dark-toffel
Mindfucked
Einen zauberhaften guten Abend!
Tja, ich bin kein Toffel der vielen Worte.
Es ist neu, es ist kurz, und es ist von mir.
Bevor es losgeht, möchte ich mich aber noch ganz herzlich bei Noir bedanken, die schon wieder viel zu viel ihres wohlverdienten Schlafes geopfert hat, um mir zu helfen, die Story heute noch postfertig zu kriegen. Danke dir!
Ob das gelungen ist, muss der geneigte Leser selbst entscheiden. Kritik ist mir natürlich unheimlich willkommen! Also dann, viel Spass^^
Müde
In dem kleinen Klassenraum im dritten Stock des Gymnasiums herrschte unangefochten der frühe Sommer. Trotz der zugezogenen Rollläden waren die Sitzreihen gesäumt von verschwitzten, geröteten Gesichtern. Doch nicht bei jedem war es die Hitze, die den Schweiß aus den Poren treten ließ. Alle Augen ruhten auf Frau Kramer, der Klassenlehrerin. Sichtlich erschöpft schritt sie von Tisch zu Tisch und verteilte die Ergebnisse der Abiturprüfungen.
„Hey, Christoph! Was hast du?“, raunte Max seinem besten Freund zu, nachdem das bedeutungsvolle Blatt im DIN-A4-Format auf dessen Platz gelandet war.
„13, 13, 12 und 10. Physik war nicht so toll.“, erwiderte Christoph ohne eine Spur von Stolz in der Stimme.
„Oh, Scheiße...“, seufzte Max mit einem schwachen, ironischen Lächeln und strich sich eine blonde Strähne aus der erhitzten Stirn, nachdem auch er die Früchte seiner Arbeit erhalten hatte, „Fünf Punkte in Chemie. Das Zweier-Abi kann ich wohl vergessen. Dein Schnitt von 1,3 dürfte jetzt fest stehen, was?“
Christoph nickte nur. Er wusste, dass sein Freund es ihm nicht übel nahm. Schon seit der Grundschule kannten sie sich und immer war er besser in der Schule gewesen. Es hatte nie zwischen ihnen gestanden.
„Hast du dir denn inzwischen überlegt, was du jetzt tun willst?“, fragte Max weiter. Offenbar verschwendete er schon keinen Gedanken mehr an seine verhauene Chemieprüfung. Christoph schmunzelte innerlich. Insgeheim hatte er seinen Freund immer dafür bewundert, wie unbeschwert und zuversichtlich er all diese kleinen und größeren Katastrophen des Alltags stets wegzustecken vermochte. Als Antwort auf seine Frage zuckte der Schwarzhaarige nur mit den Schultern.
„Alles klar.“, lachte Max, „Na, mit dem Schnitt kannst du sowieso machen, was du willst.“
Wieder nickte Christoph, diesmal mit einem leisen Lächeln.
Nach einigen weiteren, schier endlosen Minuten, traten sie hinaus auf den etwas kühleren Flur mit den tristen, weiß getünchten Wänden, deren ursprüngliche Farbe sich längst hinter einen grauen, mit zahllosen Schmierereien verzierten Schleier zurückgezogen hatte. Das Schulgebäude war nun bevölkert von einer ganzen Klassenstufe, deren Vertreter, teils erleichtert, teils enttäuscht, in Trauben umherstanden und lautstark über ihre Ergebnisse diskutierten. Beinahe jedem von ihnen sah man auf Anhieb an, wie zufrieden er oder sie mit dem Abschluss der eigenen Schullaufbahn war.
„Christoph! Warte kurz.“
Auf ihrem Weg zum Haupteingang des Gebäudes hielten die beiden Freunde abrupt inne und wandten sich zu dem Mädchen um, das ihnen hinterher kam.
„ Julia! Hi, was gibt's?”, erwiderte Christoph ruhig, während Max aufmerksam zwischen seinem besten Freund und einem der beliebtesten Mädchen der Schule hin und her sah. Ihr hübsches Gesicht war umrahmt von weichen, dunkelbraunen Locken und keinem der beiden jungen Männer entging das eigentümliche Funkeln in ihren grünen Augen.
“Du gehst doch heute sicher auch zu der Party, oder?”, fragte sie den Schwarzhaarigen.
“Ja...ich denke schon.”
“Könntest du mich vielleicht abholen? Unser Haus liegt dann ja quasi direkt auf deinem Weg.”
Christoph nickte leicht.
“Gut, warum nicht.”
Julia setzte ein Lächeln auf, bei dem die Sonne sich vor Scham wohl hinter eine Wolke zurück gezogen hätte, wäre auch nur die Spur einer solchen am Himmel zu sehen gewesen.
“Freut mich! Also dann, hol mich so gegen neun ab, ja? Bis dann!”
Damit war sie auch schon wieder mitten in der größten Ansammlung von Schülern verschwunden, die sich in der Schullobby befand.
“Meine Fresse!”, sagte Max mit seinem typischen, schiefen Grinsen und knallte Christoph seine Faust gegen die Schulter, “Du hast ein Date mit Julia Meisner! Ich hasse dich! Ehrlich Mann, ich hasse dich!”
“Erfolg macht eben sexy. Solltest du auch mal ausprobieren.”, grinste dieser zurück.
“Vielleicht im nächsten Leben. Also dann, Alter, wir sehen uns auf der Party. Ich muss noch ein paar Sachen einkaufen, für heute Abend. Bis dann!”
Das Lächeln auf Christophs Gesicht verschwand allmählich, während er seinem alten Freund hinterher sah. Kurz blieb er auf der Treppe vor dem Haupteingang stehen und ließ den Blick über den Schulhof schweifen. Viele seiner Freunde standen an ihrem Stammplatz. Dort, wo im Schatten einiger Bäume die beiden Bänke und der steinerne Papierkorb standen, hatten sie zahllose Pausen miteinander verbracht. Einige winkten ihn nun zu sich herüber, doch er winkte nur zurück und lief geradewegs auf die Fahrradständer zu, um sich ein letztes mal in seiner Schulzeit auf den Heimweg zu machen.
Von dem sommerlichen Treiben, das an diesem Nachmittag die Stadt erfüllte, schien er nicht viel wahrzunehmen. Beinahe wirkte es, als würde der Schleier vor seinen unbewegten Augen keinen der zahllosen Eindrücke hindurch lassen, die seinen Weg säumten, während er zügig durch die vertrauten Straßen fuhr. Weder die voll besetzte Terrasse des Eiscafès, noch die Kinder, die übermütig mit hochgekrempelten Hosenbeinen durch den Springbrunnen auf dem Marktplatz tollten, noch die lärmenden Skateboarder vermochten es, ihm auch nur einen flüchtigen Blick zu entlocken.
In der Wohnung seiner Eltern blieb seine Ankunft unbeantwortet. Beide waren arbeiten, wie jeden Tag, so dass nichts die willkommene Stille störte, welche ihn so plötzlich umgab. Abgespannt ließ er seine Schultasche neben sein Bett auf den Boden gleiten - auch dies, ein vertrautes Ritual. Christoph hätte kaum zu sagen vermocht, wie lange er dort stand und auf seinen alten Ranzen hinab sah, oder weshalb ihn jene Szene, eingebettet in beinahe perfekte Stille und Reglosigkeit, so hartnäckig gefangen hielt. Vielleicht, weil auch diesem Moment, wie so vielen in der letzten Zeit, eine unleugbare Endgültigkeit innewohnte. Möglichwerweise trieben die dunklen, undurchsichtigen Ströme hinter den hellbraunen, blicklosen Augen aber auch in eine ganz andere, unvorhergesehene Richtung, deren plötzlichem Wechsel auch Christoph selbst voller Unverständnis gegenüberstehen mochte. Er war sich sicher, dass er heute Abend nicht mehr ausgehen würde. Er war müde. Viel zu lange schon viel zu müde.
An diesem Abend schritt Julia rastlos in ihrem Zimmer auf und ab. Mit jedem Schritt drückten sich die Absätze ihrer Abendschuhe geräuschlos in den Teppich, während sich auf ihrer Stirn zwischen den von Schminke umrahmten Augen die ersten Zornesfalten bildeten. Begleitet von den spöttischen Blicken ihrer kleinen Schwester, welche sich mit einer Zeitschrift auf Julias Bett gelümmelt hatte, stieß sie einen unartikulierten Laut der Empörung aus und Griff zum Telefon, um einem anderen Jungen die Möglichkeit zu geben, ihr die Ehre zu erweisen. Es war zwanzig nach neun.
Max seufzte ungeduldig und streifte endlich den Rucksack von seiner Schulter, dem dadurch ein leises Klimpern entlockt wurde. Der blonde Junge stand vor dem großen, metallenen Schiebetor, durch das nun zahllose junge Menschen das Clubgelände betraten. Nur nach Christoph hielt er vergeblich Ausschau.
“Komm' schon, Alter!”, stöhnte er und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Zaun.
Christoph hatte noch nie so tief geschlafen wie an diesem Abend.
Noch immer wurde das Zimmer von jener seltsamen Stille ausgefüllt, wie ein dunkler See, in dessen trägem Wasser der leise Atem des Jungen kaum ein Kräuseln zu verursachen vermochte. Die letzten, blutroten Strahlen der Abendsonne brachen sich im farblosen Kunststoff des leeren Pillenfläschens auf seinem Nachtschrank. Wenig später hörte sein Herz auf, zu schlagen.
Ende
Tja, ich bin kein Toffel der vielen Worte.
Es ist neu, es ist kurz, und es ist von mir.
Bevor es losgeht, möchte ich mich aber noch ganz herzlich bei Noir bedanken, die schon wieder viel zu viel ihres wohlverdienten Schlafes geopfert hat, um mir zu helfen, die Story heute noch postfertig zu kriegen. Danke dir!

Ob das gelungen ist, muss der geneigte Leser selbst entscheiden. Kritik ist mir natürlich unheimlich willkommen! Also dann, viel Spass^^
Müde
In dem kleinen Klassenraum im dritten Stock des Gymnasiums herrschte unangefochten der frühe Sommer. Trotz der zugezogenen Rollläden waren die Sitzreihen gesäumt von verschwitzten, geröteten Gesichtern. Doch nicht bei jedem war es die Hitze, die den Schweiß aus den Poren treten ließ. Alle Augen ruhten auf Frau Kramer, der Klassenlehrerin. Sichtlich erschöpft schritt sie von Tisch zu Tisch und verteilte die Ergebnisse der Abiturprüfungen.
„Hey, Christoph! Was hast du?“, raunte Max seinem besten Freund zu, nachdem das bedeutungsvolle Blatt im DIN-A4-Format auf dessen Platz gelandet war.
„13, 13, 12 und 10. Physik war nicht so toll.“, erwiderte Christoph ohne eine Spur von Stolz in der Stimme.
„Oh, Scheiße...“, seufzte Max mit einem schwachen, ironischen Lächeln und strich sich eine blonde Strähne aus der erhitzten Stirn, nachdem auch er die Früchte seiner Arbeit erhalten hatte, „Fünf Punkte in Chemie. Das Zweier-Abi kann ich wohl vergessen. Dein Schnitt von 1,3 dürfte jetzt fest stehen, was?“
Christoph nickte nur. Er wusste, dass sein Freund es ihm nicht übel nahm. Schon seit der Grundschule kannten sie sich und immer war er besser in der Schule gewesen. Es hatte nie zwischen ihnen gestanden.
„Hast du dir denn inzwischen überlegt, was du jetzt tun willst?“, fragte Max weiter. Offenbar verschwendete er schon keinen Gedanken mehr an seine verhauene Chemieprüfung. Christoph schmunzelte innerlich. Insgeheim hatte er seinen Freund immer dafür bewundert, wie unbeschwert und zuversichtlich er all diese kleinen und größeren Katastrophen des Alltags stets wegzustecken vermochte. Als Antwort auf seine Frage zuckte der Schwarzhaarige nur mit den Schultern.
„Alles klar.“, lachte Max, „Na, mit dem Schnitt kannst du sowieso machen, was du willst.“
Wieder nickte Christoph, diesmal mit einem leisen Lächeln.
Nach einigen weiteren, schier endlosen Minuten, traten sie hinaus auf den etwas kühleren Flur mit den tristen, weiß getünchten Wänden, deren ursprüngliche Farbe sich längst hinter einen grauen, mit zahllosen Schmierereien verzierten Schleier zurückgezogen hatte. Das Schulgebäude war nun bevölkert von einer ganzen Klassenstufe, deren Vertreter, teils erleichtert, teils enttäuscht, in Trauben umherstanden und lautstark über ihre Ergebnisse diskutierten. Beinahe jedem von ihnen sah man auf Anhieb an, wie zufrieden er oder sie mit dem Abschluss der eigenen Schullaufbahn war.
„Christoph! Warte kurz.“
Auf ihrem Weg zum Haupteingang des Gebäudes hielten die beiden Freunde abrupt inne und wandten sich zu dem Mädchen um, das ihnen hinterher kam.
„ Julia! Hi, was gibt's?”, erwiderte Christoph ruhig, während Max aufmerksam zwischen seinem besten Freund und einem der beliebtesten Mädchen der Schule hin und her sah. Ihr hübsches Gesicht war umrahmt von weichen, dunkelbraunen Locken und keinem der beiden jungen Männer entging das eigentümliche Funkeln in ihren grünen Augen.
“Du gehst doch heute sicher auch zu der Party, oder?”, fragte sie den Schwarzhaarigen.
“Ja...ich denke schon.”
“Könntest du mich vielleicht abholen? Unser Haus liegt dann ja quasi direkt auf deinem Weg.”
Christoph nickte leicht.
“Gut, warum nicht.”
Julia setzte ein Lächeln auf, bei dem die Sonne sich vor Scham wohl hinter eine Wolke zurück gezogen hätte, wäre auch nur die Spur einer solchen am Himmel zu sehen gewesen.
“Freut mich! Also dann, hol mich so gegen neun ab, ja? Bis dann!”
Damit war sie auch schon wieder mitten in der größten Ansammlung von Schülern verschwunden, die sich in der Schullobby befand.
“Meine Fresse!”, sagte Max mit seinem typischen, schiefen Grinsen und knallte Christoph seine Faust gegen die Schulter, “Du hast ein Date mit Julia Meisner! Ich hasse dich! Ehrlich Mann, ich hasse dich!”
“Erfolg macht eben sexy. Solltest du auch mal ausprobieren.”, grinste dieser zurück.
“Vielleicht im nächsten Leben. Also dann, Alter, wir sehen uns auf der Party. Ich muss noch ein paar Sachen einkaufen, für heute Abend. Bis dann!”
Das Lächeln auf Christophs Gesicht verschwand allmählich, während er seinem alten Freund hinterher sah. Kurz blieb er auf der Treppe vor dem Haupteingang stehen und ließ den Blick über den Schulhof schweifen. Viele seiner Freunde standen an ihrem Stammplatz. Dort, wo im Schatten einiger Bäume die beiden Bänke und der steinerne Papierkorb standen, hatten sie zahllose Pausen miteinander verbracht. Einige winkten ihn nun zu sich herüber, doch er winkte nur zurück und lief geradewegs auf die Fahrradständer zu, um sich ein letztes mal in seiner Schulzeit auf den Heimweg zu machen.
Von dem sommerlichen Treiben, das an diesem Nachmittag die Stadt erfüllte, schien er nicht viel wahrzunehmen. Beinahe wirkte es, als würde der Schleier vor seinen unbewegten Augen keinen der zahllosen Eindrücke hindurch lassen, die seinen Weg säumten, während er zügig durch die vertrauten Straßen fuhr. Weder die voll besetzte Terrasse des Eiscafès, noch die Kinder, die übermütig mit hochgekrempelten Hosenbeinen durch den Springbrunnen auf dem Marktplatz tollten, noch die lärmenden Skateboarder vermochten es, ihm auch nur einen flüchtigen Blick zu entlocken.
In der Wohnung seiner Eltern blieb seine Ankunft unbeantwortet. Beide waren arbeiten, wie jeden Tag, so dass nichts die willkommene Stille störte, welche ihn so plötzlich umgab. Abgespannt ließ er seine Schultasche neben sein Bett auf den Boden gleiten - auch dies, ein vertrautes Ritual. Christoph hätte kaum zu sagen vermocht, wie lange er dort stand und auf seinen alten Ranzen hinab sah, oder weshalb ihn jene Szene, eingebettet in beinahe perfekte Stille und Reglosigkeit, so hartnäckig gefangen hielt. Vielleicht, weil auch diesem Moment, wie so vielen in der letzten Zeit, eine unleugbare Endgültigkeit innewohnte. Möglichwerweise trieben die dunklen, undurchsichtigen Ströme hinter den hellbraunen, blicklosen Augen aber auch in eine ganz andere, unvorhergesehene Richtung, deren plötzlichem Wechsel auch Christoph selbst voller Unverständnis gegenüberstehen mochte. Er war sich sicher, dass er heute Abend nicht mehr ausgehen würde. Er war müde. Viel zu lange schon viel zu müde.
An diesem Abend schritt Julia rastlos in ihrem Zimmer auf und ab. Mit jedem Schritt drückten sich die Absätze ihrer Abendschuhe geräuschlos in den Teppich, während sich auf ihrer Stirn zwischen den von Schminke umrahmten Augen die ersten Zornesfalten bildeten. Begleitet von den spöttischen Blicken ihrer kleinen Schwester, welche sich mit einer Zeitschrift auf Julias Bett gelümmelt hatte, stieß sie einen unartikulierten Laut der Empörung aus und Griff zum Telefon, um einem anderen Jungen die Möglichkeit zu geben, ihr die Ehre zu erweisen. Es war zwanzig nach neun.
Max seufzte ungeduldig und streifte endlich den Rucksack von seiner Schulter, dem dadurch ein leises Klimpern entlockt wurde. Der blonde Junge stand vor dem großen, metallenen Schiebetor, durch das nun zahllose junge Menschen das Clubgelände betraten. Nur nach Christoph hielt er vergeblich Ausschau.
“Komm' schon, Alter!”, stöhnte er und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Zaun.
Christoph hatte noch nie so tief geschlafen wie an diesem Abend.
Noch immer wurde das Zimmer von jener seltsamen Stille ausgefüllt, wie ein dunkler See, in dessen trägem Wasser der leise Atem des Jungen kaum ein Kräuseln zu verursachen vermochte. Die letzten, blutroten Strahlen der Abendsonne brachen sich im farblosen Kunststoff des leeren Pillenfläschens auf seinem Nachtschrank. Wenig später hörte sein Herz auf, zu schlagen.
Ende