Mephistopheles
"Nicht schießen!"
Israel auf dem Weg in die Apartheid
Die meisten Minister der israelischen Regierung befürworten ein Gesetzesvorhaben, das den Grundsatz der Gleichheit aller Bürger, unabhängig von Religion und Rasse, aushebeln würde. Per Gesetz soll nicht-jüdischen Staatsbürgern verboten werden, in Israel Land zu kaufen.
Hamburg - Sollte das so genannte Druckman-Gesetz von der Knesset verabschiedet werden, würde in Israel eine "Jews only"-Politik ("Nur für Juden") staatlich legitimiert werden. Darunter hätten vor allem die arabischen Staatsbürger Israels, rund 20 Prozent der sechs Millionen Einwohner, zu leiden.
Diesen und möglicherweise auch anderen nichtjüdischen Israelis wie Christen und Drusen, die je etwa zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, wäre es nicht mehr erlaubt, im Staatsgebiet Bauland zu erwerben oder auch nur in jüdischen Siedlungen zu wohnen. Der Entwurf steht noch ganz am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens. Sollte er jedoch unverändert umgesetzt werden, würde dies eine nachhaltige Spaltung des modernen Israel bedeuten. Das Gesetz wäre zugleich eine Abkehr von den Idealen der Unabhängigkeitserklärung von 1948, die eine politische und soziale Gleichheit aller Bürger vorsah, unabhängig von Religion, Rasse, Geschlecht oder nationaler Herkunft.
Einer Umfrage des israelischen Rundfunks zufolge sprach sich die Mehrzahl der Befragten für das umstrittene Gesetz aus. Demnach will auch nur ein Drittel der Befragten einen israelischen Staatsbürger arabischer Herkunft als Nachbarn haben.
Die israelische Ärztin Adina Aviram, 47, von "New Profile", einer Bewegung zur "Zivilisierung der israelischen Gesellschaft", gibt nicht viel auf diese Umfragen. Gegenüber SPIEGEL ONLINE sagte sie, in einer Zeit, in der das öffentliche Leben für jeden Bürger einem russischen Roulette gleiche und die meisten Menschen daher verängstigt sind, seien sie leicht beeinflussbar und für die Propaganda der Scharon-Regierung empfänglich.
Viele Israelis sind empört über die Gesetzes-Vorlage des Abgeordneten Druckman. Nachdem das aus insgesamt 24 Ministern bestehende israelische Kabinett mit 17 zu 2 Stimmen - bei Abwesenheit Scharons und der meisten Minister der Arbeiterpartei - seine Bereitschaft unterstrich, den Gesetzesentwurf ins Parlament einzubringen, warfen dessen Kritiker der Regierung Rassismus vor.
Der Friedensaktivist Uri Avnery sprach gegenüber SPIEGEL ONLINE von einem "schrecklichen Skandal". Es sei zwar seit Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 üblich gewesen, die mehr als eine Million Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, doch nun stempele sich Israel "offiziell zu einem Apartheidstaat", empört sich Avnery.
Adina Aviram sagt, die geplanten Maßnahmen der israelischen Regierung erinnerten sie an die Politik, die Juden im 19. Jahrhundert in Russland und in den Dreißigern in Deutschland widerfahren ist, als die Juden nicht überall wohnen durften, wo sie wollten. Ebenso an die Verhältnisse in Südafrika vor den Reformen. "Die Samen der Apartheid werden nun in die israelische Erde gesät", sagt die Medizinerin. Palästinensischen Israelis werde es nicht mehr möglich sein, mit jüdischen Israelis in neuen Siedlungen zusammen zu leben, wo die Lebensqualität oft höher sei als in den Ballungsräumen.
Der rechtsgerichtete Effi Eitam, israelischer Minister ohne Geschäftsbereich, zeigt sich indes kampfbereit, sollte das von seinem Parteigenossen Rabbi Haim Druckman von der Nationalen Religiösen Partei ausgearbeitete Gesetz abgeschmettert werden: "Wir werden das Druckman-Gesetz nicht begraben. Es ist von enormer Wichtigkeit", wird Eitan in der israelischen Zeitung "Haaretz" zitiert.
Die Nationalreligiösen reagieren mit der Gesetzesinitiative auf ein Gerichtsurteil, in dem der arabisch-israelischen Familie von Adel Kaadan im nordisraelischen Dorf Katzir bereits vor mehr als zwei Jahren das Recht zugesprochen wurde, auch in jüdischem Siedlungsgebiet Land zu kaufen, nachdem andere Bewohner der Siedlung ihm dies verwehrt hatten.
Außenminister Schimon Peres von der Arbeitspartei, die mit Scharons Likud regiert, hat den Widerstand seiner Partei angekündigt. Oppositionsführer Jossi Sarid von der linken Meretz-Partei nannte den Gesetzentwurf einen "rassistischen Text", einen "Schandfleck" für Israel. Meretz-Parteigründer Schulamit Aloni sagte: "Wenn wir noch nicht ganz ein Apartheidstaat sind, so kommen wir dem nun immer näher."
Erziehungsminister Limon Livnat dagegen sieht in dem Werk nichts Diskriminierendes, sondern ein zentrales Anliegen des Zionismus: Dass das jüdische Volk auf sein eigenen Land zurückkehrt - auch wenn die Uno bereits 1975 den Zionismus als eine Form des Rassismus gebrandmarkt hat.
SPIEGEL online
Die meisten Minister der israelischen Regierung befürworten ein Gesetzesvorhaben, das den Grundsatz der Gleichheit aller Bürger, unabhängig von Religion und Rasse, aushebeln würde. Per Gesetz soll nicht-jüdischen Staatsbürgern verboten werden, in Israel Land zu kaufen.
Hamburg - Sollte das so genannte Druckman-Gesetz von der Knesset verabschiedet werden, würde in Israel eine "Jews only"-Politik ("Nur für Juden") staatlich legitimiert werden. Darunter hätten vor allem die arabischen Staatsbürger Israels, rund 20 Prozent der sechs Millionen Einwohner, zu leiden.
Diesen und möglicherweise auch anderen nichtjüdischen Israelis wie Christen und Drusen, die je etwa zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, wäre es nicht mehr erlaubt, im Staatsgebiet Bauland zu erwerben oder auch nur in jüdischen Siedlungen zu wohnen. Der Entwurf steht noch ganz am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens. Sollte er jedoch unverändert umgesetzt werden, würde dies eine nachhaltige Spaltung des modernen Israel bedeuten. Das Gesetz wäre zugleich eine Abkehr von den Idealen der Unabhängigkeitserklärung von 1948, die eine politische und soziale Gleichheit aller Bürger vorsah, unabhängig von Religion, Rasse, Geschlecht oder nationaler Herkunft.
Einer Umfrage des israelischen Rundfunks zufolge sprach sich die Mehrzahl der Befragten für das umstrittene Gesetz aus. Demnach will auch nur ein Drittel der Befragten einen israelischen Staatsbürger arabischer Herkunft als Nachbarn haben.
Die israelische Ärztin Adina Aviram, 47, von "New Profile", einer Bewegung zur "Zivilisierung der israelischen Gesellschaft", gibt nicht viel auf diese Umfragen. Gegenüber SPIEGEL ONLINE sagte sie, in einer Zeit, in der das öffentliche Leben für jeden Bürger einem russischen Roulette gleiche und die meisten Menschen daher verängstigt sind, seien sie leicht beeinflussbar und für die Propaganda der Scharon-Regierung empfänglich.
Viele Israelis sind empört über die Gesetzes-Vorlage des Abgeordneten Druckman. Nachdem das aus insgesamt 24 Ministern bestehende israelische Kabinett mit 17 zu 2 Stimmen - bei Abwesenheit Scharons und der meisten Minister der Arbeiterpartei - seine Bereitschaft unterstrich, den Gesetzesentwurf ins Parlament einzubringen, warfen dessen Kritiker der Regierung Rassismus vor.
Der Friedensaktivist Uri Avnery sprach gegenüber SPIEGEL ONLINE von einem "schrecklichen Skandal". Es sei zwar seit Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 üblich gewesen, die mehr als eine Million Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, doch nun stempele sich Israel "offiziell zu einem Apartheidstaat", empört sich Avnery.
Adina Aviram sagt, die geplanten Maßnahmen der israelischen Regierung erinnerten sie an die Politik, die Juden im 19. Jahrhundert in Russland und in den Dreißigern in Deutschland widerfahren ist, als die Juden nicht überall wohnen durften, wo sie wollten. Ebenso an die Verhältnisse in Südafrika vor den Reformen. "Die Samen der Apartheid werden nun in die israelische Erde gesät", sagt die Medizinerin. Palästinensischen Israelis werde es nicht mehr möglich sein, mit jüdischen Israelis in neuen Siedlungen zusammen zu leben, wo die Lebensqualität oft höher sei als in den Ballungsräumen.
Der rechtsgerichtete Effi Eitam, israelischer Minister ohne Geschäftsbereich, zeigt sich indes kampfbereit, sollte das von seinem Parteigenossen Rabbi Haim Druckman von der Nationalen Religiösen Partei ausgearbeitete Gesetz abgeschmettert werden: "Wir werden das Druckman-Gesetz nicht begraben. Es ist von enormer Wichtigkeit", wird Eitan in der israelischen Zeitung "Haaretz" zitiert.
Die Nationalreligiösen reagieren mit der Gesetzesinitiative auf ein Gerichtsurteil, in dem der arabisch-israelischen Familie von Adel Kaadan im nordisraelischen Dorf Katzir bereits vor mehr als zwei Jahren das Recht zugesprochen wurde, auch in jüdischem Siedlungsgebiet Land zu kaufen, nachdem andere Bewohner der Siedlung ihm dies verwehrt hatten.
Außenminister Schimon Peres von der Arbeitspartei, die mit Scharons Likud regiert, hat den Widerstand seiner Partei angekündigt. Oppositionsführer Jossi Sarid von der linken Meretz-Partei nannte den Gesetzentwurf einen "rassistischen Text", einen "Schandfleck" für Israel. Meretz-Parteigründer Schulamit Aloni sagte: "Wenn wir noch nicht ganz ein Apartheidstaat sind, so kommen wir dem nun immer näher."
Erziehungsminister Limon Livnat dagegen sieht in dem Werk nichts Diskriminierendes, sondern ein zentrales Anliegen des Zionismus: Dass das jüdische Volk auf sein eigenen Land zurückkehrt - auch wenn die Uno bereits 1975 den Zionismus als eine Form des Rassismus gebrandmarkt hat.
SPIEGEL online