Saphir

dark-toffel

Mindfucked
Einen zauberhaften guten Abend^^
(und sorry, liebe Dare-Dudes, ich bins nur XD)
Bei dieser Story habich mich mal ein wenig an was neuem versucht^^

Geschrieben hab ich sie *dramatische pause* für noir! (jaa...ich hoffe, der text überrascht ein wenig mehr, als die widmung *g* )
sie hat mir drei worte zum basteln gegeben:

Saphir - Armband - Reh

Autor: le toffel
Titel: Saphir
Teile: 2 (abgeschlossen! ich schwör!)
Genre: Dark / Mystery
Serie (Original oder Fanfiction): Original
Pairing (wenn vorhanden): -
Disclaimer: die drei worte gehören nori, der rest kam aus meinem kopf .__.



Saphir

Ich hätte es verkaufen können.

Dieser Gedanke ließ Jim nicht los. Sicher, er war keiner dieser geleckten Pimmel, die hinter einer gläsernen Auslage voll teurer Klunker standen und reichen Bonzen ihren Schmuck aufschwatzten. Nein, er arbeitete verdammt nochmal wirklich für sein Geld. Dennoch wusste selbst er, dass dieses verfluchte Armband kein billiges Imitat aus dem Kaugummieautomaten um die Ecke war. Es hätte ihm mit Sicherheit eine hübsche Stange Geld eingebracht, wenn er es doch verschachert hätte.

Ich kann es immernoch verkaufen.

Beinahe wäre er beim Denken dieser Worte in die Eisen gestiegen, hätte seinen alten, klapprigen Chevy knirschend und quietschend auf jener dunklen Waldstraße zum Stehen gebracht. Doch er konnte sich beherrschen. Weiterhin trommelte der Regen auf seine Windschutzscheibe, schien ihn, zusammen mit dem regelmäßig schlagenden Takt der Scheibenwischer zum Weiterfahren anzufeuern. Ja, er hätte es verkaufen können. Nicht beim Juwelier oder in der Pfandleihe – um Gottes Willen, nein. Er war ja nicht dumm. Auf dem Schwarzmarkt, an Hehler, zwielichtige, düstere Gestalten von denen er durchaus wusste, wo sie zu finden waren. Der große, undurchschaubare und vielfältige Markt der Unterwelt, wo wertvolle Dinge den Hang dazu hatten, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden und nichts zurückzulassen als gutes, unkompliziertes Geld. Keine Fragen, keine Papiere, keine Namen – ja, da hätte er es verkaufen können. Doch er würde es nicht tun.

Weil ich es keinen Moment länger in meiner Nähe haben will.
Weil es
ihr verdammtes Armband ist.

Jim schien es, als würden die dicken, schweren Regentropfen, die im fahlen Widerschein des Fernlichtes wie unzählige Diamanten über seine Windschutzscheibe perlten, prasselnd jene Worte flüstern, die nun in seinem Kopf nachhallten.
Dumme Worte, unsinnige Worte. Aber gut, er würde es nicht verkaufen. Sollte sie es doch behalten, ihr geliebtes scheiß Armband.
“Siehst du Schatz, bin ich nicht nett?”, knurrte er und wandte seinen gleichgültigen Blick über die Schulter hinweg kurz der Rückbank zu. Fast schien das anklagende Schweigen der beiden Kühlboxen, deren dunkle Silhouetten dort auf dem löchrigen, fleckigen Sitzbezug zu sehen waren, eine Reaktion auf seine Frage zu sein. Lediglich der hölzerne Stiel des Spatens, der hinter den Kisten auf der Rückbank lag, schlug ab und an leise klackend gegen den harten Kunststoff.

Wie hatte sie dieses Armband geliebt. Dieses funkelnde, goldene Ding mit einem Saphir darin, so groß wie 'ne verdammte Walnuss. Jim hatte es beinahe wahnsinnig gemacht. Schon damals, als sie sich kennengelernt hatten, hatte sie es getragen und selbst Monate später, nach ihrer Hochzeit, hatte sie ihm nicht sagen wollen, wo das Armband herkam. Wahrscheinlich war es das Geschenk von irgendeinem miesen Hurensohn gewesen, mit dem sie vor Jim mal was gehabt hatte. Jemand der Geld hatte und ihr all das hatte bieten können, was Jim sich nie leisten konnte. Vermutlich hatte sie diesem Mistkerl während ihrer gesamten Beziehung hinterhergetrauert...ganz sicher sogar. Teufel auch, sie hatte dieses Scheißding nichtmal zum Duschen abgenommen. Gott weiß, er hatte alles versucht, um sie zum Reden zu bringen. Das ein oder andere mal war von diesen Überredungsversuchen eine aufgeplatzte Lippe in ihrem hübschen Gesicht zurückgeblieben, oder ein Bluterguss, der eines ihrer großen, haselnussbraunen Augen eingerahmt hatte. Sowas kam in den besten Beziehungen vor; und er hatte sie ja nie wirklich verprügelt.

Was ihn aber all die Jahre noch mehr aufgeregt hatte, als die nebulöse, verdächtige Herkunft dieses Armbands, war die Tatsache, dass er nichts dagegen hatte tun können. Eine Frau hatte zu tun, was ihr Mann von ihr verlangte, richtig? Verdammt nochmal, sicher war das richtig! Es war sein Haus, stets hatte er das Geld angeschleppt, Tag für Tag. Er hätte das beschissene Recht dazu gehabt, dieses elende Schmuckstück zu nehmen und das Klo runterzuspülen, seiner einfältigen Frau die Flausen aus dem Kopf zu treiben, damit sie endlich eine gute, anständige Ehe vor ihrem verdammten Gott führen konnten!
Und er hatte es versucht. Mehr als einmal hatte sich die Hand, die letztendlich für eine Schwellung oder einen Bluterguss im Gesicht seiner Frau verantwortlich gewesen war, zuerst an ihrem Handgelenk zu schaffen gemacht. Doch die traurige, erbärmliche Wahrheit war, dass ihm jedes verfluchte mal, da er dieses Ding berühert hatte, das kalte, nackte Grausen gekommen war. Am Schlimmsten von allem aber war der leise, dennoch trotzige Ausdruck von Hohn, mit dem sie ihn in solchen Augenblicken immer bedacht hatte; völlig egal, wie stark ihm seine Hand zuvor ausgerutscht war. Das Miststück hatte verdammt genau gewusst, dass er dieses Armband hasste wie der Teufel das Weihwasser.

Sein Kitz, ja, so hatte er sie immer genannt, sein kleines Rehkitz, der großen, neugierigen Haselnussaugen wegen. Weiß Gott, sie hatte es ihm nicht immer leicht gemacht, aber war er nicht stets gut zu ihr gewesen? Hatte er sie nicht all die Jahre hinweg ernährt, ihre nervigen kleinen Macken erduldet und sie unter seinem Dach vor allem Übel dieser verrückten Welt beschützt? Scheiße, und wie er das hatte! Und wie hatte sie es ihm gedankt?
Mit einem anderen Kerl war sie ins Bett gegangen! Nein, nichtmal ein wirklicher Kerl war es gewesen, sondern so eine miese kleine Schwuchtel von Kunststudent. Rotz und Wasser hatte der Junge geheult, während Jim ihm ein wenig das Gesicht umgestellt hatte; und mit sowas hatte sie ihn betrogen!
Was hätte er denn mit ihr tun sollen? Nicht nur, dass sie das heilige Versprechen gebrochen hatte, dass sie ihm vor ihrer beider Gott einmal gegeben hatte, nein, sie hatte sich auch noch die dreißte Dummheit geleistet, das Hotelzimmer für ihre widerliche kleine Liason mit seiner Kreditkarte zu bezahlen. Seiner beschissnen Kreditkarte!
Jim atmete tief durch, als mit diesem Gedanken auch die ganze Wut angesichts jener Ungeheurlichkeit wieder in ihm aufkam. Seine Lippen zogen sich zu schmalen, farblosen Strichen zusammen, während die schweißfeuchten Hände sich fester um das Lenkrad schlossen.
Was also hätte er mit ihr tun sollen? Sie in eine dieser verdammten Talkshows zerren, wo die Leute sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig mit Worten zerlegten?
Nein, so etwas stünde einem braven Amerikaner wie ihm nun wirklich nicht gut zu Gesicht, dachte er mit einem kurzen Seitenblick auf die Mülltüte auf dem Beifahrersitz. In dem gelben, durchsichtigen Plastiksack lagen dunkel und glanzlos ein Beil, eine Säge und ein Hammer; zum Teil schwarz von getrocknetem Blut.

Da, das war die Stelle. Im Stillen tadelte Jim sich für seine Unachtsamkeit, während er den Wagen abbremste und an den Waldrand lenkte. Fast hätte er es verpasst; dabei hatte er sich diesen Weg vorgestern genau eingeprägt. Aber bei dieser scheiß Dunkelheit war jene kleine Einbuchtung seitlich der Straße auch kaum zu erkennen. Mit dem Ersterben des Motors wurde das monotone Prasseln der Regentropfen auf den Fensterscheiben und der Karosserie des Wagens zum einzigen Geräusch, das an Jims Ohren drang. Nachdem er sich den Sack und den Spaten unter den Arm geklemmt hatte, holte er seine Taschenlampe hervor, schaltete sie ein und steckte sie sich in den Mund, da er in beiden Händen gleich je eine erstaunlich schwere Kühlbox tragen würde. Ohne sich noch einmal bewusst ins Gedächtnis zu rufen, zu welchen Teilen er seine Fracht nun in den beiden unscheinbaren Kunststoffkisten untergebracht hatte, betrat er den dünnen, von Büschen und Sträuchern zu beiden Seiten zum Teil überwachsenen Waldpfad. Sicher würde er sein Vorhaben nicht in der Nähe dieses Weges in die Tat umsetzen können; auch, wenn wohl kaum jemand ihn noch zu benutzen schien. Doch immerhin eignete er sich gut, um ersteinmal eine sichere Distanz zwischen sich und die Straße zu bringen, bevor er sich schließlich in die Büsche schlagen würde.

Jim hatte in diesem Augenblick keinen Sinn für die Schönheit des Sternenhimmels, gegen dessen atemberaubende Klarheit sich die hohen Nadelbäume abhoben wie leise flüsternde Giganten, alt wie die Erde selbst. In der Stadt sah man solch einen Nachthimmel freilich nicht und auch jetz kam er nicht auf den Gedanken, die Augen emporzuheben zu jener still funkelnden Pracht, die er wohl doch nur wieder mit dem ohnehin schon leidigen Thema Edelsteine asoziiert hätte. Statt dessen war sein Blick vollkommen auf den Lichtkegel der Taschenlampe konzentriert, deren grelles, unruhiges Licht unzählige, hektische Schatten zwischen den Baumstämmen entstehen ließ. Jim, der unter seiner Last schnaufend voranschritt beschlich das Gefühl, von lautlosen Dämonen belauert zu werden, die um ihn herum durch das Unterholz huschten, stetig mit ihm Schritt hielten.


fortsetzung folgt...(solange ich nich doppelposten muss ~_^)
 
Öhm... "ihrer beider Gott"? Ich glaube, niemand der sich für einen Christen hält, würde so denken;)

Hehe... ein Typ der von sich als "braven Amerikaner" denkt, während er grad seine Frau in Scheiben entsorgen will...schon krass.
Jedenfalls mehr noch als die gewohnte Qualität, wirklich großartig bis hierhin. Gelungen-düstere Geschichte über einen denkbar unsympathischen Mörder, bin gepannt wie es weiter geht. Also bitte den nächsten Teil posten!

Der eigentlich übermüdete
Lewis G.
 
danke danke für den kommentar, lieber lewis g. !

tja, hatten wir das mit den christen gestern eigentlich noch geklärt? mir sin während des tippens schon bald die augen zugefallen XD

auf jeden fall gibts hier den zweiten teil^^
ich hoffe, er gefällt!

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Plötzlich blieb Jim wie vom Blitz gerühert stehen; In einem kurzen Moment nackter Angst gruben sich seine Zähne durch die dünne Gummiehaut des Lampenschaftes und mit entsetztem Blick starrte er in das Zentrum des gelblich-trüben Lichtkegels. Dort, mitten über dem Waldpfad, der sich ihm schmal und unstet aus der Dunkelheit heraus entgegenschlängelte, sah er die Augen seiner Frau.
“Scheiße!”, versuchte er hervorzubringen, doch aufgrund des sperrigen Knebels aus Hartplastik kam nur ein dumpfes, unartikuliertes Grunzen hinaus. Natürlich war es nicht seine Frau gewesen. Nur ein verdammtes Reh stand dort mitten auf dem Weg und sah ihn aus tiefen Augen heraus an; aus tiefen, haselnussbraunen Augen.

Mein kleines Rehkitz...

Er hätte sich dafür Ohrfeigen können, dass er sich von diesem Scheißviech so hatte erschrecken lassen. Das musste an den Nerven liegen. In den letzten Tagen war wohl einfach alles ein wenig viel für ihn gewesen; erst der Ehebruch seiner Frau, dann diese hässliche Trennung...kein Wunder, dass seine Sinne anfingen, ihn zu verarschen.
Er würde sich in der nächsten Zeit definitv mehr Ruhe gönnen. Mit stampfenden Schritten ging er auf das Wild zu und versuchte, es durch laute Grunzgeräusche zu vertreiben. Doch dieses Tier stand wie angewurzelt auf dem Weg und sah ihn weiterhin aus diesen verdammten Augen heraus an. Erst, als Jim bereits auf weniger als zwei Meter an das Reh herangekommen war, bewegte es sich gemähchlich, beinahe anmutig in das Unterholz und war kurz darauf in der Dunkelheit verschwunden.

Perplex stand Jim inmitten des Waldpfades und musste unwillkürlich zwinkern. Dieses Vieh war so leise im Dickicht verschwunden, dass er nun ernsthaft in Betracht zog, sich das ganze vielleicht nur eingebildet zu haben. Knurrend schüttelte er den Kopf; eine Geste, mit der er sich selbst zu ermutigen versuchte und die zur Folge hatte, dass der Lichtkreis seiner Lampe wie ein aufgeregtes Gespenst vor ihm hin und her durch den Wald huschte.
Eingebildet oder nicht, er sollte zusehen, dass er diese lästige Angelegenheit endlich hinter sich brachte und sich aus dem Staub machte.

Ein paar hundert Meter später hatte er die Stelle ausgemacht, an der er vor zwei Tagen beschlossen hatte, sich von dort aus durchs Unterholz zu schlagen. Der Pfad machte hier eine sachte Biegung, direkt neben zwei Kiefern, deren schlanke Stämme sich in der Höhe Kreuzten; Ein perfekter Orientierungspunkt in einem Wald, in dem verdammt nochmal alles gleich aussah – vor allem in dieser Dunkelheit. Das schwere Keuchen, das aus Jims geöffnetem Mund drang, während er sich durch die hüfthohen, widerspenstigen Büsche kämpfte, wurde zunhemend von pfeifenden Tönen durchsetzt.
Als er tagsüber probehalber den Weg abgeschritten war, hatte er sich nicht träumen lassen, wir sehr ihm diese Plackerei tatsächlich an die Knochen gehen würde. Noch näher waren ihm jetz jene unruhigen Dämonen, die der Strahl seiner Lampe hinter jedem Baum, jedem beschissnen Zweig entstehen ließ und diesmal schienen sie nach ihm zu greifen, ihn festhalten zu wollen mit zahllosen kleinen, kratzigen Fingern. Gott wie er diesen scheiß Wald hasste!

Nach einer scheinbaren Ewigkeit, die er sich mit schmerzenden Schultern und brennenden Lungen weiter vorangekämpft hatte, ließ er die beiden Kühlboxen mit einem dumpfen Geräusch auf den erdigen Waldboden fallen, wo ihnen einen Augenblick später der Spaten und die eingetüteten Werkzeuge scheppernd Gesellschaft leisteten.
“Ach du...Scheiße...”, keuchte Jim, die Hände auf seine Knie gestützt, nachdem die Flüche endlich wieder ungehindert seinen Mund passieren konnten. Dieser Ort war letztendlich doch so gut wie jeder andere, dachte er, während er sich schnaufend umsah.

Als er sich ein paar Minuten später endlich wieder aufrichten konnte, ohne dass er glaubte, die Besinnung zu verlieren, Griff er zum Spaten und begann, Brocken für Brocken der feuchten, fettigen Erde aus dem Waldboden zu heben. Verflucht, er hätte sich Arbeitshandschuhe mitnehmen sollen. Morgen würden seine Hände voller Schwielen sein, dachte er, während er sich den Schweiß von der schmutzbedeckten Stirn strich und in das Loch hinabsah, das er zu seinen Füßen ausgehoben hatte. Das sollte reichen. Zuerst schmiss er die Mülltüte in die Grube, dann versenkte er die erste Kühlbox. Der stechende Schmerz in seinem Kreuz hätte ihn fast aufschreien lassen. Leise vor sich hinfluchend drückte er seinen Rücken durch und fixierte schwer atmend die letzte Kiste. Eins noch, dann würde er es verdammt nochmal hinter sich haben!
“Fuck!”, entfuhr es ihm, als die zweite Kühlbox ihm beim Versuch, sie in das Loch zu lassen, auf einer Seite entglitt. Aus dem Gleichgewicht geraten, ließ er auch mit der anderen Hand los, um letztenlich nicht selbst noch diesem beschissenen Loch zu landen. Durch den seitlichen Aufschlag der Kiste löste sich der Deckel und ihr Inhalt verteilte sich auf dem ganzen Grubenboden.
“Sieh dir diese Sauerei an.”, murmelte Jim kopfschüttelnd und wollte schon zum Spaten greifen, als etwas am Grund des Lochs seinen Blick gefangen nahm. Im Licht der Taschenlampe sah er so rein und deutlich etwas Blaues zwischen all den fahlweißen und -roten Stücken aufblitzen, dass etwas sich in seinem Innersten zusammenzog. All die Jahre lang hatte er es nicht vermocht, ihr dieses verdammte Armband zu entreißen und selbst jetzt zierte es noch ihr Handgelenk.

Vorbei.

Vollkommen egal, gleich würde es vorbei sein! Beherzt schwang er den Spaten und schon verschwand ein Teil jenes verhassten Steines unter den ersten Dreckklumpen. Sollten dieses Miststück und ihr verfluchter Saphir doch bis in alle Ewigkeit in dieser Grube vor sich hingammeln! Nie wieder würde das Sonnenlicht ihn zum Leuchten bringen, dafür würde Jim sorgen!
Mehr und mehr füllte sich die Grube mit Erde, mit Schweigen, mit Vergessen. Gleichzeitig hatte Jim das Gefühl, als würde er jeden Brocken, den er im Waldboden versenkte, direkt von seinem Herzen abtragen, auf das es leichter und freier zu schlagen vermochte.
Dann hielt er inne. Ein plötzliches Rascheln in seiner Nähe ließ ihn herumfahren und mit unbeholfenen, fahrigen Bewegungen die eng stehenden Bäume um ihn herum ausleuchten.
“Was zum...”, entfuhr es ihm heiser, als er zwischen den Bäumen erneut jene großen, braunen Augen erblickte. Ungefähr vier Meter von ihm entfernt begann das Reh, ihn mit langsamen beinahe lautlosen Schritten zu umkreisen. Keine Sekunde lang ließen die haselnussfarbenen Augen ihn dabei los; fixierten ihn gnadenlos.
Es war nur ein Reh. Langsam begann Jim, seine Arbeit fortzusetzen, die letzten Häuflein Erde an ihren rechtmäßigen Platz zu bringen. Doch das Zittern seiner Hände konnte er dabei ebensowenig unterdrücken, wie den schier übermenschlichen Drang, alle paar Sekunden erneut durch die Bäume zu leuchten, nur um ein weiteres mal in jene großen, bodenlosen Augen zu blicken.

Nur ein Reh. Kein Wolf, oder Wildschwein; es war nur ein beschissenes Reh, das harmloseste Tier, das man sich vorstellen konnte! Dennoch wurde Jims Nervosität stärker und stärker, begann, mit zahllosen kleinen, scharfen Zähnen die Grenze zur Panik zu durchnagen. Es kam näher. Ja, davon war er überzeugt. Dieses Mistvieh zog seine Kreise immer enger. Vielleicht war es ja krank, dachte er, möglicherweise war es tollwütig. Nachdem er den frisch zugeworfenen Waldboden mehr schlecht als recht festgeklopft hatte, galt seine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder seinem tierischen Verfolger. Noch immer behielt das Reh seines Abstand bei, fixierte ihn teilnahmslos mit jenen kalten Augen, die nichts widerspiegelten, als das trübe Licht seiner Taschenlampe.
“Mach's gut, du Scheißvieh! Ich hoffe, du landest im Kessel!”
Jims Stimme schien seine eigenen, harten Worte parodieren zu wollen, während er langsam einen vorsichtigen Schritt hinter den anderen setzte. Direkt schon ängstlich war er darauf bedacht, ja nicht zu stolpern, nur nicht hinzufallen, als würde ihn das Reh sonst in genau diesem Augenblick anfallen und mit lechzenden Reißzähnen seine Kehle zerfetzen. Doch es blieb reglos zwischen den Bäumen zurück und beobachtete ihn weiterhin unverwandt, während die stille Dunkelheit des Waldes es allmählich wieder zu verhüllen begann.

Schnaufend, den Spaten fest an den Leib gepresst, lief Jim den Pfad zurück auf den Waldrand zu, während das Licht der Taschenlampe wenige Meter vor ihm wild über den Boden tanzte. Der Schweiß rann ihm in kalten Bahnen die Stirn hinab und ständig wurde der Drang, über die Schulter zu blicken, übermächtig; meinte Jim doch noch immer, den ausdruckslosen Blick jener kastanienfarbenen Augen im Rücken zu spüren.

Beinahe wäre ihm ein Jauchzen entronnen, als seine hektischen Schritte ihn endlich wieder auf den kiesigen Boden jener kleinen Bucht bachten, in der sein alter, treuer Chevy bereits auf ihn wartete. Mit angespannten, hastigen Bewegungen warf er den Spaten auf die Rückbank, klemmte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Sofort wurde die unangenehme Dunkelheit vor ihm vom Fernlicht seines Wagens vertrieben und mit knirschenden Reifen rollte er auf die Straße und nahm zügig an Fahrt auf. Ein Hochgefühl, wie er es noch nicht erlebt hatte, durchströmte Jim in diesem Moment, da er das dunkle, feucht glänzende Grau der Straße unter sich vorübereilen sah.

Was er aber dann sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Dort, direkt hinter einer Kurve tauchte im gleißenden Schein des Fernlichtes ein Reh auf. Mit einem gellenden Schrei des Entsetzens schloss Jim die Augen und riss das Lenkrad herum; fuhr blind und ungebremst gegen den Stamm einer mächtigen Kiefer. Jims letzte Empfindung, bevor sein Chevy, der sich durch die Wucht des Aufpralls wie ein Akkordeon aus reißendem Metall und splitterndem Lack zusammenschob, ihn zerquetschte, war dieses kalte, nackte Grausen, das er soeben für immer in der zeitlosen Dunkelheit des Erdreiches begraben zu haben glaubte; und während Jims Herz den jüngsten Schlag tat, hatte er eben jenes Bild vor Augen, das ihn in seinen letzten Momenten noch den Verstand gekostet hatte: Die großen Haselnussaugen des Rehs bedachten ihn mit einem leisen, trotzigen Audruck des Hohns und dicke, feuchte Erdklumpen durchsetzten das kurze Fell seines Gesichts. In der Schnauze aber trug das Tier ein goldenes Armband, in dessen Mitte ein walnussgroßer Saphir im Fernlicht kornblumenblau schimmerte.

Ende.
 
Hui, da hätte ich fast eine schöne, gruselige, schauderliche, abgründige Geschichte verpasst.
Hat mich wirklich herrlich gegruselt. Von der ersten bis zur letzten Zeile.

Also, solche Geschcihten leigen dir eindeutig auch.

Tolle düstere Atmosphäre. Solltest mal wieder so etwas schreiben. :D
 
Wowie, das hätte ich jetzt garnicht erwartet, die drei Wörter wares ja so garnicht gruselig.

Aber ich gebe Scherben völlig recht, ich hab mich auch gegruselt, im zweiten Teil sogar
noch mehr. Obwohl man anhand der Erzählung schon eindeutig benennen konnte, was
der gute Jim getan hat, so war die Auflösung dennoch äußerst spannungsgeladen.
Ich musste gerade kurz an Friedhof der Kuscheltiere denken, bei dem Reh jedenfalls.

Das war wirklich Gändehaut zum Greifen, ich war die ganze Zeit gefesselt und neugierig auf die
Auflösung. Und die kam ja mit einem mächtigen Badabums, ums mal so zu sagen.

Wirklich eine tolle Gruselstory, Du solltest wirklich mehr davon machen *nickt*

LG, Smarti
 
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