LadyR
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Hier kommt der Anfang einer der Geschichten, die ich im Preview Thread erwähnt habe.
Es würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden:
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Zauber des Wolfes
1
Kalims nackte Füße huschten über das regennasse Pflaster.
"Da hinten!" hörte er einen seiner Verfolger rufen. Eisenbeschlagene Lederstiefel trampelten um die Ecke.
Kalim unterdrückte einen Fluch und rannte weiter. Den Beutel mit den Edelsteinen hielt er eng an seine Brust gedrückt. Er kannte alle Schlupfwinkel im Purpurviertel, aber die Wachen hatten Beregor geschnappt. Kalim wusste, dass der auch einen Freund verraten würde, um seine dreckige Haut zu retten.
Er stopfte den Beutel unter sein Hemd und kletterte flink über eine Mauer. Wenn er es bis in die Trödelgasse schaffte, hatte er vielleicht eine Chance. Die schweren Schritte kamen näher. Verdammt, er war nie ein guter Läufer gewesen.
Wie war er nur auf die strohdumme Idee gekommen, ausgerechnet Kaats Lieblingssteine zu stehlen? Wenn sie ihn fingern... Kalim wollte sich das lieber nicht genau ausmalen. Der Baron war bekannt für seinen Jähzorn und seine Grausamkeit.
Kalims Beine schienen mit jedem Schritt schwerer zu werden und seine Lungen brannten. Vielleicht sollte er einen Gang über die Dächer riskieren. Doch da tauchte Lelas Bild vor seinen Augen auf. An einem Regentag hatte sie den Weg über die Dächer gewählt. Er hörte immer noch ihren Schrei, als sie auf einem nassen Ziegel ausglitt und in die Tiefe stürzte. Nein, dann lieber laufen.
Er schlüpfte in einen Hauseingang und lehnte sich keuchend an die Wand. Am Ende der Gasse tauchten die ersten Laternen auf.
"Er kann nicht weit sein, edler Hauptmann", hörte er Beregor sagen. "Die Gasse endet an einer Mauer, die selbst für Kalim zu hoch und zu glatt ist."
"Ich hoffe für dich, dass du uns nicht an der Nase herum führst", sagte eine tiefe Stimme. "Sonst wirst du Baron Kaat erklären müssen, warum der Dieb mit seinen Steinen entkommen ist."
"Ihr müsst mir vertrauen, edler Herr. Ich kenne das Viertel besser als Kalim. Er wird Euch nicht entwischen."
Kalim hatte genug gehört. Er drückte die verrottete Türe vorsichtig auf und schlüpfte hinein. Im Haus war es finster. Kalim tastete sich den Gang entlang. Gleich links musste die Treppe sein. Er setzte den Fuß auf die erste Stufe. Es knarrte leise.
Draußen hasteten die Wachen vorbei. Viel Zeit blieb ihm nicht. Sobald sie die Mauer erreichten, ohne auf eine Spur zu stoßen, würden sie Haus um Haus durchkämmen.
Zwei, drei, vier, fünf, die Treppe war zu Ende. Kalim ertastete den alten Wandteppich und schlug ihn zurück. Modrige Luft schlug ihm entgegen. Er hatte den Geheimgang vor einigen Wochen durch Zufall entdeckt und das Geheimnis für sich behalten. Spinnweben verfingen sich in seinen Haaren, als er auf allen vieren durch den knöchelhohen Staub kroch.
Am Ende des Ganges konnte Kalim wieder aufrecht stehen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte die Falltüre auf. Kalim kletterte aus dem Schacht und duckte sich hinter einen Gerümpelhaufen. Der Hof war menschenleer. Er schloss die Falltüre, schob ein paar leere Kisten darauf und rannte weiter.
In der Gelbkorngasse, wäre er um ein Haar einer Patrouille in die Hände gelaufen. Im letzten Augenblick schlüpfte er hinter einen Baum.
Die zwei Wachsoldaten hatten es nicht eilig.
"Wie lange sollen wir noch nach dieser kleinen Ratte suchen?" fragte der eine. "Ich hätte eigentlich erst übermorgen wieder Nachtdienst ."
"Bis wir ihn gefunden haben, denke ich", erwiderte der zweite. "Lange wird es nicht dauern. Wir haben eine gute Beschreibung bekommen. Der Dieb heißt Kalim, ist mittelgroß, klapperdürr und hat einen schwarzen Krauskopf."
"Also ein Dhegabi. Dann haben wir ihn schnell."
Die Wachen bogen um die Ecke. Wütend starrte Kalim ihnen nach. Seine Herkunft wegen hatte ihn die Diebesgilde erst gar nicht aufnehmen wollen. Viel zu auffällig, lautete ihr Urteil. Doch er hatte ihnen bewiesen, daß seine dunkle Haut und sein schwarzes Haar bei Nacht eher Hilfe als Erschwernis waren.
Er würde es bis zur Trödelgasse schaffen, aber was dann? Sie wussten, dass er ein Dhegabi war. Das hieß, sie würden jeden Dhegabi festnehmen, bis sie ihn gestellt hatten, oder der Baron aufgab. Das konnte Wochen dauern und solange konnte er sich unmöglich in einem Loch verkriechen. Er brauchte eine Tarnung.
Kalim zauderte nicht lange und bog in die Gasse der Amulette ein. Wie die meisten Zauberläden, hatte auch Magischer Mond offiziell nur Tags über geöffnet
.
Kalim drückte seine Nase gegen die Scheibe. Im Ladeninneren war es stockfinster. Er ließ den eisernen Ring des Türklopfers dreimal gegen das verwitterte Holz krachen. Schritte schlurften zur Türe, ein Auge schielte durch das Guckloch. "Wer weckt den Meister zu später Stunde?"
"Ich, Kalim. Meister Merrigarth, Ihr kennt mich. Es ist sehr dringend."
"Na, gut. Komm rein."
Knarrend öffnete sich die Türe. Kalim zwängte sich in durch den Spalt.
"Einen Moment." Eine grüne Kugel erschien und tauchte das Durcheinander aus Tiegeln, Flaschen, Schachteln und Kisten in magisches Licht. Kalim stieg vorsichtig über drei ineinander verkeilte Zauberkessel. Er lehnte sich an den zerkratzten Ladentisch und musterte den Mann, der ihn eingelassen hatte.
"Du bist nicht Merrigarth." Der junge Bursche schloss die Türe und schob den Riegel wieder vor. Er war fast so breit wie hoch. Ein leichtes Lächeln lag auf dem pausbäckigen Gesicht.
"Ich bin Hartmir, Merrigarths neuer Gehilfe."
"Und wo ist der Meister?"
"Ich weiß es nicht. Vorgestern packte er seinen Reisesack und wies mich an, auf den Laden zu achten."
"Wann kommt er zurück?"
"Keine Ahnung. Ich nehme an, in ein paar Tagen."
"Solange kann ich nicht warten."
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Ich freue mich über jeden Kommentar. Danke fürs Lesen!
Es würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden:
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Zauber des Wolfes
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Kalims nackte Füße huschten über das regennasse Pflaster.
"Da hinten!" hörte er einen seiner Verfolger rufen. Eisenbeschlagene Lederstiefel trampelten um die Ecke.
Kalim unterdrückte einen Fluch und rannte weiter. Den Beutel mit den Edelsteinen hielt er eng an seine Brust gedrückt. Er kannte alle Schlupfwinkel im Purpurviertel, aber die Wachen hatten Beregor geschnappt. Kalim wusste, dass der auch einen Freund verraten würde, um seine dreckige Haut zu retten.
Er stopfte den Beutel unter sein Hemd und kletterte flink über eine Mauer. Wenn er es bis in die Trödelgasse schaffte, hatte er vielleicht eine Chance. Die schweren Schritte kamen näher. Verdammt, er war nie ein guter Läufer gewesen.
Wie war er nur auf die strohdumme Idee gekommen, ausgerechnet Kaats Lieblingssteine zu stehlen? Wenn sie ihn fingern... Kalim wollte sich das lieber nicht genau ausmalen. Der Baron war bekannt für seinen Jähzorn und seine Grausamkeit.
Kalims Beine schienen mit jedem Schritt schwerer zu werden und seine Lungen brannten. Vielleicht sollte er einen Gang über die Dächer riskieren. Doch da tauchte Lelas Bild vor seinen Augen auf. An einem Regentag hatte sie den Weg über die Dächer gewählt. Er hörte immer noch ihren Schrei, als sie auf einem nassen Ziegel ausglitt und in die Tiefe stürzte. Nein, dann lieber laufen.
Er schlüpfte in einen Hauseingang und lehnte sich keuchend an die Wand. Am Ende der Gasse tauchten die ersten Laternen auf.
"Er kann nicht weit sein, edler Hauptmann", hörte er Beregor sagen. "Die Gasse endet an einer Mauer, die selbst für Kalim zu hoch und zu glatt ist."
"Ich hoffe für dich, dass du uns nicht an der Nase herum führst", sagte eine tiefe Stimme. "Sonst wirst du Baron Kaat erklären müssen, warum der Dieb mit seinen Steinen entkommen ist."
"Ihr müsst mir vertrauen, edler Herr. Ich kenne das Viertel besser als Kalim. Er wird Euch nicht entwischen."
Kalim hatte genug gehört. Er drückte die verrottete Türe vorsichtig auf und schlüpfte hinein. Im Haus war es finster. Kalim tastete sich den Gang entlang. Gleich links musste die Treppe sein. Er setzte den Fuß auf die erste Stufe. Es knarrte leise.
Draußen hasteten die Wachen vorbei. Viel Zeit blieb ihm nicht. Sobald sie die Mauer erreichten, ohne auf eine Spur zu stoßen, würden sie Haus um Haus durchkämmen.
Zwei, drei, vier, fünf, die Treppe war zu Ende. Kalim ertastete den alten Wandteppich und schlug ihn zurück. Modrige Luft schlug ihm entgegen. Er hatte den Geheimgang vor einigen Wochen durch Zufall entdeckt und das Geheimnis für sich behalten. Spinnweben verfingen sich in seinen Haaren, als er auf allen vieren durch den knöchelhohen Staub kroch.
Am Ende des Ganges konnte Kalim wieder aufrecht stehen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte die Falltüre auf. Kalim kletterte aus dem Schacht und duckte sich hinter einen Gerümpelhaufen. Der Hof war menschenleer. Er schloss die Falltüre, schob ein paar leere Kisten darauf und rannte weiter.
In der Gelbkorngasse, wäre er um ein Haar einer Patrouille in die Hände gelaufen. Im letzten Augenblick schlüpfte er hinter einen Baum.
Die zwei Wachsoldaten hatten es nicht eilig.
"Wie lange sollen wir noch nach dieser kleinen Ratte suchen?" fragte der eine. "Ich hätte eigentlich erst übermorgen wieder Nachtdienst ."
"Bis wir ihn gefunden haben, denke ich", erwiderte der zweite. "Lange wird es nicht dauern. Wir haben eine gute Beschreibung bekommen. Der Dieb heißt Kalim, ist mittelgroß, klapperdürr und hat einen schwarzen Krauskopf."
"Also ein Dhegabi. Dann haben wir ihn schnell."
Die Wachen bogen um die Ecke. Wütend starrte Kalim ihnen nach. Seine Herkunft wegen hatte ihn die Diebesgilde erst gar nicht aufnehmen wollen. Viel zu auffällig, lautete ihr Urteil. Doch er hatte ihnen bewiesen, daß seine dunkle Haut und sein schwarzes Haar bei Nacht eher Hilfe als Erschwernis waren.
Er würde es bis zur Trödelgasse schaffen, aber was dann? Sie wussten, dass er ein Dhegabi war. Das hieß, sie würden jeden Dhegabi festnehmen, bis sie ihn gestellt hatten, oder der Baron aufgab. Das konnte Wochen dauern und solange konnte er sich unmöglich in einem Loch verkriechen. Er brauchte eine Tarnung.
Kalim zauderte nicht lange und bog in die Gasse der Amulette ein. Wie die meisten Zauberläden, hatte auch Magischer Mond offiziell nur Tags über geöffnet
.
Kalim drückte seine Nase gegen die Scheibe. Im Ladeninneren war es stockfinster. Er ließ den eisernen Ring des Türklopfers dreimal gegen das verwitterte Holz krachen. Schritte schlurften zur Türe, ein Auge schielte durch das Guckloch. "Wer weckt den Meister zu später Stunde?"
"Ich, Kalim. Meister Merrigarth, Ihr kennt mich. Es ist sehr dringend."
"Na, gut. Komm rein."
Knarrend öffnete sich die Türe. Kalim zwängte sich in durch den Spalt.
"Einen Moment." Eine grüne Kugel erschien und tauchte das Durcheinander aus Tiegeln, Flaschen, Schachteln und Kisten in magisches Licht. Kalim stieg vorsichtig über drei ineinander verkeilte Zauberkessel. Er lehnte sich an den zerkratzten Ladentisch und musterte den Mann, der ihn eingelassen hatte.
"Du bist nicht Merrigarth." Der junge Bursche schloss die Türe und schob den Riegel wieder vor. Er war fast so breit wie hoch. Ein leichtes Lächeln lag auf dem pausbäckigen Gesicht.
"Ich bin Hartmir, Merrigarths neuer Gehilfe."
"Und wo ist der Meister?"
"Ich weiß es nicht. Vorgestern packte er seinen Reisesack und wies mich an, auf den Laden zu achten."
"Wann kommt er zurück?"
"Keine Ahnung. Ich nehme an, in ein paar Tagen."
"Solange kann ich nicht warten."
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Ich freue mich über jeden Kommentar. Danke fürs Lesen!