Zauber des Wolfes - Fantasy

LadyR

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Hier kommt der Anfang einer der Geschichten, die ich im Preview Thread erwähnt habe.

Es würde mich freuen, wenn sich ein paar Leser finden:

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Zauber des Wolfes
1

Kalims nackte Füße huschten über das regennasse Pflaster.

"Da hinten!" hörte er einen seiner Verfolger rufen. Eisenbeschlagene Lederstiefel trampelten um die Ecke.

Kalim unterdrückte einen Fluch und rannte weiter. Den Beutel mit den Edelsteinen hielt er eng an seine Brust gedrückt. Er kannte alle Schlupfwinkel im Purpurviertel, aber die Wachen hatten Beregor geschnappt. Kalim wusste, dass der auch einen Freund verraten würde, um seine dreckige Haut zu retten.

Er stopfte den Beutel unter sein Hemd und kletterte flink über eine Mauer. Wenn er es bis in die Trödelgasse schaffte, hatte er vielleicht eine Chance. Die schweren Schritte kamen näher. Verdammt, er war nie ein guter Läufer gewesen.

Wie war er nur auf die strohdumme Idee gekommen, ausgerechnet Kaats Lieblingssteine zu stehlen? Wenn sie ihn fingern... Kalim wollte sich das lieber nicht genau ausmalen. Der Baron war bekannt für seinen Jähzorn und seine Grausamkeit.

Kalims Beine schienen mit jedem Schritt schwerer zu werden und seine Lungen brannten. Vielleicht sollte er einen Gang über die Dächer riskieren. Doch da tauchte Lelas Bild vor seinen Augen auf. An einem Regentag hatte sie den Weg über die Dächer gewählt. Er hörte immer noch ihren Schrei, als sie auf einem nassen Ziegel ausglitt und in die Tiefe stürzte. Nein, dann lieber laufen.

Er schlüpfte in einen Hauseingang und lehnte sich keuchend an die Wand. Am Ende der Gasse tauchten die ersten Laternen auf.

"Er kann nicht weit sein, edler Hauptmann", hörte er Beregor sagen. "Die Gasse endet an einer Mauer, die selbst für Kalim zu hoch und zu glatt ist."

"Ich hoffe für dich, dass du uns nicht an der Nase herum führst", sagte eine tiefe Stimme. "Sonst wirst du Baron Kaat erklären müssen, warum der Dieb mit seinen Steinen entkommen ist."

"Ihr müsst mir vertrauen, edler Herr. Ich kenne das Viertel besser als Kalim. Er wird Euch nicht entwischen."

Kalim hatte genug gehört. Er drückte die verrottete Türe vorsichtig auf und schlüpfte hinein. Im Haus war es finster. Kalim tastete sich den Gang entlang. Gleich links musste die Treppe sein. Er setzte den Fuß auf die erste Stufe. Es knarrte leise.

Draußen hasteten die Wachen vorbei. Viel Zeit blieb ihm nicht. Sobald sie die Mauer erreichten, ohne auf eine Spur zu stoßen, würden sie Haus um Haus durchkämmen.

Zwei, drei, vier, fünf, die Treppe war zu Ende. Kalim ertastete den alten Wandteppich und schlug ihn zurück. Modrige Luft schlug ihm entgegen. Er hatte den Geheimgang vor einigen Wochen durch Zufall entdeckt und das Geheimnis für sich behalten. Spinnweben verfingen sich in seinen Haaren, als er auf allen vieren durch den knöchelhohen Staub kroch.

Am Ende des Ganges konnte Kalim wieder aufrecht stehen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte die Falltüre auf. Kalim kletterte aus dem Schacht und duckte sich hinter einen Gerümpelhaufen. Der Hof war menschenleer. Er schloss die Falltüre, schob ein paar leere Kisten darauf und rannte weiter.

In der Gelbkorngasse, wäre er um ein Haar einer Patrouille in die Hände gelaufen. Im letzten Augenblick schlüpfte er hinter einen Baum.

Die zwei Wachsoldaten hatten es nicht eilig.

"Wie lange sollen wir noch nach dieser kleinen Ratte suchen?" fragte der eine. "Ich hätte eigentlich erst übermorgen wieder Nachtdienst ."

"Bis wir ihn gefunden haben, denke ich", erwiderte der zweite. "Lange wird es nicht dauern. Wir haben eine gute Beschreibung bekommen. Der Dieb heißt Kalim, ist mittelgroß, klapperdürr und hat einen schwarzen Krauskopf."

"Also ein Dhegabi. Dann haben wir ihn schnell."

Die Wachen bogen um die Ecke. Wütend starrte Kalim ihnen nach. Seine Herkunft wegen hatte ihn die Diebesgilde erst gar nicht aufnehmen wollen. Viel zu auffällig, lautete ihr Urteil. Doch er hatte ihnen bewiesen, daß seine dunkle Haut und sein schwarzes Haar bei Nacht eher Hilfe als Erschwernis waren.

Er würde es bis zur Trödelgasse schaffen, aber was dann? Sie wussten, dass er ein Dhegabi war. Das hieß, sie würden jeden Dhegabi festnehmen, bis sie ihn gestellt hatten, oder der Baron aufgab. Das konnte Wochen dauern und solange konnte er sich unmöglich in einem Loch verkriechen. Er brauchte eine Tarnung.

Kalim zauderte nicht lange und bog in die Gasse der Amulette ein. Wie die meisten Zauberläden, hatte auch Magischer Mond offiziell nur Tags über geöffnet
.
Kalim drückte seine Nase gegen die Scheibe. Im Ladeninneren war es stockfinster. Er ließ den eisernen Ring des Türklopfers dreimal gegen das verwitterte Holz krachen. Schritte schlurften zur Türe, ein Auge schielte durch das Guckloch. "Wer weckt den Meister zu später Stunde?"
"Ich, Kalim. Meister Merrigarth, Ihr kennt mich. Es ist sehr dringend."

"Na, gut. Komm rein."

Knarrend öffnete sich die Türe. Kalim zwängte sich in durch den Spalt.

"Einen Moment." Eine grüne Kugel erschien und tauchte das Durcheinander aus Tiegeln, Flaschen, Schachteln und Kisten in magisches Licht. Kalim stieg vorsichtig über drei ineinander verkeilte Zauberkessel. Er lehnte sich an den zerkratzten Ladentisch und musterte den Mann, der ihn eingelassen hatte.

"Du bist nicht Merrigarth." Der junge Bursche schloss die Türe und schob den Riegel wieder vor. Er war fast so breit wie hoch. Ein leichtes Lächeln lag auf dem pausbäckigen Gesicht.

"Ich bin Hartmir, Merrigarths neuer Gehilfe."

"Und wo ist der Meister?"

"Ich weiß es nicht. Vorgestern packte er seinen Reisesack und wies mich an, auf den Laden zu achten."

"Wann kommt er zurück?"

"Keine Ahnung. Ich nehme an, in ein paar Tagen."

"Solange kann ich nicht warten."
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Ich freue mich über jeden Kommentar. Danke fürs Lesen!
 
Na, das lässt sich soweit ja ziemlich interessant an... Werde ich mal abonnieren. Diebesgeschichten mag ich gerne, ich habe als Rollenspielerin früher auch immer gern Gassenkinder gespielt. Bin neugierig, wie es weitergeht und was da noch wird...
 
So, da bin ich... Werde mir natürlich auch diese FF von dir nicht entgehen lassen! Sprachlich war's sowieso wieder überzeugend, auch inhaltlich klingt das sehr vielversprechend.

Kleiner Tipp am Rande: Vielleicht solltest du nicht gleich den zweiten Teil nachlegen, sondern zwei, drei Tage warten, damit sich vielleicht noch ein paar mehr Leser hinzugesellen können, ohne erst mehrere Teile nachholen zu müssen.
 
Das ist ein guter Tipp. Endlich mal eine FF, wo ich nicht so viel suchen muss...

Also: Klingt doch sehr vielversprechend. Ich habe ja eine Schwäche für Diebe. Vielleicht solltest du Kalim noch ein wenig mehr beschreiben, aber ansonsten ist alles sehr schön. Die Straßennamen find ich übrigens sehr cool... also, schnell weiter so!
 
Das klingt schonmal ziemlich intressant ^^ ...
Ich finde die Idee ziemlichgut, über einen Dieb zu schreiben ... aber du solltest ihn vielleicht wirklich etwas mehr beschreiben ..
Aber ansonsten ist es wirklich klasse, wie du die einzelnen Sachen beschreibst oder erzählst, man kann sich schon ziemlich gut hinein versetzten ^^ ...
Schreib schnell weiter! :kawaii:
 
Der Anfang hat mich an den Disney Film "Aladdin" erinnert.
Er musste dort auch vor Wachen flüchten, und sich durch so manche Gassen zwängen.
Sonst ist das wieder alles sehr fantasievoll, fast unglaublich wie viele verschiedene Arten von Geschichten du schreiben kannst.
Das mit diesem Zauberladen gefällt mir auch, bin mal gespannt wie das alles mit der Überschrift zusammen hängt.^^
 
Danke für die Kommentare. Ich hoffe, ich bin nicht zu rasch dran, wenn ich das nächste Kapitel hier poste:

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"Vielleicht kann ich dir helfen. Es sind genug fertige Zauber da, um den Laden in Schwung zu halten. Was brauchst du denn."

"Einen Tarnzauber."

"Hmm.." Hartmir winkte das magische Licht tiefer und begann in einer Schachtel zu wühlen. "Was möchtest du denn sein?"

"Ein Kerr."

Der Gehilfe sah Kalim erstaunt an. "Kein hübscher, blondgelockter Sleszane?"

"Nein, einfach ein Kerr."

"Für wie lange?"

"Wochen, vielleicht Monate."

"So ist das", Hartmir pfiff durch die Zähne, "du bist auf der Flucht."

Kalim zuckte zusammen. "Nein, natürlich nicht, ich meine..."

Hartmir winkte ab. "Du brauchst mich nicht anzulügen. Wenn ich keine Geheimnisse behalten könnte, wäre ich nicht Merrigarths Gehilfe. Einen so lange währenden Tarnzauber gibt es nicht. Die besten halten gut zwei Wochen. Ich kann dir ein paar davon mitgeben. Sobald einer nachläßt, benutzt du einen neuen."

"Das geht."

Hartmir zog eine Handvoll münzgroßer Silberscheiben aus der Schachtel. "Wie viele willst du?"

"Alle."

"Das wird aber teuer."

Kalim holte den Beutel hervor. "Das sollte reichen." Er legte einen tropfförmigen Rubin auf den Ladentisch.

"Allerdings. Dafür könntest du hundert Tarnzauber kaufen." Hartmir wollte nach dem Juwel greifen.
"Halt" Kalim legte die Hand auf den Rubin. "Erst will ich den Zauber prüfen."

Hartmir zuckte die Achseln. "Meinetwegen." Er schob eine Kiste voll verstaubter Bücher zur Seite und lehnte einen Spiegel an die Wand. Er warf Kalim eine der Scheiben zu. Sie baumelte an einer dünnen Silberkette.

"Schiebe das Amulett unter deine Kleider sodass es deine Haut berührt. Drücke es kurz in der Mitte zusammen und rufe dir das Bild eines Kerr ins Gedächtnis."

Kalim stellte sich vor den Spiegel und streifte das Amulett über. Er drückte es in der Mitte zusammen und ... sein Spiegelbild verschwamm. Statt eines hageren Dhegabi blickte ihm ein massiger Kerr mit elfenbeinfarbener Haut und Eulenaugen entgegen. Rostfarbenes Haar hing ihm in glatten Strähnen in das breite Gesicht. Kalim wandte sich vom Spiegel ab und betrachtete seine Finger. Sie waren immer noch braun und bleistiftdünn .

"Der Spiegel sind die Augen der anderen", sagte Hartmir. "Dich selbst kannst du nicht täuschen. Falls du wirklich ein Kerr werden willst, im Lager gibt es paar Verwandlungszauber."

"Nein danke." Kalim war stolz darauf, von den Echsenreitern der Wüste der Tausend weißen Tode abzustammen . Der Gedanke, für immer ein Kerr zu sein, widerte ihn an.

Allerdings gab es keine bessere Tarnung. Mehr als die Hälfte aller Leute im Purpurviertel waren Kerr, anspruchslose, genügsame Arbeiter.

"Der Kauf gilt."

Hartmir griff nach einer kleinen Schachtel und kippte den Inhalt, auf den Ladentisch. Er legte die restlichen Amulette in die leere Schachtel und schnürte sie zu.

"Hier." Kalim steckte sie ein und reichte Hartmir den Rubin. Da fiel sein Blick auf die Gürtelschnalle.
"Sehr hübsch." Er hielt sie ins Licht und bewunderte die Wolfsfigur in der Mitte.

"Das ist der letzte Zauber, den Merrigarth hergestellt hat. Das neueste vom neuen."

"Was ist das für ein Zauber?"

"Er verleiht seinem Besitzer die Kräfte des Wolfes."

"Die Kräfte des Wolfes?"

"Ja, wer das Geheimnis kennt, der kann so gut hören und riechen wie ein Wolf, der hat seinen Instinkt für Gefahr und seine Stärke."

"Und das funktioniert?"

"So sagt der Meister."

"Verkaufst du ihn mir?"

Hartmir schüttelte den Kopf. "Tut mir leid, das ist kein Standartzauber. Ich darf einen solchen Zauber nur mit Wissen und Einwilligung des Meisters verkaufen."

"Mach eine Ausnahme." Kalim zog einen funkelnden Sternsaphir hervor. "Du weißt wie selten die sind. Außerdem wird dein Meister nie erfahren ob sein Zauber wirkt, wenn ihn nicht jemand ausprobiert, oder?" Kalim blinzelte ihm zu.

"In Ordnung. Aber verkaufen kann ich ihn dir wirklich nicht. Der Meister würde mir das Fell über die Ohren ziehen. Aber er hat ohnehin nur begrenzte Wirkung. Sagen wir, du bekommst ihn zur Probe, einverstanden?"

"Gut." Kalim gab ihm den Saphir. "Nimm ihn als Sicherheit. Jetzt verrat mir das Geheimnis."
"Es ist ganz einfach. Trag den Zauber wie jede andere Gürtelschnalle aber unter deinem Hemd. Er muss deine Haut berühren."

"Und dann?"

"Der Spruch lautet 'Ich rufe den Wolf'. Der Zauber hält an bis du ihn mit 'Ich gebe ihn frei', aufhebst."

"Darf ich es versuchen?"

"Nur zu."

Kalim tauschte seine alte Gürtelschnalle gegen die silberne aus. Danach schlang er den Gürtel wieder um die Mitte und zog sein Hemd drüber. Kühl lag das Silber auf seiner erhitzten Haut. Er schloss die Augen und murmelte. "Ich rufe den Wolf." Ihm war, als würden seine Ohren und seine Nase wachsen, seine Muslkeln schwellen. Doch der Spiegel zeigte immer noch das Bild eines Kerr.

Er hörte einen Betrunkenen aus dem Wirtshaus gegenüber taumeln und ein altes Schlachtlied summen. Er vernahm das leise Rascheln der Mäuse hinter den Regalen.

Er roch das herbe Aroma der Drachenbeeren, die Säure eingelegter Fledermauspilze, den muffigen Geruch alten Pergaments und die Süße gepresster Rosenblätter.

Jede Bewegung fiel ihm leicht, er fühlte sich herrlich. Es tat ihm fast leid, als er den Zauber mit dem Satz: "Ich gebe ihn frei", wieder aufhob und in die Wirklichkeit seiner beschränkten Sinne zurückfiel.
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Wie hat euch dieser Teil gefallen?
 
Ein neuer Teil! ^^
Mir hat er sehr gut gefallen, du hast alles so super beschrieben :kawaii:, man kann sich einfach super hineinversetzen ...
Die Idee mit den verschiedenen Leuten ist echt super!
Dieser neue Zauber scheint ja sehr hilfreich zu sein .... bin gespannt, was Kalim damit alles anstellt ...
Schreib schnell weiter! ^^
 
Schön. War richtig gut, der Teil. Kalim gefällt mir auch gut.Dieser Hartmir ist ja ziemlich charakterschwach... zumindest bisher.

Und Kerr und Sleszane und so sind Menschenrasen, ja?
 
Ja, beides sind Menschenrassen.

Hier der nächste Teil:

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"Unglaublich. Und ich kann sie vier Tage ausprobieren?"

"So haben wir es abgemacht. Sei vorsichtig. Hat der Zauber sich verbraucht, ist es nur noch eine ganz gewöhnliche Schnalle. Dann komm zurück. Der Meister kann den Zauber wieder erneuern."

"Danke." Kalim stopfte die alte Schnalle zu den Steinen in den Beutel. Hartmir geleitete ihn hinaus.
Kalim suchte sich ein sicheres Versteck für die nächsten Tage. Im Hinterhof einer aufgelassenen Schmiede entdeckte er eine uralte, räderlose Kutsche. Das Dach war noch dicht. Kalim machte es sich darin bequem. Er schlief bis in den späten Vormittag.

Als er aufwachte, knurrte sein Magen. Er brauchte dringend Geld. und es gab nur einen Ort, an dem er die Steine gegen Münzen tauschen konnte. Kalim versteckte die restlichen Tarnzauber und machte sich auf den Weg.

Auf der Straße herrschte reges Treiben. Kerr stapften mit gesenkten Köpfen zwischen hochmütigen Sleszanen. Nerena verbargen ihre Gesichter hinter schweren Schleiern. Händler aus Iliad und Kartuhm eilten mit raschen Schritten durch die Menge. Kalim zwang sich, langsamer zu gehen. Er ließ die Schultern hängen und setzte ein stumpfsinniges Grinsen auf .

Sein Ziel war das Herrenhaus der Famile Daarin. Es stand seit einigen Jahren leer. Das Tor hing windschief in den Angeln, der Garten war völlig verwildert. Kalim hob den Tarnzauber auf ehe er das Anwesen betrat. Er kam nur wenige Schritte weit. Zwei Gestalten tauchten neben ihm auf, ein schlanker Slezane und ein wahrer Schrank von einem Kerr.

"Nett dich zu sehen, Kalim. Lerod wartet auf dich," sagte der Slezane.

"Das hab ich mir fast gedacht", erwiderte Kalim. "Darum bin ich hier."

"Ich bringe unseren Freund zu Lerod, Dobey. Bewach du das Tor."

"Ist gut Deel." Der Kerr tauchte zwischen den Büschen unter.

Der Slezane begleitete Kalim in das verfallene Haus. Sie stiegen die Treppen hinab bis zu einer eisernen Tür. Auf Deels Klopfzeichen hin wurde sie von einem weiteren bulligen Kerr geöffnet.

"Sag dem Grafen, dass Kalim hier ist", wies Deel ihn an. Grorey nickte und verschwand durch eine zweite Tür, während Deel Kalim in das Vorzimmer schob.

Es erinnerte Kalim an den Alterssitz eines Kerkermeisters. Zangen, Daumenschrauben, Sägen und anderes Folterwerkzeug hing an den blutrot gestrichenen Wänden.

Grorey kam zurück und winkte Kalim. Sie betraten den prachtvoll ausstaffierten Empfangsraum.
Lerod saß hinter dem Schreibtisch und reinigte seine Nägel mit einem kleinen Dolch.

"Schön, dass du dich mal wieder blicken lässt, Kalim. Ich glaubte, schon, du hättest die erste Regel vergessen." Diese Regel besagte, dass dem Gildenoberhaupt die Hälfte jeder großen Beute zustand.

"Ich musste erst einen sicheren Weg finden", sagte Kalim. Er legte den Beutel auf den Schreibtisch. Lerod öffnete die Schnüre und drehte ihn um. Rubine, Smaragde, Diamanten und Saphire kullerten auf die dunkle Tischfläche. Lerod bewunderte ihr Feuer, während er sie halblaut zählte.

"Es sind nur acht."

"Ich brauchte ein neues Versteck", erklärte Kalim. Lerod gab sich damit zufrieden.

"Ich würde sagen hundert für alle zehn, aber..."

"Ja?" Hundert Goldstücke waren in etwa das, was Kalim erwartet hatte. Natürlich betrug der wahre Wert der Steine ein Vielfaches, aber ohne Lerods weitverzweigte Verbindungen zur Schmuggler- und Kaufmannsgilde würde er kein Kupferstück dafür bekommen.

"Gestern kam Belad vorbei", erzählte Lerod, ohne hochzublicken. "Kaat hat zehn Goldstücke auf deinen Kopf ausgesetzt."

Kalim schluckte. "Und?"

"Belad will es sich überlegen."

Kalim seufzte erleichtert. Kaats Geiz war genauso sprichwörtlich wie sein Jähzorn.

"Zwanzig Goldstücke." Das Doppelte der Belohnung würde ihm die Mördergilde vom Hals halten.
"Außerdem können wir Beregor nicht im Kerker lassen. Er weiß zuviel."

Kalim überschlug im Kopf den Preis für die Bestechung der Kerkermeisters und der Wachen.
"Vier Goldstücke."

"Das wird genügen." Lerod füllte die Steine wieder in den Beutel. "Also, das wären hundert Goldstücke für zehn Steine. Fünfzig für die Gilde, zwanzig für die Mörder und vier für Beregors Freilassung. Blieben noch sechsundzwanzig für dich. Aber zwei Steine fehlen, deshalb kann ich dir nur sechs Goldstücke geben. Da Beregor dein Partner war, gebühren ihm drei davon." Lerod zog die eiserne Schatulle zu sich heran und schloss sie auf. Gold- und Silbermünzen blinkten im unsteten Licht der Fackeln.

"Hier, dein Teil!" Er warf Kalim drei Goldmünzen vor die Füße.
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Danke fürs Lesen und Kommentieren!
 
Fies... so ist das in ner Gilde... Abzocke, wo man geht und steht...

Aber: Warum haben ihn die Wachen als Kalim erkannt, wenn er doch ein Kerr ist (momentan) ? Hab ich nicht verstanden, muss ich gestehen... gilt der Zauber auch für Freunde oder so? Oder kann sich Kalim aussuchen, wer ihn erkennt und wer nicht? Oder hat er gerade kein Amulett um?
:confused:
 
Danke für den raschen Kommentar. Wegen dem Erkennen, Zitat vom oberen Teil des Abschnittes: "Kalim hob den Tarnzauber auf ehe er das Anwesen betrat." Daher wussten sie, wer er ist.
 
Ein klasse Teil. ^^
Dieser Gilde scheint Kalim wirklich ziemlich abzuzocken o.O" ... nja, mal sehen, wie es mit ihm weiter geht ^^ ..
Bin gespannt, was Kalim zu den drei Münzen sagen wird ... schließlich hat er seinen Kopf riskiert, nur um diese Steine zu klauen ...
Schreib schnell weiter!
 
Siehste, wenn du nicht zu schnell postest, hast du schon gleich viel mehr Leser :)
Die beiden Teile waren gut, bloß das Abrechnen in der Gilde hat mich etwas verwirrt, da hab ich teilweise nicht mehr durchgeblickt...
 
Danke für den Hinweis, trotzdem hänge ich jetzt wieder einen Teil dran. Ich bin eben eine ungeduldige Person. Also Kalim hätte 10 Steine bringen sollen, hat aber nur 8 abgeliefert.
Für die 10 Steine währen hundert Goldstücke als Preis geplant gewesen und von dieser Zahl ausgehend hat sich die Gilde 50% genommen. Von hundert Goldstücken also 50. Um sich die Mördergilde vom Hals zu halten, sind wieder 20 Goldstücke nötig und um seinen Kumpel aus dem Gefängnis zu holen weitere vier. Da zwei Steine von den geplanten 10 nicht da waren, wurden nochmals 20 Goldstücke abgezogen, sind noch sechs von den geplanten 100 übrig. Von diesen hat die Gilde die Hälfte für Kalims Kumpel zurückgelegt, sobald der aus dem Gefängnis draußen ist, bleiben also drei Goldstücke für Kalim.

Ist das jetzt einleuchtender?

Hier der nächste Teil:

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Zähneknirschend sammelte Kalim sie auf. Er fragte er sich, ob er als freier Dieb nicht ein besseres Leben hätte. Doch er brauchte den Schutz der Gilde und Lerods Verbindungen.

Die Zeit, da Lerod selbst Beutezüge unternommen hatte, lag Jahre zurück. Als Frucht einer illegalen Liason zwischen einem Sleszanen und einer Nerena war ihm das Tor zu einem bürgerlichen Leben verschlossen. Priesterinnen der Gnadengöttin hatten ihn als Säugling auf den Stufen den Tempels neben der Leiche seiner gesteinigten Mutter gefunden. Im Heim der Elternlosen gaben sie ihm den Nerananamen Lerod. Mit zwölf Jahren riss er aus und begann ein neues Leben auf der Straße.

Belad behandelte Lerod mit jener kalten Verachtung, die alle reinblütigen Nerana für Mischlinge übrig hatten. Lerod schätzte sein Leben hoch genug ein, um den Hass, den er dem Volk seiner Mutter gegenüber empfand, vor dem Führer der Mördergilde zu verbergen. Zudem hatte sich ihre Zusammenarbeit als vorteilhaft für beide Gilden erwiesen.

Er lächelte über Kalims Enttäuschung. Der Dhegabi war nicht ohne Talent, aber er hatte noch viel zu lernen. Lerod verschloß die Schatulle und rief nach Grorey. Der Kerr führte Kalim hinaus.

Vor dem Tor blickte Kalim aufmerksam nach beiden Seiten. Er wollte nicht, dass einer von Lerods Spionen seine Tarnung verriet. Wachen waren keine zu sehen. Kalim entfernte sich von dem alten Herrenhaus, bis man ihn von dort nicht mehr sehen konnte. Hinter einer Hecke wurde er wieder zum Kerr.

Später am Tag suchte Kalim ein Badehaus auf. Er zahlte zwei Kupferstücke für eine Nische. Er zog den schweren Vorhang zu und legte seine zerlumpten Sachen ab. Der Gürtel losschnallte, blieb der silberne Abdruck des Wolfes auf seiner Haut zurück. Die Schnalle selbst hatte einiges von ihrem Glanz eingebüßt. Kalim nahm den Schwamm, wusch und rieb, aber das silberne Mal blieb. Schließlich gab er es auf und setzte sich in den Zuber. Nach dem Bad rubbelte er sich trocken und schlüpfte die Kleider, die er sich auf dem Markt gekauft hatte

Draußen vor dem Badehaus lungerten sechs Wachen herum. Kalim stapfte mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei.

"Nicht so eilig, Dhegabi."

Als hätte er nichts gehört, ging Kalim weiter. Da packten ihn grobe Hände an den Schultern und zerrten ihn vor den Hauptmann.

"Hast du nicht gehört, was ich sagte?" Der Hauptmann fasste unter Kalims Hemd, ein Ruck und das Amulett baumelte in seiner Hand. „Du bist entlarvt, du Dieb!“

Ende des ersten Teiles
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Wie und warum er geschnappt werden konnte, wird noch erklärt. Danke fürs Lesen und ich freue mich über jede Rückmeldung!
 
Schön wieder einen neuen Teil zu lesen ^____^ ..
Ich kann Kalims Enttäuschung über die drei Münzen wirklich gut verstehen ... aber nja, vielleicht kann er ja wirklich ein besserer Dieb sein oO .. aber nach deiner Rechnung wird das wohl richtig sein O____o :goof:
Ich frage mich, wie die Wache Kalim entlarven konnten :confused2
Schreib bitte schnell weiter! ^^
 
Zuletzt bearbeitet:
Gute FF
gefällt mir sehr gut.
Vllt wäscht wasser den tarnzauber ab oder er hat vergessen ihn aufzutragen
ODER Hartmir war ein betrüger

außerdem glaub ich net , das der Meister von hartmir auf Reisen einfach so is ,d er spielt noch ne rolle
 
Der Teil gefiel mir gut. Ich frage mich, wer Kalim verraten hat. Kann ja schlecht sein, dass der Zauber einfach so versagt. Vielleicht gibts da noch den oder anderen feindlichen Magier... na, mal sehen. Bin jedenfalls gespannt auf das weitere Geschehen.
 
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