Aeruin: Sanktuarium

@Quinn:

Ich bin für Kritik immer offen, versuche ja auch selber, mir Gedanken zu machen, was ich besser machen könnte. Ja, ich weiß, ich liefere immer ziemlich viel Text ab. Dass ich versuche, das dann in kleinere Happen zu unterteilen hilft wohl eher wenig. Stimmt schon, natürlich möchte ich voran kommen und gerade weil ich eben kaum Leser hab, möchte ich ungern nur wenige Absätze posten, weil ich dann wirklich deutlich langsamer voran kommen würde. Ich werde mir Mühe geben, dass es am Ende keine losen Enden geben wird - es sei denn, es ist von mir so beabsichtigt. Natürlich entwickeln sich die Charaktere weiter. Die Namensfrage von Ambrosia hat sich dank Chris schon geklärt.

Tja, vielleicht hätte ich Michael und Arikel auch darstellen können ohne gleich zu viel zu verraten. Aber Fakt ist eben auch, dass ich ungern 20 Hauptcharaktere habe und daher vorwärts gehen muss. Es gibt einige Nebencharaktere und ohne spoilen zu wollen: Viele sind entbehrlich. Arikel und Michael können so wenigstens mitmischen und so gewinnt der Kampf zwischen Vaishara und AEGIS an Intensität. Was Arikels Kräfte betrifft, ich gebe mir schon Mühe, niemanden übermächtig werden zu lassen. Alle Vaishara haben ihre Grenzen, was man auch daran sah, dass Arikel auch eine Menge abbekommen hat. Wenn du glaubst, eine Ahnung von der Richtung der Story zu haben, dann muss ich mir einfach Mühe geben, dich zu überraschen!


Mit folgendem Part bin ich halbwegs zufrieden, obwohl mir manche Beschreibungen nicht gefallen, ich aber auch keine Ahnung hatte, wie ich es hätte besser anstellen können. Mit dem nächsten Teil werde ich das zweite Kapitel abschließen. Viel Spaß beim Lesen!

------------------------------------------------------



Wenigstens ist der Vindler beim Aufprall nicht explodiert.
Das war der erste Gedanke des Fuchses, als er unter Schmerzen aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Benommen blinzelte er und hörte Lasersalven in der Ferne. Irgendwie hatten sie die Bruchlandung überstanden. Einen kurzen Moment fragte er sich, wie er eigentlich in so ein Schlamassel geraten war, dann fiel ihm wieder ein, dass er mit seinen Kameraden nach Sagon gereist war, um einen Gefangenen aus den Klauen von AEGIS zu befreien. Allerdings hatte AEGIS sie aus irgendeinem Grunde erwartet und obendrein mühelos aufgespürt. kaum dass sie den Gefangenen gerettet hatten.
Langsam öffnete er seine Augen und entdeckte rote Flecken auf dem Armaturenbrett vor sich. Sein eigenes Blut. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er kurz vorm Zerbersten stehen und er schmeckte Metall in seinem Mund. Als er hustete, spuckte er Blut und sein Brustkorb schmerzte. Zwar hatte er sich vor dem Absturz angeschnallt, doch hatte es wenig geholfen, da die Nase des Vindlers bei der Kollision mit der Mauer in den Innenraum gedrückt worden war. Scharfe Plastiksplitter des Armaturenbretts und verbogene Metallteile der zerdrückten Beifahrertür verrieten dem Fuchs jedoch, dass es auch schlimmer für ihn hätte ausgehen können. Er hoffte, dass seine Kameraden es ebenfalls möglichst unversehrt überstanden hatten. Als der Fuchs seinen Kopf drehte, hatte er das Gefühl als würde seine Wirbelsäule auseinander fallen. Neben ihm lagen Richard und Tessa. Während Tessa einfach nur ohnmächtig zu sein schien, war Richard mit dem Kopf hart auf das Lenkrad geknallt und Blut sickerte aus einer Wunde an seiner Stirn. Der Fuchs schnallte sich los und drehte sich mühsam im Sitz herum. Phönix hing leblos im Sicherheitsgurt, ebenso wie Kathy am gegenüberliegenden Fenster. Nue und der kleine Junge - der befreite Gefangene - lagen auf dem Boden vor der Sitzbank. Scheinbar waren sie beim Aufprall von der Bank gerutscht. Joey, Garth und Kassandra schien es auch verhältnismäßig gut zu gehen. Langsam erwachten sie alle aus ihrer Ohnmacht und bald hallte leises, schmerzvolles Stöhnen und benommenes Fluchen durch den Innenraum des zerschmetterten Transporters.

"Endlich ausgeschlafen?", erklang eine Stimme und der Fuchs staunte nicht schlecht, als sich ein junges Mädchen mit langen, roten Haaren gegen den Vindler lehnte und durch das zerstörte Beifahrerfenster ins Innere beugte. Der Fuchs blinzelte einige Male und gerade als er seinem Unglauben Ausdruck verleihen wollte, kam ihm Phönix auf weniger charmante Weise zuvor: "Na klasse. Ist Echidna auch hier?" Der Fuchs wollte eigentlich genau dasselbe wissen, doch war er höflich genug, das Mädchen zu begrüßen und sie nach dem Grund ihrer Anwesenheit zu fragen: "Schön dich zu sehen, Jocelyn. Was machst du denn hier?" Das Mädchen mit den smaragdgrünen Augen und den roten Haaren lächelte verschmitzt, doch bemerkte der Fuchs auch den Schweiß auf ihrer Stirn. Dann fiel sein Blick auf die Wunde in ihrer linken Schulter, wo ihr Gewand dunkelrot verfärbt war. "Was ist hier los?" Sofort wich das Lächeln aus dem Gesicht des Mädchens. "Nenn mich bitte Arikel", antwortete sie und sah kurz über ihre Schulter. "So möchte ich genannt werden. Viel wichtiger ist jedoch der Grund meines Hierseins: Ihr habt eine Menge Ärger am Hals und wir haben eine Menge Ärger am Hals. AEGIS hat eine Möglichkeit gefunden, uns Hexen aufzuspüren und ihren Soldaten die Gabe zu verleihen! Ich habe es selbst gesehen und bin nur knapp mit dem Leben davon gekommen."
"Blödsinn", knurrte Phönix ungläubig und löste seinen Sicherheitsgurt. "Hat uns Echidna in eine Falle gelockt um uns loszuwerden? Hat sie uns an AEGIS verkauft?" Arikel machte ein Gesicht, als würde sie Phönix am liebsten über die zackigen Glassplitter des Fensters ins Freie ziehen. "Ich hab deinen arroganten Arsch gerettet, Kyle", entgegnete sie mit einer gewissen Härte in ihrer Stimme, "Es wäre also eigentlich ganz angebracht, ein wenig dankbar zu sein. Wenn Echidna euch hätte tot sehen wollen, dann hätte ich mühelos dafür sorgen können und das weißt du auch." In der nächsten Sekunde jedoch lächelte Arikel wieder und zerrte an der Beifahrertür, die mit etwas Hilfe vom Fuchs schließlich aufging. "Wir sollten von hier verschwinden bevor noch mehr von den Cherubim aufkreuzen." Auf den fragenden Blick vom Fuchs fügte sie hinzu, dass es sich dabei um die tödliche Elite von AEGIS handelte, die die Möglichkeit hatte, Manah zu benutzen.

"Wie komme ich eigentlich hierher", ergriff der kleine Junge mit den kurzen violetten Haaren plötzlich das Wort, nachdem er sich von Nue gelöst und auf die Sitzbank gezogen hatte. Mit bernsteinfarbenen Augen sah er die anderen an und lehnte sich dann fast entspannt zurück. "Ich weiß nur noch, wie ich aus meiner Zelle geholt und betäubt wurde, damit ich nichts anstellen kann. Was genau ist passiert, wo bin ich und wer genau seid ihr eigentlich?" Der Junge sprach völlig ruhig und freundlich, mit einer Gelassenheit, die man von einem etwa acht Jahre alten Kind eigentlich nicht erwartet hätte. Der Fuchs öffnete bereits den Mund um zu antworten, doch Arikel kam ihm zuvor: "Ich arbeite für eine Hexe namens Echidna. Wir haben seit einigen Tagen unsere Operationsbasis hier in Sagon aufgeschlagen zwecks einer Mission. AEGIS hat entschieden, dich als Lockvogel zu benutzen, um uns aus unserem Versteck zu locken. Dies hat auch den Fuchs und seine Leute hier angelockt, die dich befreit haben, ehe sie von AEGIS vom Himmel geholt wurden. Und das Schlimmste ist, dass AEGIS nun ihre meistgesuchten Hexen direkt auf dem Silbertablett serviert bekam und ein Mittel namens Ambrosia hat, mit denen sie uns echt gefährlich werden können." Arikel winkte jemanden herbei und ein junger Mann mit schwarzen Haaren und einem weißen Hemd trat neben sie. "Lange Rede, kurzer Sinn: Im Sinne von Echidna schlage ich eine kurzzeitige Zusammenarbeit vor, zwecks einer gemeinsamen Flucht vor AEGIS und unserem Überleben gegen einen Feind, der nun ebenfalls über die Gabe verfügt. Reißt euch mal zusammen und lasst uns verschwinden, ehe es richtig zur Sache geht, ja? Reden können wir später immer noch!" Arikel und ihr Begleiter halfen dem Fuchs und seinen Gefährten aus dem Wrack des abgestürzten Vindlers. "Wir folgen dir, Arikel", erklärte der Fuchs und lauschte dem Lärm, der von der anderen Seite des Diamantenen Docks herüber hallte. "Vorerst. Wie lautet der Plan?" Arikel deutete auf die Gassen des Diamantenen Docks. "Wir müssen auf die andere Seite, um jeden Preis. Gemeinsam stehen die Chancen noch am Besten und Echidna und die anderen warten dort auf uns." Ihr Begleiter setzte sich bereits in Bewegung und Arikel folgte ihm. Gerade als der Fuchs seinen Gefährten bedeutete, ihr zu folgen, packte Phönix seinen Ärmel. "Warte mal. Es gibt da noch ein Problem: Echidna und ihre Leute halten sich nicht zurück. Sollen wir uns zurück halten? Können wir uns das überhaupt leisten, wenn AEGIS nun wirklich über die Gabe verfügt?"

Der Fuchs hielt inne, verzog das Gesicht. Es war ohnehin nicht einfach, mit AEGIS fertig zu werden. Sie hatten die bessere Ausrüstung, Zugriff auf die neuste Technologie und auf biomechanische Implantate. Wenn sie nun auch die Fähigkeit hatten, Manah zu benutzen, dann sah es alles andere als gut aus. "Kämpfen wir", sagte er leise und war dabei ganz blass vor Sorge. "Aber versucht, sie nicht zu töten. Lasst uns einfach von hier verschwinden!" Phönix nickte und gemeinsam eilten sie den engen Gassen des Diamantenen Docks entgegen, als plötzlich eine Lasersalve in die Straße zwischen ihnen und der Gasse einschlug und ihnen den Weg abschnitt. Eine weitere Salve folgte und sie alle sahen zum Himmel, wo sich drei Valkyrien näherten. Phönix erschuf bereits eine Funkenkugel in einer Hand, doch es war der kleine Junge mit den violetten Haaren, der einfach die Hände auf die Aircycles richtete. Die drei Valkyrien fielen plötzlich vom Himmel, wobei sie ihre Geschwindigkeit noch etwas weiter trug, ehe sie auf die Straße krachten. Ihre Antriebsspulen explodierten und die drei Fahrzeuge blieben als brennende Haufen Schrott liegen. Kleine Leuchtfeuer, die verblassten angesichts der hellen Lichter des leuchtenden Bands. "Beeindruckend", gab Phönix von sich und ließ die Funkenkugel in seiner Hand einfach wieder verschwinden. "Wie ist dein Name, Junge? Du könntest uns hier sehr hilfreich sein." Der kleine Junge zuckte mit den Schultern. Kassandra beugte sich zu ihm und las die Erkennungsmarke die am Hals des Jungen baumelte. "KEV - Kategorie Elektrische Veränderungen. Wir könnten dich doch..."
"Später mit einem Namen ausstatten", unterbrach sie der Junge und beendete ihren Satz für sie, ehe er auf die Gassen deutete. Arikel und ihr Begleiter waren nicht mehr zu sehen. Sofort eilten sie weiter, wobei der Fuchs und Kassandra die Vorhut bildeten und Phönix ihnen als Nachhut den Rücken deckte. Die schmalen Gassen waren verzweigt und als große Gruppe schlecht zu passieren. An einer Ecke holten sie schließlich Arikel ein, die ihnen bedeutete, leise zu sein. "Ich spüre, dass es gefährlich wird. Soldaten sind in der Nähe, doch es sind zu viele. Hier passiert so viel, dass ich mich nicht mehr auf die Geschehnisse konzentrieren kann. Ich habe keinen Überblick, meine Kräfte sind nutzlos, auch wegen dem Blutverlust."

Arikels Augen huschten umher, sie wirkte beinahe panisch. Ihr Begleiter schloss sie beruhigend in die Arme und Tessa trat neben den Fuchs. "Hier wimmelt es von Soldaten, ich spüre es. Sie sind sehr nahe." Sie hob den Kopf und nickte in Richtung der Dächer. "Ich sage es nicht gerne, doch ich befürchte, wir sollten uns trennen. Als große Gruppe sind wir angreifbar. Granaten können uns hier in den Korridoren schnell erledigen. Wenn die uns aus der Luft angreifen ist es nicht anders. Trennen wir uns und auf der anderen Seite haben wir auch wieder mehr Freiraum zum Handeln." Arikel nickte zustimmend. "Dann sollten wir uns aber so aufteilen, dass immer einer in der Gruppe ist, der auf die anderen aufpassen kann. Michael...", sie wandte sich an ihren Begleiter, dann wieder zur Gruppe des Fuchses, "Du nimmst Tessa und Kassandra mit dir." Sowohl Michael als auch der Fuchs nickten und die drei bogen in eine Seitengasse und verschwanden außer Sichtweite. "Richard und Joey, ihr kommt mit mir", sagte der Fuchs. "Garth und Nue gehen mit Arikel. Kathy und unser neuer Freund gehen mit Phönix." Alle nickten und schon trennten sie sich, versuchten über unterschiedliche Wege ans selbe Ziel zu gelangen. Die dunklen Gassen des Diamantenen Docks waren gespenstisch leer, doch hinter jeder Ecke konnte Gefahr lauern. In der Ferne hallten angsterfüllte Schreie von Touristen und Laser- und Gewehrfeuer. Der Fuchs eilte gemeinsam mit Richard und Joey durch die engen Gassen, vorbei an leer stehenden Bistros und anderen Besuchermagneten. Zwar waren die Brüder kräftige Männer, hatten jedoch keine offensiven Gaben und deshalb hatte der Fuchs beschlossen, auf die beiden aufzupassen. Vorsichtig späte der Fuchs um Ecken herum, ehe er mit seinen beiden Kameraden weiter durch die verwinkelten Gassen eilte. Plötzlich jedoch knallte es und Joey ging zu Boden. Noch während sich ein blutroter Fleck auf seinem Rücken ausbreitete und sein Shirt verfärbte tauchten auf den Dächern zu beiden Seiten der Gasse mehrere Soldaten auf und richteten ihre Gewehre auf die drei. Doch diese Soldaten hatten keine Lasergewehre, sondern ganz normale Projektilwaffen, Maschinengewehre. Ein kollektives Klicken von Sicherungshebeln verriet dem Fuchs, dass AEGIS wie üblich keine Gefangenen machen wollte. Gleichzeitig gab ihm die kurze Zeit, in der die Soldaten aus ihrer Deckung aufstanden, die Waffen entsicherten und zielten auch die Möglichkeit, zu handeln.

Er streckte die Arme zu beiden Seiten aus und legte die Hände gegen die Wände der Gebäude, welche die Gasse bildeten. Die schmale Gasse war knapp über anderthalb Meter breit und hier lag die Chance für den Fuchs, als er sich konzentrierte. Noch ehe die Soldaten auf den Dächern das Feuer eröffneten, verflüssigte der Fuchs die umstehenden Gebäude. Die Wände erreichten augenblicklich einen flüssigen Zustand und beide Häuserdächer fielen einfach zusammen. Die Gasse wurde in dunklen Rauch gehüllt und der Fuchs merkte, wie Schutt gegen seine Beine prasselte. Einen Moment lang fragte sich der Fuchs, ob es an den nur einstöckigen Gebäuden lag, dass ihnen nichts passiert war oder ob Arikel ihnen auch aus der Ferne heraus Glück bescherte, beschloss jedoch, sich nicht zu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Richard hatte seinem jüngeren Bruder auf die Beine geholfen und hatte einen seiner Arme über seine Schulter gelegt. Die Soldaten waren in den Trümmern begraben und die drei schritten weiter, ehe der Krach der eingestürzten Gebäude weitere Soldaten anlockte. "Ich kann nicht mehr", keuchte Joey und blutiger Schaum quoll aus seinem Mund. "Lasst mich hier." Richard schüttelte sofort den Kopf. "Was redest du dann da, Joe? Du packst das!" Der Fuchs untersuchte die Wunde im Rücken des jungen Mannes und seine Miene verfinsterte sich. "Blutungen kann ich stoppen, bei einer durchschossenen Lunge kann ich jedoch nichts tun." Der Fuchs sah Richard ernst an. "Wenn Arikel bei uns wäre, stünden die Chancen vielleicht besser. Aber Wunder wirken kann auch sie nicht." Joey würde an seinem eigenen Blut ersticken. Immer wieder hustete er und spuckte Blut, dann riss er sich von seinem Bruder los und lehnte sich an eine Häuserwand. Als er zu Boden rutschte, war der Putz mit Blut verschmiert. "Ich kann doch nicht meinen Bruder zurück lassen", gab Richard mit zitternder Stimme von sich und beherrschte sich nur mühsam, nicht laut zu werden. Er nahm eine Hand von Joey und versuchte, ihn wieder auf die Beine zu ziehen, doch dieser schüttelte nur mit dem Kopf. "Ich will nicht, dass ihr mir beim Sterben zuseht. Haut ab! Ich halte euch doch nur auf! Ich hab gewusst, worauf ich mich einlasse also verschwindet schon!" Richard liefen bereits die Tränen über die Wangen, noch immer versuchte er, seinem Bruder auf die Beine zu helfen. Der Fuchs sah beiden gequält zu, wusste jedoch auch nicht, was er tun sollte. Vaishara hielten eine Menge aus. Manchmal half das jedoch nichts. Manchmal halfen all ihre tollen Kräfte nichts, wenn genau die Benötigte gerade fehlte.

Wenn Meiji nun bei ihnen wäre, würde er die Verletzung mühelos heilen können. Seine Gabe war das Heilen jedweder Verletzung oder Krankheit gewesen. Während Eddie mit seinen Berührungen Gewebe rapide altern lassen konnte, war Meiji immer der Heiler der Gruppe gewesen. Natürlich wusste der Fuchs, dass er die Dinge nicht mehr rückgängig machen konnte und sowohl Meiji als auch Eddie nun tot waren. Hätte er Meiji bei der Operation in Tinroth in einen anderen Wagen gesetzt, könnte er nun vielleicht Joey retten. Dafür wäre dann aber jemand anderes tot. Vielleicht Richard oder Kassandra. Es spielte keine Rolle. Trotzdem fühlte sich der Fuchs schuldig und unendlich machtlos. Joey lächelte als kümmere es ihn nicht, dass er eine Kugel im Rücken hatte, die sogar noch seine Lunge erwischt hatte. Blutige Blasen bildeten sich auf seinen Lippen und seine Zähne funkelten rötlich als sei er ein Monster aus kindischen Schauergeschichten. "Je länger ihr zögert, desto mehr bringt ihr euch selber in Gefahr", keuchte er leise und spuckte einen Schwall Blut neben sich auf den Boden. Einen langen Moment sah er seinen Bruder an und grinste. Dann kippte er zur Seite und blieb mit dem Gesicht in seinem eigenen Blut liegen. Richard war sofort an seiner Seite, packte ihn und schüttelte ihn, als könne er seinen Bruder dem Tod wieder entreißen. Der Fuchs sah wie gelähmt zu. Gerne hätte er tröstende Worte von sich gegeben, doch ihm fehlten die Worte. Erst nahes Gewehrfeuer ganz in der Nähe riss Richard aus seiner Lethargie. Zu zweit entfernten sie sich, flohen vor dem nahen Lärm und huschten durch die engen Gänge, ehe sie genau in eine Gruppe von Soldaten rannten. Flackerndes Mündungsfeuer erhellte die Gasse und nur knapp konnten der Fuchs und Richard in eine leer stehende Bar hechten. Richard suchte hinter dem Tresen Deckung, doch es war der Fuchs der hastig die Tür des Hinterzimmers ansteuerte. "Wir müssen hier raus. Die schmeißen uns doch sicher eine Granate hinterher und mit Regalen voller brennbaren Spirituosen ist die Theke auch kein sicherer Ort." Der Fuchs verformte das Schloss und öffnete so die Tür und beide eilten ins Hinterzimmer. Der Fuchs verschloss die Tür, indem er den Türrahmen mit der Tür verschmolz, dann widmete er sich der Wand und verflüssigte einen Teil der Mauer, erschuf so einen schmalen Spalt durch den die beiden ins Freie entkamen. Sie waren nur wenige Meter gerannt, als hinter ihnen ein lauter Knall die Befürchtung des Fuchses bestätigte: Die Soldaten von AEGIS hatten eine oder mehrere Granaten in die Bar geworfen.

Rasch gaben beide Fersengeld, bogen um eine Ecke und sofort um die nächste, als ihnen plötzlich Lasersalven um die Ohren zischten. Der Fuchs zog Richard hinter einen Stapel Kisten und verschaffte sich rasch einen Überblick der Lage. Vor ihnen, in der Mitte einer Kreuzung aus schmalen Gängen, hatten vier Soldaten Stellung bezogen, hatten Rücken an Rücken gestanden und so jede Richtung im Blickfeld gehabt. Sie hatten nur darauf gewartet, dass ihnen Vaishara vors Visier liefen und dieser Augenblick war nun gekommen. Nun feuerten alle vier in ihre Richtung und ihre Deckung aus Kisten zersplitterte unter dem Laserbeschuss. Sofort sprang der Fuchs aus der Deckung, richtete die Hände auf die Soldaten und die Lasersalven schlugen gegen die Wände, sprengten Löcher in den Putz und hinterließen schwarze, rauchende Flecken. Sofort senkten die vier Soldaten ihre Gewehre, schoben sie in die Halterungen auf ihrem Rücken und fuhren ihre Unterarmklingen aus, ehe sie sich dem Fuchs näherten, gleich einer Horde Raubtiere der verwundeten Beute. Richard wich ein wenig zurück, als sich der Fuchs so aufbaute, dass die Soldaten nicht an ihm vorbei konnten. Die engen Gassen hatten zwar den Nachteil, dass sie wenig Platz boten, doch würden die vier Soldaten auch Probleme haben, gemeinsam gegen den Fuchs vorzugehen. Dieser fixierte die Soldaten mit entschlossenen, grauen Augen. Ihre schwarzen Visiere starrten wie dunkle Abgründe zurück. "Ihr wisst wer ich bin?", fragte der Fuchs ruhig und verschränkte die Hände, knackte mit den Fingerknöcheln. "Dann wisst ihr auch, dass ich eigentlich keine Soldaten töte. Wenn ich jedoch keine andere Wahl habe, dann kann auch ich ziemlich brutal sein. Noch könnt ihr einfach abhauen." Noch während er sprach wusste der Fuchs, dass die Soldaten nicht fliehen würden. Der Hass von AEGIS auf die Vaishara war in ganz Elinor bekannt und diese vier Soldaten strahlten eine Aura des Selbstvertrauens und des Fanatismus aus, die beinahe sichtbar war. Dann wurde dem Fuchs klar, dass die Soldaten tatsächlich eine schwache, bläuliche Aura hatten und er musste an die Worte von Arikel denken. Dies waren also die Cherubim, die Elite von AEGIS, die sich dank einer Substanz namens Ambrosia den Vaishara als ebenbürtige Gegner gegenüber stellen konnten.

Der erste Soldat griff den Fuchs an, hob die Unterarmklingen und ließ sie auf ihn niedersausen. Doch der Fuchs konzentrierte sich und beide Klingen schmolzen wie Eiszapfen in der Sommersonne. Silberne Tropfen perlten auf den grauen Mantel des Fuchses, ehe dieser herum wirbelte um dem Soldaten einen Schlag in den Nacken zu verpassen. Der Soldat zögerte, wunderte sich wohl um den Verlust seiner Klingen, dann jedoch blockte er den Angriff des Fuchses und schlug ihm kräftig in den Magen, so dass der Fuchs nach hinten taumelte. Der Soldat war schnell, stand sofort wieder vor dem Fuchs und rammte ihm erst die linke Faust in den Magen, dann die rechte. Dann jedoch packte der Fuchs beide Handgelenke und stieß den Soldaten von sich, setzte nach und versuchte es mit einem Aufwärtshaken. Der Soldat drehte sich zur Seite weg, hob ein Bein und trat dem Fuchs hart in die rechte Seite. Der Fuchs stöhnte, als zwei seiner Rippen brachen und packte den Kopf des Soldaten. Das schwarze Visier des Mannes verflüssigte sich und lag nun auf dem Gesicht des Mannes auf, wo es wieder erstarrte. Zurück blieb ein Gesicht gleich einer schwarzen Maske, Augen und Mund vor Schreck aufgerissen. Der Soldat griff sich mit den Händen ans Gesicht, dann kippte er um und zappelte, während er erstickte. Der Fuchs ließ von ihm ab und wandte sich den anderen drei Soldaten zu. Sofort griff der nächste Soldat an und der Fuchs konzentrierte sich, wich den Unterarmklingen aus und schlug die Arme des Soldaten zur Seite, so dass sich die Klingen in die Wände bohrten. Doch der Soldat fuhr seine Klingen ein und schlug dem Fuchs mit beiden Fäusten seitlich gegen den Kopf. Dann ging er zurück und nahm sich den Helm ab, um nicht eventuell das gleiche Schicksal wie sein toter Kamerad zu erleiden. Einen Moment lang war der Fuchs schockiert, so viel Hass in einem so jungen Gesicht zu sehen. Die Augen des Mannes leuchteten azurblau, hasserfüllt biss der Soldat die Zähne zusammen, bis sein Zahnfleisch heftig zu bluten begann. Dann griff der Soldat an, mit einer Wildheit, die den Fuchs überraschte. Fäuste prasselten blitzschnell auf seine Arme ein, dann wich der Fuchs seitlich aus, packte den Kopf des Soldaten und rammte ihn gegen die Wand. Es schien dem Soldaten wenig auszumachen denn er packte den Arm des Fuchses und drehte ihn herum. Sofort drehte sich der Fuchs mit, sprang ab und trat dem Soldaten ins Gesicht, so dass dieser seinen Arm los ließ.

"Pass auf", hörte der Fuchs Richard rufen und bemerkte, dass die beiden anderen Soldaten ihre Lasergewehre angelegt hatten und wohl auf eine günstige Gelegenheit warteten, ihn hinterrücks zu erschießen. Doch sah er auch eine Gestalt auf dem Dach, hinter den Soldaten. Für seine kurze Unaufmerksamkeit kassierte er einen heftigen Schlag ins Gesicht, der seine Unterlippe aufplatzen ließ. Er kreuzte die Unterarme und bemühte sich, den Soldaten zwischen sich und den anderen zu halten, um nicht in der Schusslinie zu stehen. Dabei betrachtete er die Gestalt auf dem Dach. Es war ein junger Mann mit stacheligen, braunen Haaren und einer Lederjacke. Die Augen des jungen Mannes waren hinter einer Sonnenbrille verborgen, doch er grinste, ehe sich zwischen seinen Händen hellblaue Blitze bildeten. Der Mann streckte die Hände aus und hellblaue Blitze züngelten aus seinen Fingerspitzen auf die beiden Soldaten. Ein grelles Kreischen hallte durch die Gasse. Blitze leckten über die schwarzen Rüstungen der Soldaten, züngelten über die Wände und hinterließen dünne, schwarze Linien. Dann trafen die Blitze das Gesicht des Soldaten direkt vor dem Fuchs und der junge Mann schrie, ging zu Boden während unaufhörlich weitere Blitze in ihn und seine Kameraden einschlugen. Die beiden Soldaten direkt unterhalb des jungen Mannes rührten sich bereits nicht mehr. Ihre Rüstungen rauchten und schwarze Blasen hatten sich auf Brust- und Schulterpanzerung gebildet. Der Soldat direkt vor dem Fuchs zuckte und wand sich, ehe er sich plötzlich drehte und eine Hand auf den jungen Mann auf dem Dach richtete. Nun zuckten aus den schwarzen Handschuhen des Soldaten weiße Blitze, umzüngelten die Blitze des Angreifers und schlugen schließlich in dessen Körper, mit einer Wucht die den jungen Mann mehrere Meter nach hinten schleuderte, außer Sichtweite. Der Fuchs glaubte nicht, dass der junge Mann den Gegenangriff überlebt hatte. Ein eventueller Sturz vorm Dach war alles andere als gesund, doch konnte man ja nie wissen. Und noch ehe der Fuchs den letzten Soldaten angreifen konnte, richtete dieser die Arme auf ihn und Blitze schlugen knisternd in seine Brust ein und rissen ihn von den Beinen. Plötzlich trat Richard zwischen ihn und dem Soldaten und die Blitze umzüngelten ihn. Schreiend quälte sich Richard Schritt für Schritt an den Soldaten am Boden heran und trat ihm schließlich kräftig aufs Gesicht. Das Blitzgewitter verschwand augenblicklich und Richard lehnte sich gegen die Wand. Der Fuchs erschreckte sich bei dem Anblick seines Mitstreiters. Richards helle Haare kräuselten sich und standen in alle Richtungen ab, seine Haut war voller grässlicher Verbrennungen, wo der Soldat ihm regelrecht die Haut vom Körper gebrannt hatte.

Richard atmete schwer, schrie immer wieder vor Schmerzen auf. Mühsam schleppte sich der Fuchs zu ihm und schauderte, als die dunklen Augen seines Freundes gequält auf ihm ruhten und um Erlösung vor den Schmerzen bettelten. Zögernd legte der Fuchs seine zitternden Hände auf die Schultern seines Freundes, zwang sich zu einem Funken Konzentration und beendete das Leid des Anderen. Richard entspannte sich augenblicklich und seine Augen schlossen sich. Schwer atmend blieb der Fuchs zurück, starrte noch lange auf seine Hände, dann auf Richards Leichnam. Man schrieb den Vaishara gottgleiche Macht zu. Vielleicht hasste man sie deshalb so sehr. Möglicherweise beneideten sie einige Menschen, wahrscheinlich überwog auch die Furcht vor dem Unbekannten. Der Fuchs wusste, dass er absolut nichts Göttliches an sich hatte. "Alles was aus dem Lebensstrom entsteht, geht auch eines Tages wieder in den Lebensstrom über", flüsterte er leise und zitierte einen alten Freund. "Du bist nun wieder bei deinem Bruder. Aller Schmerz und Kummer ist für euch nun vorbei. Gerne hätte ich euch wenigstens anständig begraben. Ich hoffe, ihr verzeiht mir, dass ich euch nicht beschützen konnte." Ein kalter, harter Knoten hatte sich in seinem Hals gebildet und fast blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. Traurig wandte er sich von Richard ab und setzte sich in Bewegung, setzte über die toten Soldaten hinweg und beeilte sich, wobei er an jeder Ecke vorsichtig inne hielt um nicht erneut in eine Falle zu tappen. Der Lärm wurde lauter, langsam näherte er sich der Quelle der Schreie und der Schüsse. Der Fuchs kam schließlich in eine lange Gasse voller heller Neonschilder, umsäumt von Spielhallen, Kneipen und Pornokinos. Und am Ende der Gasse sah er den Parkplatz. Er hatte die andere Seite des Diamantenen Docks beinahe erreicht. Mündungsfeuer war in der Dunkelheit hinter der Gasse zu sehen. Am Himmel sah er Rauch und noch immer schwirrten Valkyrien über das leuchtende Band hinweg. Das Herz schlug dem Fuchs nun bis zum Hals, als er langsam durch die leere, hell erleuchtete Gasse schritt und sich fragte, wie viele seiner Kameraden wohl ebenfalls das andere Ende erreicht hatten. Wie viele waren gefallen? Was erwartete ihn nun da draußen? Und am Wichtigsten war wohl die Frage, wie sie lebendig entkommen konnten und was genau Echidna eigentlich mit dem ganzen Ärger hier zu tun hatte.

Der Fuchs drückte sich an die Wand, blickte kurz zu beiden Richtungen aus der Gasse heraus und sah dann zum Parkplatz. Ihm stockte der Atem, denn der riesige Parkplatz an der Ecke Stevenson-Silver glich einem Schlachtfeld. Zahlreiche Autos brannten oder waren umgeworfen worden. Er konnte auch den Gefangenentransporter von AEGIS erkennen, mitten im Zentrum der Schlacht. Hinter einer Barrikade von Autos konnte er Michael, Garth, Tessa, Nue, Arikel und Kassandra erkennen, sowie einige andere Männer und Frauen, die wohl Vaishara im Dienste von Echidna waren. Kassandra hatte den Himmel über dem Parkplatz in Nebel gehüllt, um einen Beschuss durch die Valkyrien zu verhindern. Es schien, als würde eine dünne, weiße Decke wenige Meter über dem Boden schweben. Der Fuchs konnte sehen, wie Tessa in seine Richtung sah und als ihre Blicke sich trafen strahlte die junge Frau mit den bunt gefärbten Haaren. Allerdings war der Bus von Soldaten umzingelt und der Fuchs konnte nicht wissen, ob dies ganz normale Soldaten waren oder die Cherubim. Es war ja sogar möglich, dass jeder Soldat von AEGIS über das Ambrosia verfügte. Der Fuchs sah sich nach einer Möglichkeit um, zu seinen Kameraden zu gelangen oder ihnen irgendwie zu helfen. Auch musste er sich fragen, wo eigentlich Phönix, Kathy und der Junge waren. Hatten sie es möglicherweise nicht geschafft? Der Fuchs atmete tief durch und ignorierte dabei seine schmerzenden Rippen. Er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Dabei war das Gewehrfeuer auf dem Parkplatz nicht gerade hilfreich. Dann jedoch fiel dem Fuchs etwas auf: Echidna war nirgendwo zu sehen. Zwar hatte der er keine Ahnung, was eigentlich ihre Absichten hier in Sagon waren, doch bezweifelte er, dass sie weit entfernt war. Tatsächlich fühlte er sogar etwas, gleich einem unsichtbaren Band. Echidna war in der Nähe, wartete vielleicht genau wie er auf den richtigen Zeitpunkt. Da war er sich sicher. Manche Dinge änderten sich. Manchmal verlor man sich aus den Augen, veränderte sich oder lebte sich auseinander. Doch trotz allem war sich der Fuchs sicher, dass seine einstige Verlobte nur darauf wartete, auf den Plan zu treten und AEGIS ihren Zorn spüren zu lassen. Einst hatte der Gedanke an Echidna sein Herz höher schlagen lassen, ihm eine angenehme Gänsehaut beschert. Nun jedoch lief es ihm eiskalt den Rücken runter, denn er wusste, wozu sie fähig war. Sie hatte ihren Spitznamen verdient und der Fuchs konnte nicht anders als sich zu fragen, ob AEGIS wirklich wusste, worauf sie sich da eingelassen hatten.
 
Viele sind entbehrlich, hast du geschrieben. Du musst aber auch aufpassen, die "entbehrlichen" nicht einfach so zu verheizen. Ich fand es etwas schade, dass Richard und Joey so schnell den Löffel abgegeben haben. Auch irgendwie arg melodramatisch, besonders bei Joey. Das hat mir nicht so gefallen, gebe ich ehrlich zu. Wobei es wohl nur realistisch ist, wenn Brüder umeinander sorgen und Charaktere ihrer Trauer Ausdruck verleihen. Noch dazu haben beide eben keine offensiven Kräfte. Richard hat ja wenigstens noch einen Soldaten erledigt und sich so geopfert. Andererseits gefiel mir der Kummer vom Fuchs noch in begrenztem Maße und besonders dessen Einsatz seiner Kräfte im Kampf. Die Beschreibungen gefallen mir, allerdings musst du auch aufpassen, dass die Soldaten von AEGIS mit ihren Klingen nicht irgendwann langweilig werden. Da fand ich es ganz gut, als einer plötzlich ebenfalls Blitze abgeben konnte. Die Enthüllung am Ende gefiel mir und ich bin gespannt, was noch kommt. Aber wie gesagt, die Abgänge von Richard und Joey fand ich etwas schwach. Ist natürlich so, dass sich Charaktere wie Phönix oder Kassandra da viel besser zur Wehr setzen können. Bin gespannt, wie es weiter geht, besonders wenn nun Echidnas Vaishara mitmischen und noch so viele Soldaten da sind, könnte es eigentlich noch schön actionreich und spannend werden/bleiben.
 
@Quinn:

Es war bei Richard und Joey in der Tat schwierig, ihnen einen würdigen Tod zu liefern. Beide sind eigentlich kaum mehr als normale Menschen und natürlich würden Charaktere wie Phönix den Soldaten von AEGIS viel eher einen Kampf liefern. Ich werde aufpassen, eventuelle zukünftige Verluste anders zu gestalten. Trauer bei solchen Verlusten ist nur normal und es soll auch verdeutlichen, dass Vaishara auch ihre Grenzen haben und sich ziemlich machtlos fühlen können.


Auf folgenden Part habe ich mich schon sehr lange gefreut und denke, er ist mir gut gelungen. Ich zumindest bin zufrieden. Trotz meiner Vorliebe für Action darf ich nicht vergessen, dass es in erster Linie um die Charaktere geht. Nun ist das zweite Kapitel fertig und langsam geht es richtig zur Sache. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

------------------------------------------------------



"Das sind interessante Zeiten", hatte ihm sein Vorgesetzter damals bei der Polizeiausbildung immer wieder gesagt. David Anderson musste schmunzeln, weil ihm trotz seiner momentanen Lage gerade jetzt diese Worte einfielen. "Wir sind in einer Zeit, in der nicht mehr nur mit einer Pistole und einem Schlagstock das Gesetz aufrecht erhalten wird", pflegte sein Vorgesetzter immer wieder zu sagen, ob sie nun Streife fuhren oder beide Büroarbeit erledigen mussten. "Modernste Technik! Die Wunder der Wissenschaft! Manchmal weiß ich nicht, ob ich diese ganzen neuen Waffen und den Technik-Schnickschnack lieben oder ob ich ihn hassen und mich alt und nutzlos fühlen soll!" Andersons Ausbildung zum Polizisten lag viele Jahre zurück und soweit er wusste lag sein damaliger Vorgesetzter längst unter der Erde. Wahrscheinlich würde er sich dort gehörig umdrehen, wenn er auch nur eine leise Ahnung davon hätte, was für ein Sprung die Menschheit in Sachen Technik in den letzten Jahren gemacht hatte. Eben das hatte Anderson das Leben gerettet und ihn vor einem Karriereende und einem Leben im Rollstuhl bewahrt. Sein Leben als Streifenpolizist endete vor fünf Jahren mit einer gebrochenen Wirbelsäule und einer Querschnittlähmung von der Hüfte abwärts. Aufgrund seiner Leistungen im Dienst und dem daraus resultierenden Ruf war eines Tages AEGIS an ihn heran getreten, hatte ihm einige Implantate angeboten und einen neuen Job. Selbstverständlich hatte er zugesagt. Seine Wirbelsäule war nun größtenteils künstlich verstärkt, ausgestattet mit einem Reflexbooster. Lange hatte es gedauert, bis er wieder laufen konnte und so fit wie vor seinem Unfall war. Da es Vaishara gewesen waren, denen er seine Lähmung verdankte, hatte er es nur gerecht gefunden, im Auftrag für AEGIS Vaishara zu jagen. Schon als Polizist beim südlichen Polizeidepartment von Varath hatte er die eine oder andere Hexe unschädlich gemacht. Wohl genau deshalb hatte AEGIS ihn überhaupt rekrutiert und die teure Operation samt Rehabilitation bezahlt. Technologie hatte ihm das Leben gerettet. Und Technologie würde anderen das Leben nehmen. Leben nehmen war seine Hauptbeschäftigung bei AEGIS. Man konnte es schön umschreiben, mit Ordnungserhaltung oder Gesetzesvollstreckung gleichsetzen. Doch im Grunde war Anderson von einem Polizist nun zu einem bezahlten Mörder geworden.

Kaum hatte man ihn für fit genug befunden, hatte man ihn zu einem geheimen Ausbildungszentrum von AEGIS gebracht. Schon wenige Minuten nach seiner Ankunft beim Untergrundbahnhof des unterirdischen Komplexes hatte David Anderson erkannt, dass der Dienst bei AEGIS wohl nicht annähernd so werden würde, wie er geglaubt hatte. AEGIS war kein offizieller Teil des Militärs, war eher ein Privatunternehmen, welches es sich zur Aufgabe gemacht hatte, gegen Vaishara zu kämpfen. Die Bezeichnung Abteilung zur Eliminierung von Gesetzesbrechern im Interesse der Sicherheit war eine nette, patriotisch klingende Umschreibung des Ganzen. Für Anderson war das Militär immer ein Symbol von Menschlichkeit, Hoffnung und Fleiß gewesen. Soldaten galten einst als Beschützer und Bewahrer des Friedens und der Ordnung. Anderson hatte gelesen, dass das Militär eine wichtige Rolle bei der Evakuierung der Zivilbevölkerung und beim Bau der Schutzwälle gespielt hatte, damals als der tödliche Nebel erstmals auftauchte und sich über das Land ausbreitete. Allerdings war es seit Jahren ruhig um das Militär geworden. Die Polizei war nun als Innere Sicherheit bekannt und es gab Gerüchte, das Militär des ganzen Kontinents würde sich einer Umstrukturierung unterziehen und dabei zukünftig direkt den Vereinten Regierungen Elinors unterstehen. Die Innere Sicherheit war gründlich und gnadenlos, obwohl es immer wieder Kritik gab, bezüglich der Verletzung von Bürgerrechten, Datenschutz, Meinungsfreiheit und Privatsphäre. Immer wieder hörte man von Wohnungsdurchsuchungen und unerlaubter Telefonüberwachung. AEGIS stand außerhalb der Regierung. Jeder Rekrut wurde von anderen Institutionen abgeworben und Geheimhaltung war das oberste Gebot, weshalb niemand wusste, wo das Ausbildungszentrum war, vom Hauptquartier von AEGIS ganz zu schweigen. Wie genau AEGIS finanziert wurde, wusste auch niemand. Allerdings hieß es, sie würden einen Großteil ihrer Forschungen verkaufen und angeblich eng mit der Regierung zusammen arbeiten, ohne jedoch an Gesetze gebunden zu sein. In der Untergrundbahn mit unbekanntem Ziel hatte sich Anderson lange mit anderen Rekruten unterhalten und es hatte ihm nicht immer gefallen, was er von den anderen Männern so gehört hatte.

Die Fahrt zum Ausbildungszentrum hatte lange gedauert und Anderson hatte sich gefragt, wie genau man die Untergrundbahn denn in öffentlichen Tunneln bewegen konnte, ohne dabei von den Überwachungssystemen entdeckt zu werden. Anderson vermutete, dass AEGIS einfach die richtigen Leute auf ihrer Gehaltsliste hatte. Kaum hatten die anderen Rekruten und er die Untergrundbahn verlassen, schulterte Anderson den Rucksack mit seinen Habseligkeiten und reihte sich mit dem Rest der hundertzwanzig anderen Rekruten in eine Schlange ein, die zum Ausgang des Untergrundbahnhofs führte. Die unterschiedliche Kleidung der anderen Männer und der wenigen Frauen erinnerten Anderson vage an seine Polizeiausbildung. Er fragte sich, wie die anderen Rekruten wohl die Aufmerksamkeit von AEGIS auf sich gezogen hatten und lauschte dem Tratschen der Männer. Dass sich die meisten darauf freuten, Hexen abzuknallen gefiel ihm nicht besonders, doch er beschloss die Klappe zu halten. Die Lüftung blies kühle, aufbereitete Luft in den Untergrundbahnhof und Wände und Boden waren in sterilem Weiß gehalten und sorgsam poliert. In den wenigen Minuten nach der Ankunft schienen alle Gerüchte und Geschichten über AEGIS der Wahrheit zu entsprechen. Sie waren die Hexenjäger, die Krönung der militärischen Effizienz und Kampfstärke. Dies war ein aufregender, geheimnisvoller Ort für jene Rekruten, die kurz vor dem Beginn eines neuen Leben standen.
Und dann ging das Gebrüll los. Es war, als wäre eine Bombe in der Schlange aus Rekruten explodiert. Chaos, Geschrei und hunderttausend Befehle brachen plötzlich aus allen Richtungen auf sie ein. Offiziere in schwarzen Uniformen stürzten sich auf sie. Die Rekruten nahmen Haltung an und erstarrten, als die Offiziere sich vor ihnen aufbauten und ihnen Fragen, Beleidigungen und Befehle ins Gesicht schrien. Anderson war fünfunddreißig Jahre alt und wohl aufgrund seiner Polizeiausbildung und einigen besonders harten Fällen im Dienst war er abgehärtet, ließ sich nicht einschüchtern sondern stand stramm und antwortete, wann immer man ihn etwas fragte. Die ganze Atmosphäre erinnerte ihn unangenehm an alte Filme über das Militärleben und damals kam ihm erstmals die Frage in den Sinn, was wohl mit ihm geschehen würde, wenn er die Ausbildung nicht schaffte oder sich entscheiden würde, nicht für AEGIS zu arbeiten.

Dies war der Beginn einer sechsmonatigen, höllischen Grundausbildung gewesen, die aus dem ehemaligen Polizisten David Anderson einen Soldaten von AEGIS, einen Elitekämpfer und Hexenjäger im Dienste der Menschheit machen sollte. Der Grundausbildung folgte eine viermonatige Kampfschwimmerausbildung, eine fünfwöchige Sprung- und Fallschirmschule und fünfzehn Wochen Training in verschiedenen Klimazonen und Umgebungen. Dazu kamen mehrere Wochen voller Schusswaffen- und Nahkampfausbildung. Nach fast einem Jahr Ausbildung konnte man sich als Soldaten von AEGIS bezeichnen. Nach der eher unfreundlichen Begrüßung waren Anderson und die übrigen Rekruten im Laufschritt durch einen unterirdischen Korridor zu den Kasernen geführt worden. In der Kleiderkammer durften sie sich schwarze Uniformen abholen, bekamen außerdem Unterwäsche, Socken, Notrationen, Seife, Desinfektionsmittel, Verbandskasten und Überlebenstornister. Gebeugt unter der Last seiner Ausrüstung war Anderson mit einer Gruppe anderer Rekruten in ein Zimmer geführt worden und bekam eine von acht Pritschen zugewiesen. Anderson wusste noch genau, wie er seinen Rucksack und den Rest seiner Ausrüstung auf sein Bett geworfen und sich den anderen sieben Männern vorgestellt hatte. Außer ihm waren da noch Charles Miller, ein ehemaliger Kopfgeldjäger aus Tinroth, der im Dienste von Ylesia schon zahlreiche Hexen erledigt hatte, sowie Jeff Combs, ein Boxer aus Iordall, der wegen Regelmissachtung und schwerer Körperverletzung seine Lizenz verloren hatte. Jeff war ein riesiger, breiter Kerl mit langen, blonden Haaren und Anderson musste sich fragen, wie so ein Hüne überhaupt in eine Uniform passen konnte. So riesig wie Jeff war, so klein war ein ehemaliger Zirkusartist aus Altae namens Ray Benett. Er war kleiner als alle anderen, doch Anderson konnte deutlich die Muskeln des drahtigen, jungen Burschen sehen. Dann war da noch ein ehemaliger Bodyguard namens Kevin Hayes aus Rigard, ein dunkelhäutiger Hexenjäger aus Tarisia namens Ramo, sowie zwei ehemalige Polizisten wie Anderson selbst: Jake Wrynn aus Sagon und Russel Nesh aus Eria. "Ich fühle mich etwas verarscht", gestand Jake und sah in die Runde. "Man hat mir gesagt, dass AEGIS mein Leben verändert wird, aber das ist doch ein Kindergarten hier. Ich dachte, wir würden Zeit haben, uns umzusehen. Die behandeln uns ja wie Kinder."

"Es geht erst mal nur darum, die Schwachen auszumustern", entgegnete Miller und räumte seinen Spind ein, "Ich habe gehört, die Durchfallquote beträgt achtzig Prozent. Was wir gerade erlebt haben, war nur das Empfangskomitee. Die richtig harten Sachen kommen erst noch." Anderson konnte sich noch gut an das Lachen von Nesh erinnern. "Ich glaub, ich kriege gleich schon Durchfall, so wie mein Magen rumort. Ich steh nicht auf so einen Stress. Sind wir nicht alle Profis?" Russel Nesh war bereits nach wenigen Tagen zusammen gebrochen und Anderson und die anderen hatten nie wieder etwas von ihm gesehen oder gehört, nachdem er bei einem Dauerlauf zusammen gebrochen war. Nesh war schließlich durch Robert Raines ersetzt worden, einem jungen Mann der bei der Inneren Sicherheit von Varath kurz nach der Ausbildung entlassen wurde, aus Gründen, die er jedoch verschwieg. David Anderson konnte sich aus dem Grund noch so gut an die Minuten ihrer Ankunft erinnern, weil sie trotz aller Hektik seine letzten ruhigen Minuten vor der langen, harten Ausbildung gewesen waren.
Ein Jahr später war Anderson fast zehn Kilo leichter, aber sehr viel kräftiger. Er hatte sich daran gewöhnt, mit weniger als fünf Stunden Schlaf auszukommen und zur Not sogar tagelang wach zu bleiben, war durch gnadenloses Lauftraining ausdauernd und flink geworden. Sie hatten Häuserkampf trainiert, hatten sich in der Wüste von Tanua oder in den Bergen im Norden von Tarisia an extreme Temperaturen gewöhnt. In speziellen Schutzanzügen hatten sie sogar im tödlichen Nebel außerhalb der Schutzwälle trainiert. Anderson hatte es interessant gefunden, den dichten, violetten Schleier mit eigenen Augen zu sehen. Weniger schön war der qualvolle Tod zahlreicher Rekruten gewesen, die ihre Anzüge nicht gründlich genug verschlossen hatten. Zahlreiche Rekruten unterzogen sich direkt nach der Ausbildung verschiedenen Operationen und stopften ihre Körper mit kybernetischen Implantaten voll. Anderson kannte jedoch die Risiken und Nachteile solcher Implantate und seine Wirbelsäule war ihm bereits Verbesserung genug. Tatsächlich war es eines seiner liebsten Freizeitbeschäftigungen geworden, Musik zu hören, Filme zu schauen oder anderweitig Spaß zu haben. So hoffte er, die psychischen Effekte seines Implantats zu bekämpfen. Leider war Freizeit für ein Frontschwein unendlich knapp. Der Ausbildung folgten schnell verschiedene Missionen, die allesamt damit zu tun hatten, Hexen aufzuspüren, zu jagen und zu eliminieren.

Mit der heutigen Mission jedoch konnte wahrlich nichts davon mithalten. Nie zuvor war AEGIS so nah an Echidna und ihre Bande heran gekommen. Nie zuvor hatten sie solch beeindruckende Technologie zur Verfügung. Und nie zuvor hatten die Soldaten die Möglichkeit gehabt, kurzzeitig die Kräfte der Hexen zu benutzen und gegen sie zu verwenden. Das Ambrosia war das neue Ass im Ärmel von AEGIS, auch wenn Anderson sich weigerte, die Substanz zu benutzen. Zu neu war das Zeug und zu wenig wusste man über die genaue Wirkung oder eventuelle Nebenwirkungen. Zwar gab es genug Freiwillige, die sich bereits verschiedenen Tests unterzogen hatten, doch Anderson fragte sich, ob das Wundermittelchen sie nicht eigentlich genau zu dem machte, was sie jagten und bekämpften. Artifizielle Manah-bindende Replik des Orthomorphologischen Serums zur idiotrophen Absorption war der genaue Name des Wundermittels und es hatte lange gedauert, bis Anderson sich den Namen gemerkt hatte, von der Aussprache ganz zu schweigen. Zumindest das Wort Replik ließ auf einen früheren Versuch schließen und da Anderson von eben solchen Versuchen nie etwas gehört hatte, schloss er daraus, dass es wohl besser war, einen Bogen um Ambrosia zu machen und lieber als normaler Mensch gegen die Hexen zu kämpfen. Immerhin hatte er einen Reflexbooster und selbst das wurmte ihn gelegentlich, wenn er sich mehr wie ein Roboter als ein Mensch fühlte. Er wusste, dass die Alternative der Rollstuhl war, dennoch gefiel es ihm einfach nicht, wie sehr man auf Technologie angewiesen war. Wenigstens konnte er dem in geringem Maße entgegen wirken, wenn auch eher selten. Der Tag hatte ruhig begonnen, denn die heutige Mission war bereits mehrmals besprochen worden und der Ablauf stand fest: Echidna und ihre Bande war seit Tagen in Sagon und da man vermutete, sie würden einen Angriff auf die kleine Basis planen, hatte AEGIS schließlich beschlossen, ihnen mit einem eigenen Plan in die Quere zu kommen. AEGIS wusste von Spionen und Informanten in den eigenen Reihen und hatte so auch außerhalb von Sagon das Gerücht verbreitet, einen Gefangenen von Iserion nach Tinroth zu verlegen. So wollte man die Aufmerksamkeit von Echidna auf sich ziehen, schmückte den Plan jedoch noch reichlich aus, damit es nicht offensichtlich nach einer Falle roch.

AEGIS hatte den Gefangenentransporter über Eagis nach Arhath geschickt, um einen zu schnellen Zugriff durch Echidna zu verhindern. Gleichzeitig waren bereits zahlreiche Soldaten in Stellung gegangen, während der Transporter auf dem Rückweg von Arhath gen Iserion war, diesmal jedoch über Sagon. Auf einem großen Parkplatz in der Nähe des Diamantenen Docks sollte der Zugriff auf Echidna stattfinden und so machte der Transporter und seine Eskorte aus sechs Aircycles auf dem Parkplatz eine lange Rast, um ein verlockendes Ziel für Echidna und ihre Bande zu bieten. Hier waren Anderson, Miller, Combs, Benett, Hayes, Ramo, Wrynn und Raines ins Spiel gekommen. Die Hälfte des Trupps hatte die Anweisung, sich in verschiedenen Autos um den Gefangenentransporter herum zu positionieren. Vier Freiwillige jedoch sollten innerhalb des Diamantenen Docks Position beziehen und dabei nicht einmal über die Cherubim-Rüstung verfügen sondern nur über Einzelteile der besagten Rüstung. Die Soldaten in den Autos hatten den Auftrag, den Gefangenentransporter im Visier zu behalten und eventuelle Angreifer mit einer Spezialmunition zu beschießen, sogenannten Markierungsprojektilen, die bei einem Treffer kaum zu spüren waren, jedoch ein Pulver aus Nano-Sendern über dem Ziel verteilten. So konnte man Echidnas Bande bei einer eventuellen Flucht verfolgen. Die vier Freiwilligen hatten denselben Auftrag, sollten im Diamantenen Dock jedoch erhöhte Position beziehen um einen besseren Blick auf den Parkplatz zu bekommen. Anderson, Ramo, Benett und Wrynn hatten sich gemeldet. Anderson sollte als Mechaniker der Tarnung halber an einem defekten Werbebanner arbeiten, hatte dabei einen guten Blick auf den Parkplatz und Teile seiner Ausrüstung im Werkzeugkasten, falls es brenzlich wurde. Ramo hatte seine Rüstung unter einem weiten, verzierten Gewand aus dem Süden verborgen und saß auf der Terrasse eines Restaurants, im zweiten Stockwerk am Rande des Parkplatzes. Benett und Wrynn waren als Dacharbeiter verkleidet und taten so, als reparierten sie die Dachpappe auf einem der Häuser. Auch sie hatten ihre Waffen in Griffweite und Ohrstöpsel verbanden sie alle mit der Kommandozentrale, die den Einsatz koordinierte.

Ambrosia sollte der Schlüssel dazu sein, sich den Hexen im Kampf Mann gegen Mann stellen zu können. Viel wichtiger noch als das Ambrosia jedoch war eine nagelneue Erfindung der Eierköpfe aus der Forschung: Richtscanner, die Manah orten konnten. Ging so etwas zuvor nur aus nächster Nähe, per direktem Kontakt, war es nun auch möglich, aus der Ferne Hexen von Menschen zu unterscheiden, wenn man nur den Scanner auf die Zielperson richtete. Leider waren besagte Richtscanner meterlange Instrumente und so klobig, dass in mehreren Fahrzeugen auf dem Parkplatz speziell Soldaten verteilt waren, um die Scanner in alle Himmelsrichtungen zu richten. Zwar arbeitete die Forschung von AEGIS bereits an einer kleineren Ausgabe, bevorzugt an einer Art Visor, doch vorerst würde das reichen, was sie gegenwärtig zur Verfügung hatten und wohlmöglich würde es genügen, um heute einer der größten Bedrohungen der Menschheit das Licht auszublasen. Dank den Richtscanner konnte man die Insassen eines auffällig verzierten Vindlers sofort als Hexen identifizieren und laut Beobachtungen an den Untergrundterminals schien es, als habe auch der Fuchs den Weg nach Sagon gefunden, um den Gefangenen zu befreien. Die Einsatzzentrale war wenig begeistert, einen schwebenden Transporter über dem Parkplatz zu wissen, wo es doch eigentlich um Echidna ging. Dann beschloss man, die Sache optimistisch anzugehen und so vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Sämtliche Soldaten waren angespannt und bereit, als das Mädchen vor dem Transporter auftauchte und sich dann scheinbar in das Fahrzeug teleportierte, um den Gefangenen zu befreien. Dieser war nur ein Junge, aufgrund seiner Kategorie gefährlich für die Operation, weshalb er ständig bewusstlos gehalten werden musste. Anderson, der das Geschehen jedoch durch ein Zielfernrohr beobachtete, erkannte das Mädchen und es lief ihm eiskalt den Rücken runter: Zwar war das Mädchen bei ihrer ersten und letzten Begegnung deutlich jünger gewesen, hatte sich aber kaum verändert. Als sie mit dem Jungen außerhalb des Transporters auftauchte, feuerte Anderson ein Markierungsprojektil ab und traf den Jungen. Sofort wurde der Vindler angegriffen und die Zentrale hoffte, damit auch Echidna heraus zu locken. Anderson jedoch konnte immer nur an den Tag denken, als er das Mädchen namens Nue auf frischer Tat bei einem Überfall erwischte und sie sich mit ihm mehrere Meter in die Luft teleportiert hatte und schon verschwunden war, als er auf den Boden klatschte und sich die Wirbelsäule brach. Fünf Jahre war das nun her doch noch immer war die Erinnerung frisch und Anderson fixierte den Vindler mit seinen braunen Augen, strich sich durch die violett gefärbten Haare und erhob sich von seinem Versteck hinter der Reklametafel.

Der Vindler versuchte, zu fliehen doch zahlreiche Valkyrien wurden sofort beauftragt, den Transporter vom Himmel zu holen. Am liebsten wäre Anderson ihnen zu Fuß hinterher gerannt, doch war es wichtig, nicht den Kopf zu verlieren. Fehler konnten sich grausam rächen und niemand wusste das besser als er. Nue war ein kleines Mädchen gewesen und sie hatte ihn gnadenlos in die Tiefe fallen lassen. Mit zitternden Händen sah Anderson zu, wie die Valkyrien den Vindler verfolgten, bis das Fahrzeug sogar außer Sichtweite verschwand. Die Spur des Markierungsprojektils würden sie jedoch nicht so schnell entgehen und wo die Richtscanner Manahkonzentrationen fanden, da genügten schon ganz normale Sensoren um die Signale der Nano-Sender ausfindig zu machen. "Augen offen halten", hörte er eine Stimme aus seinem Ohrstöpsel. "Den Fuchs haben wir an der Angel und müssen ihn nur noch an Land ziehen. Um Echidna geht es uns und sicher ist sie nicht weit! Scanner in alle Richtungen! Sie darf nicht entkommen." Anderson erkannte die Stimme als die von Colonel Mayhem, seinem Vorgesetzen, der sogar selber an der Operation teilnahm und im Inneren des Gefangentransporters eine gute Übersicht über das Geschehen hatte. Man konnte nur hoffen, dass Echidna wirklich auftauchen würde. Es war ja auch möglich, dass sie und ihre Gruppierung die anderen Vaishara im Stich lassen und sich absetzen würden. Einige lange Minuten des Wartens folgten, in denen die Scanner vergeblich in alle Richtungen geschwenkt wurden, ohne jedoch andere Vaishara aufzufangen. Der fliehende Vindler hatte indes einen Bogen geflogen und näherte sich wieder dem Diamantenen Dock. Zufrieden erkannte Anderson durch sein Zielfernrohr, dass das Fahrzeug beschädigt war und eine Rauchspur hinter sich her zog. "Die fliegen nirgendwo mehr hin", hörte er durch seinen Ohrstöpsel und gönnte sich ein Lächeln. Dann jedoch explodierte etwas in der Mitte des Parkplatzes. Die Druckwelle fegte Anderson von den Füßen und er sah, dass zahlreiche Autos brannten und umgekippt waren. Der Gefangenentransporter war noch intakt, zeichnete sich jedoch als Silhouette vor einem kleinen Krater und einer Säule aus Rauch und Feuer ab, die sich in den Nachthimmel erhob. Sofort war Anderson klar, was da eigentlich geschah: Echidna und ihre Leute griffen von unten her an, über die Kanalisation. Noch ehe der Befehl ertönte, war Anderson bei seinem Werkzeugkasten und legte seine Ausrüstung an, um sich danach direkt ins Getümmel zu stürzen. Vielleicht gefiel ihm seine Arbeit nicht besonders, doch er schwor sich, ihr heute ganz besonders effizient nachzugehen.

Im Werkzeugkasten waren Andersons Unterarmschienen, die er anlegte und sein Helm, den er aufsetzte. Unter seiner Mechaniker-Kleidung trug er bereits eine Schutzweste und eine Hose. Er verließ sich darauf, dass seine Kameraden Echidnas Helfershelfer mit Markierungsprojektilen eindecken würden und ließ sein Gewehr einfach liegen und befestigte seine Laserpistole am Gürtel, widmete sich dann seinen erklärten Lieblingswaffen: zwei modifizierten, altertümlichen Revolvern. Die Waffen waren mit Laserzielfernrohren ausgestattet und die Munition band sich Anderson an beide Oberschenkel, in Form von zwei langen Taschen voller ringförmiger Zylinder, mit denen er sechs Patronen gleichzeitig nachladen konnte. Diese sogenannten Schnelllader ermöglichten ein schnelles Nachladen und Anderson bevorzugte die altertümlichen Waffen, denn sie waren trotzdem zuverlässig und nicht so anfällig auf die Tricks der Hexen wie moderne Waffen. Er hatte gehört, wie Hexen Lasersalven absorbierten oder über Ladehemmungen von Maschinengewehren lachten. Über seine Revolver gab es nichts zu lachen. Anderson nahm die Leiter und sah noch kurz zu, wie der beschädigte Vindler über das Diamantene Dock flog und scheinbar auf der anderen Seite abstürzte. Vorerst würde er sich jedoch um das Geschehen auf dem Parkplatz kümmern. Er wollte gerade durch die Gasse auf den Parkplatz stürmen, als sich vor ihm ein Kanaldeckel zur Seite schob. Rasch hockte sich Anderson hinter eine Mülltonne und sah zu, wie eine Gestalt in einem weißen Mantel aus der Öffnung kletterte und sich sofort auf den Parkplatz zubewegte. Die Gestalt hatte ihm den Rücken zugewandt und trug einen weißen Fedora-Hut. Anderson legte bereits mit einem Revolver an, als sich ein anderer Soldat aus einem angrenzenden Pornokino auf die Gestalt stürzte und die Unterarmklingen schwang. Anderson sah, wie die Klingen einfach brachen und wie die Gestalt den Soldaten am Hals packte und ihn mit dem Rücken gegen die Wand schmetterte. Der Soldat fing an zu schreien und Anderson konnte sehen, wie sich das Steißbein aus der Hose bohrte und der Hals des Mannes sich verlängerte. Fleisch zerriss und Blut spritzte, als sich das Rückgrat des Soldaten in beide Richtungen verlängerte. Der behelmte Kopf baumelte wie an einer drei Meter hohen Stange, während das Steißbein sich in den Boden bohrte. Eingeweide rutschten durch den durchbohrten Körper auf den Boden und Anderson senkte den Revolver, um sich den Helm abzunehmen und am Übergeben zu hindern. Um nicht auf diesen grausigen, menschlichen Marterpfahl zu starren, fixierte er die Gestalt und von der Seite sah er lange, schwarze Haare und ein maliziöses Lächeln. Die Hälfte vom Gesicht war unter dem Haar verborgen, doch sah Anderson ein amethystfarbenes Auge und wusste sofort, wen er da vor sich hatte. Die Beschreibungen passten mehr als gut und schon an ihren Taten sah man ihr ihre Identität an: Der Name fleischgewordener Albtraum war mehr als passend, doch nur schwer war in Worte zu fassen, wie schrecklich Echidna wirklich war.



________________________________________________________
___________________________ ___________________________



Werden die Vaishara um den Fuchs und Echidna erfolgreich dem Zugriff von AEGIS entrinnen können? Wie hoch werden die Verluste sein? Wird Sagon noch stehen, wenn dieses Aufeinandertreffen vorbei ist? Was sind die Pläne von Echidna und wie passen der Oberälteste von Iga, seine Druiden und Yasemin und ihr Auftraggeber in das Gesamtbild der Ereignisse? Fragen über Fragen. Die Antworten erfahrt Ihr in Aeruin: SANKTUARIUM, regelmäßig um 19:30 Uhr im ADB.
 
Das auch Vaishara nicht unverwundbar sind bringst du eigentlich gut rüber, besonders jetzt, wo AEGIS Ambrosia hat und die Vaishara in der Falle sitzten. Bin echt gespannt, wie es weiter geht. Der Teil hat mir sehr gut gefallen, weil du die ganze Sache mal aus einer anderen Perspektive schilderst und mir Anderson bisher ganz gut gefällt. Mir gefiel, wie du seinen Hintergrund erklärst und wie seine Ausbildung in etwa aussah, auch wenn ich eineinhalb Jahre Ausbildung als übertrieben viel empfinde - Aber es wohl verdeutlichen, wie hart die Soldaten von AEGIS sind. Nett war auch, wie du kurz die Veränderung des Militärs und der Polizei erläutert hast. Die Idee mit den Markierungsprojektilen gefiel mir auch sehr gut und es lässt vermuten, dass die Vaishara es nicht einfach haben werden, da heil heraus zu kommen. Die Richtscanner und der kleine Verweis an die Visoren im RPG fand ich auch gut. Ich bin gespannt, ob Anderson Nue in die Finger kriegt und fand es auch ganz amüsant, dass er auf Revolver steht, in Zeiten von Laserwaffen. Echidnas Auftritt am Ende fand ich recht gut beschrieben und ich bin gespannt, was sie noch so drauf hat. Freu mich auf den nächsten Teil!
 
Eine anderthalbjährige Ausbildung finde auch ich etwas lang, bedenkt man doch das beispielsweise das Marine-Corps eine Grundausbildung von dreizehn Wochen hat. Bei dem EKO-Cobra, der österreichischen Eliteeinheit, dauert sie ein halbes Jahr (kann noch um Spezialausbildungen wie beispielsweise am Präzisionsgewehr erweitert werden). Und die sind schon ganz harte Brocken. Der Teil war nicht schlecht und es ist erfrischend, das Geschehen aus der Perspektive von Anderson zu sehen. Was mir aber fehlt, ist eine gewisse Liebe zum Detail. Ich weiß, das ist eine Kurzgeschichte, dennoch finde ich manche Rückblenden lieblos dahergeklatscht. Als versuchst Du in so wenig Zeilen wie möglich eine ganze persönliche Vergangenheit niederzuschreiben. Beispielsweise hätte es mir gefallen, wenn Anderson's Beweggrund, Rache an Nue, etwas später gekommen wäre, dafür jedoch innerhalb eines richtigen Flashbacks. Wie es sich anfühlte ihretwegen gelähmt worden zu sein, wie er um sein Leben kämpfte. Das liest sich mitunter wie eine Zusammenfassung aus Wikipedia. Ich weiß, harte Worte, aber das Problem ist schlicht, dass Du sehr viele Charaktere auftreten lässt und einen zu kurzen Handlungsbogen zu haben scheinst. Was sehr schade ist, denn manche Charaktere könnten mich als Leser in ihren Bann ziehen. Aber so will sich bei mir einfach keine Sympathie mit ihnen aufbauen. Als Richard und Joey starben, hab ich das mit einer Gleichgültigkeit aufgenommen, als hätten die beiden sich über das schlechte Wetter beklagt. Auch Anderson lässt mich da ziemlich kalt, weil Du den Chars nicht genug Zeit zur Entfaltung gibst. Nicht Deine Schuld, wie ich bereits sagte, sondern ein Problem mit dem Grundkonzept der Geschichte. Aber ich kann einfach nicht viel Sympathie zu jemanden haben, der sagt: "Die Olle hat mich zum Krüppel gemacht, also räche ich mich und murkse alle ab."
 
Die Story macht bei mir Lust auf wesentlich mehr und kurz machte sich Enttäuschung breit, als ich feststellte, dass ich bei Chris' Story doch schon alles gelesen habe. ^^ Aber dann nutze ich die freie Zeit wohl mal noch, um beim RPG meinen Wissensstand nachzuholen.

Die Autofahrt wirkte auf mich wiederum nicht zu lange, die wichtigsten Dinge wurden gesagt und den Rest über muss man nich unbedingt wissen, was in der Zeit gemacht wurde. Ich empfand es zumindest nicht als störend, nicht mehr zu wissen, als das, was geschrieben wurde.

Die Welt, in der das ganze geschieht, ist schon toll inszeniert und ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, sich abzustimmen, was die Vorstellungen von Chris angeht, da das Ganze doch sehr komplex ist. Mich überrascht, wie vielseitig die Fähigkeiten der bisher erwähnten Vaishara sind.

Ansonsten sind mir nur ein paar kleinere Tipper aufgefallen:
In Post 10 habe ich einen Tippfehler in Absatz 3 entdeckt: „Wachwunde“ statt „-hunde“.

Post 17, recht mittig:
"Grob geschätzt hat so ein Bus etwa vierzig Sitzplätze. Wenn die jedoch auch einige Soldaten gezwungen haben zu stehen, dann sind es vielleicht sogar mehr als vierzig Soldaten, mit denen wir rechnen müssen.

Das klingt etwas holprig oder zumindest ging es mir so, dass ich 3x neu anfangen musste.
Einfacher klingt es vielleicht in etwa so:
„Grob geschätzt hat so ein Bus etwa vierzig Sitzplätze. Stehplätze nicht eingerechnet.“
Nur als Vorschlag, falls dir der Gedanke ebenfalls durch den Kopf ging.

Post 21, letzter Absatz:
an der Ecke Stevenson-Silver gleich einem Schlachtfeld → glich
 
@Chris:

Hab ichs wohl arg mit der Ausbildung übertrieben. Werd es etwas reduzieren. Naja, "Kurzgeschichte" ist bei 12 Kapiteln mit doch einigen Seiten vielleicht nicht mehr ganz der richtige Begriff. Umso trauriger ist es, wenn mir da eben wenig Liebe zum Detail nachgesagt wird und das auch noch zu Recht. "So wenig Zeilen wie möglich" kommt wohl so rüber, Tatsache ist aber, dass ich nie absichtlich an Text sparen würde. Vielleicht hab ich etwas Angst, mal eine direkte Rückblende zu schreiben, warum weiß ich auch nicht. Ja, vielleicht hab ich zu früh zu viel geschildert. Und das nicht nur bei Anderson. Kurz ist der von mir geplante Handlungsbogen eigentlich nicht, da kommt wirklich noch einiges in den nächsten 10 Kapiteln. Umso mehr sollte ich mir Mühe geben, die Charaktere vernünftig zu schildern, damit sie auch Interesse wecken und ihnen die Zeit geben, sich vernünftig zu entwickeln. Das ist allein meine Schuld, da ich wie ich eben glaube eigentlich noch genug Zeit habe. Da sollte ich eben nicht gewisse Charakterhintergründe einfach runter rasseln. Ich werde mir Mühe geben, dass ich es in Zukunft besser mache. Kann ja sein, dass es doch am Konzept der Geschichte liegt, aber mir hat schon mal ein Freund eine gewisse Lieblosigkeit bei meinen Charakteren unterstellt. Einsicht ist ja eigentlich der Weg zur Besserung. Danke für die Zurechtweisung, die hab ich glaub ich mal gebraucht. Viele neue Charaktere kommen eigentlich nicht mehr dazu und so kann ich mich bald auf die konzentrieren, die ich habe.

@Quinn:

Ich werde die Ausbildungsdauer etwas reduzieren. Nun, ich wollte schon, dass AEGIS eine ernstzunehmende Bedrohung für die Vaishara wird und da macht sich etwas Technologie gemeinsam mit dem Ambrosia ganz gut. So hoffe ich, dass wenigstens die Konflikte ansehnlich sind, wenn ich schon bei der Charakterbeschreibung meine Schwächen habe. Ich werd mir Mühe geben, alles ein wenig besser zu machen und verspreche, dass es noch spannend wird.

@Rinoa:

Ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben, die Handlung und auch die Charaktere interessant zu gestalten, damit die Lust am Lesen nicht vergeht und man auch Interesse an den Charakteren bekommt. Vielen Dank fürs Lesen und besonders fürs Aufzählen der Schreibfehler. Der Satz mit den Stehplätzen im Buch war von mir aber beabsichtigt, ging immerhin um die Vermutung, ob Soldaten wirklich bei stundenlanger Fahrt stehen mussten. Trotz Korrekturprogramm und Fehlerlesen schleichen sich doch manchmal Fehler durch. Werd die auf jeden Fall korrigieren ^^


Nun denn, weiter geht's!

------------------------------------------------------



03 | Fleischgewordene Albträume
25. Januar, 1997: Varath
Auf der Milchglasscheibe der Tür stand in großen, schwarzen Lettern: 'Mary Malone – Privatdetektivin'. Es war eine recht heruntergekommene Tür am Ende eines recht heruntergekommenen Korridors, in einem Gebäude das so alt war, dass man denken könnte, es habe noch echtes Sonnenlicht gesehen, ehe der Nebel das erste Mal erschien und die schützenden Wälle über den Städten errichtet werden mussten. Die künstliche Sonne, die man heutzutage an der Innenseite der schützenden Kuppeln sehen konnte, war längst untergegangen und ein Großteil des Gebäudes lag bereits im Dunkeln, ehe jemand das Licht im Treppenhaus anschaltete und man schwere, stampfende Schritte auf den Stufen hörte. Die Mieterin des kleinen Büros hielt vor der schäbigen Holztür inne, schloss die Tür auf und betrat das Wartezimmer. Sie warf die Tür hinter sich mit einer Wucht zu, dass das Milchglas regelrecht erzitterte, dann warf sie ihren Hut auf die Spitze des Kleiderständers. Das Wartezimmer war klein, hatte ein halbes Dutzend harter, unbequemer Holzstühle und einen kleinen Tisch mit Zeitschriften in der Ecke. Eine weitere Tür mit ihrem Namen drauf führte die Mieterin in ihr eigentlich Büro, wo sie ihren hellbraunen Mantel auszog und einfach auf einen der zahlreichen Aktenschränke warf. Mary Malone umrundete ihren riesigen, antiken Schreibtisch und ließ sich mit einem Seufzen in ihren Drehsessel fallen, drehte sich vom Schreibtisch weg und starrte durch die Fenster ihres Büros in die Nacht hinaus. Es war eine klare, kalte Winternacht, jedoch ohne Schnee oder allzu starke Winde - was natürlich an dem Schutzwall Galiläa lag, der einen wunderschönen Sternenhimmel simulierte und das Wetter in einem gewissen Maße beeinflusste. Die Nächte waren lang, die Pelzgeschäfte machten den größten Umsatz des Jahres und bald begann die neue Aircycle-Saison. Mary legte ihre Füße auf der Heizung ab, lehnte sich zurück und rieb sich die Schläfen mit Zeige- und Mittelfinger. Was für ein grässlicher Arbeitstag. So ein eifersüchtiger Ehemann wollte, dass seine Frau beobachtet wird und genau deshalb war die Detektivin bis um zweiundzwanzig Uhr unterwegs gewesen. Es hatte sich natürlich heraus gestellt, dass die Frau tatsächlich nur mit ihren Kolleginnen nach der Arbeit auf einen Cosmopolitan in die nächste Bar gegangen war.

Nun saß Mary ausgehungert in ihrem Büro, sehnte sich vielleicht nicht einmal nach dem herb-süßen Geschmack des beliebten Cocktails, aber nach einer anständigen Mahlzeit oder gar einem Glas Rotwein - nicht den synthetischen Mist - oder einem vernünftigen Whisky als Schlaftrunk. Mit einem Seufzen strich sie sich eine Strähne ihres langen, blonden Haars aus dem blassen Gesicht und wandte sich mit ihrem Drehsessel wieder ihrem Schreibtisch zu, um den Reinfall des heutigen Tages in den Akten festzuhalten. Wie so oft spät abends fragte sie sich, was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie bei der Polizei geblieben wäre, wenn sie Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft geblieben wäre und wenn sie manchmal nicht so eine große Klappe gehabt hätte. Als sie sich entschlossen hatte, eine Detektei zu eröffnen, war sie voller Optimismus gewesen, hatte sich schon mit Dash Chandler oder Ross Mosley, den klassischen Detektiven der alten Filme und Bücher verglichen. Aber da war nichts Spannendes an ihrem Beruf, keine spektakulären Verfolgungsjagden, aufregende Schusswechsel oder geheimnisvolle Aufträge die viel Geld versprachen. Nach viel zu vielen Eifersuchtsfällen oder Scheidungsaufträgen war Mary nicht mehr nach Abenteuern zumute, sondern danach, einfach nur ihre Rechnungen bezahlen zu können und etwas Vernünftiges im Magen zu haben. Gerade als Mary ihren Bericht abgeschlossen hatte und sich erhob, um nachhause zu gehen, betraten zwei Personen ihr Büro und ließen sie beim Anziehen ihres Mantels innehalten. "Haben sie schon auf die Uhr geguckt?", fragte sie die junge Brünette, die sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch niederließ, "Kommen sie morgen wieder, für heute habe ich die Nase voll. Ich habe Feierabend!" Der ältere Mann, der sich neben die Brünette setzte, lächelte freundlich und nach einem genauen Blick auf das Büro und auf die Detektivin legte er einen Umschlag auf den Schreibtisch und schnippte ihn ans andere Ende. "Zu solch später Stunde kommt es auf ein paar Minuten auch nicht mehr drauf an. Es wird sich für Sie lohnen und meine Tochter und ich brauchen Ihre Hilfe! Wir haben stundenlang draußen im Auto auf ihre Rückkehr gewartet, Miss Malone." Marys grünblaue Augen huschten von Vater zu Tochter, dann auf den Umschlag. Ganz langsam setzte sie sich wieder in ihren Drehsessel, griff nach dem Umschlag und warf einen Blick hinein. Zweitausend Theni in makellos glatten, sauberen Scheinchen.

"Da stellt sich mir doch gleich die Frage, was ein Vater mit seiner Tochter zu solch unverschämter Stunde ausgerechnet von mir möchte, besonders wenn es um so viel Geld geht", murmelte Mary ausreichend laut und zwang sich, den Umschlag wieder zu schließen und auf den Tisch zurück zu legen. Ja, sie war müde, ja sie hatte Hunger und ja, sie brauchte dringend etwas Geld - das hieß jedoch nicht, plötzlich unprofessionell zu werden. "Wie kann ich helfen?" Der Mann war mindestens sechzig, hatte zwar graue Haare, aber wenig Falten und seine Statur zeugte von Gesundheit, sein Anzug von einem gewissen Wohlstand. Seine Tochter hatte dieselben grauen Augen wie ihr Vater, trug ein schönes, blaues Kleid unter ihrem Pelzmantel und hatte dafür umso mehr Falten - Sorgenfalten - im Bereich um Augen und Mund. Vater und Tochter sahen sich einen Moment lang an, ehe der Mann das Wort ergriff. "Mein Name ist Charles Cooper und das ist meine Tochter Penny-" "Penelope", korrigierte seine Tochter ihn sofort. "Penelope Regan." Mary lehnte sich entspannt zurück, sämtliche Müdigkeit war von ihr abgefallen und ihr Magen hatte genug Anstand, nicht allzu laut zu knurren. "Wir sind hier wegen meinem Schwiegersohn, Frank Regan", setzte der Vater fort und Marys Laune begann sich zu verfinstern: Langweilige Eifersuchtsfälle blieben langweilig, egal wie gut die Bezahlung war. "Er ist vor zwei Tagen aufgebrochen, meinte, es ginge um eine Menge Geld und er würde sich jeden Abend bei meiner Tochter melden. Gestern meldete er sich, jedoch nur kurz. Heute allerdings gar nicht. Meine Tochter und ich gehen davon aus, dass er Schwierigkeiten hat." Nun lehnte sich Mary interessiert nach vorne und fasste ihre beiden potentiellen Klienten wieder genauer ins Auge. "Ist Ihr Mann oft fort, wenn es um eine Menge Geld geht? Hat er öfter Schwierigkeiten? Womit verdient er eigentlich sein Geld?" Mary sprach leise und freundlich, lächelte wohlwollend und sah Mrs. Regan geduldig an. Diese schien nicht sofort antworten zu wollen, doch die Miene ihres Vaters verriet Mary genug, die Worte kurz darauf sogar noch mehr: "Frank hat seine Arbeit in einem Restaurant verloren, weil er Geld aus der Kasse genommen hat. Kochen kann er ja, der Junge, aber besonders helle ist er trotzdem nicht. Meine Tochter verdient etwas besseres, aber sie liebt ihn nun einmal. Auch wenn er sich für Geld für nichts zu schade ist!"

Mary hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. "Also war Frank auch mal in illegale Angelegenheiten verwickelt? Irgendwelche nennenswerten Freunde oder Feinde? Was sagte er am Telefon, als er sich gestern meldete?" Nun war es die Brünette, die antwortete, wobei ihre Stimme zitterte und die pure Sorge um ihren Mann ihr die Tränen in die Augen trieb: "Frank würde niemals etwas Schlimmes tun! Feinde hat er bestimmt nicht! Von seinen Freunden kenne ich kaum welche. Nur Pete Zarnecki und Walt Richmond, mit denen hat er sich oft getroffen." Mary hatte sich längst einen Notizblock aus der Schreibtischschublade gefischt und war eifrig am Notieren. Mit einem Nicken bedeutete sie ihrer Gegenüber, weiter zu erzählen. "Ich glaube, die haben sich oft im Worker's Pub an der Ecke Falkenstraße getroffen", erklärte Mrs. Regan und begann zu schniefen. "Gestern am Telefon sagte er mir nur, dass es ihm gut geht und das er eine Menge leicht verdientes Geld mit nachhause bringt, er müsse eigentlich nur beobachten und fragen." Mary tippte sich mit dem Zeigefinger nachdenklich gegen die Unterlippe. "Also haben Sie keinen Hinweis, wo er sein könnte?" Sowohl die Brünette als auch ihr Vater schüttelten mit dem Kopf. "In diesem Fall hätte ich ganz gerne ihre Telefonnummern", bat Mary und steckte den Zettel ihres Notizblocks in ihre Hosentasche, "Ich werde mich umhören und versuchen, den Aufenthaltsort Ihres Mannes heraus zu finden. Haben Sie vielleicht ein Foto von ihm dabei?" Sie schob den Notizblock über den Tisch und während Mister Cooper eine Telefonnummer auf den Zettel kritzelte, holte Mrs. Regan ein Foto aus ihrer Handtasche und reichte es Mary, die es einen Moment betrachtete. Frank Regan war ein ansehnlicher, kräftiger Mann mit blonden Haaren und fast schon leuchtenden, violetten Augen. "Darf ich das Foto behalten?", fragte Mary und nahm ihren Notizblock entgegen, sobald Mrs. Regan ihre Nummer aufgeschrieben hatte. Mrs. Regan nickte und Mary erhob sich von ihrem Drehsessel und schüttelte ihren beiden Klienten die Hände, als diese es ihr gleich taten. "Zweitausend Theni werden für den Anfang reichen, allerdings verlange ich zweihundert pro Tag zuzüglich Spesen. Ich werde noch heute die Kneipe in der Falkenstraße aufsuchen und mich danach melden, ehe ich mir meinen wohlverdienten Schlaf gönne und morgen weiter arbeite. Einverstanden?"

Ihre Klienten nickten, beide versicherten ihr überschwänglich, dass sie sich doch jederzeit melden könne, ehe sie von der Detektivin zur Tür gebracht wurden. "Eine Frage hätte ich noch", murmelte Mary zwischen Tür und Angel, während Mister Cooper vergebens den defekten Aufzug zu rufen versuchte, "Warum haben Sie sich an mich gewandt?" Und zum ersten Mal zuckten die Mundwinkel von Mrs. Regan ein wenig nach oben. "Wenn man etwas erledigt haben will, macht man es entweder selber. Oder man schickt eine andere Frau." Die beiden gingen die Treppe hinab und kaum waren sie außer Sichtweite, schloss Mary die Tür, schlenderte in ihr Büro und ließ sich erneut in ihren Drehsessel fallen. Der Fall könnte wohlmöglich interessant werden. Es gefiel ihr nicht, dass die Frau des verschwundenen Mannes mit ihrem Vater in ihr Büro gekommen war. Möglicherweise gab es Dinge, die beide ihr verschwiegen hatten. Und wenn Mister Cooper wirklich so wenig von seinem Schwiegersohn hielt, wie es den Anschein hatte, könnte man nicht ausschließen, dass er ihn aus dem Weg räumen wollte, um seiner Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen und ihr weitere Sorge um einen Taugenichts von Ehegatten ersparen wollte. Natürlich konnte man bei so einem Fall eine Menge vermuten oder interpretieren. Es galt, Hinweise zu finden und Informationen zu sammeln. Dennoch beschloss Mary, dass es nicht schaden konnte, einmal unter vier Augen mit Mrs. Regan zu sprechen. Sie nahm den Zettel mit den Telefonnummern ihrer Klienten und das Foto des verschwundenen Frank Regan, zog ihren Mantel an und griff an ihre Schreibtischschublade, steckte eine kleine, handliche Pistole in ihre Manteltasche. Mary mochte keine Strahlenwaffen, ihre Loyalität galt den alten Projektilwaffen. Den Umschlag mit ihrem Vorschuss steckte sie ebenfalls ein, dann schaltete sie das Licht in ihrem Büro aus, schloss es ab und machte es genauso mit dem Wartezimmer, wobei ihr Blick einen Augenblick lang auf die Worte an der Milchglasscheibe der Tür fiel. Privatdetektivin, hm? Vielleicht würde der Fall ja endlich etwas Abwechslung bieten. Auf jeden Fall bot er eine ausreichende Summe Geld. Ihren Hut hatte Mary ganz bewusst im Büro gelassen und nun strich der kalte Wind durch ihre langen Haare, als sie das Gebäude verließ und auf den Gehweg trat. Recht zügig schlenderte sie zur nächsten U-Bahn-Station, kaufte sich am Kiosk in der Nähe einige Müsliriegel und als sie in der U-Bahn Richtung Falkenstraße saß, knabberte sie an den Riegeln und dachte über den Fall nach, verfluchte sich, nicht nach den Adressen ihrer Klienten gefragt zu haben. Müdigkeit und Hunger sind bei einem Auftrag eben doch kontraproduktiv, dachte sich Mary und beschloss, später nach den Adressen der beiden zu fragen, sollte sie doch noch weitere Gespräche mit den beiden benötigen. Immerhin hatte sie noch die Telefonnummern ihrer Klienten.

Die Falkenstraße war fast schon eine Legende. Sie bildete das krumme, verkommene Rückgrat der Stadt und bestand aus sechs langen, zerklüfteten Häuserreihen im Süden Varaths, die nur vom Denkmalsschutz vorm Abriss bewahrt wurden. Die Falkenstraße, nördlich des Lew-Archer-Parks und westlich einer strahlenden Wohnsiedlung frisch hoch gezogener Hochbauten bot am Tag mit ihren uralten Mietshäusern und schäbigen Hotels einen kaputten, desolaten Anblick. Aber bei Nacht war das Falkennest, wie die Straße bei ihren Bewohnern und Besuchern genannt wurde, ein Zentrum für Musik und Alkohol, so stark, dass er dem Glas, in dem er serviert wurde, hätte Haare wachsen lassen können. Wenn ein Mann verkündete, er wollte ins Falkennest, meinte er, er wolle sich dort von der Musik, dem Fusel und den Frauen den Kopf benebeln lassen.
Die Frauen, manche Ende Vierzig, ja sogar teilweise weit über Fünfzig, waren alle schön, egal ob jung oder alt. Sie kamen in Satin, Seide, Pelz oder gar Leder und Lack prächtig und keck in die Hinterzimmerclubs und forderten jeden Mann heraus, ihnen das spöttische Grinsen vom Mund zu wischen. Sie kamen herein, tanzten und zuckten und grölten zu der Musik und hielten dabei Schluck um Schluck mit den Männern mit.
Mary konnte sich gut an die verwegenen, alten Zeiten des Falkennests erinnern. Aber inzwischen war der Lack ab und das rostige Blech darunter war zu sehen. Die Bürgersteige und Straßen hatten Risse und in den Ritzen spross das Unkraut. Manche Clubs waren noch da, aber jetzt viel ruhiger. Gitarren, Pianos, Trompeten, Saxophone und Violinen waren selten geworden, abgelöst von harten Synthesizerklängen, die die Jugend so sehr liebte. Nur in wenigen Clubs konnte man noch die Nostalgie und den Charme von kultivierteren Klängen genießen. Mary kannte einige der wenigen echten Musiker, die noch immer durch die Hotels und Nebenstraßenspelunken zogen, von denen es in der Falkenstraße immer noch wimmelte. Früher kamen sie in verchromten Edelkarossen, die heute den wilden jungen Künstlern vorbehalten waren. Die meisten Musiker im Falkennest kamen heute per Taxi, Anhalter oder zu Fuß. Die Frauen waren noch da, aber ihre Kleider passten ihnen nicht mehr richtig und ihre Augen waren nun eher hungrig als wild. Für viele waren die Zeiten hart geworden und in einer Welt, in der Städte unter Schutzkuppeln lagen war Freiheit und Reichtum für die meisten nur noch ein ferner Traum. Die Innere Sicherheit machte einen Bogen um das Falkennest und hier war ein Rückzugsort für die armen, alte Schlucker, Malocher und jene, die sich mit all dem neuen Schnickschnack nicht anfreunden wollten. Synthesizerklänge eroberten das Radio und die großen Tanzclubs. Die Falkenstraße war vergessen. Nur für die verlorenen Seelen, die noch etwas vom Geglitzer alter Tage erhaschen wollten war es eine Zuflucht. Ihr Sanktuarium.

Das Worker's Pub lag an der südlichen Ecke gegenüber des Parks und für Mary schien es, als passe das Falkennest nicht mehr wirklich in die Stadt und in die moderne Zeit. Überschattet von den leuchtenden Hochhäusern im Stadtzentrum schien es fast, als würde das Nest im Vergleich zum Rest der Stadt verblassen und fast schien es, als hätte der Lew-Archer-Park sich dazu entschlossen, das Viertel langsam zu verschlingen. Das Worker's Pub hatte im Lauf der Jahre andere Namen und andere Besitzer gehabt. Zwar war es eine legale Bar, aber die Kellnerinnen waren allesamt spärlich begleitet und wahrscheinlich hielt nur Bestechungsgeld die Innere Sicherheit fern. Soweit Mary wusste gehörte der Laden seit nunmehr zwanzig Jahren Charlene Black. Im Laufe der Jahre war das Pub das Heavy Tone genannt worden, das Maracas, Tune Inn oder die Sonder Bar. Der Name mochte sich ändern, aber es war immer derselbe Club. Die Kellnerin hatten auch verschiedene Namen und verschiedene Gesichter, aber sie machten dieselbe Arbeit.
Dieses Jahr trugen sie einen sehr kurzen schwarzen Rock, schwarze bauchfreie Tops und Netzstrümpfe. Der Raum war lang und schmal mit einer sehr hohen Decke und einer Bühne am Ende. An der linken Seite verlief ein Tresen aus Marmor, an dem Dorian bediente. Er und Charlene hatten als Liebespaar angefangen. Sie war recht üppig, er trug teure Kleidung. Sie beide liebten Musik und hatten die besten Gitarristen, Bläser und Pianisten in ihrem Laden spielen sehen. In ihrem Leben gab es aber viel Whisky und noch mehr attraktive Männer und Frauen. Beide hatten sich vor einigen Jahren getrennt, blieben jedoch Freunde und Partner. Charlene hatte eine Eigentumswohnung im Stadtzentrum, Dorian - ein großer Mann mit riesigen Händen - war dazu übergegangen, in der Bar zu schlafen. Sein Blick war stets anzüglich und die Muskeln spannten sich unter seinem Hemd. Als Mary die Bar betrat, musterte er sie und leckte sich über die Unterlippe. Ganz lässig setzte sich Mary an den Tresen. "Hey, Dee", begrüßte sie Dorian und lächelte. "Mary Malone", erwiderte der Barkeeper und hob eine Augenbraue. "Was führt dich denn hierher?"

"Whisky", antwortete die Detektivin und hoffte, dass die Müsliriegel sie wenigstens etwas davor bewahren würden, zu schnell angetrunken zu sein. Aber sie wollte ja auch nur ein paar Fragen stellen und dann endlich nach Hause und ins Bett. Während Dorian sich abwandte um der Bestellung nachzugehen sah sich Mary ein wenig um und versuchte, dabei nicht allzu neugierig zu wirken. Zwar wussten viele um ihre Berufung, doch war allgemein bekannt, dass Mary meistens treulosen Ehemännern auf der Spur war und selten besonders ergiebige Aufträge hatte. Was Dorian oder Charlene betraf war Mary genau so eine arme Seele wie all die anderen Besucher. Der Raum war dunkel, nur beleuchtet von wenigen Lichtern. Ein antikes Grammophon spielte ein lebhaftes, heiteres Lied mit Saxophones und Trompeten und schien dabei kaum zu den Schwarzlichtlampen über dem Tresen zu passen. Dem Tresen gegenüber standen mehrere kleine Tische, von den Toiletten nahe dem Eingang bis direkt vor der Bühne. Hier und dort saßen Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und Aussehens und dünne Rauchfäden stiegen aus bunten Aschenbechern der Decke entgegen. Eine Kellnerin ging verdrossen von Tisch zu Tisch. "Wollen Sie noch etwas trinken?" lautete die Frage, die sie am häufigsten stellte. Die Antwort lautete fast immer: "Nein, vorerst nicht." Das hier waren noch die frühen Gäste, die geizig waren, wenig tranken und noch weniger Trinkgeld gaben. Sie waren die Platzwärmer, die Vorgruppe für die Stammgäste, die später kamen.
Charlene saß direkt vor der Bühne und trank einen milchig grünen Drink. Sie hatte immer behauptet, ihre Kellnerinnen müssten nie etwas tun, was sie nicht wollten doch Mary hatte schon von Frauen gehört, die hinaus geworfen worden waren, weil ein Gast sich beschwert hatte, sie seien "unfreundlich" gewesen. Mary nahm Dorian den Whisky ab und ging zur Bühne. Charlene machte ihrem Nachnamen alle Ehre. Aus der Nähe sah ihr Gesicht wie eine schwarze Porzellanmaske aus. "Mary Malone", flüsterte Charlene und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Wieder unterwegs, um einen armen Kerl direkt von einem schönen Abend zu seiner wütenden Gattin zu zerren?" Mary verzog das Gesicht und zuckte mit den Schultern. "Setz dich, Liebling!" Charlene zog einen leeren Stuhl von einem Tisch, an dem ein alter Mann den Kopf in die Hände stützte und seinen Kummer in Schnaps ertrank.

"Nicht viel los, was?", fragte Mary nach dem Offensichtlichen, redete wie üblich um den heißen Brei herum und den wahren Grund ihrer Anwesenheit möglichst lange zu verschleiern. Charlene fuchtelte mit einer pummeligen Hand herum. "Es ist noch früh, Mary. Sollen sich die Gäste in Ruhe entspannen und vom Arbeitstag erholen, bevor ihnen richtig eingeheizt wird." Mary lächelte und leerte ihr Whiskyglas. Sofort merkte sie, wie ihr das Feuerwasser den Schädel zu sprengen drohte. Obwohl sie eigentlich einiges vertrug war sie einfach zu müde und hatte nichts Ordentliches im Magen. Eben deshalb beschloss sie, ihre Fragen zu stellen damit sie wieder gehen konnte. "Sag mal, Leenchen", begann sie und beugte sich über den Tisch, um vertraulicher mit der Besitzerin reden zu können, "Ich suche einen Mann namens Frank Regan." Sie zog das Foto aus der Manteltasche und zeigte es Charlene. "Kennst du ihn? Oder vielleicht zwei seiner Freunde, Pete Zarnecki und Walt Richmond?"
Charlene betrachtete das Foto einen Moment und nickte. "Den kenne ich. Seine Freunde auch. Aber vielleicht ist es besser, wenn du jetzt gehst." Ihre dunklen Augen hatten jede Wärme verloren und ihr Blick war durchdringend geworden, ihr Tonfall barsch. Mary bestellte noch einen Whisky. "Ich bin doch gerade erst gekommen." Nun beugte sich auch Charlene nach vorne und fixierte Mary. "Findest du es eigentlich in Ordnung, was du machst?" Die Frage war entwaffnend, obwohl Mary fast damit gerechnet hatte. "So viele meiner Kunden sind hart arbeitende Männer. Sie schuften den ganzen Tag und daheim warten Frau und Kind. Sie kommen hierher, um zu entspannen und nur weil sie ein wenig rummachen fischst du sie hier heraus und servierst sie ihren Frauen zum Fraß." Sie deutete auf den Mann am Nachbartisch, der noch immer das Gesicht in den Händen vergraben hatte. "Schau dir doch mal Raymond an, Mary", sagte sie im Flüsterton. "Seine Frau glaubt nicht an sowas wie Verhütung, vertraut keinen Ärzten. Daheim warten seine ausgebrannte Frau und seine neun Kinder auf ihn. Er liebt sie über alles, aber sie machen ihn kaputt. Seine einzige Chance, dem für eine Weile zu entkommen ist das Falkennest. Wenn er ein wenig rumfickt und danach wieder heim zu seiner Familie fährt, dann lass ihn doch!" Charlene sprach leise, doch ihre Augen blitzten wie Flammen. "So viele Männer lieben ihre Familie und machen alles für sie! Opfern sich auf und gehen an ihrer Bürde zugrunde. Lass die Männer in Ruhe! Die meisten gehen brav wieder nach Hause und die, die es nicht tun sind immer noch zahlende Kunde von mir, die du nicht vertreiben sollst."

Mary seufzte und hielt dem Blick Charlenes stand. "Ich muss auch nur meine Miete zahlen, genau wie wir alle hier. Heute vertreibe ich keinen Kunden. Und heute geht es auch meines Wissens nach nicht um einen Ehebrecher. Frank Regan ist verschwunden und schwebt vielleicht in Gefahr. Weißt du etwas? Oder kannst du mir sagen, wo ich seine beiden Freunde finde?" Charlene lehnte sich zurück und Mary steckte das Foto wieder ein und nahm der Kellnerin den Whisky ab und führte das Glas zum Mund. "Frank war vorgestern da, schon ziemlich früh. Der Laden war ziemlich voll, weil String Johnson und Etta Scott gespielt haben. Das war untypisch für einen Donnerstag, aber beide sind für das Wochenende schon anderweitig eingebunden gewesen. Wenn so viel los ist, bekommt man nicht alles mit aber ich habe Frank gesehen. Vielleicht war er bis zehn Uhr abends hier, da musst du Dorian fragen. Mehr kann ich dir dazu nicht sagen, es war einfach zu voll, um jeden im Auge zu behalten." Mary nickte langsam und nippte am Whisky, lehnte sich lässig zurück und lauschte den sanften Saxophontönen. "Und was ist mit Pete Zarnecki und Walt Richmond?" Charlene zuckte mit den Schultern. "Die beiden waren Donnerstag auch da. Pete habe ich seitdem nicht wieder gesehen. Walt war vorhin noch am Tresen zu finden. Ich glaube, er ist pinkeln." Mary leerte ihr Glas und lächelte Charlene an. "Ich danke dir. Mit etwas Glück siehst du mich so schnell nicht im Dienst wieder, sondern einfach nur weil ich guten Whisky trinken will." Als sich Mary erhob, stellte sie fest, dass der Raum leicht schwankte, als wäre sie auf einem Schiff. Charlene blieb sitzen und brummte mürrisch, lächelte dann jedoch. "Wenn du trinken, Musik genießen oder über alte Tage reden willst, bist du immer willkommen, Mary. Aber denk mal an meine Worte. Andere ans Messer zu liefern ist keine schöne Arbeit. Besonders, wenn es bloß arme Kerle sind, die ihren trüben Alltag mal für ein paar Stunden vergessen wollen. Wer ist schon ohne Schuld?" Charlene Black schnaubte und leerte ihr Glas, knallte es auf den Tisch. "Ich finde, Makel machen einen erst menschlich. Und es gibt harmlose Sünden und solche, die viel eher eine Bestrafung verdienen und oftmals keine bekommen. Das Leben ist einfach nicht gerecht." Mary hatte sich bereits dem Tresen zugewandt. "Wem sagst du das", antwortete sie noch, ohne zurück zu blicken.

"Noch einen Whisky", rief Mary dem Barkeeper zu und verfluchte sich gleichzeitig dafür, denn eigentlich hatte sie längst genug. Als Dorian ihrer Bestellung nachkam und ein Glas vor ihr auf den Tresen stellte, beugte sich die Detektivin ein wenig nach vorne. "Ist Walt Richmond hier irgendwo am Tresen zu finden?" Dorian schüttelte mit dem Kopf und nickte in Richtung der Toiletten. Mary schalt sich, denn eigentlich hatte Charlene ihr bereits gesagt, dass Walt wohl dort zu finden sei. Widerwillig leerte sie ihr Glas in einem Zug und unterdrückte das Verlangen, das Gesicht zu verziehen. Der Whisky brannte unangenehm in der Kehle und drohte, ihr den Magen umzudrehen. Mary reichte Dorian ein paar Scheine und sagte ihm, er könne den Rest behalten. Dann schwankte sie in Richtung Herrentoilette, genierte sich nicht großartig und trat durch die bekritzelte Holztür. Die Gerüche, die ihr hier entgegen kamen linderten das Rumoren ihres Magens nicht im Geringsten. Am Urinal stand ein junger Bursche, der sie entsetzt ansah. "Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte, Junge", murrte Mary und schmunzelte, als sich der Knabe rasch den Reißverschluss hochzog und an ihr vorbei wollte. "Walt Richmond?", fragte Mary und versperrte ihm den Weg. Der Junge schüttelte mit dem Kopf, das Gesicht hochrot. Mary ließ ihn passieren und wandte sich den Kabinen zu, schlug barsch gegen eine Tür nach der anderen. "Ich muss mit Walt Richmond sprechen. Es ist wichtig." Eine raunende Stimme in einer der Kabinen antwortete: "Was ich hier drinnen mache ist auch wichtig. Verzieh dich!" Mühevoll hielt sie sich zurück. Sie war müde, angetrunken und ihr Geduldsfaden war gefährlich gespannt. Mary atmete tief durch und fast wäre ihr bei dem Gestank die Galle hoch gekommen. Wartend lehnte sie an der Wand bei den Waschbecken und kaum öffnete sich die Kabine, hatte Mary den fülligen, schwitzenden Walt Richmond am Kragen gepackt, zerrte ihn aus der Kabine und drückte ihn gegen die Wand. "Walt Richmond, nehme ich an? Ich hätte da ein paar Fragen bezüglich Frank Regan. Was wissen Sie über seine derzeitigen Aktivitäten und seinen Aufenthaltsort?"

Walt Richmonds kleine Schweinsaugen verengten sich misstrauisch. "Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden, Lady. Frank habe ich schon eine Weile nicht mehr gesehen. Was überfallen Sie mich hier mitten aufm Scheißhaus? Lassen Sie mich los, sonst knallt es!" Nun hatte Mary die Nase endgültig voll. Zwar wusste sie, dass sie sich nicht besonders professionell benahm, doch wollte sie endlich Antworten und nachhause ins Bett. "Gleich knallt es wirklich, Mann! Ich weiß, dass Sie ein Freund von Frank sind und der war vorgestern hier, ehe er aufbrach um Geld zu verdienen. Wissen Sie Einzelheiten oder muss ich erst die Innere Sicherheit anrufen und fragen, ob Sie bei denen auf der Fahndungsliste stehen?" Sie wagte sich auf dünnes Eis und das wusste sie. Doch die viele Besucher des Falkennests waren schon oft mit dem Gesetz aneinander geraten und mit etwas Glück traf Mary genau ins Schwarze, wenn sie ein wenig drohte. Tatsächlich wich der Trotz in den Augen des feisten Mannes nun einer gewissen Angst und Mary beschloss, nicht locker zu lassen: "Ich möchte nur ein paar Antworten dann bin ich weg und wir sehen uns nie wieder. Vorausgesetzt, ich bekomme die richtigen Antworten." Richmond atmete tief durch, dann seufzte er und ließ die Schultern hängen. "Frank hat am Donnerstag mit einem Mädchen gelabert und die wollte wohl etwas von ihm. Also, dass er etwas für sie erledigt. Er hat es uns später erzählt und hat sich sofort auf dem Weg gemacht. Da war wohl eine Menge Geld im Spiel und Frank konnte es gar nicht erwarten, ein paar Schulden zu bezahlen und seiner Frau etwas Schönes zu kaufen." Mary ließ den Kragen ihres Gegenübers los und ging ein paar Schritte zurück. "Wie sah das Mädchen aus? Hat er etwas über seinen Auftrag erzählt?" Richmond wandte sich ab und wusch sich am Waschbecken die Hände. "Das Mädchen war dunkel, fast so wie Charlene. Allerdings war sie schlank, hatte lange schwarze Haare und trug ein blaues Kleid mit einem gelben Blütenmuster. Sie war ein echter Hingucker! Frank sollte für sie nach Aril reisen und sich dort bloß ein wenig umhören. Allerdings sollte er etwas über die Druiden, über AEGIS und über irgendwelche Höhlen heraus finden. Für so viele Theni hat Frank sich aber gerne auf den Weg gemacht. Er bekam die Hälfte im Voraus." Mary hatte Richmond die ganze Zeit beobachtet, falls er etwas Dummes versuchen sollte. Man konnte ja nie wissen. "War das alles?", fragte Mary und fixierte Richmonds Spiegelbild, während dieser sich noch die Hände abtrocknete. Der Mann nickte und drehte sich wieder zu ihr um. "Ich glaube, Frank sollte seine Auftraggeberin regelmäßig anrufen, allerdings war auch ein Treffpunkt in Aril vereinbart, wo Frank den Rest der Bezahlung bekommen sollte."

Nun war Mary wirklich bedient. "Wissen Sie vielleicht wo der Treffpunkt ist?" Doch Richmond schüttelte nur den Kopf. "Ich hab Ihnen alles erzählt, was ich weiß. Kann ich nun gehen?" Mary reichte ihm einen zusammen gerollten Schein. "Kaufen Sie sich etwas Schönen zu Trinken, Richmond. Wenn ich erfahre, dass Sie mich angelogen haben, werde ich Sie finden." Sie wies mit der Hand gen Tür und Richmond ging voraus, steuerte sofort den Tresen an. Mary jedoch verließ die Kneipe und die kühle Nachtluft traf sie wie ein Faustschlag. Wer war Franks Auftraggeberin und warum wollte sie etwas über Druiden und AEGIS wissen? Die Druiden ließ man besser in Ruhe und wer sich mit AEGIS anlegte, der hatte schon verloren. Es war gut möglich, dass Frank Regan längst tot war. Aber sicher sein konnte sie nicht. Sie würde versuchen müssen, ihn in Aril zu finden. Schnaufend lehnte sich Mary gegen die Häuserwand. Möglicherweise war die Zeit ziemlich knapp und obwohl sie sich so sehr nach Schlaf und etwas zu essen sehnte, wusste sie auch, dass sie sich wohl besser sofort nach Aril aufmachte. Sie beschloss jedoch, nicht alleine nach Aril aufzubrechen. Mary griff nach ihrem Mobiltelefon und wählte eine Nummer. "Alexandra Simmons", meldete sich eine verschlafene Stimme am anderen Ende der Leitung. "Wer zum Henker ist da?" Sofort musste Mary lächeln. Alex und sie waren schon oft durch dick und dünn gegangen, wenn es wirklich brenzlich wurde. Gemeinsam hatten sie Alex' prügelnden Schwager hinter Gittern gebracht und mehr als einmal hatte sie Mary das Leben gerettet. Sie hatten beide gemeinsam bei der Polizei angefangen, ehe Alex durch den Psychotest gerasselt war. Und tatsächlich kannte Mary niemanden, der so verrückt wie Alex war. Sie war eine Psychopathin, ja. Aber sie war außerdem das, was einer besten Freundin am Nächsten kam. "Ich bin es. Mary. Ich brauche deine Hilfe, glaub' ich." Sofort klang Alex' Stimme am anderen Ende der Leitung freundlicher - und hellwach: "Mary, Schätzchen... Worum geht es und wann soll es losgehen?" Mary grinste, auch wenn der Whiskey, der Hunger und die Müdigkeit sie fast umfallen ließen. "Wir müssen einen Typen in Aril finden, der sich dort umhören sollte. Details erzähle ich dir später. Könnte heiter werden und da dachte ich an dich. Allerdings sollten wir uns so schnell wie möglich auf den Weg machen, Süße." Am anderen Ende der Leitung hörte man Gepolter, dann eine Tür, die kräftig ins Schloss fiel. "Bin unterwegs, wo bist du?" Mary sagte es ihr und rieb sich mit der freien Hand das rechte Auge. "Achja, Alex...", fügte Mary noch hinzu und setzte sich an den Straßenrand, "Bring ein paar unserer Spielzeuge mit, ja?" Als Besitzerin eines Waffenladens würde Alexandra schon verstehen, was sie meinte.
 
Was die Charakterbeschreibung betrifft, bin ich mal ruhig. Kann sein, dass du dich da verbessern kannst und genau überlegen solltest, wie und wann du etwas preis gibst. Aber Fakt ist auch, dass du hier wieder einen - vielleicht zwei - Charaktere eingeführt hast. Du hast einige interessante Charaktere in deiner Geschichte aber wie bei diversen Filmen muss ich mir auch hier die Frage stellen: "Bekommt jeder Charakter die Zeit, die er verdient?" So viele Ensemble-Filme scheitern, wenn es darum geht, alle Hauptcharaktere gleichermaßen in den Vordergrund zu rücken. Und da sind es meistens nur eine Handvoll Charaktere, die sich das Rampenlicht teilen. Hier würde ich etwa doppelt so viele als Hauptcharaktere einschätzen. Ganz egal, ob noch welche den Löffel abgeben, du hast ziemlich viele Charaktere. Ich bin daher gespannt, wie sich das alles entwickelt. Viele von den Charakteren machen neugierig. Daher meine Bedenken, weil es echt schade wäre, wenn besonders viel versprechende Charaktere nicht die Aufmerksamkeit und Tiefe kriegen, die sich der eine oder andere Leser wünscht. Fazit: Die Detektivin ist ganz interessant und ich bin gespannt, wie sie in die Handlung passt. Aber das trifft auch auf alle anderen Charaktere zu. Bin gespannt, wie es weiter geht und wie du deine Helden und Schurken rüber bringst.
 
@Quinn:

"Bekommt jeder Charakter die Zeit, die er verdient?" Eine sehr gute Frage. Momentan ist es wohl eher nicht so. Ja, ich habe wirklich viele Charaktere. Aber es ist eben auch so, dass die ziemlich reduziert werden im Verlauf der Handlung und wie ich bereits geschrieben habe, habe ich noch sehr viele Kapitel vor mir, in denen ich mich um die Charaktere kümmern und sie anständig beschreiben und weiter entwickeln kann - zumindest in dem Ausmaß, welches ich für die Geschichte vorgesehen habe. So viele Charaktere werde ich nicht mehr einführen und daher kann ich mich ab sofort der Handlung und den Charakteren widmen. Es dauert nicht mehr lange und die eigentliche Haupthandlung der Geschichte beginnt und ich denke, es wird spannend werden. Vorher gilt es jedoch für die Charaktere, dem Schlamassel in Sagon zu entkommen - Welches ich hoffentlich gut für ein paar Charakterbeschreibungen nutzen kann. Ich werde mir Mühe geben, versprochen. Ich möchte bei der Handlung in Sagon auch nicht in eine Routine aus Gewehrfeuer und Vaishara-Action verfallen und bin froh, wenn ich mit der Auseinandersetzung dort fertig bin.


Mit folgendem Part bin ich recht zufrieden, trotz der Action wollte ich auch noch einige Erklärungen unterbringen und hoffe, es gefällt euch. Viel Spaß beim Lesen!

------------------------------------------------------



26. Januar, 1997: Sagon
"Ich will dich ja nicht beleidigen, Phönix", knurrte Kathy und betrachtete missmutig die Mauer vor sich, "Aber das ist nun die sechste Sackgasse in die du uns führst. Ich glaube, du hast den Orientierungssinn eines... mir fällt einfach kein passender Vergleich ein. Leider kenne ich nicht besonders viele Tiere, mit denen ich dich vergleichen könnte. Aber es wird etwas Blindes sein." Das Mädchen mit den langen, hellbraunen Haaren rollte mit ihren dunkelblauen Augen. Der Junge mit den violetten Haaren verzog keine Miene, sagte auch kaum etwas sondern sah sich einfach nur wachsam um. Phönix jedoch knurrte und fixierte die Mauer vor sich, als könne er sie mit seinen Blicken einreißen. "Dass wir uns verlaufen ist entweder Pech oder es liegt daran, dass ich hier den Babysitter für euch naseweisen Gören spielen muss und mich bei deinem Gelaber kaum konzentrieren kann, Kleine!"
Er hob die rechte Hand und eine leuchtende Funkenkugel erschien knisternd in seiner Handfläche. Nun weiteten sich Kathys Augen und sie wich zurück, doch Phönix richtete die Handfläche auf die Mauer. "Ich habe keine Lust, hier ewig herum zu irren, während unsere Freunde vielleicht Hilfe brauchen." Nun lächelte Kathy und nickte, stellte sich jedoch zwischen Phönix und die Mauer. "Da sind wir ja einmal einer Meinung. Aber deine Knallfrösche machen zu viel Lärm. Lass es mich mal versuchen, ja?" Ohne eine Antwort abzuwarten wirbelte Kathy herum und rammte ihre rechte Faust in die Mauer. Ein dumpfes Krachen hallte durch die Gasse, dann noch eines, als das Mädchen auch ihre andere Faust in die Mauer donnerte. Nun verzog selbst der stille Junge das Gesicht vor Erstaunen und Phönix ging es nicht anders, als Kathy einen großen Brocken aus der Mauer riss und den Rest einfach beiseite drückte, als seien die dicken Backsteine nicht mehr als Bauklötze.
"Wesentlich leiser als ein lauter Knall und knisternde Funken, oder?", fragte Kathy mit einem Grinsen und stieg über den Schutt, sah kurz zum Himmel in der Hoffnung, sich irgendwie orientieren zu können. "Und da heißt es immer, ich würde immer mit dem Kopf durch die Wand wollen", entgegnete Phönix und überholte Kathy, legte ihr dabei kurz die Hand auf die Schulter. "Gute Arbeit. Aber du lässt mich besser vor gehen, falls es brenzlich wird."

Bisher waren die drei auf keine feindlichen Soldaten getroffen. Zwar hörten sie Gewehrfeuer und Kampfgeräusche in der Ferne, sie selber hatten jedoch bisher Glück gehabt. "Wir sollten uns ein wenig beeilen", schlug Kathy vor, "Ich glaube, hier sind kaum Soldaten. Wir sind viel zu oft seitlich abgebogen anstatt geradeaus weiter zu gehen." Phönix nickte zustimmend und beeilte sich, huschte durch die Gasse und spähte um jede Ecke. Plötzlich erzitterte der Boden und ein lauter Knall ertönte. Kurz darauf zeichnete sich eine Rauchsäule vor der Skyline der Stadt ab. "Ich würde mal sagen, genau dorthin müssen wir", murmelte Phönix und rannte nun, hatte zwei leuchtende Funkenbälle in den Händen.
"Streitest du dich oft mit dem Fuchs?" Kathys Frage kam so plötzlich, ohne Vorwarnung, dass Phönix fast gestolpert wäre. Kurz blieb er stehen und sah sowohl das Mädchen als auch den jüngeren Knaben an. "Was wie Meinungsverschiedenheiten aussieht ist eigentlich nur ein Versuch von mir, auf den Fuchs aufzupassen. Und auf uns alle. Ich weiß, dass er sich Mühe gibt. Sein Traum von einer besseren Welt ist wunderbar, natürlich." Phönix machte eine Pause, schaute erneut um eine Ecke und ging dann weiter, jedoch nicht mehr so schnell wie vorher. "Aber ich befürchte, so einfach ist das alles nicht. Schau dir die Menschen doch mal an, wie sie uns hassen, fürchten und gnadenlos jagen. Selbst Kinder wie euch. Nun haben sie sogar die Möglichkeit, sich selber die Gabe zu verleihen. Heuchlerisch, nicht wahr? Eigentlich gibt es keinen großen Unterschied mehr zwischen uns Vaishara und den Soldaten von AEGIS. Nur, dass wir ums Überleben kämpfen und die aus Leidenschaft, Hass oder merkwürdigem Patriotismus. Es ist leicht, junge Soldaten von ihren Ansichten zu überzeugen und schon denken sie nicht einmal mehr nach sondern schießen auf alles, was anders ist. Glaubt mir, ich habe es selbst gesehen: AEGIS ist jedes Mittel recht, um uns zu vernichten. Selbst wenn sie dabei die Gabe benutzen. Nur frage ich mich, was die wohl machen, wenn es keine Hexen mehr gibt, die sie jagen können. Ob sie dann einfach Ruhe geben oder sich neue Ziele suchen. Mit der Gabe lässt sich eine Menge Unheil anstellen."
"Denkst du, Vaishara sind besser als Menschen?", schaltete sich der kleine Junge mit den Bernsteinaugen ein. Doch er zuckte zusammen, als Phönix ihn wütend ansah. "Ich bin nicht wie Echidna!", entgegnete er gereizt. "Sie würde alle Menschen sofort töten, wenn das irgendwie ginge. Ich selber wünsche mir Frieden für uns Vaishara. Aber nicht um so einen Preis. Ich weiß, dass wir Opfer bringen müssen und das haben wir bereits mehr als genug getan. So viele von uns haben wir schon sterben sehen. Deshalb denke ich, müssen wir uns ein wenig anpassen."

"Anpassen?", entgegnete Kathy fragend und drückte sich gegen eine Wand, während Phönix erneut um eine Ecke blickte und in eine schmale Seitengasse bog. "Wenn wir Gleiches mit Gleichem vergelten, sind wir dann nicht genau so schlimm wie AEGIS?" Phönix seufzte. "Ich versuche ja nur dem Fuchs zu erklären, dass es nicht immer möglich ist, zu entkommen ohne aggressiver gegen AEGIS vorzugehen. Möglicherweise müssen wir eines Tages sogar in die Offensive gegen AEGIS ziehen, um unser Überleben zu sichern. Möglicherweise ist das der einzige Weg für uns, nie wieder davon laufen zu müssen. Genau dasselbe hat Echidna einst dem Fuchs vorgeschlagen, vor einigen Jahren. Er hat natürlich abgelehnt. Aber vielleicht gibt es heute, nun wo AEGIS extremer denn je gegen uns vorgeht, keine andere Möglichkeit. Ich jedenfalls habe nicht vor, den Rest meines Lebens in Angst zu verbringen, immer auf der Flucht."
Phönix bog um eine Ecke und hielt inne, ehe er mit dem Rücken gegen die Wand hinter sich krachte. Ein Projektil hatte ihn direkt in die Brust getroffen. Kathy schrie seinen Namen, packte ihn dann hastig und zog ihn beiseite, ehe ein weiteres Projektil ein kleines Loch in die Betonwand sprengte, dort, wo Phönix noch eine Sekunde zuvor gelegen hatte. Blut quoll ihm aus dem Mund und er riss sein Hemd auf und begutachtete die Wunde, legte dann beide Hände auf die Blutung. "Ich komm schon wieder in Ordnung", murmelte er leise und sah Kathy und den Jungen an. "Ihr beide müsst verschwinden! In der Gasse sind etwa ein halbes Dutzend Soldaten. Ich komme nach." Kathy sah ihn erschüttert an, ihre Augen glänzten und sie schüttelte ihren Kopf. Der Junge neben ihr hatte die Augen geschlossen, als könne er kein Blut sehen oder als könne er so die Misere einfach verdrängen.
"Du brauchst einen Arzt, sonst wirst du sterben", wimmerte Kathy und kniff die Augen zusammen, um die Tränen zurück zu halten. "Wir können dich doch nicht einfach zum Sterben hier liegen lassen!" Phönix jedoch lachte und schüttelte den Kopf. "Was glaubt ihr denn, warum ich mich Phönix nenne? Ich komme schon klar! Und jetzt verschwindet..." Er konnte den Satz nicht beenden, da eine Granate gegen die Wand kullerte, daran abprallte und zwischen Phönix' Beinen liegen blieb. Geistesgegenwärtig packte der Junge die Granate und warf sie in die Richtung, aus der sie gekommen waren, wo sie explodierte. "Heilen können wir ihn nicht und tragen können wir ihn auch nicht", bemerkte der Junge sachlich, "Wir sollten weiter." Und Phönix nickte. "Sehr gut, Kev. Ich nenne dich einfach mal so, solange du dir nichts anderes einfallen lässt, ja? Schnapp dir Kathy und seht zu, dass ihr den Soldaten aus dem Weg geht. Ich komme nach, sobald ich kann."

Kathy und Kev nickte und das Mädchen atmete tief durch und sah den Jungen neben sich an. "Die Gasse mit den Soldaten dürfte uns am ehesten zu den anderen führen. Alles andere wäre wieder ein Umweg. Ich habe nicht vor, davon zu laufen. Ich kann das schaffen, aber du musst die Lasergewehre ausschalten. Kannst du das?" Und der Junge sah zwischen Phönix und Kathy hin- und her. Phönix hatte die Augen geschlossen, atmete ruhig. "Kevin möchte ich genannt werden. So hieß auch einer der Wissenschaftler in Iserion. Er war nett zu mir." Nun wurden seine bernsteinfarbenen Augen entschlossen und er gönnte sich ein Lächeln. "Die Lasergewehre werden kein Problem sein. Ich kann sie spüren und sabotieren. Aber du weißt schon, dass die Typen auch Projektilwaffen haben, Rüstungen und Kräfte wie wir, oder?" Doch Kathy nickte nur knapp, ehe sie um die Ecke trat und sich den Soldaten von AEGIS stellte. Sie zählte sieben Soldaten, die sie bereits erwarteten und ihre Gewehre hoben. Der, der ihr am nächsten war, hatte sich hinter einem Müllcontainer aus Metall verschanzt, die anderen standen weiter hinten.
"Lasst euch nicht von ihrem Aussehen täuschen", bellte einer der Soldaten, "Dieses Kind ist ein Monster! Schießt schon!" Und noch während mehrere der Lasergewehre klickend ihren Dienst versagten, setzte sich Kathy in Bewegung. Zwei der Soldaten hatten jedoch Maschinengewehre, die ratternd Dutzende von Kugeln spuckten, die jedoch allesamt an Kathy abprallten, während diese im Zickzack durch die Gasse rannte. Kugeln prallten funkenschlagend an ihr ab und sprengten Löcher in die Wände, dann hatte das agile, drahtige Mädchen auch schon den Müllcontainer erreicht, sprang hoch und rollte sich mit dem Rücken über dem Container ab, ehe sie sich mit den Händen abstützte und dem Soldaten dahinter mit beiden Füßen gegen den Helm trat. Der Soldat flog mit zersplittertem Visier mehrere Meter nach hinten, doch Kathy hielt nicht lange inne, hüpfte vom Container und packte diesen mit beiden Händen, wuchtete ihn hoch und schmetterte ihn von oben auf den Soldaten vor ihr, zermalmte ihn regelrecht.

Einige der Soldaten hatten ihre nutzlosen Lasergewehre fallen gelassen und hatten ihre Unterarmklingen ausgefahren oder ihre Pistolen gezogen. Doch Kathy blieb in Bewegung, wich den meisten Schüssen aus oder ignorierte sie, da sie wirkungslos von ihr abprallten und als Querschläger gegen die Wände krachten. Dann hatte sie den nächsten Soldaten erreicht, der mit einer Unterarmklinge nach ihr schlug. Doch Kathy packte die Klinge mit einer Hand, brach sie ab und rammte sie dem Soldaten in den Hals, durchbohrte diesen und nagelte ihn so direkt an die Wand hinter sich und ließ ihn so hängen, ehe sie weiter durch die Gasse eilte. Dabei huschte sie weiterhin im Zickzack hin- und her, ehe sie sich von der Wand abstieß und einem Soldaten das Bein in den Magen zu rammen versuchte. Doch der Soldat packte ihr Bein, wirbelte herum und schmetterte Kathy gegen die Wand, ließ sie jedoch sofort los und versuchte, ihr kräftig ins Gesicht zu treten. Kathy jedoch packte seinen Fuß mit beiden Händen, drehte ihn kräftig herum und schubste den schreienden Soldaten von sich, ehe sie wieder auf die Beine sprang.
Der Soldat lag am Boden und hob sein Gewehr, drückte den Abzug doch nichts passierte. Schließlich warf er das Gewehr nach Kathy, die jedoch einfach auswich und wie eine Raubkatze näher an ihn heran trat, dabei hin und wieder über ihre Schulter sah, um die anderen Soldaten im Auge zu behalten. Das Gewehrfeuer hatte mittlerweile völlig aufgehört, da die Soldaten die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens begriffen hatten. Der Soldat am Boden warf Müll, Schutt und Steine nach Kathy, nahm schließlich sogar den Helm ab und traf Kathy damit an der Stirn, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. "Helft mir doch!", rief der Soldat und kroch auf dem Rücken liegend fort von Kathy. "Benutzt euer Ambrosia, nur tut doch etwas!" Kathy fixierte den Mann am Boden mit ihren dunkelblauen Augen und trat dann kräftig auf den Knöchel des unverletzten Fußes, stemmte dem Mann dann einen Fuß auf die Brust und drückte ihn zu Boden. Dann jedoch zog ein lautes Tosen ihre Aufmerksamkeit auf sich und sie konnte sich gerade noch rechtzeitig zu den anderen Soldaten umdrehen um zu sehen, dass einer einen Flammenwerfer hatte und nun ein Kegel aus Feuer durch die Gasse auf sie zukam, gleich einer brennenden Wand. Blitzschnell stieß sie sich vom Boden ab, landete auf dem Dach und hoffte, dass Kevin und Phönix in Ordnung waren. Doch sie hielt sich nicht lange mit Nachdenken auf, sondern rannte am Rand des Dachs entlang und sprang ab, landete hinter dem Soldaten mit dem Flammenwerfer und riss den Verbindungsschlauch zum Brandmittel ab, ehe sie das Visier des Soldaten einschlug und den Mann dann einfach in die Flammen stieß.

Drei Soldaten waren noch übrig und eben diese griffen sich nacheinander an die Kragen ihrer Brustpanzer und es dauerte nicht lange, bis alle drei von einer schwachen, bläulichen Aura umgeben waren. "Uns jagt ihr, ihr Mistkerle, weil wir eine Gabe haben. Und mit eurem Wundermittelchen seid ihr nicht viel anders als wir. Ironisch." Kathy fixierte die drei Männer und ballte die Fäuste, atmete tief durch. "Was macht euch anders als mich? Oder besser als mich?" Anklagend sah sie in die ausdruckslosen Visiere der drei Männer, doch eine Antwort erhielt sie nicht. Die drei Soldaten näherten sich ihr und kurz sah Kathy zurück. Weite Teile der Gasse brannten und an der Abzweigung am Ende stand Kevin, abwartend und besorgt. Die kurze Unachtsamkeit war ein Fehler, der ihr beinahe das Leben gekostet hätte. Einer der Soldaten war blitzschnell bei ihr und schlug ihr kräftig ins Gesicht, so dass Kathys Lippe aufplatzte und sie beinahe nach hinten in die Flammen gefallen wäre. Doch hielt mühsam das Gleichgewicht und stieß den Soldaten von sich weg, folgte ihm und schlug auf ihn ein.
Unglaublich stark war sie, doch der Soldat glich dies mit Schnelligkeit wieder aus, wich zahlreichen Faustschlägen aus und parierte ebenso viele mit seinen Armschienen, ehe er konterte und Kathy immer wieder kräftig ins Gesicht schlug. Dann jedoch packte Kathy einen seiner Arme und drehte ihn gnadenlos herum, bis es verheißungsvoll knackte. Der Soldat schrie und wich zurück, doch Kathy folgte ihn, setzte ihm ihren linken Fuß auf den rechten Oberschenkel und rammte ihm das rechte Knie seitlich gegen den Helm. Der Soldat ging zu Boden und Kathy packte seinen Fuß, drehte sich und warf ihn hinter sich in die Flammen.
Anschließend wandte sie sich den verbliebenen beiden Soldaten zu, nahm Anlauf und setzte die Hände seitlich auf den Boden, schwang ihren Körper in einer Drehung nach oben, stieß sich mit den Händen ab und vollführte einen Flickflack, näherte sich so dem nächsten Soldaten und rammte ihm einen Fuß von oben ins Visier des Helms. Der Soldat taumelte zurück, während Kathy sich aufrichtete und nachsetzte, ihm einen kräftigen Kinnhaken verpasste, der den Soldaten gegen seinen Kameraden stolpern ließ. Dann jedoch griffen beide Soldaten gleichzeitig an und Kathy musste zurück weichen.

Der Soldat mit dem zerschmetterten Visier nahm seinen Helm ab und enthüllte ein steinernes, graues Gesicht. Nur die Augen leuchteten azurblau. Die meisten von Kathys Schlägen tat er ab ohne auch nur das Gesicht zu verziehen, seine eigenen Hiebe jedoch waren wie Treffer mit einem Vorschlaghammer. Der andere Soldat hielt sich etwas zurück und erschuf in seinen Händen plötzlich eine schimmernde Kugel und schleuderte sie nach Kathy. Diese taumelte unter dem Treffer und fand sich durchnässt wieder. Der zweite Soldat schien Kräfte zu haben, die denen von Kassandra glichen. Kathy musste an sie denken und hätte fast einen weiteren, gefährlichen Treffer kassiert. Sie hoffte, dass es Kassandra und den anderen gut ging, doch musste sie sich nun zusammen reißen und irgendwie mit diesen beiden Männern fertig werden. Sie blockte einen Schwinger ihres Kontrahenten ab und verpasste ihm einen Tritt in den Magen, doch es war, als würde sie gegen eine Wand treten.
Der andere Soldat nahm seinen Helm ab und Kathy konnte sehen, dass er vollkommen transparent war, vollständig aus Wasser bestand. Seine Rüstung schien ihn mehr und mehr zu behindern und so quoll seine flüssige Gestalt aus der Rüstung, die einfach zu Boden sackte. Kathy gab sich Mühe, den Soldaten mit der Steinhaut zwischen sich und dem anderen Soldaten zu halten und überlegte verzweifelt nach einer Möglichkeit, beide zu überwältigen. Sie beschloss, es mit schmutzigen Tricks zu versuchen und so duckte sie sich unter einem Fausthieb ihres Gegners, der ein Stück aus der Mauer hinter ihr sprengte. Sofort wich sie zur Seite und versuchte, die Wassergestalt anzugreifen. Doch ihre Schläge blieben im flüssigen, gallertartigen Leib des Soldaten stecken.
Der Soldat fixierte ihre Hände und Kathy erkannte, dass sie in der Falle saß. Der andere Soldat war direkt hinter ihr, bereit sie nieder zu strecken. Kathy wusste genau, dass ihre Kräfte sie irgendwann verlassen würde und dass sie nicht unverwundbar war. Sie konnte nicht ewig so weiter kämpfen. ALs der Soldat seine steinharten Fäuste auf sie nieder sausen ließ, riss Kathy die Wassergestalt herum und benutzte sie als Schild. Obwohl sie ihre Fäuste nicht aus der Gestalt ziehen konnte, konnte sie die Gestalt von den Füßen reißen. Der Soldat mit der Steinhaut traf die Wassergestalt, welche durch die Wucht der Hiebe ihre feste Gestalt verlor und sich fast vollständig verflüssigte. Kathy konnte ihre Hände befreien, wirbelte blitzschnell um den Soldaten mit der Steinhaut herum und trat in dessen Kniekehlen, schubste ihn und stieß ihn direkt auf seinen geschwächten Kameraden.

Die Wassergestalt wurde unter ihrem Mitstreiter begraben und verflüssigte sich vollständig. Eine Wasserpfütze breitete sich aus und löschte weite Teile der brennenden Gasse. Zischend war die Wassergestalt zugrunde gegangen. Und noch während der letzte Soldat am Boden lag, schlug Kathy erneut zu, trat dem Soldaten kräftig in die Seite. Doch die Haut des Soldaten war noch immer hart wie Granit. Der Soldat schwang eine seiner Unterarmklingen nach ihr und hinterließ einen langen, blutigen Streifen in Kathys Magengrube. Vor Schmerz schreiend packte Kathy die Klinge, riss sie aus der Halterung der Unterarmschiene und rammte sie dem Soldaten ins Gesicht, wo sie funkenschlagend eine Furche in die Steinhaut schnitt. Dann packte Kathy den Kopf des Mannes und rammte ihr Knie kräftig in das Gesicht des Soldaten. Keuchend blieb der Soldat liegen und auch Kathy sackte schnaufend gegen die Wand hinter sich.
"Für eine Rotzgöre war das gar nicht so schlecht", erklang eine Stimme und Kathy sah sich um und sah einen weiteren Soldaten, auf dem Dach. Der Soldat hatte sein Gewehr auf sie gerichtet, senkte es jedoch. Er trug keinen Helm und Kathy konnte sehen, wie er sich mit einer Hand den Schnurrbart rieb. Sein Haar war hellbraun und er hatte einen militärischen Bürstenschnitt, während seine Augen eigentlich grau waren, nun jedoch blau leuchteten. Der Soldat sprang vom Dach und landete in der Gasse, befestigte sein Gewehr am Rücken. "Aber glaube ja nicht, dass ich Rücksicht nehme auf dein Alter." Der Mann grinste und verschränkte die Hände ineinander, knackte mit den Fingerknöcheln. Der Soldat am Boden rührte sich indes wieder, sah den Neuankömmling flehend an und spuckte Blut. "Miller?", stammelte der Mann am Boden verwundert. "Was machen Sie denn hier? Sie sollten doch beim Parkplatz bleiben. Das war Colonel Mayhems Befehl!" Der Soldat namens Miller trat näher heran und zog seine Pistole, richtete sie auf den Soldaten und schoss ihm ins linke Auge.
Dann richtete er die Pistole auf Kathy. "Ich kann es einfach nicht leiden, wenn Befehle von oben mir den Spaß verderben. Auf dem Parkplatz wurde es mir viel zu gefährlich und da dachte ich mir, ich könnte doch in den Gassen ein wenig auf Jagd gehen. Und nun bin ich fündig geworden, welch ein Glück - Das heißt natürlich für mich. Für dich weniger." Der Soldat namens Miller grinste hämisch, dann nickte er Kathy zu. "Erledigen werde ich dich so oder so. Aber du könntest auf die Knie gehen und betteln. Wie wäre das? Ich liebe es, wenn ihr jammert, bevor es zu Ende geht. Und ich liebe es, euch abzuknallen."

Kathy sah auf den Lauf der Pistole, der direkt auf ihre Brust gerichtet war. Sie wagte nicht, vielleicht zur Seite zu gucken um zu schauen, wo Kevin war. Vielleicht ging es Phönix ja doch gut genug, sie zu retten. Doch sie wollte sich darauf besser nicht verlassen. Und vergeblich betteln nur um dann sowieso abgeknallt zu werden kam auch nicht in Frage. Kathy atmete tief durch, konzentrierte sich und versuchte, noch einmal Kräfte zu sammeln. Sie hatte keine Ahnung, wie sich die Gabe bei diesem Miller manifestierte, also musste sie möglichst hart und möglichst effektiv angreifen, ohne vorher eine Kugel abzukriegen.
Ganz langsam sackte sie auf ein Knie, senkte den Kopf soweit sie konnte, ohne Millers Gesicht aus den Augen zu lassen. Der Lauf der Pistole war nun direkt auf ihre Stirn gerichtet. Ein roter Punkt ruhte kaum zitternd zwischen ihren Augenbrauen. Doch Kathy blieb ruhig, hatte trotz aller Erschöpfung immer noch ein paar Kraftreserven. Diese nutzte sie nun, stieß sich vom Boden ab und schlug den Waffenarm des Soldaten beiseite, rammte ihm eine Faust in den Magen und packte dann seinen Waffenarm und schlug mit der freien Hand gegen sein Handgelenk. Miller ließ seine Pistole fallen und Kathy trat gegen die Waffe, beförderte sie bis fast ans andere Ende der Gasse. Der Soldat jedoch blieb nicht untätig, schlug Kathy seitlich gegen die Schläfe und sie taumelte fort von ihm, blinzelte die Sterne weg, die in ihrem Blickfeld tanzten.
Miller folgte ihr, zog ihr mit einem Beinfeger das Standbein weg und schubste sie zu Boden, ragte bedrohlich über ihr auf und grinste. "Was mir noch mehr Spaß macht, als euch Hexen wie Tontauben abzuknallen ist, euch mit bloßen Händen tot zu schlagen" Er trat dem jungen Mädchen kräftig in die Rippen. "Ich werde dich brechen, Mädchen! Du wirst betteln, dass ich dich irgendwann endlich erlöse oder dass uns jemand findet und ich aufhöre und es schnell beende." Kathy spürte, wie einige ihrer Rippen unter einem weiteren Tritt nachgaben und krümmte sich, kämpfte gegen die Schmerzen an. Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, zu schreien oder zu weinen. Er musste nur einen Fehler machen und sie würde den Spieß umdrehen. Doch Miller schien eiskalt und berechnend, als er sich hinkniete und ein langes, gezacktes Messer aus seinem Stiefel zog.

"Soll ich dich entscheiden lassen, mit welchem Körperteil wir anfangen? Wie deine Wahl wohl ausfallen würde? Auf welchen Körperteil könntest du am ehesten verzichten? Ein Auge? Ein Ohr? Deine Zunge?" Kathy bekam eine Gänsehaut, als er sie mit seinen kalten, grauen Augen musterte. Das azurblaue Leuchten verstärkte nur diesen grausamen Blick und sein Lächeln war das Schlimmste, so voller Hohn und perverser Freude. Kathy atmete schwer, hielt mit beiden Händen ihren Oberkörper umklammert. Trotzig spuckte sie Miller einen Schwall Blut ins Gesicht. "Na, wenn du so gerne Blut spuckst, dann schneide ich dir deine Zunge heraus und sorge dafür, dass du wenigstens keine Frechheiten mehr von dir geben kannst." Mit einer Hand packte er Kathys Unterkiefer und zwang ihren Mund auf. Sie versuchte, ihm in die Finger zu beißen doch sein Handschuh war zu dick. Seine andere Hand führte das Messer ganz nah an ihr Gesicht und Kathy hörte, wie ihr Herz ihr bis zum Halse schlug. Zu gerne wollte sie sich wehren, wollte dem Mann über sich alle Knochen brechen.
Doch sie war zu erschöpft, hatte zu große Schmerzen, um sich zu konzentrieren. Miller hatte ihren Unterkiefer in einem eisernen Griff, einem Schraubstock gleich. Die Hand mit dem Messer hob sich und die Messerspitze wanderte über ihren Mundwinkel, über ihre Wange bis hoch zum Auge. Dann führte er das Messer seitlich an ihren Mund heran. "Das wird dir nur halb so weh tun, wie es mir Spaß macht", feixte Miller und zwang Kathys Mund offen. Dann ertönte ein Knall und Blut spritzte sowohl in Kathys Gesicht als auch in das von Miller. Er ließ sein Messer fallen und seine Hände entfernten sich von Kathys Gesicht. Beide Unterarme waren sauber durchschossen und Miller sah entsetzt auf das Blut, welches aus den Wunden spritzte, ehe er zur Seite Blickte. Kevin stand nur wenige Meter von den beiden entfernt und hielt Millers Pistole in seinen zitternden Händen. "Verdammte kleine Missgeburt", zischte Miller und starrte wieder fassungslos auf seine Unterarme. "Dich mache ich fertig!" Unbeholfen griff er mit beiden Händen nach seinem Messer, hatte jedoch Probleme, die Waffe richtig zu greifen. Immer wieder rutschte ihm der Griff aus den Händen und längst waren seine Handflächen voller Blut. Plötzlich schloss sich ein anderes Paar Hände um den Griff seines Messers. "Ich glaube eher, dass ich dich fertig machen werde", wisperte Kathy und fixierte die azurblauen Augen Millers mit ihren eigenen.

Die Spitze des Messers zuckte nach vorne wie eine Pfeilspitze, bohrte sich tief unterhalb des Brutbeins in den Körper des Soldaten. Kathy funkelte Miller zornig an und erhob sich mühsam, ließ den Griff des Messers los und drückte den Soldaten gegen die Wand hinter sich. Miller konnte kaum noch stehen und so brachte Kathy ihr Gesicht nahe an das seine heran. "Das wird dir nur halb so weh tun, wie es mir Spaß macht", zitierte sie die Worte des Soldaten und rammte ihm kräftig das Knie in den Unterleib, ehe sie eine Hand an den Unterkiefer des Soldaten legte und mit der anderen Hand wieder nach dem Messer griff. Dann drehte sie die Klinge, während ihre andere Hand kräftig den Unterkiefer des Mannes zusammen drückte. Schnell klangen die Schmerzensschreie des Mannes ab und Kathy ließ ihn einfach zu Boden sacken, sah perplex auf ihre blutverschmierten Hände, dann zu Kevin, der noch immer die Pistole umklammert hielt und sie ängstlich ansah.
Kathy sah schockiert auf den zitternden, roten Punkt auf ihrer Brust, dann wieder in Kevins Augen. Der Junge ließ die Waffe fallen und wich ein wenig zurück. "Solche... Solche Grausamkeiten! Soviel Blut! Menschen, die sich wie Bestien benehmen. Fast wünschte ich, ich wäre wieder in meiner Zelle in Iserion. Sicher und abgeschottet von solchen Gewalttaten. Ich... Ich habe einen Menschen erschossen!" Angewidert sah Kevin auf die Pistole am Boden, dann wieder zu Kathy. "Wir müssen weiter und zwar schnell. Geh du bitte voraus, ja?"
"Ich werde voraus gehen", wisperte eine Stimme hinter Kevin und der Junge drehte sich erschrocken um und auch Kathy war erstaunt, als hinter ihnen Phönix an der Wand lehnte. Seine blonden Haare waren verkrustet vor Dreck und Blut und seinem orangefarbenen Hemd ging es nicht anders. Noch immer drückte er eine Hand auf die Wunde in seiner Brust, hob aber dann kurz die Hand und entblößte eine dickflüssige Mischung aus Blut und Asche. Ein klumpiger grauer Brei, der die Blutung jedoch gestoppt hatte. Schwäch lächelte er, doch seine grünen Augen waren besorgt, wachsam. Wie viel hatte er von der Auseinandersetzung in der Gasse gesehen? Phönix sah sowohl Kevin als auch Kathy an und seufzte schwer. "Manchmal muss man jemanden töten. Um andere zu beschützen oder um sich selber zu retten. Man muss sich jedoch immer über seine Motive im Klaren sein und wissen, dass man aus den richtigen Gründen handelt, nicht aus Rache, Hass oder Mordlust." Sein Blick ruhte lange auf Kathy, ehe an den beiden vorbei ging und sich durch die schmalen Gassen auf den Parkplatz zubewegte.
 
Du musst wirklich aufpassen, nicht in eine Routine aus Action zu fallen. Weil es momentan irgendwie so aussieht. Klar, du bist auch auf die Beweggründe der Charaktere eingegangen und das hat mir gefallen. Aber der Rest war eben wieder Action - die irgendwie momentan wenig abwechslungsreich erscheint, zumindest für mich. Kathy wirkte ziemlich übermächtig, aber schnell ging bei mir dieses Mal die Neugier flöten. Das Wort "Unterarmklinge" mag ich kaum noch lesen. Vielleicht liegt es an mir und ich hätte den Beitrag in Ruhe lesen sollen. Die Kämpfe fesseln mich momentan wenig. Der Flammenwerfer war eine nette Idee, die Bedrohung aber schnell beseitigt. Nett war der Hauch von Moral und auch wie Kathy teilweise ganz schön sadistisch wirkte. Aber die Kämpfe sind irgendwie ermüdend. Gegen Ende wurde es nochmal interessant, als Miller auftauchte, offenbar Befehle missachtete und den bösen Soldaten raus hängen ließ. Aber auch das wirkte etwas Klischeehaft. Zwar kam auch ein bisschen Spannung auf, aber... ich weiß auch nicht. Nett war, dass Miller nicht mehr richtig greifen konnte, nachdem er angeschossen wurde. Wie realistisch so etwas ist, vermag ich aber nicht zu sagen. Ist es Absicht, dass Kevin "erschossen" sagt? Nett fand ich, dass Phönix seinem Namen wirklich alle Ehre macht. Mein Fazit fällt durchwachsen aus: Zuviel Action ist nicht gut! Du kannst wirklich gut schreiben, aber momentan fesselt es mich eher wenig. Klar, du willst eine Geschichte erzählen und musst dabei diverse Checkpunkte hinter dich bringen, schätze ich. Aber ich freue mich, wenn die - momentan doch echt eintönige - Action vorbei ist und hoffe, da kommt wieder etwas Interessantes.
 
@Quinn:

Die ganze Auseinandersetzung in Sagon wird nicht länger dauern als nötig. Ich werde mir Mühe geben, die Action vielseitiger zu gestalten, wobei das ganze natürlich keine Aneinanderreihung von Action-Szenen werden soll. Ich werde mir Mühe geben, dass die Action abwechslungsreich bleibt und die Charaktere im Vordergrund stehen und nicht die Kämpfe. Und ja, es war Absicht, dass Kevin "erschossen" und nicht "angeschossen" sagte. Man darf ja auch nicht vergessen, dass er noch sehr jung ist, wie andere Charaktere auch. Niemand geht einfach so durch Erlebnisse wie diese ohne davon berührt zu werden. Lange dauert es nicht mehr, bis ich in Sagon (fürs erste) fertig bin. Bald geht auch der eigentliche Plot der ganzen Geschichte los. Mit folgendem Part bin ich recht zufrieden, da die Action hier nicht so sehr im Vordergrund steht und auch langsam deutlich wird, dass die Auseinandersetzung in Sagon sich dem Ende neigt.


Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

------------------------------------------------------



"Du tust mir schon leid, David", gab Shawn mit einem Schmunzeln von sich und griff nach der Tüte mit den Zwiebelringen, die auf dem Armaturenbrett stand. Er führte sich einen der frittierten Ringe zum Mund. "Du kommst nach einem harten Arbeitstag nach Hause und anstatt deine Ruhe zu haben hast du zwei schreiende, kleine Mädchen und eine Frau, die dir ständig vorhält, was für einen gefährlichen Beruf du doch hast." Der mitleidige Blick wich einem Grinsen. "Eben deshalb bleibe ich Single." Shawn strich sich durch die kurzen, schwarzen Haare und nahm seinen Getränkebecher und saugte einen großen Schluck durch den Strohhalm. "Wenn ich nach Hause komme, habe ich alle Ruhe, die ich haben will. Alle Zeit für mich, die ich brauche. Niemand schreibt mir etwas vor. Keine quäkenden Kinder und keine Frau, die mir widerspricht. Und wenn ich eine flachlegen will, dann bezahle ich entweder dafür, oder ich gehe aus und flirte und tanze, was das Zeug hält." Er lachte und gönnte sich noch einen Zwiebelring. "Ich bin frei! Das ist wahre Freiheit, Mann!" David Anderson verzog das Gesicht und stopfte sich ein paar Pommes in den Mund, sah zu seinem Kollegen, der im Beifahrersitz saß. Er warf seinen leeren Becher in den Mülleimer unweit des geparkten Gleiters, aß die letzten Pommes und formte eine Kugel aus der Papiertüte, warf diese dann ebenfalls in den Mülleimer. "Es ist ja nicht immer so schlimm", antwortete David und versuchte dabei, überzeugend zu klingen. "Melissa kann so wundervoll sein, sonst hätte ich sie sicher nicht geheiratet. Sie macht sich nur Sorgen um mich. Und die Kinder... Naja, sie können laut sein, aber nie werde ich die ersten Schritte der Mädchen vergessen. Oder ihre ersten Worte." Er lächelte und strich sich durch die violett gefärbten Haare. "Rede dir das nur weiter ein, Kumpel", entgegnete Shawn feixend und deutete mit einem Nicken auf die Haare seines Kollegen. "Warum ausgerechnet violett? Sieht nicht gerade männlich aus, David. Ich weiß ja, dass Haare färben modern ist, aber sowas? Sind sie dauerhaft verändert?" David schüttelte mit dem Kopf, war aber über den Themawechsel froh. "Hey, es gibt Leute, die ihre Augen so verändern. Ich finde auch, dass man es übertreiben kann. Aber ich wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren. Und es ist ja nicht gegen die Vorschriften." Shawn lachte. "Du siehst trotzdem aus wie ein Clown, Mann. Dich wird so niemand mehr ernst nehmen. Wenn wir wegen deiner Haarfarbe abgeknallt werden, dann werde ich dir das ewig vorhalten!"

David hob seinen Mittelfinger und wolle gerade ein bissiges Kommentar abgeben, als das Funkgerät des Polizeigleiters knisternd erwachte. "Alle verfügbaren Gleiter sofort zur Bank in der Fünfundvierzigsten", erklärte eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung, "Code 211A. Ich wiederhole: Überfall auf die Bank in der fünfundvierzigsten Straße." David und Shawn warfen sich genervte Blicke zu, ehe Shawn seinen Müll achtlos aus dem Fenster warf und sich anschnallte. David war bereits angeschnallt und startete den Gleiter, gewann rasch an Höhe und schwenkte um in Richtung der Bank. "Flieg nicht zu schnell", murrte Shawn und sah sich ein wenig um, ob er andere Polizeigleiter ausfindig machen konnte. "Ich möchte nicht unbedingt als erster bei der Bank sein. Besonders nicht, falls es wieder Echidna ist." David schwieg, flog jedoch nach wie vor mit Höchstgeschwindigkeit. Auch er war nicht besonders scharf darauf, auf Echidna und ihre Hexen zu treffen. Echidna und ihre Anhänger waren in letzter Zeit besonders aktiv, hatten nicht nur zahlreiche Banken ausgeraubt, sondern auch Gebäude der Regierung und der Polizei angegriffen und dabei hunderte Menschenleben ausgelöscht. Sich ihr und ihren Hexen zu stellen ohne angemessene Ausrüstung und zahlenmäßiger Überlegenheit war ein hoffnungsloses Unterfangen. "Vielleicht ist es nicht Echidna", murmelte David während sich der Gleiter über die tiefen Häuserschluchten langsam der Bank näherte. "Es war ein Code 211A, kein Code V. Keine bestätigte Hexensichtung." Er versuchte, zu lächeln. "Mit etwas Glück packen wir diese Schweine ganz schnell und sind fein raus. Wir müssen nur konzentriert bleiben." Die Bank in der fünfundvierzigsten Straße war nun in Sichtweite, ein kleines, zweistöckiges Gebäude inmitten von höheren Mietshäusern, einem Parkhaus und einem Einkaufszentrum. Einige Polizeigleiter waren bereits gelandet und hatten das Bankgebäude umstellt. David setzte den Gleiter seitlich zur Bank auf die Straße, stieg sofort aus und holte ein Gewehr aus dem Kofferraum, verschanzte sich hinter dem Fahrzeug. "Wie ist die Lage?", fragte er einen der anderen Polizisten. "Geiselnahme? Oder laufen noch die Verhandlungen?"

"Die gute Nachricht ist, dass sämtliche Kunden und Angestellten nach draußen geschickt wurden, nachdem jemand den Alarm ausgelöst hat", antwortete einer der anderen Polizisten, ohne den Eingang der Bank aus den Augen zu lassen. "Die schlechte Nachricht ist, dass es sich hier um eine Gruppe Hexen handelt. Wir warten gerade auf die schwere Artillerie und sollen bloß verhindern, dass die Bastarde entkommen. Wir haben bereits Scharfschützen auf dem Parkhaus und dem Einkaufszentrum, weitere beziehen gerade Position auf den Wohnhäusern. Die kommen hier nicht heraus." Shawn richtete den Lauf seiner Pistole auf den Eingang der Bank. "Dann hoffe ich mal, dass schnell die Verstärkung kommt, bevor die Hexen raus kommen um zu spielen."
David konnte ihm nur zustimmen, doch leider sollten sie nicht so viel Glück haben, denn die Doppeltür der Bank öffnete sich und drei Gestalten traten ins Freie und blieben kurz vor dem Eingang stehen. Da war ein großer, drahtiger Mann mit kalkweißer Haut und langen, violetten Haaren, die er zu dünnen Strähnen geflochten hatte. Seine Haut wirkte fast transparent und war von dünnen, blauen Äderchen durchzogen. Mit bernsteinfarbenen Augen sah er sich um grinste maliziös beim Anblick der zahlreichen Polizisten. Dann war da noch ein dünner, junger Mann mit einer Hornbrille und hellbraunen Cordhosen. Er hatte ein schmales Gesicht und wirkte ehrlich erstaunt bei einem derartigen Polizeiaufgebot. Die dritte Person war ein junges Mädchen mit schwarzen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden waren. Das Mädchen war ganz klar die Jüngste in der Gruppe und David war entsetzt, ein Kind vor sich zu sehen, nicht älter als zwölf. Beide Männer trugen jeweils einen Geldkoffer. "Stehen bleiben, die Koffer fallen lassen, hinknien und die Hände hinter den Kopf", bellte einer der anderen Polizisten durch ein Megafon. "Sie werden nun festgenommen!" Shawn lehnte sich etwas zu David herüber, ohne jedoch die drei Hexen aus den Augen zu lassen. Leise flüsterte er: "Wenn du mich fragst, wäre es besser, die Hexen zu bitten, die Koffer fallen zu lassen und abzuhauen. So wird wenigstens niemand verletzt." David hatte einen ähnlichen Gedanken. Allerdings hatte er gehört, dass Echidna und ihre Anhänger nicht mit sich verhandeln ließen. Der Mann mit den violetten Haaren war ihnen bereits bekannt. Er hörte auf den Namen Ryan McAmergan, und war einer von Echidnas effektivsten Kämpfern.

Eben dieser Kämpfer trat nun etwas nach vorne und streckte seine freie Hand aus und ein knisternder, violetter Blitz schlug in einen der Polizeigleiter ein, züngelte noch zu den Nachbargleitern über und bald setzte sich eine Handvoll Gleiter in Bewegung und beraubte den Polizisten dahinter ihrer Deckung. Sofort eröffneten die Polizisten das Feuer doch der andere, junge Mann hob eine Hand und sämtliche Kugeln prasselten harmlos zu Boden. "Nue", brüllte der Junge mit der Brille, "Schnapp dir die Koffer und hau ab. Ryan und ich schaffen das schon." Das Mädchen jedoch schüttelte mit dem Kopf und packte die beiden Männer an den Ärmeln. Nur schwer waren ihre Worte zu verstehen, denn immer wieder feuerten die Polizisten ihre Schusswaffen auf die kleine Gruppe ab, jedoch ohne Erfolg. "Ich gehe nicht ohne euch! Los, lasst uns verschwinden." Ihr Blick war flehend, dass konnte David genau sehen. Er selbst konzentrierte sein Feuer auf McAmergan, da dieser als besonders aggressiv galt und wohl die größte Bedrohung darstellte. Keine einzige Kugel traf ihr Ziel.
Als sich sein Gleiter plötzlich selbstständig machte, wich David zurück und zog dabei Shawn mit sich. Ganz langsam setzten sich die drei Hexen in Bewegung, traten auf die Straße. McAmergan feuerte immer wieder violette Blitze ab, welche die Gleiter trafen und weitverzweigt auf die Polizisten übersprangen und diese zu Boden warfen. Noch immer traf keine einzige Kugel die drei Hexen und David zog Shawn zu einem großen Springbrunnen vor dem Einkaufszentrum, um dahinter in Deckung zu gehen. "Wo bleibt denn die verfluchte Verstärkung?", schimpfte Shawn und betrachtete seine nutzlose Pistole. "Sollen wir diese Missgeburten mit dem Kolben niederschlagen oder was?" David hatte ebenso wenig eine Ahnung, was sie nun machen sollten. Einer der drei schützte sie alle vor den Projektilwaffen der Polizisten. McAmergan war für die Offensive zuständig. Welche Rolle spielte dann das Mädchen? Es musste doch einen Weg geben, einen der drei Hexen auszuschalten und damit ihre Taktik zu neutralisieren und sie angreifbar zu machen. Wer von den dreien war das schwächste Glied der Kette?

"Ich befürchte fast, wir müssen die im Nahkampf angreifen", bestätigte David und sah über den Rand des Brunnens zu den drei Hexen. McAmergan feuerte violett leuchtende Blitze aus seinen Fingerspitzen ab, die knisternd über den Asphalt der Straße züngelten, hielt damit die Polizisten auf Distanz. Der Mann mit der Brille trug nun beide Geldkoffer, schien alleine mit der Kraft seiner Gedanken die Kugeln abzuwehren. Fast gemütlich entfernten sich die drei von der Bank, hatten nun die Straßenkreuzung überquert und näherten sich dem Einkaufszentrum und damit auch dem Brunnen. "Wohin wollen die?", fragte Shawn und riskierte einen Blick, ehe er sofort wieder den Kopf einzog, "Wollen die einfach bequem nach Hause spazieren?" David vermutete, dass die Gruppe einen Fluchtwagen hatte. Warum jedoch beeilten sie sich nicht? Oder warteten sie regelrecht auf Verstärkung, um so viele Polizisten wie nur möglich auszuschalten?
"Pass auf, Shawn", begann er und zückte seinen Schlagstock. "Wir warten, bis die drei ganz nahe sind, dann greifen wir an." Shawn sah missmutig drein und David konnte es ihm nicht verübeln. "Du verpasst dem Typen mit der Brille eine Prise Pfefferspray ins Gesicht. Mit etwas Glück ist er dann außer Gefecht und kann sich nicht mehr auf den Schutz der Gruppe konzentrieren. Ich selber werde McAmergan einen Schlag auf den Kopf verpassen. Dann haben wir die drei am Wickel, verstanden?" Shawn schnaubte, zog jedoch sein Pfefferspray. "Bei dir klingt das so einfach, Anderson. Ich hab jedoch fast schon Angst, dass ich heute nicht lebend nach Hause komme." David brummte zustimmend. "Denkst du, mir geht es anders? Wenn Melissa das hier im Fernsehen sieht..." Er schwieg und atmete tief durch, spähte kurz über den Rand des Brunnens. Die drei Hexen waren direkt auf der anderen Seite des Brunnens. David nickte Shawn zu und beide sprangen auf, setzten sich in Bewegung, da alle drei Hexen ihnen den Rücken zudrehten.

"Komm schon, Ryan", bat das Mädchen namens Nue und zog am Ärmel des anderen. "Wir müssen los! Das hat doch keinen Sinn. Hatten wir nicht besprochen, keine Menschen zu gefährden?" Der junge Mann mit der Brille nickte. "Wir wollten doch schon längst weg sein, Mann. Du hältst uns auf! Echidna wird nicht zufrieden..." Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden, da Shawn bei ihm war, ihn herum riss und ihm Pfefferspray ins Gesicht sprühte. David war direkt neben ihm und alles schien wie in Zeitlupe zu geschehen, als der Junge mit der Brille schreiend zu Boden ging und McAmergan einen Blitz direkt auf Shawn überspringen ließ und auch ihn damit zu Boden schleuderte. Blitzschnell schlug David mit seinem Schlagstock zu und traf McAmergan an der Schläfe.
Sofort wirbelte David herum, hob die Pistole in der anderen Hand und richtete sie auf das Mädchen namens Nue. Doch war diese direkt bei Shawn, packte ihn und verschwand plötzlich mit ihm, tauchte direkt über dem Brunnen auf und ließ Shawn los. David sah, wie sein Kamerad schreiend im Wasser landete, dann jedoch war Nue direkt vor ihm. Er konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Nue auch ihn packte und er plötzlich den Boden unter den Füßen verlor. Alles drehte sich und dann war das Mädchen auch schon verschwunden. David fand sich mitten in der Luft wieder und fiel dem Brunnen unter sich entgegen und bevor er sich zusammen rollen konnte oder andere Schutzmaßnahmen versuchen konnte, spürte er nur einen harten Schmerz im Rücken, als er auf die Steinkante des Brunnes aufschlug. Knapp hatte er den Brunnen verfehlt. Gerne hätte er sich sofort wieder aufgerappelt, doch seine Beine gehorchten ihm nicht mehr und er wurde beinahe verrückt von dem Stechen in seinem Rücken. Der Schmerz war so enorm, dass ihm bereits schwarz vor Augen wurde und das Letzte, was er sah war das junge Mädchen, welches sich die Geldkoffer schnappte. Schüsse ertönten und das Mädchen hielt sich nicht lange auf, um auf ihre Kameraden zu achten. Nur kurz sah sie zu David und ihre Blicke trafen sich, ehe das Mädchen erneut einfach verschwand und David ohnmächtig wurde und von Dunkelheit umfangen wurde.


Eine weitere Explosion aus Richtung Parkplatz riss Anderson aus seinen Gedanken und er atmete tief durch, sah dann langsam um die Ecke. Er hatte sein Heil in der Flucht gesucht, nachdem Echidna aus der Kanalisation aufgetaucht war und einen Soldaten grausam hingerichtet hatte. Der Soldat hing an seinem eigenen Rückgrat aufgespießt, doch Echidna war nicht mehr zu sehen. Anderson schalt sich dafür, in Deckung gegangen zu sein. Doch was hätte er denn gegen Echidna unternehmen können? Mit guten Absichten alleine war dieser fleischgewordene Albtraum sicher nicht aufzuhalten. Dass er nun ständig an seinen Unfall vor all den Jahren denken musste machte die Sache nicht besser. Er wusste, dass er konzentriert bleiben musste, hatte ja auch eigentlich die bestmögliche Ausbildung genossen, um einen kühlen Kopf bewahren zu können. Doch es gelang ihm nicht wirklich. Die Erinnerungen drängten sich ihm regelrecht auf und er ertappte sich dabei, dass er Angst hatte. Dabei war es weniger die Angst vor einem schnellen Tod, als vor den schrecklichen Dingen, die einem Echidna anzutun vermochte.
Und wenn er ganz ehrlich war, fürchtete er sich vor allem davor, noch einmal so durch die Mangel gedreht zu werden wie damals. Möglicherweise könnte dieser Einsatz für ihn schlimmer enden als bei dem Überfall auf die Bank. Sein Rückgrat war am Ende dank künstlichen Verbesserungen gut wiederhergestellt worden. Doch es gab Verletzungen, die selbst mit modernster Medizin und der besten Technologie nicht zu heilen waren. Lag es am Auftauchen von Echidna? Oder an der Anwesenheit von Nue? Immerhin hatte er schon so viele Einsätze erfolgreich absolviert ohne Zweifel, Ängste und Erinnerungen seinen Verstand blockieren zu lassen. Und ironischer weise konnte gerade so etwas zu Fehlern führen und zu den von ihm so befürchteten Konsequenzen. Anderson atmete tief durch und sagte sich, dass er noch recht jung war und vor allem fähig - selbst ohne den Reflexbooster im Rückgrat. Er war körperlich absolut fit und war ein guter Schütze. Auch im Nahkampf war er geübt, selbst ohne die Unterarmklingen. Alles was er brauchte war lediglich ein klarer Kopf und er hatte gute Chancen, den Tag lebendig und in einem Stück zu überstehen.

Und sich nun Gedanken an den Vorfall damals zu machen, brachte ihn nun auch nicht weiter. So bitter die Erinnerungen an damals auch waren, er konnte die Dinge nicht ungeschehen machen. Was geschehen war, war nun einmal geschehen. Zu gut konnte er sich an seine Zeit im Krankenhaus erinnern, an die Besuche seiner Familie und seiner Kollegen. Die meisten hatten ihm gut zuzureden versucht. Melissas Sorge und Trauer war schnell einer unerbittlichen Wut gewichen, die sich ganz allein auf ihn fixiert hatte. Für sie hatte ganz allein er die Schuld an seiner Lähmung, immerhin hätte er die Hexen auch entkommen lassen können oder jemand anderen den Vortritt lassen können, als es darum ging, die Hexen anzugreifen. Auf seine Rechtfertigungen hörte sie dabei nie. Doch selbst nach all den Jahren bereute es Anderson nicht, sich den drei Hexen gestellt zu haben.
Er war Polizist geworden, um für Recht und Ordnung zu sorgen, den Menschen zu helfen und die Welt ein klein wenig sicherer zu machen. Und obwohl das Mädchen namens Nue damals mit den Geldkoffern entkam, hatten Shawn und er gemeinsam die beiden anderen Hexen erledigt, denn ohne die telekinetische Barriere des einen Jungen waren beide vom Gewehrfeuer der Polizisten getötet worden. Obwohl er gelähmte Beine für seinen Mut bekam, half ihm der Gedanke, vielleicht zahlreiche Leben gerettet zu haben über die schwere Zeit im Krankenhaus hinweg. Dies war auch der Gedanke, der ihm den Dienst bei AEGIS erträglich machte: Dass er mit jeder getöteten Hexe möglicherweise zahlreiche Menschenleben rettete. Doch trotzdem war sein Leben nun ein anderes. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus musste er sich um seine Verletztenrente kümmern, bekam einen Schwerbehindertenausweis und wollte sich um einen anderen Arbeitsplatz bemühen. Die Polizei bot ihm einen Schreibtischjob an, was für Anderson jedoch nicht mehr in Frage kam, nachdem er eines Abends nach Hause kam und Shawn und Melissa im Schlafzimmer erwischte. Damals war er zu seinen Eltern gezogen und die Sache mit der Scheidung ging erstaunlich schnell und sauber von der Bühne. Die Geschichte mit Shawn und Melissa war zwar nicht mehr als eine kurze Affäre gewesen, aber Melissa war auch nicht besonders scharf darauf gewesen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.

Besonders schlimm war es wegen den Kindern gewesen. Melissa zog schließlich ans andere Ende von Ylesia und für Anderson war unmöglich geworden, die Kinder regelmäßig zu sehen und dabei auch noch das zu machen, was ein Vater eben mit seinen Kindern macht. Mit gelähmten Beinen war das Spielen mit den beiden mehr als eingeschränkt. Irgendwann sagten die beiden ihm am Telefon, dass er sie nicht mehr abzuholen brauchte und obwohl er dahinter eine Manipulation seitens seiner Exfrau vermutete, konnte er wenig daran ändern. Seine Eltern hatten versucht, ihm Trost zu spenden, sprachen ständig davon, dass die Götter für alles einen Plan hatten und dass auch wieder bessere Zeiten kommen würden. Für Anderson stellte sich jedoch heraus, dass die Zeiten erst bedeutend schlechter werden würden, ehe es auch nur ansatzweise einen Lichtblick am Horizont gab.
Vergangenheit war Vergangenheit. Zum Nachdenken war in einem Kampfeinsatz kein Platz und Anderson ohrfeigte sich selbst, ehe er sich vom Boden der Seitengasse erhob und seinen Helm aufsetzte. Dann zog er seine beiden Revolver und bog um die Ecke. Wachsam schritt er durch die Gasse und versuchte dabei, nicht den aufgespießten Soldaten zu betrachten, sondern das Ende der Gasse im Auge zu behalten. Dort angekommen drückte er sich gegen die Mauer und sah sich vorsichtig um. Der Parkplatz war kaum noch als solcher zu erkennen. Viele Autos brannten und Rauch verdunkelte den Himmel und hing wie ein schwarzer Nebel über dem Parkplatz. Unweit des Gefangenentransporters war ein kleiner Krater, in den einige Autos gerutscht waren. Anderson musste sich fragen, wo Colonel Mayhem nun eigentlich war, denn der Gefangenentransporter war umringt von einer Barrikade aus Autos, hinter der sich die Hexen verschanzt hatten. War der Colonel in Gefangenschaft geraten? Oder gar gefallen? Anderson sah zu den Soldaten, die die Hexen umzingelt hatten und mit Gewehrfeuer bearbeiteten. Möglicherweise war Mayhem bei ihnen. Er beschloss, sich ihnen anzuschließen und vielleicht ergab sich die Gelegenheit, einige Hexen zu erledigen oder gar gefangen zu nehmen. Was würdest du eigentlich tun, musste er sich fragen, als er über den Parkplatz zu seinen Kameraden stürmte, wenn du Nue in die Finger bekommen würdest?

Bei den anderen Soldaten, die die Hexen umstellt hatten, angekommen, fragte er sofort nach den aktuellen Befehlen, dem Verbleib des Colonels und der Position von Echidna. Man konnte ihm keine Antwort geben. "Wir haben den Gefangenentransporter verlassen, als der Gleiter der Hexen abstürzte. Dann gab es die Explosion, die den Krater verursachte. Ein Teil des Bodens senkte sich regelrecht ab und aus dem Loch stürmten einige Hexen und gingen auf uns los. Dann brach das Chaos aus." Der Soldat feuerte auf die Hexen, sprach erst weiter, als er sein Gewehr nachladen musste und dafür hinter einem Auto in Deckung ging. "Wir wissen nicht, wo der Colonel abgeblieben ist. Wir wollen vorerst nur verhindern, dass die Hexen durch das Loch im Boden entkommen und versuchen, so viele von ihnen abzuknallen wie wir können. Möglicherweise kommt ja bald Verstärkung."
Anderson hatte ähnliche Worte schon einmal gehört und nun lief es ihm eiskalt den Rücken runter. Irgendwann hatte er einmal eine Zeitschrift gelesen und das Zitat eines Wissenschaftlers hatte ihn dabei besonders gefesselt. Es betraf zwar eher die Fehler der gesamten Menschheit, bezüglich der Zerstörung der Natur und des Auftauchens des Nebels, doch ließ sich das Zitat auch perfekt auf die eigene Situation abwandeln: "Wer sich nicht an die Fehler der Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen!" Anderson schluckte hart und richtete die Revolver auf die Hexen, gab ein paar halbherzige Schüsse ab. Wahrscheinlich würde keine Verstärkung kommen. Oder - was auch eine Möglichkeit war - AEGIS würde den ganzen Bezirk in Schutt und Asche legen und sämtliche Truppen auf und um den Parkplatz herum opfern, um den Fuchs und Echidna zu töten. Diesbezüglich machte sich Anderson keine Illusionen, er war sich ziemlich sicher, dass für AEGIS diese Option durchaus in Frage kam. Durch eine Lücke in den Reihen der Soldaten rannten nun zwei Kinder und ein junger Mann zu den Hexen und gingen in Deckung. Für einen Moment war Anderson geschockt, wie viele junge Kämpfer die Hexen doch hatten. Allerdings würde er sich von ihrem Äußeren nicht täuschen lassen. Selbst Kinder wie Nue konnten unglaublich tödlich sein, dass wusste wohl niemand besser als er.

"Feuert alles ab, was ihr habt", brüllte einer der anderen Soldaten. "Benutzt euer Ambrosia und seht zu, dass ihr diese Missgeburten kalt macht!" Das wilde Gebrüll der Soldaten bescherte Anderson eine Gänsehaut. Einer wilden Raserei gleich eröffneten sie das Feuer und die Hexen konnte wenig mehr tun, als in Deckung zu gehen und vereinzelt ihre Kräfte für einen Gegenangriff zu benutzen. War es blinder Gehorsam oder die berauschende Wirkung des Ambrosia, das die Soldaten antrieb? Einige sprangen über ihre Deckung hinweg und stürmten auf die Hexen ein. Anderson konnte sehen, dass hinter der Barrikade der Hexen bereits einige Tote lagen. Doch die vorstürmenden Cherubim machten sich selbst zur Zielscheibe. Die meisten von ihnen wurden mit Feuerbällen und ähnlichen Projektilen beworfen und viele von ihnen gingen in die Knie. Doch einige erreichten die Reihen der Hexen und richteten große Schäden an, ehe sie zur Strecke gebracht wurden. Ein Soldat warf zwei Autos beiseite und riss damit einen Teil der Deckung ein und erlaubte es seinen Kameraden, die Hexen besser unter Beschuss zu nehmen.
"Ich denke, es ist an der Zeit, dass man euch Respekt lehrt", hörte Anderson und als er sich umdrehte, sah er die Frau mit dem weißen Mantel. Mit einem lässigen Schlag ihrer Hand, als würde sie eine Fliege verscheuchen, erwischte sie Anderson am Helm und schleuderte ihn zurück. Sein Helm krachte gegen das Auto, welches er als Deckung genommen hatte und mit Sternen vor den Augen und dröhnendem Kopf ging er zu Boden. Mühsam hob er den Kopf, um Echidna im Auge zu behalten und sah, wie sich ein langer, weißer Dorn aus ihrer linken Handfläche bohrte und sie diesen Dorn durch einen anderen Soldaten rammte, ihn regelrecht an das Auto nagelte. Sie brach den Knochenspeer ab und breitete beinahe einladend die Hände aus, als sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Soldaten auf sich zog - und ihr Gewehrfeuer. Anderson ließ sich auf den Boden fallen und rollte sich unter das Auto, als Kugeln um Echidna herum in den Boden einschlugen. Kugeln trafen ihren Mantel, doch statt die Hexe zu durchlöchern sprengten die Geschosse nur kleine, weiße Splitter aus ihrem Mantel und Anderson erkannte, dass sowohl Mantel als auch Hut Teil ihres Körpers sein mussten. Ihr amethystfarbenes Auge funkelte boshaft, dann jedoch wehte der Wind ihr langes, schwarzes Haar beiseite und Anderson sah, dass ein Großteil ihrer rechten Gesichtshälfte entstellt war, verzerrt vor Verbrennungen. Die Verletzung musste bereits sehr alt sein, doch war die Haut immer noch gerötet, war voller Blasen und wirkte wie geschmolzenes Wachs. Als wäre dieser Anblick nicht schon verstörend genug, schoben sich nun lange, dünne Knochendornen aus Echidnas Körper und schnell wirkte ihr weißer Mantel wie ein Schuppenpanzer. "Heißt es nicht, dass Schmerz ein Lehrer ist, den man nicht so schnell vergisst?", rief Echidna herausfordernd und fixierte die Soldaten mit ihren monströsen Augen, "Wollen wir doch mal schauen, dass ich euch diesen Tag unvergesslich gestalte!"

Gewehrfeuer prasselte auf Echidna ein, sprengte weiße Knochensplitter aus ihrem Körper, ohne jedoch allzu großen Schaden anzurichten. Selbst Anderson nahm einen seiner Revolver zitternd in beide Hände und feuerte aus seiner Deckung unter dem Auto auf diesen fleischgewordenen Albtraum. Echidna war indes längst nicht mehr als menschliches Wesen zu erkennen. Ihre Hände endeten in langen, messerscharfen Knochenklauen und es gab keinen Teil ihres Körpers, der keine stachelige Masse war. Ihr schwarzes Haar war nicht mehr zu sehen, doch glaubte Anderson, irgendwo noch zwei leuchtende, violette Augen zu erkennen. Mit einem markerschütternden Brüllen setzte sich Echidna in Bewegung, stürmte auf einen Soldaten ein und mit einem Hieb ihrer Klauen zerfetzte sie ihm den Brustpanzer und das darunter liegende Fleisch. Anschließend rammte sie ihre Krallen in eines der Autos, die von den Soldaten als Deckung benutzt wurden und warf es beiseite, ehe sie weiter unter den Soldaten wütete. Anderson schoss immer wieder auf sie, doch ohne große Wirkung.
Einige Soldaten stellten sich Echidna in den Weg und anhand ihrer bläulichen Aura konnte Anderson erkennen, dass sie ihr Ambrosia benutzt hatten. Einer der Soldaten riss sich den Helm vom Kopf und schrie, wobei sein Schrei einer Druckwelle gleich gegen Echidna schlug und ihren Ansturm bremste. Selbst durch seinen Helm hindurch konnte Anderson das schrille Geräusch hören und überrascht sah er, wie Echidna ihre Klauen an die Seiten ihres stacheligen Kopfes presste und ins Wanken geriet. Dann allerdings warf sie sich auf den Soldaten und begrub ihn unter ihrem stacheligen Körper. Sofort ebbte das sirenenartige Geräusch ab und Echidna kam wieder auf die Beine, nur um einen Kinnhaken zu kassieren, der sie rückwärts wieder zu Boden warf. Ein großer, muskulöser Soldat hatte sich ihr in den Weg gestellt und schlug mit der massigen, linken Faust herausfordernd in die rechte Handfläche. Geduldig wartete er, bis Echidna sich wieder aufgerappelt hatte und sofort warf sich Echidna mit einem wütenden Kreischen auf ihren Gegner. Doch dieser bekam sie irgendwie zu packen, wirbelte sie herum und schmetterte ihr Gesicht zuerst in die Windschutzscheibe, dann auf die Motorhaube eines Autos. Knurrend wirbelte Echidna herum und ihre Klauen zerfetzten die Rüstung des Soldaten, ehe sie abbrachen. Anderson konnte erkennen, dass das Fleisch unter der Rüstung Farbe und Konsistenz von Metall hatte.

Der Soldat lachte, ehe er Echidna seine Fäuste ins Gesicht donnerte und sie mit einem Tritt in die Magengrube weg von seinen Kameraden drängte. Anderson lud seine Revolver nach, ohne jedoch die Absicht zu haben, weiter auf Echidna zu feuern. Allerdings hatte er die vage Hoffnung, dass der Soldat mit dem Metallkörper Erfolg haben könnte und Echidna endlich aufzuhalten vermochte. Ihre Klauen vermochte ihm nichts anzuhaben und auch ihre Knochenspeere brachen bei Kontakt mit dem Körper des Soldaten, während dessen wuchtige Schläge und Tritte Echidna mehr und mehr zurück drängten. Anderson wusste, dass die Kräfte der Hexen auch Grenzen hatten, ebenso wie die Wirkung des Ambrosia. Wer würde länger durchhalten?
Jeder Schlag hallte wie ein lautes Donnern über den verwüsteten Parkplatz und jeder Treffer ließ Echidnas knöchernen Stachelpanzer splittern. Echidna galt seit vielen Jahren als unbesiegbar, als größte Bedrohung der Menschheit - nach dem Nebel, zumindest. Nun jedoch kassierte sie wohl die Tracht Prügel ihres Lebens und obwohl Anderson froh war, dass sie nicht mehr unter den Soldaten wüten konnte, so befremdlich fand er es auch, dass sich hier zwei menschliche - und doch so unmenschliche - Wesen derart erbittert bekämpften. Echidna ging zu Boden und der Soldat trat ihr kräftig in die Seite, ehe er Echidna aufzustehen erlaubte, nur um dann weiter auf sie einzuschlagen. Dann jedoch packte er ihren Kopf und es schien, als würden nun restlos alle Augen auf dieser Auseinandersetzung ruhen, denn der Soldat versuchte, Echidnas Genick zu brechen. Echidna jedoch packte die Handgelenke des Soldaten und Anderson konnte sehen, dass ihre knöchernen Klauen sich feste um die Handgelenke schlossen und regelrecht zusammen wuchsen, um ein Entkommen zu verhindern. Dann stemmte Echidna einen Fuß in den Magen des Soldaten und begann, zu ziehen. Das triumphierende Lachen des Soldaten wurde zu einem langen Schmerzensschrei und er versuchte, sich auf Echidna zu werfen, die sich jedoch nach hinten abrollte, den Soldaten über sich schleuderte und selbst hinterher rollte, um auf dem Soldaten zu landen, wo sie nun beide Füße gegen die Brust des Soldaten stemmte, weiter an seinen Armen zerrte, bis diese knirschend nachgaben und unterhalb der Schultern heraus gerissen wurden.
Echidna ließ die Arme des Soldaten fallen, als hätte sie ihren Gegner bereits wieder vergessen und wandte sich den anderen Soldaten zu. "Es gibt doch immer wieder welche, die es ganz genau wissen wollen", zischte sie drohend. "Kommt her!" Mit einer Kralle winkte sie die Soldaten provozierend heran. Dann jedoch schloss sich eine Hand um ihr Handgelenk und die Stacheln verschwanden, formten sich zurück zu dem weißen Mantel. Anderson blinzelte noch verwundert, weil die Rückverwandlung so schnell ging. Und als die wuchtige, stachelige Gestalt Echidnas wieder zu einer zierlichen Frau geworden war, erkannte Anderson auch die Person, die Echidnas Handgelenk umklammert hatte und direkt neben ihr stand. Mit ihren Mänteln könnte man beinahe sagen, sie gingen im Partnerlook. Doch wusste Anderson auch um die Unterschiede der beiden, besonders in Sachen ihrer Herangehensweise. "Ich denke, es ist jetzt genug, Elaine", sagte der Fuchs mit ruhiger, jedoch entschlossener Stimme.
 
Da lieferst du ja mal eine ganz nette Rückblende. Die hätte schon beim ersten Auftritt von Anderson nicht geschadet, aber ich will nicht groß meckern, weil es mir doch ganz gut gefallen hat. Der kleine Einblick in Andersons Vergangenheit gefiel mir, auch dass er und sein Kollege sich mal über völlig belanglose Dinge wie Augen- und Haarfarben unterhalten haben. Die Szene am Springbrunnen mit den Hexen fand ich auf ihre simple Art und Weise irgendwie besser als alle Kämpfe mit modernen Waffen und Superkräften zusammen, weil ich mich hier ganz gut in die Verzweiflung der beiden Polizisten hinein versetzen konnte. Auch nach der Rückblende hast du dich noch etwas mit den Erinnerungen von Anderson bezüglich seiner Vergangenheit beschäftigt und hier haben mir auch Andersons Beweggründe sehr gefallen. Dem folgten noch vier Absätze mit ein wenig Action und einer Echidna, die ziemlich brutal unter den Soldaten wütete und dabei... wie ein Igel oder Stachelschwein aussah? Naja, ich denke hier einfach mal an Anime wie Naruto oder ähnliches und schon wirkt Echidna in der Tat ziemlich schrecklich, wobei du eventuell die Beschreibungen hättest besser gestalten können. Nun bin ich gespannt, wie es mit dem Fuchs und Echidna weiter geht und ob AEGIS noch etwas nennenswertes im Ärmel hat. War echt mal schön, nicht zu viele Absätze mit Gekämpfe vorzufinden und tatsächlich freu ich mich auf eine Verschnaufspause mit Dialogen, Gefühlen und Informationen, wenn/falls die Vaishara bald entkommen.
 
@Quinn:

Nun, vielleicht schränkt mich das Grundkonzept der Geschichte ein, aber trotzdem muss ich versuchen, die Charaktere gut rüber zu bringen. So gut, wie ich selber es eben kann. Ein paar Kapitel habe ich ja noch vor mir und ich sehe zu, dass ich die auch gut nutze - zumindest bei den wichtigen Charakteren. Ich habe eine Geschichte, die ich erzählen möchte und da muss ich sehen, dass das Gleichgewicht zwischen dem Story-Gerüst und den Charakteren einigermaßen stimmt. So, ich sehe zu, dass das Ende dieses Kapitels der Höhepunkt des Sagon-Besuches wird. Dann wird es erstmal ein wenig ruhiger. Achja: Ich habe Echidnas echten Namen im Nachhinein verändert. Keine große Sache, weil er ja erst einmal genannt wurde.

Sorry wegen der langen Pause. Ganz zufrieden bin ich nicht, denn der Part zieht sich etwas in die Länge. Aber ich bin froh, überhaupt weiter schreiben zu können. Und mit dem nächsten Post endet der Sagon-Konflikt. Viel Spaß beim Lesen!


------------------------------------------------------



"So hat mich seit vielen Jahren niemand mehr genannt", entgegnete Echidna auf die Worte ihres Gegenübers und senkte die Arme, ließ ein schwaches Lächeln aufblitzen. "Vielleicht ist es mal wieder an der Zeit", antwortete der Fuchs und ließ ihr Handgelenk schließlich los. Echidna senkte ihre Arme, doch ihr Lächeln verschwand schnell. "Du hättest dir einen besseren Zeitpunkt aussuchen sollen, um zum Plaudern vorbei zu schauen!" Kurz huschte ihr Blick über das Schlachtfeld, das einst ein Parkplatz gewesen war. "Und einen besseren Ort", fügte sie hinzu. Der Fuchs zuckte mit den Schultern. "Nun, eigentlich bin ich nicht zum Plaudern hier. Eigentlich möchte ich bloß wieder fort. Vorzugsweise in einem Stück." Seine Mundwinkel zuckten und als einer der Soldaten auf ihn schoss, lenkte er den Laserstrahl hastig gen Himmel und sein Blick wurde wieder ernst. Kevin behielt die beiden neugierig im Auge, hatte sich ganz in der Nähe hinter einem umgeworfenen Auto in Deckung begeben. Das der Fuchs als Anführer seiner eigenen, kleinen Gruppierung mächtig war, war ihm klar. Doch er hatte während seiner Gefangenschaft auch viele schlimme Geschichten über die Frau namens Echidna gehört. Würde es nun zu einem Kampf zwischen den beiden kommen? Immerhin waren ihre Ziele so unterschiedlich und ihre Persönlichkeiten wohl ebenfalls. Doch war sich Kevin sicher, dass die missliche Lage eine Zusammenarbeit erforderlich machte. Eben deshalb war er aufmerksam, sog jede noch so unwichtige Information in sich auf, denn er würde niemandem blind folgen, sah sich genauso als aktiven Teil der Gruppe wie es der Fuchs, Kassandra oder Phönix waren. "Du weißt, warum ich hier bin", erklärte der Fuchs und deutete nun ausgerechnet auf Kevin, der dem Blick der Frau mit den amethystfarbenen Augen jedoch standhielt.

"Aber was machst du hier eigentlich?" Echidna antwortete jedoch nicht, sondern wandte sich ab und schritt auf den zerschossenen Bus zu, wo sowohl ihre Anhänger als auch die des Fuchses warteten. Der Fuchs verzog missmutig das Gesicht und suchte rasch neben Kevin Deckung. Sofort war Tessa an seiner Seite und gab ihm einen Statusbericht. "Wir haben nur noch auf euch gewartet", begann sie und ihr Blick wurde finster, als sie bemerkte, dass Richard und Joey nicht mit dem Fuchs gekommen waren. "Kassandra hat einige Blessuren, hauptsächlich Brandverletzungen. Phönix ebenso. Garth hat einige Kratzer von den Auseinandersetzungen mit den Soldaten und Nue hat einen gebrochenen Arm." Kevin beobachtete, wie der Fuchs seine angeschlagenen Kameraden ansah. Sie würden ihm folgen, warteten nur noch darauf, Befehle zu empfangen. Kevin fand ihre Loyalität lobenswert, doch musste er sich auch fragen, was passieren würde, wenn der Fuchs einmal nicht in der Lage war, sie aus dem Schlamassel zu holen. "Die Leute von Echidna hatten nicht ganz so viel Glück, obwohl sie Jocelyn dabei haben." Der Fuchs huschte mit Tessa zu einem anderen Auto, wo bereits Nue hockte. Kevin folgte ihnen, wobei Lasersalven hinter ihnen auf den Boden einschlugen. "Wie geht es deinem Arm?", fragte er besorgt, doch Nue winkte gelassen ab. "Ich habe schon Schlimmeres abbekommen." Der Fuchs lächelte matt, dann sah er zu den Leichen am Boden. Die meisten Leichen waren Soldaten von AEGIS, doch der Fuchs sah auch einige tote Mitglieder von Echidnas Gruppierung. Sein Informationsnetzwerk war groß, vermutlich kannte er die meisten sogar mit Namen.

Echidna hatte wesentlich mehr Vaishara auf ihrer Seite, da ihre menschenfeindliche Gesinnung oft Anklang bei jungen Hexen fand. Die Tatsache, dass sie aggressiv gegen Menschen vorging sorgte auch dafür, dass sie wesentlich seltener Verluste betrauern musste als die Gruppe um den Fuchs. Dieser Tag jedoch war auch für Echidna ein besonders schwarzer, denn ihre Verluste waren enorm: Neun tote Vaishara. Doch während der Anblick dem Fuchs sichtlich zu schaffen machte, wirkte Echidna absolut gelassen, beinahe sogar erheitert. Der Fuchs schüttelte mit dem Kopf beim Anblick der Toten. Sein Blick suchte den von Echidna, doch diese redete mit Jocelyn. Also erhob sich der Fuchs und huschte durch einen Hagel von Gewehrfeuer zur Deckung Echidnas. "Ob die beiden kämpfen werden?", fragte Kevin an Nue gerichtet, die ihren linken Arm festhielt und bei jedem Schuss der Soldaten die Augen zusammen kniff. "Dem Fuchs liegt unser Wohlergehen am Herzen. Echidna ist da schwer einzuschätzen. Sie sieht momentan kein wenig betroffen aus." Sachlich sprach Kevin seine Gedanken aus, wollte Nue auch ein wenig von den Schmerzen ablenken. "Die beiden sollten besser zusammen arbeiten und zusehen, dass wir aus dieser Todesfalle entkommen", knurrte Nue leise und verzog das Gesicht, "Denn nahezu wir alle sind müde. Ich kann mich vor Schmerzen kaum noch konzentrieren und lange werden wir nicht mehr hier ausharren können. Wir müssen hier weg und zwar schnell." Kevin nickte zustimmend und hoffte, dass auch der Fuchs und Echidna zu dieser Schlussfolgerung kommen würden. "Huschen wir mal rüber", schlug er schließlich vor. "Ich möchte hören, was die beiden da planen."

Doch gerade als die beiden durch das Laserfeuer eilten um in Hörweite vom Fuchs und Echidna zu kommen, schienen Kevins Hoffnungen zu verpuffen wie der Autolack unter den Einschlägen der Lasersalven. Denn sie bekamen gerade noch mit, wie Echidna den Fuchs einen Mistkerl nannte und ihm mit einer Wucht ins Gesicht schlug, die ihn mehrere Meter nach hinten schleuderte, wo er mit dem Rücken gegen eines der Autowracks krachte und benommen im Staub sitzen blieb. Tatsächlich schien sich nun doch ein Kampf zwischen den beiden anzubahnen, denn Echidna schritt sofort auf den Fuchs zu und fixierte ihn mit ihren violetten Augen. Wind wehte ihr Haar beiseite und ihre vernarbte Gesichtshälfte verlieh ihr das Aussehen einer bösen Rachegöttin aus längst vergangenen Zeiten. Der Fuchs rieb sich die blutende Unterlippe, machte jedoch keinerlei Anstalten, sich zu erheben oder gar zu wehren. Doch die Stimmung zwischen den beiden Gruppierungen der Vaishara war nun merklich angespannt. Kevin sah wie Garth sich am liebsten auf Echidna gestürzt hätte, doch Tessa konnte ihn mühsam beruhigen. In den Reihen von Echidnas Anhängern trat ein junger Mann vor, der von Jocelyn Taro genannt wurde, ein ziemlich großer, dünner Jugendlicher mit schulterlangen, schwarzen Haaren. Er hatte bereits einen Zeigefinger auf den Fuchs gerichtet und seine Fingerspitze begann zu brennen. Jocelyn jedoch legte ihm die Hand auf die Schulter und flüsterte wohl beschwichtigend auf ihn ein. Die Soldaten indes waren von dieser Wendung der Ereignisse wohl so überrascht, dass sie ihr Feuer vorerst einstellten und nunmehr einfach nur beobachteten, was da zwischen den beiden mächtigen Vaishara vor sich ging. "Du hast ganz schön Nerven, mich hier zu beleidigen", knurrte Echidna den Fuchs an, blieb direkt vor ihm stehen. "Nach allem was du abgezogen hast, damals. Obwohl meine Leute und ich nur noch hier sind, um euch eine Flucht zu ermöglichen. Und du kommst an und nennst mich Monster?!"

Der Fuchs rieb sich nun den schmerzenden Unterkiefer, machte ein paar mahlende Bewegungen mit dem Mund und schob dann mit einer Hand ein paar seiner langen Haare aus dem Gesicht und sah mit stählernen, grauen Augen zu Echidna auf. "Ja, das habe ich gerade getan", antwortete er gelassen und Kevin befürchtete bereits einen weiteren Angriff der Frau mit dem weißen Mantel. Sollten sie nun einfach zusehen, wie sich die beiden hier stritten? Während sie sich in der Falle von AEGIS befanden? Fragend sah er zu Nue, dann zu Kathy, die sich nun zu ihnen gesellt hatte. "Du benimmst dich nämlich wie eines, Elaine!" Die weiteren Worte des Fuchses schienen Echidna zu treffen wie ein Fausthieb. Ihr Zorn schien zu wanken, in ihre Augen traten eine unendliche Trauer, ein tiefer Schmerz. Doch einen Wimpernschlag später funkelte sie den Fuchs wieder wütend an. "Du bist nicht besser als ich", zischte Echidna nun mit einer Stimme so kalt wie Eiswasser, "Du beschuldigst mich, die Verluste unter meinen Leuten mit einem Schulterzucken abzutun doch gleichzeitig verlierst du mehr Anhänger als du rekrutieren kannst. Doch im Gegensatz zu dir habe ich bei meinen Unternehmungen wenigstens Erfolg!" Nun sah der Fuchs mehr als betroffen aus. Während Echidna laut genug sprach, dass alle Umstehenden sie gut hören konnten, schien der Fuchs nur zu wispern. Kevin jedoch war nur eine Handvoll Meter entfernt und hatte gute Ohren. Langsam schüttelte der Fuchs den Kopf und machte Anstalten, sich am Auto hinter sich hoch zu schieben um wieder auf die Beine zu kommen. Doch er scheiterte und blieb dann doch auf dem Boden sitzen. Kevin konnte nur ahnen, wie ausgelaugt er von den Kämpfen war. Und nun war dieser Streit hier eine weitere Last auf seinen Schultern, ein weiterer Schlag ins Gesicht. "Und wofür kämpfst du, Elaine?", fragte der Fuchs leise. "AEGIS auslöschen? Oder hat sich dein Hass auf die ganze Menschheit ausgebreitet? Möglicherweise projizierst du deinen Zorn ja auf die Falschen. Vielleicht bin ich es ja, der deine Wut verdient. Vielleicht sollten wir die alten Probleme hervor kramen und es ein für alle Mal klären."

"Ihr könntet auch den Ehekrach sein lassen und euch lieber darauf konzentrieren, dass wir es heile aus der Stadt schaffen", warf Kathy mit einer gnadenlosen Trockenheit in der Stimme in die Runde. "Ich will nämlich eigentlich noch eine ganze Weile leben und habe die Nase voll von der ganzen Scheiße hier!" Nun richteten sich Echidnas amethystfarbene Augen auf sie und sofort wich Kathy ein wenig zurück und versteckte sich halb hinter Kevin und Nue. Doch Echidna fixierte schnell wieder den Fuchs und ballte die Fäuste. "Alles habe ich für dich getan", presste sie hervor und begann vor Zorn oder Frustration zu zittern. "Wir waren doch immer ein Team! Und dann hast du mich im Stich gelassen!" Kevin konnte sehen, wie Tränen in die Augen der Frau im weißen Mantel traten. Der Fuchs schüttelte nun heftig mit dem Kopf. "Ich habe dich nicht im Stich gelassen. Ich bin nur aufgewacht und erwachsen geworden. Hätte ich dich im Stich gelassen, dann wärst du heute nicht hier. Dann hätte ich dich damals nicht aus dem Feuer gezogen, nachdem du in Fernod einfach zu weit gegangen bist. Du warst es, die sich von mir entfernt hat, nicht umgekehrt. Du wurdest zunehmend unmenschlicher - und damit meine ich nicht dein Aussehen oder deine Kräfte. Und dann wunderst du dich, dass ich mich von dir entfernt habe?" Nun erhob sich der Fuchs doch noch, hielt sich jedoch am Auto fest und schien Mühe zu haben, stehen zu bleiben. Kevin vermutete, dass er nicht nur erschöpft, sondern auch verwundet war. Der Begriff Fernod war ihm fremd, doch wahrscheinlich war es der Name einer Stadt. "Du willst mir doch nicht erzählen, dass du nur aus purer Nächstenliebe hier bist?", fragte der Fuchs nun und sah Echidna forschend an, versuchte vergeblich, Antworten in ihren Augen zu finden. "Was ist dein Ziel?"

Echidna bleckte die Zähne und zeigte ein wahres Raubtiergrinsen. "Ich bin hier, um Fortschritte zu erzielen. Was man von dir ja nicht gerade sagen kann. Während du deine Zeit verschwendest, die Menschen zu schonen und mehr Leute verlierst als gewinnst habe ich nun eine Freifahrt ins Hauptquartier von AEGIS gewonnen." Triumphierend breitete sie die Arme aus und lachte leise, während der Fuchs nur fragend die Stirn runzelte. "Du hast schon richtig gehört. AEGIS wird mir bald vollkommen ausgeliefert sein. Ich werde direkt in ihre Basis marschieren und das Problem direkt an der fauligen Wurzel angehen. Ich habe in den vergangenen sieben Tagen mehr für die Sache der Vaishara getan als du in den letzten sieben Jahren!" Provozierend tippte sie dem Fuchs mit einem Zeigefinger gegen die Brust. Der Blick des Fuchses war jedoch weich geworden. Ganz langsam nahm er Echidnas Hand in seine beiden Hände. "Lass ab vom Hass. AEGIS zu vernichten wird unser Problem nicht lösen. Andere Gruppierungen werden an ihre Stelle treten. Es gibt sie bereits jetzt, nur sind sie nicht so groß und bekannt wie AEGIS. Der Schlüssel zum Frieden ist nicht Vernichtung. Sondern Vertrauen. Kein Wunder, wenn sie uns hassen wenn sie so schreckliche Dinge von uns zu sehen bekommen." Echidna schmunzelte, ehe sie ihre Hand barsch aus den Händen des Fuchses riss. "Weiterentwicklung ist der Schlüssel zur Evolution. Der Stärkste überlebt. Das hier ist natürliche Auslese und ich werde mich nicht einer minderwertigen Rasse beugen. Es sollte umgekehrt sein. Du nanntest mich ein Monster? Du warst einmal genau so wie ich. Nun unterdrückst du deine wahre Natur, während ich sie voll und ganz auslebe. Das ist wahre Freiheit. Und die wird eines baldigen Tages jeder Vaishara genießen dürfen!"

"Du bist blind", entgegnete der Fuchs und sein Blick war wieder unerschütterlich wie Granit. "Du glaubst, du kannst einfach so AEGIS angreifen? Du wirst scheitern und Futter für die Propaganda der Hexenhasser sein! Wenn du Pech hast wird es genau so enden wie in Fernod, nur werde ich dann nicht zur Stelle sein, um dich noch einmal zu retten!" Nun konnte Kevin seine Neugier nicht länger zügeln. Sobald er die Gelegenheit hatte, würde er sich einen Computer suchen und sich über einige Dinge gründlich schlau machen müssen. Diese Welt war so neu und fremd für ihn und es gab so schrecklich viel, was er nicht wusste. Was war in Fernod passiert? Gerne hätte er Antworten auf seine zahlreichen Fragen. Doch war es auch wichtig, dass diese Diskussion langsam ihr Ende fand. Sie vergeudeten wertvolle Zeit und saßen noch immer in der Falle. "Was genau ist Fernod?", fragte Kevin wie aus der Pistole geschossen, ehe die Vernunft und Logik wieder die Oberhand über die Neugier gewann. "Und wann hüpfen wir endlich von diesem Präsentierteller?" Wie auch Kathy zuvor erntete Kevin nur einen vernichtenden Blick von Echidna, während der Fuchs jedoch lächelte. "Diese Diskussion ist sinnlos und sinnvoll zugleich", sagte er an Kevin gewandt, ließ jedoch Echidna nicht aus den Augen. "Denn obwohl wir eigentlich nicht die Zeit haben, versuche ich diese dickköpfige Ziege hier davon zu überzeugen, ihre Vorgehensweise ein wenig zu überdenken." Echidna schnaubte verächtlich bei diesen Worten, während sich Kevin eigentlich nur fragte, was eigentlich eine Ziege war. "Fernod war eine alte Stadt im Zentrum von Ylesia", erklärte der Fuchs mit sachlicher Stimme. "Fast so alt wie Aril. Den ursprünglichen Namen der Stadt habe ich allerdings vergessen. Um es zusammen zu fassen: Hier trat Echidna AEGIS das erste Mal kräftig auf den großen Zeh und das ganze endete mit dem Zusammenbruch des Schutzwalls und einem Brand, der die ganze Stadt vernichtete und bis heute unzugänglich machte."

"Ich habe eine wichtige Forschungseinrichtung von AEGIS vernichtet und dabei ein paar ihrer Wunderwaffen vernichtet. Ich habe unserer Sache einen großen Dienst getan!" Echidnas Stimme war entschlossen, doch anhand ihrer Mimik und Gestik konnte Kevin sehen, dass sie sich bewusst gegen die Anschuldigungen des Fuchses verschloss. "Du hast unzählige unschuldige Zivilisten getötet, wahrscheinlich auch einige Vaishara. Das ganze wurde in den Medien breit getreten und hat uns mehr geschadet als es die Forschungen von AEGIS dort jemals gekonnt hätten. Ich denke nicht, dass es die Sache wert war. Und es wird beim Hauptquartier von AEGIS wohl genau so enden. Und was ist mit der ganzen Aktion hier?" Der Fuchs machte eine umfassende Handbewegung. "Du hast heute so viele deiner Anhänger verloren und ich frage dich: Wofür? Was wiegt so viele Leben auf? Einzig und alleine dein Hass?" Echidna funkelte ihren Gegenüber wütend an, dann jedoch wandte sie sich ab und schlenderte zurück zum Bus. "Der Endsieg wiegt die Opfer auf", rief sie dem Fuchs über die Schulter hinweg zu. "Wo du deine kleinen Freunde für nichts und wieder nichts verlierst, opfere ich meine
Anhänger mit Bedacht. Ja, diese Verluste schmerzen mich. Doch ich nehme mir später Zeit zum Trauern. Verluste sind manchmal notwendig. Doch vergeblich sind sie nicht. Zumindest nicht bei meinen Leuten." Echidna lächelte sardonisch und blieb zwischen Jocelyn und Taro stehen. "AEGIS wird von mir zerschmettert werden. Niemand wird mich daran hindern." Sie sah zum zerschossenen Bus hinter sich und erhob die Stimme: "Nicolas, bring doch bitte unseren Überraschungsgast nach draußen. Es ist Zeit zu verschwinden. Hier gibt es nichts mehr zu tun für uns." Auf ihre Worte hin verließ ein kräftiger Mann mit dunkler Haut den Bus. Im Schlepptau hatte er einen gefesselten und geknebelten Mann in einer Uniform. Kevin kannte sich zwar nicht sonderlich gut mit Militärrängen aus, doch vermutete er, dass es sich bei dem Mann um ein hochrangiges Mitglied von AEGIS handelte. So also wollte Echidna ins Hauptquartier der hexenhassenden Organisation eindringen.

Allerdings wusste Kevin auch, wie idiotisch es von Echidna war, ihre Pläne so aus zu posaunen, wo AEGIS sie doch umzingelt und sicher zahlreiche Überwachungsanlangen auf sie gerichtet hatte. Möglicherweise würden Echidna und ihre Anhänger direkt in ihr Verderben laufen, wenn sie das Hauptquartier von AEGIS angriffen. "Wir dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen!", ermahnte der Fuchs sie und sein Blick war flehend, verzweifelt. "Wir müssen für eine bessere Zukunft zusammen arbeiten! Es geht nicht nur um Menschen und Vaishara, Elaine!" Er deutete gen Himmel und trat ein wenig näher an Echidna heran. "Wir haben unserer Welt so viele schreckliche Dinge angetan. Und du machst dir über kleine, genetische Abweichungen Gedanken? Wir müssen uns auf den Aufbau konzentrieren, nicht auf Zerstörung. Besonders unsere Gabe bringt eine Verantwortung mit sich. Unser Wirken darf nicht aus Hass, Egoismus und Vandalismus bestehen." Doch Echidnas Miene blieb bei den Worten des Fuchses ungerührt. Sie nickte einer jungen Frau mit kastanienbraunen Haaren zu, die sich auf den Boden vor sich konzentrierte. Ganz langsam bildete sich eine Senke im Erdboden und formte sich zu einem Loch, welches in die Dunkelheit führte. "Unsere Gabe bringt die Macht mit sich, sich gegen die Unterdrückung der Menschheit zu wehren!" Gelassen schritt Echidna dem unterirdischen Tunnel entgegen. Kevin wunderte sich, warum AEGIS noch immer tatenlos zusah. Doch als er sich umsah bemerkte er, dass er keine Soldaten mehr sah. "Es wird Frieden geben, ja. Aber manchmal muss es vorher eben Krieg geben." Echidna winkte ihre Anhänger zu sich, sah dann noch einmal eindringlich den Fuchs an. "Ich bin hier nicht die Böse, Liebster. Bald ist dieser furchtbare Konflikt vorbei und wir können ohne Angst leben. Das ist jedes Opfer wert. Es ist sogar deine Missachtung wert." Der Fuchs schüttelte traurig den Kopf, schritt auf Echidna zu, um sie doch noch umzustimmen.

Doch in diesem Moment schnellte ein einzelner Soldat hinter dem Auto hervor, welches Nue, Kathy und Kevin als Deckung diente. Blitzschnell war er bei Nue und griff brutal an ihren gebrochenen Arm, stellte sich hinter sie. Aus seinem linken Unterarm schob sich eine Klinge, klappte herum und lag dann an seinem Unterarmpanzer an, den er Nue an den Hals drückte, als er sie in den Schwitzkasten nahm. "Niemand bewegt sich", drang die gedämpfte Stimme aus dem Helm des Soldaten. "Ihr werdet nun den Colonel freilassen und euch ergeben, sonst wird es hier ziemlich ungemütlich." Er drehte den Kopf ein wenig und brachte sein Visier nahe an das Ohr seiner schockierten Geisel. "Keine Tricks, Nue. Diesmal nicht. Von niemandem!" Es war nicht der Fuchs oder Echidna, die zuerst das Wort ergriffen. Es war Kevin, der fast direkt neben dem Soldaten stand: "Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass sie völlig alleine sind? Alle anderen Soldaten haben sich aus dem Staub gemacht. Wollen Sie alleine uns alle festnehmen? Unwahrscheinlich. Gehen Sie!" Der Soldat wandte den Kopf und Kevin konnte sich den verdutzten Blick des Mannes nur vorstellen. Ein paar Sekunden lang passierte nichts, dann plötzlich riss sich der Soldat mit dem freien Arm den Helm vom Kopf und enthüllte verschwitzte, violette Haare und gehetzt wirkende, braune Augen. Fluchend griff er sich an sein Ohr und zog einen Ohrstöpsel heraus. "Ich habe keinen Kontakt zur Basis oder meinen Kameraden", knurrte er schließlich und griff mit der rechten Hand an seinen Gürtel, zog einen Sprengsatz hervor und öffnete mit dem Daumen den Deckel über dem Zündknopf und drückte auf eben diesen. "Totmannschaltung", erklärte der Soldat den umstehenden Vaishara. Kevin jedoch wusste bereits, was er da vor sich hatte. "Damit kann ich einige von euch in mit in den Tod nehmen, sollte mir etwas passieren. Nun möchte ich, dass dem Colonel Fessel und Knebel entfernt werden. Ihn nehme ich definitiv mit mir, wenn ich mich schon zurück ziehen muss. Das gleiche gilt für Nue hier. Und für Echidna und den Fuchs." Kevin fröstelte, als er den Hass in den Augen des Mannes sah. Den absolute Gegenpol dazu bildete der Fuchs, der bereitwillig die Hände hob und sich nun näherte. Kalte Berechnung fand sie in den Augen von Echidna, die wohl bereits überlegte, wie sie den Soldaten möglichst schnell töten konnte. Doch was Kevin überraschte war die Erkenntnis in den Augen von Nue, als sie zur Seite sah, ins Gesicht des Soldaten. Diese beiden kennen sich, erkannte Kevin. Wie sonst konnte der Mann ihren Namen kennen?
 
Hätte nicht gedacht, dass hier nochmal etwas neues kommt. Umso mehr freue ich mich aber, obwohl meine Meinung zu diesem Post durchwachsen ist. Groß Action gab es diesmal nicht, aber das finde ich gut. Die Gespräche hier haben mir eigentlich gefallen, doch war es durchaus komisch, dass die Charaktere so plaudern und die Soldaten nicht reagieren und dann sogar verschwunden sind - außer Anderson. Und der hat keinen Funkkontakt mehr und nimmt seine verhasste Nue als Geisel. Ich bin gespannt, wie es weiter geht und bin neugierig darauf, was nach Sagon noch so kommt. Und obwohl mir der Wortwechsel zwischen dem Fuchs und Echidna gefiel, war es teilweise auch etwas "erzwungen", fand ich. Oder eher "Unnatürlich", im Bezug auf die Umgebung und den schlechten Zeitpunkt. Auch wenn der Fuchs ja meinte, es sei notwendig, das Thema zur Sprache zu bringen. Naja... schreib du einfach weiter. Es ist für dich ja auch sicher nicht so leicht, wieder rein zu finden. Ich selber musste die alten Absätze ja bloß überfliegen und schon wusste ich wieder, was Sache ist.
 
Zurück
Oben Unten