antivirus
autark
Eigentlich war diese Kurzgeschichte ein Projekt für meinen Literaturkurs, allerdings möchte ich mal wissen, was ihr davon haltet.
Aufgabe war es halt, sich an einen öffentlichen Ort zu setzen, sich einen interessanten Menschen herauszupicken und ihm eine Geschichte anzudichten.
Nun, bei mir war ausschlaggebend der Hamburger Hauptbahnhof, als ich dort auf meinen Cousin gewartet habe. Dort saß ein Mann auf einer Bank, der einen braunen Mantel anhatte und anscheinend auf jemand wartete, da sein Blick immer mal wieder auf die Uhr fiel.
So, und dazu nun meine Geschichte ...
***
Nervös schaute er wieder auf sein Handy. Der Anruf war immer noch nicht gekommen und es war gleich schon zehn. Er drückte auf die Rufwiederholungstaste, besah sich die Nummer kurz und drückte sie dann wieder weg. Nein, er durfte nicht anrufen, das war der Befehl. Sie würde sich melden, hatten sie gesagt, wenn alles so war, wie sie es wollten.
Er hatte seinen Job erledigt. Doch jetzt, wie er da saß und wartete, wurde ihm leicht übel. Er merkte, wie seine Hände feucht wurden und er Abdrücke auf dem Handy hinterließ. Auch ertappte er sich dabei, seinen Mantelkragen unauffällig höher zu ziehen, sobald die Bahnhofpolizei an ihm vorbei patrouillierte.
Die Züge rauschten vor und hinter ihm in den Bahnhof ein und erzeugte einen enormen Krach, doch Alan nahm seine Umgebung kaum noch war. Es war schließlich etwas anderes, das ihn nun beschäftigte. Zu dumm war nur, dass es schon so lange her war, dass er sich über so etwas Gedanken machte und mit der ganzen Situation sich nun ein wenig überfordert fühlte.
Sein nächstes Ziel war nun Paris… Aber eben auch nur, wenn dieser Anruf endlich kam.
Wieder sah er auf sein Handy, welches er neben sich gelegt hatte. Plötzlich klingelte es. Er war aufgeregter und nervöser als er dachte und drückte er den Knopf für Abnehmen.
„Hey Alan, hier ist Chris.“ Zunächst war Alan geschockt, dann erleichtert, dass es doch nur ein Freund von ihm war.
„Hey Chris. Was ist los?“ Trotzdem war er wie ausgewechselt; er sprach sehr leise und vorsichtig, schaute sich immer wieder um, ob ihn niemand beobachtete. Durfte er überhaupt telefonieren?
„Wollte nur fragen, ob du und Jessica heute Abend vielleicht zum Essen kommen wollt? Haben uns ja aufgrund unseres Urlaubs lange nicht gesehen. Also?“
Alan geriet ins Stottern. Nein, das ging nicht, das durfte er nicht. Keinen Kontakt zu anderen Personen während dieser Zeit. Vorschrift ist Vorschrift. Er durfte nicht telefonieren.
Eine Person weiter weg von ihm beobachtete ihn immer eindringlicher, die Sonnenbrille verriet den Rest. Alan legte auf und warf das Handy regelrecht in den Aktenkoffer.
Tut mir leid, Chris, dachte Alan.
Nachdenklich betrachtete er seinen Aktenkoffer. Er musste längst zu Hause sein, schließlich würde seine Tochter gleich von der Schule kommen.
Wieder klingelte das Handy. Alan nahm, dieses Mal aus einem unersichtlichem Grund ruhiger, ab ohne sich zu melden.
„Alles ok. Wir machen weiter wie geplant“, war das Einzige, was der Anrufer sagte. Ob Alan nun weinen oder sich freuen konnte, wusste er nicht, beide Lösungen wären inakzeptabel und so stand er einfach auf und lief zu Gleis 4, wo in wenigen Minuten ein ICE abfuhr in Richtung Frankreich.
Nach der Arbeit hatte er sich in ein kleines und vor allem ruhiges Café gesetzt, um noch etwas zu erledigen. Er packte also seinen Laptop aus und öffnete die Datei zx6k.doc. Es war ein geheimes Projekt, woran er mit zwei anderen Arbeitskollegen und seinem Chef dran arbeitete.
Die Bedienung hatte ihm gerade einen Kaffee gebracht, als sich ihm gegenüber ein seltsamer Mann platzierte.
„Guten Tag, Herr Kane“, sagte er bloß und nahm die Sonnenbrille ab. Verwundert schaute Alan sich den Mann vor ihm an.
„Guten Tag. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte er höflich, da er nicht wusste, was das alles jetzt sollte. Er wollte doch nur in Ruhe arbeiten. Vielleicht jemand, der von dem Geheimprojekt wusste und es verhindern wollte? Schnell schloss er die Datei wieder und machte auch den Laptop aus. Sicher ist sicher.
„Ja, das können Sie in der Tat. Folgen Sie mir bitte.“ Der Mann setzte seine Sonnenbrille wieder auf und stand auf. Alan blieb verdutzt sitzen.
„Tut mir leid, ich habe noch zu tun. Außerdem wollte ich meinen Kaffee noch trinken!“, protestierte er.
Der Mann drehte sich um und wirkte auf einmal sehr bedrohlich. Dann gab er der Kellnerin das Geld für den Kaffee und packte Alans Sachen in seinen Aktenkoffer.
„Kommen Sie bitte.“ Dann verließ er das Kaffee.
„Hey! HEY! Das können Sie doch nicht machen! Was soll das denn?“, rief Alan ihm hinterher, doch der Mann hörte ihn nicht mehr, da er schon längst draußen war. Schnell lief Alan ihm nach.
Draußen wartete eine schwarze Limousine. Die Tür war geöffnet und eine Hand winkte ihn hinein. Alan kam das ganze unglaublich spanisch vor und überhaupt; so was erlebte man normalerweise nur im Film, wenn irgendwelche Leute einen umbringen wollen und so. Alan schnappte nach Luft. Und jetzt passierte das ganze in Hamburg. Mitten in Hamburg.
Der Mann, welcher die Tür für ihn offen hielt, zehrte Alan schließlich in den Wagen, als er merkte, dass er zögerte. Alan stieß sich den Kopf am Auto und landete ziemlich unsanft schließlich auf einem Sitz.
Ihm gegenüber in der Limousine saß ein weiterer Mann in einem dunklen Anzug und Sonnenbrille. Langsam aber sicher geriet Alan ins Schwitzen.
„Wir wissen, was Sie wirklich sind“, platzte es plötzlich aus dem Mann neben ihm heraus.
Nun geriet Alan wirklich in Panik. Hatten sie tatsächlich… ? Oder taten sie nur so? Cool bleiben…
„Nun meine Herren, was bin ich denn?“, fragte er übertrieben nichtswissend. Er sollte sich seine Worte gut überlegen. Er war hier schließlich kein Profi – das gehörte schließlich seiner Vergangenheit an.
„Sie sind Secret Agent Payl von der CSI. Ihre Tarnung ist, zum Nachteil für Sie, aufgeflogen. Als Sie aus New York verschwunden waren, wussten wir sofort, wo wir Sie suchen mussten – Deutschland. Es hat trotzdem länger gedauert, als gedacht. Meinen Glückwunsch dazu, dass Sie sich so lange verstecken konnten.“
Scheiße, dachte Alan nur, blickte aber trotzdem seelenruhig in die Runde. Hatten sie ihn doch tatsächlich…
„Da muss eine Verwechslung vorliegen. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.“ Betont lässig war momentan vielleicht die falsche Lösung, doch durfte er auch nicht panisch werden. Alan kannte diese Leute nicht, die ihn aber anscheinend sehr gut zu kennen schienen. Er durfte nichts falsch machen, allerdings… Wie lange versteckte er sich mittlerweile schon? Drei oder vier Jahre? Alan war fast raus aus dem Geschäft. Seit sein Chef ihm die Anordnung zum Exil geraten hat, hatte er nichts mehr mit den Secret Agents zu tun.
„Es ist ganz sicher keine Verwechslung“, sagte der Mann ihm gegenüber.
Alan atmete einmal tief durch. Er musste nachdenken. Woher kannte er diese Leute? Wenn sie ihn kannten, dann musste er auch sie kennen – ganz sicher.
„Montey verwechselt nichts“, fügte der Mann neben Alan hinzu. Und da machte es ‚klick’. Montey – natürlich hatte er diesen Namen schon einmal gehört. Er war so mit der größte Drogendealer in Philadelphia. Er, Alan, hatte ihn vor gut sechs Jahren in den Knast gebracht, allerdings nicht wegen Drogen, da man sie ihm mal wieder nicht nachweisen konnte, sondern aufgrund schwerer Verletzungen, Freiheitsberaubung und Todschlags. Dummerweise schien Montey mittlerweile wieder auf freiem Fuß zu sein, wie immer er das auch geschafft haben möge.
„Was wollt ihr von mir?“, wollte Alan wissen, denn nun sah die Sache anders aus. Wollte Montey Rache?
„Sie sollen einen Auftrag für Montey erledigen. Wir wissen, wie geschickt Sie im Umgang mit Waffen und im Spurenverwischen sind.“
Alan horchte auf. „Was soll das für ein Auftrag sein?“
„Sie sollen Jessica Patrou für uns erledigen.“
Mit einem Mal wurde Alan schlecht. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen, ein Schweißausbruch auf den nächsten folgte. „Sind Sie sich sicher?“, fragte Alan mit heiserer Stimme.
„Absolut“, sagte der Mann neben Alan und lehnte sich bequem zurück. „Sie hat einen unserer Aufträge nicht ausgefüllt, dafür muss sie sterben.“
„Aber…“ Alan war sprachlos. Ihm stand das Entsetzen praktisch ins Gesicht geschrieben. Jessica war schließlich seine Freundin. Jessica soll Mitglied dieser Bande skrupelloser Idioten gewesen sein? Und nun sollte er sie umbringen? Das konnte er nicht. Nein.
Der Wagen kam schließlich zum Stillstand, und wie Alan feststellen musste, waren sie in der Gegend, in der Jessica wohnte. Verzweifelt sah er sich um. Was sollte er nun tun? Er wollte sie nicht umbringen. Er liebte sie schließlich! Er könnte mit ihr und seiner kleinen Tochter abhauen…
„So, jetzt raus hier und erledige sie!“
Die Tür wurde aufgerissen und Alan schließlich rausgeschupst.
„Und noch was: Wenn Sie Mist bauen und der Auftrag nicht ausgeführt wird, dann werden Sie ihre Tochter nie wieder sehen.“
„WAS? Ihr habt meine Tochter? Was soll das? … Wie geht es ihr?“ Nun schien alles vorbei zu sein. Sie hatten seine Tochter!
Plötzlich klappte unter einer Sitzband ein kleiner Fernseher hervor. Einer der Männer nahm das Telefon und wählte eine Nummer.
„Da Sie uns vielleicht nicht glauben werden: Hier!“ Der Mann überreichte ihm den Telefonhörer und kurz darauf konnte Alan Montey sehen, wie er selbstgefällig in die kleine Kamera blickte und somit ihn, Alan, an.
„Na mein Freund? Wie geht es dir? Wir haben ja schon lange nichts mehr voneinander gehört.“ Ein leises Lachen von ihm folgte. „Hier, schau mal, wen ich hier habe.“ Montey deutete unter sich, nahm dann die Kamera und ließ Julia hinein schauen. Ihr Gesicht war Tränenüberströmt und eine kleine Wunde zierte ihre zarte Wange.
„SCHATZ!“, schrie Alan nur in die Telefonhörer, sodass Montey ihn ein wenig vom Ohr entfernen musste.
„Stell dich nicht so an. Dem süßen Ding passiert ja nichts, wenn du deine Arbeit sauber machst. Also geh und erledige diese Schlampe! Keinen Kontakt zu deinen Bekannten, halt einfach deine Klappe … Ach, und uns findest du in Paris. Wir melden uns dann bei dir.“ Dann legte Montey auf und das Bild verschwand vom Fernseher.
Alan wusste, was er nun zu tun hatte, auch wenn es ihm unendlich schwer fiel.
Hinter dem Zugfenster rauschten Landschaften und Städte vorbei, doch Alan hatte in seinem Kopf nur noch Platz für seine kleine Julia. Er hoffte, das Montey sein Wort hielt und ihr noch nichts getan hatte. Nervös langte er wieder nach seinem Kaffee. Es war nicht mehr weit nach Paris.
Dieser Widerliche Kerl. Montey hatte nun auch sein neues Leben zerstört, einfach nur, weil er sich noch rächen wollte und das an einer Person, die Alan über alles liebte.
Vorsichtig zog Alan den roten Lippenstift aus seiner Hosentasche, den er sich als Erinnerung mitgenommen hatte. Traurig wand er ihn ein paar Mal in der Hand, bis er ihn wieder in die Tasche steckte, da Paris als Fahrtziel für in fünf Minuten angekündigt wurde. Laut quietschend fuhr der Zug schließlich in den Bahnhof ein und Alan packte schnell seinen Aktenkoffer und lief durch die Menschenmenge zum Ausgang hin, als er einfach stehen blieb. Er wusste doch gar nicht, wohin er gehen sollte. Wo sollte er auch schon suchen? Paris war groß!
Montey hat mich reingelegt, war der einzige Gedanke, der durch Alans Kopf schoss. Doch kaum hatte er zu Ende gedacht, hatte er auf einmal einen kleinen Zettel in der Hand. Schnell drehte er sich um, um denjenigen zu suchen, der ihm diesen Zettel gab, doch es war unmöglich, da gerade ein weiterer Zug angekommen war und der Bahnhof hoffnungslos überfüllt war.
Neugierig öffnete er den Zettel. Das einzige, was dort stand war Rue Dabavou 54. Es musste die Adresse sein, wo er seine Tochter finden würde. Hoffentlich. Schnell verließ er den Bahnhof um draußen ein Taxi zu nehmen. Sein französisch war grottenschlecht, doch er versuchte es.
„Voulez-vous me donner lá?, fragte er den Taxifahrer und gab ihm den Zettel.
„Qui, qui“, bekam er als Antwort. Zumindest hatte er ihn verstanden.
Die Fahrt dauerte nicht lange, da hielt das Taxi schon vor einem recht großen und schmucken Haus. Doch als Alan es betrat, war es alles andere als ansehnlich oder dergleichen. Es war zerstört, dreckig, voller Spinnenweben und auch sonst gab es eher kein Anzeichen von Leben. Etwas verwirrt und auch sehr ärgerlich betrat er ein helleres Zimmer. Es schien die Küche zu sein. Doch was er dort auf dem Boden sah, raubte ihm das letzte bisschen Verstand. Blut, überall und mittendrin lag bewegungslos seine kleine Tochter. Alan stürzte sich auf sie.
„Schatz! Mein Liebling! Sag doch was! Bitte, sag doch was!“, flehte er sie an, doch sie rührte sich nicht.
„Gib es auf, Alan. Das Spiel ist vorbei“, sagte plötzlich die gehässige Stimme von Montey hinter ihm. Alan stand rasend vor Wut auf und wollte ihn schlagen, treten, alles Mögliche mit ihm machen, doch leider hielten ihn zwei ziemlich starke Männer davon ab.
„Was soll das? Warum tust du das? Warum ruinierst du so mein Leben? Ich habe dir nichts getan! Ich bin raus aus dem Geschäft!“ Alan schrie ihn an, doch Montey störte das nicht im Geringsten. Lässig zog er eine Pistole hinter seinem Rücken vor.
„Hör zu: Das Spiel ist aus! Jessica ist tot, dank dir, deine süße Tochter auch, dank mir! Und du… glaubst du allen Ernstes ich würde dich ungeschoren davon kommen lassen? Ich musste wegen dir fünf Jahre meines Lebens in einem Gefängnis vergeuden! Die Zeit kannst du mir nicht wieder geben – das kann niemand. Aber ich kann mich an dir rächen, dafür, dass du sie mir genommen hast.“ Montey hob die Pistole auf die Kopfhöhe von Alan, lacht laut auf und drückte ab.
Mit seinem letzten Atemzug sagte Alan fies grinsend: „Jessica ist nicht tot!“
***
Hoffe, dass das jemand liest.
Ach ja: Rechtschreibfehler dürfen behalten werden ... =P
Aufgabe war es halt, sich an einen öffentlichen Ort zu setzen, sich einen interessanten Menschen herauszupicken und ihm eine Geschichte anzudichten.
Nun, bei mir war ausschlaggebend der Hamburger Hauptbahnhof, als ich dort auf meinen Cousin gewartet habe. Dort saß ein Mann auf einer Bank, der einen braunen Mantel anhatte und anscheinend auf jemand wartete, da sein Blick immer mal wieder auf die Uhr fiel.
So, und dazu nun meine Geschichte ...

***
Nervös schaute er wieder auf sein Handy. Der Anruf war immer noch nicht gekommen und es war gleich schon zehn. Er drückte auf die Rufwiederholungstaste, besah sich die Nummer kurz und drückte sie dann wieder weg. Nein, er durfte nicht anrufen, das war der Befehl. Sie würde sich melden, hatten sie gesagt, wenn alles so war, wie sie es wollten.
Er hatte seinen Job erledigt. Doch jetzt, wie er da saß und wartete, wurde ihm leicht übel. Er merkte, wie seine Hände feucht wurden und er Abdrücke auf dem Handy hinterließ. Auch ertappte er sich dabei, seinen Mantelkragen unauffällig höher zu ziehen, sobald die Bahnhofpolizei an ihm vorbei patrouillierte.
Die Züge rauschten vor und hinter ihm in den Bahnhof ein und erzeugte einen enormen Krach, doch Alan nahm seine Umgebung kaum noch war. Es war schließlich etwas anderes, das ihn nun beschäftigte. Zu dumm war nur, dass es schon so lange her war, dass er sich über so etwas Gedanken machte und mit der ganzen Situation sich nun ein wenig überfordert fühlte.
Sein nächstes Ziel war nun Paris… Aber eben auch nur, wenn dieser Anruf endlich kam.
Wieder sah er auf sein Handy, welches er neben sich gelegt hatte. Plötzlich klingelte es. Er war aufgeregter und nervöser als er dachte und drückte er den Knopf für Abnehmen.
„Hey Alan, hier ist Chris.“ Zunächst war Alan geschockt, dann erleichtert, dass es doch nur ein Freund von ihm war.
„Hey Chris. Was ist los?“ Trotzdem war er wie ausgewechselt; er sprach sehr leise und vorsichtig, schaute sich immer wieder um, ob ihn niemand beobachtete. Durfte er überhaupt telefonieren?
„Wollte nur fragen, ob du und Jessica heute Abend vielleicht zum Essen kommen wollt? Haben uns ja aufgrund unseres Urlaubs lange nicht gesehen. Also?“
Alan geriet ins Stottern. Nein, das ging nicht, das durfte er nicht. Keinen Kontakt zu anderen Personen während dieser Zeit. Vorschrift ist Vorschrift. Er durfte nicht telefonieren.
Eine Person weiter weg von ihm beobachtete ihn immer eindringlicher, die Sonnenbrille verriet den Rest. Alan legte auf und warf das Handy regelrecht in den Aktenkoffer.
Tut mir leid, Chris, dachte Alan.
Nachdenklich betrachtete er seinen Aktenkoffer. Er musste längst zu Hause sein, schließlich würde seine Tochter gleich von der Schule kommen.
Wieder klingelte das Handy. Alan nahm, dieses Mal aus einem unersichtlichem Grund ruhiger, ab ohne sich zu melden.
„Alles ok. Wir machen weiter wie geplant“, war das Einzige, was der Anrufer sagte. Ob Alan nun weinen oder sich freuen konnte, wusste er nicht, beide Lösungen wären inakzeptabel und so stand er einfach auf und lief zu Gleis 4, wo in wenigen Minuten ein ICE abfuhr in Richtung Frankreich.
Nach der Arbeit hatte er sich in ein kleines und vor allem ruhiges Café gesetzt, um noch etwas zu erledigen. Er packte also seinen Laptop aus und öffnete die Datei zx6k.doc. Es war ein geheimes Projekt, woran er mit zwei anderen Arbeitskollegen und seinem Chef dran arbeitete.
Die Bedienung hatte ihm gerade einen Kaffee gebracht, als sich ihm gegenüber ein seltsamer Mann platzierte.
„Guten Tag, Herr Kane“, sagte er bloß und nahm die Sonnenbrille ab. Verwundert schaute Alan sich den Mann vor ihm an.
„Guten Tag. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte er höflich, da er nicht wusste, was das alles jetzt sollte. Er wollte doch nur in Ruhe arbeiten. Vielleicht jemand, der von dem Geheimprojekt wusste und es verhindern wollte? Schnell schloss er die Datei wieder und machte auch den Laptop aus. Sicher ist sicher.
„Ja, das können Sie in der Tat. Folgen Sie mir bitte.“ Der Mann setzte seine Sonnenbrille wieder auf und stand auf. Alan blieb verdutzt sitzen.
„Tut mir leid, ich habe noch zu tun. Außerdem wollte ich meinen Kaffee noch trinken!“, protestierte er.
Der Mann drehte sich um und wirkte auf einmal sehr bedrohlich. Dann gab er der Kellnerin das Geld für den Kaffee und packte Alans Sachen in seinen Aktenkoffer.
„Kommen Sie bitte.“ Dann verließ er das Kaffee.
„Hey! HEY! Das können Sie doch nicht machen! Was soll das denn?“, rief Alan ihm hinterher, doch der Mann hörte ihn nicht mehr, da er schon längst draußen war. Schnell lief Alan ihm nach.
Draußen wartete eine schwarze Limousine. Die Tür war geöffnet und eine Hand winkte ihn hinein. Alan kam das ganze unglaublich spanisch vor und überhaupt; so was erlebte man normalerweise nur im Film, wenn irgendwelche Leute einen umbringen wollen und so. Alan schnappte nach Luft. Und jetzt passierte das ganze in Hamburg. Mitten in Hamburg.
Der Mann, welcher die Tür für ihn offen hielt, zehrte Alan schließlich in den Wagen, als er merkte, dass er zögerte. Alan stieß sich den Kopf am Auto und landete ziemlich unsanft schließlich auf einem Sitz.
Ihm gegenüber in der Limousine saß ein weiterer Mann in einem dunklen Anzug und Sonnenbrille. Langsam aber sicher geriet Alan ins Schwitzen.
„Wir wissen, was Sie wirklich sind“, platzte es plötzlich aus dem Mann neben ihm heraus.
Nun geriet Alan wirklich in Panik. Hatten sie tatsächlich… ? Oder taten sie nur so? Cool bleiben…
„Nun meine Herren, was bin ich denn?“, fragte er übertrieben nichtswissend. Er sollte sich seine Worte gut überlegen. Er war hier schließlich kein Profi – das gehörte schließlich seiner Vergangenheit an.
„Sie sind Secret Agent Payl von der CSI. Ihre Tarnung ist, zum Nachteil für Sie, aufgeflogen. Als Sie aus New York verschwunden waren, wussten wir sofort, wo wir Sie suchen mussten – Deutschland. Es hat trotzdem länger gedauert, als gedacht. Meinen Glückwunsch dazu, dass Sie sich so lange verstecken konnten.“
Scheiße, dachte Alan nur, blickte aber trotzdem seelenruhig in die Runde. Hatten sie ihn doch tatsächlich…
„Da muss eine Verwechslung vorliegen. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.“ Betont lässig war momentan vielleicht die falsche Lösung, doch durfte er auch nicht panisch werden. Alan kannte diese Leute nicht, die ihn aber anscheinend sehr gut zu kennen schienen. Er durfte nichts falsch machen, allerdings… Wie lange versteckte er sich mittlerweile schon? Drei oder vier Jahre? Alan war fast raus aus dem Geschäft. Seit sein Chef ihm die Anordnung zum Exil geraten hat, hatte er nichts mehr mit den Secret Agents zu tun.
„Es ist ganz sicher keine Verwechslung“, sagte der Mann ihm gegenüber.
Alan atmete einmal tief durch. Er musste nachdenken. Woher kannte er diese Leute? Wenn sie ihn kannten, dann musste er auch sie kennen – ganz sicher.
„Montey verwechselt nichts“, fügte der Mann neben Alan hinzu. Und da machte es ‚klick’. Montey – natürlich hatte er diesen Namen schon einmal gehört. Er war so mit der größte Drogendealer in Philadelphia. Er, Alan, hatte ihn vor gut sechs Jahren in den Knast gebracht, allerdings nicht wegen Drogen, da man sie ihm mal wieder nicht nachweisen konnte, sondern aufgrund schwerer Verletzungen, Freiheitsberaubung und Todschlags. Dummerweise schien Montey mittlerweile wieder auf freiem Fuß zu sein, wie immer er das auch geschafft haben möge.
„Was wollt ihr von mir?“, wollte Alan wissen, denn nun sah die Sache anders aus. Wollte Montey Rache?
„Sie sollen einen Auftrag für Montey erledigen. Wir wissen, wie geschickt Sie im Umgang mit Waffen und im Spurenverwischen sind.“
Alan horchte auf. „Was soll das für ein Auftrag sein?“
„Sie sollen Jessica Patrou für uns erledigen.“
Mit einem Mal wurde Alan schlecht. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen, ein Schweißausbruch auf den nächsten folgte. „Sind Sie sich sicher?“, fragte Alan mit heiserer Stimme.
„Absolut“, sagte der Mann neben Alan und lehnte sich bequem zurück. „Sie hat einen unserer Aufträge nicht ausgefüllt, dafür muss sie sterben.“
„Aber…“ Alan war sprachlos. Ihm stand das Entsetzen praktisch ins Gesicht geschrieben. Jessica war schließlich seine Freundin. Jessica soll Mitglied dieser Bande skrupelloser Idioten gewesen sein? Und nun sollte er sie umbringen? Das konnte er nicht. Nein.
Der Wagen kam schließlich zum Stillstand, und wie Alan feststellen musste, waren sie in der Gegend, in der Jessica wohnte. Verzweifelt sah er sich um. Was sollte er nun tun? Er wollte sie nicht umbringen. Er liebte sie schließlich! Er könnte mit ihr und seiner kleinen Tochter abhauen…
„So, jetzt raus hier und erledige sie!“
Die Tür wurde aufgerissen und Alan schließlich rausgeschupst.
„Und noch was: Wenn Sie Mist bauen und der Auftrag nicht ausgeführt wird, dann werden Sie ihre Tochter nie wieder sehen.“
„WAS? Ihr habt meine Tochter? Was soll das? … Wie geht es ihr?“ Nun schien alles vorbei zu sein. Sie hatten seine Tochter!
Plötzlich klappte unter einer Sitzband ein kleiner Fernseher hervor. Einer der Männer nahm das Telefon und wählte eine Nummer.
„Da Sie uns vielleicht nicht glauben werden: Hier!“ Der Mann überreichte ihm den Telefonhörer und kurz darauf konnte Alan Montey sehen, wie er selbstgefällig in die kleine Kamera blickte und somit ihn, Alan, an.
„Na mein Freund? Wie geht es dir? Wir haben ja schon lange nichts mehr voneinander gehört.“ Ein leises Lachen von ihm folgte. „Hier, schau mal, wen ich hier habe.“ Montey deutete unter sich, nahm dann die Kamera und ließ Julia hinein schauen. Ihr Gesicht war Tränenüberströmt und eine kleine Wunde zierte ihre zarte Wange.
„SCHATZ!“, schrie Alan nur in die Telefonhörer, sodass Montey ihn ein wenig vom Ohr entfernen musste.
„Stell dich nicht so an. Dem süßen Ding passiert ja nichts, wenn du deine Arbeit sauber machst. Also geh und erledige diese Schlampe! Keinen Kontakt zu deinen Bekannten, halt einfach deine Klappe … Ach, und uns findest du in Paris. Wir melden uns dann bei dir.“ Dann legte Montey auf und das Bild verschwand vom Fernseher.
Alan wusste, was er nun zu tun hatte, auch wenn es ihm unendlich schwer fiel.
Hinter dem Zugfenster rauschten Landschaften und Städte vorbei, doch Alan hatte in seinem Kopf nur noch Platz für seine kleine Julia. Er hoffte, das Montey sein Wort hielt und ihr noch nichts getan hatte. Nervös langte er wieder nach seinem Kaffee. Es war nicht mehr weit nach Paris.
Dieser Widerliche Kerl. Montey hatte nun auch sein neues Leben zerstört, einfach nur, weil er sich noch rächen wollte und das an einer Person, die Alan über alles liebte.
Vorsichtig zog Alan den roten Lippenstift aus seiner Hosentasche, den er sich als Erinnerung mitgenommen hatte. Traurig wand er ihn ein paar Mal in der Hand, bis er ihn wieder in die Tasche steckte, da Paris als Fahrtziel für in fünf Minuten angekündigt wurde. Laut quietschend fuhr der Zug schließlich in den Bahnhof ein und Alan packte schnell seinen Aktenkoffer und lief durch die Menschenmenge zum Ausgang hin, als er einfach stehen blieb. Er wusste doch gar nicht, wohin er gehen sollte. Wo sollte er auch schon suchen? Paris war groß!
Montey hat mich reingelegt, war der einzige Gedanke, der durch Alans Kopf schoss. Doch kaum hatte er zu Ende gedacht, hatte er auf einmal einen kleinen Zettel in der Hand. Schnell drehte er sich um, um denjenigen zu suchen, der ihm diesen Zettel gab, doch es war unmöglich, da gerade ein weiterer Zug angekommen war und der Bahnhof hoffnungslos überfüllt war.
Neugierig öffnete er den Zettel. Das einzige, was dort stand war Rue Dabavou 54. Es musste die Adresse sein, wo er seine Tochter finden würde. Hoffentlich. Schnell verließ er den Bahnhof um draußen ein Taxi zu nehmen. Sein französisch war grottenschlecht, doch er versuchte es.
„Voulez-vous me donner lá?, fragte er den Taxifahrer und gab ihm den Zettel.
„Qui, qui“, bekam er als Antwort. Zumindest hatte er ihn verstanden.
Die Fahrt dauerte nicht lange, da hielt das Taxi schon vor einem recht großen und schmucken Haus. Doch als Alan es betrat, war es alles andere als ansehnlich oder dergleichen. Es war zerstört, dreckig, voller Spinnenweben und auch sonst gab es eher kein Anzeichen von Leben. Etwas verwirrt und auch sehr ärgerlich betrat er ein helleres Zimmer. Es schien die Küche zu sein. Doch was er dort auf dem Boden sah, raubte ihm das letzte bisschen Verstand. Blut, überall und mittendrin lag bewegungslos seine kleine Tochter. Alan stürzte sich auf sie.
„Schatz! Mein Liebling! Sag doch was! Bitte, sag doch was!“, flehte er sie an, doch sie rührte sich nicht.
„Gib es auf, Alan. Das Spiel ist vorbei“, sagte plötzlich die gehässige Stimme von Montey hinter ihm. Alan stand rasend vor Wut auf und wollte ihn schlagen, treten, alles Mögliche mit ihm machen, doch leider hielten ihn zwei ziemlich starke Männer davon ab.
„Was soll das? Warum tust du das? Warum ruinierst du so mein Leben? Ich habe dir nichts getan! Ich bin raus aus dem Geschäft!“ Alan schrie ihn an, doch Montey störte das nicht im Geringsten. Lässig zog er eine Pistole hinter seinem Rücken vor.
„Hör zu: Das Spiel ist aus! Jessica ist tot, dank dir, deine süße Tochter auch, dank mir! Und du… glaubst du allen Ernstes ich würde dich ungeschoren davon kommen lassen? Ich musste wegen dir fünf Jahre meines Lebens in einem Gefängnis vergeuden! Die Zeit kannst du mir nicht wieder geben – das kann niemand. Aber ich kann mich an dir rächen, dafür, dass du sie mir genommen hast.“ Montey hob die Pistole auf die Kopfhöhe von Alan, lacht laut auf und drückte ab.
Mit seinem letzten Atemzug sagte Alan fies grinsend: „Jessica ist nicht tot!“
***
Hoffe, dass das jemand liest.
