Scheint man sich ja nicht grad drum zu überschlagen. =| Ich poste dennoch mal weiter ...
Kapitel 2
~ Bruder und Schwester ~
Gestern drei Harpyien, heute vier Höllenhunde. Keine richtigen Höllenhunde zwar, aber durch dämonischen Einfluss verdorbene Kampfhunde – der Unterschied zu richtigen Höllenhunden war verschwindend gering, wenn man alle auf einmal treffen musste.
Er streifte ein weißes Hemd über und trocknete seine Haare nur notdürftig ab. Diese Dusche hatte er sich verdient. Die Wenigsten konnten nachvollziehen, wie schmutzig man sich vorkam, wenn Blut den eigenen Körper fast vollkommen bedeckte – und das Absurdeste an dieser Tatsache war, dass sie wortwörtlich zu verstehen war.
Damian trat aus dem Bad und schloss die Tür leise hinter sich, ehe er im Zuge der Bewegung das Licht ausschaltete. Die Dunkelheit – wenn auch nicht wirklich als solche zu beschreiben, weil Licht durch das große Panoramafenster hineinfiel – entspannte seine Augen. Entspannung, überhaupt, war genau das, was er nun brauchte. Er warf für diesen Tag einen letzten Blick hinüber zur Fensterbank.
Er sah nicht das, was er erwartete.
Neben dem Samtkissen – dem Ehrenplatz seiner Waffen im Mondlicht – stand eine Frau mit nachtschwarzem Haar. Er hätte gewettet, sie sei nicht viel älter als er – im Gegenteil, er tat sich sogar schwer damit, ihr seine 21 Jahre zuzutrauen.
„Damian Cross?“, fragte sie und ihre Stimme traf seinen Gehörgang mit der Kälte eines Gletschers. Beherrscht trat sie zwei Schritte vor, hinein ins Mondlicht, dass durch das Fenster hineinfiel. Ihr Haar schimmerte nicht.
„Persönlich.“, gab er zurück und schmunzelte zynisch, als würde er sich nicht daran stören, dass sie so plötzlich in seinem Apartment aufgekreuzt war. Suspekt war ihm das natürlich schon. „Und wen haben wir hier? Ein Groupie, hm?“
Sie sah ihn unverwandt an, er wendete den Blick nicht ab.
Schon gar nicht mehr, als ihre Pupillen in einem dunklen Rot zu glühen begannen. Das grenzte zumindest die möglichen Antworten auf die Frage danach, woher sie kam, ein. Eine Dämonin – bei seinen Waffen – na toll.
„Du hast Vaters Augen …“, zischte sie wütend und ballte die Fäuste, die noch in derselben Sekunde von Flammenkränzen umschlossen wurden.
Nur einen Moment später, ging es los. Impulse dämonischer Energie schossen durch den Raum, einer ließ die Glühbirnen in der Deckenlampe platzen, ein anderer warf den Sessel am Wohnzimmertisch um. Einem Dritten wich Damian aus, er brachte am anderen Ende des Zimmers ein Bücherregal zum kippen.
Schließlich stürzte sie auf ihn zu, überraschend schnell und elegant für eine Unterweltlerin.
Ich brauch meine Waffen, dass heißt ich muss …
Er stieß sich vom Boden ab und hetzte ihr entgegen, hob die Arme und wehrte, als sie sich nahe kamen einen wuchtigen Hieb ihrer brennenden Rechten ab. Er konnte ihre Aura fühlen, die aggressive Energie mit der sie drauf und dran war, sein Apartment zu verwüsten. Das war schon fast keine Wut mehr – viel eher kaum zu steigernder Hass.
Sie passierten einander, von der Aktion des jeweils anderen etwas aus der Bahn geworfen und Damian schlitterte auf die Fensterbank zu, griff nach den Waffen …
… und wurde von einem Schlag der dämonischen Aura im Rücken erwischt. Der Impuls schleuderte ihn mitten in den Raum, er überschlug sich und rollte sich abschließend noch einmal ab, seine Angreiferin mit dem Blick fixierend. Das Gewicht der Waffen in seinen Händen gab ihm Sicherheit und festigte sein Grinsen, während er aufstand und mit beiden Pistolen auf sie zielte. Ein Augenblick tödlicher Anspannung.
Sie setzte sich in Bewegung.
Er eröffnete das Feuer.
Sie raste wie eine Wahnsinnige um ihn herum, er konnte kaum mehr behaupten, dass es ihm möglich war, sie mit den Augen zu erfassen. Nur ihre Schrittgeräusche drangen an ihn heran – aber er wusste nicht, wie groß die Verzögerung zwischen Schritt und Geräusch ausfiel – Teufel noch eins, diese Frau war schnell!
Keine seiner Kugeln traf das Ziel, dafür die Einrichtung an den Wänden – aber was immer die Projektile dem Dekor antaten, es war ein Scheißdreck gegen das, was diese Dämonin mit ihrer Aura anrichtete. Ihr Zorn war aus der Luft zu greifen, Damian fühlte allein durch ihre bloße Anwesenheit die Anspannung, die man sonst nur bei einer körperlichen Attacke zu spüren bekam. Siebzehn. Achtzehn! Bald würden die Magazine leer sein – Damian gab sich noch etwa fünf Sekunden – und spätestens dann musste der Notfallplan stehen.
Was zum Geier?!
In diesem Moment konnte er sie vollständig sehen, nur einen einzigen Augeblick lang – und zwar in voller Rage auf ihn zukommend.
Dann fühlte er, wie sie ihn rammte und schließlich, wie er gegen – besser: in – die Wand hinter sich krachte. Erst einige Sekunden später verarbeitete sein Gehirn, dass seine Arme dabei Schaden genommen hatten. Er konnte es nicht genau festmachen, aber sie fühlten sich gebrochen an. Verdammter Mist!
Sie stand vor ihm, presste ihn gegen die Wand. Ihre glühend heißen Hände lockerten ihren stahlharten Griff um seine Oberarme nicht – doch erst als Damian aus zusammengekniffenen Augen in die ihren sah, fiel ihm auf, dass die Hitzeabstrahlung ihrer Hände ein schlechter Scherz war, verglichen mit ihrem vor Zorn brennenden Blick.
„Nicht mehr so ein großes Maul, was?“ Ihre Stimme klang seltsam verzerrt, ihre nachtschwarzen Haare wehten etwas umher und ihre Aura verursachte immer wieder Risse in seinen Kleidern, so als würde er durch einen Sturm aus Klingeln wandeln. „Du bist wohl keine Frauen gewöhnt, die austeilen können.“
Damian rang sich ein Grinsen ab. Zwei gebrochene Arme und scheinbare hoffnungslose Unterlegenheit waren alles andere als ein Grund, die Fassung zu verlieren.
„Ich hatte schon Verehrinnen, die waren schlimmer drauf als du. Schnallen wie dich nenn ich ‚Berufsrisiko’.“, sagte er mit ironischem Unterton.
Dann schlug er zurück. Er riss den rechten Arm so gut es ging nach oben und winkelte den Ellbogen an, um die Mündung der Desert Eagle an ihrer Schläfe zu platzieren und drückte sofort ab. Die gewaltige Durchschlagskraft der Waffe sorgte dafür, dass die Pistole sich unfreiwillig aus seinen Fingern löste und einen Meter weiter zu Boden fiel ...
... und ebenso sorgte sie dafür, dass die Dämonin ihn los ließ. Es spritzte kein Blut und das würde sie ganz sicher nicht umbringen, aber die Art und Weise wie sie den Kopf verzog reichte aus, um ihren Fokus von ihm abzubringen, dafür zu sorgen, dass sich ihr Griff löste und die zerstörerische Aura den Wohnzimmertisch zu Asche verbrennen zu lassen.
Und jetzt bin ich dran ...
Er spürte seine Arme wieder, dasselbe Phänomen wie bei der Attacke durch die Harpyie. Die Verletzungen regenerierten sich vollständig und in Sekundenschnelle. Seine volle Kraft kehrte zurück und entlud sich in dem Moment, in dem er sich in Bewegung setzte, um mit einem Fußtritt die Distanz zwischen sich und seiner Angreiferin zu vergrößern.
Aber sie reagierte.
Damian registrierte nicht gleich, was sie vorhatte – eine Sekunde später jedoch war es vollkommen absehbar. Sie umschloss sein Fußgelenk mit ihren Händen, blickte ihn im Zuge ihrer Bewegung wütend, nein, kochend vor Wut an und drehte sich um, ihn mitreißend und schließlich loslassend.
Etwa die Dauer eines Lidschlages später flog er durch die Luft, bis er auf Widerstand traf. Leider keinen ausreichenden. Das Panoramafenster seines Apartments zerbrach in tausend Scherben und seltsamer Weise war das letzte, dass er feststellte, der Umstand, dass er die Temperatur der Nachtluft mochte – ehe er in die Tiefe fiel.
Er versuchte sich an einer Drehung und landete kniend auf dem Dach eines Autos. Diesmal störte ihn nicht einmal, dass Bud – der Kerl war ein Junkie der übleren Sorte und hauste ein Stockwerk unter ihm – seine Karre dort stehen gelassen hatte.
Als er nach oben sah, störte ihn höchstens, dass sie ihm hinterher kam. Sie stürzte sich aggressiv elegant durch das Fenster und ihre Hände zogen einen brennenden Schweif hinter sich, passend zu ihren rotglühenden Augen.
Damian beeilte sich dabei, auf die Füße zu kommen und sprang ein paar Schrittweiten zurück.
Die Dämonin schlug nun ihrerseits auf dem Wagen auf, ebenso kniend und den Fall aus dem vierten Stock genauso gut wegsteckend wie er, nur ...
Was soll’s, du warst eh schon länger der Ansicht, dass Bud ’ne neue Karre brauch, ging ihm durch den Kopf, gefolgt von:
Scheiße, konzentrier dich, Damian!
Das Auto jedenfalls hatte diesen Fall nicht überstanden – und das lag garantiert nicht am Gewicht der Dämonin. Wie mächtig war dieses Flittchen überhaupt? Eine derartig starke Aura hatte Damian in den vier Jahren, in denen er seinen Job bereits machte, noch nie gesehen – und schon gar nicht gespürt. Jede einzelne Welle davon zerlegte den Wagen weiter, wie es sonst nur ein Bulldozer hinbekommen hätte.
Sie stand auf, er beobachtete sie dabei. Sie ließ sich Zeit, wollte das Gefühl genießen, seine Anspannung zu spüren, die er, wie er zugeben musste, trotz Pokerface nicht mehr verbergen konnte. Sie konnte nicht mehr zu den Namenlosen gehören, mit denen er es fast täglich zu tun hatte – also wer um alles in der Unterwelt war sie?
Und als sie aufrecht stand, blickte sie ihn an. Sie wollte ihn ihre Überlegenheit spüren lassen, das konnte er fühlen. Ihre Blicke ruhten aufeinander, brennender Hass und eiskalte Souveränität prallten aufeinander, ein paar Sekunden schon …
… dann hatte alles ein Ende. Sie erstarrte, krümmte sich und hielt sich den Kopf. Ein Geräusch wie tausend durch den Äther verzerrte und gequälte Schreie. Sie bebte, ihre Aura erschütterte in einer Explosion und brachte die Scheiben sämtlicher anderer Autos auf der Straße zum Bersten.
Was ist nun los …?
„Wir sehen uns wieder … Bruder …“
Damian machte sich erneut bereit, als die Dämonin ihre brennenden Fäuste bewegte … und entspannte sich wieder, als sie in die Hände klatschte um in einer spektakulären Stichflamme zu verschwinden. Flucht. Das hieß so viel wie – nun ja, wie „Wir sehen uns wieder.“
Augenblick mal … ’Bruder’?!
Kill