.~' Blue Walls '~.

Mitzie

New Member
Hi alle zusammen!*wink*
Das hier ist eher ein Experiment und ich hoffe, es gefällt euch ein wenig. Die Hauptcharaktere sind alles andere als normal, aber sonst wäre es auch langweilig, oder?
Über Kommentare würde ich mich sehr freuen! Viel Spaß damit!



Ich gähne, als ich erwache. Helle Sonnenstrahlen scheinen auf mein Gesicht. Ungewöhnlich, denn eigentlich habe ich in meinem Zimmer immer das Rollo unten, um mich vor derart frechen Lichtstrahlen zu schützen. Verschwommen scheint mir alles, was ich sehe, und erst nach mehrmaligem Blinzeln wird mir klar, dass ich diese Zimmerdecke nicht kenne. Das ist nicht mein Zimmer, in dem ich liege. Und ich liege auch nicht in meinem Bett. Langsam, ganz langsam drängt sich mir der letzte Abend wieder in den Sinn und ich lächle, als ich die Hand fühle, die besitzergreifend auf meiner Hüfte liegt. Vorsichtig greife ich nach ihr, streiche darüber und nehme sie schließlich sanft in meine, um sie neben mir auf das hellblaue Laken zu legen. Dieses Laken ist nicht das einzige hier, was mir blau erscheint. Alles ist blau. Die Wände, der Teppich, sogar die Fenster sind hellblau. Nie hätte ich gedacht, dass dieses Haus so schön sein konnte. Niemals.
Nun, bevor ich zu der Person komme, die schlafend neben mir liegt, und die ich nun verträumt dabei beobachte, sollte ich erklären, wie alles so wurde, wie es jetzt ist, nicht wahr?
Ich lebe in einer kleinen Wohnung in der Nähe des Stadtzentrums. Sie ist, meiner Meinung nach, geschmackvoll eingerichtet und zeigt auch den Standard, den ich inzwischen durch viel Fleiß erreicht habe. Als ich vor 6 Jahren bei meinen Eltern auszog war ich ein verwöhntes Mädchen, das gerade den Abschluss in der Hand hielt und schon damit anfangen wollte die Welt für sich zu erobern. So begann ich also zu studieren, suchte mir einen Job und lernte viele Leute kennen. Wie das halt so ist, wenn man auszieht. Um Geld musste ich mir nicht wirklich Sorgen machen, schließlich hatte ich liebevolle Eltern, die mich monatlich mit einer Überweisung beglückten. Eigentlich arbeitete ich nur um mir zu beweisen, dass ich es auch konnte. Geldverdienen, Verantwortung für mich selbst übernehmen und nicht zuletzt damit zu wirtschaften. Sprich: Ich führte noch immer ein sorgloses Leben.
Ich kann mit Stolz behaupten, dass ich eine gewisse positive Wirkung auf die männliche Hälfte der Bevölkerung habe, was mich in meiner optimistischen Einstellung zum Leben nur bekräftigte. Nichts und niemand konnte mich erschüttern. Bis zu jenem Abend.
Meine Freundin hatte mich eingeladen, mit ihr einen neuen Club zu besuchen. „Komm schon! Alle werden kommen, du wirst sehen, wir werden uns toll amüsieren.“, hat sie gemeint und mir dann auf ihre unnachahmliche Weise zugezwinkert. Ich kannte diesen Blick von ihr und ich wusste, was er bedeutete. Sie hatte wieder ihre Phase und die endete normalerweise in der Wohnung eines hübschen Kerls. Nicht zuletzt natürlich in seinem Bett, versteht sich.
Letztlich habe ich nachgegeben, obwohl ich noch einiges zu lernen hatte. „Spaß muss sein!“, habe ich mir gesagt und bin einfach mit gegangen. Im übrigen hatte ich lange keine Bestätigung mehr bekommen. Abstinenz war ein schweres Vergehen gegen das ständig schwankende Selbstbewusstsein einer Frau.
In einen scharfen Fummel geworfen und nach dreistündiger Bearbeitung meiner selbst war ich endlich bereit, mich der Männerwelt zu präsentieren und es konnte losgehen.
Der Club war wirklich schön. Er wirkte eher gemütlich und die Musik war halbwegs erträglich. An einem der Tische entdeckten wir schließlich einige Jungs aus unserem Jahrgang und setzten uns zu ihnen. Christin war in ihrem Element. Ihr Augenaufschlag war perfekt einstudiert, genauso wie die Art, mit der sie zeigte, dass sie jemanden brauchte, der ihr zeigte, wie begehrenswert sie doch war. Ich musste grinsen. Ich mag sie wirklich, vor allem ihre offene Art, wenn es um Sex geht. Keine Stunde später war sie mit einem Typen auf der Tanzfläche und umgarnte ihn meisterhaft.
Tja, offensichtlich waren die Schwingungen, die ich an diesem Abend von mir gab, nicht so berauschend, denn es blieb bei nur 4 spendierten Drinks und 6 Aufforderungen zum Tanzen. Ich muss dazu sagen, dass ich nicht wirklich Lust hatte, mich mit einem dieser Kerle länger als eine halbe Stunde aufzuhalten. Mein vierter Drink an der Bar war auch der letzte, den ich an diesem Abend zu mir nehmen wollte und so machte ich Max, dem Spender, unmissverständlich klar, dass ich nach Hause wollte und er jetzt doch bitte aufhören sollte, mich zu bequatschen. Natürlich sagte ich ihm das etwas netter.
„Du Max, ich werde jetzt besser nach hause gehen. Gib mir deine Nummer, ja? Ich rufe dich an!“
Der Bierdeckel mit seiner Nummer landete in dem Papierkorb neben dem Ausgang, als ich die Bar verließ. In Gedanken an mein Bett vertieft bemerkte ich nicht, wie plötzlich jemand vor mir auftauchte. Es kam, wie es kommen musste! Der Aufprall meines werten Hinterteils auf dem gefliesten Boden im Eingansbereich war hart und schmerzhaft. Wütend sprang ich auf und blickte in zwei nussbraune Augen, die mich kühl anfunkelten.
Er stand noch, ohne Zweifel. Abwertend das Gesicht verziehend starrte er auf mich herab wie ein Rassepudel auf ein Stück verschimmeltes Brot. Ich war wie erstarrt. Was bildete sich dieser Kerl ein?
Blöderweise kam in diesem Augenblick Max auch noch angerannt und machte meine Schmach komplett.
„Lillian! Hast du dir etwas getan? Komm, ich helfe dir auf!“ In seiner Dummheit und Tollpatschigkeit vergaß er dabei seinen Batida Kirsch, den er noch immer in der Hand hielt und ergoss ihn vollständig auf mein neues Kleid. Ich sah 200 Euro im Abfluss verschwinden. Der Kerl lachte nicht. Als ich endlich wieder stand und ihm sagen wollte, was er doch für ein Idiot wäre, und ob er sich nicht entschuldigen wolle, zuckte sein Mundwinkel unmerklich.
„Du bist also diese Lillian? Ich kann nicht verstehen, was alle mit dir wollen. Aus der Nähe betrachtet bist du ja nicht mal hübsch.“
Ich weiß nicht mehr, was mir damals alles aus dem Gesicht gefallen ist, aber es aus wohl sehr komisch ausgesehen haben, denn er lachte kalt.
„Deine Gesichtszüge sind gerade entgleist, meinst du nicht, du solltest schnell einen Spiegel aufsuchen, um sie wieder zu richten?“
Wie dreist konnte dieser Kerl sein? Ich war schockiert! Wäre nicht dieser riesige rote Fleck auf meinem Kleid gewesen, für den sich Max nun, von mir und allen anderen ungehört, tausendmal entschuldigte, wäre ich wohl wieder in die Bar gegangen und hätte ihm gezeigt, wie manipulierbar doch die männliche Spezies war.
Wutentbrannt und nicht mehr auf mich achtend stampfte ich nach hause. Diese Nacht war sehr lang, muss ich sagen. Denn wenn ich etwas nicht leiden konnte, dann war es Kritik an mir. Ständig fragte ich mich selbst, was dieser Kerl sich eigentlich einbildete. Dabei sah er nicht mal gut aus...
Moment, wie sah er doch gleich aus? Ach ja, braune Augen, dunkle schulterlange Haare, gut gekleidet.... Erschrocken stellte ich fest, dass ich mir sein Äußeres sehr gut gemerkt hatte.
Und gegen 6 Uhr morgens stellte ich mit noch größerer Schach fest, dass ich die ganze Nacht nur an ihn gedacht hatte. Furchtbar!


TBC


Und? *Auf Reaktionen wart*
Mitzie
^_^
 
Gut. Der Stil und auch der Vorgriff am Anfang sind gelungen, die Erzählung (zumindest bis dato) schön ruhig. Nur weiter so :)
 
hui hui hui^^
das nennt man wohl.. äh.. ich weiß nicht wie mans nennt :dodgy:
nya egal^^ der teil war supi, dein schreibstil ebenfalls und rechtschreibfehler oder sonstiges konnte ich nicht entdecken :D

außerdem war der teil gut zu lesen^^ ein daumen nach oben^^
davon abgesehn dass seit geraumer zeit nicht weitergeht sehr gut^^

ich freu mich schon auf den nächsten teil, falls es weitergeht sweatdrop

prost :beerchug: mila
 
Hi!
Danke erstmal für die Kommentare.
Und bei stLynx war ich besonders platt... wo du doch sonst mit Lob sehr sparsam umgehst! o_ò
@Mila: Danke danke! *gg*
Ich mach ja schon weiter ^^ Es ist nur in letzter Zeit so heiß gewesen, dass ich gar keine Lust hatte, die Temperaturen mit Hilfe eines glühenden Monitors noch weiter hoch zu setzen ;)
Aber es soll ja jetzt wieder kühler werden, also geht sicher auch schneller weiter ^^
-------------------------


Der Tag nach dieser furchtbaren Nacht war ähnlich schrecklich.
Offensichtlich sah mir auch die männliche Hälfte der Erdbevölkerung meine Laune an und so kam ich nicht zum Explodieren. An diesem Morgen in meiner Vorlesung hasste ich die Tatsache, dass es solche Wesen überhaupt gab. Wofür waren sie denn da? Entweder sie waren berechenbar und sabberten allen kurzen Röcken mit annehmlicher Aussicht hinterher, oder sie waren einfach nur... einfach nur... ich fand kein richtiges Wort dafür und mein frustrierter Zustand verschlimmerte sich. Und ich habe wirklich lange nach einem passenden Ausdruck gesucht! 6 ganze Stunden, während ich bitterböse Blicke auf ebendiese „Monster“ warf.
Meine Professoren kamen dabei eigenartigerweise besonders schlecht weg.
Es gibt Zeiten im Leben, da braucht man eine Freundin, und das war eine solche Zeit für mich. Leider bekam ich Christin, die beste Ansprechpartnerin für diese Art Probleme, nicht zu sehen. Sie hatte Freitags ohnehin keine Seminare oder Vorlesungen und verbrachte offensichtlich noch den ganzen Tag bei ihrem kleinen Flirt. Wer hätte damals auch ahnen können, dass dieser Flirt aus einer einsamen Studentin eine zweisame machte? Wohl niemand. Christin war immer viel zu vorsichtig für so etwas gewesen, hatte ständig Vorkehrungen für den Fall der Fälle getroffen, aber bei diesem einen Mann schien alles anders zu laufen. Im übertragenen Sinne.
Kurz: Sie war beschäftigt.
Nun gut, so verbrachte also ein kurz vor dem Ausbruch stehender Vulkan diese vorher schon erwähnten 6 langen Stunden allein und begab sich anschließend in seine wunderbar ruhige Wohnung, um die Kopfschmerzen auszukurieren, die sich im Laufe des Vormittages bemerkbar gemacht hatten.
Ich nahm ein erholsames Bad, pflegte meinen Körper und gleichzeitig meinen angeknacksten Stolz, und erzählte mir selbst, wie Unrecht dieser furchtbar hässliche Kerl doch hatte. Ich konnte jeden haben, wenn ich wollte! Und wenn ich ihn noch mal treffen würde, dann würde ich ihm das auch zeigen! Jawohl!
Die Tatsache, dass er mir unter anderen Umständen vielleicht sogar positiv aufgefallen wäre, verdrängte ich geschickt.
Drei Stunden später und um unheimlich viele Pflegestoffe reicher, verließ ich das Badezimmer und freute mich auf einen ruhigen Nachmittag auf meinem Sofa, gemeinsam mit dem treuesten Liebhaber ever – meinem Fernseher. Ich hatte gerade das passende Programm gefunden und mich mit fettarmen Puffreis versorgt, da klingelte das Telefon und störte die neu aufgebaute gute Stimmung. Ich sah meine Selbstbeherrschung wieder bröckeln und ging vorsichtshalber an den Apparat, bevor mich das penetrante Geklingel in den Wahnsinn trieb.
Meine Mutter war am Telefon und klang äußerst wässrig. Um genau zu sein heulte sie wie ein Schlosshund und ich verstand kein Wort.
Genervt schnaubend bat ich sie, sich zu beruhigen und endlich zu erzählen, was der Grund ihres Ausbruches war.
„Häschen, deine Großtante Selma ist gestorben.“, begann sie und ein weiterer Schwall von Schluchzern quoll aus dem Hörer hervor. Ich wusste gar nicht, was ich davon halten sollte. Fragezeichen schwebten vor meinem inneren Auge und lenkten mich tatsächlich für einen Moment von meinem sehr interessanten Fernsehprogramm ab. Warum war meine Mutter bitte so aufgelöst? Sie hatte nicht mal bei Großvaters Beerdigung eine Träne vergossen! Und wer zum Henker war Tante Selma?
Aber wer weiß schon, was sie wieder hatte. Einen Anfall von Depressionen oder sogar ein schlechtes Gewissen? Vielleicht glaubte sie, jetzt um alle Verwandten sehr trauern zu müssen. Oder sie hatte mit einem Blick in den Spiegel festgestellt, dass sie einfach alt wurde. Und mit dem Alter wird man verlassen, das passiert nun mal und gehört dazu. Etwas, was ich zwar theoretisch schon wusste, aber es trotzdem noch selbst zu lernen hatte. Doch dazu später.
Kopfschüttelnd versuchte ich also, sie wieder zu beruhigen und ihr weitere, aufschlussreichere Informationen zu entlocken, den Fernseher immer im Auge behaltend.
„Und, weißt du was? Sie hat ganz in deiner Nähe gewohnt! Deine Großtante wohnte in diesem Villenviertel bei euch in der Stadt!“, berichtete meine Mutter weiter aufgeregt. Ruhig machte ich sie darauf aufmerksam, dass sich besagtes Viertel nicht in meiner Nähe, sondern am anderen Ende der Stadt befand. Immerhin eine Stunde mit dem Auto entfernt. Und für jemanden, der gar kein Auto besitzt, ist das sehr weit.
„Das ist doch egal, mein Häschen, hör doch erst, was deine Mutter dir zu berichten hat!“
Habe ich schon erwähnt, dass ich es hasse, wenn sie mich so nennt? Ich liebe meine Mutter wirklich sehr. Ich würde sogar sagen, dass sie die beste Mutter war, die ich hätte bekommen können, aber so manches Mal waren mir meine Eltern einfach nur peinlich. Inzwischen ist es mir egal, was sie mir für Kosenamen gibt. Hauptsache, sie ist da. Das reicht mir.
„Ja, Mama, ich höre dir doch zu!“, entgegnete ich trocken und lehnte mich zurück. Ich hörte eigentlich nur noch halb zu, der Film im Fernsehen war interessanter.
„Also, Häschen. Tante Selma ist letzten Monat gestorben und hat eine Menge zu vererben!“
Wieder ein Schluchzen, aber ich war mir jetzt nicht mehr sicher, ob er von Trauer oder von Freude ausgelöst wurde.
„Der Termin beim Notar ist morgen 11 Uhr und wir wurden auch geladen!“
Jetzt war der Film vollkommen uninteressant. Neugierig beäugte ich den Tisch, auf dem das Telefon stand, als könne er mir helfen, die Sache genauester zu klären. In meinem Gehirn arbeitete es. Eigentlich hasse ich es, wenn jemand durch so etwas einen eigenen Profit herausschlägt, sich am Tod anderer bereichert, wenn auch unabsichtlich. Das Resultat ist meist das Gleiche: Verschwendungssucht und Angeberei.
Ich sollte noch so einiges über mich selbst lernen.
„Oh, wirklich Mama?“
Ich kann auch nichts dafür, schließlich bin ich ein ganz normaler Mensch! Wer würde in Anbetracht so einer Aussicht nicht auch neugierig werden? Gut, ich gebe zu, ich bin vielleicht kein besonders guter Mensch, aber seien wir doch mal ehrlich! Jeder freut sich über ein Erbe, wenn es nicht gerade ein Berg von Schulden ist.
So also auch ich. Mein Abend war gerettet. Die nächste Stunde verbrachte ich damit, meine Mutter darüber auszufragen, wer denn nun eigentlich Großtante Selma wäre, warum sie mir nicht bekannt war und wie sich wohl das Erbe gestalten würde.
Zu meiner großen Freude hatte sie wohl außer uns keine anderen Verwandten mehr. Die Schwägerin meiner Großmutter, eine gebbürtige Amerikanerin, war schon sehr alt gewesen und hatte durch einen Zufall meinen bettelarmen Großonkel kennen gelernt. Er war schon früh gestorben und sie hat nie wieder jemanden gefunden, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen und ihr Vermögen teilen wollte. Sie war noch in ihrer Jugend durch eine andere Erbschaft an viel Geld gekommen und hatte wohl sehr gut gewusst, es geschickt zu verwalten. Das Vermögen hatte, laut den Informationen meiner Mutter, nicht wirklich abgenommen. Zinsen und ein glückliches Händchen in finanziellen Angelegenheiten verhalfen sogar eher dazu, es noch wachsen zu lassen. Am wertvollsten von allem sollte aber ihr Haus und das kleine Anwesen sein. Mutter berichtete, dass es noch aus dem 18 Jahrhundert stammte und die Grundmauern sogar die eines noch viel älteren Hauses waren.
Wie konnte ich auch in diesem Augenblick ahnen, dass sie es mit jemandem geteilt hatte? Wie konnte ich ahnen, dass sie mir ähnlicher gewesen war, als ich je gedacht hatte?
Für mich war sie seit diesem Gespräch nur diese fremde, reiche Frau, die gestorben war und nun etwas zu vererben hatte.
Wenn ich mich jetzt hier umsehe, dann verstehe ich sie absolut. Den Schmerz und das Glück. Das Leid und die Freude. Alles. Und wenn ich ihn ansehe, weiß ich, dass der ewige Kreislauf dieses Wechsels in diesem Haus nun ein Ende hat. Jahrhunderte lang waren Menschen in diesem Haus dem Teufelskreis – ja, dieses Wort ist in jedem Falle passend – erlegen. Aber endlich ist es vorbei und es weht ein neuer Wind hier. Ein Wind des Vergessens, der neue, schöne Erinnerungen schafft. Hoffentlich.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
TBC
Wenn ihr wollt! ;)
Mitzie
^_^
 
Zuletzt bearbeitet:
*quieck* Also deine Story gefällt mir echt gut! Dein Schreibstil ist einfach fesselnd und ich kann gar nicht genug bekommen! :D
 
boobah!! wahnsinn! der teil war einfach spitze!
un die arme großtante selma...
irgendwie hab ich dass gefühl dass dieser typ auch zu diesem Notar geht .... O.o
nya, wir werden ja sehen^^

ich freu mich auf den nächsten teil und beschaff dir dochh ein ventilator damit ich nicht so lange warten muss *gg* :D

bye, mila
 
Interessanter Schreibstil *fg*. Irgendwie so schön zynisch.
Diese Lillian scheint genau zu wissen, was sie will....das sieht man schon an ihrem Interesse an der Erbschaft.

Ich denke übrigens auch, dass sie bei der Testamentseröffnung diesen Typen wieder trifft..O_o
 
Gut. Mir gefällt dieser ironische Stil. Die Vorgriffe waren diesmal ergiebiger, man kann sich jetzt zumindest denken, dass offenbar die Ich-Erzählerin dieses Haus erbt und damit irgendetwas ist...
 
Entweder sie waren berechenbar und sabberten allen kurzen Röcken mit annehmlicher Aussicht hinterher, oder sie waren einfach nur... einfach nur... ich fand kein richtiges Wort dafür und mein frustrierter Zustand verschlimmerte sich.

Das Zauberwort ist SCHWUL, Süße. ;)

Dass du zu so mancher fragwürdigen Geschichte stehst, weiß ich ja (und bin es auch gewohnt). Aber meinst du nicht, dass du etwas zu viel "Sex and the City" geschaut hast? :D

Dann zeige mir mal, wie aus der einsamen Kämpferin ein zahmes Kätzchen wird.

Dein Ran-chan
 
Ich danke euch allen erstmal für eure Kommentare.

@mopzi: *mitquiek* LOL
@stLynx: Sei nicht so gierig... Immer willst du alles auf einmal wissen. Wäre doch langweilig, wenn der Autor immer gleich alles verraten würde, oder?
@Mila: Gomen, bei mir hat nichtmal ein ventilator geholfen ^^° Ich werd dich jetzt auch nicht mit Ausreden zukippen, der Typ bin ich nicht ;)
Aber es geht endlich weiter! ;)
@Nalee: Tjaaaaaa, aufgetaucht isser nicht *gg* Aber vielleicht kommt er ja später nochmal LOL
Ich hzabe den Vorteil, dass ich genau das schreiben kann, was ihr gerade nicht erwartet :P
@Ran-chan: Och nööö, nicht doch. Es gibt auch nette und nicht-schwule Typen. Schau doch dich an, auch, wenn du anfangs nicht sehr... umgänglich warst ;P
Und SATS? Kommt nicht mehr und ich schreib trotzdem weiter ;P
Was sagt dir das? :kawaii:




Das Wetter an diesem wichtigen Samstagmorgen war einfach wundervoll. Der Sommer zeigte sich noch ein letztes Mal und verschob die dicken Regenwolken, die der Herbst vor einigen Wochen mitgebracht hatte. Es war kühl und der Wind rauschte im bunten Laub der Kastanien, die in der Straße wachsen, in der sich damals meine Wohnung befand. Ermunternd blies er mir ins Gesicht, während ich auf meine Eltern wartete.
Es war Punkt 9 Uhr und sie kamen wie immer zu spät. Aus diesem Grund hatten wir auch die Zeit der Verabredung etwas vorverlegt, schließlich musste man bei meinen werten Erzeugern mit allem rechnen.
Trotz allem war ich nicht wie immer genervt, sondern strahlte mit der Sonne um die Wette. Ich muss dazu sagen, dass ich Unpünktlichkeit von allen schlechten Eigenschaften am meisten hasse. Warterei ist Verschwendung von Zeit, die man wesentlich effektiver nutzen konnte.
Heute gibt es nur wenige Menschen, denen ich einen solchen Ausrutscher verzeihe, wenn auch nur schwer. Und das sind die, die mir absolut wichtig sind. Meine Eltern gehören dazu, haben immer dazugehört. Das ist übrigens eines Dinge, die ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste.
Wenn ich jetzt über mich nachdenke, war ich damals einfach ein oberflächliches, eingebildetes Gör. Nie hätte ich gedacht, dass sich ein Mensch so wandeln kann. Dass sich Gefühle und Ansichten so ändern können.
Heute weiß ich es. Und ich bin froh, dass ich alles hinter mir habe. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich zu einem neuen, guten Menschen geworden bin. Viel mehr habe ich begriffen, dass es wichtigere Dinge gibt, als Materialismus und Prestige.
Endlich fuhr der Wagen meiner Eltern vor. Mit ungefähr 20 Minuten Verspätung. Aber, wenn ich ehrlich bin, hätte ich noch länger dort in der Sonne stehen und das warme Gefühl auf meiner Haut genießen können.
Stattdessen saß ich neben meiner Mutter und unterhielt mich aufgeregt über Tantchen Selma, die uns beiden plötzlich so wichtig war. Ihr Erbe zumindest.
Natürlich waren wir die letzten beim Notar und natürlich wurden wir schon erwartet, wenn auch nur von den anderen „Erben“, die gespannt auf unseren Teil der Familie waren.
Stolz traten wir ein und betrachteten kritisch das kleine Grüppchen von alten Herrschaften. Leises Geflüster lag wie eine Decke über uns und hüllte uns ein. Nicht, dass mich das interessiert hätte. Nein, viel zu aufgeregt war ich. Ich war damals auch viel zu aufgeregt, um zu bemerken, dass es meinem Vater weniger gut ging. Er war immer schweigsam gewesen. Ein stiller älterer Mann, der sein Leben zu genießen schien und seine Umgebung mit Freude beobachtete. Ein stiller älterer Mann, der immer stiller wurde und schließlich ganz schwieg. Heute antwortet nur noch der Wind in den Eichen auf meine Fragen. Oder der Regen. Manchmal ist es auch ganz still, dann weiß ich, dass er uns beobachtet, über uns wacht und lächelnd schweigt.
Im Wohnzimmer steht ein Bild von ihm, daneben immer frische Blumen. Im Moment ist es ein Strauß kleiner Inkalilien, seine Lieblingsblumen. Sie passen perfekt zu den dunkelblau gehaltenen Vorhängen und den hellblauen Wänden.
Aber genug davon und zurück zu jenem Morgen. Um kurz vor 11 meinte die Sekretärin des Notars endlich, dass wir sein Büro betreten konnten. Ich weiß noch, wie mein Herz heftiger zu schlagen begann, als wir in den modern eingerichteten Raum traten und unsere Plätze einnahmen. Ein kleiner Mann der in etwa so alt war, wie mein Vater, stellte sich als jener gefragte Notar vor und nahm schließlich hinter seinem großen Schreibtisch Platz, um das Testament zu verlesen. Noch heute läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken, wenn ich an die Atmosphäre denke, die plötzlich herrschte. Alles war still, es schien, als hielt jeder für einige Momente die Luft an. Nur das Rascheln der Dokumente auf dem Schreibtisch war zu hören.
„Meine Lieben,“, begann der Mann zu lesen und mir wurde augenblicklich klar, dass wir nicht dazu zählten. Diese Frau kannte uns nicht und trotzdem waren wir hier und hatten an ihrem Vermächtnis Teil. Kein Besuch, keine Briefe, keine Anrufe verbanden uns mit Tante Selma. Nicht einmal Fotos kannten wir von ihr. In genau diesem Moment beschlich mich etwas, was einem schlechten Gewissen sehr ähnlich war. Ich kannte dieses Gefühl nicht und schob es bei Seite, so schwer mir das auch fiel. Heute weiß ich, dass es Reue war. Schon zwei Worte ließen mich fühlen, was für ein Mensch diese Frau gewesen war. Sicherlich liebenswert und gütig. Gezeichnet von dem, was sie erlebt hatte. Die Zeit, die sie in ihrem Haus verbracht hatte, war prägend gewesen, hatte trotz allem Missgunst und Neid wachsen lassen. Aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht und das soll auch jetzt nicht weiter interessieren.
„Ich möchte zunächst, dass ihr wisst, wie sehr ich euch vermisst habe und es tut mir leid, dass ich mich so selten gemeldet habe.“, las der Notar weiter und eine andere Stimme flüsterte im Hintergrund. Es war ein älterer Mann, der sich zu den anderen Erben gesetzt hatte und nun alles Wort für Wort übersetzte.
„Nun ist es zu spät, um euch noch einmal wieder zu sehen, bitte verzeiht mir.
Dolores, liebste Schwester. Ich habe gebetet, dass du kommst, und freue mich, wenn du nun anwesend bist, um meine Worte zu hören.“
Wieder gab es eine Pause und in einer Ecke begann eine untersetzte alte Frau zu schluchzen, während der Dolmetscher alles in ihre Muttersprache übertrug.
„Du sollst mein gesamtes Geld bekommen. Es ist auf drei Konten verteilt und wird dir helfen, dein Haus zu renovieren, wie du es dir gewünscht hast.“
Das Schluchzen wurde lauter und ich verdrehte die Augen. Den Anflug von Mitgefühl wischte ich gekonnt weg. Warum auch nicht? Andere Menschen interessierten mich nur, wenn ich sie kannte.
Ein Schnauben unterdrückend, weil sich bei mir nun Missgunst einstellte, betrachtete ich die Wände des Büros.
„Max, mein lieber Neffe. Du sollst die Aktien bekommen, die ich besitze. Ihr Wert ist in den letzten zwei Jahren erheblich gestiegen und wird dir und deiner Familie helfen, ein sorgloses Leben zu führen. Angela kann mit dem Erlös das Restaurant eröffnen, wie sie es vorgehabt hatte und ihr könnt eure Kinder aufs College schicken.“
Geflüsterte Worte lösten die des Notars ab und man konnte der kleinen Familie ansehen, wie froh sie über diese Nachricht war.
Mein Neid wuchs und ich traute mich nicht, meine Eltern anzusehen. Ich wollte nicht, dass sie sahen, wie verdorben doch ihr „Engelchen“ war.
„Nicole, du hast für mich mein Haus in Connecticut verwaltet und sauber gehalten. Ich danke dir herzlich dafür, meine liebe Freundin. Ich möchte, dass du es behältst und selbst entscheidest, was du damit anstellst.“
Eine andere alte Frau wurde nun von ihrem Mann getröstet, auf dessen Gesicht ein trauriges Lächeln stand.
Ich atmete tief ein und schaute in eine andere Richtung. Sonst hätten mir meine Gedanken am Ende noch leid getan, und das wollte ich auf keinen Fall.
„Franziska, Markus und Lillian, ihr sollt mein Haus in der Waldstraße bekommen.“
Meine Mutter schlug sich ihre Hand vor den Mund und Tränen standen in ihren Augen. Bis heute weiß ich nicht, ob aus Enttäuschung oder Freude. Es ist auch nicht wichtig. Wichtig war mir in diesem Augenblick nur, dass sie für jeden ein liebenswertes Wort übrig gehabt hatte. Für uns nicht. Damals ist es mir egal gewesen. Warum auch nicht, schließlich waren wir ihr nie im Leben begegnet. Ich vermutete einfach, dass wir es deswegen bekamen, weil wir die einzigen hier lebenden Verwandten waren.
Mit ein paar abschließenden Worten war die Verlesung beendet und es kam zum formellen Teil dieser Veranstaltung.
Viele Unterschriften und etwa eine Stunde später, verließen wir mit einem schweren Schlüsselbund und der Besitzerurkunde für unser neues Haus das moderne Gebäude und machten uns auf den Weg zu jenem wichtigen Ort.
Dem Ort, der mir jetzt ein Zuhause ist, und den ich nicht mehr missen möchte. Einen Ort, den ich ebenso liebe wie hasse. Der Ort, an dem ich mein wahres, hässliches Ich entdeckte.


---------------------------

TBC

^_^
Mitzie
 
*weiter quiek* ^^ Endlich gez weiter! *froi*

Schön geschrieben ... hat mir gefallen. Eigenartig nur, das Lilian das so gelassen aufnimmt. Aber sie erzählt ja aus ihrer Vergangenheit und scheint in dem Haus ja schlechte Erfahrungen gemacht zu haben?!
Ich frage mich nur, warum diese Tante denen ihr Haus vermacht, wenn sie doch keinen Kontakt zueinander hatten ... nya.
Vom Schreibtstil allerdings, fand ich die ersten beiden Teile besser ... egal. ^^
 
Gut. Du hast die Stimmung und v.a. die Einstellung des "Ichs" gut rübergebracht. Es fiel mir nur etwas schwer, nach längerer Pause wieder in die Geschichte hereinzufinden :rolleyes:
 
Hm, interessante Geschichte....die Ich-Perspektive mag ich, dann kann man sich imho viel besser in die Person hineinversetzen....

Dann frage ich mich nur, auf welche Art und Weise sie ihr Ich entdeckt hat.....;).
 
Hallo an alle, die hier trotz langer Wartezeiten noch weiter lesen...

@alle die sich über die Geschichte wundern: Ich tu es auch ^_^°




Tage vergingen und Wochen. Blätter fielen und Worte wurden getauscht. Wände wechselten und wurden von hellen Sommerfarben zu einseitigem Blau. Ich weiß noch, dass ich überlegt habe, sie neu streichen zu lassen, aber schließlich Gefallen daran gefunden habe, warum auch immer.
Mein Weg zur Uni war jetzt um einiges länger, aber das machte mir nicht allzu viel aus. Mein Studium ging in diesem Semester dem Ende zu und ich lernte viel öfter daheim, als zum Ort der Bildung zu gehen. Meine Eltern hatten beschlossen, dass ich das Haus bekäme, solange sie noch berufstätig waren. Danach wollten sie eventuell umziehen und ihre Eigentumswohnung verkaufen. Ich wusste um die Entscheidungsfreudigkeit dieser beiden Menschen und war mir sicher, dass ich das Haus bis an mein Lebensende behalten würde.
Nun lebte ich in diesen alten Wänden, hatte noch nicht die Zeit und das Durchhaltevermögen gefunden, sie vollständig zu erkunden und zu sehen, dass der alte Kasten es in sich hatte. Und das hatte er wahrlich, wie ich noch feststellen sollte, aber dazu später.
Die Sachen meiner Großtante waren fast alle verschwunden und in eine Kammer auf dem Dachboden verbannt worden, wenn sie nicht an ihre anderen Verwandten gegangen waren. Ich hatte mir gedacht, diese Frau ist tot, und das einzige, was sie mit diesen Dingen hinterlässt, ist Unbehagen. Es war eigentlich so, dass ich Angst davor hatte, in irgendeiner Weise ihrem Geist zu begegnen. Aber nein, ich hatte keine Angst. Ich nicht. Nicht vor einer alten Schachtel, die mich nicht kannte und die ich nicht kannte. Ich nicht.
Nur das Mobiliar war noch fast vollständig da, denn ich war beim Betreten des Hauses sofort der Ansicht gewesen, dass diese Frau, der ich in anderer Hinsicht so wenig Respekt entgegenbrachte, wie man es einer Schnecke gegenüber tut, Geschmack gehabt hatte.
Ein einzelnes Stück ihrer Persönlichkeit, zumindest glaubte ich, dass es nur dieses eine Stück war, befand sich noch direkt in meinen Händen, und das jeden Abend.
Ein dickes, in rotes Leder gebundenes Buch mit sicher ebenso alten Lederbändchen, die es schlossen, war meine abendliche Lektüre, seit ich es gefunden hatte. Aus irgendeinem Grund fand ich, das Lesen in diesem Buch würde meine Einstellung zu ihr nicht ändern. Nicht ein Hauch von Scham hatte sich bei mir gemeldet, als ich in das Leben und die intimsten Gedanken einer Verstorbenen eintauchte, die ich nicht einmal kannte. Vielleicht war es das, was mich an diesem Buch so fesselte, vielleicht aber auch Schicksal. Oder aber das, was alles miteinander verband in diesen Mauern.
Es waren zunächst nur einfache, kurz gefasste Einträge über das alltägliche Leben einer gerade 17jährigen gewesen und ich hatte gelacht über die kindliche Naivität, die darin steckte. Nichts besonderes im Großen und Ganzen, meinte ich bis ich die unterschwellige Unzufriedenheit in ihren Worten, in der Art, wie sie die Buchstaben formte und Sätze baute, erkannt hatte. Sie schien ungeduldig auf das Leben, was sie erwartete zu sein und plötzlich brachen die Einträge ab. Es waren leere Seiten gefolgt und ich hatte das Buch wieder bei Seite gelegt. Rechnungswesen war schließlich die Priorität an jenem ersten Tagebuchabend gewesen, und ich hatte den unerotischen und humorlosen Zahlen meine ganze Aufmerksamkeit geschenkt.
Nach diesen leeren Seiten folgten einige Einträge, die ich damals nicht verstand, es vielleicht jetzt noch nicht tue, aber Fazit ist, dass Tantchen zu dieser Zeit schon wesentlich älter war. Sie hatte inzwischen ihren zukünftigen Gatten kennen gelernt und für mich war es zweifelsohne er, den sie beschrieb.

„Ohje, und wie ich ihn vermisse! Diesen albernen, diesen so perfekten Mann! In seiner Gegenwart fühle ich mich vollkommen und unzulänglich zugleich, weil er das ist, was mir fehlt, und weil er so perfekt ist, dass ich nur minderwertig sein kann. Es verletzt mich, wenn er mir zeigt, was er kann, und mir gleichzeitig zeigt, dass ich es nicht kann. Ich hätte nie gedacht, dass etwas so schönes gleichzeitig so schmerzlich sein kann. Ich muss lachen über ihn, muss weinen über ihn und ich sehne mich nach ihm wie ein hungriges Kätzchen nach Milch. Sag mir, kann ich ihn halten? Kann es sein, dass dieser perfekte Mensch, dieser vollkommene Mensch etwas so tollpatschiges und untalentiertes wie mich lieben kann? Es ist unmöglich, oder? Aber kann ein so reiner Mensch lügen? Warum sagt er so etwas, wenn es nicht stimmen kann? Oder unterschätze ich ihn?
Ist er der Wolf im Schafspelz, vor dem mich meine Mutter immer gewarnt hat?
Jeden Tag gehe ich in unsere Kapelle und bete um Eingebung, voller Hoffnung eine positive Erkenntnis zu erlangen. Jedes Mal, wenn er schreibt, trage ich seinen Brief mit mir herum, lese in tausend mal, bis er fast unleserlich ist.
Und ich hoffe, oh ich hoffe so sehr, dass er ehrlich ist.“

An dieser Stelle waren die letzten Worte unleserlich geworden, wahrscheinlich hatte sie an dieser Stelle geweint, „Warum auch immer...“, habe ich mir damals gedacht. Mit meinem begrenzten Wissen und meinem übergroßen Ego hatte ich nichts begriffen. Ich hatte mich damals gewundert, was diese Einträge für eine eigenartige Stimmung mit sich trugen. Da war keine Perfektion eines Gefühls, so wie es oft im Fernsehen dargestellt wird. Nichts war da von vollkommener Liebe. Diese Liebe war bitter und süß zugleich, und erst heute weiß ich, dass sie echt war.
Aber damals.... damals wunderte ich mich nur darüber, warum sie denn nicht einsah, dass er nicht der Richtige für sie war. Heute sagt man dazu, „er ist eine Nummer zu groß für dich Schätzchen. Gib’s auf!“
Kopfschüttelnd und mitleidig lächelnd hatte ich das Buch an dieser Stelle weggelegt und begonnen über mich selbst nachzudenken. Ich hätte dem Kerl wahrscheinlich ins Gesicht gesagt, dass er ein Arschloch war und so ein zartes Wesen wie sie nicht verdient hatte. Ohne es zu bemerken war mir Tantchen näher gekommen, ich hatte Sympathien entwickelt für dieses Mädchen. Oder war es nur Mitleid, Mitleid mit einem Wesen, was nicht die Kraft hatte, so gut, so klug, so schön und talentiert zu sein wie ich? Ich habe keine Ahnung, aber alles ist bei mir möglich.

„Und dann... wenn er da ist, und wir gemeinsam Dinge tun, ja immer Dinge tun, die er kann und ich nicht, oder nur wenig, habe ich Angst, seinen Spaß zu mindern mit meiner Unzulänglichkeit... Er redet lieb, meint, es mache ihm nichts aus, aber ich kann es in seinen Augen sehen, kann es in seiner Stimme hören.... es stört ihn. >>Kannst du denn überhaupt etwas richtig?<<, fragen seine Augen und ich muss jedes Mal mit nein antworten. Und manchmal fühle ich es regelrecht, diese eisige Kälte, diese Angst, ich könnte nicht gut genug sein und er würde eine Bessere finden. Wie sie nach mir greift, diese Angst, und mich wünschen lässt, wir hätten uns nie getroffen! Gott, ich bin ein niederträchtiges Stück, schlecht von ihm zu denken!
Aber warum? Warum sind da diese Zweifel?
Letzte Nacht hatte ich einen furchtbaren Traum. Wir waren reiten und ich hatte Angst, auf dieses große Tier zu steigen. Natürlich hatte ich Reitstunden genommen, als ich ein Kind war, aber was nützten sie mir jetzt? Der Sturz, den ich mit 13 gehabt habe sitzt mir noch immer tief in den Knochen und ich habe gesagt, ich könnte nicht reiten, es ginge nicht.
Plötzlich hatte er diesen Blick gehabt, diesen für ihn so untypisch unhöflichen Blick, hatte die Augen verdreht und mich mit diesem mitleidigen und überheblichen Ausdruck gefragt, ob ich überhaupt etwas könne. Ich weiß nicht warum, aber ich habe gesagt >>Wenn ich unzureichend bin, dann geh doch einfach! Geh zurück zu deiner Familie und such dir ein Vorzeigepüppchen mit Talent für alles, aber lass mich in Ruhe!<<
Dann bin ich gegangen, mit dem Gefühl im vollen Recht zu sein, und drehte mich nicht mehr um. Ich hörte keine Schritte von ihm, überhaupt keine Schritte hinter mir. Nur, wie etwas in schwer auf den Boden rutschte. Und dann leise gesprochene Worte. >>Jetzt verstehe ich.<< Verletzte Worte, gesprochen mit gebrochener Stimme. So oft hatte er gesagt, er liebt mich, so oft habe ich Gefühle bei ihm gesehen, Schmerz, Freude und Angst, aber nie war mir aufgefallen, wie verletzlich er wirklich war. Und ich drehte mich um und sah diesen Schmerz. Und über alle Ungerechtigkeit hinweg tat es am meisten weh, zu sehen, wie er litt. Es zerriss mir das Herz, mein Hals brannte und dann konnte ich nur noch Konturen sehen, und war dankbar dafür.
Ist das Liebe? Der Wunsch, ihn immer glücklich zu sehen? Freude, wenn er lacht, und Angst, dass er sein Lachen einer anderen schenken könnte? Bin ich selbstsüchtig, weil ich mir wünsche, er gäbe es immer mir? Aber was...?
Alles ist so verwirrend, seit ich ihn kenne. Die Welt ist aus den Fugen und alles ist so widersprüchlich wie nie zuvor. Wäre er nicht besser daran, sich von mir zu trennen und sich etwas Ebenbürtiges zu suchen? Wäre es vielleicht besser, ich würde ihm Ade sagen? Wäre er dann glücklich? Da wäre keine Spaßbremse mehr, die er mit seinen Freunden arrangieren müsste, da wäre niemand mehr, dem er erst zeigen musste, wie dies und das ginge, niemand mehr, über dessen Unwissenheit er sich ärgerte. Wäre das nicht besser?“

Nach diesen Worten eines in meinen blinden Augen so dummen und naiven Mädchens, was endlich begriffen hatte, dass es besser war, sich zu trennen, von dem Mann, der zu gut war für sie, auch wenn er ein Arschloch war, fühlte ich mich besser und schlauer als je zuvor und beschloss, dass ich meine Wirkung auf das männliche Geschlecht wieder einmal testen sollte. Heute weiß ich, dass es nicht war, weil ich mich meiner Großtante im Tagebuch gegenüber überlegen fühlte, sondern weil ich mir beweisen wollte, dass ich nicht so war. Dass ich stärker war, als sie es je gewesen ist.



TBC

Mitzie ^_^
 
Waah, es geht weiter. *froi* ^^

Nun, nach den vielen Monaten Pause, fiel es mir doch etwas schwerer, wieder in die Geschichte einzusteigen, aber dann klappte es doch. ^^;;
Ich bin wirklich immer noch begeistert von deinem Schreibstil, nur sind dir diesmal ein paar Fehler unterlaufen ( die vielleicht in der Hektik entstanden sind? ).
Was soll ich sonst sagen? Wirklich alles schön beschrieben, auch die Gedanken von Lillian. Aber irgendwie ist sie eine ziemlich arrogante Person, oder? >.>" ( Kann sein, dass das schon mal erwähnt wurde, aber dies ist schon so lange her. OO" ) Ich meine, sie kommt daher und sagt, sie wäre eindeutig was Besseres als ihre Tante. Nun ja, in der Gegenwart hat sie wohl verstanden, dass sie es nicht ist. Zumindest kam das jetzt so rüber.
Die Tagebucheinträge fand ich auch wirklich gelungen. Sie brachten richtig schön die Gefühle der Tante rüber und die Verzweiflung und die Hoffnung, ihren Mann/Freund (?) nicht zu verlieren und das sie eigentlich nur ein Stück Dreckt ist. Ich war richtig gerührt davon. ^^°°

So, zum Abschluss hoffe ich, dass du mal wieder regelmäßiger postest ... ( ich will nicht zu viel von dir verlangen, es wäre halt nur schön. ^^ )
 
Zurück
Oben Unten