ... War er denn nun wirklich tot ... oder nicht? So genau wusste ich das immer noch nicht. Ruth behauptete ja, Nelly behauptete ja und das reichte Brad offensichtlich auch aus, um ja zu behaupten. Aber hatte es denn irgendeiner von ihnen tatsächlich mit eigenen Augen gesehen? Schwarz eingefroren. Mein Gott, was versteht man nur darunter?

„Seine Seele wurde mit Dunkelheit ausgefüllt“, antwortete mir unvermittelt Ruth, sodass ich zusammenzuckte und zum Bad hinübersah. Ihr braunes, kurzes Haar war noch klatschnass und hing ihr in Strähnen vom Kopf, sodass es auf ihr weißes Nachthemd tropfte, aber ihre mausgrauen Augen blickten mich direkt an, wie sie da so unter dem Türrahmen stand. „Dunkle Energieladungen haben ihn getötet. Ich habe es gesehen.“

Meine Verwunderung darüber, wie sie hatte wissen können, was ich gerade gedacht hatte, wurde nur von dem Schwachsinn übertrumpft, den sie mir nun schon wieder auftischen wollte. „Gesehen? Ruth, du warst nicht dabei.“ Meine Stimme klang schneidend und endgültig und wieder einmal fragte ich mich, ob die Frau nicht einfach verrückt war. Sie ging durch das Zimmer, setzte sich auf ihr Bett und sah hinauf zu dem vergitterten Fenster. Es sah nicht so aus, als hatte sie vor, mir zu antworten. „Außerdem ... woher weißt du, was ich gerade gedacht habe?“ Ich sah sie mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen an.

„Du denkst zu laut. Wundert mich, dass Brad dich nicht hören kann.“ Ich konnte sie nur verständnislos ansehen. „Willst du es nicht verstehen, Ada? Ich bin eine Telepathin und dein Geist ist für mich wie ein offenes Buch, das ich schon hundertmal gelesen habe.“ Sie wandte mir ihren Blick zu. Gerade im richtigen Moment, denn auf meinem Gesicht huschten kurze Schatten der Angst hinweg. Konnte sie wirklich direkt in mich hineinsehen? „Oh ja. Bei dir ist es fast leichter als bei anderen Menschen. Und du bist eine Telepathin.“

„Wie ... ?“ Ich schüttelte stumm den Kopf. Ruth machte mir mehr und mehr angst.
„Ich ... ich habe mich auch in Billys Geist eingeklinkt ...“, erzählte sie zögerlich. „Er hat das gehasst. Er versteht nicht ... er verstand nicht, wieso ich diese Fähigkeiten habe und er nicht.“ Sie verstummte und blickte zu Boden. „Aber ich denke ... ich denke ... als er ... starb, war es ... in Ordnung. Ich ... ich ...“ Erneut brach sie ab und ich war klug genug, sie nicht zu unterbrechen. Vielleicht war es die erste kluge Entscheidung in meinem Leben, bestimmt aber das erste Mal, dass mir auch gar nichts als Erwiderung einfallen wollte. Ruth hatte also auch endlich einmal die Gelegenheit, etwas von sich zu erzählen.
Seit langem die erste.

„Ich habe mich ... in seinen Verstand eingeklinkt. Das ist ... das ist so, als würdest du seine Empfindungen sehen. Das, was er durchlebt. Seine Gedanken. Und als ... als es passiert ist, da ... da ...“ Sie unterdrückte ein Schniefen. Ihr Augen schimmerten bereits wieder gefährlich. „Etwas ... hat sich in ihn gedrängt. Etwas Dunkles, Mächtiges. Und es hat alles Leben aus ihm herausgepresst, bis ... bis es nur noch schwarz war und ich ... und ich aus seinem Geist verbannt wurde. Da ... da war nichts mehr ...“ Ihre Stimme war wieder nur ein dünnes Flüstern, das es mir schwer machte, sie überhaupt zu verstehen. Das Grauen in ihrer Stimme war jedoch nicht zu überhören.
Ich sagte noch immer nichts, sondern saß nur starr und stumm mit meinem Buch auf den Knien da und schaute sie an. Ein leises Gefühl von Mitleid für Ruth und Trauer um Billy kam in mir hoch und ich musste unerwartet kräftig schlucken, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden.

Ruth hob den Kopf und ihr Blick begegnete meinem. Tränenspuren zeichneten ihr Gesicht. „Da ist irgendetwas, Ada. Sie haben irgendetwas, dass diese Macht hat. Diese schreckliche Macht ...“ Der Rest des Satzes ging in einem erneuten Weinkrampf unter, dem Ruth sich mit Zurückhaltung hingab. Sie zog die Knie ganz dicht an ihren Körper, schlang die Arme darum und legte den Kopf auf ihre Beine, während sie hin und her wippte und leise weinte.

Ich sah ihr kurz dabei zu. Dann legte ich mein Buch weg, rutschte vom Bett herunter, stieg auf ihrs und nahm sie, ohne weiter zu überlegen, in die Arme. Ruth klammerte sich sofort dankbar an mich und vergaß ihre Zurückhaltung, die sie aus Rücksicht auf meine schwachen Nerven aufrecht erhalten hatte.
Ihre nassen Haare tropften auf mein Nachthemd. Meine Augen brannten.
__________________________________________________________________
to be continued..

Und sorry nochmal dafür, dass es etwas länger gedauert hat .. sweatdrop

Danke für's Lesen
- SnowWhite
 
Also die Sache mit den Drogen hat mich irgendwie an Stephen Kings Feuerkind erinnert ... passend zu Ruth^^
Apropos Ruth, die hat ja gewaltige Stimmungsschwankungen oO" (hehe, genau wie ich :D) Einmal heult sie, dann macht sie einen auf obercool, dann heult sie wieder dann erzählt sie halbe Horrorstorys, bei denen sie wieder in Tränen ausbricht ... aber irgendwie ist sie schon krass drauf :rolleyes:
Nya, kurz: der Teil war gut^^
 
Gut. Der aufklärende Teil hat zwar ein bisschen den Fluss der Handlung unterbrochen, aber wenigstens sind wir jetzt etwas schlauer :) .
 
Aha... ich hab doch schon immer gewusst das meine Mom mal Drogen genommen hat *lol*
scherz beiseite -.-"
Der Teil war mal wieder... :astrosmil
Also, Ruth, du bist mein absoluter Liebling :D
Also, Telepathen können also noch gedanken lesen und.. äh... bisher sonst noch nix ^.^
Mal schauen wies weitergeht, und dass es so lange gedauert hat sei dir verziehn :D
 
aha, endlich mal ein wenig aufklärung, sehr schön^^ Ada kommt dabei zwar mal wieder nicht so gut weg, aber was soll's :D dafür kann ich Ruth auch ganz gut ab, obwohl sie wirklich mal so, mal so denkt ... *schulterzuck*
egal, war jedenfalls wieder ein guter teil und ich freue mich auf den nächsten^^
 
Hallo zusammen!

So, dieses Mal hab ich es schneller geschafft, mit dem nächsten Teil fertig zu werden *freu* Trotzdem lest ihr viel schneller, als ich kreativ sein kann .. Nun, dafür glaube ich, dass dieser Teil etwas länger ist - und am Anfang etwas unlogisch wirkt.. Ich hoffe, ihr könnt mir das verzeihen, sofern es euch überhaupt stört (oder auffällt?).
Okay, genug gequatscht. Ich mach dann gleich mal weiter, ohne auf eure Commies einzugehen, ja? Bedanke mich aber trotzdem bei euch :) Danke! :knuddel:


Kapitel o1: Entbehrlich
Akt o6, Teil o1

Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so dagesessen waren. Ich weiß nur, dass es länger als nötig gewesen war. Dass ich Ruth auch noch beruhigend festgehalten hatte, als ihre Schluchzer schon längst versiegt waren. Trotzdem wusste ich auch nicht, wieso ich sie plötzlich doch getröstet hatte. Vielleicht, weil mir angesichts ihrer Trauer und ihrer Erzählung einfach endlich klar werden musste, dass Bill tot war. Und dass er dann nicht der einzige bleiben würde.
Vielleicht auch ganz einfach, weil Ruth Trost gebraucht hatte - und ich auch; wenn auch auf unterschiedliche Weise. Ruth hatte jemanden benötigt, der mit ihr den Schmerz über den Verlust ihres Bruder teilte. Ich hingegen hatte jemanden gebraucht, der mir einfach nur zeigte, dass ich noch nicht tot war. Hinzu kam auch noch, dass mich ihre Worte geängstigt hatten. Nein, nicht die Worte. Der Klang ihrer Stimme, als sie mir berichtete, was sie bei ... in Billys Kopf gesehen oder gespürt hatte.

Schließlich waren zwei Soldaten zu uns ins Zimmer gekommen und einen schrecklichen Augenblick lang hatte ich gedacht, sie wollten Ruth mitnehmen, aber dann hatte selbige - sie musste wohl wieder in meinen Gedanken gelesen haben - mich daran erinnert, dass es Zeit zum Abendessen war.
Gehorsam waren wir den zwei Männern mit ihren griffbereiten Waffen gefolgt. Auf dem Flur waren wir einigen anderen begegnet, die ebenfalls mit Soldaten zur Kantine unterwegs waren.

Manch einer könnte denken, dass dies recht leichtsinnig von der Regierung war, uns einfach alle zusammen in einen Raum zu bringen, um dort zu essen, statt uns etwas in die jeweiligen Zimmer zu bringen. Immerhin hätten wir uns gegen die Soldaten auflehnen, ihnen die Waffen wegnehmen und schon binnen kürzester Zeit ein Blutband anrichten können. Dabei hätten wir allerdings nur die Militärs erwischt und alle Wissenschaftler hätten in der Zeit schon längst Alarm geschlagen. Zu guter letzt hätte man dann den gesamten Wohnbereich 3-18 vernichtet und einfach gewartet, bis neue mutierte Babys zur Welt kamen - oder sie sogar selber gezüchtet. Meines Wissens war die Droge bereits 2009 verboten worden.

Aber wir lehnten uns nicht auf. Ganz einfach, weil wir uns der Konsequenzen bewusst waren. Und weil einige Angst hatten. Und weil einige noch Kinder waren.

Die Kantine war ein großer Raum, in dem das Essen in einer Art Buffet an der einen Wand angebracht worden war und die Tische im ganzen Zimmer verteilt waren. Außer uns befand sich kein Soldat oder Wissenschaftler in der Kantine. Nur die Videokameras und die beliebten Spiegel, die auf der anderen Seite Fenster waren. Wir wurden einfach rund um die Uhr beobachtet. Ich war mir nicht einmal sicher, dass es bei uns im Zimmer keine Kamera gab. Jeder war sich dieser ständigen Beobachtung bewusst, aber meiner Meinung nach hatten die Wissenschaftler nicht zuletzt diese Kantine eingerichtet, um uns zu beobachten, wenn wir mit anderen zusammen waren. Denn der eine oder andere setzte auch in der Kantine gerne seine Fähigkeiten ein.

Ich saß zusammen mit Ruth, Brad und Nelly an einem Tisch und während sich die beiden jüngsten unterhielten, schwiegen Ruth und ich beharrlich vor uns hin, während ich meinen Blick durch die Kantine schweifen ließ. Wohnblock 3- 18, dachte ich zusammenhangslos, sechzehn Menschen minus eins, minus Billy. Fünfzehn Menschen. Fünfzehn Mutanten. Und wo sind Nummer eins und zwei?

Gedankenverloren betrachtete ich mir Nell, die schräg vor mir saß. Sie war tatsächlich jünger als Brad, hatte weißblondes Haar, das ihr in einem ordentlich geflochtenen Zopf über den Rücken fiel, und Augen wie das Meer, blau-grün und unglaublich tiefgehend, vor allen Dingen aber sehr im Kontrast zu ihrer blassen Haut. Ich rief mir noch mal zurück ins Gedächtnis, was Ruth und Brad über sie gesagt hatten:

Sie hat sich gespalten und ihr Körper liegt ... liegt leblos auf ihrem Bett.
Sie hat dich allein gelassen?
Sie kommt schon wieder.


Sie hatte sich gespalten? Ihr Körper hatte leblos auf dem Bett gelegen? Sollte das etwa heißen, dass sie ihren ... ihren Geist von ihrem Körper trennen konnte?

Genau das heißt es, erklang auf einmal eine ruhige Stimme in meinem Kopf und ich fuhr unwillkürlich zusammen. Es war so ungewohnt, ihre Stimme in meinem Geist zu hören. Ich schaute Ruth an, wie ich hoffte, mit einer angemessenen Portion Ärger im Blick.
Ich mag es auch nicht, wenn du in meinen Gedanken liest!, fauchte ich mit einer Gedankenstimme, die nicht fauchen konnte, und spielte damit auf Bill an, der diese Angewohnheit seiner Schwester auch nicht hatte leiden können.

Liebes, dann musst du wohl lernen deinen Geist vor anderen zu verschließen, erwiderte Ruth ruhig wie immer. Scheinbar konnte sie nicht herablassend, provozierend oder in irgendeiner Art Ärgernis erregend sprechen (nur sarkastisch, wie ich seit neuestem wusste). Auf unheimliche Weise schien sie immer genau den richtigen Ton zu treffen, wirkte dabei aber immer einen Hauch distanziert, sodass keiner ihre Worte persönlich nehmen konnte. Sie sprach wie ein allwissender Erzähler.
Es wäre einfacher, würdest du aufhören, bei mir da oben herumzuschnüffeln, murrte ich und stocherte in meinen mittlerweile kalten Nudeln herum. Die Tomatensoße hatte ich schon quer über den ganzen Teller verstreut, wo sie dem schmucklosen weißen Plastik ein rot gepunktetes Muster verlieh. Es war jetzt schon das zweite Mal, dass sie mir offen ins Gesicht - na ja, offen in den Geist - sagte, dass sie in mir wie in einem offenen Buch lesen konnte, und das beunruhigte mich. Es gab mir das Gefühl, dass Ruth wirklich mehr als Telepathin konnte als ich. Beunruhigen? Es wurmte mich.

Außerdem solltest du dich mit deinen Fähigkeiten sowieso etwas zurückhalten, wenn die Professoren tatsächlich noch nichts von deiner zweiten Mutation wissen. Das könnte sich sonst sehr schnell ändern.
Willst du mich etwa bei Matt Vaughan verraten, Ada? Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen und kaum hatten sie meinen Geist erreicht, unterbrach Brad, der mir gegenüber saß, augenblicklich sein Gespräch mit Nell. Mit einem Ruck drehte sich sein Kopf in meine Richtung, ohne dass ich Zeit gehabt hätte, auf Ruths Vorwurf zu reagieren.
„Nein, tu’s nicht, Ada! Sag’s bitte nicht Matt!“, rief er aufgebracht und beinahe eine Spur zu laut. Nelly blickte ihn verständnislos und beinahe ein wenig erschrocken an. Auch einige andere Gesichter wandten sich uns zu und ich konnte beinahe hören, wie sich die Linsen der Kameras scharf stellten und näher zu unserem Tisch zoomten. Ich blickte Brad mit großen Augen an. Woher konnte er denn schon wieder wissen, was ...

„Du hast ihn mithören lassen“, stellte ich trocken fest und blickte Ruth grimmig an. Diese zuckte nur mit den Schultern, als ginge sie das nichts an. Dann piekste sie eine Nudel auf ihre Plastikgabel auf und schob sie sich in den Mund. Ich spürte plötzlich Brads Hände auf meinem Arm und sah den Jungen wieder an. Seine hellbraunen Augen schauten mich flehentlich an.
„Bitte sag nichts, Ada“, sagte er jetzt eine Nuance leiser, aber immer noch aufgeregt und ängstlich, dass einem einfach auffallen musste, dass hier etwas nicht sehr Unwichtiges besprochen wurde. „Wer weiß, was sie dann mit Ruth machen...“
„Ja!“, schaltete sich jetzt zum ersten Mal Nelly ein. Sie hatte eine außergewöhnlich kräftige Stimme für ihr zerbrechliches Aussehen, lief jedoch sofort rot an und sah schüchtern zur Seite, als sie auf einmal die Aufmerksamkeit aller am Tisch genoss. „Ich ... ich meine ... vie-vielleicht wird sie auch schwarz gefroren gemacht ...“

Ich blinzelte das kleine weißblonde Mädchen an und fragte mich kurz, wieso sie sich so energisch auf Ruths Seite schlug, bevor ich feststellte, dass meine Zimmergenossin offenbar einen kleinen eigenen Fanclub gegründet hatte. Und der bestand zu fünfzig Prozent auch noch ausgerechnet aus dem Jungen, mit dem ich schon nächtelang Gespräche geführt hatte (hinterher würde ich diese Unterhaltungen als Monologe bezeichnen, aber momentan waren es für mich noch Gespräche). Das Schlimmste an der ganzen Chose war jedoch, dass Ruth es offenbar geschafft hatte, ihre Anhänger gegen mich aufzubringen.
„Moment mal, wer redet denn von verpetzen?“, wollte ich leicht verärgert wissen. „Wann habe ich denn schon mal jemals jemanden verpetzt? Ihr seid doch diejenigen, die sich hier lautstark über ...“ Ich senkte meine Stimme gerade noch im rechten Augenblick und sah mich kurz verstohlen um. „... die sich hier über Ruths telepathische Kräfte Sorgen machen. Noch etwas lauter und die Menschen in Europa wissen auch von dieser supergeheimen Regeierungsanlage.“

Brads Griff um meinen Arm wurde fester, sodass er mich dazu zwang, ihn wieder anzublicken. Ich kam mir auf eine verquere Art wie in einem Kreuzverhör vor einem Geschworenengericht vor. Bitte, Ada, bitte. Sag nichts zu Matt oder anderen. Sie sollen Ruth nichts tun. Sie ist schon entbehrlich, weil sie Feuer machen kann.
Vielleicht wird sie das nicht mehr sein, wenn man von ihren telepathischen Fähigkeiten erfährt
, sagte ich mit einem leicht Ton von Eifersucht in meinen Gedanken. Immerhin ist sie als Telepathin besser als du und ich zusammen, Bradley.
Das ... das meinst du nichts ernst ...
Seine Augen lagen mit einem schockierenden Ausdruck auf mir. Ein wenig wunderte es mich, dass Ruth noch gar nicht wieder in unsere Unterhaltung eingeschritten war, denn dass sie mithörte, war so klar wie Glas.
Stimmt. Das meine ich nicht ernst. Ich sagte doch, dass ich nichts sage! Verdammt! Für was haltet ihr mich?! Ich riss mich von Brads Umklammerung los und der Junge hätte dabei fast sein Glas Wasser umgeworfen, das neben seinem Arm stand. „Und jetzt benehmt euch wieder normal, klar?“, zischte ich eindringlich. „Die Leute gucken schon! Und hinterher habt ihr Ruth verraten.“
___________________________________________________________________
to be continued..

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
ähm... jo ^^
duplo.. äh, nein, changes^^ mann ist die lang mann O.o
naja^^
auf jeden fall war der teil mal wieder.... :astrosmil guhht^__^
ada macht mal wieder ärger, bzw wir dafür verantwortlich gemacht... naja, was solls :D
auf jeden fall.. äh *nichtweisswassiesagensoll*
öh.... weida :biggrin2:
 
Jop, guter Teil^^
Nur seltsam, dass die in der Kantine so rumschreien obwohl sie wissen, dass die beobachtet (und vermutlich auch gehört) werden ...
Nya, aber sonst guuuut^^
 
wieder ein schöner teil^^ so langsam habe ich das gefühl, dass sie immer länger werden, kann das sein? :D
und was Ada wieder für probleme hat ... sie wird doch sicherlich nichts weitersagen, oder? aber eigentlich ... wenn man sich so den überlegungen von Tiara anschließt: retten könnte Ruth das vielleicht ...
*schulterzuck* vielleicht gibt es dafür ja noch eine genauere erklärung^^ ich freu mich auf jeden fall auf den nächsten teil ;)
 
Gut. Aber dass die Kinder da anfangen, lauthals rumzubrüllen, fand ich auch irgendwie unlogisch. Zumal doch alle, die den Vorwurf an Ada mitbekommen haben, Telepathen sind und sich somit auch weitaus weniger auffällig unterhalten könnten...
 
Jepp, ab sofort bin ich auch mit von der Partie :D

Wie ich schon diese Woche im LQ erwähnt habe, liegt diese FF genau auf meiner Welle ^^ Wunderbarer Stil, coole Charaktere und eine absolut tolle Mischung von mystery und Sci-Fi (Aber ich glaube, da wiederhole ich mich bereits ^^°)

Und zum aktuelle, letzten Teil kann ich nur sagen: Sehr gut :) Das Gespräch in der Kantine kam recht gut rüber, auch wenn ich - genauso wie auch Rei - finde, dass es vielleicht doch ein wenig unklug war, dort so rumzubrüllen... ^^
Auf jeden Fall bin ich dann mal gespannt, wie es mit den Telepathen und den Mutanten so weiter geht ;)

Also dann schreib mal weiter ^^

-Kay
 
yo, und noch ein neuer leser, ein hoch auf das LQ!! nee, ehrlich, hab die bisherige geschichte echt genossen, auch wenn mich das LQ erst mit der nase draufstoßen musste.... so.... jetzt hab ich den Faden verloren...... :dodgy: ....
achja.... WEITER! ! ! :dodgy: (sehr einfallsreich, ich weiß......)

MfG, MG^^
 
Hallo zusammen!

Offenbar gibt es da einige Unstimmigkeit, warum Brad in einer überwachten Kantine so rumbrüllt. Zunächst einmal brüllt er da ja nicht rum, als wäre er auf einem Fußballfeld, sondern er ruft es eine Spur zu laut aus. Ich finde, da gibt es einen Unterschied. Er ist zutiefst erschrocken, als er diese angedeutete Drohung von Ada hört, und er kann es einfach nicht glauben, dass sie es auch nur in Erwägung zieht, Ruth eventuell zu verraten. Er hat sie gern und daher Angst um sie, weshalb er etwas unüberlegt reagiert, einfach nur als Reaktion auf Adas Andeutungen hin.
Klingt's verständlich ... ? :)

@Mila: *gg* Ich weiß auch nicht mehr, was ich bei dir sagen soll, außer Danke^^
@Rei_Ayanami: Danke auch dir und was den Rest anbelangt: Hoffentlich habe ich dich mit der Erklärung weiter oben zufrieden gestellt.
@Tiara: Hallo, schön, eine neue Leserin begrüßen zu dürfen, und Danke für das Lob :) Warum Ruth nichts sagt? Nun, die Theorie, dass sie ein selbstloser Mensch ist und eine Behinderung der Forschungsarbeiten ihrem Leben vorzieht, gefällt mir gut, ich glaube, die übernehme ich so :D Ein weiterer Grund ist aber auch, dass sie einfach Angst davor hat, was die mit ihrer anstellen werden, wenn sie aus der breiten Masse mit zwei Mutationen heraussticht. Vielleicht ist das auch ein Grund, sie zu töten und dann aufzuschneiden, einfach aus Ungeduld heraus ... ?
@canola: ja, sie werden länger, stimmt. Aber wenn ich einmal angefangen habe zu schreibe, kann ich es nur schwer wieder stoppen ... (man siehe sich nur einmal dieses Vorgeplänkel an :dodgy: )
@stLynx: Wer sagt, dass sie alle Telepathen sind? :confused2 Nell nicht. Sie schließt das nur recht schnell aus den Wortfetzen, die sie mitbekommt, und hinterher (sprich in diesem Teil :D ), erkundigt sie sich nochmal genau bei Brad, was Sache ist.
@MajinKay: Noch ein neuer Leser: Hallo! Und Danke für das Lob, da habe ich mich echt drüber gefreut, hier sowie im LQ :)
@Mini-Gohan: Auch dir ein Hallo und ein Danke im Anschluss! :)

Uff *SchweißvonderStirnwischt* nächste Mal gebe ich eine Quassel-Warnung vorweg .. (was nicht heißen soll, dass ich mich über eure Commies nicht freue, dass tue ich nämlich ganz gewaltig *nickt* ) Okay, wer bis jetzt noch durchgehalten hat, hier ist der nächste Teil:



Kapitel o1: Entbehrlich
Akt o6, Teil o2

Brad, dessen Arme fortwährend in der Luft gehangen hatten, nachdem ich mich von ihm losgerissen hatte, ließ diese nun langsam wieder sinken. Seine Augen drückten eine Mischung aus Verwirrung, Angst und bittendes Flehen aus, das einzig und allein Ruth galt. Dann ließ er seine Arme jedoch wieder sinken und wurde sofort von Nelly gepackt, die ihm aufgeregt etwas ins Ohr flüsterte, was ich nicht verstehen konnte. Ich denke, es war Absicht. Wahrscheinlich ging es sowieso nur wieder um Ruth und darüber, was er denn mit mir besprochen hatte.
Einerlei, ich war ziemlich schlecht gelaunt, was zuletzt wohl auch an der Tatsache lag, dass es einen weiteren Telepathen gab, der mir obendrein haushoch überlegen war - und an den Brad sich außer mir gedanklich wenden konnte. Und Nell. Ich kannte die kleine zwar nicht so gut, aber auch sie hatte Ruth ins Herz geschlossen. Die Zimmergenossin Ada war da so etwas wie der böse Buhmann. Achtung! Er kommt dich holen!

Ein Kichern in meinem Kopf. Wütend funkelte ich Ruth an. Wer sollte es sonst sein? Brad war mit Nelly beschäftigt. Ich ersparte mir eine entsprechende, gefauchte Frage und wartete ab, bis Ruth sich dazu bequemte, mit mir zu sprechen.
Deine Gedanken, Ada. Lerne sie zu kontrollieren. Sie sind wie ein tausendfacher Widerhall in meinem Kopf.
Hoffentlich bekommst du Kopfschmerzen.

Sie ging nicht darauf ein. Ich kann es dir beibringen, wenn du willst. Das und ... anderes. Der Blick ihrer mausgrauen Augen lag gelassen auf mir und er war so undurchschaubar wie diese Spiegelfenster, hinter denen die Wissenschaftler sich aufzuhalten beliebten. Meinte sie das ernst?
Sie nickte auf meine unausgesprochenen Gedanken hin. Du musst es natürlich wollen, aber ja, ich meine das ernst. Sie setzte ein Lächeln obendrauf, das ich zögernd erwiderte. „Okay.“

Unsere Abmachung wurde mit einem lauten Knallen besiegelt, als die zweiflüglige Tür zur Kantine mit einem Ruck aufgestoßen wurde und acht bewaffnete Soldaten mit zwei Wissenschaftlern in Weiß in den großen Raum gestürmt kamen. Alle sechzehn Mutanten zuckten kollektiv zusammen und wandten sich synchron zu den Türen um. Mit einem Male war es so still wie in einem Leichenschauhaus und man hätte Schneeflocken fallen hören können.
Leichtes Misstrauen durchflutete mich, als ich einen der beiden Professoren als Matt Vaughan identifizierte, der neben einem wesentlich älteren Mann mit grau meliertem Haar stand.
„Nummer 14, Bradley!“, brüllte der Ältere mit tiefer, befehlsgewohnter Stimme rau in den Raum hinein und aller Augenpaare richteten sich auf den plötzlich aschfahlen Jungen vor mir.

„Sie haben uns gehört“, flüsterte er mit zitternder Stimme. Nelly klammerte sich ängstlich an ihn.
„Was ... was ... was wollen sie von dir?“ Brad schüttelte nur den Kopf und hätte Nell mich gefragt, hätte ich ihr vermutlich auch keine Antwort geben können. Allerhöchstens hätte ich mir vorstellen können, dass einer reingerannt kam, um Ruth abzuholen, aber das war sichtlich nicht der Fall.
Hatten sie vielleicht nicht alles mitbekommen, sondern nur Brads geschockte Reaktion gesehen? Wollten sie aus ihm irgendwelche Geheimnisse herausquetschen, die sie bei uns vermuteten?

Keine Angst, Kleiner, hörte ich mich den Jungen trösten, als die schmetternde Stimme des Wissenschaftlers erneut durch die Kantine hallte: „Nummer 14, Bradley! Herkommen, sofort!“ Mechanisch wie ein Roboter stand Brad auf und richtete den Blick starr auf die zwei Männer in ihren weißen Kitteln, mit denen ihnen nicht nur ein Doktortitel, sondern auch gleich eine große Portion Autorität verliehen worden war. Das helle Braun seiner Augen hatte vor Furcht eine dunklere Farbe angenommen, als er langsam durch die Kantine schritt. Ich sah ihm mit laut klopfendem Herzen nach, dachte dabei jedoch völlig absurd, dass es sein Herzschlag war, den ich da hörte. Sämtliche Blicke folgten dem kleinen Jungen, dessen Schritte das einzige Geräusch war, das die zähe Stille durchbrach.
Nell blickte ihm mit schreckensgeweiteten Augen nach, die einen leichten Tränenschimmer aufwiesen. Ihre Lippen formten stumm Brads Namen.

Dann sprang sie so plötzlich auf, dass ich aus einem reinen Reflex heraus beinahe ebenfalls mit aufgestanden wäre. Ich hielt mich jedoch zurück. Brad bemerkte seine Zimmergenossin gar nicht und ging einfach weiter. Der ältere Wissenschaftler sah sie hingegen sehr wohl und richtete seinen eisigen Blick misstrauisch auf das kleine Mädchen, das nun um den Tisch herumrannte und Brad hinterlief.
„Nelly!“, sagte Ruth erschrocken und versuchte nach ihren dünnen Armen zu greifen, die sie jedoch nicht zu fassen bekam.
„Halt!“, donnerte dann auch schon die Stimme des älteren Professors durch die Kantine, dass sogar Brad stehen blieb. Er hatte Nelly noch immer nicht bemerkt. Offenbar war er so sehr in sich versunken, dass er gerade noch geradeaus gehen konnte. Nelly hingegen hörte nicht auf ihn. Sie rannte weiter. Brad hörte ihre Schritte und wandte sich leicht um. „Nummer 18! Bleib stehen, auf der Stelle!“ Die zwei vordersten Soldaten brachten ihre Waffen in Anschlag und bei diesem Anblick durchfuhr mich plötzlich ein Gedanke, der jedoch so schnell war, dass ich ihn nicht fassen konnte. Aber ich war mir sicher, dass es wichtig war.

„Nummer 18!“, ermahnte der Ältere Nell ein weiteres Mal, da auch die Waffen sie nicht aufzuhalten vermochten. Ich schaute kurz zu Matt hinüber. Er war wesentlich jünger als sein Kollege, hatte allerdings offensichtlich nicht sehr viel zu sagen. Er stand wie aus Stein gemeißelt neben dem anderen Mann.
„Wo bringt ihr ihn hin? Was wollt ihr von Brad? Wo bringt ihr ihn hin?“
„Nelly ...“ Brad klang beinahe ein wenig erstaunt ob der sichtlichen Sorge seiner Zimmergefährtin um ihn. Die Gefahr, in der seine kleine Freundin schwebte, schien er gar nicht zu bemerken.

Sag ihr, dass sie stehen bleiben soll!, hörte ich auf einmal Ruths Geisterstimme in meinem Kopf. Die Worte waren nicht für mich bestimmt, das wusste ich schon im selben Moment, aber ich fragte mich, ob Brad sie überhaupt hörte. Er war vollkommen überrumpelt von der Situation, allein schon davon, dass die Wissenschaftler ihn sprechen wollten. Sprechen?, fragte ich mich für mich. Wer weiß, ob sie ihn wirklich sprechen wollen ...
„Nummer 18!“, erschallte des Wissenschaftlers Stimme noch einmal und wurde dabei von einem Schuss begleitetet, der zielsicher von einem Soldaten abgefeuert worden war. Ich zuckte erschrocken zusammen und sah in meinem Geiste schon das Blut, das sich auf dem weißen Fußboden rasend schnell ausbreitete, hörte stattdessen aber nur den Querschläger durch die Luft sausen, da die Kugel kurz vor Nells Füßen den Boden getroffen hatte. Ganz nebenbei registrierte ich, dass das Geschoss eine der vielen Kameras zertrümmert hatte, achtete jedoch mehr auf Nelly, die endlich stehen geblieben war. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Schon das zweite Mal, dass ich so was heute sehen. Wieso müssen immer alle gleich anfangen zu heulen?! Hätte ich mich nicht selbst so sehr über meine eigenen Gedanken geärgert, hätte ich wohl Ruths missbilligenden Blick mitbekommen, den sie mir kurz von der Seite zuwarf.

„Noch einen Schritt, 18, und das nächste Mal trifft die Kugel, verstanden?“, sagte der ältere Wissenschaftler mit einer klirrend kalten Stimme, deren Auswirkungen sogar noch mich auf meinem Platz erreichten; mir lief ein Schauder über den Rücken.
Nelly war ein Glück so vernünftig auf den Mann zu hören und seine Drohung ernst zu nehmen. Der Schuss aus der Waffe des Soldaten hatte ihr eine größere Hellhörigkeit verpasst, als es Worte je gekonnt hätten. Ihre Augen waren noch immer in Tränen getaucht. „Was wollt ihr von ihm?“, flüsterte sie. „Was wollt ihr von Brad?“
Der Ältere reagierte auf diese Frage, indem er sie gar nicht beachtete und forderte Brad auf, zu ihnen zu kommen - und zwar schnell. Brad zögerte einen winzigen Moment und raunte Nell etwas zu, was ich nicht verstehen konnte, dann ging er immer noch etwas steif auf die Wissenschaftler mit ihrer Eskorte zu.
Das Geräusch der Tür, als sie sich hinter ihm schloss, war so endgültig wie ein Schuss in die Schläfe. Mich fröstelte es.

Die Stille in der Kantine blieb noch lange danach an den Wänden haften und verließ den Raum nur allmählich. Gespräche wurden flüsternd und zaghaft wieder aufgenommen und Thema war natürlich Brads Abführung.
Ich sah zu Nell hinüber, die noch immer an der selben Stelle wie zuvor stand und lautlos weinte. „Was hat sie denn?“, fragte ich Ruth beinahe ein wenig ruppig, als wäre nichts passiert und als würde mich ihr bemitleidenswerter Anblick aufregen. Na ja, zumindest fühlte ich mich bei ihm ... unbehaglich. Eigentlich wollte ich nur meine Stimme in diesem Raum hören, da die munkelnde Lautlosigkeit mich wahnsinnig machte. Was regten sich alle so auf? Sie waren doch nicht rausgebracht worden, sondern Brad. Keine Panik.
Ruth antwortete mir nicht, was ich später verstehen konnte, und schaute nur zu Nelly hinüber, ruhig, gelassen, undurchschaubar. So wie immer.

Als das Mädchen einen lauten Schrei ausstieß, blickte ich jedoch auch zu ihr hinüber und konnte dabei leibhaftige Zeugin ihrer Fähigkeiten werden. Nell wirkte auf einmal wie erstarrt, dann schien sich das Bild zu verzerren, die Wirklichkeit zu dehnen, und dann schwebte auf einmal eine zweite Nell direkt über ihr, die jedoch noch blasser war als die erste. Blass? Nein, durchsichtig.
Keine Sekunde später klappte die erste, reale Nell wie ein Kartenhaus in sich zusammen und fiel unsanft auf den weißen Fußboden. Ihr Geist - war das die richtige Bezeichnung? - hingegen schwebte schnell und mit erschreckend leeren Augen auf die Tür der Kantine zu - und einfach durch sie hindurch. Ich und dreizehn andere Mutanten (und wer weiß wie viele Wissenschaftler) verfolgten das Schauspiel schweigend und fasziniert. Erst Ruths Stimme in meinem Kopf brachte mich wieder in die Realität zurück: Es heißt Astralprojektion. Das ist ihr Astralkörper.
___________________________________________________________________
to be continued..

So, bitte schön. Ich hoffe, ich werde damit meinem vorherigen Geschreibsel gerechet.. Nach so guten Kritiken ist es irgendwie schwierig, sich nicht unter Druck gesetzt zu fühlen .. :goof: Ich geh jetzt wohl besser ..

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
Der Teil war sehr gut ;). Brauchst dich gar nicht unter Druck gesetzt fühlen... Die Szene mit Nell und Brad war sehr spannend geschrieben, ich habe fast den Atem angehalten. Dass Nell sich astral projizieren kann, hatte ich mir allerdings schon länger gedacht, das war für mich nicht so die Überraschung... Nun bin ich mal neugierig, was die mit Brad machen werden...
 
O.O bin baff.
Der Teil war wirklich atemberaubend und echt spannend. Bin immer noch ganz perplex ... Das mit dem Astralkörper konnte ich mir zwar ebenfalls schon denken (nach dieser "Bettgeschichte") aber dennoch klasse beschrieben, respekt²³
Ich denke mir mal, sie werden Brad jetzt gewaltig auf den Zahn fühlen, was da los gewesen war.
Bitte schreib bald weiter, will wissen was passiert *gespannt die augen aufreiß*
 
Gut. Spannend geschrieben... viel mehr kann ich eigentlich gar nicht dazu sagen ^^"
BTW: Mir ist schon klar, das Nell keine Telepathin ist, "alle" war nur auf die drei anderen bezogen, das sind aber ja auch die einzigen drei, die das "Gespräch" zwischen Ada und Ruth überhaupt mitbekommen.
 
... gut war der Teil nicht.... er war super :D
Ich bin wirklich gespannt was die jetzt mit Brad anstellen.
Und was Nell vor hat O.o
und... und... und... ^^""""
weida :astrosmil
 
also an qualität verliert die FF bis jetzt auf jeden fall noch nix, sie steigert sich sogar noch etwas ;)
ich denke, das liegt an der situation, die du hier auch wieder klasse beschrieben hast. ich weiß auch nicht, was ich noch groß dazu sagen soll, außer dass mir der ältere wissenschaftler nicht ganz sympathisch ist^^
 
Hallo zusammen!

Und einen ganz großen Dank an euch alle :knuddel: Ihr schreibt immer so liebe Sachen, dass ich gar nicht weiß, was ich dazu anderes sagen soll :)

@Shan'xara: Hallo, trotz der Kritiken im LQ begrüße ich dich auch mal ganz offiziell :) Freut mich, wenn ich die Stimmung einigermaßen gut rübergebracht habe *froi* Und die Astralprojektion wurde zuvor auch schon angedeutet, stimmt *nickt*
@Tiara: Danke dir - auch dafür, dass du mich verstehst *lächelt* Aber ich denke, der Soldat hätte Nelly nie getroffen. Es war schon beabsichtigt, dass er daneben schießt; eine Warnung. (Ansonsten wäre er vor den Wissenschaftlern vermutlich abgeschossen worden :eek: )
@Rei_Ayanami: Danke, und ich hoffe, es hat nicht zu lange gedauert :)
@stLynx: Danke. *auchnichtweißwassiesagensoll* Umso besser, wenn du es wusstest ;)
@Mila: Oh man, deine Commies sind immer so schwer zu beantworten .. Danke :D
@canola: mir auch nicht *Kopfschüttelt* Aber er kommt später nochmal wieder .. *schauder*


Kapitel o1: Entbehrlich
Akt o7, Teil o1

Nach dieser Vorführung in zwei Akten war das Abendessen irgendwie nicht mehr das, was es sonst war. Die Besetzung unseres Tisches war um fünfzig Prozent reduziert worden und Ruth war eben noch nie die Gesprächigste gewesen. Folglich war mein Aufenthalt in der Kantine nicht viel spannender, als hätte ich ihn verschlafen. Meine Nudeln waren ohnehin schon kalt und richtigen Hunger hatte ich eh nicht gehabt. Oder nicht mehr. Mir war der Appetit vergangen, wie man so schön sagt.
Das war heute wohl der ereignisreichste Tag seit meiner Ankunft hier. Zuerst hatte man uns eine gelungene Flucht vorgegaukelt, dann hatte ich erfahren, dass Billy >schwarz eingefroren< war, weil man herausgefunden hatte, wie er funktionierte, und seine Schwester eine Telepathin war, die mir obendrein erzählt hatte, dass geistige Unterhaltungen nicht alles war, was Telepathen konnten, was sie mir auch gleich mit ihrer ständigen Gedankenleserei bewiesen hatte.
Zum Schluss hatte man Brad irgendwohin gebracht, wo ich ihn gedanklich nicht erreichen konnte (ich hatte es mehrmals probiert und Ruth auch), was so viel heißen musste, dass er nicht antworten wollte, was unwahrscheinlich war, oder nicht konnte, was schon eher infrage kam. Selbstverständlich hätte er schlafen können, aber es gab auch einige andere Möglichkeiten, wieso er nicht antworten konnte ... Und die machten mir angst. Billy und seine Feuererschaffung waren schon entbehrlich geworden ... vielleicht auch noch die Telepathen? Aber wieso hatte man dann nicht die anderen Feuermutanten mitgenommen? Wieso Brad?
Ach ja, und Nelly hatte sich auch noch gehen lassen und war mit ihrem Astralkörper munter auf der ganzen Anlage unterwegs. Das Mädchen war immer noch nicht zurückgekommen.

Ruth neben mir stöhnte auf. „Das erste, was ich mache, ist dir die Versiegelung deiner Gedanken beizubringen“, murrte sie und piekste lustlos eine Nudel auf, um sie mitsamt der Gabel durch die Luft pendeln zu lassen. Ihr Teller war noch zur Hälfte gefüllt und ich wusste aus längerer Zusammenkunft, dass die Ältere extrem langsam aß. „Langsam bekomme ich wirklich Kopfschmerzen.“
„Dann hör doch auf, mich auszuspionieren“, schnappte ich und steckte mir aus reinem Trotz gegenüber ihrer Spielerei mit dem Essen eine Nudel in den Mund. „Ich wette, du kannst es auch lassen, aber insgeheim findest du es ungemein interessant, was ich so denke. Gib’s doch zu.“
Ruth verzog grimmig das Gesicht. „Es strengt mich mehr an, dir nicht zuzuhören, als deinen Gedanken freien Lauf zu lassen.“
„Ja klar“, meinte ich abfällig und spülte das zerkleinerte Stück Teig in meinem Mund mit einem großen Schluck Wasser herunter.
„Das meine ich Ernst, Ada. Selbst die anderen haben ihre Gedanken einigermaßen beisammen, dass ich mir Mühe geben muss, sie zu hören. Bei dir plätschert alles so dahin wie ein Gebirgsbach.“
„In dem du auch unaufgefordert herumplanschst“, gab ich ärgerlich zurück und scherte mich nicht um die Überwachungsanlage. Vermutlich war ohnehin kein einziger Wissenschaftler mehr zur Beobachtung übrig geblieben, weil sich alle um Brad kümmerten, aber selbst wenn es nicht so gewesen wäre: Ich war sauer. „Dann sag mir doch einfach, wie ich sie vor dir ... vor dir verschließen kann! Offenbar hat ja jeder andere dafür ein natürliches Talent und nur ich als Telepathin bin zu blöd dafür.“

Sie sah mich mit ihren grauen Mausaugen auf ihre typische Ruth-Art an und fuhr sich durch die kurzen, strubbeligen, braunen Haare. Okay, Ada, es ist ganz einfach und mit der Zeit wirst du es vermutlich schon verinnerlicht haben und ganz von alleine tun. Du darfst nicht denken, dass dich keiner hören könnte, nicht gedankenlos drauflos plappern ... denken. Errichte eine Barrikade um deine Gedankengänge, in denen nur du dich zurecht findest.
Eine Mauer?
Ich schaute sie zweifelnd an, da mein skeptischer Ton in der Geisterstimme nicht mit rüberkam.
Wenn du es so willst, ja, eine Mauer. Für gewöhnlich ist eine da, aber du ... na ja.
Und wie soll das bitte schön gehen?
Ich bemühte mich, sie nicht mehr anzusehen, damit niemand den Verdacht aufbringen konnte, wir würden uns mental miteinander unterhalten. Eine Störung wäre jetzt äußerst unwillkommen gewesen.
Stell dir für den Anfang einfach eine Mauer vor, die deine Gedanken von der Außenwelt abschottet.

Ich seufzte entnervt, tat aber, was sie von mir verlangte. In Windeseile mauerte ich eine wunderschöne, rote, hohe Backsteinmauer rund um meinen Kopf - und kam mir dabei total idiotisch vor.
Hey, sehr gut. Und so ein ausgefallenes Exemplar. Die meisten haben nur langweilige Betonwände. Jetzt konnte ich nicht anders und sah sie einfach an. Auch sie wandte mir ihren Blick zu, den ich jedoch nicht deuten konnte. Wollte sie mich veräppeln? Hätte sie nicht mit Gedankenstimme gesprochen, hätte ich mir zu ihren Wörtern glatt einen spöttelnden Ton denken können. Ich glaube, es klappt schon. Ich kann dich gar nicht mehr hören, obschon es in deinem Gesicht sichtlich arbeitet. Ein Lächeln umspielte ihre schmalen Lippen. Endlich Ruhe.
Sehr witzig
, grummelte ich mit einer Stimme zurück, dir nur neutral klingen konnte, war insgeheim aber irgendwie stolz auf mich. Jetzt konnte ich auch endlich wieder schlecht von Ruth oder sonst wem denken, ohne, dass sie es mitbekam.

So leicht ist das nicht, Ada, machte mir da aber ihre Stimme in meinem Kopf einen Strich durch die Rechnung. Zunächst wirst du dir die Mauer tatsächlich bildlich vorstellen müssen, bis sie richtig dazugehört. Und danach kann man trotzdem noch deine Gedanken lesen. Als Telepath bist du jedoch in der Lage, das zu spüren. Das fühlt sich dann ungefähr so an ...

Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen explodierte plötzlich etwas in meinem Kopf und mich durchzuckte das absurde Bild einer gesprengten roten Backsteinmauer. Mein Kopf wurde nach hinten gerissen und ich wäre beinahe vom Stuhl gestürzt, konnte mich aber gerade noch keuchend am Tisch festhalten. „Au!“, rief ich schmerzhaft und hörte in meiner übeifrigen Phantasie wieder die Kameras näher zoomten. „Spinnst du!?“ Ich funkelte sie wütend an. Zu meiner Überraschung grinste sie.
„Tut mir Leid. Ich konnte mich nicht beherrschen.“ Ich starrte sie entgeistert an. In erster Linie jedoch nicht wegen ihrer Tat, sondern wegen der Gefühlsregung. Zeigte Ruth gerade eine Gefühlsregung? „Normalerweise macht man das natürlich dezenter. Das war schon eine extremere Variante, die selbst diejenigen, die keine Telepathen sind, als ein kurzes Stechen im Kopf wahrnehmen können.“
„Dann muss ich mich für die Extravorstellung wohl auch noch bei dir bedanken“, brummte ich und massierte meine Schläfen. Darauf antwortete Ruth wiederum nicht. Irgendwie wurde ich aus dieser Frau nicht schlau.

Halt!, erinnerte ich mich schnell. Mauer! Ich dachte mir schnell wieder meine schöne Barrikade. Schließlich wollte ich nicht, dass diese in Erinnerung bleibende Lektion umsonst gewesen war. Wenn ich schon etwas Neues zu meinem Telepathinnendasein dazu lernte, musste ich das auch gleich anwenden. Was für einen Sinn hätte es sonst?
Also, ich wurde aus Ruth nicht schlau. Ja, soweit war ich schon. Was wollte ich gerade fieses über sie denken?

Meine sinnlosen Gedankengänge wurden dadurch unterbrochen, dass ich plötzlich ein leichtes Vibrieren spürte, das ich zunächst für die >dezentere< Art Ruths gehalten hatte, in meine Gedanken einzudringen. So war es allerdings nicht, denn ganz unvermittelt wurde das Vibrieren zu einem ausgewachsenen, kräftigen Wackeln, das direkt von unter meinen Füßen kam.
„Was ... ?“, fragte auch Ruth verwundert und blickte nach unten zum Boden, der nun richtig bebte. Einige der verliebenden zwölf Mutanten sahen sich ebenfalls verwundert um und als der erste Stuhl umkippte und diesem bald ein Tisch folgte, erklangen auch die ersten Schreie.

Das harmlose Vibrieren war zu einer schweren Erschütterung geworden, die einem nicht einmal erlaubte, auf zwei Beinen stehen zu bleiben. Auch ich knickte einfach weg und landete neben Ruth auf dem Boden. Der Tisch wackelte gefährlich, stürzte um und unsere nicht gegessenen Nudeln flogen durch den Raum. Erschrockene Schreie drangen jetzt unablässig an mein Ohr, während weiteres Mobiliar krachend umkippte.
Ruth fragte mit erhobener Stimme, um den Lärm zu übertönen: „Was ... was ist das?“
Das hätte ich auch gerne gewusst.
__________________________________________________________________
to be continued..

Okay, und hier noch ein kleines Statement: Mir gefällt der Teil, ehrlich gesagt, nicht so gut. Vor allen Dingen gegen Ende wirkt es mir persönlich zu aufgesetzt. Aber ich habe auch nicht gewusst, wie ich das hätte ändern können und so langsam muss ich mich ja mal aus der Vorstell-Phase heraus arbeiten (obgleich es hinterher noch mehr zum Vorstellen gibt .. *seufz* ).
Nun denn, schreibt, was ihr dazu denkt :)

Danke für's Lesen,
- SnowWhite
 
Ein sehr schöner Teil. Besonders der Anfang war wirklich gut geschrieben - sehr lebendig. Die Lektion, wie man seine Gedanken abschirmt hat mir auch sehr gut gefallen, das war recht witzig... Und am Schluss wurde es natürlich noch mal mysteriös... Was das wohl ist?
 
Zurück
Oben Unten