Cyborg#17
Zelgadis
Aufruf zur Großdemonstration am 02.06.2005 in Halle
„Keiner weiß wie’s geht, aber alle machen mit.“
Am 26. Januar entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu Gunsten einiger unionsgeführter Länder, dass die 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes gegen die Verfassung verstößt. Damit ist jetzt der Weg frei für Studiengebühren und die Hochschullandschaft steht vor dem vielleicht folgenschwersten Umbau seit Jahren. Bereits seit einiger Zeit brodelt es an Deutschlands Hochschulen.
Und der studentische Protest muss gerade jetzt weitergehen. Wir dürfen jetzt nicht locker lassen. Noch können wir etwas bewegen.
Deshalb rufen wir alle Studierenden, Schülerinnen und Schüler aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen und natürlich auch alle anderen Menschen auf, am 02.06.2005 in Halle für das Recht auf ein kostenfreies Studium auf die Straße zu gehen, wie es zeitgleich Kommilitonen und Mitbürger im gesamten Bundesgebiet machen werden.
Schon am 3. Februar haben bundesweit 30.000 Studierende ihre Meinung zur Studiengebührenfrage kundgetan. Und diese hieß Ablehnung und beinhaltete die Forderung nach Studium ohne Gebühren und freien Hochschulzugang für jeden. Daran wollen wir anschließen und mit einer zweiten Welle des bundesweiten Protestes den Sommer des Widerstandes gegen Studiengebühren einläuten.
Vor allem muss es jetzt um mehr gehen, als nur das günstigste Gebührenmodell durchzusetzen. Die Meinung, dass Studiengebühren nicht zu verhindern wären, trägt gerade zu ihrer Einführung bei, Durch die Akzeptanz breiter Bevölkerungsschichten wird es den Befürwortern gelingen, diese Gebühren auch durchzusetzen. Es geht hier im Ergebnis nicht um die Reaktion auf Sachzwänge, sondern um die Durchsetzung bestimmter Interessen, nämlich einem radikalen Umbau des Hochschulsystems hin zur Elitenbildung.
Des Weiteren wird mit der Einführung von Studiengebühren ein weiterer Schritt auf dem Weg zur totalen Verwertbarkeit von Bildung gemacht. Bereits jetzt hört man von Bildungspolitikern und Professoren den Satz: “Nur ein Studium, das etwas kostet, ist auch etwas wert.“ So wird ein Studium nicht mehr zum „Lernen für das Leben“, sondern zu einer besseren Berufsausbildung, die nur noch auf den Arbeitsmarkt orientiert ist.
So wird dann auch ein Konkurrenzkampf zwischen den Fachbereichen und Fakultäten angeheizt. Studiengänge, die auf dem Arbeitsmarkt nicht oder kaum rentabel sind, werden geschlossen und die verwertbaren werden je nach Bedarf aus- oder umgebaut. So wird keine konstante und vorhersehbare Hochschulpolitik und -bildung mehr möglich sein.
Das Argument der Befürworter, die Studierenden hätten als Kundinnen und Kunden mehr Mitspracherechte, ist schlichtweg falsch. Der zukünftige Bildungsmarkt wird keine Möglichkeiten dafür schaffen. Bereits jetzt werden immer mehr Gelegenheiten für Studierende, mitzureden, abgeschafft bzw. verringert. Ein Ende dieser Entwicklung ist für uns nicht absehbar.
Ein weiteres Argument gegen Studiengebühren ist der drohende Weg junger Menschen in die Verschuldung. Bei Aufnahme eines sog. Bildungskredites drohen Schulden von einigen zehntausend Euro, die nach dem Studium zurückzuzahlen sind. Auch auf dem Arbeitsmarkt für Akademiker ist die Lage nicht mehr so rosig, wie noch vor einiger Zeit.
Bereits jetzt ist die Bildungsbeteiligung stark von der sozialen Herkunft abhängig. Durch die Einführung von Studiengebühren wird der Abschreckungseffekt für junge Menschen aus weniger finanzstarken Familien noch größer. Dies steht im krassen Gegensatz zum immer wieder formulierten Ziel der Bildungspolitik, mehr junge Menschen an die Hochschulen zu holen. Viele Studierende müssen bereits jetzt während des Studiums arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das wird durch Studiengebühren noch verstärkt. Deshalb fordern wir einen Hochschulzugang für alle Studierwilligen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Weiterhin ist zu befürchten, dass die Einnahmen aus Studiengebühren eben nicht den Hochschulen zu Gute kommen. Durch die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen können schon jetzt die laufenden Kosten kaum mehr gedeckt werden. So werden diese Gelder im laufenden Betrieb versickern und können nicht zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Im ungünstigsten Falle ziehen sich die Bundesländer aus der Finanzierung des Hochschulsystems zurück, wie es der sachsen-anhaltinische Kultusstaatssekretär Böhm bereits in einem Zeitungsinterview angekündigt hat. Und angesichts der Haushaltslage in den neuen Bundesländern, ist die Möglichkeit der Kostenumlagerung auf die Studierenden nur all zu verlockend.
Und diese Entwicklung ist in der gesamten Gesellschaft zu erkennen. Bildungsabbau ist ein Teil des zurzeit gängigen Sozialabbaus. Immer mehr Aufgaben, die der Staat übernehmen sollte, werden abgegeben und privatisiert. Und so ist nach dem radikalen Umbau des sozialen Systems durch die Agenda 2010 das Bildungssystem dran.
Aber die chronische Unterfinanzierung des staatlichen Bildungswesens ist politisch gewollt. Nur durch die Finanznot an den Hochschulen ist es möglich, sog. Reformprozesse durchzuführen. Nur so wird der Umbau hin zu marktwirtschaftlich geführten Hochschulen möglich.
Die Schülerinnen und Schüler werden bei der Problematik Studiengebühren gerne vergessen. Dabei herrscht eine große Verunsicherung an den Schulen.
Auch die Schülerinnen und Schüler Ostdeutschlands wollen wir dazu aufrufen, für ihr Recht auf ein gebührenfreies Studium zu kämpfen und auf die Straßen zu gehen. Gerade sie würde ein kostenpflichtiges Studium mit voller Härte treffen. Sie sind die nachfolgende Generation an den Hochschulen. Die Chance ist da - noch haben wir gemeinsam die Möglichkeit, unsere Zukunft zu verändern!
Wir möchten alle Interessierten einladen, an der Demo teilzunehmen und soweit wie möglich bei der Vorbereitung zu helfen. Bitte hängt auch diesen Aufruf aus oder macht ihn in anderer Weise publik.
Wer Fragen oder Anregungen hat oder sich einbringen will, kann mit uns in Kontakt treten:
Christian.kirchert@stura.uni-halle.de
Nähere Infos werden in Kürze folgen. Eine gibt es jetzt schon: Nach der Demonstration ist ein Konzert geplant. Also, nicht sofort an die Abreise denken.
Für das Organisationsteam:
Christian Kirchert Katrin Koch
„Keiner weiß wie’s geht, aber alle machen mit.“
Am 26. Januar entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu Gunsten einiger unionsgeführter Länder, dass die 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes gegen die Verfassung verstößt. Damit ist jetzt der Weg frei für Studiengebühren und die Hochschullandschaft steht vor dem vielleicht folgenschwersten Umbau seit Jahren. Bereits seit einiger Zeit brodelt es an Deutschlands Hochschulen.
Und der studentische Protest muss gerade jetzt weitergehen. Wir dürfen jetzt nicht locker lassen. Noch können wir etwas bewegen.
Deshalb rufen wir alle Studierenden, Schülerinnen und Schüler aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen und natürlich auch alle anderen Menschen auf, am 02.06.2005 in Halle für das Recht auf ein kostenfreies Studium auf die Straße zu gehen, wie es zeitgleich Kommilitonen und Mitbürger im gesamten Bundesgebiet machen werden.
Schon am 3. Februar haben bundesweit 30.000 Studierende ihre Meinung zur Studiengebührenfrage kundgetan. Und diese hieß Ablehnung und beinhaltete die Forderung nach Studium ohne Gebühren und freien Hochschulzugang für jeden. Daran wollen wir anschließen und mit einer zweiten Welle des bundesweiten Protestes den Sommer des Widerstandes gegen Studiengebühren einläuten.
Vor allem muss es jetzt um mehr gehen, als nur das günstigste Gebührenmodell durchzusetzen. Die Meinung, dass Studiengebühren nicht zu verhindern wären, trägt gerade zu ihrer Einführung bei, Durch die Akzeptanz breiter Bevölkerungsschichten wird es den Befürwortern gelingen, diese Gebühren auch durchzusetzen. Es geht hier im Ergebnis nicht um die Reaktion auf Sachzwänge, sondern um die Durchsetzung bestimmter Interessen, nämlich einem radikalen Umbau des Hochschulsystems hin zur Elitenbildung.
Des Weiteren wird mit der Einführung von Studiengebühren ein weiterer Schritt auf dem Weg zur totalen Verwertbarkeit von Bildung gemacht. Bereits jetzt hört man von Bildungspolitikern und Professoren den Satz: “Nur ein Studium, das etwas kostet, ist auch etwas wert.“ So wird ein Studium nicht mehr zum „Lernen für das Leben“, sondern zu einer besseren Berufsausbildung, die nur noch auf den Arbeitsmarkt orientiert ist.
So wird dann auch ein Konkurrenzkampf zwischen den Fachbereichen und Fakultäten angeheizt. Studiengänge, die auf dem Arbeitsmarkt nicht oder kaum rentabel sind, werden geschlossen und die verwertbaren werden je nach Bedarf aus- oder umgebaut. So wird keine konstante und vorhersehbare Hochschulpolitik und -bildung mehr möglich sein.
Das Argument der Befürworter, die Studierenden hätten als Kundinnen und Kunden mehr Mitspracherechte, ist schlichtweg falsch. Der zukünftige Bildungsmarkt wird keine Möglichkeiten dafür schaffen. Bereits jetzt werden immer mehr Gelegenheiten für Studierende, mitzureden, abgeschafft bzw. verringert. Ein Ende dieser Entwicklung ist für uns nicht absehbar.
Ein weiteres Argument gegen Studiengebühren ist der drohende Weg junger Menschen in die Verschuldung. Bei Aufnahme eines sog. Bildungskredites drohen Schulden von einigen zehntausend Euro, die nach dem Studium zurückzuzahlen sind. Auch auf dem Arbeitsmarkt für Akademiker ist die Lage nicht mehr so rosig, wie noch vor einiger Zeit.
Bereits jetzt ist die Bildungsbeteiligung stark von der sozialen Herkunft abhängig. Durch die Einführung von Studiengebühren wird der Abschreckungseffekt für junge Menschen aus weniger finanzstarken Familien noch größer. Dies steht im krassen Gegensatz zum immer wieder formulierten Ziel der Bildungspolitik, mehr junge Menschen an die Hochschulen zu holen. Viele Studierende müssen bereits jetzt während des Studiums arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das wird durch Studiengebühren noch verstärkt. Deshalb fordern wir einen Hochschulzugang für alle Studierwilligen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Weiterhin ist zu befürchten, dass die Einnahmen aus Studiengebühren eben nicht den Hochschulen zu Gute kommen. Durch die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen können schon jetzt die laufenden Kosten kaum mehr gedeckt werden. So werden diese Gelder im laufenden Betrieb versickern und können nicht zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Im ungünstigsten Falle ziehen sich die Bundesländer aus der Finanzierung des Hochschulsystems zurück, wie es der sachsen-anhaltinische Kultusstaatssekretär Böhm bereits in einem Zeitungsinterview angekündigt hat. Und angesichts der Haushaltslage in den neuen Bundesländern, ist die Möglichkeit der Kostenumlagerung auf die Studierenden nur all zu verlockend.
Und diese Entwicklung ist in der gesamten Gesellschaft zu erkennen. Bildungsabbau ist ein Teil des zurzeit gängigen Sozialabbaus. Immer mehr Aufgaben, die der Staat übernehmen sollte, werden abgegeben und privatisiert. Und so ist nach dem radikalen Umbau des sozialen Systems durch die Agenda 2010 das Bildungssystem dran.
Aber die chronische Unterfinanzierung des staatlichen Bildungswesens ist politisch gewollt. Nur durch die Finanznot an den Hochschulen ist es möglich, sog. Reformprozesse durchzuführen. Nur so wird der Umbau hin zu marktwirtschaftlich geführten Hochschulen möglich.
Die Schülerinnen und Schüler werden bei der Problematik Studiengebühren gerne vergessen. Dabei herrscht eine große Verunsicherung an den Schulen.
Auch die Schülerinnen und Schüler Ostdeutschlands wollen wir dazu aufrufen, für ihr Recht auf ein gebührenfreies Studium zu kämpfen und auf die Straßen zu gehen. Gerade sie würde ein kostenpflichtiges Studium mit voller Härte treffen. Sie sind die nachfolgende Generation an den Hochschulen. Die Chance ist da - noch haben wir gemeinsam die Möglichkeit, unsere Zukunft zu verändern!
Wir möchten alle Interessierten einladen, an der Demo teilzunehmen und soweit wie möglich bei der Vorbereitung zu helfen. Bitte hängt auch diesen Aufruf aus oder macht ihn in anderer Weise publik.
Wer Fragen oder Anregungen hat oder sich einbringen will, kann mit uns in Kontakt treten:
Christian.kirchert@stura.uni-halle.de
Nähere Infos werden in Kürze folgen. Eine gibt es jetzt schon: Nach der Demonstration ist ein Konzert geplant. Also, nicht sofort an die Abreise denken.
Für das Organisationsteam:
Christian Kirchert Katrin Koch