Vom Weltverschlechterer Jonathan

Der_Schakal

Rudel******
Aufgrund der unglaublichen Beachtung von Lift habe ich entschlossen, dem Board mal eine besondere FF zu präsentieren.
Ohne Klischees. Es soll ein Drama sein, mit episch-theaterlichen Elementen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

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Vom Weltverschlechterer Jonathan

Des Alten erster Streich



Akt I - Bild I

1728 - ein alter Mann sitzt lesend in einem einfachen Stuhl in einer kleinen, spärlich
eingerichteten Kammer. Kinder stürmen in den Raum.


DER ALTE (auffahrend): Was sucht das Balg in meinem Haus?
ERSTER JUNGE: Alter Mann, wir suchen einen Rotschopf. Ward er denn hier?
DRITTER JUNGE: Ja, der Hexenbub!
MÄDCHEN (tanzend): Hexenbub, Hexenbub! Brennen soll der Hexenbub!

DER ALTE: Seht ihr ihn denn?

ERSTER JUNGE: Liegt er unter deinem Bett, Alter, oder ist er da hinterm Bücherregal?
DER ALTE (wütend): Wehe, wehe. Schau nur, du Lump. Dann prügel ich dir dein freches
Maulwerk aus der Fratze
ZWEITER JUNGE: Dann petzen wir`s dem Stadtherrn
MÄDCHEN (ruft): Der sagts der Kirche
DRITTER JUNGE: Und dann brennst du einen Scheit neben dem Rotschopf!
MÄDCHEN (lacht): Hexenbub, Hexenbub! Brennen soll der Hexenbub!

Der alte Mann nimmt einen nahestehenden Besen und schwenkt ihn hin und her

DER ALTE: Genug jetzt, verschwindet, sonst bin ich schneller bei euern Zeugern als ihr
euren Sinnen trauen könnt. (schreiend) Raus!

Die Kinder verlassen aufgebracht den Raum. Das Mädchen streckt dem Alten die Zunge
heraus, als dieser seinen Besen hebt.


DER ALTE: Blödes Pack! Hier geht es zu wie auf einem Marktplatz. Wo stand ich fest in
meiner Suche, als mich der Rotz aufstörte? So vermag der Kühnste nicht
den Drachen zu fechten, noch der Edelste die Schönste zu bitten. Ja, da stand
ich fest. (liest) Bei der Harmonie der Welt.

ROTSCHOPF (tritt ein): Zuhilf! Zuhilf!
DER ALTE: Wie auf einem Marktplatz, wie auf einem Marktplatz. Verschwinde geradewegs
deinen Freunden nach, die Gass entlang und spring in den Fluß, damit ich dich
nitmer seh! (fährt mit den Händen ins Haar)
ROTSCHOPF: Die Bande will mich schlagn`, helfens` mir?
DER ALTE (überlegend): Die Kinder haben hier nach dir gefragt und sind später
die Straße hinab.

Von der Straße tönt der Kinder Gesang bis in die Stube. Sie suchen den Rotschopf und
kommen die Gasse wieder herauf.


ROTSCHOPF: Hörn`se das`?
DER ALTE: Rede nicht wie dir der Mund gewachsen ist, dat is ja ein Gräuel!
ROTSCHOPF: Hörst du sie, alter Mann?
DER ALTE: Bin ich taub?
ROTSCHOPF: Die tun mir weh.
DER ALTE: Was hast du ihnen gemacht, das sie dich jagen wie en' Stück Vieh?
ROTSCHOPF: In der Sonntagsschul` hab ich gesagt, daß das Kippernikanische docht recht
ist.
DER ALTE (kopfschüttelnd): Das ist..
ROTSCHOPF: Sie nicht auch noch!
DER ALTE (jauchzt): Famos! Habt ihr es gehört? Das ist famos, beileibe hervorragend.

ROTSCHOPF: Was bringst du mir?
DER ALTE: Was du auch willst. (zögernd)
Woher weisst du denn von der Bewegung der Sterne? Wer hats' gesagt?
ROTSCHOPF: Gelesen hab ichs' in einem Buch da. Dort steht noch allerhand.
DER ALTE: Fütter dein' Verstand, damit er nicht verhungern tut.
ROTSCHOPF: Was bringst du mir?
DER ALTE: Was dir gefällt. Ich weiss viel und ich habe einen Blick für das. Wenn du willst,
kannst du auch sehen, aus was die Welt wirklich gemacht ist.
ROTSCHOPF: Toll, das freut mich, Alterchen. Leihst du mir deine Bücher?
DER ALTE: Willst du von mir wissen, dann komm morgen vorbei, Jung..
ROTSCHOPF: Ich bin der Johann.
DER ALTE: Jonathan, darauf wurd' ich leider getauft.
JOHANN: Grüß Gott! (dreht sich um und rennt weg)

DER ALTE: Das musst er jetz' sagen, zweifel schon und habe keine fünfe mit ihm
gesprochen. Wird sich zeigen ob er bereit ist, daß zu tragen, was ich seinen
Schultern traue, auch wenn ichs' selbst kaum tragen kann.
(Pause)
Da wird die Welt das Übel erfahrn', das sie mir zugesteht.
Aber noch stehe ich am Anfang aller Ding', (flüstert)am Anfang.


DER ALTE:
So dreht sich das Rad hinter meiner Stirn,
ich spiel mit ihm und drehs wieder neu
einer wird sich finden, der mit mir dreht
ich spiel mit ihm und er drehts wieder neu
 
Zuletzt bearbeitet:
Aha, Jonathan will Johan zeigen, was die Welt im Innersten zusammenhält (um einen Satz zu prägen :D )?
Hm, ja, in der Tat, liest sich wie eins dieser Theaterstücke, die man im Deutschunterricht brutal um die Ohren gehauen bekommt. Also interessant :D
Nein, im Ernst: Klingt nach einer recht neuen Variante, wenn da nun auch Handlung drin ist (wir müssen in Deutsch grad "Stine" lesen - da is ja praktisch gar keine Handlung vorhanden :dodgy: ) würde es mich natürlich freuen. Bloß fürchte ich, dass sich nicht allzu viele Liebhaber von dieser Materie finden und dass so auch diese FF nicht über 1-2 Teile hinauskommt :rolleyes:
Und, um dem kulturellen Anspruch gerecht zu werden, greife ich mal wieder in meinen Zitate-Behälter und ende mit: Der Rest ist Schweigen. ;)
 
Danke StLynx, auf deine Kritik kann man sich verlassen :D
Nunja, ich werde versuchen, dieses Projekt fertigzustellen :rolleyes:

Viel Lesespass wünscht DS.

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Später Abend - ein vermummter Händler tritt in die Stube des Jonathan.

ALTER MANN (laut): Wer da? Was in meinem Heim? zu sich Vielleicht sollt'
ich doch denn Schlosser um ein Schloss bitten.
HÄNDLER: Dann wär's jetzt zu spät, wenn ich dein Leben wollt', Jonathan.
ALTER MANN: Woher kennst du? Kenn ich dich oder verbirgst du dich, damit ich dich
nicht seh?
HÄNDLER: Niemand kennt mich und alle wissen um mich.
ALTER MANN: Du redest gern in Rätseln, wie ich. Mein Heim soll dein sein, wenn ich
Gesicht seh und mein Herd soll dir dienen, wenn ich dein' Nam' erfahr. Also sprich
Fremder, wirst ja kaum mim' Teufel im Bunde sein, schaden soll dein Wort dir nicht.
HÄNDLER: Alter, ich habe niemand zu fürchten, ganz bestimmt keinen Greis. Wenn
ich meinen Namen sprech, dann wirst du taub, siehst du mein Anlitz, wirst du blind.
Darf ich danach immer noch in deinem Heime hausen und von deinem Teller speißen?
ALTER MANN (zu sich]: Bist du es, Medusa? Gekommen mit sündigem
Haupt um mich ins Reich zu holen oder für immer erstarrn' zu lassen, steigt sie
empor. Ich fühl ihr'n Atem ganz bei mir. Er stinkt gar fürchterlich.
HÄNDLER: Medusa, du phantasierst. Dein Glück wärs unter andern Umständen,
wenn ich die Medusa wär. Aber zu fürchten brauchst du dich heut' nicht.

Der Alte nimmt das unterste, staubigste Buch aus seinem Bücherregal

HÄNDLER: Schau an, er nimmt die Schrift von dem da oben.
ALTER MANN: Da hab ichs' in der Hand und werd dich verjagen.
HÄNDLER: Das Wort leugnest du in der Wissenschaft, willst es aber gegen mich
verwenden. (Pause) Hör mir zu, ich schlag dir ein Geschäft vor.
ALTER MANN: Schlechte Menschen sind die besten Kaufleute. (zögert)
Lass mich hörn'!
HÄNDLER: Weise, Mann und nun mach die Ohren so spitz wie die eines Fuchses.
ALTER MANN (aufgeregt): Sag's schon. Sind es neue Bücher aus Italien oder aus
Engeland? Aus Russland...bist doch Bücherhändler? Hast ein ganz Gewaltiges in der Hand, aus Rom über Theologie?
HÄNDLER: Besser, besser, guter Jonathan.
ALTER MANN: Frankreich, Holland oder Spanien?
HÄNDLER (lacht schallend): Besser, besser. Wenn du den Schund aus diesen
Ländern Bücher nennst, dann wird das, was ich dir jetzt gebe, deinen Horizont um das
Zehnfache erweitern und dich unendlich schlau machen. Das was ich dir gebe, wurd'
nicht vom Mensch geschrieben, auch nicht vom Tier. Von etwas, daß du nicht
siehst und nicht kennst, aber weisst. Von etwas, daß du nicht riechst und schmeckst,
aber fühlst. Von etwas, daß in jedermann sitzt und nur bei den wenigsten gefunden wird.
ALTER MANN: Vorzüglich. Vorzüglich. Ist's vom Araber?
HÄNDLER: Ich sagte dir eben, daß es kein Mensch dieser Erde geschrieben hat.

ALTER MANN (wendet sich plötzlich ab): Welch silbern' Streif am fernen Gewölbe
mir strahlt ins Gesicht. Unendlich hell, aber erhaben und wunderschön wie eine
Feldblume im Frühjahr. Sag, siehst du den hellen Silberschein auch aufblitzen?
HÄNDLER: Schnell sind sie mir gefolgt, beeilen muss ich mich.
ALTER MANN: Freunde von dir? Wie könn' die mein Zimmer hell machen?
Ich will dahin, wo das Licht ist.
HÄNDLER (nimmt den Alten an den Schultern): Beachte es nicht, beachte mich.
Was ist das Licht gegen meine Weisheit, die du erlangen vermagst?
ALTER MANN (verstört): Es kommt näher, wie ein Ring kommts gezogen,
wie ein Ring..
HÄNDLER: Narr! Verräter der Wissenschaft, Lügner, Traumwandler! Nichts ist da!
ALTER MANN: Doch, ich seh doch ganz deutlich, wunderschön!
HÄNDLER: Denk an den Mensch und es wird vergehen, an den Mensch, hörst du,
an den Mensch!
ALTER MANN (murmelt): Mensch, Mensch..Me.. - es ist fort, das Hübscheste aller
Erden Ding ist fort. Wo ist's hin?
HÄNDLER: Verlassen hat's dich, weil der Mensch bös' ist. Siehst du? Geholfen hat es
dir wenig, wer aber war bei dir?
ALTER MANN: Du warst.
HÄNDLER: Recht ist es.
ALTER MANN: Wo kam es her das Licht. Es schwant mir, daß ich in alten
Jahrn der Jugend fromme Tugend entdeck' und es mir nach der Kirch gelüstet, die ich
hab jahrelang gescheut. Von Eden kams her, dem herrlichsten aller Kontinente.
Ja, von Eden.
HÄNDLER (hält dickes Buch in der rechten Hand): Da ist das was ich dir versprach
und sämtlich Klugheit in sich birgt.
ALTER MANN: Oh, Körper ist schwach und erfreut sich der Sünde nicht. Aber der Geist
lechzt. (Grob) Gib das her!
HÄNDLER: Nicht so eilig. Was hätt' ich vom Geschäft, wenn es nur für einen günstig
wär? Du wirst mir etwas schulden, Alter. Den Rotschopf will ich, den du formst!
Viel vor hab ich mit ihm, wenn er deine Schule gemeistert hat, dann muss er sich
bewährn'.
ALTER MANN: Für was willst du den Knaben? Jung ist er an Jahren.
HÄNDLER: Du wirst seinen Genius erspüren, wenn du ihn lehrst. Von Bedarf ist er.
ALTER MANN: Dein soll er sein, aber das Buch ist nun mein.
HÄNDLER: Dies Wort soll Gesetz sein, sei gewiß, ich breche es nicht und besser wär
es für dich, du tätest es auch nicht. (Gibt das Buch und geht)

ALTER MANN: Es scheint als sei die Welt im Aufbruch. Bewegt sich schon von selbst
und nun auch das was fest auf ihr sitzt. Schwindlig wird mir, bei der vielen Bewegung
(nimmt sich einen Schemel und setzt sich)
War es ein Traum, hat mich ein Alp geküsst? Gar unmöglich. Den Wälzer halte ich hier
und das Auge strotzt vor Gier, die erste Seite zu erklimmen wie einen Berg. Weg mit dem
Silberstreif, her mit dem schwarzen Lederband! (schlägt das Buch auf)
Eine Sprache, noch nie gesprochen, aber sofort verstanden. Ganz sonderbar.
(der Alte hat sich sofort in die Zeilen vertieft)

ENGELSCHORUS:

So saß er da, auf einem Schemel
hielt das Übel in der Hand
nichts wagte ihn zu stören
er glich nach Stunden edler
Marmorwand

So nimmt der Schrecken seine Bahn
umkreist des Schicksals festen Garn

und endet hier nach langer Reise,
beim Weltverschlechtrer' Jonathan
 
Zuletzt bearbeitet:
So was habe ich wirklich noch nie gelesen, jedenfalls nicht außerhalb der Schule,......*lacht*
Beeindruckend, dass du nicht aus dem Wortspiel herausfällst.
Aber die Routine kommt ja schnell genug.
Ich bin mal gespannt, worauf das hier alles hinaus soll. Und woher hast du eigentlich die Idee genommen.
Dass das Thema nicht viele Interessieren wird, dass ist mir auch klar, denn ich musste manchmal auch ein paar Sachen öfters lesen, um überhaupt was zu verstehen. Du beziehst dich ja fast nur auf einen Dialog, und die Erzähler Perspektive fällt fast weg. Dass lässt alles noch schwieriger erscheinen, auch mit dem verfolgen der Handlung.

Ich finde es aber wirklich gut gemacht, und ich wäre auch dafür, dass du es zu Ende bringst!!

Gina
 
Gut. Mir gefallen die vielen kleinen Das-verstehst-du-nur-als-halbwegs-gebildeter-Mensch-Elemente ;) - also z.B. das mit dem Alp, Medusa usw. Auch hältst du den Stil erstaunlich gut durch, das stell ich mir recht schwierig vor. Mach nur weiter so!
 
Danke für eure Kritiken. Zur Interpretation bzw. Inspiration werde ich später einiges schreiben. Nehmt es mir nicht übel, abe rich bin froh, wenn ich die Teile überhaupt ins Netz stellen kann.

Kleine Bemerkung: Der Stil des nächsten Teils weicht leicht ab. Das hängt aber damit zusammen, dass Teufel und Engel miteinander reden. (Der Stil hat einen tieferen Sinn ;))

Danke für die Aufmerksamkeit

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Im Fegefeuer - der vermummte Händler und eine weisse Gestalt disputieren.

HÄNDLER (lässt sein Gewand fallen): Sieh an, sieh an. Kann der Gnädigste nicht selbst erscheinen.
GABRIEL: Mein Herr hat zu tun, selbst für ihn sind die Geschicke der Welt nicht immer die
leichteste Aufgabe.
TEUFEL (spitzbübisch): Er lenkt also Leid und Unrecht auf der Welt, na wenn das so ist, dann
könnt' ich noch einiges von ihm lernen.
GABRIEL (wütend): Schweige! Sonst schneid' ich deine Zunge ab!

TEUFEL: Aber, aber, mein Freund. Wer will denn auf die alten Tage ein Freund der Gewalt
werden? Du? - nein, nein - Gottes Heerscharn' sind doch die gutmütigsten Wesen der Sphären,
oder irre ich mich?
(Pause)
Wieso seid ihr ein Teil eines Heeres, wenn ihr so gutmütig seid? Verachtet ihr nicht den Kampf?

GABRIEL: Gegen das Böse hilft nur der Kampf. Feuer mit Feuer.
TEUFEL: Brudermord ist das Schlimmste. Den Kain hat dein Herr gestraft, wie ist's mit dir?

(Stille)

TEUFEL: Der Mensch ist auch böse und ihr bekämpft ihn nicht. Das ist unrecht, Liebster.
GABRIEL (ohne Worte): ..
TEUFEL: Ihr seid die, die Unrecht meiden, ihr seid die, die Schönheit kennen, ihr seid die, die das
größte Herz haben, und doch liebt er da oben den Menschen mehr als euch alle zusammen?
(abfällig)Den Menschen, das dreckig' Ding, in seiner Jauchegrub' da über uns, stinkend, mordend,
erschlagend. Sag, wie kann das sein? Wie kann das sein, Freund?
GABRIEL: Gottes Pfade sind unergründlich, einen Grund aber hat er immer.
TEUFEL (grinst): Ich bitte dich. Das sagt ihr doch immer, wenn euch keine Antwort auf meinen
beißenden Witz, meinen Scharfsinn einfällt. Oder kannst du mich befrieden mit der Wahrheit?
GABRIEL (verlegen): Nein.
TEUFEL: Ha. Da hast du es, wenn ich dich beim Wort nähme (aufblickend) - horch! - hörst du sie
schuften? (Geklirre und Gepoltere ist zu hören)
GABRIEL: Wen?
TEUFEL: Den Mensch! oder glaubst du, Säue tragen den Schutt hier ab? Du warst schon zu lange
nicht mehr auf Erden und noch länger nicht im Fegefeuer, Gabriel. Eine Nachlässigkeit,
die euch schon jetzt teurer zu stehen kommt, als ihr es in euren wagemutigsten Vorstellungen zu
sehen geglaubt hattet.
GABRIEL: Wir wissen um die Umstände. Wir wissen's, sei dir gewiss.
TEUFEL: Der Mensch wendet sich ab, herzlichster Gabriel. Von dir, deinem Herrn und vom Geist.
In die Kirch' gehen sie, dem Pfaffen aber hörn' se nicht zu. Die Männ' starren auf die Leiber der
Weiber und die Frauen denken an die Nacht mit'm Dorfschulzen.
Der Apfel ist faul. Wirf ihn weg und folge der neuen Frucht.
GABRIEL: Danach lüstets' mir bestimmt nicht, hier unten zu hausen.
TEUFEL: Verwehrst' das Obst, urteilst über den Geschmack. Gabriel, Gabriel, und nochmals Gabriel
(lacht), enttäuscht bin ich. Hatt' ich mich doch immer vorm' Rededuell gefürchtet.
GABRIEL: Es ist mir gleichgültig! Aus Niederlagen formt sich der Geist, nicht aus Siegen. Außerdem
ist's weder mein Anliegen, dich zu züchtigen oder über dich zu richten. Deine Strafe hast du schon.
TEUFEL: Dann sprich zu mir.
GABRIEL: Lass' dem Jonathan und dem Jungen ihrn' Frieden. Anordnung vom obersten Amt.
TEUFEL: Das Buch hat er schon, daß wisst ihr.
GABRIEL: Dann hols' eben zurück, noch ist es nicht zu spät.
TEUFEL (schmunzelnd): Du beliebst zu scherzen, Guter. Treibs' nicht zu weit.
GABRIEL: Anordnung von meinem Herrn.
TEUFEL: Holen werd ich's nicht. Fest sitzt der Alte in meinen Plänen und ändern könnt ihr's auch
nimmer.
Sucht ihn auf und entreißt ihm das Buch. Stören will ich euch dann nicht, aber immer wieder
kann ich zu ihm und ein Neues geben. Einen Ähnlichen werd' ich aber nie finden, das ist traurig.
GABRIEL: Das ist eine Gabel. Hinterhältiger Schachspieler.
TEUFEL: Nur ich kann mit einem Bauern trumpfen. Der Herr aber braucht Opfer. Was ist besser?
GABRIEL: Wiederkommen werd' ich und dann wirst du Ärger bekommen.
TEUFEL: Seine Befugnisse gelten in meinem Reich nicht. Er kann nicht ohne mich, das Gute braucht
das Böse, nicht umgekehrt.
GABRIEL (wütend): Du sollst büßen!
TEUFEL: Aber, aber. Nicht schon wieder. Ich schlage auch dir ein Geschäft vor.
GABRIEL (abwägend): Ein Geschäft.
TEUFEL: Das ich Seelenkäufer bin, wisst ihr doch. Ein Guter obendrein, wie kann mein Angebot
schlecht für dich sein, wenn meine Kunden zufrieden sind?
GABRIEL: Dann erzähl mir von den Bedingungen.
TEUFEL: Lass den Jonathan selbst machen was er will. Im Gegenzug werd ich meine Hände aus den
übrigen, wenn auch wenigen, Erzsündern nehmen und ihnen eine zweite Gelegenheit geben.
GABRIEL: Nur Erzsündern? Nimm deine Hände aus allem.
TEUFEL: Wollt ihr mich arbeitslos machen, du bist ein griechischer Komiker? Entlarvt hab' ich dich.
GABRIEL (sinnend): Gut. Die übelsten Wölfe sollen zur Schafen werden. Ob's dem Herrn gefällt?
zu sich: Bestimmt! Wissen muss er's aber noch nicht.(geht ab)

TEUFEL (reibt sich die Hände): Und der Nächste stolpert über mein Netz, wie eine Spinne nehm
ich sie und säug sie mit meinem Busen, bis sie durch das süße Gift schon ganz gefüg' sind.
(imitiert Gabriel) Die übelsten Wölfe sollen zu Schafen werden. Jonathan wird ein Löwe. Mein
Löw'. Reißen wird er die Schafe. Blind machen wird er sie, wenn er ihnen das Augenlicht nimmt,
mit den kräftgen' Tatzen der Wahrheit. Und ich? Laben werd' ich mich am Schmerz, wenn das
Himmelsreich zerfällt. Ja, Zerfall ist gut, gar vorzüglich. Mein Element.
(feixt)
Dieser Gabriel! Wahrlich ein guter Komiker, wenn auch unfreiwillig. (geht ab)
 
Zuletzt bearbeitet:
Gut. Der Stil schwankte IMO nicht allzu sehr, außerdem liebe ich diese Schach-Metaphorik :D Muss allerdings sagen, dass mich die Story zunehmend an Faust erinnert.
 
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