Die Welt, wie du sie siehst (Kurzprosa)

Elora

Elfentanz
Wieder mal ein Experiment über eines meiner Lieblingsthemen! Das Thema steht allerdings nicht in Mittelpunkt, sondern der Versuch, die Beziehung der Hauptpersonen auf der Ebene des Galleriebesuches darzustellen.
Würde mich über konstruktive Kritik sehr freuen!!^^


Die Welt, wie du sie siehst

Pünktchen!
Du rufst nach mir.
Viele Mauern und Straßen.
Du stehst vor einem der Bilder und schaust mich erwartungsvoll an. Deine Augen glänzen, wie sie immer glänzen, wenn du dich freust. Du freust dich oft, auch über Dinge, die vielen anderen normal erscheinen. Für dich sind sie etwas besonderes.
Ganz tolle Wellen.
Du kommst dem Bild ein wenig zu nahe und der Aufpasser der Galerie schaut skeptisch zu uns herüber. Er beobachtet uns die ganze Zeit, seitdem wir diesen Raum betreten haben, folgt uns um zu sehen, dass du ja nichts anfasst.
Ganz tolle Wellen!
Einige Leute schauen zu uns herüber, doch das stört dich nicht, du ziehst mich näher an das Bild und ich beginne es genauer zu betrachten.
Ein äußerst abstraktes Bild. Rechts und links sind graue Streifen. Weitere graue Streifen befinden sich in der Mitte, doch verlaufen sie im Gegensatz zu den anderen in Schlangenlinien. Dann gibt es noch blaue Linien und weiße. Zwischen drinnen tauchen rote Flecken auf und auch gelbe und grüne.
Das sind Wellen!
Du zeigst auf die blauen Linien und stahlst. Ich nicke und wüsste zu gerne, was du in dem Bild siehst. Ein Urlaubsparadies? 'Straßen und Mauern.' Vielleicht ein Weg, der im Meer endet.
Du ziehst mich weiter und ich versuche mich auf deine Welt einzulassen, versuche zu sehen, was du siehst.
Das nächste Bild besteht aus vielen verschiedenen Kästchen in den unterschiedlichsten Blautönen.
Fische.
Wieder schaust du mich erwartungsvoll an und ich fordere dich auf, sie mir zu zeigen.
Ein Kästchen auf das du zeigst hat einen leichten blauen Stich und ich weiß, was du meinst. Das blaue ist das Meer, die Strömung, das grün vielleicht Algen und die anderen Kästchen mit den farbigen Ecken sind Unterwassertiere. Auch wenn ich verstehe, was du meinst, sehe ich es nicht.
Du gehst plötzlich weiter, doch ich verweile noch ein wenig um vielleicht, doch noch das Bild zu sehen, was du siehst.
Als ich wieder aufblicke, stehst du vor dem nächsten Bild und bestaunst es. Immer wieder zeigst auf die Mitte des Bildes, kommst mit dem Finger dicht an das Gemälde. Ich werfe einen verstohlenen Blick zu dem Aufpasser, der mich warnend anblickt.
Auf dem Bild, auf das du jetzt zeigst sind viele Kleckse in den unterschiedlichsten Farben; lila überwiegt. Die Kleckse wirken nicht spontan, eher gewollt, geradezu plazierte.
Eine Wiese!
Diesmal erkenne ich wieder nicht was du meinst, doch ich versuche es strenge mich an und frage dich, was du siehst.
Ein brauner Klecks fasziniert dich ganz besonders, du zeigst immer wieder auf ihn, doch du sagst kein Wort. Ein Zaun, frage ich und du schüttelst den Kopf und gehst weiter.
Pünktchen!
Ich reiße mich von dem Anblick des Bildes los, enttäuscht.
Mehr und mehr wird es zum Spiel für mich zu erraten was du siehst und deine Augen leuchten jedes Mal auf, wenn ich daneben liege.
Dann kommen wir zu einem Bild, dass nur aus schwarzen Strichen besteht. Sie überkreuzen sich sehr häufig, bilden aber kein Muster. Vielleicht ein Spinnennetz?
Du schaust mich an und lachst!
Mach die Augen zu Pünktchen!
Dann hältst du mir einfach die Augen mit deiner kleinen weichen Hand zu.
Ich weiß, was du meinst und versuche mir das Bild noch einmal vorzustellen. Die Linien beginnen zu tanzen und das Ganze formt sich nun doch zu einem Muster. Verläuft sich zu einem riesigen Gebilde. Ich sehe einen Baum, eine Gestalt und lächle, doch als ich dir von dem, was ich gesehen habe berichte, schüttelst du den Kopf. Dabei fliegt dein seidenweiches blondes Haar in alle Richtungen und schließlich verdecken deine Haare sogar dein Gesicht. Ich streiche über deine Wange, befreie dich von den Haaren.
Dein Hand ist ganz kalt.
Nun ziehst du mich weiter.
Aber das musst du sehen, es ist gaaaaaaanz einfach!
Wieder erkenne ich nicht, was du siehst, deine Welt zu weit entfernt. Weil du so sehr willst, dass ich es auch sehe, wirst du lauter. Ich schicke einen verstohlenen Blick zu dem Aufpasser, der uns die ganze Zeit beobachtet. Dann lasse ich den Blick durch den Raum schweifen und bemerke, dass noch andere uns anschauen, dich beobachten. Es stört dich nicht.
Sollen sie doch denken was sie wollen, sollen sie doch gucken. Dor ist es egal, auch wenn man die Fragen in ihren Augen lesen kann.
'Was will sie mit dieser Behinderten? So eine Gestörte!' Ich weiß, was sie flüstern, wenn wir vorbeigehen und ich weiß auch, dass du es hörst. Doch dich scheint es nicht zu stören.
Ich beneide dich darum, dass du die Stimmen einfach ignorierst.
Hier drüben, dass musst du sehen, dass ist sooo schön!
Ich sehe das Strahlen in deinen Augen und konzentriere mich darauf, versuche die Blicke zu vergessen und fast gelingt es mir, sie völlig auszublenden.
Fasziniert stehst du vor dem Bild, als wäre es das wunderbarste, was du je gesehen hast. Den Eindruck hat man bei dir sehr oft. Du gehst an alles mit solch kindlicher Begeisterung heran, dass ich nicht verstehe, dass andere Menschen Mitleid mit dir haben. Ich betrachte das Gemälde vor dem du stehst genauer.
Es ist so toll! Das Blaue!
Für dich ist alles einfach, an allem kannst du dich erfreuen, selbst an regnerischen Herbsttagen. Du lebst jeden Tag, genießt jede Sekunde.
Wie gerne wäre ich wie du...

Ende​
 
So jetzt tu ich endlich das, was ich schon die ganze Zeit machen wollte *g*, dir hier für dieses tolle Werk einen Kommi schreiben.
Schade nur, das ich bis jetzt die einzige bin, denn diese KG verdient mehr!

Und Kritik wirst du auch nicht bekommen;)
Ich bin ganz hin und weg von der Aussage deiner Geschichte. Wie du vielleicht weißt, mach ich ja eine Ausbildung zur Erzieherin und deine Geschichte hat mich an 14 wunderschöne Wochen Praktikum erinnert.
Die Unbeschwertheit und die Logik der Kinder erntzieht sich oft dem Verständnis der Erwachsenen. Wir denken viel zu kompliziert und übersehen dadurch häufig das Wesentliche oder Einfache.
Und erst durch Kinder gewinnt man etwas vom zurück, was man eigentlich verloren hat.
Seit meiner schulischen Laufbahn in dieser Richtung laufe ich mit dem Hund nicht einfach nur durch den Wald. Mir wurde da eigentlich erst durch die Kinder und meine Kunstlehrerin wieder bewußt, was für mich als Kind selbstverständlich war.
Ich sammle Stöcke, Wurzeln, die Aussehen, wie ein Huhn, oder z.B. ein Dobermannkopf, aber zeitweise hatte ich den Blick für solche Dinge verloren, aber sie bereichern unser Leben und unsere Phantasie ungemein und ich denke, dass du das mit deiner Geschichte wunderbar wieder gespiegelt hast.
Interessant war auch die Blicke der anderen Menschen, dass das behinderte Kind sie einfach ignoriert und die Erwachsene automatisch davon beeinflusst wird.
Also mehr kann ich jetzt nicht sagen *g*
Ich danke dir für diese KG, sie ist ein echtes i-Tüpfelchen hier im Forum

lg wölfin
 
Respekt, das ist echt toll geworden. Ich finde es super, dass mal jemand auch etwas anderes hier schreibt als nur FF's oder eigene Story's (Romane sag ich mal). Es war richtig interessant es zu lesen, ich hoffe du schreibst noch eine Kurzprosa wie diese, oder gleich ein paar mehr ^^

Und ich finde auch, dass dieses Werk mehr Kommentare verdient, denn es ist wirklich richtig gut!

Lg, Chi
 
Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass jemand die Story kommentiert umso erfreuter bin ich jetzt!

@einsame wölfin
Erstmal danke für dein Lob!!
Die Welt, wie sie Kinder und besonders authstische sie sehen ist schon etwas bedonderes. Ich habe auch ein Praktikum in der Richtung gemacht und studiere jetzt Sozialwesen! Ich denke wenn man sich mit diesem Thema auseinandersetzt gewinnt man eine andere Sichtweise und versucht sein Leben mit diesem kindlichen Frohsinn zu erweitern.

@Chi Chi-Chan
Auch dir danke für deinen Kommentar!
Ich werde denke ich noch einige Sachen in der Richtung schreiben, solange kannst du auch auf meiner Hp rumstöbern, wenn du magst...der Link ist inner Sig!
 
Zurück
Oben Unten